Nr. 34 (SS 13) - Neue Deutsche Burschenschaft
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Antikommunistische Abwehrkräfte<br />
Nach dem Krieg war vor dem Krieg und so stärkte Superman<br />
in den 1950er Jahren die antikommunistischen Abwehrkräfte<br />
seines Landes durch den Einsatz für Wahrheit,<br />
Gerechtigkeit und amerikanische Lebensart. Erst in den<br />
1980er Jahren wurde er zum Beschützer der ganzen Welt.<br />
Allerdings: Seinen US-amerikanischen Stallgeruch wurde<br />
und wird er nicht los. 2011 erklärt er in einer Folge: „Ich<br />
bin es leid, dass meine Taten immer als Instrument der US-<br />
Politik ausgelegt werden“ und bietet an, die amerikanische<br />
Staatsbürgerschaft abzulegen. Dieser durchaus selbstlose<br />
Schritt rief in der Heimat einen Sturm der Entrüstung hervor:<br />
„Wenn Superman nicht an Amerika glaubt, dann glaubt<br />
er an gar nichts“, heißt es in einem konservativen Blog. Der<br />
Verlag dementierte umgehend Auswanderungsabsichten<br />
und betonte die Verwurzelung des einstigen Bauernjungen<br />
aus Smallville/Kansas mit seinem Vaterland.<br />
Superman mag Superkräfte haben, aber letzten<br />
Endes ist er nur so stark wie die Menschen, die<br />
ihn zeichnen. Und die sind den Gesetzen des politischen<br />
Zeitgeistes unterworfen. Der Tummelplatz<br />
Supermans ist heute die sich globalisierende<br />
Menschheit, aber dort ist er Amerikaner.<br />
Andererseits – was ist falsch daran,<br />
zumindest grundsätzlich?<br />
Der Menschliche:<br />
Spiderman<br />
Während Superman als amerikanischer Held sein Debüt feiern<br />
durfte, wurde Spiderman bei seinem Start im Jahr 1962<br />
durch die Hölle der Gewissensbisse geschickt: Gleichgültig<br />
beobachtet Peter Parker alias Spiderman einen Dieb und<br />
lässt ihn gewähren. Kurz darauf wird sein Onkel und Ziehvater<br />
erschossen – durch eben jenen Dieb. Spiderman erinnert<br />
sich an eine Lebensweisheit des Verstorbenen: „Aus<br />
großer Kraft folgt große Verantwortung“. Fortan widmet er<br />
sich der Verbrecherjagd.<br />
Perfektion nicht mehr gefragt<br />
Doch in den 1960er Jahren waren perfekte Heroen unglaubwürdig,<br />
gefragt waren persönliche Konflikte, eine<br />
Charakterentwicklung und menschliche Probleme. Den<br />
Schöpfern von Spiderman gelang es, ihren Protagonisten<br />
überaus menschlich zu zeichnen: Seine nächtlichen Jagden<br />
machen Peter Parker am nächsten Tag Studium und<br />
Job zur Hölle. Immer wieder wird er gefeuert, ständig hat<br />
er Geldsorgen. Während er sein zerschrammtes Cape<br />
George W. Bushs<br />
Außenpolitik:<br />
Superman ist den<br />
Verdacht leid, von<br />
dieser instrumentalisiert<br />
zu werden.<br />
(Foto: US-Verteidigungsministerium)<br />
„<br />
Superman ist<br />
zum Spiegelbild<br />
des politischen<br />
Zeitgeistes<br />
geworden.”<br />
zusammenflickt, zweifelt er<br />
an seiner Mission. Er ist nicht<br />
umjubelt wie einst Superman,<br />
sondern im Gegenteil: Die<br />
Gesellschaft begegnet ihm<br />
mit Unverständnis und Misstrauen.<br />
Schließlich verliert er<br />
vorübergehend seine Superkräfte<br />
durch eine psychische<br />
Blockade, nachdem er sich<br />
gezwungen sah, seine große Liebe Mary Jane zurückzuweisen<br />
– Superhelden sind nachts unterwegs und tags zu<br />
müde für die Liebe.<br />
Konzept mit Zukunft?<br />
Mit solchen Verbündeten<br />
ist der Sieg nur noch<br />
Formsache! Superhelden<br />
scheinen sich in den 1940er<br />
Jahren auf einen Münchhausen-Ritt<br />
vorzubereiten.<br />
Das Spiderman-Konzept überlebte die gesellschaftlichen<br />
Veränderungen. Soziale Themen der 1970er Jahre und<br />
einen Boom kaputter Anti-Helden in den 1980er Jahren<br />
meisterte der menschliche Held weit besser als Superman.<br />
Dieser musste 1986 und noch einmal 1992 sterben, weil er<br />
zum Ladenhüter geworden war. Allerdings gelang jeweils<br />
eine Wiederauferstehung, nicht zuletzt weil in den 1990er<br />
Jahren eine Renaissance des „klassischen“ Helden für Aufwind<br />
unter Supermans Cape sorgte. Spiderman entwickelte<br />
sich unterdessen prächtig: Eine dreiteilige Kinoverfilmung<br />
bescherte den Produzenten schließlich in den 2000er Jahren<br />
einen Milliarden-Umsatz.<br />
Das Konzept des menschelnden Helden beschreibt einen<br />
gefallenen, unverstandenen, von Sinnkrisen geschüttelten,<br />
aber auch verantwortungsbewussten Helden. Es scheint<br />
Zukunft zu haben.<br />
academicus 1/20<strong>13</strong><br />
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