und Sozialgeschichte der ungarischen Juden vom 18 ... - EPA
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82 Ungarn-Jahrbuch 28 (2005-2007)<br />
dem Recht zum universitären Studium sowie die Erwerbstätigkeit in allen<br />
Zweigen gewährte. 42 Auch die tradierten Vorstellungen <strong>der</strong> urbanen Eliten<br />
Ungarns hinsichtlich <strong>der</strong> Ausdehnung o<strong>der</strong> Einschränkung <strong>der</strong> Ansiedlungsmöglichkeiten<br />
von <strong>Juden</strong> sahen sich massiv mit <strong>der</strong> Ideenwelt von<br />
Joseph II. konfrontiert. Die Folge war eine wesentliche Zuwan<strong>der</strong>ung in<br />
die königlichen Freistädte. Die politischen <strong>und</strong> verwaltungstechnischen<br />
Reformen des Kaisers hatten die in Jahrh<strong>und</strong>erten gewachsenen Rechtssysteme<br />
verschiedener ständisch strukturierter Autonomien untergraben,<br />
mithin neue Wege für eine intensivere Migration geöffnet. Das Edikt über<br />
die Aufnahme deutscher Familiennamen <strong>und</strong> die freie Nie<strong>der</strong>lassung in<br />
den königlichen Freistädten von 1786 ermöglichte es <strong>Juden</strong>, sich auch ohne<br />
Bürgerrecht in Städten frei aufzuhalten. Dieses Recht beschleunigte die jüdischen<br />
Wan<strong>der</strong>ungsbewegungen. 43<br />
Die josephinischen Reformen unterschieden sich wesentlich von den<br />
preußischen Lösungswegen. Friedrich II. <strong>der</strong> Große gewährte völlige Religionstoleranz,<br />
während er hinsichtlich <strong>der</strong> bürgerlichen Rechtsordnung<br />
frühneuzeitliche Vorgaben fortsetzte. Er schloß die <strong>Juden</strong> von Berufen außerhalb<br />
des Handels aus. Dadurch erwarb eine Kleingruppe von <strong>Juden</strong><br />
enormen Reichtum, während unter an<strong>der</strong>em das Verbot, Ackerbau zu betreiben,<br />
die gesamte jüdische Bevölkerung Preußens von <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong><br />
Gesellschaft abtrennte. 44 Joseph II. hingegen wollte eine rechtliche Gleichstellung<br />
erwirken, Kultur <strong>und</strong> Wohlstand <strong>der</strong> <strong>Juden</strong> för<strong>der</strong>n, ihnen neue<br />
Lebensbahnen öffnen. Dabei beabsichtigte er keineswegs, den Stand ihrer<br />
Religionsgemeinschaft zu heben. Seinen humanistisch motivierten Maßnahmen<br />
war die Hoffnung beigemischt, daß die <strong>Juden</strong> bald zum Katholizismus<br />
konvertieren würden.<br />
Die Folgen <strong>der</strong> Reformen <strong>der</strong> radikalen Aufklärer<br />
Nach dem Tod des Kaisers bekamen die Städte <strong>und</strong> Komitate ihre alten<br />
Rechtsverordnungen zurück. Die zeitweiligen Wirren in fast allen Gebieten<br />
<strong>der</strong> Verwaltung bewältigte <strong>der</strong> Reichstag von 1790-1791. Auch für die<br />
<strong>Juden</strong> Ungarns wurde ein Gesetz erlassen: Der Artikel XXXVIII/1791 ließ<br />
die <strong>Juden</strong> in jenem rechtlichen Zustand, in dem sie sich am 1. Januar 1790<br />
bef<strong>und</strong>en hatten. 45 Dies war vorteilhaft für die bereits in Ungarn ansässigen<br />
<strong>Juden</strong>, jedoch nachteilig für spätere Migranten. Dennoch bewirkten<br />
die Reformen eine beträchtliche räumliche Verbreitung <strong>der</strong> jüdischen Bevölkerung,<br />
die kaum mehr aufzuhalten war. Die Wan<strong>der</strong>ungsbewegung<br />
42<br />
Lajos Hajdu: A közjó szolgálatában. A jozefinizmus igazgatási és jogi reformjairól. Budapest<br />
1983, 228.<br />
43<br />
Immánuel Lőw – Zsigmond Kulinyi: A szegedi zsidók 1785-től <strong>18</strong>85-ig. Szeged <strong>18</strong>85, 16.<br />
44<br />
Marczali: Magyarország története II. József korában, 279.<br />
45<br />
Corpus juris Hungarici 1740-<strong>18</strong>35. Hg. Dezső Márkus. Budapest 1901, <strong>18</strong>7.