und Sozialgeschichte der ungarischen Juden vom 18 ... - EPA
und Sozialgeschichte der ungarischen Juden vom 18 ... - EPA
und Sozialgeschichte der ungarischen Juden vom 18 ... - EPA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
L. Marjanucz: Zur Siedlungs- <strong>und</strong> <strong>Sozialgeschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>ungarischen</strong> <strong>Juden</strong> 87<br />
nismäßig niedrig war, bestätigte <strong>der</strong> Reichstag von 1791, wie oben angeführt,<br />
die auf die <strong>Juden</strong> bezogene Gesetzgebung Josephs II. gemäß dem<br />
Stand <strong>vom</strong> 1. Januar 1790 – dies aus Furcht vor einer unkontrollierbaren<br />
Zuwan<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Zunahme <strong>der</strong> jüdischen Bevölkerung in Ungarn.<br />
Leopold II. (1790-1792) verlagerte die Ansiedlungsgenehmigung für <strong>Juden</strong><br />
in den Bereich <strong>der</strong> städtischen Behörden. Da die königlichen Freistädte<br />
den jeweiligen Zustrom erfassen konnten, läßt sich eine ständige Zunahme<br />
<strong>der</strong> jüdischen Bevölkerung in <strong>der</strong> ersten Hälfte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts beobachten.<br />
Dabei erfolgte <strong>der</strong> Zuzug hauptsächlich aus außer<strong>ungarischen</strong><br />
Territorien. In Szeged wurde <strong>18</strong>26 verordnet: »[…] man stelle fest, wieviele<br />
<strong>Juden</strong> in <strong>der</strong> Stadt wohnen, woher sie stammen, wo <strong>und</strong> mit wessem Zugeständnis<br />
sie ein Haus haben […].« 64 Zu dieser Zeit entrichteten 143 <strong>Juden</strong><br />
die Taxa Tolerantia, unter ihnen 58 Neuankömmlinge. Seit <strong>18</strong>05 registrierten<br />
die städtischen Behörden 86 Geburten, in 49 Fällen hatten aus dem Umland<br />
stammende Frauen ein Kind zur Welt gebracht, in 37 Fällen alteingesessene.<br />
65 Es ist also eine demographische Fluktuation festzustellen, in <strong>der</strong>en<br />
Rahmen aber die Wan<strong>der</strong>ungsdifferenz immer positiv war.<br />
Das gleiche Ergebnis ergibt sich aus <strong>der</strong> Analyse weiterer Erhebungen,<br />
die eine sehr intensive Einwan<strong>der</strong>ung von <strong>Juden</strong> nach Ungarn belegen. Ihr<br />
Stand erhöhte sich von 80.000 im Jahr 1787 auf 127.000 im Jahr <strong>18</strong>05 <strong>und</strong><br />
stieg bis <strong>18</strong>57 auf 388.000. Im Gegensatz zum Anteil von 1787 (1,3 Prozent)<br />
hatten die <strong>Juden</strong> <strong>18</strong>57 bereits einen Anteil von 4,1 Prozent an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung.<br />
66<br />
Die demographische Entwicklung <strong>der</strong> <strong>ungarischen</strong> <strong>Juden</strong> kann seit den<br />
<strong>18</strong>30er Jahren auch anhand <strong>der</strong> Kirchenmatrikel verfolgt werden, weil die<br />
Führung des Personenstandsregisters zur allgemeinen Praxis wurde. Bis<br />
zur Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts dürfte die Zahl <strong>der</strong> Zugewan<strong>der</strong>ten insgesamt<br />
bei r<strong>und</strong> 350.000 Personen gelegen haben; ungefähr die Hälfte von<br />
ihnen waren <strong>Juden</strong>. Eine Datenreihe über die konfessionelle Struktur des<br />
Landes zwischen 1787 <strong>und</strong> <strong>18</strong>69 weist nach, daß sich die Zahl <strong>der</strong> <strong>Juden</strong><br />
von 80.000 auf 516.658 versechsfachte <strong>und</strong> damit unter allen ethnischen<br />
<strong>und</strong> religiösen Gemeinschaften in Ungarn die dynamischste demographische<br />
Entwicklung durchlief. 67<br />
Die Volkszählung von <strong>18</strong>50 zeigt den unterschiedlichen Anteil <strong>der</strong> <strong>Juden</strong><br />
in den einzelnen Regionen <strong>und</strong> Siedlungslandschaften Ungarns. Im<br />
engeren Ungarn betrug <strong>der</strong> jüdische Bevölkerungsanteil 4,2 Prozent, in Sie-<br />
64<br />
Zitiert nach László Marjanucz: Szegedi zsidó polgári családok a 19. században. Szeged<br />
1989, 12.<br />
65<br />
Ebenda, <strong>18</strong>.<br />
66<br />
Béla Pápai: Magyarország népe a feudalizmus megerősödése és bomlása idején (1711-<br />
<strong>18</strong>67). In: Magyarország történeti demogáfiája a honfoglalástól 1949-ig. Hg. József Kovacsics.<br />
Budapest 1963, 143-221, 173.<br />
67<br />
Jehuda Dan – George Magos: A magyarországi zsidóság demográfiája. In: Történelmi<br />
szemle 27 (1985) 437-467, hier 438.