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AUS DEM ARCHIV<br />
Das Alphabet des Sultans<br />
Anna Wegelin<br />
Viele Wege führen im Archiv von mission 21 in<br />
die Geschichte ihrer Basler Mission. Schriftsteller<br />
Patrice Nganang aus Kamerun liess sich bei seinem<br />
Besuch Schriftstücke des Sultans zeigen, dem er in<br />
seinem Buch ein Denkmal setzte.<br />
Schriftsteller Patrice Nganang betrachtet mit Archivar Guy Thomas historische Fotos aus Kamerun.<br />
Er habe dem Archiv am Rheinknie schon lange einen<br />
Besuch abstatten wollen, erzählt Nganang: «Viele Europäer<br />
wurden von der Basler Mission ausgesandt», weiss der Autor,<br />
der erforscht hat, was seine Landsleute im Ersten Weltkrieg<br />
erlebten und unternahmen, – zum Beispiel in Berliner<br />
Kinos arbeiten.<br />
Im Kulturgüterraum in Basel finden sich auch die Spuren<br />
zu einer Hauptfigur in seinem neuen Buch: eine handschriftliche<br />
Kopie der Bamum-Schrift.<br />
Njoya, der Sultan von Bamum in<br />
Westkamerun, war während seiner<br />
Herrschaft von 1894 bis 1933 mit drei<br />
Kolonialmächten konfrontiert. Die<br />
deutsche imponierte ihm am meisten.<br />
1908 schenkte er Kaiser Wilhelm II.<br />
seinen Thron; er steht heute im Ethnologischen<br />
Museum in Berlin. 1896/97<br />
begann Njoya, die Bamum-Schrift zu<br />
entwickeln. Ganze sieben Schriftsysteme<br />
schuf er. 1916 wurde sein Schriftsystem<br />
an über zwanzig Schulen im<br />
gesamten Bamum-Territorium unterrichtet.<br />
Nach Njoyas Tod 1933 hörte<br />
deren Gebrauch allmählich auf.<br />
© mission 21<br />
Handschriftliches Dokument der Bamum-Schrift. Referenz: BMA E-20.06,10b; Titel: ‹Sämtliche Zeichen der von König Njoya<br />
erfundenen Schrift›. Im Archiv von mission 21/Basler Mission finden sich auch gedruckte Versionen des Alphabets.<br />
Kürzlich liess sich Patrice Nganang Historisches aus Kamerun<br />
zeigen. Der 1970 in Yaoundé geborene Schriftsteller<br />
war auf Lesetournee, um seinen neu auf Deutsch übersetzten<br />
Roman ‹Der Schatten des Sultans› (Peter Hammer Verlag)<br />
vorzustellen. Nganang hat in Deutschland zu Bertold Brecht<br />
und Wole Soyinka promoviert. Heute ist er in New York Professor<br />
<strong>für</strong> Literatur- und Kulturwissenschaften. Sein Roman<br />
‹Hundezeiten› (dt. 2003) wurde mit dem Grand Prix Littéraire<br />
de l'Afrique noire ausgezeichnet.<br />
Wie ist es <strong>für</strong> Nganang, das Alphabet<br />
des Sultans vor sich zu haben? «Ziemlich<br />
seltsam», antwortet er. Der Schriftsteller<br />
habe nichts ausser Wörtern zum Arbeiten:<br />
«Und jetzt stellen Sie sich vor: König<br />
Njoya von Bamum, der aus derselben<br />
Gegend stammt wie ich, hat ein Alphabet<br />
entwickelt, das ich nicht entziffern kann!» Aber eine solch<br />
unangenehme Erfahrung setze etwas in Gang, meint Patrice<br />
Nganang lächelnd: «In dem Moment, wo ich etwas nicht begreife,<br />
will ich es verstehen – hier beginnt Wissen.»<br />
© mission 21<br />
Unter www.bmarchives.org sind 6700 Karten,<br />
30 000 Bilder und sämtliche Findbücher online.