Memento mori - Holiday-event
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Interview mit Gerda und Rüdiger Maschwitz<br />
Spirituelle Sterbebegleitung: „Sterben ist ein Teil des Lebens“<br />
„Durch einen bewussten Umgang mit Tod und Trauer lernen wir<br />
den Wert des Lebens schätzen und werden ermutigt, jeden Augenblick<br />
des Lebens ernst zu nehmen – in der Freude wie auch im<br />
Leid. Um Sterbende zu begleiten, braucht man keine besonderen<br />
Voraussetzungen außer der inneren Bereitschaft, sich mit seinen<br />
Möglichkeiten auf den anderen einzulassen, Einfühlungsvermögen<br />
und Zeit.“ Im Mittelpunkt des Ratgebers „Spirituelle Sterbebegleitung“<br />
des evangelischen Pfarrers Rüdiger Maschwitz und seiner<br />
Frau, der Diplom-Pädagogin Gerda Maschwitz, stehen heilsame<br />
Rituale, die bei der Begleitung Sterbender hilfreich sind.<br />
Die Auseinandersetzung mit Sterben und Tod begleitet Sie seit vielen Jahren auf Ihrem beruflichen<br />
und persönlichen Weg. Was hat Sie nun zum Buch „Spirituelle Sterbebegleitung“ veranlasst?<br />
Gerda Maschwitz: Ich hatte den Wunsch, meine eigenen Erfahrungen mit dem Sterben besser zu<br />
verstehen. Einerseits durfte ich, als ich ein Kind war, meine Mutter bei ihrem Tod nicht begleiten.<br />
Dies geht mir bis heute nahe. Andererseits setzte ich mich viele Jahre später mit der Sterbebegleitung<br />
meiner Schwiegermutter auseinander, die wir einige Jahre zuhause pflegten und begleiteten<br />
– mit all den Schwierigkeiten und den gelungenen Seiten. Darüber hinaus gilt es für uns beide, die<br />
Erfahrungen und das Bewusstsein des immer neuen Sterbens und der Abschiede im Leben zu vertiefen<br />
und zu reflektieren, die wir in unserer Meditationspraxis seit über 30 Jahren gemacht haben<br />
und machen. Es gibt ein Sterben (bzw. Sterbenlassen) im Leben, um zu leben.<br />
In welchem Sinn ist „spirituell“ zu verstehen? Geht es hier um ein bestimmtes religiöses Bekenntnis<br />
oder ist die Begleitung des Sterbens auch ohne dieses Vorverständnis möglich?<br />
Rüdiger Maschwitz: Spirituell meint im allgemeineren Verständnis, die Sinnhaftigkeit des Lebens<br />
wahrzunehmen. Im Speziellen wird es auf die Dimension des Göttlichen bezogen.<br />
Gerda Maschwitz: Spiritualität ist nicht an eine Religion gebunden, sondern wird in und aus der<br />
jeweiligen Religion gelebt.<br />
Welche Voraussetzungen sind überhaupt erforderlich, um einen Sterbenden – sei es ein Familienangehöriger<br />
oder ein Fremder – zu begleiten?<br />
Rüdiger Maschwitz: Keine besonderen. Eigentlich braucht der Mensch dazu nur die innere Bereitschaft,<br />
sich mit seinen Möglichkeiten auf den anderen einzulassen, Einfühlungsvermögen und<br />
Zeit; besonders Zeit zum Innehalten und Präsent-Sein!<br />
Gerda Maschwitz: Zudem ist eine Offenheit für den individuellen Weg des Sterbenden erforderlich.<br />
Niemand weiß, wie der andere Mensch bis zuletzt lebt und stirbt.<br />
In der modernen Welt ist der Tod einerseits virtuell dauerpräsent in den Medien, andererseits<br />
wird er zunehmend als noch nicht vollständig gelöstes Problem der Medizin verstanden.<br />
Wo sehen Sie die Ursache für diese doppelte Verdrängungsstrategie?<br />
Gerda Maschwitz: Dies hat ein ganzes Bündel von Ursachen. Es gilt fast als gesellschaftliche Norm,<br />
glücklich, gesund, jung und erfolgreich zu sein. Da passt der Tod einfach nicht mit seiner Wirklichkeit<br />
hinein. Auf der anderen Seite gibt es die latente Angst vor dem Tod. Hier übernehmen die<br />
Medien eine Stellvertreterrolle und zeigen, dass etwas dagegen getan werden kann, entweder im<br />
Sinne der Gerechtigkeit oder der Hoffnung auf Heilung. Wie oft stirbt in den Arztserien jemand? Eher<br />
selten. Darüber hinaus werden wir von „Toten“ überschwemmt. Da sterben Menschen in Krimis, bei<br />
Unfällen und Katastrophen in großer Zahl, der Tod geschieht und bleibt doch in Distanz.<br />
Rüdiger Maschwitz: Außerdem wird Heil-Sein und Gesund-Sein selten unterschieden; der Mensch<br />
kann auch „heil“ sein, wenn er nicht gesund ist. Aber dies ist eine Herausforderung. Die Mediziner<br />
erfahren den Tod oft als ein Versagen, als ein Misslingen ihres Auftrages. Nicht nur sie müssen<br />
wieder lernen, den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren.<br />
weiter auf Seite 7<br />
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