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Bernhardin von Siena: „Gott konnte der Seele einer so hehren<br />
Jungfrau nur eine ihr entsprechende Seele mit sehr ähnlichen<br />
Tugenden verbinden“.<br />
Teresa von Avila: „Ich erinnere mich nicht, ihn bis jetzt um etwas<br />
gebeten zu haben, was er mir nicht gewährt hätte.“<br />
Es gibt zahllose Berichte über auffallende<br />
Gebetserhörungen auf die Fürbitte des heiligen<br />
Josef, über Bekehrungen auf seine Fürsprache<br />
und über viele andere geistige Akte<br />
der Gnade.<br />
Mehr als alle anderen Heiligen war ihm die<br />
heilige Teresa von Avila († 1582) verbunden.<br />
Sie war eine große Verehrerin dieses<br />
Heiligen und hat ihm grenzenloses Vertrauen<br />
geschenkt. In ihrer Autobiographie<br />
schreibt sie: „Ich erinnere mich nicht, ihn<br />
bis jetzt um etwas gebeten zu haben, was<br />
er mir nicht gewährt hätte“ 2 . Und sie bekennt,<br />
dass sie „diesen glorreichen Heiligen“<br />
in allen Situationen ihres Lebens „als<br />
Nothelfer“ kennen gelernt hat 3 . Sie ist davon<br />
überzeugt, dass sie durch ihn von einer<br />
dreijährigen Lähmung geheilt wurde, die<br />
sie in jungen Jahren heimgesucht hatte 4 . Sie<br />
bewundert an ihm, dass er dem göttlichen<br />
Kind und seiner Mutter in völliger Hingabe<br />
zur Seite stand, dass Demut und Liebe sein<br />
zurückgezogenes Leben geprägt haben und<br />
dass er im Alltag seines Lebens in außergewöhnlicher<br />
Weise innerlich mit Gott verbunden<br />
war 5 . Sie erklärt: „Wer etwa keinen<br />
Lehrmeister zur Unterweisung in der Übung<br />
des inneren Gebetes hat, der wähle sich als<br />
solchen diesen glorreichen Heiligen“ 6 .<br />
Der heilige Josefmaria Escriva de Balaguer<br />
(† 1975) greift diesen Gedanken auf, wenn<br />
er schreibt: „Ein Lehrmeister des inneren<br />
Lebens, ein Arbeiter, der mit Verantwortung<br />
sein Werk tut, ein treuer Diener Gottes im<br />
steten Umgang mit Jesus: das ist Joseph. Ite<br />
ad Joseph. Denn von ihm lernt der Christ,<br />
was es heißt, ganz für Gott und ganz für<br />
die Menschen da zu sein, die Welt zu heiligen.<br />
Geht zu Josef und ihr werdet Jesus<br />
finden.“ 7 .<br />
Als der liebenswürdige Beschützer der<br />
Jungfrau Maria ist Josef von Nazaret das<br />
Vorbild eines christlichen Mannes. Als der<br />
Pflegevater des Mensch gewordenen Gottessohnes<br />
ist er das Urbild eines christlichen<br />
Vaters. Es ist nicht unangemessen, die bekannte<br />
Mahnung des Epheserbriefes auf<br />
diesen Heiligen hin zu aktualisieren und zu<br />
lesen: „Ihr Männer, liebt eure Frauen und<br />
eure Kinder, wie Josef seine Familie geliebt<br />
hat“ (Eph 5, 25).<br />
Im Grunde erteilt der heilige Josef allen eine<br />
Lektion durch sein Leben, den Verheirateten<br />
wie den Unverheirateten, den Mönchen<br />
wie den Nonnen, den Priestern wie den Laien,<br />
den Männern wie den Frauen. Es ist die<br />
Lektion der wahren Gottesliebe, die in der<br />
Demut fundiert ist.<br />
Der Schutzherr der Kirche ist auch der Patron<br />
der Sterbenden. Wir tun gut daran, den<br />
heiligen Josef als solchen zu verehren, denn<br />
die Todesstunde ist die wichtigste Stunde<br />
unseres Lebens. Wenn er zugegen ist, brauchen<br />
wir den Tod nicht zu fürchten, denn<br />
mit ihm stellt sich dann unsere himmlische<br />
Mutter ein, zu der wir von Kindesbeinen an<br />
im Ave Maria gebetet haben: „... bitte für<br />
uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres<br />
Todes“. Wenn wir uns ihm schon heute für<br />
die Todesstunde anvertrauen, dann lehrt er<br />
uns, in Gelassenheit und Ruhe zu leben und<br />
sorglos dieser Stunde entgegenzusehen.<br />
Die Verehrung des heiligen Josef gehört zur<br />
Verehrung der Gottesmutter, sie ergänzt sie,<br />
ja, in gewisser Hinsicht ist sie deren Konsequenz.<br />
Wir sind gut beraten, wenn wir großes<br />
Vertrauen haben zur väterlichen Güte des<br />
heiligen Josef und wenn wir ihm all unsere<br />
Sorgen anvertrauen. In der Heiligenverehrung<br />
der Kirche begegnet uns ein geistlicher<br />
Fundus, den wir gar nicht genug ausschöpfen<br />
können. Das gilt besonders auch für die<br />
Verehrung des heiligen Josef. In der oberflächlichen<br />
Glaubensverkündigung und<br />
Glaubenspraxis unserer Tage wird die Heiligenverehrung<br />
weithin ausgespart. Die Polemik<br />
der Reformatoren gegen sie hat in jedem<br />
Fall eine Verarmung des Christentums<br />
herbeigeführt, zumindest ein Weniger an<br />
Vitalität. Wir können die ewige Seligkeit erlangen<br />
auch ohne die Verehrung des heiligen<br />
Josef, aber wir berauben uns dadurch vieler<br />
Gnaden und gehen achtlos an einem großen<br />
Vorbild vorüber. Wie Maria uns zu Christus<br />
führt, so führt uns der heilige Josef zu Maria<br />
und zu ihrem göttlichen Sohn, der von sich<br />
gesagt hat: „Wer mich sieht, der sieht den<br />
Vater“ (Joh 14, 9). Der heilige Josef führt<br />
uns zu Maria, sie aber führt uns zu Christus.<br />
Die Orientierung am heiligen Josef und<br />
das vertrauensvolle Gebet zu ihm sind ein<br />
erprobter Weg zur Heiligkeit. Wenn der<br />
Schutzherr der Kirche und der Patron der<br />
Sterbenden uns nahe ist auf unserem Lebensweg,<br />
dann braucht uns nichts mehr<br />
zu beunruhigen, dann können wir gelassen<br />
und mit großem Vertrauen in die Zukunft<br />
schauen und der Vollendung unserer irdischen<br />
Existenz entgegengehen. Er, der heilige<br />
Josef, ist eine außergewöhnliche Quelle<br />
der Kraft für uns, wenn wir ihn verehren.<br />
Er lebt, und er wirkt. Er will uns ein leuchtendes<br />
Vorbild sein und ein mächtiger Fürsprecher.<br />
Im französischen Sprachraum betet man in<br />
Analogie zum Ave Maria:<br />
Gegrüßet seist du, heiliger Josef,<br />
folgsam dem Heiligen Geist,<br />
der Herr ist mit dir,<br />
du bist der jungfräuliche Bräutigam Marias,<br />
und gebenedeit ist Jesus, den Gott dir anvertraut hat.<br />
Heiliger Josef, liebenswerter Vater,<br />
bitte für uns arme Sünder<br />
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.<br />
1 Vgl. Geht alle zu Josef, Traditions Monastiques, Flavigny<br />
1996, 73.<br />
2 Teresa von Avila, Vida 6, 7.<br />
3 Ebd.<br />
4 Ebd.<br />
5 Ebd.<br />
6 Ebd., 6, 8.<br />
7 Josemaría Escrivá de Balaguer, Christus begegnen,<br />
Köln 1977 4 , Nr. 56.<br />
4 Mariologisches | 1-2013