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Akutes Nierenversagen und CVVH - Intensiv-med.de

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Nierenersatzverfahren in <strong>de</strong>r<br />

<strong>Intensiv</strong><strong>med</strong>izin<br />

Fortbildung <strong>Intensiv</strong><strong>med</strong>izin<br />

Klinikum Bamberg<br />

Dr. H. Bachmann<br />

Häufigkeit <strong>de</strong>s akuten<br />

<strong>Nierenversagen</strong>s<br />

• 3% kommen wer<strong>de</strong>n wegen <strong>de</strong>r Diagnose<br />

ins KH eingewiesen<br />

– 70% prärenal<br />

– 11% renal, v.a. toxisch<br />

– 17% postrenal<br />

• 97% treten erst im KH auf<br />

– 40% prärenal<br />

– 40% renal, v.a. toxisch (KM)<br />

– 20% postrenal


Ursachen <strong>de</strong>s ANV<br />

Organigramm<br />

Basisdiagnostik beim ANV<br />

• Anamnese, Untersuchung<br />

– Hinweise für manifeste Urämie?<br />

• Labor<br />

– Marker <strong>de</strong>r Urämie, BGA, Entzündungswerte,<br />

Hep.Sero (Hygiene <strong>de</strong>r Dialysemaschine)<br />

– Urin: Status, ggf. Kultur, Phasi, E’lyte<br />

• Sono<br />

– Ausschluss postrenales ANV<br />

– Perikar<strong>de</strong>rguss, Pleuraerguss, Aszites, Cava?


Basistherapie <strong>de</strong>s ANV<br />

• Dialyse ist keine ANV-Therapie!<br />

– Son<strong>de</strong>rn ein Bridgingverfahren<br />

• Effektives Blutvolumen optimieren<br />

– Volumengabe bis ‘zum Anschlag’<br />

– Katecholamine bei niedrigem HZV<br />

– aber: Es gibt keine ‘Nierendosis’ von Dopamin<br />

– Dann erst Diuretikagabe<br />

• Elektrolyt- <strong>und</strong> Säure-Basen- Homöostase<br />

beachten<br />

– metabolische Azidose puffern (<strong>und</strong> damit gleichzeitig Kalium<br />

senken)<br />

Basistherapie <strong>de</strong>s ANV<br />

• Verhin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Eiweißkatabolie<br />

– durch frühzeitige hochkalorische Ernährung<br />

• Überwachung von<br />

– Diurese durch ‘St<strong>und</strong>enbeutel’, vorrätig auf I2,<br />

muss nur eingefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n<br />

– E’lyte, Retentionsparameter, BGA mind. 2/die<br />

– Vitalparameter: Puls, RR, Sättigung, (ZVD)


Kontrolle <strong>de</strong>r Urämie<br />

Urämie bedingt folgen<strong>de</strong> wichtige Verän<strong>de</strong>rungen:<br />

• Urämische gastrointestinale Beschwer<strong>de</strong>n<br />

– Frühzeitig Gabe von PPI<br />

• Immunsuppression<br />

– engmaschige Überwachung auf Infektionen, ggf. frühzeitiger<br />

Einstieg mit Antibiose<br />

• Plasmatische Gerinnungsstörung <strong>und</strong><br />

Thrombozytenaggregationshemmung<br />

– Cave: auch bei normalen Laborparametern in <strong>de</strong>r Urämie<br />

<strong>de</strong>utl. erhöhte Blutungsneigung<br />

Indikationen zur Aufnahme einer<br />

Dialyse<br />

• Hyperhydratation<br />

– durch Oligoanurie<br />

– durch notwendige hohe Flüssigkeitszufuhr<br />

• wenn eine parenterale hochkalorische Ernährung für <strong>de</strong>n Pat.<br />

Wichtig ist, damit aber die Flüssigkeitsrestriktion unterminiert<br />

wird, sollte dialysiert <strong>und</strong> nicht ‘gehungert’ wer<strong>de</strong>n!<br />

• Urämie<br />

– Die Indikation zur HD ist nicht an einen bestimmten<br />

Schwellenwert son<strong>de</strong>rn auch an die Dynamik <strong>de</strong>r Urämie<br />

geb<strong>und</strong>en<br />

– Bei rasch fortschreiten<strong>de</strong>r Urämie kann bereits bei einem<br />

Hast ab 150, sonst ab 200 begonnen wer<strong>de</strong>n.<br />

– Krea-Anstieg um mehr als 0,5 - 2 pro Tag (unsicher)


Indikation zur Dialyse<br />

• Elektrolytstörung<br />

– Schwer beherrschbare Hyperkaliämie<br />

• Dialysable Toxine<br />

– z.B. Kontrastmittel<br />

• In Diskussion befindliche Indikationen<br />

– schwere Sepsis: Entfernung von Entzündungs<strong>med</strong>iatoren<br />

aus <strong>de</strong>m Blutkreislauf -> Nachweis <strong>de</strong>r Effektivität nicht<br />

geführt.<br />

– Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r schwanken<strong>de</strong>n Biokompatibilität führt die<br />

Dialyse per se zu einer Aktivierung von<br />

Entzündungs<strong>med</strong>iatoren<br />

Übersicht über Dialyseverfahren<br />

• CIHD: Chronisch intermittieren<strong>de</strong> Hämodialyse<br />

– Standardverfahren bei terminale Niereninsuffizienz<br />

– Hohe Kreislaufbelastung <strong>und</strong> geringere Urämiekontrolle<br />

– Gute Elektrolytkontrolle, rasche Pufferung möglich<br />

• Hämofiltration<br />

– CAVH: arteriovenöse HF -> historisches Verfahren<br />

– <strong>CVVH</strong>: Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration -><br />

Standard auf <strong>Intensiv</strong>stationen<br />

• Kreislaufschonend<br />

• hocheffektiver Volumenentzug<br />

• hocheffektive Entgiftung<br />

• PD: Peritonealdialyse


Wie funktioniert die <strong>CVVH</strong>?<br />

Physikalische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

• Diffusion<br />

– Konzentrationsausgleich zweier Medien über eine<br />

semipermeable Membran durch Brown’sche<br />

Molekülbewegung<br />

• Osmose<br />

– Verschiebung von Wasser über eine semipermeable<br />

Membran zum Konzentrationsausgleich für Stoffe, die die<br />

Membran nicht passieren können<br />

• Konvektion<br />

– Verschiebung von Wasser durch ein Druckgefälle, wobei<br />

Substanzen ‘mitgerissen’ wer<strong>de</strong>n, die normalerweise nicht<br />

durch die Membran gingen<br />

<strong>CVVH</strong> - Entwicklung<br />

• Bekannt ist das Prinzip schon seit 1928, erste HF<br />

1952 am Kaninchen, 1974 am Menschen, erste<br />

<strong>CVVH</strong> (kontinuierliche venovenöse Hämofiltration)<br />

1977<br />

• Gr<strong>und</strong>prinzipien <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

– Bei <strong>de</strong>r HF wird <strong>de</strong>m Blut kontinuierlich (24h/die) ein<br />

Ultrafiltrat durch Anlage eines Druckgefälles entzogen<br />

• Dies ist die Analogie zu <strong>de</strong>n Vorgängen im Glomerulum:<br />

Abpressen <strong>de</strong>s Primärharnes durch ein Druckgefälle<br />

• Physikalisches Gr<strong>und</strong>prinzip bei <strong>de</strong>r HF ist somit die<br />

Konvektion<br />

– Das entzogene Volumen wird ganz o<strong>de</strong>r teilweise durch eine<br />

hergestellte Lösung ersetzt


CAVH - Prinzip<br />

Grafik<br />

<strong>CVVH</strong> - Prinzip<br />

Grafik


Die ‘Niere’<br />

• Material <strong>und</strong> Porengröße:<br />

– Cuprophan (Cellulose): sehr kleine Poren, eng wird’s fürv Moleküle ab 500<br />

Dalton, maximale Molekülgröße 1000 Dalton<br />

– Celluloseacetat: an<strong>de</strong>rer mikroskopischer Aufbau <strong>de</strong>r Poren, lässt auch<br />

Moleküle über 500 Dalton noch durch<br />

– synthetische Membranen: Polyacrylnitrit, Polyamid, Polysulfon: Bevorzugte<br />

Membranen für die Hämofiltration mit guten Flusseigenschaften <strong>und</strong> relativ<br />

großer Porengröße<br />

• Austauschfläche<br />

– die Min<strong>de</strong>stoberfläche einer Membran beträgt 1,2 m², die größten<br />

Membranen bieten 1,8m² Austauschfläche<br />

• Biokompatibilität<br />

– Membranen sind Fremdkörper: Aktivierung <strong>de</strong>r Entzündungs- <strong>und</strong><br />

Gerinnungskaska<strong>de</strong><br />

– synthetische Membranen haben die beste Biokompatibilität<br />

Antikoagulation bei <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

• Notwendigkeit <strong>de</strong>r Antikoagulation:<br />

– Der extrakorporale Kreislauf <strong>de</strong>s Blutes führt über Fremdkörperkontakt zur<br />

Aktivierung <strong>de</strong>r Gerinnungskaska<strong>de</strong><br />

– Es droht die Verstopfung <strong>de</strong>r ‘Niere’ durch Thromben<br />

• Art <strong>de</strong>r Antikoagulation<br />

– Normales Heparin, nie<strong>de</strong>rmolekulares Heparin, Hirudin (bei V.a. HIT)<br />

– Bolusgabe zu Beginn <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

– anschließend kontinuierliche Gabe über Perfusor proximal <strong>de</strong>r Blutpumpe<br />

(also vor Eintritt in die ‘Niere’)<br />

• Kontrolle <strong>de</strong>r Antikoagulation<br />

– Mittels ACT -> activated clotting time: Messung <strong>de</strong>r Zeit bis zur Bildung<br />

eines Fibrinfa<strong>de</strong>ns unter 37°C in einem speziellen Glasröhrchen<br />

(automatisierte Messung mittels kleinem Gerät)<br />

• ‘Mini-Hep’<br />

– Reduzierte Bolusgabe <strong>und</strong> keine kontinuierliche Gabe bei Blutungsneigung,<br />

engmaschig ACT-Kontrolle


Prädilution contra Postdilution<br />

Graik<br />

Prädilution contra Postdilution<br />

• Prädilution:<br />

– Hohe Flüsse durch die Membran möglich. Dies ermöglicht<br />

eine effektivere Filtration (Membran wird nicht so leicht durch<br />

Proteine verstopft)<br />

– Kleinmolekulare Substanzen wer<strong>de</strong>n effektiver eliminiert<br />

– Man braucht sehr viel Substitutionsflüssigkeit<br />

• Postdilution<br />

– geringerer Verbrauch von Substitutionsflüssigkeit<br />

• Zusammensetzung <strong>de</strong>r Substitutionslösung:<br />

– Na 140, Kalium variabel (0-4 mmol/l), Cl 105, Ca 1,5 bis 1,75<br />

mmol/l


Monitoring <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

• Geräte-internes Monitoring<br />

– Ultrafiltratmenge <strong>und</strong> Bilanzierung: Steuerung <strong>de</strong>r<br />

Minusbilanzierung <strong>de</strong>s Patienten<br />

– Blutlecküberwachung mit Hilfe von Trübungssensoren im<br />

Ultrafiltratschenkel<br />

– Luftfalle <strong>und</strong> Luftüberwachung mit Ultraschallsensor: Verhin<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Gefahr <strong>de</strong>r tödlichen Luftembolie<br />

– Temperaturüberwachung: Neben Hyper- o<strong>de</strong>r Hypothermie <strong>de</strong>s<br />

Patienten besteht die Gefahr <strong>de</strong>r Wärmehämolyse, übliche<br />

Temperatur: 35.5 bis 36.5 (‘kalte Dialyse’)<br />

• Elektrolytstatus <strong>und</strong> Säure-Basen-Haushalt<br />

• Gerinnung<br />

– Bestimmung <strong>de</strong>r ACT (Activated Clotting Time, normal um die 200<br />

sek): Bestimmung <strong>de</strong>s globalen Gerinnungssystems<br />

Die Zukunft <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong> auf I2<br />

• Beginn <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

– Indikationsstellung zur <strong>CVVH</strong> gemeinsam mit <strong>de</strong>m nephrologischen Hintergr<strong>und</strong><br />

– Anlage eines Doppellumen-Shaldon durch <strong>de</strong>n <strong>Intensiv</strong>arzt, bei Überlastung durch <strong>de</strong>n<br />

Dialysearzt<br />

– Aufbau <strong>de</strong>s Gerätes durch das Dialysepersonal<br />

• Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

– Künftig wird die <strong>CVVH</strong> als Cvvh, also wirklich 24 St<strong>und</strong>en pro Tag angeboten<br />

– Das Pflegepersonal <strong>de</strong>r I2 wird in die Gerätefunktion eingewiesen<br />

– ACT-Messung, Abnahme von BGA-Kontrollen durch das Pflegepersonal<br />

• Abbruch <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong><br />

– Bei Indikation zum dringlichen Abbruch <strong>de</strong>r <strong>CVVH</strong> wird das Pflegepersonal <strong>de</strong>n<br />

Patienten ‘abhängen’ können.<br />

• Daraus folgt:<br />

– Wir müssen nicht Nephrologe wer<strong>de</strong>n, aber ein bisschen Ahnung scha<strong>de</strong>t ja<br />

bekanntlich nie.

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