Thema: Säure-Basen-Haushalt - Innere-Bamberg
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Säure-<strong>Basen</strong>-<strong>Haushalt</strong> Seite 1<br />
<strong>Thema</strong>: Säure-<strong>Basen</strong>-<strong>Haushalt</strong><br />
1 Grundlagen<br />
Die pH-Regulation des Körpers ist von grundlegender Bedeutung für seine Funktion. Der pH-Wert ist ein Maß<br />
für die Wasserstoffionenkonzentration(Wasserstoffionen = Protonen). Je höher der pH-Wert, desto weniger<br />
Protonen, desto alkalischer das Milieu; je niedriger der pH-Wert desto mehr Protonen, desto saurer das Milieu.<br />
• die Stabilität des pH-Wertes ist von Bedeutung für<br />
• die Molekülform der Proteine und damit deren Funktion (alle Enzyme bestehen aus Proteinen!)<br />
• die normale Struktur der Zellbestandteile<br />
• die normale Funktion der Zellmembran<br />
Der Mensch toleriert nur einen pH in einem Bereich zwischen etwa 6.9 und 7.8, weitergehende Abweichungen<br />
sind mit dem Leben nicht vereinbar!<br />
Zur Stabiliserung des pH bedarf es daher in unserem Körper Puffersysteme, die einen Überschuss oder Mangel<br />
an Protonen ausgleichen können.<br />
1.1 Puffersysteme des Körpers<br />
pH-Bereich, der mit dem<br />
Leben vereinbar ist:<br />
6.9 - 7.8<br />
Normbereich:<br />
7.4 ± 0.05<br />
1.1.1 Geschlossene Puffersysteme<br />
Der Mensch besitzt zahlreiche Puffersysteme, die die Protonenkonzentration in Grenzen stabilisieren können.<br />
Die meisten dieser Puffersysteme sind jedoch wenig flexibel, d.h. ihre Stabiliserungsfähigkeiten sind rasch<br />
erschöpft, weil es sich, wie wir noch sehen werden, um ‘geschlossene’ Systeme handelt.<br />
Hierzu zählen:<br />
• das Hämoglobin (Hb-H ; Hb - + H+)<br />
• Plasmaproteine<br />
Geschlossene Puffersysteme:<br />
Hämoglobin, Plasmaproteine,<br />
Phosphate
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• anorganisches Phopshat<br />
• organische Phosphate, v.a. in den Erythrozyten<br />
Alle diese Puffersysteme haben eine gemeinsame Eigenschaft: sie stehen in einem Fließgleichgewicht<br />
zwischen der protonenfreien Form (der sog. Base) und der protonengebundenen Form (der Säure). Dabei<br />
kann die Waagschale je nach Protonenangebot eher zur einen oder zur anderen Seite ausschlagen. Bei<br />
einem geschlossenen System ändert sich zwar durch äußere Einflüsse die Protonenkonzentration, die<br />
Menge an Puffer ändert sich aber nicht. Daher ist die Kapazität des Puffers dann erschöpft, wenn alle Säure<br />
bzw. alle Base verbraucht ist.<br />
Geschlossene Puffersysteme sichern zwar die Stabilität des pH, sind aber aufgrund ihrer raschen Erschöpfbarkeit<br />
nicht in der Lage, größere pH-Schwankungen abzufangen.<br />
1.1.2 Offene Puffersysteme<br />
Offene Puffersysteme haben den entscheidenden Vorteil, dass ihnen auch<br />
<strong>Basen</strong> und Säuren zugefügt oder entfernt werden können. Das daher für die<br />
Organfunktion des Menschen so essentielle Puffersystem ist der Bikarbonatpuffer.<br />
Hier besteht ein Fließgleichgewicht zwischen Kohlensäure<br />
[H2CO3] und Bikarbonatbase [HCO3], wobei die Bikarbonatbase in Leber<br />
und Niere sowohl gebildet, als auch entfrent werden kann. Ebenfalls kann die<br />
Kohlensäure durch Bildung von [CO2] und [H2O] entfernt werden, [CO2] wiederum kann abgeatmet werden.<br />
Die normalen Konzentration der Bikarbonatpufferelemente sind:<br />
pH 7.35 - 7.45<br />
Base + [H+] ; Säure[H+]<br />
Niere + Leber : Base + [H+] : Säure[H+] : Lunge<br />
[HCO3] + [H+] [H2CO3] [CO2] + [H20]<br />
Offenes Puffersystem<br />
CO2<br />
HCO3<br />
35-45 mmHg<br />
22-26 mmol/l
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In einem offenen Puffersystem wie dem Bikarbonatpuffer hängt der pH-Wert also nicht nur von der Protonenkon<br />
zentration ab, sondern auch vom Verhältnis von Säure und Base. Hierzu gibt es eine etwas abstrakt aussehende<br />
Gleichung: die Henderson-Hasselbalchsche Gleichung, die nichts anderes als diesen Zusammenhang<br />
beschreibt.<br />
− log[ + ] = = + log [ HCO 3<br />
H pH pk<br />
]<br />
[ CO 2]<br />
Der Bikarbonatpuffer lässt sich mit einer<br />
Waagschale vergleichen (siehe Grafik).<br />
Kommt es von aussen zu einer Be- oder Entlastung<br />
einer Waagschale, muss die Zahl der auf der Waage<br />
befindlichen Gewichte verschoben werden. Dies kann<br />
im offenen Bikarbonatpuffersystem durch Bildung<br />
oder Entfernung von Base und Säure geschehen.<br />
In einem weiteren Schritt müssen wir uns<br />
daher nun überlegen, was dieses Puffersystem<br />
aus dem Gleichgewicht bringen<br />
kann. Verschiebungen den pH in den<br />
Bereich unter 7.4 nennt man Azidose (Übersäuerung), in den Bereich über 7.4 Alkalose.
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2 Die metabolische Azidose<br />
Unter einer metabolischen Azidose versteht man eine Übersäuerung, die durch einen Überschuss<br />
an Protonen (linke Waagschale!) oder - selten - einen Mangel an Bikarbonat zustande kommt.<br />
Ursachen ist meist Überproduktion von Protonen durch pathologische Stoffwechselvorgänge.<br />
Ein sehr gutes Beispiel ist die Lactatazidose: Sie entsteht, wenn Zucker infolge Sauerstoffmangel<br />
(Durchblutungsstörung) nicht mehr zusammen mit Sauerstoff verbrannt werden kann. Über einen<br />
Ersatzweg (anaerobe Glykolyse) bildet der Körper aus Glucose Milchsäure, dass zu Lactat und<br />
Protonen zerfällt.<br />
Die entstehenden Protonenen senken den pH, d.h. die linke Waagschale wird niedergedrückt. Das<br />
Fließgleichgewicht verschiebt sich nach rechts, es wird Kohlensäure gebildet. Rasch wäre dieses Fließgleichgewicht<br />
ausgeschöpft und der pH würde weiter fallen, falls weitere Protonen anfallen. Die Kohlensäure zerfällt<br />
jedoch zu Kohlendioxid und Wasser, CO2 schließlich kann abgeatmet werden. Unter ständigem Verbrauch von<br />
Bikarbonat werden Protonen gebunden und CO2 abgeatmet. Bikarbonat wiederum kann von Leber und Niere<br />
(langsam) nachgebildet werden, sodass das System wieder in ein neues Gleichgewicht kommen kann.<br />
Klinisch äußert sich daher eine metabolische Azidose neben den Symptomen der Grundkrankheit (z.B. Darmischämie)<br />
mit einer Hyperventilation, um den vermehrten CO2-Anfall abatmen zu können. Die Hyperventilation<br />
oder Azidoseatmung stellt also einen Kompensationsmechanismus für die metabolische Azidose dar.<br />
Man spricht von einer respiratorisch (teil- oder voll-) kompensierten metabolischen Azidose.<br />
Beispiel:<br />
Eine 80jährige Pat. hat einen Mesenterialinfarkt. Sie zeigt eine regelmäßige stark vertiefte und höherfrequente<br />
Atmung (AMV 20l/min, AF 25/min).<br />
pH 7.19<br />
pO2 65mmHg<br />
pCO2 19mmHg<br />
HCO3 8mmHg<br />
BE - 16<br />
Die Blutgasanalyse zeigt rechtsstehendes Bild. Unter BE versteht man (näherungsweise) die <strong>Basen</strong>abweichung<br />
von der Norm (Base Excess).
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• Welche Störung liegt hier vor?<br />
• Wie könnte man die bedrohliche Azidose der Patientin korrigieren?<br />
• Die Pat. wird intubiert und mit Standardparametern beatmet (AMV 100-120 ml/kg KG). Was bedeutet das für<br />
das Puffersystem und den pH?<br />
Weitere Ursachen für eine metabolische Azidose:<br />
á Ketoazidose bei entgleistem Diabetes mellitus<br />
Ketonkörper sind Säuren, sie werden bei massivem Insulinmangel aufgrund einer überschießenden<br />
Lipolyse gebildet.<br />
Typisch für die diabetische Ketoazidose ist die sog. Kußmaul’sche Atmung - nichts anderes als<br />
eine typische Azidoseatmung<br />
á Verminderte Ausscheidung von Protonen über die Nieren bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz<br />
führt zu Protonenüberschuss<br />
á Sehr selten: Renaler Verlust von Bikarbonat durch eine angeborene oder erworbene Störung<br />
(renal-tubuläre Azidose), wodurch Protonen nicht mehr gepuffert werden können.<br />
3 Die respiratorische Azidose<br />
Bei der respiratorischen Azidose kommt es infolge einer Hypoventilation zu einem vermehrtem Anfall von CO2<br />
(Hyperkapnie). CO2 verbindet sich mit Wasser zu Kohlensäure. Dadurch kommt es zur Azidose.<br />
Der Körper reagiert durch eine verstärkte Bildung von Bikarbonat und Ausscheidung von Protonen über die<br />
Nieren. Auf diese Weise kann die respiratorische Störung metabolisch kompensiert werden.<br />
Typische Ursachen für eine respiratorische Azidose:<br />
á Neurogene und muskulär bedingte Atemstörungen (Koma, Myasthenia gravis, amyotrophe Lateralsklerose)
Säure-<strong>Basen</strong>-<strong>Haushalt</strong> Seite 6<br />
á chronische pulmonale Störungen mit zunehmender Resistenz der zerebralen Chemorezeptoren gegenüber<br />
CO2.<br />
4 Die metabolische Alkalose<br />
Nebenstehende BGA zeigt das typische Bild einer metabolischen Alkalose. Hierbei kommt es zu einem Verlust<br />
an Protonen über verschiedene mögliche Wege: v.a. Niere u. Darm<br />
pH 7.55<br />
PO2<br />
70 mmHg<br />
Typische Ursachen sind:<br />
á Verlust von Magensäure (Hcl) durch ständiges Erbrechen: sog. Hypochlorämische Alkalose<br />
á Verlust von Chlorid und Protonen über die Niere, z.B. bei forcierter Diuretikagabe<br />
á Überdosierung von Bikarbonat<br />
Eine respiratorische Kompensation des entstehenden positiven <strong>Basen</strong>überschusses ist nur in geringen Grenzen<br />
möglich, da eine Hypoventilation eine Hypoxie nach sich zieht. Liegt die Störung nicht renal begründet, kann die<br />
Niere auch metabolisch durch Bikarbonatausscheidung gegensteuern.<br />
pCO2<br />
HCO3<br />
BE<br />
Cl<br />
45mmHg<br />
30 mmol/l<br />
+ 6 mmol/l<br />
75 mmol/l (Norm:<br />
98-112)<br />
Was hat das niedrige Kalium mit der Alkalose zu tun?<br />
Zwar gehört die Kaliumhomöostase nicht zum Kernthema des Säure-<strong>Basen</strong>haushaltes, allerdings sei hier am<br />
Rande ein wichtiger Begleitumstand von Azidosen mit genannt:<br />
Kalium wird über eine Transportpumpe zusammen mit Protonen in die Zellen hinein und aus den Zellen wieder<br />
hinaus transportiert. Kalium folgt in seiner Konzentration der der Protonen.<br />
Hohe Protonenzahl (niedriger pH, Azi<br />
dose) = hohes Kalium<br />
Niedrige Protonenzahl (hoher pH, Alkalose)<br />
= niedriges Kalium
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Patienten mit einer Alkalose neigen daher auch eher zur Hypokaliämie; umgekehrt kann man durch Alkalisieren<br />
des Blutes auch rasch eine Hyperkaliämie korrigieren.<br />
5 Respiratorische Alkalose<br />
Eine respiratorische Alkalose entsteht durch Hyperventilation mit nachfolgender Hypokapnie. Bei der Nachbildung<br />
von CO2 werden Protonen verbraucht -> Alkalose.<br />
Nebenstehende BGA gibt eine typische länger anhaltende respiratorische Alkalose wieder. Typische Ursache für<br />
eine anhaltende Hyperventilation wäre z.B. eine cerebrale Schädigung mit Hirndruck ohne beginnende Einklemmung.<br />
Der pH ist annähernd normal. Warum? Wurde die respiratorische Störung etwa bereits kompensiert? Wie?<br />
pH 7.45<br />
pO2 100 mmHg<br />
pCO2 29mmHg<br />
HCO3 18 mmol/l<br />
BE -6 mmol/l<br />
Und nun noch einige BGA-Konstellationen zur Selbstanalyse:<br />
Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4 Fall 5 Fall 6 Fall 7 Fall 8 Fall 9 Fall 10<br />
pH 7.29 7.48 7.35 6.9 7.15 7.60 7.40 7.45 7.45 7.1<br />
pO2 65 95 100 50 100 21 100 120 100 120<br />
pCO2 70 48 30 50 19 5 35 28 22 22<br />
BE +15 +12 -7 -15 -22 +50 -5 0 -10 -15<br />
sonst. COPD Cl 80<br />
Dialyse<br />
moribunder<br />
BZ 730<br />
Na 150, K<br />
Symptom-<br />
Krämpfe in<br />
ASS-Intoxi-<br />
unkl.<br />
mmol/l<br />
Pat.<br />
mg%<br />
0.1<br />
los<br />
d. Hand<br />
kation<br />
Schock<br />
Diagnose:
Säure-<strong>Basen</strong>-<strong>Haushalt</strong> Seite 8