Allgemeine Krankheitslehre Seite 1 © Dr. H ... - Innere-Bamberg
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<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 1<br />
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong><br />
Definitionen und Begriffe<br />
<strong>Innere</strong> Medizin:<br />
Die <strong>Innere</strong> Medizin ist ein zentrales Teilgebiet der Humanmedizin, sie befaßt sich mit<br />
• Erkennung<br />
• konservativer (nicht-operativer) Behandlung<br />
• Rehabilitation und<br />
• Vorbeugung von Erkrankungen folgender Organsysteme:<br />
Organsystem<br />
Teilgebietsbezeichnung<br />
Atmungsorgane<br />
Pulmonologie<br />
Herz- und Kreislauf<br />
Kardiologie<br />
Gefäßsystem<br />
Angiologie, Phlebologie<br />
Magendarmtrakt und Leber<br />
Gastroenterologie<br />
Niere<br />
Nephrologie<br />
Blut und blutbildende Organe<br />
Hämatologie<br />
Stoffwechsel und Hormbildung<br />
Endokrinologie<br />
Stütz- und Bewegungsapparat<br />
Rheumatologie<br />
Infektionserkrankungen --<br />
Vergiftungen<br />
(Toxikologie)<br />
Alterstypische Erkrankungen<br />
Geriatrie<br />
Die internistische Onkologie beschäftigt sich übergreifend mit Tumorerkrankungen<br />
aus allen o.g. Fächern<br />
Die Grenzen zu Nachbarfächern sind fließend. Beispiel: Nierentumor Nephrologie,<br />
Onkologie, Urologie, Magengeschwür Gastroenterologie, Abdominalchirugie,<br />
Brustkrebs Onkologie, Gynäkologie, Osteoporose Rheumatologie, Orthopädie<br />
Verwendete Abkürzungen in diesem Skript und Erklärung der Begriffe<br />
Ät,<br />
Urs<br />
PPh,<br />
Pg<br />
Ätiologie<br />
Pathophysiologie,<br />
Pathogenese<br />
Ursache einer Erkrankung. Beispiel Grippe, Ursache<br />
Grippevirus<br />
Vorgänge der Krankheitsentwicklung. Beispiel Grippe:<br />
Tröpfcheninfektion, Befall der Zellen der Bronchien, Virusvermehrung<br />
und Zellzerstörung, Immunantwort etc.<br />
Def Definition Begrifferklärung<br />
Sy Symptom Beschwerden oder Veränderungen des Patienten, die<br />
der Patient schildert, oder die der Arzt ohne technische<br />
Hilfsmittel erkennen kann (z.B. Müdigkeit, Gewichtsverlust,<br />
Nachtschweiß, Fieber ⇐ sog. B-Symptomatik)<br />
Bef Befund Veränderungen am Pat., die mit Hilfe von Untersuchungen<br />
erkannt werden können (z.B. Blutbildveränderungen,<br />
Herzgeräusch, Röntgenbild- oder EKG-<br />
Veränderungen)<br />
D Diagnose Die Erkennung und Benennung eines Krankheitsbildes<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 2<br />
auf der Grundlage von Symptomen und Befunden<br />
DD Differentialdiagnose<br />
Überlegung bezüglich anderer in Frage kommender<br />
Diagnosen<br />
Th Therapie Behandlung der Erkrankung.<br />
• Symptomatische Therapie: Behandlung der Krankheitssymptome,<br />
ohne den Verlauf zu beeinflussen<br />
• Kausale Therapie: Behandlung der Krankheitsursache<br />
selbst<br />
• Palliative Therapie: Behandlung mit dem Ziel der Lebensverlängerung<br />
und/oder der Erhöhung der Lebensqualität<br />
ohne Heilung<br />
• Kurative Therapie: Behandlung mit dem Ziel einer Heilung<br />
Ko Komplikation ..<br />
Prg Prognose Aussichten bezüglich des Heilungserfolges, der Überlebensaussichten<br />
Pro Prophylaxe, Prävention<br />
Vorbeugung, man unterscheidet<br />
• Primärprophylaxe: Gesundheitsaufklärung, Impfungen<br />
und weitere Maßnahmen, die das Auftreten von Erkrankungen<br />
von vorneherein verhindern sollen<br />
• Sekundärprophylaxe: Maßnahmen zur Früherkennung<br />
von Krankheiten (z.B. Krebsvoruntersuchungen)<br />
• Tertiärprophylaxe: U.a. Maßnahmen, um das Wiederauftreten<br />
einer Erkrankung zu verhindern<br />
Dis Disposition Bereitschaft, Erkrankung zu bekommen. z.B. AIDS-<br />
Patienten sind disponiert für Tuberkulose<br />
Etl Einteilung<br />
Stad Stadium<br />
Wichtige statistische Begriffe<br />
• Morbidität:<br />
Def Häufigkeit einer Erkrankung in der Bevölkerung. Beispiel: 10 von 100.000 Personen<br />
leiden unter einem Lymphom<br />
• Inzidenz:<br />
Def Zahl der Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitraum. Beispiel: Mehr als<br />
10.000 Fälle neu aufgetretener Tuberkulose im Jahr werden in Deutschland<br />
berichtet<br />
• Mortalität:<br />
Def Sterbehäufigkeit einer Erkrankung in der Bevölkerung. Beispiel: Die meisten<br />
Menschen in Deutschland sterben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, diese haben<br />
also die höchste Mortalität in Deutschland<br />
• Letalität:<br />
Def Anteil der Patienten, die an einer bestimmten Erkrankung versterben. Beispiel:<br />
Fast alle Pat. mit kleinzelligem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) und Metastasen<br />
(Tochergeschwülste) sterben an dieser Erkrankung, die Letalität ist also<br />
fast 100%.<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 3<br />
1. Tod<br />
Der Todesbegriff scheint zunächst nicht erklärungsbedürftig zu sein, unter biologischem<br />
Tod versteht man das endgültige Versagen aller lebenserhaltenden Funktionsabläufe.<br />
Klärungsbedarf besteht jedoch hinsichtlich der Frage, wo Tod beginnt.<br />
• Vita reducta: Beschränkung des Lebens auf nur noch wenige Teilfunktionen, wichtigstes<br />
Beispiel sind Schädel-Hirn-Traumen mit Zerstörung aller wichtigen Gehirnfunktionen,<br />
sodaß der Körper nur noch mit maschineller Beatmung und Kreislaufstützung<br />
überleben kann. Ein besonderer Zustand der vita reducta, der sog.<br />
• Hirntod ist gekennzeichnet durch einen irreversiblen Ausfall der gesamten Gehirnfunktion.<br />
Wenngleich der biologische Tod noch nicht eingetreten ist, hat das sog.<br />
personale Leben aufgehört zu existieren. Dem Gehirn kommt bei der Todesdefinition<br />
eine Sonderstellung zu: Während früher das Herz als der Träger der Lebensfunktion<br />
angesehen wurde, hat sich nun durch medizinischen Fortschritt, mit dem ein Leben<br />
ohne Herz begrenzt möglich ist, das Gehirn als das zentrale Organ des personalen<br />
Lebens herauskristallisiert. Für die Feststellung des Hirntodes sind Prüfprotokolle<br />
festgelegt worden.<br />
• Abgegrenzt hiervon werden müssen sog. Dezerebrationszustände, v.a. das apallische<br />
Syndrom: Hier liegt ein irreversibler Ausfall der Großhirnrinde vor, also dem<br />
Teil des Gehirns, der Bewußtsein ermöglicht. Niedrigere Funktionen (Atmung, Aufrechterhaltung<br />
von Kreislaufaktivität, Temperaturregulation) werden noch geleistet.<br />
Beim apallischen Syndrom handelt es sich um keinen Hirntod.<br />
• Der sog. klinische Tod bezeichnet den Zustand zwischen einem eingetretenen<br />
Herz-Kreislauf- und Atemstillstand und dem irreversiblen Ausfall der Gehirnfunktion<br />
(Dauer grob geschätzt etwa 10 Minuten). Er ist gekennzeichnet durch einen Verlust<br />
der Vitalfunktionen (Vitalfunktionen: Atmung, Herz-Kreislauftätigkeit). Diese können<br />
aber mittels Wiederbelebungsmaßnahmen überbrückt und eine vollständige Wiederherstellung<br />
des Lebens erreicht werden.<br />
Sichere Todeszeichen<br />
Sichere Todeszeichen dienen der Feststellung des biologischen Todes. Sie müssen<br />
unbedingt abgewartet werden, bevor der Tod bescheinigt wird.<br />
• Totenflecke (Livores): Rot-violette Hautflecken an den unten gelegenen Körperpartien,<br />
sie treten nach 1-4 Stunden auf. Es handelt sich um Blut, das sich an den<br />
tiefsten Punkten sammelt. Verwechslungen mit Flecken anderer Ursache sind aber<br />
möglich, daher sollte man sich nicht alleine auf Totenflecken verlassen.<br />
• Totenstarre (Rigor mortis): Beginnt nach etwa 3-5 Stunden. Es handelt sich um<br />
eine wächserne Starre der Muskulatur, die meist am Kopf beginnt. Sie löst sich nach<br />
2-3 Tagen wieder.<br />
• Autolyse: Einsetzender Fäulnisprozeß sicherstes Todeszeichen, das aber zur Todesfeststellung<br />
nicht abgewartet wird.<br />
Einzelne Zellen sterben erst sehr verspätet ab ⇐ Nagel- und Haarwachstum bei Toten,<br />
Niere und Herz sind noch 6 Stunden nach Todeseintritt lebensfähig, Spermien<br />
sind noch nach 120 Stunden befruchtungsfähig.<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 4<br />
2. Entzündung<br />
Def<br />
Reaktion des Körpers auf einen schädigenden Einfluß (Erreger, Strahlen,<br />
Fremdkörper etc.) mit dem Ziel, diesen Einfluß zu beseitigen und Funktionsstörungen<br />
zu beseitigen. Hierfür werden spezialisierte Zellen des Blutes und<br />
Bindegewebes sowie Eiweiß- und Botenstoffe eingesetzt.<br />
Viele Entzündungen werden mit den Endsilben ‚-itis‘ bezeichnet (Rhinitis =<br />
Schnupfen, Bronchitis, Gastroenteritis = Durchfall, Appendizitis = Blinddarmentzündung)<br />
lokale Entzündungszeichen<br />
Die fünf Kardinalsymptome einer Entzündung sind:<br />
• Rubor (Rötung): Als erstes kommt es im Entzündungsgebiet<br />
zu einer Weitstellung der Gefäße mit vermehrter Durchblutung.<br />
Diese Reaktion wird durch lokale Botenstoffe (z.B. Histamin)<br />
Rubor<br />
Calor<br />
Tumor<br />
Dolor<br />
Functio laesa<br />
ausgelöst, die von ortsansässigen Entzündungszellen abgegeben werden. Dadurch<br />
kommt es zur Hautrötung. Die vermehrte Durchblutung ist Voraussetzung dafür, daß<br />
weitere Entzündungszellen aus dem Blut an den Ort des Geschehens kommen können.<br />
Die vermehrte Durchblutung wird auch als<br />
• Calor (Wärme) empfunden.<br />
• Tumor (Schwellung): Die Kapillaren werden durchlässiger, Blutbestandteile dringen<br />
in den Bezirk ein, dadurch kommt es zur Schwellung.<br />
• Dolor (Schmerz): Der Scmerz bei der Entzünung hat mehrere Ursachen. Nervenenden<br />
werden durch die Schwellung direkt gereizt, außerdem geben Entzündungszellen<br />
Botenstoffe ab (z.B. Prostaglandine), die ebenfalls zur Schmerzwahrnehmung<br />
führen.<br />
• Functio laesa (Funktionsverlust): Schwellung und Schmerz führen zur Funktionseinschränkung<br />
des betroffenen Gebietes.<br />
Begleitsymptome<br />
• Fieber: Anstieg der Körpertemperatur um ein bis fünf Grad. Ursache ist eine Sollwertverstellung<br />
im Temperaturregulationszentrum des Hypothalamus (Zwischenhirnregion),<br />
die durch Bakterienzerfallsprodukte einerseits und durch körpereigene Botenstoffe<br />
andererseits hervorgerufen wird.<br />
Fieber ist kein ‚Unglück‘, sondern meist eine sinnvolle Reaktion des Körpers, um die<br />
Immunabwehr zu optimieren! Fiebersenkung im Bereich zwischen 37,5 und 40°C ist<br />
daher keine sinnvolle Maßnahme.<br />
• Tachykardie: Ein schnellerer Herzschlag führt zusammen mit Fieber zu einer erhöhten<br />
Körperaktivität, die der Immunabwehr dient.<br />
• Leukozytose: Ist Ausdruck der Mobilisation der weißen Blutkörperchen (Leukozyten),<br />
die nun aus allen Ecken in das Blut wandern,um zum Ort der Entzündung zu<br />
gelangen.<br />
• Erhöhte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit: Hat mit der veränderten Zusammensetzung<br />
des Blutes bei einer Entzündung zu tun (andere Proteine, als<br />
sonst).<br />
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<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 5<br />
2.1. Einteilung der Entzündungen<br />
Einteilung nach dem zeitlichen Verlauf<br />
• Akute Entzündungen treten rasch auf und führen frühzeitig zu<br />
einem Höhepunkt im Verlauf, bei besonders dramatischen Verläufen<br />
spricht man von perakuten Verläufen, bei weniger raschem Verlauf von subakuten.<br />
• Chronische Entzündungen sind durch einen langsamen schleichenden Verlauf,<br />
oft über Monate und Jahre gekennzeichnet.<br />
‚Akut‘ und ‚chronisch‘ sagt nichts über die Schwere und Bedrohlichkeit einer Entzündung<br />
aus.<br />
Einteilung nach der vorherrschenden Entzündungskomponente<br />
Wie eine Entzündung unter dem Mikroskop aussieht, kann<br />
ganz erheblich zur Ursachenfindung beitragen.<br />
• Seröse und schleimige Entzündung: Hauptkomponente<br />
dieser Entzündungsform ist Gewebsflüssigkeit und<br />
Schleim aus schleimproduzierenden Zellen. Häufige Ursachen<br />
sind Viren. Paradebeispiel: Der Schnupfen, Hautquaddeln<br />
(z.B. bei einer Allergie).<br />
akut<br />
chronisch<br />
serös<br />
fibrinös<br />
eitrig<br />
hämorrhagisch<br />
granulomatös<br />
nekrotisierend<br />
gangräneszierend<br />
• Fibrinöse Entzündungen: Zusätzlich zum Flüssigkeistaustritt kommt es zum Austritt<br />
von Fibrinfäden. Fibrinöse E. findet man besonders oft am Rippenfell, Bauchfell<br />
und Herzbeutel. Häufige Ursachen sind Viren oder spezielle Bakterien, wie z.B. die<br />
Tuberkulosebakterien.<br />
• Eitrige Entzündungen: Hauptbestandteil der eitrigen E. sind Zellen, v.a. weiße<br />
Blutkörperchen (Leukozyten). Meistens haben sie eine bakterielle Ursache. Je nachdem,<br />
wie dieser Eiter angeordnet ist unterscheidet man nochmals:<br />
- Phlegmone: Der Eiter ist im Gewebe fein verteilt und nicht auf einen Ort<br />
konzentriert. Beispiel: Appendizitis, Erysipel (Wundrose)<br />
- Abszeß: Bildung einer Eiterkammer durch Gewebseinschmelzung. Beispiel:<br />
Furunkel<br />
- Empyem: Ansammlung von Eiter in einer vorher vorhandenen Körperhöhle.<br />
Beispiel: Pleuraempyem: Eiteransammlung zwischen Lunge und Brustwand.<br />
- Eitriger Katarrh: Auswurf von Eiter aus den Bronchien oder den Nebenhöhlen<br />
etc.. Beispiel: Eitrige Bronchitis.<br />
• Hämorrhagische Entzündungen: Hauptbestandteil ist Blut, das aus geschädigten<br />
Kapillaren austritt, meistens sind Viren die Ursache. Paradebeispiel ist die Lungenentzündung<br />
durch Grippeviren (Influenzapneumonie), bei der es zur hämorrhagischen<br />
Tracheobronchitis (Entzündung der Luftröhre und der Bronchien) kommt.<br />
• Granulomatöse Entzündung: Hauptbestandteil sind Entzünungszellen, die sich<br />
wie ein Wall oder eine Mauer um ein Zentrum legen. Diese sog. Granulome sehen<br />
aus wie Knötchen. Granulome entstehen oft bei Fremdkörperentzündungen, aber<br />
auch bei der Tuberkulose und bei einigen sog. Autoimmunerkrankungen.<br />
• Nekrotisierende und gangräneszierende Entzündung: Hauptbestandteil ist untergegangenes<br />
Gewebe, bei der gangräneszierenden Entzündung kommt es zusätzlich<br />
durch Fäulniskeime zur fauligen Zersetzung. Diese Entzünungsform entsteht v.a.<br />
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<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 6<br />
dann, wenn die Immunabwehr die Ursache nicht beseitigen kann, z.B. bei schweren<br />
Immundefekten oder bei schwersten Durchblutungsstörungen (z.B. Gangrän einer<br />
abgestorbenen Zehe)<br />
2.2. Ausbreitungsmöglichkeiten einer Entzündung<br />
• Per continuitatem: Kontinuierliche Ausbreitung vom Ort der<br />
Entstehung.<br />
• Kanalikulär: Entlang vorgegebener Hohlraumstrukturen, z.B.<br />
entlang der Bronchien bei einer Bronchitis, entlang der Gallenwege,<br />
der Harnleiter<br />
• lymphogen: Streuung der Entzündung über die Lymphspalten der Haut oder über<br />
Lymphbahnen des Körpers<br />
• Hämatogen: Verschleppung von Entzündungsmaterial mit dem Blut. Das Material<br />
bleibt dann irgendwo im Kapillarnetz anderer Organe stecken und kann dort zu Entzündungsmetastasen<br />
führen.<br />
2.3. Verlaufsmöglichkeiten einer Entzündung<br />
Bei einfachen Verläufen kommt es nach Bekämpfung der Ursache<br />
und Abräumen der zerstörten Zellen und Erreger zu einer<br />
kompletten Heilung, die sog. Resitutio ad integrum. Ist<br />
per continuitatem<br />
kanalikulär<br />
lymphogen<br />
hämatogen<br />
Restitutio ad<br />
integrum<br />
Defektheilung<br />
Chronifizierung<br />
zuviel Gewebe durch die Entzündung zerstört, kann das normale Gewebe nicht mehr<br />
hergestellt werden, so kommt es zur Defektheilung. Paradebeispiel ist die Narbenbildung:<br />
Bindegewebe ersetzt dann z.B. Haut, kann aber nicht dieselbe Funktion<br />
übernehmen. Und schließlich kann es zur Chronifizierung kommen.<br />
3. Tumoren<br />
Def<br />
Ät<br />
Pg<br />
Gewebevermehrung mit überschießendem, mit der Umgebung unkoordiniertem<br />
Wachstum, das auch dann anhält, wenn der auslösende Reiz nicht mehr<br />
vorhanden ist.<br />
Im weiteren Sinne (siehe Kardinalsymptome der Entzündung) jede Gewebevergrößerung.<br />
Die Ursachen der Tumorentstehung sind in den meisten Einzelfällen unklar.<br />
U.a. kennt man hormonelle Einflüsse, Erreger, physikalische und chemische<br />
Einwirkungen, genetische Defekte.<br />
Zellen unterliegen normalerweise einer Wachstums- und Zellteilungskontrolle<br />
durch Hormone, die über das Blut oder von Nachbarzellen her einwirken, sowie<br />
durch genetische interne Kontrollmechanismen. Je weiter eine Zelle spezialisiert<br />
ist, desto weniger kann sie sich i.d.R. im Laufe ihres Lebens teilen.<br />
Bestes Beispiel sind Nervenzellen, die sich nach der Geburt gar nicht mehr<br />
vermehren können, aber hochspezialisiert sind.<br />
Durch äußere oder innere Einflüsse (siehe Ätiologie) können diese Kontrollmechanismen<br />
gestört werden. Je stärker hierbei der Wachstumsdrang und je<br />
stärker die Entdifferenzierung der Zellen, umso bösartiger der Tumor.<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 7<br />
3.1. Unterscheidung gut- und bösartiger Tumoren<br />
Wachstumsgeschwindigkeit<br />
Differenzierung<br />
Gutartige Tumoren<br />
Langsam<br />
Gut differenziert, den Ursprungszellen<br />
sehr ähnlich<br />
Bösartige Tumoren<br />
Schnell<br />
Entdifferenziert, den Ursprungszellen<br />
nicht mehr<br />
sehr ähnlich<br />
Ungeordnetes Wachstum,<br />
Zellen sehr unterschiedlich<br />
infiltrativ und destruierend<br />
Gewebeaussehen Geordnetes Wachstum,<br />
gleich große Zellen<br />
Wachstum in die Umgebung<br />
verdrängend<br />
Bildung von Metastasen nein ja<br />
Fernwirkung<br />
möglich durch Produktion oft B-Symptomatik (Fieber,<br />
von Hormonen<br />
Nachtschweiß, Gewichtsverlust)<br />
Beispiel<br />
Adenom der Schilddrüse, Adeno-Karzinom der Lunge,<br />
Mamma-Karzinom der<br />
Fibrom der Brust, Polyp<br />
des Darmes, Leberfleck Brust, Colon-Karzinom,<br />
Malignes Melanom der<br />
Haut<br />
Eine Zwischensstellung nehmen sog. semimaligne Tumoren ein. Beispiel: Das Basaliom<br />
Hauttumor, der infiltrativ-destruierend wächst, aber keine Metastasen macht.<br />
3.2. Bösartige Tumoren<br />
Ät<br />
1. Kanzerogene: Stoffe, die nach längerer Einnahme, Kontakt oder Inhalation<br />
das Risiko bösartiger TU drastisch erhöhen.<br />
Beispiele:<br />
- Zigarettenrauch (3,4-Benzoapyren vor allem) Lungenkrebs<br />
- AlkoholSpeiseröhrenkrebs, Leberkrebs<br />
- Benzol Leukämie<br />
- sog. Nitrosamine Colon-CA<br />
- bestimmte Schimmelpilze (Aflatoxine) Leberkrebs (in Japan oft)<br />
- Asbest, Quarzstaub Lungenkrebs<br />
- Buchenholzstaub Nasennebenhöhlenkrebs<br />
- Chemotherapiemedikamente und vieles vieles mehr<br />
2. Physikalische Einwirkung<br />
- radioaktive Strahlung<br />
- UV-Strahlung<br />
3. Erreger<br />
- Ebstein-Barr-Virus Leukämie<br />
- HIVMalignes Lymphom<br />
4. Genetische Prädisposition<br />
- Down-Syndrom (sog. Mongoloismus)Leukämie<br />
- Xeroderma pigmentosum (Hautkrankheit) Hautkrebs<br />
- Erbliche Polyposis coli (Darmerkrankung mit unzähligen Polypen)Colon-<br />
CA<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 8<br />
Präkanzerosen<br />
Hierunter versteht man Erkrankungen, die ein hohes Risiko haben, später eine bösartige<br />
Tumorerkrankung hervorzurufen. Wichtige Besipiele sind:<br />
• Familiäre Polyposis coli: Vererbliche Erkrankung, bei der unzählige Polypen im<br />
Dickdarm (Colon) entstehen, Polypen aber können zu Krebs entarten, dies geschieht<br />
bei dieser Erkrankung immer. Man spricht von einer obligaten Präkanzerose.<br />
• Colitis ulcerosa: Autoimmunerkrankung mit chronischer Entzündung des Darmes.<br />
In manchen Fällen kommt es nach jahrelangem Verlauf zum Colon-CA, dies ist aber<br />
nicht immer so, man spricht von fakultativer Präkanzerose.<br />
• Dysplasien: Zellveränderungen, bei denen Zellen ihre Differenzierung verlieren,<br />
ohne allerdings bereits unkontrolliert zu wachsen. Dysplasien sind besonders oft in<br />
den Bronchien nach langjährigem Rauchen und am Muttermund (Portio) bei Frauen<br />
zu finden. Dysplasien können sich zu bösartigen Tumoren weiterentwickeln.<br />
Krebshäufigkeit<br />
Bei der Frau<br />
Beim Mann<br />
1. Mamma-CA 1. Bronchial-CA<br />
2. Uterus-CA 2. Colon-CA<br />
3. Colon-CA 3. Magen-CA<br />
4. Magen-CA 4. Prostata-CA<br />
TNM-Klassifikation<br />
Sie soll einheitlich Auskunft über die Tumorausbreitung Auskunft geben<br />
• T: Tumorgröße<br />
- T1: sehr klein<br />
- T2: weit innerhalb des Organs ohne Berührung wichtiger Strukturen<br />
- T3: bis an die Organgrenzen reichend, noch keine Organüberschreitung,<br />
wichtige Strukturen noch nicht infiltriert<br />
- T4: Organüberschreitend, oder: wichtige Strukturen infitrierend<br />
• N: Lymphknotenbefall<br />
- N0: kein Befall<br />
- N1: Befall der nächststehenden Lymphknoten<br />
- N2: Befall der regionalen Lymphknoten<br />
- N3: Befall entfernter Lymphknoten<br />
• M: Metastasen<br />
- M0: Keine Metastasen<br />
- M1: Metastasen vorhanden<br />
Durch Voranstellen kleiner Buchstaben kann man noch klären, auf welcher Basis die<br />
Einteilung vorgenommen worden ist:<br />
• ‚c‘: durch Computertomographie<br />
• ‚p‘: durch den Pathologen nach erfolgter Operation<br />
Beispiel:<br />
Klenzelliges Bronchial-CA cT3, cN1, cM0: Bislang nur durch CT festgestellte TU-<br />
Ausbreitung innerhalb der Lunge ohne Infiltration des Hauptbronchus, Darstellung<br />
einer wahrscheinlichen Lymphknotenmetastase direkt in TU-Nähe, kein Hinweis für<br />
Metastasen im CT.<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001
<strong>Allgemeine</strong> <strong>Krankheitslehre</strong> <strong>Seite</strong> 9<br />
typische Tumorkomplikationen bösartiger TU<br />
• Stenosierung von Hohlorganen<br />
Beispiel Colon-CA: Wächst ein Colon-CA in den Darm vor, kommt es zunächst<br />
zur relativen Einengung. Stuhlgang bleibt vor der Stenose (Engstelle) stecken.<br />
Durch den Stuhlverhalt kommt es dann zu einer Verflüssigung des Stuhls. Der<br />
flüssige Stuhl kann die Stenose passieren Der Patient bemerkt einen<br />
Wechsel von Obstipation (Verstopfung) und flüssigen Durchfällen (Diarrhoen),<br />
dies nennt man paradoxe Diarrhoe. Kommt es zum vollständigen Verschluß<br />
des Darmes entsteht ein sog. Ileus.<br />
• Blutung<br />
Beispiel Colon-CA: Häufig geht allen anderen Symptomen geringfügige, kaum<br />
sichtbare (okkulte) Blutungen aus dem Darm voraus, die zur Anämie (Blutarmut)<br />
führen können. Größere Mengen Blut färben den Stuhl schwarz (sog.<br />
Teerstuhl oder Meläna).<br />
Andere Blutungskomplikationen:<br />
- Bluthusten Hämoptysen<br />
- Bluterbrechen Hämatemesis<br />
- Blut im Urin Hämaturie<br />
• Fistelbildung<br />
Durch Nekrosenbildung können sich Gänge bilden, die in Nachbarorgane reichen<br />
können.<br />
Beispiel Colon-CA: Fistel in die Blase. Symptom ist Luft- und Stuhlabgang<br />
beim Wasserlassen und Harnwegsinfektionen<br />
• B-Symptomatik<br />
Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Leistungsverlust<br />
• Paraneoplastische Symptome<br />
Symptome die meist durch Hormonstörungen auftreten, z.B. Neigung zu Blutgerinnseln<br />
in den Venen (Thrombosen) bei Nierenzellkarzinom, vermehrte Bildung<br />
von Cortisol bei Bronchialkarzinom<br />
• Metastasierung<br />
Die Streuung von Krebszellen kann auf ähnlichen Wegen wie die von Entzündungen<br />
geschehen, siehe hierzu unter 2.2.<br />
Krebsvorsorge<br />
Zur Sekundärprophylaxe können bei manchen Tumoren Vorsorgeuntersuchungen<br />
hilfreich sein, um die Chancen einer kurativen Therapie zu verbessern.<br />
• Empfohlene Untersuchungen beim Mann: Hämoccult-Test auf Blutspuren im Stuhlgang,<br />
Austastung der Vorsteherdrüse (Prostata), Untersuchung der Haut auf Melanome<br />
• Bei der Frau: Abtastung (Palpation) der Brust (Mamma), Zytologische Untersuchung<br />
des Muttermundes (Portio) und der Scheide (Vagina), Hämoccult, Untersuchung<br />
der Haut auf Melanome<br />
Viele Tumoren (z.B. Bronchial-CA) haben keine Frühsymptome, Vorsorgeuntersuchungen<br />
haben hier daher keine Chance.<br />
© <strong>Dr</strong>. H. Bachmann, 07.12.2001