Validation von Laborergebnissen
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Qualitätsmanagement<br />
Kurz und bündig<br />
■ Eine biomedizinische Laboruntersuchung besteht aus<br />
den drei Phasen Präanalytik – Analytik und Postanalytik;<br />
die Indikationsstellung und Interpretation der<br />
Ergebnisse ist Aufgabe des klinisch-tätigen Arztes, der<br />
analytische Prozess ist eigenverantwortliche Aufgabe<br />
der MTLA<br />
■ Die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Laborergebnisses<br />
unter methodischen Aspekten einschl. der Qualitätssicherung<br />
wird technische <strong>Validation</strong> genannt.<br />
■ Die über die technische <strong>Validation</strong> hinausgehende<br />
Beurteilung durch eine Plausibilitätskontrolle, Transversal-<br />
und Longitudinalbeurteilung des Ergebnisses<br />
wird biomedizinische <strong>Validation</strong> genannt.<br />
■ Technische und biomedizinische <strong>Validation</strong> erfordern<br />
zwingend fachliche Kompetenz und sind entsprechend<br />
MTLA-vorbehaltene Tätigkeiten gemäß §9 MTAG<br />
672 Fachbeiträge<br />
Die ärztlichen Fachgesellschaften<br />
räumen mit ihrer Feststellung jedoch<br />
ein, dass die Erstellung eines Laborbefundes<br />
offenkundig keine ärztliche<br />
Leistung sei. Demnach ist es<br />
auch nicht hinnehmbar, dass MTLA,<br />
wenn sie einschlägig fachlich vorgebildet<br />
sind, nicht medizinisch validieren<br />
dürfen.<br />
Das professionelle Selbstverständnis<br />
der Disziplinen<br />
Die tradierte Ausrichtung unseres<br />
Gesundheitswesens auf den ärztlichen<br />
Heilberuf und die Unterordnung<br />
aller übrigen Gesundheitsberufe<br />
stehen immer mehr zur Disposition.<br />
Ärztliche und nichtärztliche<br />
Professionen bilden im EU-Ausland<br />
ein therapeutisches Team, deren<br />
Mitglieder aufgrund ihrer je eigenen<br />
Kompetenz- und Zuständigkeitsbereiche<br />
kooperativ, interdisziplinär<br />
und mit professionellem Selbstverständnis<br />
für die Gesundheitsversorgung<br />
der Bevölkerung gleichberechtigt<br />
zuständig sind.<br />
Im deutschsprachigen Raum sieht<br />
es jedoch anders aus [6, 14]. Hier<br />
werden die Gesundheitsberufe als<br />
Heilhilfsberufe deklariert, die dem<br />
Kommando eines weitgehend fragmentierten<br />
ärztlichen Leitberufs untergeordnet<br />
sind [14]. Der MTA-Beruf,<br />
der vor über 100 Jahren als angelernte<br />
Hilfstätigkeit begann, hat<br />
sich zu einem Beruf entwickelt, dessen<br />
Ausübung hohe Kompetenz erfordert<br />
und aufgrund seiner Berufs-<br />
MTA Dialog 9 (2006) Jahrgang 7<br />
geschichte mit dem Fortschritt der<br />
naturwissenschaftlichen Medizin<br />
eng verknüpft ist [6].<br />
Die Leitung eines klinischen Labors<br />
erfordert zwingend Sachverstand.<br />
Es muss jedoch die Frage gestellt<br />
werden, ob die heute vorhandenen<br />
Professionalisierungswege<br />
für den Zweig der Laboratoriumsmedizin<br />
über den ärztlichen Heilberuf<br />
zu erfolgen haben. Ein Blick ins europäische<br />
Ausland lässt diese Frage<br />
anders beantworten. So ist festzustellen,<br />
dass in vielen europäischen<br />
Ländern (z. B. Niederlande, skandinavische<br />
Länder, Großbritannien)<br />
die Erbringung labordiagnostischer<br />
Leistungen ganz oder überwiegend<br />
durch Nicht-Ärzte (z. B. Biomedical<br />
Scientists) erfolgt [15, 16]. Offensichtlich<br />
besteht keine Notwendigkeit,<br />
die Labormedizin approbierten<br />
Ärzten zu überlassen. Stattdessen<br />
sollte die politische Vernunft die Labormedizin<br />
aus dem Heilkundevorbehalt<br />
entlassen, ohne dass damit<br />
eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung<br />
zu befürchten wäre<br />
[16, 17, 18].<br />
Letztendlich ist zu konstatieren,<br />
dass die Situation in Deutschland<br />
dringend reformbedürftig ist, d. h. es<br />
müssen neue, schlüssige Professionalisierungswege<br />
im Bereich der<br />
biomedizinischen Analytik im Sinne<br />
des Bologna-Prozesses barrierefrei<br />
etabliert werden. Unsere europäischen<br />
Nachbarn (Österreich,<br />
Schweiz) haben es uns kürzlich erst<br />
vorgemacht. Und worauf warten wir<br />
in Deutschland? ■<br />
Literatur<br />
1. L. Thomas, in Labor und Diagnose, L.<br />
Thomas, Ed. (TH-Books Verlagsgesellschaft,<br />
Frankfurt, 2005), pp. 1965,1974-<br />
1985.<br />
2. D. Stamm, J. Büttner, in Lehrbuch der Klinischen<br />
Chemie und Pathobiochemie, H.<br />
Greiling, A. M. Gressner, Eds. (Schattauer<br />
Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 1995),<br />
pp. 72-95.<br />
3. G. M. Fiedler, J. Thiery, Internist 45, 315<br />
(2004).<br />
4. Saarländisches Oberlandesgericht.<br />
Urteil des OLG vom 21.07.1999. 1 U<br />
926/98-168.<br />
5. DIN, “Medizinische Laboratorien - Besondere<br />
Anforderungen an die Qualität und<br />
Kompetenz (ISO 15189:2003). Deutsche<br />
Fassung EN ISO 15189:2003“.<br />
6. M. Kachler, J. Behrens, in Quo vadis,<br />
MTA? - Ein Beruf auf dem Prüfstand,<br />
M. Kachler et al., Eds. (Mensch & Buch<br />
Verlag, Berlin, 2005), pp. 1-45.<br />
7. H. D. Bruhn, U. R. Fölsch, in Lehrbuch<br />
der Labormedizin., H. D. Bruhn, U.<br />
R. Fölsch, Eds. (Schattauer, Stuttgart,<br />
1999), pp. 14-15.<br />
8. Gesetz über Technische Assistenten in<br />
der Medizin (MTAG) vom 02.08.1993<br />
BGBl. I S. 1402.<br />
9. Ausbildungs- und Prüfungsverordnung<br />
für technische Assistenten in der Medizin<br />
(APrV-MTA) vom 25.04.1994. BGBl. I<br />
S. 922.<br />
10. H. Kurtenbach, C. Neumann, H.<br />
Schramm, Gesetz über Technische<br />
Assistenten in der Medizin - MTAG mit<br />
APrV-MTA - Kommentar (Kohlhammer<br />
Verlag, Stuttgart, 1995).<br />
11. W. Bauersfeld, N. Gässler, Clinical<br />
Laboratory 52, 213 (2006).<br />
12. M. Kachler, unpublished data.<br />
13. DACH, “Gremienbeschlüsse für den<br />
Bereich Medizinische Laboratoriumsdiagnostik.<br />
Stand: 14.04.2005“.<br />
14. E. Göpel, G. Hölling, F. Schmitthals,<br />
“Sozialer Wandel und Veränderungen<br />
gesundheitsbezogener Berufsbilder<br />
- Konsequenzen für die Ausbildung in<br />
den Gesundheitsberufen“ (Hochschule<br />
Magdeburg-Stendal, 2004).<br />
15. M. Nicholson, in Quo vadis, MTA? - Ein<br />
Beruf auf dem Prüfstand, M. Kachler et<br />
al., Eds. (Mensch & Buch Verlag, Berlin,<br />
2005), pp. 47-52.<br />
16. H. Keller, personal communication.<br />
17. B. Schottdorf, Gesellschaftspolitische<br />
Kommentare (gpk) 44, 27 (2003).<br />
18. B. Schottdorf, Gesellschaftspolitische<br />
Kommentare (gpk) 43, 18 (2002).<br />
Der Autor:<br />
Marco Kachler (B.Sc.)<br />
Institut für Gesundheits- und<br />
Pfl egewissenschaft (IGPW)<br />
Medizinische Fakultät der<br />
Martin-Luther-Universität<br />
Direktor: Prof. Dr. Johann Behrens<br />
Magdeburger Str. 8<br />
06097 Halle/Saale<br />
E-Mail: Marco.Kachler<br />
@medizin.uni-halle.de<br />
Marco Kachler ist MTLA und Gesundheitswissenschaftler,<br />
arbeitet seit 1994 auf den<br />
Gebieten der Molekularen Diagnostik<br />
und Infektionsforschung und ist freier<br />
Mitarbeiter am IGPW. Seine Interessensschwerpunkte<br />
sind die Professionsforschung<br />
der Gesundheitsberufe, Aufbau und<br />
Etablierung einer Fachwissenschaft<br />
Biomedizinische Analytik sowie die<br />
Qualitätsentwicklung in der MTA-<br />
Ausbildung. Berufspolitisch aktiv im dvta<br />
seit 2002 als Vorstandsmitglied.