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Tour de France 1998. 15. Etappe.

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Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 1 v 13 -<br />

Karl N. Renner<br />

Zur Veröffentlichung in:<br />

FS Volker Hoffmann 2005<br />

<strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> <strong>1998.</strong> <strong>15.</strong> <strong>Etappe</strong>.<br />

Über die Fortexistenz <strong>de</strong>s<br />

„dämonologischen Erzählers“ als Live-Sportkommentator.<br />

1. Sportjournalismus: zwischen Journalismus und Unterhaltung<br />

Sportjournalisten, zumal wenn sie als Live-Kommentatoren fürs Fernsehen arbeiten, besitzen ein höchst unterschiedliches<br />

Ansehen. Das große Publikum betrachtet sie als Stars, in Journalistenkreisen sind sie dagegen bevorzugte<br />

Objekte von Kritik und Kollegenschelte.<br />

Die Vorwürfe an die Sportberichterstatter wer<strong>de</strong>n in Konsequenz ständig wie<strong>de</strong>rholt. Mangeln<strong>de</strong><br />

Distanz zum Sportgeschehen, reduzierte Konfliktfähigkeiten, einseitige Konzentration<br />

auf <strong>de</strong>n Hochleistungssport und effektheischen<strong>de</strong> Berichterstattung. (Fischer 1994, S. 57)<br />

Lange Zeit galten die Sportjournalisten als die „Außenseiter <strong>de</strong>r Redaktion“ (Weischenberg 1976). Die jüngere<br />

Generation hat zwar offensichtlich zu einem neuen Selbstverständnis gefun<strong>de</strong>n (vgl. Hackforth 1994). 1 Doch<br />

nach wie vor gelten im Sportjournalismus eigenen Regeln, die sich von <strong>de</strong>n üblichen Regeln <strong>de</strong>s Journalismus<br />

<strong>de</strong>utlich unterschei<strong>de</strong>n. Charakteristisch ist die Vermischung von Nachricht und Wertung, die <strong>de</strong>r Trennung von<br />

Information und Meinung, einem zentralen Grundsatz <strong>de</strong>s Journalismus, diametral gegenübersteht.<br />

Im Sportjournalismus hat sich eine Berichtform herausgebil<strong>de</strong>t, die Information und Meinung<br />

verbin<strong>de</strong>t. Sportjournalisten sprechen von kommentieren<strong>de</strong>r Nachricht o<strong>de</strong>r nachrichtlicher<br />

Kommentierung. (Fischer 1994, S. 64)<br />

Die Journalistik sieht diese Son<strong>de</strong>rrolle in einem engen Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Unterhaltungsfunktion <strong>de</strong>s<br />

Sportjournalismus.<br />

Mediensport ist ein Zuschauermagnet, <strong>de</strong>r nach Meinung <strong>de</strong>r meisten Autoren, die sich mit<br />

diesem Thema beschäftigt haben, irgendwo zwischen Unterhaltung und Information angesie<strong>de</strong>lt<br />

ist. Denn Sport wird von <strong>de</strong>n Medien in einem hohen Maße als Unterhaltung angeboten -<br />

vor allem von <strong>de</strong>n Nutzern primär als Unterhaltung rezipiert - aber zumeist mit <strong>de</strong>n Stilmitteln<br />

und Darstellungsformen <strong>de</strong>s Journalismus übermittelt. (Schierl 2004, S. 7) 2<br />

So unbestreitbar diese Befun<strong>de</strong> sind, <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Unterhaltung ist zu pauschal, um damit das Beson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r<br />

sportjournalistischen Berichterstattung zu erfassen. Selbst bei einer Live-Übertragung gibt es unübersehbare<br />

Differenzen gegenüber <strong>de</strong>m, was man üblicherweise unter einer Unterhaltungssendung versteht. Denn Sportsendungen<br />

haben <strong>de</strong>n Anspruch, über Ereignisse zu berichten, die für die Berichterstattung nicht eigens arrangiert<br />

wur<strong>de</strong>n. Damit soll nicht bestritten wer<strong>de</strong>n, daß es sich dabei durchwegs um „mediatisierte Ereignisse“ han<strong>de</strong>lt 3 ,<br />

die ohne finanzielle Beteiligung <strong>de</strong>r Sen<strong>de</strong>anstalten kaum mehr stattfin<strong>de</strong>n könnten. Das ist ja gera<strong>de</strong> ein Kritikpunkt<br />

<strong>de</strong>r Verflechtung von Sport und Medien. Dennoch besteht zwischen Unterhaltungssendungen wie Einer<br />

wird gewinnen und <strong>de</strong>r Übertragung eines Fußball-Län<strong>de</strong>rspiels ein kategorieller Unterschied.<br />

2. Die Sportübertragung als eine beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r Erzählung<br />

2.1. Unterhalten und Erzählen<br />

Der Unterhaltungsbegriff ist nicht beson<strong>de</strong>rs gut geeignet, Medienbeiträge zu charakterisieren. Denn er ist in<br />

erster Linie auf Rezeptionsaspekte bezogen. Je<strong>de</strong>r Beitrag kann unterhalten. Die spezifischen Qualitäten von<br />

Sportübertragungen wer<strong>de</strong>n eher greifbar, wenn man sie mit <strong>de</strong>n Sportmeldungen in <strong>de</strong>n Nachrichten vergleicht.<br />

Nachrichten berichten. Sportübertragungen geht es dagegen nicht um die bloße Berichterstattung. Ihnen geht es<br />

1 Die Ausführungen von Hackforth beruhen auf <strong>de</strong>r „Kölner Studie“ von 1993. Bei dieser Vollerhebung wur<strong>de</strong>n<br />

4.087 Sportjournalisten in Deutschland befragt. Vgl. Hackforth 1994, 20 f.<br />

2 „Darstellungsformen“ ist <strong>de</strong>r Fachbegriff <strong>de</strong>r Journalistik für die verschie<strong>de</strong>nen journalistischen Textsorten.<br />

3 Kepplinger unterschei<strong>de</strong>t zwischen genuinen Ereignissen wie Erdbeben, mediatisierten Ereignissen wie <strong>de</strong>n<br />

Olympischen Spielen, die wegen <strong>de</strong>r r zu erwarten<strong>de</strong>n Berichterstattung „einen spezifischen, mediengerechten<br />

Charakter erhalten“ und inszenierten Ereignissen (Kepplinger 2001, S. 126).


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 2 v 13 -<br />

um eine möglichst attraktive Gestaltung. Sie entwickeln einen an<strong>de</strong>ren Darstellungsmodus als Nachrichten. Sie<br />

benutzen sie alle journalistischen Stilmittel, die „das TV-Erlebnis aufwerten und <strong>de</strong>n Spannungswert erhöhen“<br />

(Scheu 1994, S. 272). Ist <strong>de</strong>r zentrale Darstellungsmodus von Nachrichten das Berichten, so ist es bei Live-<br />

Übertragungen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Erzählens<br />

Der Ausdruck „Live-Reportage“, <strong>de</strong>r als ein Synonym für „Live-Übertragung“ verwen<strong>de</strong>t wird, weist ebenfalls<br />

in diese Richtung. Denn die Reportage wird in <strong>de</strong>r Journalistik oft als eine unterhalten<strong>de</strong> Darstellungsform verstan<strong>de</strong>n.<br />

Achtet man aber auf ihre Darstellungstechniken, so ist sie nichts an<strong>de</strong>res als eine nicht-fiktionale Erzählung.<br />

Ihr Ziel ist es „die Zuhörer / Leser am Geschehen geistig und emotional teilhaben, sie miterleben lassen<br />

durch die authentische Erzählung.“ (Haller 1995, S. 62, Hervorhebung KNR).<br />

An<strong>de</strong>rerseits besteht seit jeher eine enge Verwandtschaft von Erzählen und Unterhalten. Man erzählt Geschichten,<br />

um sich und die Gesellschaft zu unterhalten. Erinnert sei an Goethes 1795 veröffentliche Sammlung von<br />

Erzählungen, <strong>de</strong>n Unterhaltungen <strong>de</strong>utscher Ausgewan<strong>de</strong>rten. Das Ziel dieser Unterhaltung ist - so Klaus Kanzog<br />

unter Bezug auf Erich Feldmann - „die durch ‘stimulieren<strong>de</strong> Kommunikation erzeugte befriedigen<strong>de</strong> Beschäftigung’<br />

mit <strong>de</strong>m aufgeworfenen Problem“ (Kanzog 1976, S. 26).<br />

2.2. Die Geschichte und die Erzählinstanz einer Sportübertragung<br />

Versteht man eine Sportübertragung als eine beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r Erzählung, dann ist zu fragen, inwieweit sie<br />

jene Komponenten besitzt, die die Erzähltheorie als die elementaren Bestandteile <strong>de</strong>r Erzählung i<strong>de</strong>ntifiziert.<br />

Das ist auf die Ebene <strong>de</strong>s Erzählten das Vorliegen einer Geschichte und auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>s Erzählens die Organisation<br />

und Ausgestaltung dieser Geschichte durch eine Erzählinstanz.<br />

Die Geschichten, die von Sportübertragungen erzählt wer<strong>de</strong>n, sind nicht so elaboriert wie die etablierter Erzählungen.<br />

Sie sind auf einen elementaren Handlungskern reduziert: auf <strong>de</strong>n Wettkampf <strong>de</strong>r Athleten. Dieses Sujet<br />

ist in einem autonomen Handlungsraum angesie<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Alltagswelt geschie<strong>de</strong>n ist und als Spielfeld,<br />

Stadion o<strong>de</strong>r Wettkampfstrecke konkrete Form annimmt. Den Extrempunkt, <strong>de</strong>r in diesem semantischen Feld<br />

alle Handlungsabläufe organisiert, bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Sieg.<br />

Überschreitet ein Held die Grenze eines semantischen Fel<strong>de</strong>s, dann führt ihn <strong>de</strong>r Weg innerhalb<br />

dieses Fel<strong>de</strong>s zu <strong>de</strong>ssen Extrempunkt. Kehrt er in seinen Ausgangsraum zurück, dann<br />

än<strong>de</strong>rt sich dort seine Bewegungsrichtung: Der Extrempunkt ist ein Wen<strong>de</strong>punkt. Ansonsten<br />

en<strong>de</strong>t hier <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>s Hel<strong>de</strong>n: Der Extrempunkt ist <strong>de</strong>r Endpunkt (Renner 1986, S. 128).<br />

Alle Handlungen <strong>de</strong>r Wettkämpfer sind auf <strong>de</strong>n Sieg ausgerichtet, auch die von <strong>de</strong>nen, die im Wettkampf unterliegen.<br />

Seine beson<strong>de</strong>re Spannung gewinnt dieses Sujet, weil man zu Beginn <strong>de</strong>s Wettkampfes <strong>de</strong>n Sieger noch<br />

nicht kennt. Man weiß nur, einer <strong>de</strong>r Protagonisten wird <strong>de</strong>r Sieger sein.<br />

So einfach dieses Handlungsschema ist, so schwierig ist die Organisation seiner Erzählung. Das ist einerseits auf<br />

die komplexe Ausdruckssubstanz <strong>de</strong>s Mediums Fernsehen zurückzuführen, das sich aus Bil<strong>de</strong>rn, Wörtern und<br />

an<strong>de</strong>ren Zeichensystemen zusammensetzt. Das ist aber ebenso <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>ren Status dieser großen Sportereignisse<br />

geschul<strong>de</strong>t. Denn ein einzelner Wettkampf steht hier nie für sich allein, er ist immer in größere Zusammenhänge<br />

eingebun<strong>de</strong>n. Sei es in ein Turnier, in eine Meisterschaft o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n nicht en<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Zyklus <strong>de</strong>r<br />

Olympischen Spiele. Alle diese Zusammenhänge müssen beim Akt <strong>de</strong>s Erzählens vergegenwärtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Organisation dieser Erzählung aus bewegten Bil<strong>de</strong>rn und gesprochener Sprache ist eine Leistung, die Regie<br />

und Kommentar gemeinsam erbringen. Live-Kommentator und Regisseur erfüllen gemeinsam jene Erzählerfunktionen,<br />

die sie als journalistische Gegenstücke <strong>de</strong>r Erzählinstanzen literarischer Texte ausweisen.<br />

Genau diese Erzählerfunktionen führen zu <strong>de</strong>n oft erwähnten Konflikten mit <strong>de</strong>n etablierten Normen <strong>de</strong>s Journalismus.<br />

„Denn die Feststellung einer Erzählstrategie (über die Erzählperspektive) und damit die ‘Anwesenheit’<br />

eines Erzählers ist stets mit <strong>de</strong>m Akzeptieren o<strong>de</strong>r Verwerfen eines Norm- und Wertsystems verbun<strong>de</strong>n“ (Kanzog<br />

1976, S. 81). Wegen dieser systemimmanent vorgegebenen subjektiven Erzählerperspektive kann ein Sportkommentator<br />

nie jene quasi objektive Position einnehmen, welche die Trennung von Information und Meinung<br />

von ihm verlangt.<br />

2.3. Der Erzähler vom Typ <strong>de</strong>s dämonologischen Grenzüberschreiters<br />

Der Off-Kommentator einer Sportübertragung ist aber nicht nur ein auktorialer Erzähler, wie er in vielen Romanen<br />

und Erzählungen auftritt Er scheint vielmehr jenem beson<strong>de</strong>ren Typ von Erzähler zu entsprechen, die von<br />

Volker Hoffmann als „dämonologischer Grenzüberschreiter“ charakterisiert wur<strong>de</strong>.<br />

Dieser Typ ist vor allem in <strong>de</strong>n phantastischen Teufelspaktgeschichten <strong>de</strong>r Goethezeit und <strong>de</strong>s Realismus anzutreffen.<br />

Er wird auf <strong>de</strong>r Textoberfläche als ein alter, meist unverheirateter und kin<strong>de</strong>rloser Mann gezeichnet, <strong>de</strong>r


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 3 v 13 -<br />

kurz vor <strong>de</strong>m Greisenalter steht o<strong>de</strong>r diese letzte Lebensphase bereits erreicht hat. Dieser Erzähler steht also<br />

selbst an <strong>de</strong>r Grenze jener an<strong>de</strong>ren Welt, die <strong>de</strong>n Gegenstand seiner Erzählung bil<strong>de</strong>t.<br />

Die Nähe <strong>de</strong>s realistischen Erzählers zum Geisterreich läßt sich weiter erhärten, wenn man<br />

die für <strong>de</strong>n Realismus typische Rahmenerzählsituation mit in Erwägung zieht. Diese ist in aller<br />

Regel eine Erinnerungssituation, in <strong>de</strong>ren Mittelpunkt ein Rahmenerzähler steht, <strong>de</strong>r<br />

selbst hochbetagt in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s und damit nach alter Vorstellung an <strong>de</strong>r Schwelle<br />

zum Geisterreich steht und <strong>de</strong>r seine Verlusterfahrung bezüglich Lebenswerten, Partnerliebe<br />

und Besitz durch geistige Aktivität, nämlich durch <strong>de</strong>n Erinnerungs- und Erzählakt auszugleichen<br />

sucht. (Hoffmann 2004, S. 98).<br />

Der kreative Akt <strong>de</strong>s Erzählens erweist sich dann - das ergibt sich aus <strong>de</strong>m strukturellen Gefüge dieser Texte -als<br />

Akt einer männlichen Kopf-Geist-Geburt, die <strong>de</strong>n Verlust <strong>de</strong>r biologischen Zeugungsfähigkeit kompensieren<br />

kann. Offensichtlich wird in diesem Denken geistige Kreativität nach <strong>de</strong>m Vorbild <strong>de</strong>r biologischen Kreativität<br />

verstan<strong>de</strong>n. Berücksichtigt man außer<strong>de</strong>m, daß dieses Kreativitätskonzept mit einer Grenzüberschreitung in das<br />

Geisterreich verbun<strong>de</strong>n wird, dann läßt sich dieser Typ <strong>de</strong>s dämonologischen Erzählers als die Verkörperung <strong>de</strong>r<br />

Aufeinan<strong>de</strong>rprojektion zweier komplementärer Handlungsschemata auffassen, <strong>de</strong>s Beuteholer-Schemas und <strong>de</strong>s<br />

Aufgehens im Gegenraum (vgl. Lotman 1972, S. 339). Dieser Erzähler kann als eine zweifach vermitteln<strong>de</strong><br />

Größe zum einem die Grenze zum Reich <strong>de</strong>s Geistes überschreiten. Zum an<strong>de</strong>ren ist er in <strong>de</strong>r Lage, <strong>de</strong>n in diesem<br />

Reich gewonnenen I<strong>de</strong>en Gestalt zu verleihen, so daß sie für die Zuhörer faßbar wer<strong>de</strong>n.<br />

Damit verspricht dieser Erzählertyp eine Antwort auf die Frage nach <strong>de</strong>m Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>r textinternen<br />

Welt in einer Erzählung und <strong>de</strong>r Welt außerhalb von ihr. In <strong>de</strong>r Rahmenerzählung wird <strong>de</strong>r transzen<strong>de</strong>ntale<br />

Charakter dieser Figuren beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich. Mit dieser beson<strong>de</strong>ren strukturellen Position ist auch eine<br />

beson<strong>de</strong>re Hierarchie <strong>de</strong>s Wissens verbun<strong>de</strong>n: „Die Raumüberlegenheit <strong>de</strong>r ranghohen Erzählinstanzen ist eng<br />

mit Wissensüberlegenheit korreliert, die Raumunterlegenheit mit Wissens<strong>de</strong>fiziten“ (Hofffmann 2004, S. 104).<br />

Alle diese Faktoren kennzeichnen auch die strukturelle Position <strong>de</strong>s Off-Kommentators in einer Sport-Übertragung.<br />

Daher kann <strong>de</strong>r Typ <strong>de</strong>s dämonologischen Erzählers, vergleichbar einer Metapher, als Mo<strong>de</strong>ll für die<br />

spezifischen Leistungen eines Off-Kommentators angesehen wer<strong>de</strong>n. Ich will das am Beispiel einer Live-Übertragung<br />

während <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> 1998 <strong>de</strong>monstrieren.<br />

3. Die Königsetappe <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> 1998<br />

3.1. Extrempunkt Les Deux Alpes<br />

Die <strong>15.</strong> <strong>Etappe</strong> <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> 1998, die am 27. Juli 1998 gefahren wur<strong>de</strong>, führte über 189 km von Grenoble<br />

nach Les Deux Alpes, einem kleinen Wintersportort im Département Isère.<br />

Es ist das nicht irgen<strong>de</strong>in <strong>Etappe</strong>nziel. Wie einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Off-Kommentatoren bemerkt, gibt es „hier in <strong>de</strong>r<br />

Umgebung fünfzig Berggipfel mit einer Höhe zwischen drei - und viertausend Meter. Also, das Zentrum <strong>de</strong>r<br />

Alpen liegt hier in dieser Region“ (1:59:22). 4 Seiner beson<strong>de</strong>ren geographischen Position entsprechend bil<strong>de</strong>t<br />

dieses geographische Zentrum einen Extrempunkt dieses Rennens durch ganz Frankreich. Les Deux Alpes ist<br />

das Ziel <strong>de</strong>r Königsetappe. Wer hier gewinnt, hat alle Chancen, die <strong>Tour</strong> insgesamt zu gewinnen. Der Höhepunkt<br />

<strong>de</strong>r <strong>Etappe</strong> ist <strong>de</strong>r Aufstieg über <strong>de</strong>n Col <strong>de</strong> Tèlègraphe zum 2645 Meter hohen Col du Galibier, einem<br />

Berg <strong>de</strong>r hors catégorie, „also das beste, was man an Bergen zu bieten hat“ (1:35:12). Ein zweiter Höhepunkt ist<br />

dann die Bergankunft in Les Deux Alpes.<br />

Was die Strapazen <strong>de</strong>r Fahrer noch vergrößert, ist das Wetter. Es hat umgeschlagen. Die Hitze <strong>de</strong>r letzten Tage<br />

ist verflogen, es regnet in Strömen. So müssen die Fahrer nicht nur mit <strong>de</strong>r Strecke fertig wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn auch<br />

mit Nässe und mit Kälte. Selbst die Fernsehzuschauer sind von <strong>de</strong>n schlechten Bedingungen betroffen. Wegen<br />

<strong>de</strong>s dichten Nebels im Gebirge können die Kamera-Helikopter nicht fliegen. Nur die Motorrad-Kameras verfolgen<br />

das Rennen. Durch <strong>de</strong>n Regen beschlagen die Objektive, Wassertropfen auf <strong>de</strong>r Linse trüben das Bild. Das<br />

Bild fällt immer wie<strong>de</strong>r aus. Eine dramatische Kulisse, passend für ein dramatisches Rennen an einen dramatischen<br />

Tag:<br />

Denn hier zählt heute nur <strong>de</strong>r Kampf um die Sekun<strong>de</strong>n, um die Minuten, um das Gelbe Trikot<br />

--- wie die Regentropfen aufspritzen vom Hinterrad <strong>de</strong>s Motorrads. Das sind wahnsinnige<br />

Bil<strong>de</strong>r. Der Nebel da vorne: nur eine Sichtweite von etwa 30, 40 Meter. Schemenhaft die<br />

Zuschauer am Straßenrand. Das sind in <strong>de</strong>r Tat Giganten <strong>de</strong>r Landstraße (0:36:50)<br />

4 Die Zeitangaben (Stun<strong>de</strong>: Minuten: Sekun<strong>de</strong>n) geben in etwa <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>r Äußerung an. Die fett gedruckten<br />

Passagen sind mit beson<strong>de</strong>rem Nachdruck gesprochen.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 4 v 13 -<br />

Dennoch nimmt das Rennen zunächst einen normalen Verlauf. Als die ARD zuschaltet, 5 um die letzten zweieinhalb<br />

Stun<strong>de</strong>n zu übertragen, gibt es das übliche Geplänkel. Eine kleine Gruppe hat sich abgesetzt. „Aber es sind<br />

nur wenige Sekun<strong>de</strong>n, die sie Vorsprung haben, gegenüber <strong>de</strong>m Feld“ (0:05:45). Ganz vorne im Feld fährt das<br />

Team Deutsche Telekom 6 , die Mannschaft von Jan Ullrich, an diesem Tag <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>s Gelben Trikots.<br />

Und hier vorne beim Anstieg zum Galibier in <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r Favoriten: Bjarne Riis, <strong>de</strong>r Sieger<br />

<strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> 1996, dahinter das Gelbe Trikot und Vorjahressieger Jan Ullrich. Eine Demonstration<br />

<strong>de</strong>r Stärke durch das Team Deutsche Telekom (0:49: 20).<br />

Dann, beim Aufstieg zum Galibier, kommt <strong>de</strong>r Moment <strong>de</strong>s Marco Pantani. „Ganz rechts außen - jetzt sieht<br />

man das Piratenkopftuch, jetzt ist er wie<strong>de</strong>r ver<strong>de</strong>ckt, ganz rechts außen ist Pantani. [...] jetzt kommt er langsam<br />

nach vorne, rechts, Marco Pantani, da bin ich mal gespannt.“ (1:03:00). Noch kann ihn Ullrich abfangen, er<br />

startet eine Gegenattacke - und verliert sein Team, das nicht mithalten kann.<br />

Und er [= Ullrich knr] geht alleine. - Julich geht mit und rechts am Bildrand kommt Pantani.<br />

Klar: jetzt muß er kommen. Pantani führt noch einige an<strong>de</strong>re heran, aber das ist natürlich eine<br />

Wahnsinnsleistung von Jan Ullrich, <strong>de</strong>r [...] an Garcia vorbei fliegt, um jetzt nach vorne<br />

zu fahren. Eine Demonstration <strong>de</strong>r Stärke, also wenn er das schafft, wenn er hier allein hin<br />

fährt und das Gelbe Trikot verteidigt, dann ist er natürlich <strong>de</strong>r Matchwinner <strong>de</strong>s heutigen Tages.<br />

Jan Ullrich offensichtlich in <strong>de</strong>r Form seines Lebens (1:09.30).<br />

Pantani, ein ausgesprochener Bergspezialist, läßt sich nicht abschütteln und schlägt im steilsten Stück endgültig<br />

zu.<br />

Das ist die Stelle: 10 % Steigung, 8 km vor <strong>de</strong>r Paßhöhe, er [= Pantani knr] schaut sich<br />

zurück. Luc Leblanc kann ihm noch folgen. Die an<strong>de</strong>ren: im Moment nicht zu sehen.<br />

Und in <strong>de</strong>r Tat, wie ein Pirat macht er sich aus <strong>de</strong>m Staub, mit seiner typischen Fahrweise, il<br />

scalatore, wie die Italiener sagen, ein wahrer Kletterer. 1,72 ist er groß, 55 Kilogramm<br />

nur schwer. Das bevorteilt ihn natürlich und Jan Ullrich fährt seinen Rhythmus. Er darf jetzt<br />

nur nicht unruhig wer<strong>de</strong>n, Denn er kann diese Fahrweise von Pantani normalerweise nicht<br />

mitgehen die Fahrweise wohlgemerkt, die Kondition hat er allemal. (1:18:42).<br />

Zunächst scheint es noch so, als ob die Kommentatoren Recht behalten sollte. Aber Ullrich hat ausgesprochenes<br />

Pech. Seine Teamkamera<strong>de</strong>n können die Lücke nicht mehr schließen. So kostet ihm die Aufholjagd während <strong>de</strong>r<br />

nächsten 50 km alle Kraft. Denn <strong>de</strong>r Vorsprung von Pantani darf nicht zu groß wer<strong>de</strong>n, sonst ist seine Gesamtführung<br />

in Gefahr.<br />

Etwa eine Stun<strong>de</strong> später passiert es dann. M. Pantani - maillot jaune virtuel. wird von <strong>de</strong>r Regie ins Bild eingeblen<strong>de</strong>t.<br />

Pantani hat die Gesamtführung übernommen. Und fast zeitgleich sieht man, wie Ullrich langsamer<br />

wird, seinen Arm hoch hält. „Was ist los mit Jan Ullrich? Hält hier an! Hat er Defekt? Ja, er hat Defekt.“<br />

(2:13:45). Der eine Kommentator fällt seinem Kollegen mitten in das Wort. Das Begleitfahrzeug ist sofort zur<br />

Stelle ist, <strong>de</strong>r Mechaniker springt heraus. Dennoch, die panische Reaktion <strong>de</strong>r Reporter verrät es, es bahnt sich<br />

ein Desaster an. Ullrich verliert wertvolle Zeit.<br />

Min<strong>de</strong>stens 30, 45 Sekun<strong>de</strong>n. Endlos - [an dieser Stelle fällt das Bild aus knr] - und sehen<br />

Sie diese Bil<strong>de</strong>r, die man ... - und sehen Sie eben nicht, man kann es ja nur erahnen - […]<br />

Dramatischer kann es gar nicht sein. Mehr Pech kann man gar nicht haben. (2:14:17)<br />

Pantani ist <strong>de</strong>r Tagessieg nicht mehr zu nehmen. Jetzt geht es um das Gelbe Trikot. Und für Ullrich kommt alles<br />

noch viel schlimmer. Ist es die lange Verfolgungsfahrt ohne Helfer? Ist es das von ihm gefürchtete bitterkalte<br />

Regenwetter? Auf <strong>de</strong>n letzten Kilometern, beim Schlußanstieg nach Les Deux Alpes bricht <strong>de</strong>r Energiehaushalt<br />

seines Körpers zusammen. Er hat, wie die Radfahrer sagen, „einen Hungerast“. Mit fast neun Minuten Rückstand<br />

kommt er völlig geschlagen in das Ziel, geschleppt von seinen Mannschaftskamera<strong>de</strong>n, die ihn auf <strong>de</strong>n<br />

letzten Kilometern wie<strong>de</strong>r einholen.<br />

Auch 1998 gewinnt <strong>de</strong>r Sieger <strong>de</strong>r Königsetappe die gesamte <strong>Tour</strong>. Marco Pantani trägt das Gelbe Trikot bis<br />

nach Paris. Nach<strong>de</strong>m er in diesem Jahr bereits <strong>de</strong>n Giro d’Italia gewonnen hat, gehört er zu <strong>de</strong>n wenigen Fahrern,<br />

die dieses legendäre Double geschafft haben. Er steht auf <strong>de</strong>m Höhepunkt seiner Karriere.<br />

5 Die Sendung wur<strong>de</strong> vom französischen Fernsehen produziert und von <strong>de</strong>r ARD live übernommen. Die bei<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Kommentatoren sind Jürgen Emig und Herbert Watterott. Sie kommentieren das Rennen aus einer<br />

Sprecherkabine am Ziel und wechseln sich dabei ab. Da es hier nicht um die individuelle Leistung <strong>de</strong>r Kommentatoren,<br />

son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n Kommentar geht, habe ich die Sprecher nicht individuell erfasst.<br />

6 Die wichtigsten Fahrer von Telekom sind 1998 Jan Ullrich, Bjarne Riis, Udo Bölts, Rolf Aldag und <strong>de</strong>r<br />

Sprintspezialist Erich Zabel.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 5 v 13 -<br />

Für Jan Ullrich markiert <strong>de</strong>r Extrempunkt Les Deux Alpes einen Wen<strong>de</strong>punkt. Er kann zwar noch <strong>de</strong>n zweiten<br />

Platz im Gesamtklassement erreichen, eine Plazierung, die er seit <strong>de</strong>m noch einige Male erzielt. Doch <strong>de</strong>r erwartete<br />

zweite Sieg steht bis heute aus. Statt<strong>de</strong>ssen überschatten Verletzungspech und eine Dopingsperre seine<br />

nächsten Jahre. Auch hat er seit <strong>de</strong>m 27. Juli 1998 das Gelbe Trikot nicht mehr getragen.<br />

3.2. Der Mythos „<strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>“<br />

Die <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> gehört zu <strong>de</strong>n Mythen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne. Nicht nur, weil sie von <strong>de</strong>n Medien mit schöner Regelmäßigkeit<br />

so apostrophiert wird. Ausschlaggebend ist viel eher das alljährliche Ritual ihrer Wie<strong>de</strong>rholung. Sie<br />

besitzt, um die Überlegungen von Clau<strong>de</strong> Lévi-Strauss zum Verhältnis von Mythos und Zeit aufzugreifen, jene<br />

„zugleich historische und ahistorische Struktur“, die für je<strong>de</strong>n Mythos charakteristisch ist (Lévi-Strauss [1955]<br />

1978, S. 230 Hervorhebung im Original). Diese spezifische Beziehung von aktuellem Geschehen und unvergänglicher<br />

Geschichte wird maßgeblich von <strong>de</strong>n Medien etabliert, wie auch die <strong>Tour</strong> selbst eine Schöpfung <strong>de</strong>r<br />

Medien ist.<br />

Die erste <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> wur<strong>de</strong> 1903 von <strong>de</strong>r Sportzeitung L'Auto, <strong>de</strong>r heutigen L’Equipe, veranstaltet. Der<br />

Chefredakteur <strong>de</strong>s Blattes, Henri Desgrange, wollte die Auflagenhöhe steigern. Seit<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>t dieses Radrennen<br />

quer durch Frankreich je<strong>de</strong>n Sommer statt, von <strong>de</strong>n Kriegsjahren abgesehen. Desgrange wur<strong>de</strong> Direktor <strong>de</strong>r<br />

<strong>Tour</strong> und blieb das bis 1936. Auch seine Nachfolger einschließlich <strong>de</strong>s heutigen Chefs, Jean-Marie Leblanc,<br />

kamen aus <strong>de</strong>m Journalismus. 7<br />

Vergleichbar mit einer religiösen Zeremonie wird auch am 28. Juli 1998 die Gründungsgeschichte <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong><br />

<strong>France</strong> in <strong>de</strong>r gebotenen Form rekapituliert. Denn <strong>de</strong>r erste Rennfahrer, <strong>de</strong>r an diesem Tag <strong>de</strong>n Galibier erreicht,<br />

gewinnt das Souvenir Henri Desgrange. Eine Trophäe, die „bei <strong>de</strong>n Kletterern ganz hoch im Kurs steht“<br />

(0:48.00). Der Kommentator führt dann genauer aus:<br />

Souvenir Henri Desgrange, also ein Extrapreis für <strong>de</strong>n ersten, zum An<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>s Grün<strong>de</strong>rs<br />

<strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>, <strong>de</strong>r ja 1903 diese Frankreichrundfahrt ins Leben rief [...]. Man hat ihn<br />

damals für verrückt erklärt. Ganz wenige Fahrer haben sich gemel<strong>de</strong>t, und inzwischen, bis<br />

1998 sind fast 4000 Fahrer bei dieser Frankreichrundfahrt an <strong>de</strong>n Start gegangen. 1902 im<br />

November ist diese Projekt <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> hier ins Leben gerufen wor<strong>de</strong>n. Schon am<br />

1.Juni 1903 konnte Henri Desgrange seinen Lebenstraum erfüllen, nicht wissend, daß er<br />

mittlerweile das drittgrößte Sportereignis <strong>de</strong>r Welt kreiert hat. (0:49:00)<br />

Auch sonst bieten die „legendären Berge <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>“ (0:26:30) immer wie<strong>de</strong>r die Gelegenheit, an die<br />

Grün<strong>de</strong>rväter zu erinnern:<br />

Ja die [Fahrer knr] sind schon mitten drin im Télégraphe, <strong>de</strong>r übrigens 1911 zum ersten Mal<br />

im Parcours <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> zu fin<strong>de</strong>n war. Zusammen mit <strong>de</strong>m Galibier, auf <strong>de</strong>r <strong>Etappe</strong><br />

zwischen Chamonix und Grenoble. Die <strong>Tour</strong> 1911, die übrigens Gustave Garrigou aus<br />

Frankreich gewann (0:16:45).<br />

Die Zitate zeigen exemplarisch, wie <strong>de</strong>r Off-Kommentar <strong>de</strong>n Mythos <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> konstruiert und forterzählt.<br />

Er begnügt sich nicht, das aktuelle Geschehen zu erklären. Er verleiht viel mehr <strong>de</strong>m allen eine historische<br />

Be<strong>de</strong>utung. Das aktuelle Rennen vergegenwärtigt die vergangenen Rennen <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>. Diese E-<br />

tappe wie<strong>de</strong>rholt das Geschehen <strong>de</strong>r vorhergehen<strong>de</strong>n. Wie Garrigou 1911am Télégraphe und Galibier um <strong>de</strong>n<br />

Sieg kämpfte, so kämpfen dort heute Ullrich und Pantani um <strong>de</strong>n Sieg. Zeichenhaft vertreten die Fahrer <strong>de</strong>s<br />

Jahres 1998 all die früheren Heroen <strong>de</strong>r Radsportgeschichte.<br />

Die Voraussetzung dieser Semiotisierungsoperation ist das entsprechen<strong>de</strong> historische Wissen. Seine Vermittlung<br />

ist eine zentrale Leistung <strong>de</strong>s Kommentars. Dazu überschreitet <strong>de</strong>r Kommentator wie ein dämonologischer Erzähler<br />

die Grenzen <strong>de</strong>s aktuellen Geschehens und bezieht historische Ereignisse in <strong>de</strong>n Kommentar mit ein.<br />

Bereits die Gestaltung dieses Kommentars zeigt, daß es hier nicht bloß um die Erläuterung <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r geht. Dieser<br />

Kommentar unterschei<strong>de</strong>t sich von <strong>de</strong>r üblichen journalistischen Berichterstattung genauso, wie sich das<br />

Geschehen auf und an <strong>de</strong>r Rennstrecke vom üblichen Straßenverkehr unterschei<strong>de</strong>t. 8 Seine zentralen Gestaltungstechniken<br />

scheinen viel eher <strong>de</strong>n großen Epen zu entstammen, die die Mythen <strong>de</strong>s Abendlands erzählen.<br />

7 Vgl. http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/<strong>Tour</strong>_<strong>de</strong>_<strong>France</strong> [1.1.2005]<br />

8 Für die Fahrer gelten keine Verkehrsregeln. Viele Fans am Straßenrand tragen keine normale Kleidung, son<strong>de</strong>rn<br />

die Trikots <strong>de</strong>r Rennställe o<strong>de</strong>r sind mit <strong>de</strong>n Nationalfarben geschminkt. Manche wie Diabolo, <strong>de</strong>r Star<br />

unter <strong>de</strong>n Fans, sind maskiert.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 6 v 13 -<br />

3.3.Der mythisieren<strong>de</strong> Gestus <strong>de</strong>s Kommentars<br />

3.3.1 Arma virumque cano ...<br />

(Singen will ich von <strong>de</strong>n Kämpfen und <strong>de</strong>m Mann ...; Vergil, Aeneis, Vers 1)<br />

Dem ersten Anschein nach hat die Sprachgestalt <strong>de</strong>s Live-Kommentars einer Sportübertragung mit <strong>de</strong>r Sprachgestalt<br />

eines Epos nicht viel zu tun. Ein Epos ist gebun<strong>de</strong>ne Re<strong>de</strong>. Der Rhapso<strong>de</strong> ist kein Sprecher, er ist ein<br />

Sänger. Sportkommentatoren verwen<strong>de</strong>n dagegen die Prosa <strong>de</strong>r gesprochenen Sprache. Doch die Spannung in<br />

ihrer Stimme und ihre Emphase unterschei<strong>de</strong>n ihr Sprechen erkennbar von <strong>de</strong>r Alltagssprache und weisen ihre<br />

Kommentare ebenfalls als eine Form <strong>de</strong>r gehobenen Re<strong>de</strong> aus. 9<br />

Das wird auch von <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Übertragung <strong>de</strong>monstriert. Zwar erlaubt es ihre Länge nicht, dieses Stilmittel<br />

fortwährend zu verwen<strong>de</strong>n. Aber die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Passagen wer<strong>de</strong>n mit markantem Nachdruck kommentiert.<br />

„Die Stimme ist Stilmittel. ‘Gasgeben und sich zurücknehmen’ in bewußtem Wechsel analog <strong>de</strong>m Ereignisverlauf.“<br />

Journalistisch salopp, aber treffend genau beschreibt Hans-Reinhard Scheu diesen beson<strong>de</strong>ren Re<strong>de</strong>gestus<br />

eines Live-Kommentars (Scheu 1994, S. 273).<br />

Die Emphase ist nicht das einzige Stilmittel, das an <strong>de</strong>n hohen Ton <strong>de</strong>s Epos erinnert. In <strong>de</strong>n spannen<strong>de</strong>n Momenten<br />

prägt ein vergleichbarer rhetorischer Schmuck aus Anaphern, Asyn<strong>de</strong>ta und Metaphern diesen Kommentar.<br />

„Ja er schaut sich um, wer ist noch da? Es ist keiner mehr da. Aldag ist nicht mehr dabei, Bölts nicht mehr dabei,<br />

und irgendwann muß natürlich Jan Ullrich versuchen, die Initiative zu übernehmen“ (1:08:00). So bei einem<br />

Blick Ullrichs während <strong>de</strong>r Attacken am Galibier. Und vor <strong>de</strong>r langen und steilen Abfahrt heißt es: „Da muß<br />

Pantani runter. Da muß Ullrich runter. Da muß Julich runter, und da müssen alle an<strong>de</strong>ren auch runter“ (1:27:32).<br />

An manchen Stellen wie beim Schlußanstieg nach Les Deux Alpes, erreicht <strong>de</strong>r Kommentar poetische Qualität.<br />

„Noch 9 km für Pantani und seine letzten Wegbegleiter. Es wird nicht lange dauern, bis er <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren davonfliegen<br />

wird, mit seiner unnachahmlichen Art, die Berge anzugehen, sie zu erklettern, sie zu meistern“(2:15:27<br />

Hervorhebung KNR). 10<br />

Eine beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit verdient die Metapher „davonfliegen“. Die Rennfahrer treten die Berge nicht<br />

hinauf, sie fliegen hinauf. „Und schauen Sie mal, wie <strong>de</strong>r Adler von Herning - <strong>de</strong>r macht seinem Spitznamen<br />

alle Ehre - fliegt Bjarne Riis heran und in seinem Sog Jan Ullrich“ (1:05:10). Diese Metapher für das Radfahren<br />

ist so oft zu hören, daß man sie für einen Schlüsselbegriff <strong>de</strong>s Kommentars halten muß. Beseitigt sie doch mit<br />

<strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>r Sprache <strong>de</strong>n Gegensatz von Mensch und Maschine.<br />

Dieser Gegensatz von Mensch und Maschine ist aber für <strong>de</strong>n Radsport ebenso fundamental wie für die ganze<br />

Kultur <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne. Geht man davon aus, daß „das Objekt <strong>de</strong>s Mythos ein logisches Mo<strong>de</strong>ll liefern soll, um<br />

einen Wi<strong>de</strong>rspruch aufzulösen“ (Lévi-Strauss [1955] 1978, S. 253), so erscheint die <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> als ein alljährliches<br />

Ritual, das die Versöhnung von Mensch und Maschine, Natur und Technik beschwört.<br />

3.3.2. Uns ist in alten maeren wun<strong>de</strong>rs vil geseit / von hel<strong>de</strong>n lobebaeren ...<br />

(Uns ist in alten Geschichten viel Wun<strong>de</strong>rbares berichtet,<br />

von ruhmreichen Hel<strong>de</strong>n ... Nibelungenlied, Vers 1) .<br />

Ebenso archaisch wie die gehobene Sprechweise <strong>de</strong>s Kommentars sind die stereotypen Angaben, mit <strong>de</strong>nen er<br />

die Fahrer charakterisiert. Wie ein Epos die großen Taten seiner Hel<strong>de</strong>n immer wie<strong>de</strong>r aufs Neue erwähnt, so<br />

zählt <strong>de</strong>r Kommentar in <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Momenten ihre früheren Siege enumerativ aufs Neue auf. Exemplarisch<br />

ist die Situation, als sich Pantani erfolgreich von seinen Verfolgern abgesetzt hat.<br />

Und Pantani alleine. So dominierte er in <strong>de</strong>n Dolomiten <strong>de</strong>n Giro d’Ìtalia , so flog er nach<br />

Plateau <strong>de</strong> Beille hoch, Nichts zu sehen von <strong>de</strong>n Verfolgern. Genau das, was ich vermutet<br />

habe, von Beginn an, ist jetzt eingetreten. Pantani setzt an <strong>de</strong>r steilsten Rampe am Galibier<br />

seinen Angriff. --- Escartin ist eingeholt, --- Schauen Sie! Jetzt setzt er sich einen Moment<br />

hin um dann sofort wie<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Sattel heraus zu gehen, und das alles mit einer im-<br />

9 Auch das Sprechen <strong>de</strong>s Kommentars unterschei<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>r Alltagsre<strong>de</strong>. „Mitteilungsbedürfnis<br />

und Mitgehen mit <strong>de</strong>m Ereignis bedingen, daß 45 Minuten für <strong>de</strong>n Reporter im Nun verfliegen“ (Scheu 1994, S.<br />

274). Diese Beobachtung von Scheu, <strong>de</strong>r selbst als Live-Kommentator arbeitet, erinnert an <strong>de</strong>n Topos <strong>de</strong>r poetischen<br />

Begeisterung<br />

10 Poetische Strukturen sind kein Privileg von Dichtung. Erinnert sei an Jakobsons „horrible Harry“. (Jakobson<br />

[1960] 1972 S. 125)


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 7 v 13 -<br />

mensen Beschleunigung. So zermarterte er Alex Zülle beim Giro d’ Ìtalia am Croce Domini<br />

Paß, am Fedaiapaß, an <strong>de</strong>r Marmolada, am Sellajoch (1:20:25)<br />

In ähnlicher Weise, wenn auch nicht immer so emphatisch, wer<strong>de</strong>n auch bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Fahrern sofort <strong>de</strong>ren<br />

große Erfolge erwähnt, wenn sie eine beson<strong>de</strong>re Aktion starten. Als aber Pantani seine letzten Kilometer zurücklegt,<br />

steigert sich <strong>de</strong>r Kommentar zu einem gera<strong>de</strong>zu hymnischen Gestus:<br />

Il pirata! Auf <strong>de</strong>m Weg zu seinem 6. <strong>Etappe</strong>nsieg und zu seinem ersten Gelben Trikot bei<br />

<strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>. [2. Kommentator dazwischen: In seiner Laufbahn ! ] Ja. Ich hab ein<br />

Moment gezögert, aber das ist das erste Gelbe Trikot in seiner Laufbahn. - Zweimal Alpe<br />

d’Huez gewonnen, 1995 und 1997. Ebenso Guzet Neige in <strong>de</strong>n Pyrenäen, Morzine 1997,<br />

Plateau <strong>de</strong> Beille und jetzt vielleicht: Les Deux Alpes. (2:16:30)<br />

Diese Aufzählung <strong>de</strong>r „Hel<strong>de</strong>ntaten“ erfüllt die gleiche Funktion wie die Rekapitulation <strong>de</strong>r Gründungsgeschichte.<br />

Sie verbin<strong>de</strong>t das aktuelle Geschehen mit <strong>de</strong>n großen Ereignissen <strong>de</strong>r Radsportgeschichte.<br />

3.3.3. Ανδρα µοι εννεπε, µουσα ...<br />

(Nenne mir Muse <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Mannes,... Homer, Odyssee, Vers 1)<br />

Aber nicht immer ist es nötigt, alle Hel<strong>de</strong>ntaten einzeln aufzuzählen. Denn, wenn sich jemand einen Namen<br />

gemacht hat, dann reicht es aus, diesen Namen zu nennen. Dann garantiert bereits <strong>de</strong>r Name die historische<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Augenblicks. Die Bildung einer Marke, so nennt man in <strong>de</strong>r Wirtschaft dieses Prinzip.<br />

Selbstverständlich dienen nicht alle Namensnennungen diesem Zweck. Weitaus öfters erwähnen die Kommentatoren<br />

die Namen <strong>de</strong>r Athleten, um die Zuschauer über aktuelle Geschehen zu orientieren. Dazwischen leuchtet<br />

jedoch immer wie<strong>de</strong>r diese archaische Verwendungsweise auf. Zunächst nur als Vergleich:<br />

Jan Ullrich fährt ja ähnlich wie Bernard Hinault früher o<strong>de</strong>r Miguel Indurain ein gleichmäßiges<br />

Tempo. Immer sitzt er, geht kaum einmal aus <strong>de</strong>m Sattel (0:23:00 ).<br />

Dann aber, wenn die Situation an Dramatik nicht mehr zu überbieten ist, geht Jan Ullrich in diese Gemeinschaft<br />

<strong>de</strong>r großen Namen ein. Im Bild ist zu sehen, wie er nach seinem Zusammenbruch total erschöpft von Riis <strong>de</strong>n<br />

Berg hinauf „gezogen“ wird, und <strong>de</strong>r Kommentar führt dazu mit einer eigenartigen Pluralbildung aus:<br />

Er lei<strong>de</strong>t - Bil<strong>de</strong>r, die - wahrscheinlich auch Ihnen zu Hause unter die Haut gehen, meine<br />

Damen und Herren. -- Aber das macht auch einen Champ aus. Das haben sie alle durchgemacht:<br />

die Hinaults, die Indurains, die Anquetils, die Eddie Merxs. Alle sind sie so schon<br />

einmal zusammengebrochen auf einer <strong>Etappe</strong>, auch Bjarne Riis. Da muß er durch, auf <strong>de</strong>m<br />

Weg ganz nach oben. (2:32:00)<br />

Die beson<strong>de</strong>re Rolle <strong>de</strong>r Namen gipfelt in <strong>de</strong>n Namenskulten, die die Zuschauer und die Journalisten zelebrieren.<br />

Mit großen Buchstaben haben die Fans am Galibier die Namen ihrer Favoriten auf die Straße gepinselt. Und<br />

während Pantani bei seiner Attacke über seinen Namen „fliegt“, wechseln die Kommentatoren - nicht ganz<br />

sprachsicher - zu jenem Hel<strong>de</strong>nnamen, <strong>de</strong>n ihm die italienische Presse verliehen hat: Il Pirata, <strong>de</strong>r Pirat.<br />

2.Kommentator: Sehen Sie: Namen - Pantani, Ullrich - und jetzt <strong>de</strong>r Kameraschwenk zurück,<br />

1.Kommentator: Da kommt er [ = Pantani] schon,<br />

2.Kommentator: ist an Massi vorbei geflogen,<br />

1.Kommentator: Ja !<br />

2.Kommentator: hat die an<strong>de</strong>ren stehen gelassen.<br />

1. Kommentator: Die Italiener hier oben knallen voll durch, sind voll aus <strong>de</strong>m Häuschen. El Pirato (!)<br />

aus Cesena, Marco Pantani, <strong>de</strong>r in Italien die Popularität eines Spitzenfußballers hat.<br />

[...] erreicht Rinero -<br />

2.Kommentator: und läßt ihn stehen (1:31:30).<br />

Pantanis Beiname 11 rührt von seinem Piratenkopftuch her, das er als Sonnenschutz auf seinem Kahlkopf trägt.<br />

Doch wie alle diese Sportlernamen verweist er auf die magische Namensverwendung in <strong>de</strong>n Märchen und <strong>de</strong>n<br />

Mythen. Denn „il Pirata“ ein sprechen<strong>de</strong>r Name, <strong>de</strong>r einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wesenszug seines Trägers beson<strong>de</strong>rs<br />

gut zum Ausdruck bringt: „Und in <strong>de</strong>r Tat, wie ein Pirat macht er sich aus <strong>de</strong>m Staub, mit seiner typischen Fahrweise“<br />

(1:18:42).<br />

11 Bei Pantani wird die typisieren<strong>de</strong> Funktion dieser Beinamen beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich. Die italienische Presse bezeichnete<br />

ihn wegen seiner Ohren zunächst als „Elefantino“ und taufte ihn erst später „il Pirata“.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 8 v 13 -<br />

4. Der Live-Kommentator als Nachfahre <strong>de</strong>s dämonologischen Erzählers<br />

4.1. Rahmenerzähler und Live-Kommentator<br />

Auf diese mythisieren<strong>de</strong> Weise rekapituliert <strong>de</strong>r Kommentar <strong>de</strong>n Mythos <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> und fügt ihm<br />

zugleich die Geschehnisse <strong>de</strong>s 27.Juli 1998 als ein neues Kapitel hinzu. Seine sprachliche Gestaltung und das<br />

historische Wissen, das er fortwährend verbreitet, zeigen, daß die Erzählinstanz dieses Textes ihre beson<strong>de</strong>re<br />

Aufgabe darin sieht, Aktualität und Geschichte miteinan<strong>de</strong>r zu verbin<strong>de</strong>n. Genauso wie ein Rahmenerzähler<br />

verknüpft <strong>de</strong>r Off-Kommentator Gegenwart und Vergangenheit miteinan<strong>de</strong>r. 12<br />

Bei einer Rahmenerzählung 13 ist diese Gegenwart <strong>de</strong>r Rahmen, aus <strong>de</strong>m die Erzählsituation erwächst. Und die<br />

Vergangenheit ist die erzählte Geschichte. Bei<strong>de</strong> Ebenen wer<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Akt <strong>de</strong>s Erzählens aufeinan<strong>de</strong>r bezogen<br />

und erhellen sich gegenseitig. In ähnlicher Weise projiziert auch die Sportübertragung Gegenwart und<br />

Vergangenheit aufeinan<strong>de</strong>r. Allerdings ist die Gewichtung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Ebenen vertauscht. Legt die Rahmenerzählung<br />

ihr Gewicht auf die Darstellung <strong>de</strong>s Vergangenen, so konzentriert sich die Live-Übertragung auf das<br />

gegenwärtige Geschehen.<br />

Dies verweist auf eine gegensätzliche Erzählintention. Die Rahmenerzählung erklärt das gegenwärtige Geschehen<br />

aus <strong>de</strong>r Geschichte. Die Live-Übertragung erklärt die Gegenwart zur Geschichte. Ihr geht es um die angeblich<br />

großen Momente, die die Zuschauer live erleben. Daher überhöht <strong>de</strong>r mythisieren<strong>de</strong> Kommentar das aktuelle<br />

Geschehen und historisiert es im Moment seines Zustan<strong>de</strong>kommens. „Von hier und heute geht eine neue Epoche<br />

<strong>de</strong>r Weltgeschichte aus und Ihr könnt sagen, Ihr seid dabei gewesen.“ So drückte Goethe 1792, nach <strong>de</strong>r<br />

Kanona<strong>de</strong> von Valmy, diese Faszination <strong>de</strong>s Historischen aus.<br />

Bei<strong>de</strong> Vermittlungsoperationen hängen am transzen<strong>de</strong>nten Status <strong>de</strong>r Erzählinstanz. Denn sie muß die Grenze<br />

zwischen gestern und heute, zwischen Gegenwart und Vergangenheit überschreiten. Das Kultursystem <strong>de</strong>s<br />

19.Jahrhun<strong>de</strong>rts, in <strong>de</strong>m die Rahmenerzählung zu Hause ist, klei<strong>de</strong>t das in die Gestalt einer Grenzüberschreitung<br />

in das Reich <strong>de</strong>r Geister. Und die Nachfahren dieser beson<strong>de</strong>ren Erzähler haben es heute mit <strong>de</strong>m säkularisierten<br />

Nachfahren dieses Geisterreichs zu tun, <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Geschichte.<br />

An <strong>de</strong>r Textoberfläche wird die transzen<strong>de</strong>nte Position dieser Erzähler durch ihre charakteristischen Attribute<br />

signalisiert. In <strong>de</strong>r Rahmenerzählung ist dies das betagte Alter dieser Figuren. Die Live-Übertragung sie<strong>de</strong>lt<br />

diese Instanz wie<strong>de</strong>rum in einem Raum jenseits <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r an. Der Platz <strong>de</strong>s Kommentators ist das Off. Er wird -<br />

so <strong>de</strong>r Fernsehjargon - zur Stimme aus <strong>de</strong>m Jenseits.<br />

Gera<strong>de</strong>zu eine Metapher dieser grenzüberschreiten<strong>de</strong>n Fähigkeiten sind die Hinweise auf Radio<strong>Tour</strong>, <strong>de</strong>m offiziellen<br />

Streckenfunk <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> und das Live-Interview per Funktelefon mit <strong>de</strong>m Begleitfahrzeug von<br />

Ullrich (0:50:00). Das Telefonat selbst ist ziemlich banal. Es bestätigt nur, was die Reporter eh schon sagten.<br />

Doch es <strong>de</strong>monstriert eindrucksvoll, daß <strong>de</strong>r Aktionsraum <strong>de</strong>r Kommentatoren weit über das hinausgeht, was<br />

man als Zuschauer sieht. Und es unterstreicht, daß das, was diese Kommentatoren sagen, wichtig und richtig ist.<br />

Genauso wie in <strong>de</strong>r Rahmenerzählung ist also auch in <strong>de</strong>r Live-Übertragung die Raumüberlegenheit <strong>de</strong>s Erzählers<br />

mit einer Wissensüberlegenheit korreliert. Zwar kennen we<strong>de</strong>r Kommentatoren noch die Rahmenerzähler<br />

<strong>de</strong>n weiteren Fortgang <strong>de</strong>s aktuellen Geschehens. Nichts<strong>de</strong>stoweniger agieren sie wie allwissen<strong>de</strong> Erzähler.<br />

So kennen die Kommentatoren nicht nur die früheren Resultate aller Fahrer. Sie wissen auch, daß die Zuschauer<br />

bei Kaffee und Kuchen sitzen (0:1:25). Sie sind sich „sicher, daß Jan Ullrich vorher mit Bjarne Riis im Tal gesprochen<br />

hat, daß er gesagt hat: Also Junge, wenn du jetzt nicht mehr kannst, dann fahre ich alleine nach vorne“<br />

(1:11.27). Und wer an<strong>de</strong>rs als sie sollte die Lösung <strong>de</strong>s Zuschauerrätsels bekannt geben (1:57:30) ?<br />

4.2. Künstliche Kreaturen und Teufelspakt<br />

Um allerdings <strong>de</strong>n Sportreporter als „legitimen Nachkommen“ <strong>de</strong>s dämonologischen Erzähler aufzuzeigen,<br />

fehlen noch zwei wichtige Ingredienzen: die künstlichen Kreaturen und <strong>de</strong>r Teufelspakt. Es gibt jedoch zwei<br />

auffällige Phänomene, die sehr eng mit <strong>de</strong>m Sportjournalismus korreliert sind und die man durchaus als mo<strong>de</strong>rnes<br />

Pendant dieser bei<strong>de</strong>n Motive verstehen kann.<br />

12 Es gibt <strong>de</strong>utliche Indizien, daß auch an<strong>de</strong>re Sportsendungen vergleichbare Strukturen entwickeln. So die vielen<br />

Trailer, die historische und aktuelle Aufnahmen kombinieren, o<strong>de</strong>r die zahlreichen Statistiken, die die Ereignisse<br />

<strong>de</strong>s Tages mit historischen Leistungen verknüpfen.<br />

13 Das Vergleichsobjekt meiner Überlegungen ist hier Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ (1888).<br />

Vgl. Hoffmann 2004.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 9 v 13 -<br />

4.2.1. Der Star<br />

Das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s dämonologischen Erzählers interpretiert <strong>de</strong>n kreativen Akt <strong>de</strong>s Erzählens als ein Analogon <strong>de</strong>r<br />

natürlichen Reproduktion. Je<strong>de</strong>s Werk, das durch einen kreativen Prozeß entsteht, wird gewissermaßen zu einem<br />

künstlich hervorgebrachten Kind. Daher kann in diesem Denksystem 14 <strong>de</strong>r kulturelle Akt <strong>de</strong>s Erzählens an die<br />

Stelle <strong>de</strong>r natürlichen Fortpflanzung treten.<br />

In diesem Sinne erzeugt <strong>de</strong>r Sportjournalismus ebenfalls künstliche Geschöpfe. Allerdings sind das nicht die<br />

Fernsehübertragungen o<strong>de</strong>r die Zeitungstexte, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>ren Protagonisten. Es sind jene beson<strong>de</strong>ren Athleten,<br />

die Schlagzeilen machen und um die alle Geschichten immer wie<strong>de</strong>r auf das Neue kreisen. Dadurch wer<strong>de</strong>n sie<br />

aus <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>r normalen Sportler weit entrückt und steigen auf in die Welt <strong>de</strong>r Stars.<br />

Der Star - ob Filmstar, Popstar o<strong>de</strong>r Sportstar - verdankt seine Existenz ausschließlich <strong>de</strong>n Medien. 15 Er ist ein<br />

Mensch gewor<strong>de</strong>nes Thema <strong>de</strong>r Berichterstattung. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Prominenten scheint ein<br />

Star nicht mehr aus Fleisch und Blut: Er ist ein „Stern“. Diese Metapher faßt alle Eigenschaften in sich zusammen,<br />

die ihn von <strong>de</strong>n Sterblichen unterschei<strong>de</strong>n.<br />

Er ist (1.) für je<strong>de</strong>rmann von überall aus sichtbar [...] Der Star zeichnet sich (2.) durch eine<br />

beson<strong>de</strong>re Leuchtkraft, Ausstrahlung und Aura aus [...]. Er steht (3.) immer über <strong>de</strong>m Betrachter<br />

und befin<strong>de</strong>t sich nie auf einer Augenhöhe [...]. Er ist (4.) nah und fern zugleich [...].<br />

Des Weiteren ist er (5.) vom Betrachter nicht greifbar, kann nicht persönlich besessen wer<strong>de</strong>n.<br />

Er gehört (6.) in eine ferne Welt, die sich zum Tagträumen anbietet [...]. Der Betrachter<br />

sieht (7.) lediglich <strong>de</strong>n Schein eines Sternes, <strong>de</strong>ssen Leuchten jedoch eine Form <strong>de</strong>r optischen<br />

Täuschung sein kann, da manche Sterne zeitgleich zu kaltem Gestein erstarrt sind. Das<br />

zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Rezeption Sichtbare, ist bereits ein konserviertes Bild, das sich von seinem<br />

Original gelöst hat (Schnei<strong>de</strong>r 2004, S, 72 f.).<br />

Auch die Live-Sendung <strong>de</strong>r <strong>15.</strong> <strong>Etappe</strong> konzentriert sich zusehend auf die Stars. Zeigt die Regie zunächst das<br />

Geplänkel zwischen <strong>de</strong>n Ausreißern und <strong>de</strong>n Verfolgern, so verdichtet sie durch ihre Bildauswahl das Rennen<br />

dann auf einen Zweikampf zwischen Ullrich und Pantani.<br />

Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich wird diese Intention <strong>de</strong>s visuellen Erzählers in <strong>de</strong>r Schlußpassage, als die Live-Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

unterlegenen Ullrich immer wie<strong>de</strong>r mit aufgezeichneten Zeitlupenbil<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Zieleinfahrt Pantanis gegen geschnitten<br />

wer<strong>de</strong>n. Wie die Rhythmusgruppe einer Jazzcombo gibt hier das Bild das Thema vor, über das <strong>de</strong>r<br />

Off-Kommentar dann seine Solos legt. In <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn kommen einem dabei die Stars greifbar nahe, während sie<br />

<strong>de</strong>r Kommentar im gleichen Moment in unerreichbar weite Ferne rückt:<br />

Marco Pantani kann eingehen in die Radsportgeschichte seines Lan<strong>de</strong>s, aufsteigen zu einem<br />

ganz großen Campionissimo, wie die Italiener sagen, wie Bartali und wie Fausto Coppi<br />

(2:18:30).<br />

Doch seine Leuchtkraft, Ausstrahlung und Aura verdankt <strong>de</strong>r Star nicht bloß seinen Siegen. Jemand, <strong>de</strong>r immer<br />

siegt, über <strong>de</strong>n kann man nicht viel Neues mehr erzählen. 16 Es ist <strong>de</strong>r Schmerz <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlage, die Finsternis <strong>de</strong>r<br />

Katastrophe, die <strong>de</strong>n Glanz eines Stars erst voll zum Erstrahlen bringt. 17<br />

Was gibt <strong>de</strong>r Gas da vorne. Marco Pantani, [...] Er ist schon toll drauf. 94, bei seiner ersten<br />

<strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> wur<strong>de</strong> er Dritter. Im letzten Jahr wie<strong>de</strong>r Dritter. Dazwischen: über 18 Monate<br />

verletzt, nach diesem fürchterlichen Crash, als ihm bei Mailand - Turin ein Jeep entgegenkam<br />

und ihn über <strong>de</strong>n Haufen fuhr (1:25:50).<br />

Vor diesem Hintergrund bekommt Ullrichs Zusammenbruch seinen beson<strong>de</strong>ren Sinn. Seine Qualen sind die<br />

obligatorische Lei<strong>de</strong>n, die ein Athlet bei seiner Initiation zum Star ertragen muß.<br />

Und ich glaube, es müssen auch Nie<strong>de</strong>rlagen kommen, für einen jungen Mann wie Jan Ullrich.<br />

Ich glaube, daran wächst man für die Zukunft, um dann wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Erfolg hineinzufahren.<br />

Was hat dieser Mann [Das Bild zeigt Pantani groß.] hinter sich. Dritter 1994, 18 Monate<br />

praktisch mit schwersten Verletzungen ans Krankenbett gefesselt, und dann ist er zu-<br />

14 Zum Begriff „Denksystem“ vgl. Titzmann 2003, S. 3093 f.<br />

15 Das gilt für <strong>de</strong>n einzelnen Star wie für das Starwesen als Ganzes. Es entwickelt sich im Umfeld <strong>de</strong>s Theaters<br />

und wird von Hollywood für kommerzielle Zwecke adaptiert. Vgl. Schnei<strong>de</strong>r 2004, S. 66 ff.<br />

16 So sind die Dauersiege von Michael Schuhmacher für <strong>de</strong>n Automobilrennsport inzwischen zu einem Problem<br />

gewor<strong>de</strong>n.<br />

17 Auch Lance Armstrong bestätigt diese Regel. Er fehlte 1998, weil er - wie es <strong>de</strong>r Kommentr erwähnt - in<br />

diesem Jahr noch gegen seine Krebserkrankung kämpfte. Bezeichnend ist weiterhin, daß Jan Ullrich nach<br />

seiner Formkrise von <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Sportjournalisten 2003 zum Sportler <strong>de</strong>s Jahres gewählt wur<strong>de</strong>.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 10 v 13 -<br />

rückgekommen, [Der zweite Kommentator]: was ja keiner geglaubt hat, alle haben wir doch<br />

gedacht, <strong>de</strong>r wird nie mehr radfahren. Er hatte ja wirklich fürchterliche Verletzungen, offene<br />

Brüche [...] (2:26:40).<br />

Diese Funktion <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlage verleiht <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> ihren beson<strong>de</strong>ren Ruhm als <strong>Tour</strong> <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n. Die<br />

Pässe <strong>de</strong>r Alpen und <strong>de</strong>r Pyrenäen, das sind <strong>de</strong>r Orte, an <strong>de</strong>nen die Athleten zum Firmament <strong>de</strong>r Stars aufsteigen<br />

und Träume wirklich wer<strong>de</strong>n.<br />

[Bild: Pantani kommt ins Ziel. Nahaufnahme. Erste Zeitlupenwie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>r Zieleinfahrt, unmittelbar<br />

nach <strong>de</strong>r realen Zieleinfahrt] Jetzt schlagen natürlich die Wogen <strong>de</strong>r Begeisterung über Marco<br />

Pantani zusammen. Schauen Sie mal auf die Beine: Viele, viele Wun<strong>de</strong>n und Flecken sind da von<br />

<strong>de</strong>n Stürzen bei <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> Swiss, bei <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong>, bei Mailand - Turin, am En<strong>de</strong> seines<br />

Traumes, endlich in Gelb fahren zu können (2:37:08).<br />

Irgendwann freilich müssen die Sportstars <strong>de</strong>n Zenit verlassen. Auch sie wer<strong>de</strong>n alt, verlieren ihre Kräfte, haben<br />

dann keine Chancen mehr auf einen Sieg. Dann treten sie in die Fußstapfen ihrer künstlichen Erzeuger. Sie wer<strong>de</strong>n<br />

Trainer, Clubmanager. O<strong>de</strong>r sie konservieren ihre frühere Existenz durch ihr Erzählen und wer<strong>de</strong>n ebenfalls<br />

Sportkommentatoren.<br />

4.2.2. Re<strong>de</strong>verbote<br />

Bleibt <strong>de</strong>r Teufelspakt...<br />

Am <strong>15.</strong> Februar 2004 wur<strong>de</strong> Marco Pantani in einem Hotel nahe seiner Heimatstadt<br />

Cesenatico tot aufgefun<strong>de</strong>n. Neben seinem Leichnam lagen Tranquilizer und Medikamente. Spätestens seit<strong>de</strong>m<br />

man ihn 1999 beim Giro d’Italia wegen eines zu hohen Hämatokrit-Wertes sperrte, war er ein schwarzer Stern.<br />

Ein zu kaltem Gestein erstarrter Star.<br />

Es <strong>de</strong>utet alles auf einen Selbstmord hin. Der mehrfach wegen Dopings angeklagte Pantani<br />

litt seit einiger Zeit unter Depressionen und zunehmen<strong>de</strong>r Vereinsamung<br />

(www.radsportnews.net).<br />

Den Ermittlungen zufolge starb Pantani an einer Überdosis Kokain. 18 In vergangenen Zeiten hätte man dieses<br />

<strong>de</strong>primieren<strong>de</strong> En<strong>de</strong> eines großen Sportlers durchaus als Einlösung eines Teufelspaktes interpretiert. Denn nicht<br />

an<strong>de</strong>rs als <strong>de</strong>r Teufel früher, verspricht das Doping heute <strong>de</strong>n sicheren Erfolg mit Hilfe illegaler Mittel. So wie<br />

<strong>de</strong>r Böse einst <strong>de</strong>r Feind <strong>de</strong>s Guten war, so verkörpert das Doping das böse Gegenprinzip in <strong>de</strong>r heilen Welt <strong>de</strong>s<br />

Sports.<br />

Noch eine zweite Gemeinsamkeit verbin<strong>de</strong>t das Gestern mit <strong>de</strong>m Heute. Durfte man in früheren Zeiten <strong>de</strong>n Gottseibeiuns<br />

nicht beim Namen nennen, so versucht man heute, das Thema Doping auf eigenartige Weise tot zu<br />

schweigen. Nicht daß darüber nicht berichtet wür<strong>de</strong>, aber in <strong>de</strong>r Live-Übertragung vom 27. Juli 1998 wird das<br />

Thema Doping genau ein einziges Mal angesprochen: exakt eine Minute und fünf Sekun<strong>de</strong>n bei insgesamt fast<br />

drei Stun<strong>de</strong>n Sen<strong>de</strong>zeit (vgl. 0:43:09 - 0:44:14).<br />

Diese Relation ist <strong>de</strong>swegen so bemerkenswert, weil das Doping während <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> 1998 das zentrale<br />

Thema in allen Medien ist. Denn das ist die berüchtigte Skandaltour 98, bei <strong>de</strong>r ein Skandal <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren jagt<br />

und alles dann im Fahrerstreik während <strong>de</strong>r 19 <strong>Etappe</strong> eskaliert.<br />

Bereits vor <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r französischen Polizei ein Begleiter <strong>de</strong>s Festina -Teams verhaftet,<br />

weil man in seinem Mannschaftsfahrzeug „über 400 Ampullen und Falschen mit EPO und an<strong>de</strong>ren Doping-<br />

Substanzen“ fand (http://radsport-news.com/news/skandal1.htm). Nach langem Leugnen gestand dann auch <strong>de</strong>r<br />

Sportdirektor von Festina gegenüber <strong>de</strong>r Polizei, daß es in seinem Team ein organisiertes Doping gab. Daraufhin<br />

wur<strong>de</strong> am 18. Juli zum ersten Mal in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> eine ganze Mannschaft disqualifiziert. Aber <strong>de</strong>r<br />

Skandal nahm damit kein En<strong>de</strong>. Am 24. Juli, also drei Tage vor unserer <strong>Etappe</strong>, mel<strong>de</strong>t radsport-news.com:<br />

Die 85. <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> wird immer bizarrer. Rennfahrer und Sportdirektoren wer<strong>de</strong>n reihenweise<br />

verhaftet. Fernseh-Reporter suchen im Müll vor <strong>de</strong>n Teamhotels nach Spritzen. Am<br />

Freitag ging es in dieser Tonlage weiter. Ein Fahrerstreik entzweite das Peloton: Die einen<br />

wollten die 12. <strong>Tour</strong>-<strong>Etappe</strong> absagen aus Protest gegen die „Behandlung wie Vieh“, die an<strong>de</strong>rer<br />

wollten sie unbedingt fahren (http://.radsport-news.com/news/tdf12.htm)<br />

Vergleicht man die damalige Präsenz <strong>de</strong>s Themas Doping mit seinem Stellenwert in <strong>de</strong>r Live-Übertragung, so<br />

kann man daraus nur schließen, daß hier ein ungeschriebenes Re<strong>de</strong>verbot existiert, so daß man im Rahmen einer<br />

solchen Sendung dieses Thema nicht erwähnen kann.<br />

18 Vgl. o. V. Anklage im Fall Pantani. SZ 24./25./26. Dez. 2004.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 11 v 13 -<br />

Doping ist aber nicht das einzige wichtige Thema, bei <strong>de</strong>m ein solches Re<strong>de</strong>verbot existiert. In <strong>de</strong>r Übertragung<br />

wer<strong>de</strong>n auch alle Informationen ausgeblen<strong>de</strong>t, die darauf hinweisen könnten, daß es bei hier nicht nur um Sport,<br />

son<strong>de</strong>rn auch um wirtschaftliche Interessen geht. Die Kommentatoren, die sonst alles wissen, wissen zu <strong>de</strong>n<br />

finanziellen Aspekten <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> nichts zu sagen. Sie kennen we<strong>de</strong>r die Kosten <strong>de</strong>r Fernsehübertragung<br />

noch die Umsatzsteigerungen in <strong>de</strong>n <strong>Etappe</strong>norten. Sie schweigt zur Finanzierung <strong>de</strong>r aufwendigen Trainingszeiten,<br />

sagen nichts zu <strong>de</strong>n Ausrüstungskosten und zum Gehalt <strong>de</strong>r Fahrer.<br />

Dieses Tabu gilt auch für <strong>de</strong>n visuellen Erzähler. 19 Die kilometerlange Werbekolonne vor <strong>de</strong>n Fahrern ist in <strong>de</strong>n<br />

Übertragungen nie zu sehen. Glaubt man <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn, so fin<strong>de</strong>t dieses Rennen einzig und allein in <strong>de</strong>r grandiosen<br />

Kulisse Frankreichs statt. Selbst die Firmennamen auf <strong>de</strong>n Trikots <strong>de</strong>r Fahrer scheinen keine Werbung, da in<br />

diesem durch und durch kommerzialisierten Sport diese Firmennamen die Namen <strong>de</strong>r jeweiligen Rennställe<br />

sind.<br />

Kaum weniger als das Doping stellen auch diese kommerziellen Aspekte die Autonomie <strong>de</strong>s Sports in Frage.<br />

Denn in unserem Denksystem gilt <strong>de</strong>r Sport als eine in sich selbst sinnvolle Beschäftigung. Diese Vorstellung<br />

verträgt sich nicht mit <strong>de</strong>r Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen. Nicht von ungefähr gilt <strong>de</strong>r Amateur, <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n Sport zum Inhalt seiner Freizeit macht, als das I<strong>de</strong>al <strong>de</strong>s Sports. Der Kommerz <strong>de</strong>gradiert dagegen nach<br />

diesem Denken <strong>de</strong>n Sport zu einem Zirkus, in <strong>de</strong>m die Leistungen <strong>de</strong>r Athleten nur noch abgesprochene Showeffekte<br />

sind.<br />

So gesehen haben we<strong>de</strong>r Pantani noch die Festina-Fahrer <strong>de</strong>n Teufelspakt abgeschlossen. Abgeschlossen hat ihn<br />

bereits Henri Desgrange, als er zur Auflagensteigerung seines Blattes 1903 die <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> ins Leben rief.<br />

Dieser Pakt wird so lange fortbestehen, so lange die Sportjournalisten diesen Wettkampf zu einen Mythos stilisieren.<br />

So lange sie ein Wirtschaftsunternehmen mit einer I<strong>de</strong>ologie verbrämen, die aus professionellen Athleten<br />

Recken einer längst vergangenen Vorzeit macht. 20<br />

5. Schlußbemerkungen<br />

Ich habe hier <strong>de</strong>n Typ <strong>de</strong>s dämonologischen Erzählers ähnlich wie eine Metapher als ein Mo<strong>de</strong>ll verwen<strong>de</strong>t, um<br />

damit die spezifischen Leistungen <strong>de</strong>s Off-Kommentators in <strong>de</strong>r Live-Übertragung von Sport-Großereignissen<br />

zu beschreiben. Dieses Vorgehen führt nicht nur zu neuen Einsichten. Es wirft auch theoretische Probleme auf,<br />

die zu weiteren Überlegungen Anlaß geben.<br />

Da ist <strong>de</strong>r doppelte Transfer dieses Mo<strong>de</strong>lls. Es entwickelt sich im Rahmen <strong>de</strong>r Literatur und wird von mir auf<br />

die journalistische Medienkommunikation in einem audiovisuellen Mediums bezogen.<br />

Der Transfer zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Kommunikationsgattungen läßt sich damit rechtfertigen, daß die Sprechhandlung<br />

<strong>de</strong>s Erzählens hinsichtlich <strong>de</strong>r Opposition „authentisch vs. fiktional“ nicht markiert ist. 21 Die weiter<br />

Fragen betreffen die Erzählerfiguren. Ein literarischer Autor kann sie durch das Mittel <strong>de</strong>r Fiktionalität von<br />

seinem Ich abspalten, <strong>de</strong>r journalistische Autor dagegen nicht, was seine Erzählmöglichkeiten vermutlich sehr<br />

beschränkt.<br />

Der Transfer in das audiovisuelle Medium Fernsehen wirft die Frage auf, inwieweit <strong>de</strong>r „Mann am Mikrofon“<br />

ein Erzähler und nicht nur ein Kommentator ist. Denn an<strong>de</strong>rs als <strong>de</strong>r „Hörfunkmann, <strong>de</strong>r mit seiner Nonstop-<br />

Übertragung für <strong>de</strong>n Rezipienten erst jenes ‘Bild’ <strong>de</strong>s Ereignisses schafft“, liegt <strong>de</strong>m Fernsehreporter dieses Bild<br />

„bereits ohne einen Mucks <strong>de</strong>s Journalisten“ vor (Scheu 1994, S. 250). Eine Antwort bietet die Erkenntnis, daß<br />

<strong>de</strong>r Off-Kommentar das Bild nicht eins-zu-eins beschreibt, son<strong>de</strong>rn Platz für Einordnungen und ergänzen<strong>de</strong><br />

Kommentare läßt. 22 Über diese sprachlichen Informationen wird dann eine spezifisch sprachliche Erzählerperspektive<br />

aufgebaut. Notwendig wird damit aber eine Klärung <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen <strong>de</strong>m Off-Kommentator<br />

als <strong>de</strong>n sprachlichen und <strong>de</strong>m Regisseur als <strong>de</strong>m visuellen Erzähler.<br />

Zentral ist aber die Frage, wie diese <strong>de</strong>ckungsgleichen Erzählstrukturen <strong>de</strong>r Literatur und <strong>de</strong>s Sportjournalismus<br />

zu erklären sind. Denn eine bewußte Übernahme ist alles an<strong>de</strong>re als wahrscheinlich. Einen Ansatz zur Erklärung<br />

ist wohl in <strong>de</strong>r spezifischen Sprechsituation <strong>de</strong>s Live-Kommentators zu suchen. Hier fallen erzählte Zeit und<br />

Erzählzeit vollständig zusammen. Der Kommentator spricht in <strong>de</strong>m Moment, in <strong>de</strong>m er das Gesprochene erlebt.<br />

19 Das wird schlagartig <strong>de</strong>utlich, wenn man die Live-Übetragung 1998 mit <strong>de</strong>r Dokumentation Tortur <strong>de</strong> <strong>France</strong>.<br />

Bericht über eine Radrundfahrt vergleicht, die Dieter Ertel 1960 für die ARD Reihe Zeichen <strong>de</strong>r Zeit drehte,<br />

um „ hinter die Kulissen <strong>de</strong>r Monstre-Veranstaltung zu sehen“ (K. Hoffmann 1996, S.130).<br />

20 Bezeichnend ist <strong>de</strong>r bizarre Vorwurf <strong>de</strong>s Verrats, <strong>de</strong>n sich Jens Voigt bei <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> 2004 vom ARD-<br />

Kommentator gefallen lassen mußte, als er entsprechend seiner Team-Or<strong>de</strong>r das gegnerische Team von Ullrich<br />

behin<strong>de</strong>rte. Vgl. Rene Martens (2004): Schwache Leistung. - in: journalist 10/2004, S. 33 f.<br />

21 Vgl. Kanzog 1976, S. 12.<br />

22 Vg. Renner 2001.


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 12 v 13 -<br />

Er hat keinen Abstand zum Geschehen, kann das was er sagt, nicht reflektieren. Live-Kommentatoren, so ist zu<br />

vermuten, müssen daher mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r bewußt übernommene Erzählstrukturen aktivieren, um so spontan zu<br />

reagieren, wie man es von ihnen verlangt.<br />

Spezifisch ist die Sprechsituation eines Live-Kommentators aber auch <strong>de</strong>swegen, weil er zentrale Leistungen für<br />

<strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>r Medienunternehmen erbringt, für die er arbeitet. Ob privater Sen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r öffentlich-rechtlicher,<br />

hier steht immer sehr viel Geld auf <strong>de</strong>m Spiel. Daher wird in <strong>de</strong>m Moment, in <strong>de</strong>m sich diese Unternehmen als<br />

Unterhaltungsindustrie verstehen, die Unabhängigkeit <strong>de</strong>r Journalisten suspendiert, die fürs Fernsehen arbeiten.<br />

23<br />

Deutlich wird auch, daß <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Unterhaltung viel zu pauschal ist, um die beson<strong>de</strong>ren Gestaltungsstrategien<br />

<strong>de</strong>s Sportjournalismus genauer zu erfassen. Hier bietet die Literaturtheorie viele feinere Analyseinstrumente<br />

an, von <strong>de</strong>nen die Journalistik nur Nutzen haben kann.<br />

23 Dieser Zusammenhang blitzt auch in <strong>de</strong>m heftigen Streit zwischen Fernseh- und Zeitungsjournalisten auf, <strong>de</strong>r<br />

gegenwärtig das Lager <strong>de</strong>r Sportjournalisten entzweit (vgl. die entsprechen<strong>de</strong>n Artikel in: Sportjournalist 2004,<br />

Nr.10 und Nr.12)


Renner: Live-Sportkommentator - aktueller Stand: 20.1.2005- - S. 13 v 13 -<br />

Literatur<br />

Erich Feldmann (1969): Neue Studien zur Theorie <strong>de</strong>r Massenmedien. München<br />

Christoph Fischer (1994): Be<strong>de</strong>utungswan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>s Sports - Aufwertung <strong>de</strong>r Sportjournalismus? - in: Josef Hackforth,<br />

Christoph Fischer (Hrsg.): ABC <strong>de</strong>s Sportjournalismus. München 1994. S. 50 - 76.<br />

Josef Hackforth (1994): Sportjournalismus in Deutschland: Die Kölner Studie - in: Josef Hackforth, Christoph<br />

Fischer (Hrsg.): ABC <strong>de</strong>s Sportjournalismus. München 1994. S. 13 - 49.<br />

Michael Haller (1995): Die Reportage. Ein Handbuch für Journalisten. 3. überarbeitete Auflage.Konstanz.<br />

Kay Hoffman (1996): Zeichen <strong>de</strong>r Zeit. Zur Geschichte <strong>de</strong>r Stuttgarter Schule. München<br />

Volker Hoffmann (2004): Der Erzähler als dämonologischer Grenzüberschreiter. Die Abbildung von Erzählvorgängen<br />

in Seinsbereichüberschreitungen. - in: in: Gustav Frank, Wolfgang Lukas (Hgg.): Norm - Grenze -<br />

Abweichung. Kultursemiotische Studien zu Literatur, Medien und Wirtschaft. Festschrift für Michael Titzmann.<br />

Passau. S. 95 - 106.<br />

Roman Jakobson ([1960] 1972): Linguistik und Poetik. - in: Heinz Blumensath (Hg.): Strukturalismus in <strong>de</strong>r<br />

Literaturwissenschaft. Köln<br />

Clau<strong>de</strong> Lévi-Strauss ( [1955]1978): Die Struktur <strong>de</strong>r Mythen. - in: <strong>de</strong>rs.: Strukturale Anthropologie. Frankfurt a.<br />

M., 226 - 254.<br />

Klaus Kanzog (1976): Erzählstrategie. Eine Einführung in die Normeinübung <strong>de</strong>s Erzählens. Hei<strong>de</strong>lberg.<br />

Hans Matthias Kepplinger (2001): Der Ereignisbegriff in <strong>de</strong>r Publizistikwissenschaft. - in: Publizistik 46.Jg.<br />

(2001) S. 117 - 139.<br />

Jurij M. Lotman (1972): Die Struktur literarischer Texte. München<br />

Karl N. Renner (1986): Zu <strong>de</strong>n Brennpunkten <strong>de</strong>s Geschehens. Erweiterung <strong>de</strong>r Grenzüberschreitungstheorie:<br />

Die Extrempunktregel. - in: diskurs film. Münchner Beiträge z. Filmphilologie 1. 1986. S.115-130.<br />

Karl N. Renner (2001): Die Text-Bild-Schere. Zur Explikation eines anscheinend ein<strong>de</strong>utigen Begriffs. - in:<br />

Studies in Communication Sciences. vol.1 nr. 2 2001. pg. 23 - 44.<br />

Thomas Schierl (Hg.) (2004): Die Visualisierung <strong>de</strong>s Sports in <strong>de</strong>n Medien. Köln<br />

Ulrich F. Schnei<strong>de</strong>r (2004): Der Januskopf <strong>de</strong>r Prominenz. Zum ambivalenten Verhältnis von Privatheit und<br />

Öffentlichkeit. Wiesba<strong>de</strong>n<br />

Michael Titzmann (2003): Semiotische Aspekte <strong>de</strong>r Literaturwissenschaft: Literatursemiotik. - in: Roland Posner<br />

u.a.: Semiotik. Ein Handbuch zu <strong>de</strong>n zeichentheoretischen Grundlagen von Natur und Kultur. Berlin<br />

Siegfried Weischenberg (1976): Die Außenseiter <strong>de</strong>r Redaktion. Struktur, Funktion und Bedingungen <strong>de</strong>s Sportjournalismus.<br />

Bochum.<br />

Weitere Materialien<br />

Live-Übertragung <strong>de</strong>r <strong>15.</strong> <strong>Etappe</strong> <strong>de</strong>r <strong>Tour</strong> <strong>de</strong> <strong>France</strong> <strong>1998.</strong> ARD 27.7. 1998 (Protokoll <strong>de</strong>s Verfassers).<br />

http://radsportnews.net/news/giro99s1.htm[4.1.2005].<br />

http://radsportnews.net/news/pantani2004t.shtml [4.1.2005].<br />

http://radsport-news.com/news/skandal1.htm<br />

http://radsport-news.com/news/tdf12.htm<br />

http://<strong>de</strong>.wikipedia.org/wiki/<strong>Tour</strong>_<strong>de</strong>_<strong>France</strong> [1.1.2005].<br />

René Martens (2004): Schwache Leistung. - in: journalist 10/2004, S. 32 -34<br />

Sportjournalist 2004 Nr. 10 Nr.12<br />

o. V. Anklage im Fall Pantani. SZ 24./25./26. Dez. 2004.

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