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Jubiläumsheft 2007 Jahresbericht 2006 - Klinik Sonnenhof

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Bericht des Chefarztes<br />

28<br />

Auftrag<br />

Seit einigen Jahren wiederhole ich an dieser Stelle die<br />

Feststellung: «Wiederum konnten wir unseren Auftrag,<br />

nämlich die stationäre kinder- und jugendpsychiatrische<br />

Versorgung der St. Galler Patienten, vollumfänglich<br />

erfüllen.» Diese Aussage stimmt nun auch für<br />

das Jahr <strong>2006</strong>. Im Berichtsjahr haben wir insgesamt<br />

154 Patienten behandelt (2005: 131), darunter zwei<br />

Drittel (101; im Vorjahr: 84) aus dem Kanton St. Gallen.<br />

Seit dem Jahr 2000 haben wir die Zahl der behandelten<br />

Patienten mehr als verdoppelt, die Zahl der Neueintritte<br />

fast verdreifacht! Dies wurde bisher mit wenigen<br />

Anpassungen bei den zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln und der Mitarbeiterzahl geleistet, was aber<br />

überprüft und allenfalls nachgeholt werden sollte.<br />

Bei der stationären Versorgung eines Kantons handelt<br />

es sich um einen anspruchsvollen und komplexen<br />

Auftrag, dessen vollumfängliche Erfüllung nicht ganz<br />

selbstverständlich ist. Im Kanton St. Gallen wohnten<br />

im Berichtsjahr 115‘000 Kinder und Jugendliche. Im<br />

kantonalen Psychiatriekonzept aus dem Jahr 1989 und<br />

in der Spitalplanung 1995 ist der Kanton davon ausgegangen,<br />

dass es zur kinder- und jugendpsychiatrischen<br />

Versorgung von 100‘000 Kindern und Jugendlichen 35<br />

bis 55 stationäre Plätze benötigt. Die <strong>Klinik</strong> <strong>Sonnenhof</strong><br />

hat in den letzten Jahren mit durchschnittlich 23 Plätzen<br />

(zwei Drittel von den vorhandenen 34 Plätzen, inklusive<br />

2 Notplätzen) praktisch die gesamte stationäre<br />

KJP im Kanton geleistet und zusätzlich noch mit den<br />

verbleibenden 11 Plätzen Patienten aus zwölf anderen<br />

Kantonen behandelt. In ausserkantonalen <strong>Klinik</strong>en<br />

wurden wenige (14) St. Galler Patienten behandelt, in<br />

der Erwachsenenpsychiatrie ebenfalls nur vereinzelt<br />

(die meisten wurden zum Drogenentzug oder zur Krisenintervention<br />

aufgenommen). Es mussten fast keine<br />

Absagen an St. Galler Patienten erfolgen; Absagen<br />

erfolgten meistens aus fachlichen und nicht aus organisatorischen<br />

Gründen. Diese Leistung setzt eine effiziente<br />

Arbeitsweise und eine relativ kurze Aufenthaltsdauer<br />

voraus, was eine sorgfältige Indikationsstellung<br />

und gute Absprachen mit den Einweisern benötigt.<br />

Patienten<br />

Im Berichtsjahr behandelten wir 154 Patienten, 18%<br />

mehr als im Vorjahr; mit 124 Neueintritten haben wir<br />

17% mehr Eintritte geleistet als im Vorjahr. Der Anteil<br />

der St. Galler Patienten betrug mit 101 behandelten<br />

und 79 neu aufgenommenen 65%, ähnlich wie in den<br />

letzten Jahren. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer<br />

sank auf 91 Tage (im Vorjahr 99 Tage).<br />

Unsere Klientel war sehr breit gefächert: Kinder ab<br />

6 Jahren und Jugendliche bis 19 Jahre mit einem<br />

sehr grossen Spektrum an psychischen Problemen,<br />

Störungen und Krankheiten. Beinahe alle Patienten<br />

hatten Mehrfachdiagnosen, viele hatten komplexe,<br />

länger dauernde Störungen. Sie zeigten extrem unterschiedliche<br />

soziale Hintergründe und ganz verschiedene<br />

Bedürfnisse an Diagnostik, Behandlung und<br />

Betreuung. Immer mehr Patienten, oft gerade diejenigen<br />

mit schweren Störungen und Mehrfachdiagnosen,<br />

hatten nur ungenügende oder gar keine<br />

«Stützpunkte» (Familie, Pflegefamilie, «Heim» allgemein)<br />

ausserhalb der <strong>Klinik</strong>. Die Behandlung ist<br />

unter diesen Umständen erheblich erschwert, die<br />

Aufenthaltsdauer oft verlängert, die Organisation<br />

eines geeigneten Nachsorgeplatzes aufwändig. Diese<br />

Gegebenheiten verlangten von der <strong>Klinik</strong> beträchtliche<br />

fachliche Kompetenz, grosse Flexibilität und<br />

einen hohen persönlichen Einsatz vonseiten der<br />

Mitarbeitenden. Andererseits ermöglichte gerade diese<br />

Diversifikation eine abwechslungsreiche, lehrreiche<br />

und befriedigende Tätigkeit in den verschiedenen<br />

Fachbereichen der <strong>Klinik</strong>.<br />

Die Zahl der Patienten aus anderen Kulturen und mit<br />

Migrationshintergrund hat in den letzten Jahren zugenommen.<br />

Um mit diesen Patienten und deren Familien<br />

besser umgehen zu können, haben wir 2005/<strong>2006</strong><br />

Patienten bzw. Eintritte<br />

Eintritte, behandelte Patienten und<br />

durchschnittliche Aufenthaltungsdauer<br />

1997 bis <strong>2006</strong><br />

eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein Konzept «Transkulturelle<br />

Kompetenz» erarbeitet hat. In der Folge wurde<br />

eine Gruppe «Delegierte für Transkulturelle Kompetenz<br />

und Migrationsfragen» als ständige Kommission<br />

gebildet, die den Behandlungsteams beratend und<br />

unterstützend zur Seite stehen soll.<br />

Belegung<br />

Im Berichtsjahr <strong>2006</strong> haben wir (ähnlich wie 2003 und<br />

2005) Extreme der momentanen Nachfrage und Belegung<br />

erlebt. Die Belegung war im ersten, zweiten<br />

und vierten Quartal hoch, im dritten Quartal, der sogenannten<br />

«Sommerflaute», niedrig. Trotzdem wurde<br />

mit 10‘551 Belegungstagen der Budget-Sollwert von<br />

10‘500 Tagen leicht überschritten. Die unberechenbaren<br />

Belegungsschwankungen können wir nicht<br />

erklären, müssen sie aber stets in Kauf nehmen und<br />

mit geeigneten Mitteln, auch finanziellen Reserven,<br />

allfälligen vorübergehenden Belegungsrückgängen<br />

begegnen können.<br />

Die <strong>Klinik</strong> hat im Ganzjahresmodus mit 365 Belegungsbzw.<br />

Behandlungstagen (und ständiger Aufnahmebereitschaft)<br />

gearbeitet. Wir waren weiterhin bestrebt,<br />

mit der Stellung der Indikation zur stationären Aufnahme<br />

sorgfältig umzugehen und nur solche Aufträge<br />

anzunehmen, bei denen wir einen wahrscheinlichen<br />

180 18 Monate 18<br />

160 16<br />

154 Patienten<br />

140 14<br />

120 124 Eintritte 12<br />

100 10<br />

80 8<br />

60 6<br />

40 4<br />

34 Patienten 3 Monate<br />

20 24 Eintritte 2<br />

0 0<br />

Jahr 1997 Jahr <strong>2006</strong><br />

Aufenthaltsdauer in Monaten<br />

klaren Nutzen für den Patienten und den Klienten<br />

(die Eltern oder andere Sorgeberechtigte) voraussagen<br />

konnten. Auch die notwendige Transparenz<br />

gegenüber den Kostenträgern, die wir einhalten<br />

wollen, verpflichtet uns, uns streng an den Auftrag der<br />

<strong>Klinik</strong> zu halten und die Indikation genauestens zu prüfen.<br />

Leider kann dies manchmal zu einer Verzögerung<br />

bei Aufnahmeentscheiden führen und so den Eindruck<br />

erwecken, als ob die Schwelle zum «<strong>Sonnenhof</strong>» zu<br />

hoch sei. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine sorgfältige<br />

Vorbereitung einer Aufnahme sich längerfristig für alle<br />

Beteiligten lohnt.<br />

Notaufnahmen, Zwangseinweisungen<br />

Notaufnahmen haben auch dieses Jahr einen erheblichen<br />

Teil der Aufnahmen ausgemacht. Es wird<br />

allgemein wahrgenommen, dass Krisensituationen bei<br />

jungen Personen immer häufiger und auch komplexer<br />

werden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Mit der Zunahme<br />

der Krisensituationen und deren Komplexität<br />

wird auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie vermehrt<br />

mit Notfallsituationen konfrontiert. Dementsprechend<br />

haben wir in der <strong>Klinik</strong> <strong>Sonnenhof</strong> in den letzten Jahren<br />

eine massive Verschiebung von «Regelaufnahmen» zu<br />

«Notaufnahmen» verzeichnet. Im Berichtsjahr haben<br />

wir 124 Patienten aufgenommen, ein Drittel davon<br />

waren dringliche Aufnahmen. Einer von drei unserer<br />

Patienten wurde durch den Zuweiser als suizidal eingeschätzt.<br />

Ein Teil dieser «Notfall»-Patienten blieb allein<br />

zur Krisenintervention, die anderen blieben länger, da<br />

vollständige Abklärungen oder Behandlungsaufenthalte<br />

notwendig waren.<br />

Während noch vor wenigen Jahren eine Zwangseinweisung<br />

mittels fürsorgerischer Freiheitsentziehung<br />

(FFE) eine Seltenheit war, wurden im letzten Jahr<br />

46 Kinder und Jugendliche mittels FFE aufgenommen,<br />

zum Teil durch eine Vormundschaftsbehörde beantragt.<br />

Das ist über ein Drittel aller Aufnahmen!<br />

An diese Sachlage hat sich die Arbeitsweise der <strong>Klinik</strong><br />

anpassen müssen. Die Behandlung solcher, notfallmässig<br />

aufgenommener Patienten ist dadurch erschwert,<br />

dass im Vorfeld keine Klärung der Anliegen<br />

der Patienten und Klienten (Eltern, Behörden) stattfinden<br />

kann und es vor der Aufnahme zu keinen Vereinbarungen<br />

bezüglich Behandlungszielen, -dauer<br />

und -methoden kommt. In der Folge sind wir auch<br />

immer mehr mit rechtlichen Fragen konfrontiert, die<br />

sich im Zusammenhang mit Notsituationen, Kindesschutz,<br />

Kindesrecht und Patientenrecht stellen.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Arbeit von<br />

Dr. med. M. Nitschke-Janssen und E. Branik, ehemals<br />

29

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