Programmheft - Klassik Stiftung Weimar
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Kehre wieder,<br />
holdes Blütenalter der Natur<br />
Friedrich Schiller<br />
MelosLogos 11<br />
Poetische Liedertage in <strong>Weimar</strong><br />
16. bis 18. November 2012
Wir danken allen Förderern, die dazu beigetragen haben, dass MelosLogos auch<br />
in diesem Jahr wieder als eine maßgeblich durch private Mittel ermöglichte<br />
Veranstaltung der <strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong> stattfinden kann.<br />
Für großzügige Unterstützung danken wir außerdem herzlich dem<br />
Hotel Dorint <strong>Weimar</strong>.<br />
Wir danken dem Bärenreiter-Verlag für die großzügige Überlassung von<br />
unediertem Notenmaterial.<br />
Der MelosLogos-Fonds, eine private Förderung, versteht sich als Förderprojekt<br />
für die poetischen Liedertage MelosLogos in <strong>Weimar</strong>. Wie bereits zur Zeit der<br />
<strong>Weimar</strong>er <strong>Klassik</strong> sind Kunst und Kultur in <strong>Weimar</strong> auch heute auf die Unterstützung<br />
von Freunden und Förderern angewiesen, um ihr Niveau erreichen und<br />
halten, ja, existieren zu können.<br />
Gerne lernen wir Sie als Förderer von MelosLogos kennen und stellen Ihnen<br />
unser Projekt vor.<br />
<strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong><br />
Andreas Schirmer<br />
Referent für Öffentlichkeitsarbeit<br />
Telefon: +49 (0) 3643 / 545-109<br />
Telefax: +49 (0) 3643 / 545-118<br />
Burgplatz 4 | 99423 <strong>Weimar</strong><br />
andreas.schirmer@klassik-stiftung.de<br />
Die Deutsche Streicherphilharmonie wird<br />
gefördert durch das Bundesministerium für<br />
Familien, Senioren, Frauen und Jugend.<br />
Titel: Schiller rauchend auf einem Esel reisend, Johann Christian Reinhart, 1785/87, Verbleib unbekannt.
1<br />
Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur<br />
Freitag, 16. November 2012<br />
20.00 Uhr | Stadtschloss <strong>Weimar</strong>, Festsaal .................................................... 1<br />
Schöne Welt, wo bist du<br />
Lieder von Franz Schubert nach Gedichten von Friedrich Schiller<br />
Samstag, 17. November 2012<br />
10.00 Uhr | a. Exkursion nach Rudolstadt (Schloss Heidecksburg, Schillerhaus)<br />
Hotel Dorint, Beethovenplatz (Treffpunkt) ................................ 18<br />
Schiller ohne Worte<br />
Der Dichter der Europa-Hymne<br />
—Anschließend gemeinsames Mittagessen—<br />
10.00 Uhr | b. Für das junge Publikum (15–23 Jahre)<br />
Schillers Wohnhaus (Treffpunkt) .............................................. 18<br />
Ein Tag mit Schiller in <strong>Weimar</strong><br />
19.00 Uhr | Schiesshaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Ich brauche Liebe!<br />
Hasko Weber und Mitglieder des Stuttgarter Schauspiel-<br />
Ensembles lesen »Don Karlos« von Friedrich Schiller<br />
Sonntag, 18. November 2012<br />
11.00 Uhr | Musikgymnasium Schloss Belvedere ............................................ 30<br />
Und der Mensch versuche die Götter nicht<br />
Gisbert Näther<br />
Und der Mensch versuche die Götter nicht – Sinfonischer Prolog<br />
für Streichorchester (UA)<br />
Franz Schubert<br />
Der Taucher<br />
Antonín Dvořák<br />
Serenade für Streichorchester E-Dur op. 22
» Euer Exzellenz! Der Unterzeichnete waget es Euer Exzellenz durch gegenwärtige Zeilen einige Augenblicke<br />
Ihrer so kostbaren Zeit zu rauben, und nur die Hoffnung daß beiliegende Liedersammlung<br />
Euer Exzellenz vielleicht keine ganz unliebe Gabe sein dürfte, kann ihn vor sich selbst seiner großen<br />
Freiheit wegen entschuldigen. Die im gegenwärtigen Hefte enthaltenen Dichtungen sind von einem<br />
19jährigen Tonkünstler namens Franz Schubert, dem die Natur die entschiedensten Anlagen zur<br />
Tonkunst von zartester Kindheit an verlieh […] «
3<br />
Liebe Freunde von MelosLogos,<br />
als wir vor zwei Jahren begannen, dieses<br />
Programm für das elfte Treffen im Zeichen<br />
des Doppelgestirns zu entwerfen,<br />
fanden wir, nun sei es höchste Zeit für<br />
Schiller. Das versteht jeder. Mancher wird<br />
sogar fragen: Warum erst jetzt? Nicht zu<br />
Unrecht, denn die Frage, wann etwas an<br />
der Zeit, der rechten Zeit ist, sie ist überhaupt<br />
nicht trivial.<br />
Keinesfalls zur rechten Zeit, nämlich<br />
im Frühjahr 1816, ging hier in <strong>Weimar</strong><br />
ein Brief – mit Anlage – aus Wien ein. Die<br />
Anlage bestand aus einer Sammlung von<br />
Liedern. Josef von Spaun berichtete von<br />
einem »19jährigen Tonkünstler namens<br />
Franz Schubert«, der Exzellenz um die<br />
Ehre bat, ihr diese Sammlung von Kompositionen<br />
dedizieren zu dürfen. Doch der<br />
Bitte, »die angesuchte Erlaubnis mit zwei<br />
Worten gnädigst melden zu lassen«, wurde<br />
nicht entsprochen. Ohne von einem Wort<br />
begleitet zu sein, reiste die unsterb liche<br />
Musik nach Wien zurück, gewisser maßen<br />
auch dies: Lieder ohne Worte.<br />
Und wann begegnete Schubert nun<br />
Schiller? Als er neunzehn war, war er ihm<br />
längst begegnet. Oder besser: Schiller hatte<br />
ihn längst getroffen. Aber es konnte nur<br />
eine Begegnung im Reich der Poesie sein.<br />
Schiller war 37, als Schubert geboren<br />
wurde. Und dieser musste gerade einmal<br />
vierzehn werden, um sein erstes Schiller-<br />
Lied zu komponieren. Aber eine Chance, es<br />
dem Dichter zu widmen, gab es gleichwohl<br />
nicht. Das Schicksal und sein Medium, die<br />
Zeit, hatten es so nicht vorgesehen.<br />
Umso mehr ist es an der Zeit, dass wir,<br />
die Nachgeborenen, uns auf Entdeckungsreise<br />
begeben, um dort, im MelosLogos-<br />
Reich, Zeugen der herrlichen Begegnung<br />
von Schiller und Schubert zu werden. Für<br />
Ignoranz ist also hier einmal, exklusiv<br />
und wirklich ausnahmsweise, Exzellenz<br />
am Frauenplan zuständig. Denn nicht<br />
nur seine ›eigenen‹ Schubert-Lieder hat<br />
er überhört, auch die zu Dutzenden entstandenen<br />
Lieder auf die Gedichte seines<br />
Freundes blieben ihm gänzlich unbekannt.<br />
200 Jahre nachdem Schiller im Schaffen<br />
Schuberts Epoche machte, dürfen wir<br />
unserem Publikum nicht nur die Früchte<br />
dieser Begegnung, sondern auch, Dank<br />
einer großzügigen Spende, eine Uraufführung<br />
präsentieren, die sich von einem<br />
Gedicht Schillers inspirieren ließ. Jung<br />
geht es bei MelosLogos 11 zu – über die<br />
Zeiten hinweg. Allen Künstlern, die dies<br />
auch in diesem Jahr wieder möglich machen,<br />
und ganz besonders Liese Klahn-<br />
Albrecht, ohne die diese und unser aller<br />
Begegnung nicht möglich wären, sei von<br />
Herzen gedankt.<br />
Ihr Hellmut Seemann<br />
Linke Seite: Josef von Spaun an Johann Wolfgang von Goethe, 1816
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
Stadtschloss <strong>Weimar</strong>, Festsaal<br />
Schöne Welt, wo bist du<br />
Lieder von Franz Schubert (1797–1828)<br />
nach Gedichten von Friedrich Schiller (1759–1805)<br />
Hoffnung D 637 (um 1819, erschienen 1827)<br />
Sehnsucht D 636 (um 1821, erschienen 1826)<br />
Das Mädchen aus der Fremde D 252 (1815)<br />
Der Jüngling am Bache D 192 (1815)<br />
Des Mädchens Klage D 191 (1815, erschienen 1826)<br />
Thekla D 595 (1817, erschienen 1827)<br />
Gruppe aus dem Tartarus D 583 (1817, erschienen 1823)<br />
Elysium D 584 (1817)<br />
—Pause—<br />
Die Götter Griechenlands D 677 (1819)<br />
An Emma D 113 (1814, erschienen 1826)<br />
Der Pilgrim D 794 (1823, erschienen 1825)<br />
Des Mädchens Klage D 6 ( um 1811)<br />
Die Bürgschaft D 246 (1815)<br />
Christiane Karg Sopran<br />
Stephan Genz Bariton<br />
Liese Klahn Hammerflügel<br />
Hammerflügel von Jacob Bertsche, Wien um 1830
5<br />
Hoffnung (1797)<br />
Es reden und träumen die Menschen viel<br />
Von bessern künftigen Tagen;<br />
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel<br />
Sieht man sie rennen und jagen.<br />
Die Welt wird alt und wird wieder jung,<br />
Doch der Mensch hofft<br />
immer Verbesserung.<br />
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,<br />
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,<br />
Den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,<br />
Sie wird mit dem Greis nicht begraben;<br />
Denn beschließt er im Grabe den<br />
müden Lauf,<br />
Noch am Grabe pflanzt er – die<br />
Hoffnung auf.<br />
Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,<br />
Erzeugt im Gehirne des Toren.<br />
Im Herzen kündet es laut sich an:<br />
Zu was Besserm sind wir geboren,<br />
Und was die innere Stimme spricht,<br />
Das täuscht die hoffende Seele nicht.<br />
Sehnsucht (1801)<br />
Ach, aus dieses Tales Gründen,<br />
Die der kalte Nebel drückt,<br />
Könnt ich doch den Ausgang finden,<br />
Ach, wie fühlt ich mich beglückt!<br />
Dort erblick ich schöne Hügel,<br />
Ewig jung und ewig grün.<br />
Hätt ich Schwingen, hätt ich Flügel,<br />
Nach den Hügeln zög ich hin.<br />
Harmonien hör ich klingen,<br />
Töne süßer Himmelsruh,<br />
Und die leichten Winde bringen<br />
Mir der Düfte Balsam zu.<br />
Goldne Früchte seh ich glühen,<br />
Winkend zwischen dunkelm Laub,<br />
Und die Blumen, die dort blühen,<br />
Werden keines Winters Raub.<br />
Ach wie schön muß sich’s ergehen<br />
Dort im ew’gen Sonnenschein,<br />
Und die Luft auf jenen Höhen,<br />
O wie labend muß sie sein!<br />
Doch mir wehrt des Stromes Toben,<br />
Der ergrimmt dazwischen braust,<br />
Seine Wellen sind gehoben,<br />
Daß die Seele mir ergraust.<br />
Einen Nachen seh ich schwanken,<br />
Aber ach! der Fährmann fehlt.<br />
Frisch hinein und ohne Wanken,<br />
Seine Segel sind beseelt.<br />
Du mußt glauben, du mußt wagen,<br />
Denn die Götter leihn kein Pfand,<br />
Nur ein Wunder kann dich tragen<br />
In das schöne Wunderland.<br />
Das Mädchen aus der Fremde (1797)<br />
In einem Tal bei armen Hirten<br />
Erschien mit jedem jungen Jahr,<br />
Sobald die ersten Lerchen schwirrten,<br />
Ein Mädchen, schön und wunderbar.<br />
Sie war nicht in dem Tal geboren,<br />
Man wußte nicht, woher sie kam,<br />
Doch schnell war ihre Spur verloren,<br />
Sobald das Mädchen Abschied nahm.
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
Sie brachte Blumen mit und Früchte,<br />
Gereift auf einer andern Flur,<br />
In einem andern Sonnenlichte,<br />
In einer glücklichern Natur.<br />
Und teilte jedem eine Gabe,<br />
Dem Früchte, jenem Blumen aus,<br />
Der Jüngling und der Greis am Stabe,<br />
Ein jeder ging beschenkt nach Haus. (…)<br />
Der Jüngling am Bache (1803)<br />
An der Quelle saß der Knabe,<br />
Blumen wand er sich zum Kranz,<br />
Und er sah sie fortgerissen,<br />
Treiben in der Wellen Tanz.<br />
»Und so fliehen meine Tage<br />
Wie die Quelle rastlos hin!<br />
Und so bleichet meine Jugend,<br />
Wie die Kränze schnell verblühn!<br />
Fraget nicht, warum ich traure<br />
In des Lebens Blütenzeit!<br />
Alles freuet sich und hoffet,<br />
Wenn der Frühling sich erneut.<br />
Aber diese tausend Stimmen<br />
Der erwachenden Natur<br />
Wecken in dem tiefen Busen<br />
Mir den schweren Kummer nur.<br />
Was soll mir die Freude frommen,<br />
Die der schöne Lenz mir beut?<br />
Eine nur ist’s, die ich suche,<br />
Sie ist nah und ewig weit.<br />
Sehnend breit ich meine Arme<br />
Nach dem teuren Schattenbild,<br />
Ach, ich kann es nicht erreichen,<br />
Und das Herz bleibt ungestillt!<br />
Komm herab, du schöne Holde,<br />
Und verlaß dein stolzes Schloß!<br />
Blumen, die der Lenz geboren,<br />
Streu ich dir in deinen Schoß.<br />
Horch, der Hain erschallt von Liedern,<br />
Und die Quelle rieselt klar!<br />
Raum ist in der kleinsten Hütte<br />
Für ein glücklich liebend Paar.«<br />
Des Mädchens Klage (1798)<br />
Der Eichwald braust, die Wolken ziehn,<br />
Das Mägdlein sitzt an Ufers Grün,<br />
Es bricht sich die Welle mit Macht,<br />
mit Macht,<br />
Und sie seufzt hinaus in die finstre Nacht,<br />
Das Auge von Weinen getrübet.<br />
»Das Herz ist gestorben, die Welt ist leer,<br />
Und weiter gibt sie dem Wunsche<br />
nichts mehr.<br />
Du Heilige rufe dein Kind zurück,<br />
Ich habe genossen das irdische Glück,<br />
Ich habe gelebt und geliebet!«<br />
Es rinnet der Tränen vergeblicher Lauf,<br />
Die Klage, sie wecket die Toten nicht auf,<br />
Doch nenne, was tröstet und heilet die Brust<br />
Nach der süßen Liebe verschwundener Lust,<br />
Ich, die Himmlische, will’s nicht versagen.<br />
»Laß rinnen der Tränen vergeblichen Lauf,<br />
Es wecke die Klage den Toten nicht auf,<br />
Das süßeste Glück für die traurende Brust,<br />
Nach der schönen Liebe<br />
verschwundner Lust,<br />
Sind der Liebe Schmerzen und Klagen.«
7<br />
Thekla (1802)<br />
Wo ich sei, und wo mich hingewendet,<br />
Als mein flücht’ger Schatten dir entschwebt?<br />
Hab ich nicht beschlossen und geendet,<br />
Hab ich nicht geliebet und gelebt?<br />
Willst du nach den Nachtigallen fragen,<br />
Die mit seelenvoller Melodie<br />
Dich entzückten in des Lenzes Tagen,<br />
Nur solang sie liebten, waren sie.<br />
Ob ich den Verlorenen gefunden?<br />
Glaube mir, ich bin mit ihm vereint,<br />
Wo sich nicht mehr trennt, was<br />
sich verbunden,<br />
Dort, wo keine Träne wird geweint.<br />
Dorten wirst auch du uns wiederfinden,<br />
Wenn dein Lieben unserm Lieben gleicht,<br />
Dort ist auch der Vater, frei von Sünden,<br />
Den der blut’ge Mord nicht mehr erreicht.<br />
Und er fühlt, daß ihn kein Wahn betrogen,<br />
Als er aufwärts zu den Sternen sah,<br />
Denn wie jeder wägt, wird ihm gewogen,<br />
Wer es glaubt, dem ist das Heil’ge nah.<br />
Wort gehalten wird in jenen Räumen<br />
Jedem schönen gläubigen Gefühl,<br />
Wage du zu irren und zu träumen,<br />
Hoher Sinn liegt oft in kind’schem Spiel.<br />
Gruppe aus dem Tartarus (1782)<br />
Horch – wie Murmeln des empörten Meeres,<br />
Wie durch hohler Felsen Becken weint<br />
ein Bach,<br />
Stöhnt dort dumpfigtief ein schweres, leeres<br />
Qualerpreßtes Ach!<br />
Schmerz verzerret<br />
Ihr Gesicht, Verzweiflung sperret<br />
Ihren Rachen fluchend auf.<br />
Hohl sind ihre Augen – ihre Blicke<br />
Spähen bang nach des Cocytus Brücke,<br />
Folgen tränend seinem Trauerlauf,<br />
Fragen sich einander ängstlich leise,<br />
Ob noch nicht Vollendung sei? –<br />
Ewigkeit schwingt über ihnen Kreise,<br />
Bricht die Sense des Saturns entzwei.<br />
Elysium (1782)<br />
Vorüber die stöhnende Klage!<br />
Elysiums Freudengelage<br />
Ersäufen jegliches Ach –<br />
Elysiums Leben<br />
Ewige Wonne, ewiges Schweben,<br />
Durch lachende Fluren ein flötender Bach.<br />
Jugendlich milde<br />
Beschwebt die Gefilde<br />
Ewiger Mai,<br />
Die Stunden entfliehen in<br />
goldenen Träumen,<br />
Die Seele schwillt aus in<br />
unendlichen Räumen,<br />
Wahrheit reißt hier den Schleier entzwei.
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
Unendliche Freude<br />
Durchwallet das Herz.<br />
Hier mangelt der Name dem<br />
trauernden Leide,<br />
Sanftes Entzücken nur heißet man Schmerz.<br />
Hier strecket der wallende Pilger die matten<br />
Brennenden Glieder im säuselnden Schatten,<br />
Leget die Bürde auf ewig dahin –<br />
Seine Sichel entfällt hier dem Schnitter,<br />
Eingesungen von Harfengezitter,<br />
Träumt er, geschnittene Halme zu sehn.<br />
Dessen Fahne Donnerstürme wallte,<br />
Dessen Ohren Mordgebrüll umhallte,<br />
Berge bebten unter dessen Donnergang,<br />
Schläft hier linde bei des Baches Rieseln,<br />
Der wie Silber spielet über Kieseln,<br />
Ihm verhallet wilder Speere Klang.<br />
Hier umarmen sich getreue Gatten,<br />
Küssen sich auf grünen samtnen Matten,<br />
Liebgekost vom Balsamwest,<br />
Ihre Krone findet hier die Liebe,<br />
Sicher vor des Todes strengem Hiebe<br />
Feiert sie ein ewig Hochzeitsfest.<br />
Die Götter Griechenlands (1793)<br />
(…) Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder,<br />
Holdes Blütenalter der Natur!<br />
Ach, nur in dem Feenland der Lieder<br />
Lebt noch deine fabelhafte Spur.<br />
Ausgestorben trauert das Gefilde,<br />
Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick.<br />
Ach, von jenem lebenwarmen Bilde<br />
Blieb der Schatten nur zurück.<br />
An Emma (1798)<br />
Weit in nebelgrauer Ferne<br />
Liegt mir das vergangne Glück,<br />
Nur an einem schönen Sterne<br />
Weilt mit Liebe noch der Blick,<br />
Aber wie des Sternes Pracht<br />
Ist es nur ein Schein der Nacht.<br />
Deckte dir der lange Schlummer,<br />
Dir der Tod die Augen zu,<br />
Dich besäße doch mein Kummer,<br />
Meinem Herzen lebtest du.<br />
Aber ach! du lebst im Licht,<br />
Meiner Liebe lebst du nicht.<br />
Kann der Liebe süß Verlangen,<br />
Emma, kann’s vergänglich sein?<br />
Was dahin ist und vergangen,<br />
Emma, kann’s die Liebe sein?<br />
Ihrer Flamme Himmelsglut,<br />
Stirbt sie wie ein irdisch Gut?<br />
Der Pilgrim (1803)<br />
Noch in meines Lebens Lenze<br />
War ich, und ich wandert aus,<br />
Und der Jugend frohe Tänze<br />
Ließ ich in des Vaters Haus.<br />
All mein Erbteil, meine Habe<br />
Warf ich fröhlich glaubend hin,<br />
Und am leichten Pilgerstabe<br />
Zog ich fort mit Kindersinn.<br />
Denn mich trieb ein mächtig Hoffen<br />
Und ein dunkles Glaubenswort,<br />
»Wandle,« rief ’s »der Weg ist offen,<br />
Immer nach dem Aufgang fort.
9<br />
Bis zu einer goldnen Pforten<br />
Du gelangst, da gehst du ein,<br />
Denn das Irdische wird dorten<br />
Himmlisch unvergänglich sein.«<br />
Abend ward’s und wurde Morgen,<br />
Nimmer, nimmer stand ich still,<br />
Aber immer blieb’s verborgen,<br />
Was ich suche, was ich will.<br />
Berge lagen mir im Wege,<br />
Ströme hemmten meinen Fuß,<br />
Über Schlünde baut ich Stege,<br />
Brücken durch den wilden Fluß.<br />
Und zu eines Stroms Gestaden<br />
Kam ich, der nach Morgen floß,<br />
Froh vertrauend seinem Faden,<br />
Warf ich mich in seinen Schoß.<br />
Hin zu einem großen Meere<br />
Trieb mich seiner Wellen Spiel,<br />
Vor mir liegt’s in weiter Leere,<br />
Näher bin ich nicht dem Ziel.<br />
Ach kein Weg will dahin führen,<br />
Ach der Himmel über mir<br />
Will die Erde nicht berühen,<br />
Und das Dort ist niemals Hier!<br />
Die Bürgschaft (1798)<br />
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich<br />
Möros, den Dolch im Gewande,<br />
Ihn schlugen die Häscher in Bande.<br />
»Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!«<br />
Entgegnet ihm finster der Wüterich.<br />
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«<br />
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«<br />
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit<br />
Und bitte nicht um mein Leben:<br />
Doch willst du Gnade mir geben,<br />
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,<br />
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,<br />
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,<br />
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.«<br />
Da lächelt der König mit arger List<br />
Und spricht nach kurzem Bedenken:<br />
»Drei Tage will ich dir schenken.<br />
Doch wisse, wenn sie verstrichen die Frist,<br />
Eh du zurück mir gegeben bist,<br />
So muß er statt deiner erblassen,<br />
Doch dir ist die Strafe erlassen.«<br />
Und er kommt zum Freunde: »Der<br />
König gebeut,<br />
Daß ich am Kreuz mit dem Leben<br />
Bezahle das frevelnde Streben,<br />
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,<br />
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,<br />
So bleib du dem König zum Pfande,<br />
Bis ich komme zu lösen die Bande.«<br />
Und schweigend umarmt ihn der<br />
treue Freund<br />
Und liefert sich aus dem Tyrannen,<br />
Der andere ziehet von dannen.<br />
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,<br />
Hat er schnell mit dem Gatten die<br />
Schwester vereint,<br />
Eilt heim mit sorgender Seele,<br />
Damit er die Frist nicht verfehle.
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
Da gießt unendlicher Regen herab,<br />
Von den Bergen stürzen die Quellen,<br />
Und die Bäche, die Ströme schwellen.<br />
Und er kommt ans Ufer mit<br />
wanderndem Stab,<br />
Da reißet die Brücke der Strudel hinab,<br />
Und donnernd sprengen die Wogen<br />
Des Gewölbes krachenden Bogen.<br />
Und trostlos irrt er an Ufers Rand,<br />
Wie weit er auch spähet und blicket,<br />
Und die Stimme, die rufende, schicket,<br />
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,<br />
Der ihn setze an das gewünschte Land,<br />
Kein Schiffer lenket die Fähre,<br />
Und der wilde Strom wird zum Meere.<br />
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,<br />
Die Hände zum Zeus erhoben:<br />
»O hemme des Stromes Toben!<br />
Es eilen die Stunden, im Mittag steht<br />
Die Sonne, und wenn sie niedergeht,<br />
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,<br />
So muß der Freund mir erbleichen.«<br />
Doch wachsend erneut sich des<br />
Stromes Wut,<br />
Und Welle auf Welle zerrinet,<br />
Und Stunde an Stunde entrinnet.<br />
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut<br />
Und wirft sich hinein in die brausende Flut,<br />
Und teilt mit gewaltigen Armen<br />
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.<br />
Und gewinnt das Ufer und eilet fort<br />
Und danket dem rettenden Gotte,<br />
Da stürzet die raubende Rotte<br />
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,<br />
Den Pfad ihm sperrend, und<br />
schnaubet Mord<br />
Und hemmet des Wanderers Eile<br />
Mit drohend geschwungener Keule.<br />
»Was wollt ihr?« ruft er vor Schrecken bleich,<br />
»Ich habe nichts als mein Leben,<br />
Das muß ich dem Könige geben!«<br />
Und entreißt die Keule dem<br />
nächsten gleich:<br />
»Um des Freundes willen erbarmet euch!«<br />
Und drei, mit gewaltigen Streichen,<br />
Erlegt er, die andern entweichen.<br />
Und die Sonne versendet glühenden Brand,<br />
Und von der unendlichen Mühe<br />
Ermattet sinken die Knie:<br />
»O hast du mich gnädig aus Räubershand,<br />
Aus dem Strom mich gerettet ans<br />
heilige Land,<br />
Und soll hier verschmachtend verderben,<br />
Und der Freund mir, der liebende, sterben!«<br />
Und horch! da sprudelt es silberhell<br />
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,<br />
Und stille hält er, zu lauschen,<br />
Und sieh, aus dem Felsen,<br />
geschwätzig, schnell,<br />
Springt murmelnd hervor ein<br />
lebendiger Quell,<br />
Und freudig bückt er sich nieder<br />
Und erfrischet die brennenden Glieder.
11<br />
Und die Sonne blickt durch der<br />
Zweige Grün,<br />
Und malt auf den glänzenden Matten<br />
Der Bäume gigantische Schatten,<br />
Und zwei Wanderer sieht er die<br />
Straße ziehn,<br />
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,<br />
Da hört er die Worte sie sagen:<br />
»Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen.«<br />
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,<br />
Ihn jagen der Sorge Qualen,<br />
Da schimmern in Abendrots Strahlen<br />
Von ferne die Zinnen von Syrakus,<br />
Und entgegen kommt ihm Philostratus,<br />
Des Hauses redlicher Hüter,<br />
Der erkennet entsetzt den Gebieter:<br />
»Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,<br />
So rette das eigene Leben!<br />
Den Tod erleidet er eben.<br />
Von Stunde zu Stunde gewartet’ er<br />
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,<br />
Ihm konnte den mutigen Glauben<br />
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben.«<br />
»Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht<br />
Ein Retter willkommen erscheinen,<br />
So soll mich der Tod ihm vereinen.<br />
Des rühme der blut’ge Tyrann sich nicht,<br />
Daß der Freund dem Freunde gebrochen<br />
die Pflicht,<br />
Er schlachte der Opfer zweie<br />
Und glaube an Liebe und Treue.«<br />
Und die Sonne geht unter, da steht<br />
er am Tor<br />
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,<br />
Das die Menge gaffend umstehet,<br />
An dem Seile schon zieht man den<br />
Freund empor,<br />
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:<br />
»Mich, Henker!«, ruft er, »erwürget!<br />
Da bin ich, für den er gebürget!«<br />
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,<br />
In den Armen liegen sich beide<br />
Und weinen vor Schmerzen und Freude.<br />
Da sieht man kein Augen tränenleer,<br />
Und zum Könige bringt man<br />
die Wundermär,<br />
Der fühlt ein menschliches Rühren,<br />
Läßt schnell vor den Thron sie führen.<br />
Und blicket sie lange verwundert an,<br />
Drauf spricht er: »Es ist euch gelungen,<br />
Ihr habt das Herz mir bezwungen,<br />
Und die Treue, sie ist doch kein<br />
leerer Wahn,<br />
So nehmet auch mich zum Genossen an,<br />
Ich sei, gewährt mir die Bitte,<br />
In eurem Bunde der Dritte!«
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr
13<br />
»Schöne Welt wo bist du?« – Schubert entdeckt Schiller<br />
Das Lied ist die erste Gattung, in der es<br />
Franz Schubert schon in sehr jungen Jahren<br />
zu kompositorischer Meisterschaft<br />
brachte, und sein Rang als Liedkomponist<br />
ist ihm so unbestritten zugestanden worden,<br />
dass er bis heute als <strong>Klassik</strong>er dieser<br />
Gattung gilt. Lieder waren es auch, mit denen<br />
der erwachsene Komponist zuerst an<br />
die Öffentlichkeit der Druckausgaben gelangte,<br />
die dann seiner Klavier- und Kammermusik<br />
den Weg auf den Musikalienmarkt<br />
zu bahnen vermochten. Zwischen<br />
dem ersten nachweisbaren Lied des Vierzehnjährigen<br />
und der ersten mit einer<br />
Opuszahl versehenen Publikation vergingen<br />
allerdings zehn Jahre – genau die Zeit,<br />
die der junge Komponist brauchte, um in<br />
der Privatheit und Halböffentlichkeit der<br />
Salon- und Vereinsgeselligkeit bekannt genug<br />
zu werden, um das finanzielle Risiko<br />
eines auf eigene Kosten gewagten Drucks<br />
einigermaßen kalkulierbar zu machen.<br />
Im Bewusstsein der Nachwelt hat sich<br />
die Vorstellung von Schuberts frühem<br />
Liedschaffen unauflöslich mit Johann<br />
Wolfgang von Goethe verbunden. In der<br />
Tat waren ja die ersten im Frühjahr 1821<br />
gedruckten Lieder – unter ihnen einige<br />
der bis heute berühmtesten – der Lyrik des<br />
<strong>Weimar</strong>er Dichterfürsten gewidmet (Opus<br />
1: Erlkönig, Opus 2: Gretchen am Spinnrade). In<br />
Wirklichkeit aber hatte Schuberts frühestes<br />
Interesse gar nicht Goethe, sondern<br />
dem anderen der beiden <strong>Weimar</strong>er <strong>Klassik</strong>er<br />
gegolten: Schon das zweite, wohl 1811<br />
entstandene seiner erhaltenen Jugendlieder,<br />
Des Mädchens Klage D 6, bezog seinen<br />
Text von Friedrich Schiller, und eben so die<br />
gleich darauf folgende Leichen fantasie D 7.<br />
Bevor Schubert schließlich am 19. Oktober<br />
1814 mit seinem berühmt gewordenen<br />
Gretchen am Spinnrade D 118 sein erstes<br />
Goethe-Lied komponierte, hatte er bereits<br />
nicht weniger als 27 Gedichte Friedrich<br />
Schillers vertont. Zwar besetzt Goethe unter<br />
allen Textdichtern Schuberts mit fast<br />
80 Ver tonun gen, als Lieder oder mehrstimmige<br />
Gesänge, insgesamt die Spitzenposition,<br />
aber diese wird in Schuberts<br />
Œuvre von der kompositorischen Auseinandersetzung<br />
mit Schiller dicht gefolgt.<br />
Unter den knapp 70 Kompositionen nach<br />
Gedichten Schillers sind weit mehr als die<br />
Hälfte Lieder, und einige von ihnen gehören<br />
zu den eindrucksvollsten und schönsten,<br />
die Schubert überhaupt geschrieben<br />
hat. Und selbst im Bereich der Bühnendramatik,<br />
für die Schubert bekanntlich mit<br />
dem Singspiel Claudine von Villa Bella eine<br />
weitere Goethe-Vorlage benutzte, gibt es<br />
ein Pendant bei Goethes großem Mitstreiter:<br />
Die Fragment gebliebene Schiller-<br />
Oper Die Bürgschaft D 435 bezog ihre Inspiration<br />
zweifellos von der kurz zuvor<br />
vertonten gleichnamigen Ballade, wenn<br />
auch nicht direkt aus einer Schillerschen<br />
Textvorlage.<br />
Was hat Schubert überhaupt so früh<br />
zur Lyrik Friedrich Schillers greifen lassen?<br />
Eine erste Erklärung ergibt sich<br />
zwanglos aus der Tatsache, dass Schubert<br />
auf die gerade ein Jahr vor dem Einsetzen<br />
Linke Seite: Porträt Franz Schubert, Wilhelm August Rieder, Aquarell 1825
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
seiner kompositorischen Tätigkeit erschienene<br />
erste Wiener Schiller-Ausgabe zurückgreifen<br />
konnte, nachdem die Zensur<br />
bis 1808 die Verbreitung von Schillers<br />
Werken in Österreich zu unterbinden versucht<br />
hatte. Eine weitere, wohl entscheidendere<br />
Erklärung liegt in der Art und<br />
Weise, in der sich der junge Schubert<br />
überhaupt die Gattung Lied erobert hat.<br />
Den ersten prägenden Eindruck erhielt er<br />
durch die Balladen des Stuttgarter Komponisten<br />
Johann Rudolf Zumsteeg. Dessen<br />
Vertonung von Clemens August Schückings<br />
Hagars Klage wurde von Schubert<br />
sogar regelrecht kopiert (D 5), wobei der<br />
jugendliche Nachahmer das Vorbild an<br />
Länge um mehr als das Doppelte überbot.<br />
Abwechslungsreichtum, harmonische<br />
Vielfalt und ausschweifende Phantastik<br />
sind zweifellos die Vorteile, die diese Gattung<br />
dem jungen Komponisten bot. Auch<br />
die nächsten beiden Lieder sind diesem<br />
balladesken Typus verpflichtet, und das erklärt<br />
nun vielleicht den gezielten Rückgriff<br />
auf Schiller, in dessen lyrischem Œuvre<br />
Ballade und Erzählgedicht bekanntlich<br />
eine ausgezeichnete Rolle spielen. Neben<br />
den beiden schon erwähnten Liedern (D 6<br />
und D 7) sind es die großen Vertonungen<br />
Der Taucher D 77, Hektors Abschied D 312, Der<br />
Alpenjäger D 588, Der Pilgrim D 794 und<br />
nicht zuletzt die alle lyrischen Dimensionen<br />
sprengende Bürgschaft D 246, für die<br />
Schiller die manchmal geradezu ins Dramatische<br />
ausgreifende Textvorlage lieferte,<br />
und auch andere typische Schiller-Gedichte<br />
wie Gruppe aus dem Tartarus (D 583),<br />
Elysium (D 584) oder Hoffnung (D 637)<br />
scheinen den jungen Schubert in erster<br />
Linie dadurch fasziniert zu haben, dass<br />
sie einen narrativen Faden ausbreiten oder<br />
einen Gedankengang entfalten, dem dann<br />
die Vertonung ähnlich wie in der Ballade<br />
durch häufigen Takt-, Motiv- oder Tonartwechsel<br />
klingenden Ausdruck<br />
verleihen kann.<br />
Es ist damit eine besondere Schwierigkeit<br />
von Schillers Lyrik angesprochen,<br />
die allerdings den jungen Schubert offenbar<br />
gerade interessiert hat. »Schiller ist<br />
von jeher ein für die Componisten gefährlicher<br />
Dichter gewesen«, schreibt ein Rezensent<br />
just in jenem Jahre 1811, in dem<br />
der fast noch kindliche Schubert an seiner<br />
ersten Schiller-Vertonung laboriert,<br />
und begründet diese bemerkenswerte<br />
These folgendermaßen: »Welcher Leser<br />
seiner Poesien fühlte sich nicht durch die<br />
Tiefe und Kraft seiner Gedanken, durch<br />
den Reichthum und Glanz seiner Bilder,<br />
durch die Pracht und Fülle seiner Sprache<br />
ergriffen, belebt, erhoben; aber eben<br />
diese Vorzüge sind dem Tonkünstler<br />
nicht nur nicht vorteilhaft, sondern meistens<br />
sogar hinderlich und nachtheilig«.<br />
Schillers Gedichte, die nicht selten mit<br />
unregelmäßigen oder sogar freien Metren<br />
experimentieren, gelten heute mit einem<br />
Begriff, den die Germanistik des 19. Jahrhunderts<br />
erfunden hat, weithin als »Gedankenlyrik«,<br />
während man in Goethes<br />
Lyrik mit einem ebenfalls von der Litera-
15<br />
turwissenschaft ersonnenen Terminus<br />
den Typus des »Erlebnisgedichts« in Reinform<br />
ausprägt zu finden glaubte. Ironischerweise<br />
ist an dieser simplen rezeptionsgeschichtlichen<br />
Dichotomie nicht<br />
zuletzt das Liedschaffen Franz Schuberts<br />
beteiligt, dessen Schiller- und Goethe-<br />
Vertonungen diese später so wirkungsmächtige<br />
Typologie zu präfigurieren<br />
scheinen. Zwar hat Schubert von Goethe<br />
ebenso Balladen (Erlkönig D 328) und freirhythmische<br />
Hymnen (Ganymed D 544,<br />
Prometheus D 674) vertont wie von Schiller<br />
solche Gedichte, die als konzentrierte<br />
Kondensate einer lyrischen Stimmung<br />
gelten können (An Emma D 113, Sehnsucht<br />
D 52 / D 636), aber in der Tat deutet das<br />
Bild der beiden Dichter, das sein Liedschaffen<br />
der Nachwelt übermittelt hat,<br />
bereits eine Wahrnehmung in solchen<br />
Oppositionen an. In diesem Zusammenhang<br />
ist es bezeichnend, dass Schubert<br />
gegen Ende seiner langen Schiller-Begeisterung,<br />
als er 1819 allmählich die Lyrik<br />
der Romantiker Schlegel und Novalis für<br />
sich zu entdecken begann, aus Schillers<br />
umfangreichem Weltanschauungsgedicht<br />
Die Götter Griechenlands mit Bedacht nur<br />
eine einzige Strophe auswählte (D 677),<br />
die mit ihrem wehmütig vertonten Text<br />
»Schöne Welt, wo bist du?« den weit ausgreifenden<br />
geschichts philo sophischen<br />
Entwurf Schillers geradezu roman tisiert.<br />
Alle Entwicklungsstationen von Schuberts<br />
Liedverständnis sind mit repräsentativen<br />
Schiller-Vertonungen besetzt.<br />
Manchmal zeigt sogar die wiederholte<br />
Bear beitung desselben Gedichts die Systematik,<br />
die der junge Komponist in die<br />
Erar beitung eines breiten Spektrums an<br />
Liedformen investiert hat. Das Rollengedicht<br />
Des Mädchens Klage, ein Dialog zwischen<br />
der Titelfigur und der himmlischen<br />
Jungfrau, reizte Schubert zu mehreren Vertonungen:<br />
Die erste (D 6, wohl 1811) verfolgt<br />
noch ganz auf der Spur der eben erst<br />
entdeckten Ballade das Seelendrama der<br />
Protagonistin durch ein Labyrinth verschiedenster<br />
Tonarten und Formteile hindurch,<br />
unter denen auch ein aus der dramatischen<br />
Sphäre stammendes »Recitativo<br />
in tempo« begegnet; die zweite hingegen<br />
(D 191, Mai 1815), die ihrer seits in zwei Bearbeitungen<br />
vorliegt, bewegt sich deutlich<br />
auf das später für Schuberts Liedschaffen<br />
charakteristische Konzept des variierten<br />
Strophenlieds zu, und diesen Weg verfolgt<br />
dann schließlich auch die dritte Fassung<br />
(D 389, März 1816) weiter. Interessanterweise<br />
jedoch ist Schubert selbst der beste<br />
Zeuge dafür, dass man die Schrittfolge der<br />
Bearbeitungen nicht umstandslos als Stufen<br />
einer linea ren Qualitätssteigerung<br />
anzu sehen hat: Der Komponist selbst<br />
wählte, als er ein Liederheft für den Druck<br />
zusammenstellte, die zweite Version vom<br />
Mai 1815 (D 191) und nicht die ein Jahr später<br />
entstandene dritte aus. Sie wurde mit<br />
den Liedern Hektors Abschied D 312 und An<br />
Emma D 113 unter der Opuszahl 58 zu einem<br />
reinen Schillerheft vereint (Frühjahr<br />
1826).
Freitag, 16. November 2012 | 20.00 Uhr<br />
Schuberts Praxis, Lieder bei der Publikation<br />
sorgfältig zu konsistenten Heften zusammenzustellen,<br />
lässt sich als ein Grundplan<br />
seiner öffentlichen Selbstdarstellung<br />
erkennen. Für ein angemessenes Verständnis<br />
der Lieder ist es daher nicht nur<br />
wichtig, die Daten der Entstehung und<br />
der – oft erst Jahre später erfolgenden –<br />
Druckpublikation im Auge zu behalten,<br />
sondern vor allem auch die Anordnung zu<br />
würdigen, in der ihr Komponist sie der Öffentlichkeit<br />
präsentiert hat. Eine solche Intention<br />
ist sogar schon früh zu erkennen,<br />
lange Zeit, bevor Schubert an einen Druck<br />
seiner Lieder überhaupt zu denken wagte.<br />
Als nämlich sein älterer Freund und Mentor<br />
im Frühjahr 1816 ein handschriftliches<br />
Goethe-Liederheft nach <strong>Weimar</strong> schickte,<br />
umschrieb er in dem Begleitbrief (den<br />
Goethe übrigens nie beantwortet hat) eine<br />
systematische Planung der Liedkomposition,<br />
zu der Schubert wahrscheinlich<br />
durch die Schiller- und Goethe-Liedersammlungen<br />
des mitteldeutschen Komponisten<br />
Johann Friedrich Reichardt angeregt<br />
worden war: »Sie wird aus 8 Heften<br />
bestehen«, schrieb Spaun an Goethe. »Die<br />
ersten beiden (wovon das erste als Probe<br />
beiliegt) enthalten Dichtungen Euer Exzellenz,<br />
das dritte enthält Dichtungen vom<br />
Schiller, das 4te und 5te vom Klopfstok,<br />
das 6te vom Mathißon, Hölty, Salis etcetc.,<br />
und das 7 und 8te enthalten Gesänge Ossians,<br />
welch letztere sich vor allen auszeichnen.«<br />
Dass um diese Zeit Goethe bereits<br />
an erster Stelle stand und Schiller dann<br />
erst folgte, kann dem Zweck des Briefs<br />
und seinem Adressaten geschuldet sein;<br />
möglicherweise aber auch begann sich in<br />
der Tat bereits um 1816 herum Schuberts<br />
Wertschätzung der beiden Dichter zu verschieben.<br />
In der Reihenfolge der 1821 einsetzenden<br />
Drucke, also in dem offiziellen<br />
Bild, das Schubert von sich zu erzeugen<br />
suchte, dominiert nun fraglos Goethe.<br />
Das erste Schiller-Lied, das Schubert zum<br />
Druck gab, war die durchkomponierte<br />
Gruppe aus dem Tartarus D 583, die in dem<br />
kleinen Liederheft Opus 24 (Oktober<br />
1823) mit der schlichten strophischen<br />
Mayrhofer-Vertonung Schlaflied D 527 zusammengespannt<br />
wurde. Der Sinn dieser<br />
merkwürdigen Zusammenstellung ist,<br />
zumin dest von heute aus, nur schwer<br />
nachvollziehbar, zumal Schubert parallel<br />
zu der erschütternden Hades-Szene mit<br />
Schillers großem Gedicht Elysium D 584<br />
eigentlich ein licht volles Gegenbild komponiert<br />
hatte, das schon vom Dichter<br />
selbst planvoll als gewichtige Ausbalancierung<br />
der Tartarus-Gruppe konzipiert<br />
worden war. Im Druck hingegen erschien<br />
dieses eindrucksvolle Gegensatzpaar<br />
nicht. Weitere Schiller-Drucke, die nun<br />
rasch folgten, waren dann jedoch wesentlich<br />
konsistenter als das Opus 24 und<br />
stellten, nachdem Schubert mit den<br />
Opera 1, 2, 5, 12, 14 und 19 bereits seit<br />
langem die Praxis reiner Goethe-Drucke<br />
verfolgt hatte, nun wirklich reine Schiller-<br />
Sammlungen dar. Das Liederheft Opus 37
17<br />
(Februar 1825) vereinigte die beiden großen,<br />
balladesk durchkomponierten Gesänge<br />
Der Pilgrim D 794 und Der Alpen jäger<br />
D 588, also zwei Lieder, deren Komposition<br />
zwar um mehr als fünf Jahre auseinander<br />
lag und die zudem entgegen ihrer<br />
Entstehungsfolge gereiht wurden, die<br />
aber eben in ihrer komplementären Spiegelung<br />
ein perfekt disponiertes Gesamtkunstwerk<br />
ergeben. Das nächste Schiller-<br />
Lied (Sehnsucht D 636) ging ein Jahr später<br />
im Opus 39 sogar als Einzelwerk in den<br />
Druck, während die Opera 58 (April 1826)<br />
und Opus 87 (August 1827) mit Hektors<br />
Abschied D 312, An Emma D 113 und Des<br />
Mäd chens Klage D 191 bzw. mit Der Un glückliche<br />
D 713, Hoffnung D 637 und Der Jüngling<br />
am Bache D 638 wiederum durchaus sinnvolle<br />
Anordnungen schufen.<br />
Interessant ist also, dass infolge der<br />
Durchbrechung der Entstehungschronologie<br />
noch zu einem Zeitpunkt Schiller-<br />
Lieder im Druck erschienen, als der Komponist<br />
sich in seiner aktuellen Produktion<br />
längst anderen Dichtern zugewendet<br />
hatte. Das letzte Gedicht Schillers, das<br />
Schubert zu einem Lied verarbeitete, war<br />
der (im Februar 1825 in das Liederheft<br />
Opus 37 integrierte) Pilgrim D 794. Es bezeichnet<br />
in mehrfacher Hinsicht eine interessante<br />
werkgeschichtliche Zäsur. Nicht<br />
nur stellt Der Pilgrim, komponiert im Mai<br />
1823, das letzte Lied Franz Schuberts dar,<br />
das noch die von der Ballade ererbte Eigenschaft<br />
aufweist, nach einem weit ausholenden<br />
harmonischen Schweifen in einer<br />
anderen Tonart zu schließen, als es<br />
begonnen hat, sondern es ist zugleich<br />
auch, wie sich allein schon an seinem<br />
Eintrag im chronologisch angeordneten<br />
Werkverzeichnis erkennen lässt, das letzte<br />
Lied vor Schuberts Beschäftigung mit jenem<br />
Dichter, der dann in seinem Œuvre<br />
durch die Auslösung der großen romantischen<br />
Liederzyklen Epoche machen sollte:<br />
Unter der Nummer D 795 folgt auf den<br />
Pilgrim die Komposition von Wilhelm<br />
Müllers Liederzyklus Die schöne Müllerin.<br />
Mit seiner frühen Schiller-Begeisterung<br />
war der junge Schubert zwar durchaus<br />
typisch für seine Zeit. Mit der experimentellen<br />
Formen- und Typenvielfalt<br />
seiner Vertonungen ist er jedoch völlig<br />
singu lär. Auch wenn sich aus der farbigen<br />
Dramaturgie der balladenhaften<br />
Durchkomposition allmählich der Idealtypus<br />
des subtil variierten Strophen liedes<br />
herausschälte und die Eignung von<br />
Schillers Lyrik daher abzunehmen begann,<br />
auch wenn die intensive Auseinandersetzung<br />
mit dem <strong>Klassik</strong>er zunehmend<br />
der Faszination durch die Lyrik<br />
der Frühromantik und schließlich der<br />
Generationsgenossen Wilhelm Müller<br />
und Heinrich Heine wich, so ist doch der<br />
frühe Kontakt mit den Gedichten Friedrich<br />
Schillers für Schubert eine entscheidende<br />
und nachhaltige Erfahrung gewesen.<br />
An Schillers Lyrik hat sich Schuberts<br />
Liedästhetik konsolidiert.<br />
Hans-Joachim Hinrichsen
Samstag, 17. November 2012 | 11.00 Uhr<br />
Schloss Heidecksburg, Rudolstadt<br />
Schiller ohne Worte – Der Dichter der Europa-Hymne<br />
Stefan Matuschek Vortrag<br />
Für das junge Publikum (15 – 23 Jahre)<br />
Ein Tag mit Schiller in <strong>Weimar</strong><br />
Treffpunkt Schillers Wohnhaus 10.00 Uhr
19<br />
Friedrich Schiller und der Landschaftsmaler Johann Christian Reinhart<br />
»… Er hat mich gezeichnet und ziemlich getroffen.«<br />
Friedrich Schiller hat substantielle und<br />
vielbeachtete Beiträge zur Kunsttheorie<br />
seiner Zeit geleistet, inspiriert durch das<br />
Studium der Schriften Immanuel Kants<br />
und im schöpferischen Austausch mit<br />
Johann Wolfgang von Goethe. Vergleicht<br />
man den Fächer persönlicher Kontakte<br />
von Schiller und Goethe zu Protagonisten<br />
des Kunstbetriebs der Epoche, so konstatiert<br />
man zwischen beiden Freunden erhebliche<br />
Unterschiede. Die Anzahl der<br />
Künstler, die Goethe zu Lebzeiten porträtierten,<br />
erweist sich als bemerkenswert<br />
groß – selbst sein Landesherr, Herzog<br />
Carl August von Sachsen-<strong>Weimar</strong>-Eisenach,<br />
scheint hier vergleichsweise etwas<br />
in den Schatten gestellt zu sein. Goethes<br />
Austausch mit mehreren Generationen<br />
bildender Künstler, jedoch auch seine eigene<br />
zeichnerische Produktion und seine<br />
vielfältigen Publikationen zur Kunst haben<br />
ihm einen prominenten und facettenreichen<br />
Platz in der Kunstgeschichtsschreibung<br />
eingeräumt. Schiller – bei<br />
einer deutlich kürzeren Lebensspanne –<br />
hat auch nicht im Ansatz eine Goethe vergleichbare<br />
Bildnisikonographie aufzuweisen<br />
– schließt man postume Dar stell ungen<br />
aus der vergleichenden Betrachtung<br />
aus. Über den Rahmen der Porträtistenkontakte<br />
hinaus hat sich Schiller intensiv<br />
mit zwei Landschaftsmalern auseinandergesetzt,<br />
Carl Ludwig Kaaz und Johann<br />
Christian Reinhart. Der Austausch mit<br />
Letzterem war wohl besonders nachhaltig<br />
und dürfte in Hinsicht auf seine kunsthistorische<br />
Bedeutung mehr als nur eine<br />
Marginalie darstellen.<br />
Schiller war zur impulsiven, vertrauensvollen<br />
Freundschaft nicht nur fähig,<br />
vielmehr fand er im unbefangenen<br />
menschlichen Austausch ein schöpferisches<br />
Stimulans, das offenbar seiner kontinuierlichen<br />
Überanspannung der Kräfte<br />
bei rastloser Produktion einen Anker<br />
emotionaler Stabilität gab. Er und Reinhart<br />
begegneten sich in einer der glücklichsten<br />
Lebensphasen des Dichters, als<br />
sich im großstädtischen Leipziger Freundeskreis<br />
nach anstrengenden Jahren<br />
neue, erweiterte Horizonte erschlossen.<br />
Reinhart, der die Unbekümmertheit des<br />
Sturm und Drang, ein ausgeprägtes Naturburschentum,<br />
Jagdliebhaberei, mit<br />
Kultur, gar intensiver lyrischer Produktion<br />
verband, fand in Schiller einen – fast<br />
möchte man sagen: kongenialen Freund.<br />
Friedrich Schiller, der mittlerweile<br />
berühmte 25-jährige Dichter von Die<br />
Räuber, Deserteur aus herzoglich-württembergischen<br />
Diensten, war im April<br />
1785 nach Leipzig gekommen – in die<br />
betrieb same Handelsmetropole, die ihm<br />
sicher lich mehr Abwechslung bot als<br />
selbst die glanzvolle kurpfälzische Residenz<br />
Mannheim, das erste Sprungbrett<br />
Linke Seite: Bildnis eines auf einem Stuhl sitzenden Mannes mit Pfeife nach links (Friedrich Schiller?),<br />
um 1787, Johann Christian Reinhart
Samstag, 17. November 2012 | 11.00 Uhr<br />
seiner Bühnenkarriere. Im Kreis des erfolgreichen<br />
Verlegers und Buchhändlers<br />
Georg Joachim Göschen brillierte Schiller;<br />
einige Mitglieder des Kreises waren<br />
auch Reinhart freundschaftlich verbunden,<br />
ja erteilten ihm Bildaufträge. Gohlis<br />
vor Leipzig, ein beliebter Sommeraufenthalt<br />
für die Städter, wurde für einige Monate<br />
Schillers Adresse. Zu dieser glücklichen<br />
Zeit im Freundeskreis entstand im<br />
Spätsommer wie folgerichtig in Loschwitz<br />
an der Elbe sein berühmtes hymnenhaftes<br />
Lied an die Freude.<br />
Reinhart hat eine kleine Reihe von<br />
Arbeiten geschaffen, die entweder Schiller<br />
im Bildnis wiedergeben oder mit dessen<br />
Dichtungen thematisch korrespondieren.<br />
Die glücklichen Monate im Leipziger<br />
Freundeskreis waren für Reinhart durch<br />
einen bukolisch wirkenden Aufenthalt im<br />
Herzogtum Sachsen-Meiningen abgelöst,<br />
wo eine nun familiäre Beziehung auch für<br />
Schiller bestand, wohnte dort doch seine<br />
verheiratete Schwester Christophine; sein<br />
Schwager war der Hofbibliothekar Wilhelm<br />
Friedrich Hermann Reinwald. Ein<br />
Besuch Schillers 1787 in Meiningen bei<br />
der Familie sowie seiner Gönnerin und<br />
Freundin Henriette von Wolzogen ließ<br />
die Freunde dann wieder aufeinandertreffen.<br />
Für Reinhart hatte sich – in einer gewissen<br />
Parallele zu Goethes Freundschaft<br />
mit Herzog Carl August von Sachsen-<strong>Weimar</strong><br />
– eine von Anfang an impulsive, tiefe<br />
Freundschaft mit dem gleichjährigen<br />
Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen<br />
als Glücksfall ergeben. Reinhart, der<br />
Landschaftsmaler, war eher beiläufig<br />
auch Porträtist – mit einem deutlichen<br />
Hang zur Karikatur. Von Schiller sind erstaunlich<br />
wenige eindeutig authentische<br />
Bildnisse überliefert, so dass den eher<br />
skizzierend-notathaften Konterfeis Reinharts<br />
eine Bedeutung zugemessen werden<br />
mag, die ursprünglich wohl kaum intendiert<br />
war. Wiederholt repro duziert findet<br />
man das launige Blatt von 1785/87, das<br />
Schiller mit breitkrempigem Hut und lässiger,<br />
wertherhafter Kleidung im Damensitz<br />
auf einem Esel abbildet, ein langes<br />
Pfeifchen schmauchend (Titelseite). Die<br />
etwas bohemienhafte Pose Schillers wie<br />
das als Nutztier »bescheidene« Reittier,<br />
der Esel, lassen erkennen, dass eine private,<br />
unprätentiöse Wiedergabe beabsichtigt<br />
war. Der Überlieferung nach hat der<br />
Dichter auch ein – leider verschollenes –<br />
Bildnis des Malerfreundes gezeichnet.<br />
Zeitlich ist eine Entstehung des Blatts<br />
zwischen Reinharts und Schillers gemeinsamer<br />
Zeit in Leipzig (1785) und dem erneuten<br />
Zusammentreffen in Meiningen<br />
(November 1787) anzunehmen – letzteres<br />
Datum mit größerer Wahrscheinlichkeit.<br />
Schiller schrieb in einem Brief an den<br />
Leipziger Freund Körner aus <strong>Weimar</strong> am<br />
8. Dezember 1787: »In Meiningen (…). Mit<br />
Reinhardt war ich oft zusammen (…). Er hat<br />
mich gezeichnet und ziemlich getroffen (…)«.<br />
Physiognomisch eindrücklich ist das<br />
markante Profil Schillers wiedergegeben<br />
– die Linien der Stirn, ausgeprägt
23<br />
vorspringende Nase, Lippenpartie, energisches<br />
Kinn –, doch keine kleinteiligen<br />
Schilderungen prägen die Darstellung.<br />
Ein wenig beachteter, in <strong>Weimar</strong> aufbewahrter<br />
Klebeband mit Zeichnungen<br />
Reinharts aus seiner thüringischen Zeit<br />
enthalten drei ganzfigurige Bildnisse, die<br />
nicht nur stilistisch dem Bildnis des auf<br />
dem Esel rauchenden Schiller erstaunlich<br />
nahe stehen. Die drei Zeichnungen aus<br />
dem <strong>Weimar</strong>er Klebeband zeigen dieselbe<br />
Person. In Hinsicht auf die Tracht – der<br />
breitkrempige Hut, der Mantel, die Stiefel<br />
– bestehen Übereinstimmungen mit<br />
dem »rauchenden Schiller«. Insbesondere<br />
jedoch auch die markant angedeutete<br />
Physiognomie und die Altersstufe lassen<br />
es wahrscheinlich werden, Reinhart habe<br />
auch hier seinen Dichterfreund zeichnend<br />
festgehalten (Abbn. Titelseite sowie vorherige<br />
und nachfolgende Seiten). Ein weiteres<br />
Bildnis aus dem Klebeband dürfte<br />
Schillers Meinin ger Schwager, den Bibliothekar<br />
Wilhelm Friedrich Hermann Reinwald<br />
(1737–1815) darstellen.<br />
Altbekannt aus dem Bestand der<br />
<strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong> sind zwei Zeichnungen<br />
Reinharts, die Schiller, abermals<br />
auf einem Esel reitend, von hinten gesehen<br />
zeigen (Abb. Rückseite) sowie dessen<br />
Freund Wilhelm Friedrich von Wolzogen,<br />
Sohn von Schillers Gönnerin Henriette<br />
Freifrau von Wolzogen, der gleichfalls<br />
auf dem Lasttier unterwegs ist.<br />
Eine weitere historisch bezeugte,<br />
nach Rom mitgenommene, doch heute<br />
nicht mehr auffindbare Bildniszeichnung<br />
Reinharts von Friedrich Schiller diente<br />
als Vorlage postumer Schiller-Bildnisse,<br />
so für einen Stich Carl Küchlers von 1841<br />
oder einen Stahlstich Carl Mayers aus<br />
dem Jahre 1859.<br />
Prägend im öffentlichen Bewußtsein<br />
wurde diese verschollene, von Reinhart<br />
in Rom gehütete Bildniszeichnung des<br />
Freundes bereits ab 1839, als der dänische<br />
Bildhauer Bertel Thorvaldsen den<br />
Auftrag annahm, das große Schiller-<br />
Denkmal in Stuttgart auszu führen. Der<br />
gefeierte Bildhauer, der mit Reinhart<br />
befreundet war, bekam von ihm das Blatt<br />
als physiognomische Vorlage zur Verfügung<br />
gestellt. Neben Johann Heinrich<br />
Dan neckers Schiller-Büsten hat Thorvaldsens<br />
Statue des Dichters eine herausragende<br />
öffentliche Resonanz erfahren.<br />
Dass physio gno misch prägend hinter der<br />
antik isierend überhöhten Darstellung<br />
des gedanken vollen Stuttgarter Bildwerks<br />
eine anekdotenhafte Zeichnung aus der<br />
Meininger Zeit steht, mag eine amüsante<br />
Pointe bleiben.<br />
Hermann Mildenberger<br />
Vorherige und folgende Seiten: Bildnisse eines stehenden Mannes mit Pfeife in Rückenansicht und<br />
im Profil nach rechts (Friedrich Schiller?), um 1787, Johann Christian Reinhart
Samstag, 17. November 2012 | 19.00 Uhr<br />
Schiesshaus<br />
»Don Karlos« von Friedrich Schiller (1783–1787)<br />
Es lesen Hasko Weber und Mitglieder des Stuttgarter Schauspiel-Ensembles<br />
Philipp II, König von Spanien Sebastian Kowski<br />
Elisabeth von Valois, seine Gemahlin Lisa Bitter<br />
Don Karlos, Kronprinz Jan Krauter<br />
Prinzessin von Eboli Svenja Wasser<br />
Mondekar, Hofdame Rahel Ohm<br />
Hofdame Eléna Weiß<br />
Marquis von Posa Marco Albrecht<br />
Herzog von Alba Markus Lerch<br />
Domingo, Beichtvater des Königs Christian Schmidt<br />
Großinquisitor Lutz Salzmann<br />
Regie Hasko Weber<br />
Regieassistenz Anna Drescher
27<br />
»Ich brauche Liebe!«<br />
Schillers Don Karlos bietet eine reiche<br />
Schnittmenge an Assoziationen. Gleich<br />
aus welcher Perspektive man das Werk in<br />
Augenschein nimmt, zwei Themen zeichnen<br />
sich besonders deutlich ab: die politische<br />
Dimension persönlichen Handelns<br />
und die Kraft emotionaler Bindungen,<br />
jenseits aller Systeme.<br />
Dass Schiller sicher in großen Zusammenhängen<br />
denkt und sich bis ins<br />
Detail seiner sprachlichen Ausführung<br />
konkret und präzise in gesellschaftlichen<br />
Umwälzungskomplexen bewegt, ist phänomenal<br />
und überzeugend zugleich. Die<br />
historische Vorlage von Don Karlos bis hin<br />
zu seinen protagonistischen Figuren<br />
zwingt regelrecht zur politischen Prüfung<br />
des Textes bis in unsere Gegenwart hinein.<br />
Seine Adaptionen realer Abläufe<br />
schaffen dabei eine künstlerische Unabhängigkeit,<br />
die sich aus ihrer inneren Logik<br />
heraus als belastbar und immer neu<br />
interpretationsfähig herausstellt. Schiller<br />
fixiert sich als Autor in der Geschichte<br />
und in den Bewegungen seiner Zeit und<br />
öffnet besonders mit Don Karlos den Blick<br />
auf sein großes Thema: Macht und<br />
Mensch.<br />
Dieses Verhältnis spannt gleich vier<br />
Figuren in einen Betrachtungsrahmen:<br />
Philipp, Elisabeth, Marquis von Posa und<br />
Karlos selbst. Bei allen ist die Balance<br />
zwischen moralischer Verantwortung und<br />
politischem Streben nach Einfluss aufs<br />
Äußerste gefährdet. Für Philipp scheint<br />
sie aufgelöst, für Elisabeth gerät sie ins<br />
Wanken, Posa spielt mit ihr, für Karlos<br />
hat sie hingegen nie ausgewogen existiert.<br />
Schiller lädt ein, seine Charaktere<br />
zu studieren, sie zu erkennen und sie in<br />
ihrer Vielfalt zu erfassen. Mit fortschreitender<br />
Stückhandlung führt er uns immer<br />
näher an den Rand ihrer Abgründe. Vor<br />
heutigen politischen Folien entsteht daraus<br />
ein erstaunlicher Erkenntnisgewinn,<br />
der zu Schillers Geschichtsauffassung zurückführt,<br />
in der die einzelne Geste und<br />
die menschliche Regung zum auslösenden<br />
Moment epochaler Umbrüche wird.<br />
Dieser Betrachtungsweise wieder<br />
Raum zu geben und den Respekt und<br />
die Sensibilität aufzubringen, sich mit<br />
Haltung und Engagement für die Gesellschaft<br />
einzusetzen, bietet Schillers<br />
Don Karlos ein sicheres Fundament.<br />
In seiner Hinwendung zum gänzlich individuellen,<br />
zum persönlichen, zum einzelnen<br />
Gefühl erfindet Schiller mit seiner<br />
Hauptfigur, dem jungen Don Karlos,<br />
einen Komplex der Irrationalität und der<br />
psychologischen Autonomie. Karlos ist<br />
von Beginn an Sympathieträger, obwohl<br />
und weil er außerhalb des Bezirkes politischer<br />
Macht autistisch mit sich selbst<br />
beschäftigt ist. Sein Horizont ist der<br />
Spiegel. Seine Zukunft die laufende Uhr.<br />
Karlos steht für nichts. Er ist herauskatapultiert<br />
aus den Zwängen des Regelwerks<br />
Linke Seite: Hamburger Bühnenfassung des Don Karlos, Titelblatt, 1787, Friedrich Schiller
Samstag, 17. November 2012 | 19.00 Uhr<br />
einer Gesellschaft und das macht ihn für<br />
uns zum Magneten. Karlos ist grenzenlos.<br />
Er verläuft sich in seiner Phantasie<br />
und lässt sich von seinen Gefühlen<br />
treiben. Er ist jung und er ist ohne Verantwortung.<br />
Ich brauche Liebe! ist seine dringliche Forderung,<br />
der wir uns zu Beginn des Textes<br />
gern anschließen.<br />
Ich brauche Liebe! ist die Motivation, aus der<br />
heraus Karlos handelt und sich verlustreich<br />
auf unsere Seite durchkämpft. Wenn<br />
er am Ende des Stückes erwachsen von<br />
Elisabeth Abschied nimmt, erkennen wir<br />
uns in ihm wieder und wissen alles von<br />
der Tortur seiner Wandlung.<br />
Ich brauche Liebe!<br />
Schiller löst kein Versprechen für uns ein,<br />
erfüllt keine unserer Hoffnungen, sondern<br />
wirft uns zurück auf unsere Sehnsüchte.<br />
Jenseits aller Systeme.<br />
Hasko Weber<br />
Rechte Seite: Hamburger Bühnenfassung des Don Karlos, erste Seite, 1787, Friedrich Schiller
Sonntag, 18. November 2012 | 11.00 Uhr<br />
Musikgymnasium Schloss Belvedere<br />
Gisbert Näther (geb. 1948)<br />
Und der Mensch versuche die Götter nicht –<br />
Sinfonischer Prolog für Streichorchester op. 178 (UA)<br />
Franz Schubert (1797–1828)<br />
Der Taucher D 77 (1813–1815)<br />
für Bariton und Streichorchester instrumentiert von Gisbert Näther<br />
Antonín Dvořák (1841–1904)<br />
Serenade für Streichorchester E-Dur op. 22 (1875)<br />
Moderato<br />
Tempo di Valse<br />
Scherzo. Vivace<br />
Larghetto<br />
Finale. Allegro vivace<br />
Stephan Genz Bariton<br />
Deutsche Streicherphilharmonie unter der Leitung von Michael Sanderling<br />
Und der Mensch versuche die Götter nicht<br />
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen,<br />
Was sie gnädig bedecken mit Nacht und Grauen.
31<br />
Der Taucher (Friedrich Schiller, 1798)<br />
»Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,<br />
Zu tauchen in diesen Schlund?<br />
Einen goldnen Becher werf ich hinab,<br />
Verschlungen schon hat ihn der<br />
schwarze Mund.<br />
Wer mir den Becher kann wieder zeigen,<br />
Er mag ihn behalten, er ist sein eigen.«<br />
Der König spricht es und wirft von der Höh<br />
Der Klippe, die schroff und steil<br />
Hinaushängt in die unendliche See,<br />
Den Becher in der Charybde Geheul.<br />
»Wer ist der Beherzte, ich frage wieder,<br />
Zu tauchen in diese Tiefe nieder?«<br />
Und die Ritter, die Knappen um ihn her<br />
Vernehmen’s und schweigen still,<br />
Sehen hinab in das wilde Meer,<br />
Und keiner den Becher gewinnen will.<br />
Und der König zum drittenmal<br />
wieder fraget:<br />
»Ist keiner, der sich hinunter waget?«<br />
Doch alles noch stumm bleibt wie zuvor,<br />
Und ein Edelknecht, sanft und keck,<br />
Tritt aus der Knappen zagendem Chor,<br />
Und den Gürtel wirft er, den Mantel weg,<br />
Und alle die Männer umher und Frauen<br />
Auf den herrlichen Jüngling<br />
verwundert schauen.<br />
Und wie er tritt an des Felsen Hang<br />
Und blickt in den Schlund hinab,<br />
Die Wasser, die sie hinunterschlang,<br />
Die Charybde jetzt brüllend wiedergab,<br />
Und wie mit des fernen Donners Getose<br />
Entstürzen sie schäumend dem<br />
finstern Schoße.<br />
Und es wallet und siedet und brauset<br />
und zischt,<br />
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,<br />
Bis zum Himmel spritzet der<br />
dampfende Gischt,<br />
Und Flut auf Flut sich ohn Ende drängt,<br />
Und will sich nimmer erschöpfen<br />
und leeren,<br />
Als wollte das Meer noch ein Meer gebären.<br />
Doch endlich, da legt sich die wilde Gewalt,<br />
Und schwarz aus dem weißen Schaum<br />
Klafft hinunter ein gähnender Spalt,<br />
Grundlos, als ging’s in den Höllenraum,<br />
Und reißend sieht man die<br />
brandenden Wogen<br />
Hinab in den strudelnden Trichter gezogen.<br />
Jetzt schnell, eh die Brandung wiederkehrt,<br />
Der Jüngling sich Gott befiehlt,<br />
Und – ein Schrei des Entsetzens wird<br />
rings gehört,<br />
Und schon hat ihn der<br />
Wirbel hinweggespült;<br />
Und geheimnisvoll über dem<br />
kühnen Schwimmer<br />
Schließt sich der Rachen, er zeigt<br />
sich nimmer.
Sonntag, 18. November 2012 | 11.00 Uhr<br />
Und stille wird’s über dem Wasserschlund,<br />
In der Tiefe nur brauset es hohl,<br />
Und bebend hört man von Mund zu Mund:<br />
»Hochherziger Jüngling, fahre wohl!«<br />
Und hohler und hohler hört man’s heulen,<br />
Und es harrt noch mit bangem, mit<br />
schrecklichem Weilen.<br />
Und wärfst du die Krone selber hinein,<br />
Und sprächst: Wer mir bringet die Kron,<br />
Er soll sie tragen und König sein,<br />
Mich gelüstete nicht nach dem teuren Lohn.<br />
Was die heulende Tiefe da unten verhehle,<br />
Das erzählt keine lebende glückliche Seele.<br />
Wohl manches Fahrzeug, vom<br />
Strudel gefaßt,<br />
Schoß gäh in die Tiefe hinab,<br />
Doch zerschmettert nur rangen sich Kiel<br />
und Mast<br />
Hervor aus dem alles verschlingenden Grab –<br />
Und heller und heller wie Sturmes Sausen<br />
Hört man’s näher und immer<br />
näher brausen.<br />
Und es wallet und siedet und brauset<br />
und zischt,<br />
Wie wenn Wasser mit Feuer sich mengt,<br />
Bis zum Himmel spritzet der<br />
dampfende Gischt,<br />
Und Well auf Well sich ohn Ende drängt,<br />
Und wie mit des fernen Donners Getose<br />
Entstürzt es brüllend dem finstern Schoße.<br />
Und sieh! aus dem finster flutenden Schoß,<br />
Da hebet sich’s schwanenweiß,<br />
Und ein Arm und ein glänzender Nacken<br />
wird bloß,<br />
Und es rudert mit Kraft und mit<br />
emsigem Fleiß,<br />
Und er ist’s, und hoch in seiner Linken<br />
Schwingt er den Becher mit<br />
freudigem Winken.<br />
Und atmete lang und atmete tief –<br />
Und begrüßte das himmlische Licht.<br />
Mit Frohlocken es einer dem andern rief:<br />
»Er lebt! Er ist da! Es behielt ihn nicht!<br />
Aus dem Grab, aus der<br />
strudelnden Wasserhöhle<br />
Hat der Brave gerettet die lebende Seele.«<br />
Und er kommt, es umringt ihn die<br />
jubelnde Schar,<br />
Zu des Königs Füßen er sinkt,<br />
Den Becher reicht er ihm knieend dar,<br />
Und der König der lieblichen Tochter winkt,<br />
Die füllt ihn mit funkelndem Wein bis<br />
zum Rande,<br />
Und der Jüngling sich also zum<br />
König wandte:<br />
»Lange lebe der König! Es freue sich,<br />
Wer da atmet im rosigten Licht!<br />
Da unten aber ist’s fürchterlich,<br />
Und der Mensch versuche die Götter nicht<br />
Und begehre nimmer und nimmer<br />
zu schauen,<br />
Was sie gnädig bedecken mit Nacht<br />
und Grauen.
33<br />
Es riß mich hinunter blitzesschnell,<br />
Da stürzt’ mir aus felsigtem Schacht<br />
Wildflutend entgegen ein reißender Quell,<br />
Mich packte des Doppelstroms<br />
wütende Macht,<br />
Und wie einen Kreisel mit<br />
schwindelndem Drehen<br />
Trieb mich’s um, ich konnte<br />
nicht widerstehen.<br />
Da zeigte mir Gott, zu dem ich rief,<br />
In der höchsten schrecklichen Not,<br />
Aus der Tiefe ragend ein Felsenriff,<br />
Das erfaßt ich behend und entrann<br />
dem Tod,<br />
Und da hing auch der Becher an<br />
spitzen Korallen,<br />
Sonst wär er ins Bodenlose gefallen.<br />
Denn unter mir lag’s noch, bergetief,<br />
In purpurner Finsternis da,<br />
Und ob’s hier dem Ohre gleich ewig schlief,<br />
Das Auge mit Schaudern hinuntersah,<br />
Wie’s von Salamandern und Molchen<br />
und Drachen<br />
Sich regte in dem furchtbaren Höllenrachen.<br />
Schwarz wimmelten da, in grausem<br />
Gemisch,<br />
Zu scheußlichen Klumpen geballt,<br />
Der stachlichte Roche, der Klippenfisch,<br />
Des Hammers greuliche Ungestalt,<br />
Und dräuend wies mir die grimmigen Zähne<br />
Der entsetzliche Hai, des Meeres Hyäne.<br />
Und da hing ich und war mir’s mit<br />
Grausen bewußt,<br />
Von der menschlichen Hilfe so weit,<br />
Unter Larven die einzige fühlende Brust,<br />
Allein in der gräßlichen Einsamkeit,<br />
Tief unter dem Schall der<br />
menschlichen Rede<br />
Bei den Ungeheuern der traurigen Öde.<br />
Und schaudernd dacht ich’s, da<br />
kroch’s heran,<br />
Regte hundert Gelenke zugleich,<br />
Will schnappen nach mir, in des<br />
Schreckens Wahn<br />
Laß ich los der Koralle<br />
umklammerten Zweig,<br />
Gleich faßt mich der Strudel mit<br />
rasendem Toben,<br />
Doch es war mir zum Heil, er riß mich<br />
nach oben.«<br />
Der König darob sich verwundert schier<br />
Und spricht: »Der Becher ist dein,<br />
Und diesen Ring noch bestimm ich dir,<br />
Geschmückt mit dem<br />
köstlichsten Edelgestein,<br />
Versuchst du’s noch einmal und bringst<br />
mir Kunde,<br />
Was du sahst auf des Meers<br />
tief unterstem Grunde.«
Sonntag, 18. November 2012 | 11.00 Uhr<br />
Das hörte die Tochter mit weichem Gefühl,<br />
Und mit schmeichelndem Munde sie fleht:<br />
»Laßt Vater genug sein das grausame Spiel,<br />
Er hat Euch bestanden, was keiner besteht,<br />
Und könnt Ihr des Herzens Gelüsten<br />
nicht zähmen,<br />
So mögen die Ritter den<br />
Knappen beschämen.«<br />
Drauf der König greift nach dem<br />
Becher schnell,<br />
In den Strudel ihn schleudert hinein,<br />
»Und schaffst du den Becher mir wieder<br />
zur Stell,<br />
So sollst du der trefflichste Ritter mir sein,<br />
Und sollst sie als Ehgemahl heut<br />
noch umarmen,<br />
Die jetzt für dich bittet mit<br />
zartem Erbarmen.«<br />
Da ergreift’s ihm die Seele<br />
mit Himmelsgewalt,<br />
Und es blitzt aus den Augen ihm kühn,<br />
Und er siehet erröten die holde Gestalt,<br />
Und sieht sie erbleichen und sinken hin,<br />
Da treibt’s ihn, den köstlichen Preis<br />
zu erwerben,<br />
Und stürzt hinunter auf Leben und Sterben.<br />
Wohl hört man die Brandung, wohl kehrt<br />
sie zurück,<br />
Sie verkündigt der donnernde Schall,<br />
Da bückt sich’s hinunter mit<br />
liebendem Blick,<br />
Es kommen, es kommen die Wasser all,<br />
Sie rauschen herauf, sie rauschen nieder,<br />
Den Jüngling bringt keines wieder.<br />
Rechte Seite: Bühnendekoration für das Liebhabertheater in Kochberg, die Darstellung illustriert eine Szene<br />
aus der Ballade »Der Taucher«, um 1800, Gottlob Karl Friedrich Wilhelm Freiherr von Stein (1765–1837)
Künstlerbiografien<br />
Deutsche Streicherphilharmonie Als anlässlich<br />
der X. Weltfestspiele der Jugend und<br />
Studenten 1973 in Berlin ein Festivalorchester<br />
gesucht wurde, fand sich dafür<br />
das zentrale Jugendstreichorchester der<br />
Musikschulen der ddr. 1973 auf Initiative<br />
des Dirigenten Helmut Koch in<br />
(Ost-)Berlin gegründet, eroberte sich das<br />
Elite- Ensemble deutsche und internationale<br />
Konzertsäle: Händelfestspiele Halle,<br />
Internationales Bachfest Leipzig, Dresdner<br />
Musikfestspiele, Young Euro Classic,<br />
Konzerthaus Berlin, Alte Oper Frankfurt,<br />
Kölner Philharmonie, Tourneen nach<br />
Polen, Russland, Frankreich, Spanien,<br />
Finnland, Norwegen, China, Malaysia<br />
u. v. a. Von Beginn an begleiten Mitglieder<br />
des Rundfunk-Sinfonieorchesters<br />
Berlin – Patenorchester der Deutschen<br />
Streicherphilharmonie – als Dozenten die<br />
musikalische Arbeit des Orchesters. 1991<br />
übernahm der Verband deutscher Musikschulen<br />
das sich nunmehr bundesweit<br />
rekrutierende Orchester für Jugendliche<br />
im Alter von 11–19 Jahren in seine Trägerschaft.<br />
Die Deutsche Streicherphilharmonie<br />
ist Träger des Sonderpreises 1998<br />
zum Deutschen Kinderkulturpreis und<br />
wird gefördert durch das Bundesministerium<br />
für Familien, Senioren, Frauen und<br />
Jugend. Seit 2003 ist Michael Sanderling<br />
künstlerischer Leiter des Ensembles.<br />
Stephan Genz wurde 1973 in Erfurt geboren.<br />
Seine musikalische Ausbildung erhielt er<br />
als Mitglied des Leipziger Thomanerchores.<br />
Gesangsstudium bei Hans Joachim<br />
Beyer in Leipzig, Liedinterpretationsstudien<br />
führten ihn zu Dietrich Fischer-<br />
Dieskau, Elisabeth Schwarzkopf, Hartmut<br />
Höll und Mitsuko Shirai. Preisträger beim<br />
Internationalen Hugo Wolf Wettbewerb<br />
in Stuttgart und beim Internationalen<br />
Brahms Wettbewerb in Hamburg. Gastverträge<br />
führten Stephen Genz an die<br />
Deutsche Staatsoper Berlin, Semperoper<br />
Dresden, Staatsoper Hamburg, das Teatro<br />
alla Scala Milano, das Teatro La Fenice in<br />
Venedig und das Festival in Aix-en-Provence.<br />
Er arbeitete mit Giuseppe Sinopoli,<br />
Kent Nagano, Kurt Masur, Daniel Harding,<br />
Philippe Herreweghe, Rene Jacobs,<br />
Thomas Hengelbrock, Fabio Luisi, Jeffrey<br />
Tate, Eliahu Inbal und Nikolaus Harnoncourt.<br />
Seit seinem erfolreichen Debut in<br />
der Wigmore Hall London im März 1997<br />
gibt er Liederabende in den bedeutenden<br />
Musikzentren der Welt: Paris, Philharmonie<br />
Köln, Alte Oper Frankfurt, Brüssel,<br />
Concertgebouw Amsterdam, New York,<br />
San Francisco, Montreal, Washington,<br />
Tokyo, Maggio Musicale Firenze, Edinburgh<br />
Festival. Seit 2012 Professur für<br />
Lied und Deutsches Repertoire am Conservatoire<br />
National Supérieur in Paris.<br />
Christiane Karg hat sich seit ihrem Debüt<br />
bei den Salzburger Festspielen im Sommer<br />
2006 sowohl als Opern- wie auch als<br />
Liedsängerin profiliert: 2009 wurde sie<br />
von der Zeitschrift »Opernwelt« zur Nachwuchskünstlerin<br />
des Jahres gewählt. 2010<br />
wurde ihr der »Echo <strong>Klassik</strong>« für ihre<br />
Lied-cd (Klavier: Burkhard Kehring)
zugesprochen. Gesangsausbildung am<br />
Salzburger Mozarteum bei Heiner Hopfner<br />
und Wolfgang Holzmair. Nach einem<br />
Engagement im Hamburger Opernstudio<br />
wechselte Christiane Karg im Herbst 2008<br />
als En sem ble mitglied an die Oper Frankfurt,<br />
wo sie seither die wichtigen Rollen<br />
ihres Fachs singt: darunter Susanna,<br />
Musetta, Pamina, Zdenka und Mélisande.<br />
Als Gast ist sie unter anderem an der<br />
Bayer ischen Staatsoper, der Komischen<br />
Oper Berlin und dem Theater an der Wien<br />
zu hören. Im Konzert- und Liedbereich<br />
gastiert sie mit Nikolaus Harnoncourt,<br />
Daniel Harding, Christoph Eschenbach,<br />
Yannick Nézet-Séguin, Wolfram Rieger<br />
und Gerold Huber.<br />
Liese Klahn erhielt ihre solistische Aus bildung<br />
bei Eliza Hansen und Karl-Heinz<br />
Kämmerling, Beethoven-Meisterkurs<br />
bei Wilhelm Kempff in Posi tano. 1988<br />
Gründung des »ensemble incanto«:<br />
Konzerte bei internationalen Festivals,<br />
Tourneen in die usa, nach Südamerika,<br />
in den Nahen Osten, umfangreiche Diskographie.<br />
Kammer musikpartnerin von<br />
Sabine Meyer, dem Wiener Streichsextett;<br />
Liederabende u. a. mit Thomas Quasthoff,<br />
Christiane Iven, Konrad Jarnot und Juliane<br />
Banse. Konzerte beim Beethovenfest<br />
Bonn, den Ludwigsburger Schlossfestspielen,<br />
dem Carinthischen Sommer,<br />
dem Schleswig-Holstein Musikfestival.<br />
2002 Gründung von MelosLogos, seitdem<br />
künstlerische Leiterin des Festivals der<br />
<strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong>.<br />
Stefan Matuschek, 1962 geboren in Münster.<br />
Von 1982 bis 1988 Studium der Germanistik,<br />
Romanistik und Philosophie in Münster<br />
und Frankreich; 1990 Promotion, 1996<br />
Habilitation an der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />
Münster. Stefan Matuschek<br />
lehrt seit 1996 als Professor für<br />
Neuere deutsche Literaturwissenschaft an<br />
der Friedrich-Schiller-Universität Jena und<br />
ist seit 2004 Inhaber des dortigen Lehrstuhls<br />
für Neuere deutsche Literatur sowie<br />
Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft.<br />
Seine Forschungsschwerpunkte<br />
sind neben der Literaturtheorie,<br />
der Vergleichenden Literaturwissenschaft<br />
und der Frühromantik die Beziehungen<br />
zwischen Literatur, Phi loso phie, Mythologie<br />
und Rhetorik. Seit 2011 ist er Direktor<br />
des Forschungszentrums Laboratorium<br />
Aufklärung und Vizepräsident der Studienstiftung<br />
des deutschenVolkes. Die<br />
Arbeit der <strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong> unterstützt<br />
er als Mitglied in deren Wissenschaftlichem<br />
Beirat.<br />
Gisberth Näther wurde 1948 in Ebersbach<br />
(Oberlausitz) geboren. Horn- und Kompositionsstudium<br />
an der Hochschule für<br />
Musik »Carl Maria von Weber« in Dresden.<br />
Hornist in der Jenaer Philharmonie<br />
und am Potsdamer Hans-Otto-Theater.<br />
Seit 1981 Mitglied im defa-Sinfonieorchester,<br />
(heute »Deutsches Filmorchester«).<br />
Gisbert Näther hat für traditionelle<br />
Kammermusikbesetzungen komponiert,<br />
aber auch für weniger alltägliche – z. B.<br />
ein Werk für 12 Fagotte. Sein komposito-
Künstlerbiografien<br />
risches Repertoire umfasst auch Stücke<br />
für Schulmusik. Nach 1992 entstanden<br />
Werke für großes Orchester, uraufgeführt<br />
von der Deutschen Oper Berlin, den Berliner<br />
Symphonikern und dem Deutschen<br />
Filmorchester. Kompositionspreise u. a.:<br />
1996 »Wilhelm-Busch-Preis«, 1997 Kompositionspreis<br />
im Trickfilm-Kompositionswettbewerb<br />
des Landes Brandenburg,<br />
1999 Kompositionswettbewerb für Saxophonquartette,<br />
2005 und 2009 Medienpreis<br />
»Leopold« des Verbandes deutscher<br />
Musikschulen.<br />
Michael Sanderling ist seit dieser Saison<br />
Chefdirigent der Dresdner Philharmonie.<br />
Er begann seine musikalische Ausbildung<br />
auf dem Violoncello. Nach mehreren<br />
Wettbewerbserfolgen (ard-Musikwettbewerb<br />
München, Bach-Wettbewerb Leipzig,<br />
Maria-Canals-Wettbewerb Barcelona)<br />
Solocellist des Gewandhausorchesters<br />
Leipzig und im Rundfunk-Sinfonieorchester<br />
Berlin. Er gastierte als Solist in Europa<br />
und in den usa u. a. beim Sinfonieorchester<br />
des Bayerischen Rundfunks, beim<br />
Orchestre de Paris und beim Boston Symphony<br />
Orchestra. Als Professor für Violoncello<br />
in Frankfurt/Main und als künstlerischer<br />
Leiter der Deutschen Streicherphilharmonie<br />
widmet er sich intensiv der<br />
Nachwuchsförderung. Als Dirigent gastierte<br />
er u. a. bei der Sächsischen Staatskapelle<br />
Dresden, dem Tonhalle-Orchester<br />
Zürich, dem Sinfonieorchester des Bayerischen<br />
Rundfunks, dem Konzerthausorchester<br />
Berlin, und dem Nederlands<br />
Philharmonisch Orkest. 2011 dirigierte er<br />
an der Oper Köln die Neuproduktion von<br />
Sergej Prokoffjews Krieg und Frieden. Künftig<br />
Zusammenarbeit mit dem Yomiuri<br />
Nippon Symphony Orchestra Tokyo, dem<br />
National Philharmonic Orchestra Taiwan,<br />
dem Gewandhausorchester Leipzig, dem<br />
WDR-Sinfonieorchester Köln sowie dem<br />
Philharmonia Orchestra London.<br />
Hasko Weber, 1963 in Dresden geboren,<br />
studierte Schauspiel an der Theaterhochschule<br />
»Hans Otto« in Leipzig. 1989 hatte<br />
er sein erstes Engagement als Schauspieler<br />
und Regisseur in Karl-Marx-Stadt/<br />
Chemnitz; im selben Jahr gründete er die<br />
»Dramatische Brigade«. Ab 1990 arbeitete<br />
er als Schauspieler und Regisseur am<br />
Staatsschauspiel Dresden und wurde dort<br />
1993 Schauspieldirektor. Acht Jahre prägte<br />
Hasko Weber das Ensemble und die<br />
Ästhetik des Staatsschauspiels. Danach<br />
folgten Inszenierungen als freier Regisseur<br />
u. a. in Karlsruhe, Lübeck, Mannheim,<br />
Saarbrücken, Tübingen, Berlin und<br />
Barcelona. Seine gefeierte Inszenierung<br />
von Ibsens Brand am Staatstheater Stuttgart<br />
wurde 2002 mit dem Bayerischen<br />
Theaterpreis ausgezeichnet. Seit der Spielzeit<br />
2005/06 ist Hasko Weber Intendant<br />
des Schauspiel Stuttgart, 2006 wurde in<br />
den Kritikerumfragen von »Theater heute«<br />
und »Die deutsche Bühne« das Schauspiel<br />
Stuttgart zum Theater des Jahres gekürt.<br />
Er inszenierte zeitgenössische Stücke<br />
u. a. von Martin Heckmanns und Sibylle<br />
Berg, Texte von Bertolt Brecht, Heiner
Müller und Oliver Bukowski, aber auch<br />
klassische Stoffe wie Goethes Faust. Im<br />
Februar 2012 wurde mit seiner Inszenierung<br />
von Schillers Don Karlos das sanierte<br />
Schauspielhaus der Staatstheater Stuttgart<br />
wiedereröffnet. Die Schauspieler dieser<br />
Inszenierung lesen den Karlos im Rahmen<br />
von MelosLogos. Mit der Spielzeit 2013/14<br />
wird Hasko Weber die Generalintendanz<br />
des Deutschen Nationaltheaters <strong>Weimar</strong><br />
übernehmen.<br />
Schauspielensemble Stuttgart<br />
Sebastian Kowski, geboren in Rostock,<br />
absolvierte sein Schauspielstudium in<br />
Leipzig und war in Chemnitz, Dresden<br />
und schließlich in Stuttgart engagiert.<br />
Hier spielte er u. a. die Titelrollen in Titus<br />
Andronicus und Woyzeck sowie Holofernes<br />
in Judith und Claudius in Hamlet.<br />
Lisa Bitter, in Erlangen geboren, beendete<br />
2009 ihr Studium in Leipzig. Seit 2008 ist<br />
sie festes Ensemblemitglied am Schauspiel<br />
Stuttgart. Ihre Rollen waren u. a.<br />
Kriemhild in Die Nibelungen und Ophelia<br />
in Hamlet. 2012 spielte sie ihre erste Kinofilmhauptrolle<br />
in Das Hochzeitsvideo (Regie:<br />
Sönke Wortmann).<br />
Jan Krauter, geboren in Wilhelmshaven,<br />
absolvierte sein Schauspielstudium in<br />
Stuttgart. 2008 wurde er als bester<br />
Schauspieler beim »Theatertreffen<br />
deutsch sprachiger Schauspielstudierender«<br />
ausgezeichnet und wurde<br />
Ensemble mitglied in Stuttgart.<br />
Svenja Wasser, geboren in Köln, studierte<br />
dort und in Hannover. Bis 2009 war sie<br />
Ensemblemitglied am Staatstheater Hannover.<br />
Seither arbeitet sie als freie Schauspielerin.<br />
Rahel Ohm absolvierte ihr Schauspielstudium<br />
in Berlin und war vor ihrem<br />
Engagement in Stuttgart u. a. in <strong>Weimar</strong>,<br />
Frankfurt/Oder, Leipzig, Kassel und Potsdam<br />
engagiert. Sie arbeitete u. a. mit den<br />
Regisseuren Andreas Kriegenburg, Leander<br />
Haußmann, Wolfgang Engel, Thomas<br />
Bischoff und Armin Petras.<br />
Eléna Weiß schloss ihr Studium 2011 in<br />
Stuttgart ab. Seither ist sie in mehreren<br />
Produktionen am Schauspiel Stuttgart zu<br />
sehen, u. a. als Gerda in Die Schneekönigin.<br />
Marco Albrecht, in Potsdam geboren, war<br />
nach dem Studium in Berlin, in Schwerin<br />
und Leipzig engagiert. 1998 und 2003<br />
wurde er von »Theater heute« als bester<br />
Nachwuchsschauspieler nominiert. Ab<br />
2005 arbeitete er am Deutschen Schauspielhaus<br />
Hamburg und wechselte 2011<br />
ans Schauspiel Stuttgart.<br />
Markus Lerch, geboren in Bad Hersfeld,<br />
studierte in Bochum. Es folgten Arbeiten<br />
in Bochum, Wuppertal und am Berliner<br />
Maxim Gorki Theater. Ab 2005 war er am<br />
Staatstheater Braunschweig engagiert, seit<br />
2008 ist er Ensemblemitglied am Schauspiel<br />
Stuttgart. Er arbeitete u. a. mit den<br />
Regisseuren Michael Thalheimer, Volker<br />
Lösch, Hasko Weber und Andres Veiel.
Künstlerbiografien/Veranstaltungsorte<br />
Christian Schmidt wurde in Halle an der<br />
Saale geboren. Nach seinem Abschluss<br />
1994 in Berlin folgten Engagements in<br />
Potsdam, Berlin, Bremen und Würzburg.<br />
Seit 2011 ist er Ensemblemitglied am<br />
Schauspiel Stuttgart. Filmrollen hatte<br />
er u. a. in Der Untergang (2003) und Der<br />
Baader Meinhof Komplex (2007).<br />
Lutz Salzmann, geboren in Magdeburg.<br />
Nach dem Studium in Berlin folgten<br />
u. a. Engagements am Deutschen Theater,<br />
dem Berliner Ensemble sowie in<br />
Dresden. Bis 2005 war er am Schauspiel<br />
Stuttgart engagiert, danach am Deutschen<br />
Schauspielhaus in Hamburg. Seit<br />
2008 arbeitet er als freier Schauspieler.<br />
g<br />
Musikgymnasium Schloss Belvedere<br />
Das Musikgymnasium fördert musikalisch besonders<br />
begabte Schüler aus dem In- und Ausland<br />
gemeinsam mit seinem Kooperationspartner, der<br />
Hochschule für Musik Franz Liszt in <strong>Weimar</strong>.<br />
Das staatliche Spezialgymnasium in der Trägerschaft<br />
des Freistaates Thüringen befindet sich im<br />
spannungsreichen Gebäudeensemble am Rande<br />
des Schlossparks von Belvedere mit restaurierten<br />
historischen Gebäuden und einem Neubau des<br />
Architekten Thomas van den Valentyn.<br />
Residenzschloss Heidecksburg,<br />
Rudolstadt<br />
Im prunkvollen Barockschloss Heidecksburg war<br />
Friedrich Schiller seit seinem ersten Besuch im Jahr<br />
1788 oft Gast. Das im hohen Mittelalter erbaute<br />
Schloss diente als repräsentative Residenz des<br />
Grafen und späteren letzten Regenten des Fürstentums<br />
Schwarzburg-Rudolstadt. Auf seine <strong>Stiftung</strong><br />
zurückgehend entstand 1923 das heutige Museum<br />
mit den Fest- und Wohnräumen der Fürstenfamilie,<br />
einer Porzellangalerie, einer Gemäldesammlung<br />
oder der Dauerausstellung Rococo en miniature.<br />
Stadtschloss <strong>Weimar</strong>, Festsaal<br />
In seiner heutigen Form ist das <strong>Weimar</strong>er Residenzschloss<br />
Ergebnis von Bemühungen, Bauteile, die<br />
mehrfach Brände überdauerten, mit Bauelementen<br />
des 18. und 19. Jahrhunderts zu einem Gesamtkunstwerk<br />
zu vereinen. Die unter Mitwirkung von<br />
Goethe entstandenen Prunkräume des Schlosses –<br />
der Festsaal, das Gentzsche Treppenhaus und die<br />
Große Galerie – gehören zu den schönsten klassizistischen<br />
Raumensembles in Europa.<br />
Schillerhaus Rudolstadt<br />
Nach umfangreicher Rekonstruktion präsentierte<br />
sich das Lengefeld/Beulwitzsche Wohnhaus 2009<br />
als Schiller-Gedächtnisstätte. Neun Museumsräume<br />
beleuchten das Verhältnis Schillers zu Charlotte<br />
von Lengefeld und ihrer Schwester Caroline von<br />
Beulwitz. Die Ausstellung inszeniert das Haus als<br />
Ort gesichtsträchtiger Begegnungen: hier traf<br />
Schiller im Jahre 1787 mit den Schwestern Lengefeld/Beulwitz<br />
zusammen, im September 1788<br />
begegnete er zum ersten Mal Goethe.<br />
Schiesshaus<br />
Der Architekt Heinrich Gentz, der zuvor maßgeblich<br />
am <strong>Weimar</strong>er Schloss-Neubau beteiligt war,<br />
errichtete das Gebäude der <strong>Weimar</strong>er Büchsenschützen-Gesellschaft<br />
in den Jahren 1803 bis 1805<br />
als weitläufige Dreiflügel-Anlage. Zwischen den<br />
beiden Weltkriegen verfiel das Haus zusehends.<br />
Im 2. Weltkrieg wurde das Haus als Truppenunterkunft<br />
und ab 1943 als Umsiedlerheim genutzt. Vor<br />
der politischen Wende in der ddr war die Bereitschaftspolizei<br />
Hausherr. Derzeit wird das Schießhaus<br />
aufwendig saniert und rekonstruiert.
Impressum<br />
3<br />
Veranstalter<br />
<strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong><br />
Burgplatz 4<br />
99423 <strong>Weimar</strong><br />
Musikgymnasium Schloss Belvedere<br />
99425 <strong>Weimar</strong>-Belvedere<br />
Idee<br />
Wolfgang Haak, Liese Klahn-Albrecht,<br />
Hellmut Seemann<br />
Künstlerische Leitung<br />
Liese Klahn-Albrecht<br />
Organisation<br />
Anja Kiefer, Diana Karadzhova-Beyer,<br />
Andreas Schirmer<br />
Pressearbeit<br />
Toska Böhme, Timm Schulze<br />
<strong>Programmheft</strong><br />
Alle Texte sind Originalbeiträge.<br />
Die Rechte liegen bei den Autoren.<br />
Herausgeber<br />
<strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong><br />
Text, Bild, Redaktion<br />
Liese Klahn-Albrecht, Dr. Ulrike Bischof,<br />
Olaf Mokansky, Andreas Schirmer, Sabine Walter<br />
Bildnachweis<br />
Seite 12 akg-images<br />
alle weiteren Abbildungen <strong>Klassik</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Weimar</strong><br />
Gestaltung und Satz<br />
Goldwiege | Visuelle Projekte<br />
www.meloslogos.de | info@meloslogos.de<br />
MelosLogos 12<br />
Poetische Liedertage in <strong>Weimar</strong><br />
8. bis 10. November 2013<br />
Wagner, Mathilde Wesendonck,<br />
Brahms, Nietzsche, Lou Salomé
www.meloslogos.de