vielfalt statt einfalt - Kloepfel Consulting
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arbeitsmarkt<br />
Schwerpunkt<br />
Migration<br />
listik und Politik zu studieren. Später jobbte er bei Bayer<br />
und empfahl sich Schritt für Schritt durch sehr gute<br />
berufliche Leistungen.<br />
An eine Quote oder dergleichen bei der Einstellung<br />
zu denken, käme auch bei Solitem nicht in Frage. Die<br />
1999 in Aachen gegründete Firma für umweltfreundliche<br />
Energieversorgungssysteme ist Marktführer im<br />
Bereich solare Kühlung. Sie beschäftigt 40 Menschen<br />
aus Deutschland, Frankreich und der Türkei – die meisten<br />
in der Türkei. „Wir rekrutieren alle Nationalitäten.<br />
Wen wir einstellen, ist abhängig davon, auf welchem<br />
Weltmarkt wir tätig werden“, sagt der Marketingleiter<br />
Alexander Mager. Geht es um das in Deutschland<br />
noch brach liegende Potenzial von Menschen mit Migrationshintergrund,<br />
ist sich Solitem-Gründer Ahmet<br />
Lokurlu sicher, dass Investitionen vor allem in Bildung<br />
notwendig sind. „Wir müssen in diese Leute investieren<br />
– ganz egoistisch betrachtet“, sagt der 49-jährige<br />
gebürtige Türke. Verpflichtende Sprachkurse seien<br />
ein Einstieg. Gelinge es, bildungsfernere Schichten<br />
anzusprechen, müsse man auch nicht über ein Mehr<br />
oder Weniger an Zuwanderung reden. Lokurlu selbst<br />
ist seit Ende der 80er Jahre in Deutschland. Anfangs<br />
erlebte er einen rigiden Staat: Sein türkisches Studium<br />
wurde nicht anerkannt. Seine Familie musste für ihn<br />
bürgen, damit der Sohn es sich nicht auf Kosten des<br />
deutschen Sozialsystems gut gehen lässt. „Das war<br />
zeitweise sehr demütigend“, sagt er. Heute hat er drei<br />
Studienabschlüsse, eine Promotion in Kraftwerkstechnik,<br />
an einer weiteren in Philosophie arbeitet er.<br />
„Beruflich habe ich nie<br />
Probleme gehabt. Ich lernte<br />
früh, mich durchzubeißen.“<br />
Thanh-Duy Tran, Partner bei <strong>Kloepfel</strong> <strong>Consulting</strong>,<br />
kam mit sechs Jahren aus Vietnam nach Heidenheim.<br />
Gerade die Anerkennung ausländischer Abschlüsse<br />
ist noch ein Problem. Mangelnde<br />
Transparenz der Anerkennungsverfahren, das<br />
Fehlen von einheitlichen Kriterien sowie die unterschiedlichen<br />
Zuständigkeiten verwandeln die Anerkennung<br />
des Berufsabschlusses in Deutschland in<br />
einen Kampf durch den Bürokratiedschungel. Die Voraussetzungen<br />
sind vielschichtig und hängen immer<br />
vom Einzelfall ab. In der Regel sind Kultusministerien<br />
oder Kammern zuständig. Das Bundesbildungsministerium<br />
will das Verfahren ab 2011 beschleunigen und<br />
voraussichtlich auf weniger als 100 Tage begrenzen.<br />
Neben Abschlüssen soll zukünftig auch die Berufserfahrung<br />
angemessen berücksichtigt werden. Hilfreich<br />
wird die Möglichkeit einer formalen Teilanerkennung<br />
sein. Das Ministerium verspricht sich davon zusätzliche<br />
300.000 Fachkräfte mit ausländischen Wurzeln,<br />
die bereits in Deutschland leben.<br />
„Sicherlich gibt es viele Fälle, vor allem in der türkischen<br />
Bevölkerung, bei denen es aufgrund der Abstammung<br />
beruflich nicht rundgelaufen ist“, sagt Hasim<br />
Kulmac. „Ich hatte wohl auch Glück. Nach dem<br />
Studium konnte ich mir den Arbeitgeber aussuchen,<br />
weil Ingenieure in der Verkehrsplanung gesucht wurden.“<br />
Dort blieb der Deutschtürke aber nicht, er gründete<br />
2000 die Firma Vaybee. Privatinvestoren finanzierten<br />
ihm drei Millionen Euro Startkapital. Vaybee<br />
ist ein soziales Netzwerk für die in Deutschland lebenden<br />
Türken, vergleichbar mit Facebook. Kulmac hat elf<br />
Mitarbeiter, darunter drei Deutsche.<br />
Gründer wie Kulmac sind zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor<br />
geworden: Von 1990 bis 2005 hat sich<br />
der Anteil der Selbstständigen in der ausländischen<br />
Bevölkerung von sechs auf 11,8 Prozent erhöht – und<br />
dabei handelt es sich nicht etwa nur um Restaurant-<br />
Inhaber, sondern um Gründungen im Dienstleistungsgewerbe<br />
und im Handwerk. 2009 kamen dem KfW-<br />
Gründungsmonitor zufolge auf 870.000 Gründungen<br />
in Deutschland 170.000 von ausländischen Menschen.<br />
Gut ausgebildete Migrantinnen und Migranten wagen<br />
besonders häufig den Schritt in die Selbstständigkeit.<br />
Viele haben dies von ihren Eltern gelernt, die einst aus<br />
Die Zwei-Klassen-Gesellschaft: Menschen mit Migrationshintergrund bleiben deut-<br />
Die Unterschiede sind auffallend:<br />
Je nach Herkunft<br />
sehen die Startchancen ins<br />
Berufsleben von Jugendlichen<br />
unterschiedlich aus.<br />
Jede bzw. jeder Dritte mit Migrationshintergrund<br />
hat keinen<br />
beruflichen Abschluss; bei den<br />
Ausländerinnen und Ausländern<br />
sind sogar 41 Prozent ohne Berufsausbildung.<br />
In Bezug auf ein<br />
Studium sieht es etwas besser<br />
aus – hier sind die Unterschiede<br />
nicht ganz so deutlich.<br />
8,9<br />
18,7<br />
58,3<br />
14,2<br />
Bevölkerung,<br />
unterTeilt sich in<br />
9,8<br />
19,2<br />
10,1<br />
60,9<br />
1. Menschen<br />
ohne Migrationshintergrund<br />
4,6<br />
15,8<br />
45,3<br />
34,3<br />
2. Menschen mit<br />
Migrationshintergrund,<br />
unterteilt sich in<br />
10 | 01_2011 FaktorA | Das Arbeitgebermagazin