rubensbulletin - Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen
rubensbulletin - Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen
rubensbulletin - Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BULLETIN<br />
BULLETIN<br />
Eine Rubens zugeschriebene Zeichnung mit elf Studienköpfen in Chatsworth<br />
bildet die beiden tronies hintereinander ab, wobei die Profilansicht links vor der<br />
Dreiviertelansicht erscheint (Abb. 3) . 8<br />
Im Folgenden wird die Erweiterung dieser beiden<br />
tronies erläutert und der Frage nachgegangen, ob sie<br />
einst in einer Anordnung wie in der Chatsworther<br />
Zeichnung auf einer gemeinsamen Tafel plaziert waren<br />
und diese später zersägt wurde. Hatte die ursprüngliche<br />
Tafel also mehrere Ansichten eines Kopfes, ähnlich wie<br />
die Brüsseler Studienköpfe, vereint? 9<br />
Die Erweiterung der tronie des Bärtigen in Profilansicht<br />
(Abb. 1) erfolgte nicht wie in anderen Fällen durch das<br />
Anstücken von Brettern gleicher Stärke. Stattdessen<br />
wurde die Kerntafel in eine größere Tafel eingelassen,<br />
was zunächst aus der Spaltbildung an den Bildkanten<br />
hervorgeht. Zudem sind auf der Tafelrückseite<br />
(parkettiert) keinerlei Brettfugen sichtbar, auf<br />
Abb. 4. Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst (?)<br />
Bärtiger Männerkopf im Profil nach links,<br />
Privatbesitz, Detail Gesichtsinkarnat.<br />
Cambridge, Fitzwilliam <strong>Museum</strong> (Inv. Nr. PD.13-1980). Nachträglich von anderer Hand erweitert. Ich<br />
danke David Scrase, Fitzwilliam <strong>Museum</strong>, Cambridge, für seine freundliche Auskunft vom 2.8.2007.<br />
Michael Jaffé, Some Unpublished Head Studies by Peter Paul Rubens, in: Burlington Magazine,<br />
1954, 96, S. 302-306, Abb. 1. Siehe auch die Kopie in Budapest (Eichenholz, 55 x 42 cm, <strong>Museum</strong> der<br />
Bildenden Künste, Inv. Nr. 3835). Seitenverkehrt, leicht variiert, aber gleichfalls in Dreiviertelansicht<br />
kehrt derselbe Kopftypus in der „Anbetung der Könige“ in Lyon (Musée des Beaux-Arts, Inv.<br />
Nr. A118) sowie als Einzelstudie in Moskau (The State Pushkin <strong>Museum</strong> of Fine Arts, Inv. Nr. 647)<br />
wieder.<br />
8) Feder, Tinte, schwarze Kreide, 174 x 224 mm, Chatsworth, Devonshire Collection (Inv. Nr. 978).<br />
Erstmals von Jaffé publiziert und Rubens zugeschrieben. Von Held Van Dyck zugewiesen und in<br />
Frage gestellt, ob die Zeichnungen den Studien Rubens’ vorangingen, ob sie Kopien nach zuvor angefertigten<br />
Arbeiten von Rubens darstellen oder ob einige der Köpfe eigene Kompositionen wiedergeben.<br />
Jaffé, in: Burlington Magazine, 1954, 96, S. 303. Ders., The Devonshire Collection of Northern<br />
European Drawings, Turin/London/Venedig 2002, I, S. 145, Nr. 1145. Held 1980, S. 598-601, 644, Abb.<br />
50.<br />
9) Vgl. Peter Paul Rubens „Studie mit vier Ansichten des Kopfes eines Schwarzen“, Lwd. (bis 1870 auf<br />
Holz), 51 x 66 cm, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique (Inv. Nr. 3176). In der frühen<br />
Forschung als (Jugend-)Werk Van Dycks überwiegt nun die Zuordnung an Rubens. Siehe Elizabeth<br />
McGrath, Rubens, Subjects from History, London 1997, II, S. 67, unter Nr. 12. Susan J. Barnes, Nora de<br />
Poorter, Oliver Millar, Horst Vey, Van Dyck, A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven 2004,<br />
S. 17.<br />
der Tafelvorderseite hingegen schon. Da die Rückseite<br />
durchgehend eine senkrechte Holzmaserung besitzt,<br />
die sich vorne in der Malschicht nur in den seitlichen<br />
Brettern (Brettzählung I–V von links nach rechts bzw.<br />
von oben nach unten: Brett I: ca. 73,1 x 14,9 cm; Brett<br />
V: ca. 73,1 x 16,4 cm) abzeichnet, und die drei Bretter<br />
der Tafelmitte in der Malschicht eine waagrechte<br />
Wuchsrichtung aufweisen, wird deutlich, daß die<br />
Rubens-tronie im Zuge der Erweiterung auf einer<br />
größeren Tafel befestigt bzw. in diese eingesetzt wurde.<br />
Allein die beiden oberen mittleren Bretter (Brett II: ca.<br />
28 x 29,3 cm; Brett III: ca. 24,1 x 29,3 cm) gehören dabei<br />
tatsächlich zur Kerntafel (ca. 52,1 x 29,3 cm). Das untere<br />
Brett in der Tafelmitte (Brett IV: ca. 21,0 x 29,3 cm)<br />
scheint aufgrund des deutlicheren Versatzes<br />
ursprünglich nicht an dem darüberliegenden<br />
Brett III angefügt gewesen zu sein. Wegen<br />
der dichten Bemalung läßt sich hier der<br />
maltechnische Aufbau als weiteres Indiz für<br />
die Einstufung zwar nicht sicher bestimmen,<br />
der Vergleich mit dem Format anderer tronies spricht aber gleichfalls dafür, daß<br />
die von Rubens bemalte Tafel nur zwei Bretter umfaßte.<br />
Auch in Präparierung und Malweise weichen die ursprünglichen und später<br />
hinzugefügten Tafelteile voneinander ab: Die Kerntafel besitzt eine helle,<br />
elfenbeinfarbene Grundierung, über die eine hellgraue Imprimitur streifig<br />
aufgetragen wurde. Über den hellen, streifigen Kreidegrund der Anstückung<br />
liegt hingegen als dünne Schicht ein warmtoniges Rotbraun. 10 Die Rubenstronie<br />
zeichnet sich schließlich durch den Wechsel von pastosen und naß in naß<br />
gemalten Partien mit offenen Stellen aus (Abb. 4). Die Inkarnattöne sind teils<br />
hellgrau vorschattiert, teils zum Schluß abgedunkelt. Sicher gesetzte Schwünge<br />
liefern im Gesicht ebenso Akzente wie der gezielte Pinselstrich, dessen pastige<br />
Farbe wie bei der Augenbraue trocken ausfranst. Die Kerntafel wurde lediglich<br />
am Schulteransatz und im geringen Maße in den stellenweise sehr offen gemalten<br />
Abb. 5. Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst (?)<br />
Bärtiger Männerkopf im Profil nach links,<br />
Privatbesitz, Detail Daumen<br />
10) Zu abweichenden Präparierungen bei eigenhändigen Rubens-Anstückungen siehe Rubens’<br />
„Trunkenen Silen“ und „Höllensturz der Verdammten“ (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,<br />
Inv. Nr. 319, 320). Konrad Renger, Flämische Malerei des Barocks in der Alten Pinakothek,<br />
München, Köln 2002, S. 330-333, 368.