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unilink - Abteilung Kommunikation - Universität Bern

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Nachrichten und Namen<br />

Glücklichsein ist lernbar<br />

Einmal unglücklich zu sein, muss<br />

nicht heissen, immer unglücklich<br />

zu sein. Denn glücksförderliche<br />

Eigenschaften und Lebensstile<br />

sind trainierbar, wie der Persönlichkeitspsychologe<br />

Willibald Ruch<br />

an einer Vorlesung des Collegium<br />

generale dargelegt hat.<br />

Sind wir zum Glück geboren? Um es<br />

gleich vorwegzunehmen: Die Psychologie<br />

kann die Frage nach dem Zusammenhang<br />

zwischen Persönlichkeit und Glück im<br />

Leben weder mit einem klaren «Ja» noch<br />

einem deutlichen «Nein» beantworten.<br />

Willibald Ruch, Leiter der Fachgruppe<br />

Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik<br />

an der Universität Zürich, zeigte auf, dass<br />

«Glück» eine kognitive und eine emotionale<br />

Komponente hat: Es ist einerseits die<br />

Einschätzung, dass das Leben zufriedenstellend<br />

ist. Andererseits bedeutet Glück<br />

auch das Überwiegen positiver gegenüber<br />

negativen Emotionen. Auf der Suche nach<br />

den Ursachen des Glücksgefühls hat die<br />

Psychologie eine Entwicklung durchlaufen.<br />

Ausgehend von Studien aus den Anfängen<br />

der psychologischen Erforschung von<br />

Glück in den 1970er Jahren galt lange,<br />

dass Stimmungslagen von stabilen Persönlichkeitseigenschaften<br />

abhängen: Ein von<br />

Natur aus extravertierter Mensch erlebt<br />

mehr positive Emotionen als sein eher<br />

introvertiertes Pendant. Eine emotional<br />

labile Person ist dagegen prädisponiert<br />

für negative Gefühle. «Die Persönlichkeit<br />

hängt mit der Art der Emotionen und<br />

damit dem Wohlbefinden des Menschen<br />

zusammen», bestätigte denn auch Ruch.<br />

Diese Feststellung offenbart allerdings nur<br />

die halbe Wahrheit; dies legen neuere<br />

Forschungsansätze nahe.<br />

«Positive Wende»<br />

Die Psychologie hat sich im 20. Jahrhundert<br />

viel intensiver mit negativen als mit<br />

positiven Phänomenen des menschlichen<br />

Erlebens und Verhaltens beschäftigt.<br />

Freude, Lebenszufriedenheit oder eben<br />

Glück hatten als Untersuchungsobjekte<br />

einen schweren Stand gegen Ängste,<br />

Depressionen und die Frage, wie man<br />

diese behandelt. Als Gegenpol zu dieser<br />

Einseitigkeit ist die so genannte Positive<br />

Psychologie entstanden. Sie fokussiert auf<br />

positives menschliches Erleben, gute<br />

Eigenschaften sowie wachstumsförderliche<br />

Rahmenbedingungen des Lebens und will<br />

damit die Disziplin wieder ausgeglichener<br />

gestalten.<br />

Die Vertreter der Positiven Psychologie<br />

entwickelten unter anderem das Konzept<br />

des guten Charakters. Es umfasst 24<br />

Charakterstärken, die sechs verschiedene<br />

Tugenden definieren. Diese Charakterstärken<br />

sind nicht nur in der Person angelegt,<br />

sondern auch von den äusseren<br />

Umständen mitbestimmt und deshalb<br />

veränderbar. In Studien haben sich insbesondere<br />

die Stärken Hoffnung,<br />

Enthusiasmus, Bindungsfähigkeit, Neugier<br />

und Dankbarkeit als Voraussetzungen für<br />

Lebenszufriedenheit erwiesen.<br />

Ein anderes Konzept der Positiven Psychologie<br />

definiert drei so genannte Orientierungen<br />

zum Glück: «life of pleasure», «life<br />

of meaning» und «life of engagement».<br />

Es geht zurück auf die philosophischen<br />

Lehren des Hedonismus – des Strebens<br />

nach Genuss und Vergnügen – und der<br />

Eudemonia – des sinnerfüllten Lebens –<br />

sowie auf die Selbstverwirklichung. Diese<br />

drei Lebensstile fördern die Zufriedenheit;<br />

am stärksten trifft dies gemäss aktueller<br />

Forschung auf ein engagiertes Leben zu:<br />

Wer sich in seinen Aufgaben entfalten<br />

kann und in seinen Fähigkeiten herausgefordert<br />

fühlt, ist glücklich. «Am glücklichsten<br />

ist, wer alle drei Lebensstile<br />

pflegt», verwies Ruch ausserdem auf die<br />

additive Wirkung.<br />

Anwendung in Stärkentrainings<br />

Basierend auf diesen Erkenntnissen sind<br />

Trainingsprogramme entwickelt worden.<br />

Ihr Prinzip ist der Aufbau positiver Aspekte<br />

des Lebens anstelle der traditionell praktizierten<br />

Reduktion negativer Aspekte – mit<br />

Erfolg, wie Willibald Ruch am Beispiel des<br />

Humors bestätigte: «Humortraining wirkt<br />

sich förderlich auf die Lebenszufriedenheit<br />

aus.» Die Idee eines Stärkentrainings ist<br />

es, gute Gewohnheiten im Zusammenhang<br />

mit der betreffenden Eigenschaft<br />

aufzubauen: «Im Humortraining geht es<br />

darum, mittels Übungen, Spielen und<br />

Humortagebüchern den Blick für lustige<br />

Aspekte des Alltags zu schärfen, Techniken<br />

des Komisch-Seins zu erlernen, über sich<br />

selber lachen zu können und unter Stress<br />

den Humor nicht zu verlieren», erklärte<br />

der Psychologe. Als wirksam erweisen sich<br />

ebenfalls Dankbarkeitsübungen. Zum<br />

Beispiel überlegt man sich jeweils am<br />

Abend, welche drei guten Dinge einem<br />

tagsüber passiert sind. Auf diese Weise<br />

wird die Wahrnehmung auf das Positive im<br />

eigenen Leben gelenkt. «Dies hat einen<br />

massiven Einfluss auf die Zufriedenheit.»<br />

Daniela Baumann<br />

In der Psychologie<br />

gelten persönliche<br />

Stärken und<br />

bestimmte Lebensstile<br />

als «Glücksbringer».<br />

Selbsteinschätzung online<br />

Die Fragebogen der Positiven Psychologie<br />

zur Selbsteinschätzung finden sich unter:<br />

www.charakterstaerken.org<br />

6 <strong>unilink</strong> April 2010

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