Aktuelle Verhaltenstherapie - Heft 16 - Anorexia und Bulimia nervosa
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ziehen (siehe Kapitel 6.2). Im Einzelfall wird der Umgang mit den spezifi schen<br />
Problembereichen Vorrang haben.<br />
Etablierung strukturierter Esstage. Die Einführung strukturierter Esstage hat<br />
zum Ziel, das gestörte Essverhalten der Patientinnen durch die schrittweise<br />
Etablierung strukturierter Esstage zu normalisieren. Hierzu gehört auch das<br />
praktische Einüben eines ausgewogenen <strong>und</strong> regelhaften Essverhaltens (ohne<br />
kompensatorische Maßnahmen) im Sinne einer Expositionsübung beim ge<br />
meinsamen Kochen in der Lehrküche der Klinik oder im begleiteten Essen sowie<br />
im Rahmen von Restaurantbesuchen.<br />
Lockerung der selbstauferlegten Nahrungsrestriktion. Zum therapeutischen<br />
Vorgehen gehören u.a. Methoden der kognitiven Umstrukturierung mit dem<br />
Ziel, dysfunktionale Einstellungen zum Körpergewicht <strong>und</strong> Aussehen, zur Ge<br />
wichtsreduktion <strong>und</strong> zur Nahrung zu verändern (siehe Kapitel 6.2.1). Auf der<br />
Verhaltensebene sollten kalorienreiche Nahrungsmittel, die die Patientin ver<br />
meidet zu essen, zunehmend in den alltäglichen Essensplan einbezogen werden<br />
(Abbau der „schwarzen Liste“ bzw. der verbotenen Nahrungsmittel). Verbotene<br />
Nahrungsmittel müssen dann als erlaubte, ja sogar therapeutisch erwünschte<br />
umdefiniert werden, auch um gegen ihren negativen Einfluss zu immunisieren.<br />
Übungen zum genussvollen Essverhalten können dieses Vorgehen in einer fort<br />
geschrittenen Therapiephase ergänzen.<br />
Rückfallprophylaxe. Auch wenn die Patientin in den beschriebenen Zielset<br />
zungen große Fortschritte erzielt hat, sollte sie davon ausgehen, dass in Stress<br />
zeiten wieder Probleme mit dem Essen auftreten können <strong>und</strong> dass sie diese<br />
als Warnsignale betrachten sollte (als ihre „Achillesferse“), die ihr zeigen, dass<br />
ungelöste Schwierigkeiten bestehen, die hinter ihrem Rückfall stehen. Die Pa<br />
tientin wird angeleitet, sich auf kritische Situationen vorzubereiten <strong>und</strong> hilf<br />
reiche Strategien zu sammeln, um diese in kritischen Situationen anzuwenden.<br />
So werden die Patientinnen auch dazu aufgefordert, in Krisensituationen die<br />
zwei bis drei wirksamsten Stresstoleranzfertigkeiten (z. B. Igelball) in einem<br />
Notfallkoffer bei sich zu führen.<br />
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