Kriminalistik-SKRIPT
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<strong>Kriminalistik</strong>-<strong>SKRIPT</strong>: <strong>Kriminalistik</strong><br />
Prüfungsklausur<br />
im Fach <strong>Kriminalistik</strong><br />
Von Kriminaldirektor Gerhard Schmelz,<br />
Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden,<br />
Fachbereich Polizei<br />
Schwerpunkt: Personen- und Sachfahndung,<br />
Vernehmung, Wiedererkennungsverfahren,<br />
Beweislehre<br />
1. Lage<br />
Sie sind DGL der Dienstgruppe A der PD A-Stadt (aktuelle<br />
Dienststärke 1:4) und versehen am Samstag, den 30. 1. 99,<br />
Frühdienst.<br />
Um 9.15 Uhr teilt Ihnen der Inhaber des Juweliergeschäftes<br />
SCHMIDT, A-Stadt, Friedrichstraße 16 (Innenstadtbereich),<br />
telefonisch folgenden Sachverhalt mit:<br />
„Ich bin soeben überfallen und ausgeraubt worden. Zwei<br />
mir unbekannte Männer haben mein Geschäft kurz nach<br />
9.00 Uhr betreten, mich und meine beiden Angestellten mit<br />
einer Waffe bedroht und uns so zur Herausgabe mehrerer<br />
Schmuckstücke und Uhren gezwungen.<br />
Anschließend sind beide Täter zu Fuß in Richtung<br />
Marktplatz geflohen. Da beide Täter unmaskiert waren,<br />
würde ich sie bestimmt wiedererkennen.“<br />
Nachdem Sie von dem Mitteiler noch eine Personenbeschreibung<br />
erhalten haben, entsenden Sie sofort eine Beamtin<br />
und einen Beamten zum Tatort und veranlassen über<br />
die EZ die Auslösung einer Funk- und Ringalarmfahndung.<br />
Um 9.25 Uhr, die Beamtin und der Beamte haben den<br />
Tatort noch nicht erreicht, teilt Ihnen der Funkstreifenwagen<br />
Anton 20/33 folgendes mit:<br />
„Wir waren bei Auslösung der Funkfahndung in Tatortnähe<br />
und haben Herrn Schmidt, da er die Täter wiedererkennen<br />
kann, sofort in unser Streifenfahrzeug gebeten, um<br />
mit ihm im näheren Tatortbereich nach den Tätern zu<br />
fahnden. Zwischen Marktplatz und Bahnhof haben wir eine<br />
Person festgestellt, die Herr Schmidt mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
für einen der Täter hält. Diese verdächtige<br />
Person haben wir festgenommen und durchsucht. Schmuckgegenstände<br />
oder eine Waffe konnten wir nicht auffinden.<br />
Wir kommen jetzt mit der festgenommenen Person und<br />
dem Zeugen Schmidt zur Ihrer Dienststelle.“<br />
Die Streifenbesatzung Anton 20/33 erscheint um 9.40<br />
Uhr zusammen mit dem Zeugen Schmidt und der festgenommenen<br />
Person bei Ihnen. Streifenführer POM E gibt<br />
Ihnen bekannt, dass mit dem Festgenommenen auf der<br />
Fahrt zur Dienststelle ein „informelles Vorgespräch“ geführt<br />
wurde. Hierbei habe er zugegeben, an dem Überfall<br />
beteiligt gewesen zu sein. Weitere Angaben wolle er jedoch<br />
nur nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt machen.<br />
Um 9.45 Uhr teilte Ihnen der mit der Tatortaufnahme<br />
beauftragte POM M über Funk mit, dass auch die beiden<br />
Angestellten beide Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
wiedererkennen würden.<br />
Bei dem Festgenommenen, der einen BPA mitführt,<br />
handelt es sich um den Dieter Fröhlich, der laut INPOL-<br />
Überprüfung Konsument harter Drogen ist. Fröhlich macht<br />
auf Sie einen eher abwesenden Eindruck. Seine Hände<br />
zittern stark.<br />
2. Aufgaben<br />
(Bearbeitungszeit: 3 Zeitstunden)<br />
Aufgabe 1 (10 %)<br />
Welche weiteren Personen- und Sachfahndungsmaßnahmen<br />
leiten Sie im vorliegenden Fall ein? Begründen Sie<br />
Ihre Maßnahmen.<br />
Aufgabe 2 (10 %)<br />
Erläutern Sie die Begriffe Spontanäußerung, Kontaktgespräch,<br />
Informatorische Befragung, Vorgespräch und Vernehmung<br />
allgemein und begründen Sie, welche Beweisprobleme<br />
im vorliegenden Fall hinsichtlich des im Streifenwagen<br />
durchgeführten Vorgespräches entstehen könnten.<br />
Aufgabe 3 (10 %)<br />
Erläutern Sie die grundsätzliche Beweisproblematik von<br />
Einzelgegenüberstellungen. Wie kann der Beweiswert des<br />
Wiedererkennungsverfahrens im vorliegenden Fall (im<br />
Streifenwagen) bewertet werden?<br />
Aufgabe 4 (20 %)<br />
Wie bereiten Sie sich auf eine bevorstehende Beschuldigtenvernehmung<br />
des festgenommenen Fröhlich vor und was<br />
haben Sie hierbei besonders zu bedenken?<br />
Aufgabe 5 (40 %)<br />
Wie gehen Sie vor, wenn Sie eine Gegenüberstellung der<br />
beiden Angestellten mit dem tatverdächtigen Fröhlich<br />
durchführen wollen? Wovon hängt der Beweiswert dieser<br />
Maßnahme ab? Erläutern Sie hierbei auch die Begriffe<br />
sequentielle und simultane Gegenüberstellung mit den<br />
jeweiligen Vor- bzw. Nachteilen.<br />
Aufgabe 6 (10 %)<br />
Erläutern Sie die Bedeutung der Dokumentation des Wiedererkennungsverfahrens.<br />
Hinweis: Die in den Klammern angegebenen Prozentangaben<br />
bezeichnen die jeweilige Wertigkeit der Frage im<br />
Hinblick auf die Gesamtbewertung.<br />
Lösung<br />
Zu Aufgabe 1:<br />
Beachte: Die Maßnahmen sind fallbezogen zu bearbeiten!<br />
Personenfahndung:<br />
– Funkfahndung,<br />
– Ringalarmfahndung mit Schwerpunkt Tatortbereichsfahndung,<br />
– Öffentlichkeitsfahndung (LauKw, Passanten, Nachbarschaft,<br />
Fluchtweg, Rundfunk, usw.),<br />
– Mitfahndungsersuchen (Personennahverkehr, Taxi, Bahnpolizei,<br />
usw.),<br />
– Standobservastion/Kontrollstellen (Bahnhöfe, Bushaltestellen<br />
usw.),<br />
– noch flüchtige Person nicht namentlich bekannt →<br />
INPOL-Mittäter-Anfrage des Fröhlich → sind Personenbeschreibungen<br />
von etwaigen Mittätern systembekannt?<br />
→ falls ja → stimmen diese Personenbeschreibungen mit<br />
denen im vorliegenden Fall überein? → INPOL-Abfrage<br />
der früheren Mittäter,<br />
– Auswertung sonstiger polizeilicher Erkenntnisse des<br />
Fröhlich und etwaiger Mittäter (Kriminalakten, Bindungsdaten),<br />
– ZEVIS-Anfrage (auf Fröhlich bzw. gegebenenfalls auf<br />
Mittäter zugelassene Fahrzeuge),<br />
<strong>Kriminalistik</strong> 11/00<br />
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