Stereotypen und Geschlechterrollen in der Kunst - Kultur Service ...
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<strong>Kultur</strong>A: Protokoll „Ro<strong>und</strong> Table 1“, Donnerstag 10.6.2010<br />
Teilnehmer<strong>in</strong>nen (<strong>in</strong>sgesamt 9, davon 6 Künstler<strong>in</strong>nen):<br />
Elisabeth Harnik (Komponist<strong>in</strong>), Heidi Maria Richter (bildende Künstler<strong>in</strong>), Kathar<strong>in</strong>a Ste<strong>in</strong>brecher<br />
(Dissertant<strong>in</strong> KUG, Pianist<strong>in</strong>, Komponist<strong>in</strong>, ausgebildete Schaupieler<strong>in</strong>), L<strong>in</strong>da Maria Schwarz<br />
(Museum Frauen Circus), Andrea Schramek (Kabarettist<strong>in</strong>, Schauspieler<strong>in</strong>), Sylvia Schmuck<br />
(Lyriker<strong>in</strong>, Projekt „Interdiszipl<strong>in</strong>arität <strong>und</strong> Interreligiosität“), Doris Primschitz-Bielau (Jurist<strong>in</strong>,<br />
Student<strong>in</strong> Gen<strong>der</strong> Studies), Irmgard Höllmüller (Supervisor<strong>in</strong> im Sozial- <strong>und</strong><br />
Frauenför<strong>der</strong>ungsbereich), Barbara Pichler (Diagonale-Festival des österreichischen Films), Isabella<br />
Meier (DOKU Graz).<br />
Leitung <strong>und</strong> Protokoll:<br />
Ilse Wieser (Koord<strong>in</strong>ationsstelle für Geschlechterstudien, Universität Graz), Alexia Schrempf-<br />
Getz<strong>in</strong>ger (TAG - theateragenda, Graz)<br />
Thema: <strong>Stereotypen</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschlechterrollen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong><br />
1. Erfahrungen:<br />
1.1. Schauspielausbildung: Männer haben mehr Spielraum als Frauen, d.h. sie dürfen bei<br />
Studienbeg<strong>in</strong>n 2 Jahre älter se<strong>in</strong>. Frauen s<strong>in</strong>d mit 23 schon zu alt.<br />
Es s<strong>in</strong>d ca. 75% Frauen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schauspielausbildung. 75% <strong>der</strong> Schauspielrollen s<strong>in</strong>d Männerrollen..<br />
Maßnahmen: Ke<strong>in</strong>e klassischen Stücke mehr auf die Bühne, son<strong>der</strong>n mo<strong>der</strong>ne, da sie diese Situation<br />
meist nicht reproduzieren. (Woh<strong>in</strong> verschw<strong>in</strong>den die ausgebildeten Schauspieler<strong>in</strong>nen?)<br />
Berücksichtigung des tatsächlichen späteren Rollenangebots bereits bei <strong>der</strong> Aufnahme zur<br />
Ausbildung (50:50) sowie begleitend verstärktes berufsfel<strong>der</strong>weiterndes Angebot, z.B:<br />
Theaterpädagogik.<br />
1.2. Komposition <strong>und</strong> Aufführungspraxis: Festivals als Sprungbretter s<strong>in</strong>d äußerst wichtig,<br />
daher e<strong>in</strong>e Frauenquote für Festivals unumgänglich.<br />
Frauen s<strong>in</strong>d Ausnahmen <strong>in</strong> diesem Feld, sie s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>zelkämpfer<strong>in</strong>nen. Vernetzung unter den wenigen<br />
Frauen ist daher sehr schwierig <strong>und</strong> mit Männern e<strong>in</strong>facher. Frauennetzwerke för<strong>der</strong>n!<br />
1.3. Frauen unter 30 nehmen Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>und</strong> ihre Ersche<strong>in</strong>ungsformen noch nicht wahr.<br />
1.4. Es herrscht das Stereotyp „Jugend <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung“. An den För<strong>der</strong>töpfen haben<br />
verschw<strong>in</strong>dend wenige Frauen teil. Die Künstler<strong>in</strong>nen aber brauchen längere Zeit För<strong>der</strong>ungen als<br />
Männer, u.a. wegen Diskrim<strong>in</strong>ierung als Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>pausen. Viele För<strong>der</strong>ungen enden mit 35<br />
o<strong>der</strong> 40. Manche Galerien nehmen Künstler<strong>in</strong>nen nur bis 35!! Wenn Frauen längere Zeit von<br />
<strong>Kunst</strong>produktion/vom <strong>Kunst</strong>markt ausgeschlossen s<strong>in</strong>d, fehlt ihnen die Zeit, sich <strong>in</strong> Ruhe künstlerisch<br />
entwickeln zu können.<br />
1.5. Frauen machen generell sogenannte „Randgruppen“-Programme. Das muss von den<br />
VeranstalterInnen/För<strong>der</strong>Innen gesehen <strong>und</strong> berücksichtigt werden.<br />
1.6. Wo können e<strong>in</strong>zelne Frauen was tun, um Künstler<strong>in</strong>nen sichtbar zu machen? Beispiel: Es<br />
wird demnächst e<strong>in</strong> Buch über oststeirische Frauen ersche<strong>in</strong>en (L<strong>in</strong>da Maria Schwarz). Siehe letzter<br />
Punkt „Maßnahmen“.<br />
1.7. Bisherige Erfahrung mit <strong>der</strong> Presse: wenn z.B. im Kosmos-Theater Stücke von Frauen<br />
gespielt werden, kommt ke<strong>in</strong>e Presse! Daher: Frauen sollen Frauen för<strong>der</strong>n, z.B. Journalist<strong>in</strong>nen.<br />
Aber auch Intendant<strong>in</strong>nen, Galerist<strong>in</strong>nen müssen sich verstärkt ihrer Verantwortung Künstler<strong>in</strong>nen<br />
gegenüber bewusst werden.<br />
1.8. Stereotyp im Kabarett: „Frauen s<strong>in</strong>d generell nicht witzig“. Und die „Komische Alte“ muss<br />
dick <strong>und</strong> kle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>.<br />
2. For<strong>der</strong>ung von folgenden Maßnahmen:<br />
2.1. Quotenregelung
2.1.1. Quotenregelung generell für Kommissionen, Jurys, (Fach-) Beiräte, Boards.<br />
2.1.2. Quotenregelung weitgehend für teilnehmende Künstler<strong>in</strong>nen von z.B. Festivals<br />
(s<strong>in</strong>d Sprungbretter für Musiker<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Komponist<strong>in</strong>nen). Es muss Druck auf<br />
bestehende Institutionen ausgeübt werden, <strong>in</strong>dem auch die E<strong>in</strong>ladungen<br />
geschlechtergerecht gestaltet werden.<br />
2.1.3. Gleichzeitige För<strong>der</strong>ung von Frauen <strong>in</strong> Ausbildung <strong>und</strong> Berufslaufbahn. Frauen<br />
sollen nach <strong>der</strong> Ausbildung nicht alle<strong>in</strong> gelassen werden, es soll Mentor<strong>in</strong>g geben,<br />
Alumni-Frauennetzwerk an <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong>-Uni.<br />
2.1.4. Sanktionen, wenn ke<strong>in</strong>e Erfüllung <strong>der</strong> vorgegebenen Regelung <strong>der</strong> Bevorzugung von<br />
Frauen bei gleicher Qualifikation bzw. ke<strong>in</strong>er Erfüllung von Chancengleichheit<br />
2.1.5. Exkurs: Das Killerargument die „Freiheit <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong>“ sei durch die Quotenregelung<br />
gefährdet, entkräften: Bei „Freiheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Kunst</strong>“ geht es um Inhalte, bei <strong>der</strong><br />
Quotenregelung um Personen <strong>und</strong> ihr Geschlecht.<br />
2.1.6. Quotenregelung ist Exzellenzför<strong>der</strong>ung! Aufklärung <strong>und</strong> Sensibilisierung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Kunst</strong>/<strong>Kultur</strong>.<br />
2.1.7. Frauenanteil an allen Budgets <strong>der</strong> Gebietskörperschaften: 52%!<br />
2.2. Stipendien, Preise:<br />
2.2.1. Generell auf Langfristigkeit anlegen, um Künstler<strong>in</strong>nen gr<strong>und</strong>legend zu för<strong>der</strong>n.<br />
M<strong>in</strong>destens 5 Jahre<br />
Nie<strong>der</strong>ländisches Modell: Hier werden KünstlerInnen 4 Jahre lang <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Zeitspanne von 10<br />
Jahren geför<strong>der</strong>t. Diese vier Jahre müssen nicht zusammenhängend se<strong>in</strong>, es kann also das 2., 5., 8.<br />
<strong>und</strong> 9. nach Wahl se<strong>in</strong>. Die Jahre können auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Monate gesplittet werden. In diesen 48<br />
Monaten bekommt die Künstler<strong>in</strong>/<strong>der</strong> Künstler e<strong>in</strong>e Art Gr<strong>und</strong>sicherung, kann jedoch ohne<br />
Konsequenzen (wie etwa Entfall <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung) dazu verdienen. Begleitend muss die Künstler<strong>in</strong>/<strong>der</strong><br />
Künstler an Qualifizierungsmaßnahmen/Coach<strong>in</strong>gs teilnehmen.<br />
2.2.2. Ke<strong>in</strong>e Altersbegrenzung: viele Künstler<strong>in</strong>nen werden wie<strong>der</strong> voll aktiv, wenn die<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong> aus dem Haus s<strong>in</strong>d. „Wir s<strong>in</strong>d die jungen Künstler<strong>in</strong>nen“! Mit jung ist hier nicht<br />
das Lebensalter geme<strong>in</strong>t, son<strong>der</strong>n die Zeit des Künstler<strong>in</strong>nendase<strong>in</strong>s. Viele<br />
Künstler<strong>in</strong>nen haben aber auch e<strong>in</strong>e längere Anlaufzeit aus frauenfe<strong>in</strong>dlichen<br />
Gründen ihres Umfelds.<br />
2.2.3. Auslands-Stipendien: Die Höhe von vielen Stipendien (e<strong>in</strong>e Tielnehmer<strong>in</strong> bekam<br />
850,00 Euro/Monat!)reicht bei weitem nicht zur Deckung <strong>der</strong> laufenden Kosten<br />
daheim <strong>und</strong> gleichzeitig für Reisekosten, Materialien <strong>und</strong> Aufenthalt im Ausland.<br />
Erhöhung auf m<strong>in</strong>destens 2.000,00 Euro. För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mitnahme von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n ist<br />
beson<strong>der</strong>s wichtig, da Frauen erfahrungsgemäß sich sonst gar nicht um Stipendien<br />
bewerben. E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er Index-Anpassung!<br />
2.2.4. Es sollen ke<strong>in</strong>e Angestellten des Landes Steiermark durch Stipendien, Preise <strong>und</strong><br />
Aufträge begünstigt werden.<br />
2.3. Sichtbarmachen von Künstler<strong>in</strong>nen:<br />
2.3.1. E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Frauen-<strong>Kunst</strong>zentrums: nicht als neuzuschaffende Institution, son<strong>der</strong>n als<br />
Erweiterung e<strong>in</strong>er schon bestehenden Institution, z.B. DOKU Graz, das e<strong>in</strong>schlägige Kompetenzen<br />
vorweisen kann.
2.3.2. Publikationen über Künstler<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>/aus/um <strong>der</strong>/die Steiermark explizit anregen <strong>und</strong><br />
f<strong>in</strong>anzieren. Der Beirat soll unter an<strong>der</strong>en auch mit fem<strong>in</strong>istischen Künstler<strong>in</strong>nen besetzt werden.<br />
2.3.3. Vorhandene <strong>Kunst</strong>räume sollen für freie Künstler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Künstler<strong>in</strong>nen-Gruppen nutzbar<br />
gemacht werden. Dafür soll e<strong>in</strong> gutes Budget zur Verfügung gestellt werden, um hochwertige Anlagen<br />
nutzen zu können. Beispiele: MUMUTH, <strong>Kunst</strong>haus.