Ein Abenteuer auf acht Beinen
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Armkreisen u.a. Dazu immerwährendes Verlagern der<br />
Rucksackriemen und leises Jammern.<br />
In unserem Pilgerführer werden für den heutigen Tag nur<br />
150 Höhenmeter im Anstieg ausgewiesen. Ich weiß nicht,<br />
wo die Buchautorin wirklich hergegangen ist, aber das sind<br />
mit Sicherheit mehr. Auf vielen Feldwegen, und erst recht<br />
in den Hohlwegen, ist der Boden glitschig und nicht leicht<br />
zu begehen. Die Schuhe und die Innenseiten unserer<br />
Hosen sehen entsprechend aus. Wir beschließen, <strong>auf</strong>s<br />
Putzen oder Waschen vorläufig zu verzichten, da alles am<br />
nächsten Tag sowieso wieder dreckig wird. Rationalisieren<br />
des Alltags nennt man so was.<br />
Frühling nennt man, was sich hier in der Natur oder in den<br />
Gärten abspielt. Viele Obstbäume sind schon verblüht, die<br />
Kastanien, an denen wir vor wenigen Tagen noch nicht mal<br />
Blätter gesehen haben, haben jetzt schon ihre Blütenkerzen<br />
<strong>auf</strong>gesetzt, und der Flieder sieht nicht nur toll aus,<br />
sondern duftet auch schwer.<br />
Vor einem Bauernhof sitzt ein rastender Pilger am Wegesrand<br />
an einem kleinen Tisch mit Kaffee und etwas Kuchen.<br />
Dabei steht die Honor-Box. Was früher vielleicht mal als<br />
nett gemeinte Erfrischung und Aufmunterung für die Pilger<br />
ged<strong>acht</strong> war, ist meines Er<strong>acht</strong>ens oft zu einer kleinen<br />
Abzocke geworden: <strong>Ein</strong> Euro für einen kleinen Kaffee im<br />
Mini - Plastikbecher? Muss man sich an Pilgern bereichern?<br />
Trotzdem bin ich dr<strong>auf</strong> und dran, mir einen zu<br />
gönnen, wenn nicht wieder ein keifender Hund <strong>auf</strong> uns<br />
zurennen würde. Anni möchte weiter, zu tief sitzt noch der<br />
Schock vom Schäferhund-Biss. Also weiter!<br />
<strong>Ein</strong> paar Kilometer weiter, an der Auberge de l'Aube Nouvelle,<br />
dann doch eine angenehme Rast. Sira trifft einen<br />
netten Hundefreund, mit dem sie sich sofort gut versteht<br />
und in den Spielmodus übergeht, Anni und ich werden von<br />
einem englischen Ehepaar bewundert, das gerade Frankreich<br />
<strong>auf</strong> derselben Route besucht wie vor genau 50 Jahren<br />
- <strong>auf</strong> seiner Hochzeitsreise. Alle Pilger, die wir im L<strong>auf</strong>e<br />
des Morgens überholt haben, kommen jetzt wieder an uns<br />
vorbeigezogen. Das ist wie beim Formel-1-Rennen und<br />
seinen Boxenstopps: Man liegt im Rennen vorne und muss<br />
dann zum N<strong>acht</strong>anken raus. Andere haben so Gelegenheit,<br />
sich nach vorne zu schieben, müssen aber bald selbst<br />
raus und die Reihenfolge ändert sich wieder. Mit der ersten<br />
überholenden Pilgergruppe ist aber auch Siras Freund<br />
verschwunden - schade! Nach den unschönen Erfahrungen<br />
wäre das vielleicht eine ganz nette Therapie gewesen.<br />
Kurz vor Moissac ändert sich die Landschaft. Nach vielen<br />
Tagen <strong>auf</strong> den kargen Hochebenen, kommen wir jetzt ins<br />
Tal der Garonne, in die Gascogne. Es geht bergab, an<br />
Weinhängen und Obstbäumen vorbei. Viele Obstbaumreihen<br />
sind inzwischen mit großen Netzen abgespannt - den<br />
Vögeln keine Chance!<br />
Die Abteikirche St. Pierre in Moissac ist beeindruckend.<br />
Während ich sie und den berühmten Kreuzgang des ehemaligen<br />
Klosters besichtige, warten Anni und Sira draußen.<br />
Sie langweilen sich nicht. Immer wieder sind sie Anl<strong>auf</strong>station<br />
von Passanten und Touristen, die sie nach ihrer<br />
Pilgerschaft befragen. Sira kann natürlich nicht antworten,<br />
ist aber trotzdem der Star.<br />
In unserer Unterkunft "Ancien Carmel" beziehen wir das<br />
"Lassie-Zimmer". Anni ist von der Gastfreundschaft ganz<br />
begeistert, da haben wir kürzlich ja auch schon mal andere<br />
Erfahrungen gem<strong>acht</strong>. Sie telefoniert gerade mit einem<br />
ihrer großen Brüder - und Sira liegt zufrieden neben ihr <strong>auf</strong><br />
ihrer Decke und schläft. Morgen muss sie wieder ran.<br />
Mama Ingrid (Dienstag, 30 April 2013 00:05)<br />
Die Sira, die Süße! Was sie wohl schreiben würde zu all<br />
dem? Es fasziniert mich immer zu lesen, was sie für ein<br />
"Pilgerhund" geworden ist, dass sie die anderen Pilger<br />
schon von weitem freudig erschnüffelt! Offensichtlich hat<br />
sie die ihr entgegengebr<strong>acht</strong>en Aufmerksamkeiten und<br />
Streicheleinheiten fest <strong>auf</strong> der positiven Haben-Seite gespeichert.<br />
DU, Reinhard? DU kannst Annis Tempo kaum folgen? Alle<br />
Achtung, Anni, das heißt was!<br />
Schade, schade, dass es mit den Fotos wieder nicht<br />
klappt, neben allem anderen bin ich neugierig <strong>auf</strong> den<br />
kleinen Pilger-Esel, aber den habt ihr ja eh noch nicht vor<br />
die Linse bekommen, oder?<br />
Viel Spaß im "Lassie-Zimmer".<br />
Dani (Dienstag, 30 April 2013 09:28)<br />
Also sommermäßig seid ihr uns mittlerweile um einiges<br />
voraus. Ich halte die Daumen, dass die Schulter nicht<br />
schlimmer wird.<br />
29. April 2013<br />
Sira: Jetzt sag ICH mal was!<br />
Von Moissac bis Saint-Antoine (32 km)<br />
Frauchen hat sich ein blödes neues Spielzeug gek<strong>auf</strong>t. Sie<br />
hat jetzt ein eigenes Stöckchen. <strong>Ein</strong> großes. Und sie will es<br />
ganz für sich alleine haben. Immer, wenn ich mal ein bisschen<br />
daran rumknabbern oder es durch die Gegend<br />
schleudern will, sagt sie: "Frollein, bleibst du wohl von<br />
meinem Pilgerstab!" Dann soll sie doch nicht so ein leckeres<br />
Hölzchen k<strong>auf</strong>en... Und ewig wedelt sie damit vor<br />
meiner Nase rum. Das finde ich gemein. Immer, wenn ich<br />
ein leckeres Reh oder einen schwitzigen Pilger in der Nase<br />
hab und losstürmen will, stört mich der blöde Stock, den<br />
Frauchen dann immer ausgerechnet <strong>auf</strong> "meiner Seite"<br />
benutzen muss. Aber irgendwann mal, wenn sie nicht<br />
<strong>auf</strong>passt, dann schnappe ich ihn mir und kaue ihn kurz und<br />
klein. Ich krieg hier sowieso viel zu selten mal was Ordentliches<br />
zu kauen. Zuhause hab ich immer ein Stöckchen<br />
und Knochen und Schweineohren und sowieso ganz viele<br />
tolle Sachen. Hier muss ich mir immer die Mühe machen,<br />
mir mein Spielzeug selbst zu suchen und es dann auch<br />
noch zu tragen, bis wir fertig sind mit L<strong>auf</strong>en. Und manchmal<br />
dauert es seeehr lange, bis wir fertig sind. Heute war<br />
so ein "manchmal".<br />
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