Ein Abenteuer auf acht Beinen
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Auf unserem Weg aus Lectoure heraus, setzt sich die<br />
Sonne immer mehr durch. Es wird beständig wärmer und<br />
damit Zeit zum Zippen! <strong>Ein</strong>e hervorragende Erfindung,<br />
mittels Reißverschlüssen aus langen Wanderhosen Shorts<br />
zu machen. Anoraks, Fleecejacken oder Pullis verschwinden<br />
im Rucksack - wir verspüren endlich mal wieder Wärme<br />
<strong>auf</strong> der Haut. <strong>Ein</strong>ige Feldwege vermeiden wir heute,<br />
nehmen dafür lieber kleine Straßen, auch wenn sie geringe<br />
Umwege bedeuten. Durch Matsch zu schlingern, ist für uns<br />
jetzt mal keine wünschenswerte Option.<br />
Kurz vor dem winzigen Ort Mersolan kommen wir an einen<br />
Picknickplatz. Unmittelbar davor steht ein Holzhäuschen,<br />
kaum größer als ein Gartenhäuschen. Sein einziger<br />
Zweck: dem vorbeiziehenden Pilger eine kleine Auswahl<br />
an Lebensmitteln und Getränken zur Verfügung zu stellen,<br />
die diese gerne annehmen. Zwei der Kunden sind Johan<br />
und ich. Brot, Käse, etwas Süßes und zu trinken. Zufrieden<br />
machen wir uns damit am Picknicktisch breit.<br />
Mit am Tisch sitzt zunächst noch ein älterer schweigsamer<br />
Pilger. Dann steht er <strong>auf</strong> und zieht mit schweren Schritten<br />
weiter. Er m<strong>acht</strong> keinen guten <strong>Ein</strong>druck. Wer weiß, welche<br />
Schicksale sich hinter manchem verbergen, der <strong>auf</strong> dem<br />
Jakobsweg unterwegs ist. Ich glaube, so einige machen<br />
das nicht nur zum reinen Vergnügen. Bei einer nächsten<br />
Rast bei einem größeren Teich stoßen wir wieder <strong>auf</strong> ihn.<br />
Genauso wie uns umschwirren ihn Hunderte von kleinen,<br />
<strong>auf</strong>dringlichen Fliegen. Während wir schnell wieder flüchten,<br />
bleibt er noch im Gras sitzen, den Blick geradeaus<br />
gerichtet. Wir versuchen, die Rast <strong>auf</strong> einem Hügel nachzuholen,<br />
werden aber wieder von Fliegen vertrieben. Während<br />
wir uns wieder die Rucksäcke <strong>auf</strong>werfen, kommt der<br />
alte Herr schwer atmend an uns vorbei. Wir können es<br />
kaum mitansehen. Johan fragt ihn spontan, ob er ihm den<br />
Rucksack tragen soll. Er lehnt lächelnd, aber bestimmt ab.<br />
Was hat dieser Mensch wirklich zu tragen?!<br />
Bei steigenden Temperaturen nähern wir uns unserem<br />
Etappenziel, den wenigen Häusern von Moncade und<br />
unserer dortigen Gite. Nanni und Johan wollen noch einen<br />
Kilometer weiter bis La Romieu. Wir haben dort keine<br />
Unterkunft wegen Sira bekommen, die beiden aber wollen<br />
ihr heute <strong>auf</strong> den Tag genau fünfjähriges gemeinsames<br />
Glück in einem Mobil-Home <strong>auf</strong> dem dortigen Campingplatz<br />
verbringen. Wir verabreden uns für morgen und sie<br />
ziehen sich in die Zweisamkeit zurück.<br />
Zehn Minuten später sind wir drei Pilger mit den <strong>acht</strong> <strong>Beinen</strong><br />
in unserer Gite Beausoleil zunächst noch eine Weile<br />
alleine, dann kommt eine <strong>acht</strong>köpfige Gruppe dazu. Das<br />
Palaver, das sie nach ihrem Abendessen veranstalten, ist<br />
nicht ohne. Hoffentlich wecken sie Anni nicht wieder <strong>auf</strong>.<br />
Sie schläft friedlich neben mir im Bett, mit ihrem kleinen<br />
Teddy im Arm.<br />
Dani (Donnerstag, 02 Mai 2013 08:48)<br />
Die Fliegen dürften das Gleiche denken wie Sira den ganzen<br />
Tag: "Hmmmmmm, lecker Pilger...!"<br />
2. Mai 2013<br />
Annika: Pilgernächte<br />
Von La Romieu bis Condom (16 km)<br />
Um 2:30 Uhr ist meine N<strong>acht</strong> vorerst vorbei. Irgendwie<br />
habe ich es geschafft, meinen Schlafsack so zu verdrehen,<br />
dass der Reißverschluss an den Füßen <strong>auf</strong> meiner rechten<br />
und an meinen Schultern <strong>auf</strong> der linken Seite ist. Außerdem<br />
bin ich wohl so tief hineingerutscht, dass ich meine<br />
Füße komisch abschnüre. Ich versuche, das Ganze durch<br />
Hin- und Herrutschen zu korrigieren, komme aber nicht so<br />
recht weiter. Ich quäle mich aus dem warmen Bett und<br />
muss mein gesamtes Bett neu richten. Danach kann ich<br />
endlich weiterschlafen.<br />
Die wuselige Achtergruppe in unserem Haus konnte mich<br />
gestern Abend nicht vom Schlafen abhalten. Ohropax for<br />
president! Heute Morgen ist sie allerdings schon wieder so<br />
schnatterig beschäftigt, dass sie mich ganz hektisch<br />
m<strong>acht</strong>.<br />
Nach dem gestrigen Tag schmeiße ich mich optimistisch in<br />
Sonnencreme und kurze Hose, werde aber ziemlich<br />
schnell eines Besseren belehrt: Der Boden ist nass, es hat<br />
geregnet. Kalt ist es auch. Egal, so lang man läuft, ist es<br />
auszuhalten.<br />
In Le Romieu, der Stadt der Katzen, treffen wir verdammt<br />
wenig lebende Exemplare an, dafür sitzen allerdings mehrere<br />
steinerne Ausführungen in den Fenstern am Marktplatz.<br />
Außerdem stehen mehrere Plastikschalen mit Futter<br />
<strong>auf</strong> dem Boden, überall im Ort, einfach so, als läge jedem<br />
das Wohl der Samtpfoten am Herzen.<br />
Papa und Nanni schauen sich das Kloster an, Sira muss<br />
wie immer draußen bleiben. Ich also auch. Johans Interesse<br />
fürs Kloster hält sich auch in Grenzen, also warten wir<br />
am Marktplatz. In unserer Nähe sitzt ein Japaner. Wir<br />
kommen ins Gespräch und er erzählt, er trage 17 Kilo <strong>auf</strong><br />
dem Rücken und l<strong>auf</strong>e 30-40 km am Tag, von Le Puy bis<br />
Santiago. Er schläft jede N<strong>acht</strong> im Zelt. Er grüßt uns noch<br />
grinsend und zieht dann strammen Schrittes fort.<br />
Mannomann, wenn der zierliche Kerl das wirklich so<br />
durchzieht bis zum Ende, alle Achtung!<br />
Nach einer Weile entscheide ich mich doch, meine Niederlage<br />
gegen den Wettergott einzusehen; Ich tausche die<br />
Zipp-Hose gegen meine "Winterhose". Wenigstens für<br />
heute. Als die zwei ihre Besichtigung beendet haben,<br />
ziehen wir gemütlichen Schrittes los Richtung Condom.<br />
Nach einem Stück festem Asphalttritt, gelangen wir bald<br />
wieder <strong>auf</strong> einen Feldweg, der uns bergab schlingern lässt.<br />
Der Regen der letzten N<strong>acht</strong> hat den Pfad wieder zur<br />
Schlammpiste gem<strong>acht</strong>. So langsam vermiest einem das<br />
wirklich die unbefestigten Wege. Da freut man sich fast <strong>auf</strong><br />
Teer, da weiß man, was man hat.<br />
Bald passieren wir eine Hauseinfahrt, an der nur ein kleines<br />
Schild mit der Aufschrift "donativo" steht. Donativo<br />
heißt Spenden, Spenden ist gut, also hin da. Wir wittern an<br />
dem Haus eine Honor-Box. Und wir behalten Recht. <strong>Ein</strong><br />
Tisch mit Stühlen, Kaffee, Tee, Keksen, Stempelbox und<br />
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