Ein Abenteuer auf acht Beinen
Schaue dir einige Ausschnitte kostenlos im Preview an! Buch bestellen unter: http://www.1buch.de/1buch/showBook.php?book=152131
Schaue dir einige Ausschnitte kostenlos im Preview an!
Buch bestellen unter: http://www.1buch.de/1buch/showBook.php?book=152131
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ein Auto. <strong>Ein</strong>e deutsche Frau steigt aus und sagt, sie sei<br />
so begeistert, dass sie mal eben aussteigen und den Hund<br />
anfassen müsse. Nach dem üblichen Smalltalk über das<br />
Wandern mit Hund fragt sie, ob Sira eine Pilgermuschel<br />
hätte. Ich verneine und sie bittet uns, bis zu ihrem Haus mit<br />
Kaffee- und Kuchenstand zu l<strong>auf</strong>en und dort einen Moment<br />
zu warten. Das tun wir auch und werden von zahlreichem<br />
Hundegebell aus einem Freigehege und einem kleinen Fiffi<br />
begrüßt, der um uns herum springt. Sira und er sind sich<br />
<strong>auf</strong> Anhieb sympathisch und spielen lange und ausgelassen<br />
miteinander. Wir trinken Tee und unterhalten uns<br />
lange über den Tierschutz. Ihre fünf Hunde sind allesamt<br />
arme Tiere gewesen, einer ein krepierender Kettenhund,<br />
der Nächste nachgel<strong>auf</strong>en, wieder einer überfahren und<br />
mehr tot als lebendig von ihr zum Tierarzt geschleppt. Die<br />
Tiere beeindrucken mich durch ihr tolles Sozialverhalten,<br />
ihre blinde Folgsamkeit und ihre Grundfreundlichkeit, auch<br />
der bullige Kampfhund.<br />
Während wir uns unterhalten, kommt ein uns bekanntes<br />
Gesicht aus dem Haus: Anke hat nach einer kurzen aber<br />
heftigen Migräne-Attacke hier Zuflucht gefunden. Sie durfte<br />
zwei Stunden schlafen, jetzt geht es ihr besser und sie<br />
zieht mit uns weiter. Der zugezogene Himmel hat sich zu<br />
einem handfesten Regen entwickelt, der auch bis zum<br />
Abend durchhält.<br />
Durch weitere Hohlwege und Wälder kommen wir voran.<br />
Für eine weitere Rast kauern wir uns zu viert in eine Bushaltestelle.<br />
Wir sehen dem Regen zu. Der klitschnasse<br />
Hund drückt sich gegen mein warmes Bein, um nicht zu<br />
frieren.<br />
Der Weg zum Ziel kann gar nicht schnell genug vergehen.<br />
Bei Regen ziehen wir in Santa Irene ein. In der öffentlichen<br />
Herberge weist man Anke ein Bett zu und zeigt uns die<br />
Pferdebox für den Hund. Mit der grundsätzlichen Thematik<br />
komme ich klar, aber das Wasser, das in der leicht abschüssigen<br />
Seite der Box steht und vor sich hinfault, m<strong>acht</strong><br />
mir das Ganze nicht unbedingt sympathischer. Das Wissen,<br />
dass ich mit Sira diese Schlafstätte teilen werde, erst<br />
recht nicht. Die Frau von der Herberge guckt nur ungläubig,<br />
als ihr klar wird, dass ich bei meinem Hund bleiben<br />
werde.<br />
Papa würde gern mit uns leiden, aber der faulende See in<br />
unserer Box lässt nur Platz für einen Menschen nebst<br />
Hund. Ich bin ganz froh, dass er sich das hier nicht mit<br />
antun muss. Schweren Herzens geht er rein und ich baue,<br />
wie so oft in letzter Zeit, unser Zuhause für eine N<strong>acht</strong>. Ich<br />
kehre, versuche, das stetig nachl<strong>auf</strong>ende und deshalb<br />
tropfende Wasser im Trog zu stoppen, stelle Eimer unter,<br />
lege Alumatten aus, pumpe Matratzen <strong>auf</strong>, lege Schlafsäcke<br />
zurecht und ziehe alles an, was ich habe. Es wird kalt<br />
werden.<br />
Papa und Anke kommen abwechselnd immer wieder mit<br />
schlechtem Gewissen vorbei, um mir irgendwie etwas<br />
Gutes zu tun. Abends liege ich eng an Sira gekuschelt in<br />
meinem Schlafsack, das Wasser, das durch die Abflussrinne<br />
fließt, klingt wie eine Tropfsteinhöhle und der Regen<br />
scheppert <strong>auf</strong>s Dach. Während mir mal wieder kurz übel<br />
wird von dem Geruch des faulenden Brackwassers neben<br />
uns, denke ich mir: Es geht auch schlimmer. Das Wasser<br />
könnte auch noch von oben kommen.<br />
Dani (Mittwoch, 19 Juni 2013 13:11)<br />
Schwesterchen, ihr seid echt ein tolles Rudel! Hut ab!<br />
19. Juni 2013<br />
Reinhard: Santiago!!!<br />
Von Santa Irene bis Santiago de Compostela (24 km)<br />
Wir haben es tatsächlich geschafft! Nach 18 Wochen und<br />
fast 2900 Kilometern sind wir in Santiago de Compostela.<br />
Schon gestern Nachmittag standen wir vor der Kathedrale.<br />
Heute gönnen wir uns einen Tag Ruhe. Ab morgen begeben<br />
wir uns <strong>auf</strong> den "Nachschlag" über Kap Finisterre nach<br />
Muxia. Aber der Reihe nach!<br />
Mir gefällt es n<strong>acht</strong>s in Santa Irene überhaupt nicht, Anni<br />
und Sira in diesem feuchten Loch, was sich Pferdebox<br />
nennt, zu wissen. Ich hätte beiden gerne Gesellschaft<br />
geleistet, aber wenn ich mich dazu gelegt hätte, hätte einer<br />
von uns aus Platzmangel <strong>auf</strong> jeden Fall im Wasser gelegen.<br />
So schlafe ich etwas unruhig im Schlafsaal und treffe<br />
Anni am Morgen relativ wohlbehalten beim Packen vor der<br />
Pferdebox an. Um 8 Uhr sind wir wieder unterwegs.<br />
Der Regen, der noch in der N<strong>acht</strong> kräftig niederging, hat<br />
inzwischen einem klaren Himmel Platz gem<strong>acht</strong>. Aber das<br />
täuscht wohl. Für den Nachmittag und die kommende<br />
N<strong>acht</strong> ist wieder Regen vorhergesagt. Anged<strong>acht</strong> hatten<br />
wir eine Zeltübern<strong>acht</strong>ung <strong>auf</strong> dem Monte de Gozo, fünf<br />
Kilometer vor Santiago. Die Regenaussichten ändern<br />
unseren Plan. Wir beschließen durchzugehen, heute schon<br />
Santiago zu erreichen.<br />
Viele Pilger, die wir heute treffen, haben ein Flackern in<br />
den Augen. Sie fiebern offensichtlich dem Ziel entgegen,<br />
freuen sich <strong>auf</strong> Santiago. Das m<strong>acht</strong> ihre Schritte schneller,<br />
sie unterhalten sich lauter, lachen mehr als sonst. Die<br />
Pausen werden kürzer, sie wollen ankommen, endlich<br />
ankommen. Für manche Pilger wird es auch wirklich Zeit.<br />
Langsam nur noch setzen sie Schritt vor Schritt, die Augen<br />
blicken wie durch einen Tunnel zwei Meter vor die Füße<br />
<strong>auf</strong> den Boden. <strong>Ein</strong>ige tun mir wirklich leid.<br />
Auch wir Drei haben nun einen zügigen Schritt dr<strong>auf</strong>. Es<br />
sind nicht nur die nun doch immer mehr <strong>auf</strong>ziehenden<br />
Wolken, die uns treiben. Es ist etwas anderes. Im Kopf bin<br />
ich noch gar nicht so weit. Ich kann mir nicht vorstellen,<br />
bald vor der Kathedrale zu stehen.<br />
Dann geht es Schlag <strong>auf</strong> Schlag. Von einer Anhöhe hinter<br />
Amenal sehen wir <strong>auf</strong> die Landebahn des Flughafens von<br />
Santiago bei Labacolla, wo wir kurz danach eine Ryanair-<br />
Maschine in den Himmel steigen sehen. Wahrscheinlich ist<br />
sie u.a. voll mit Pilgern, die ein oder zwei Tage zuvor <strong>auf</strong><br />
dem Kathedralenvorplatz standen und sich über das Ende<br />
ihrer Pilgerschaft freuten.<br />
163