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Ein<br />
Paradiesvogel<br />
auf Witwerfang<br />
Man nannte sie »Die Schwarze<br />
Witwe«. Mit Inser<strong>at</strong>en lockte<br />
Elfriede Blauensteiner<br />
vermögende Männer in ihr<br />
teuflisches Netz. Ein Entkommen<br />
war kaum möglich.<br />
Drei Giftmorde gehen sicher<br />
auf ihr Konto.<br />
Ü<br />
ber ihre Anwälte lässt sie ausrichten, sie hätte keine<br />
Angst vor ihrem Prozess. »Das Leben ist überall lebenswert,<br />
auch im Gefängnis.« Sie bekomme alles, was ihr Herz<br />
begehre, fantastisch, dieser Strafvollzug, »wunderbar ist es in<br />
der Haft«. Um sieben Uhr steht sie täglich auf, dann duscht<br />
sie und bekommt ihr Frühstück: Tee oder Kaffee, Brot, Butter,<br />
Marmelade und ein weiches Ei. Später die Freizeitgestaltung:<br />
»Tischtennis oder Übungen an den Fitnessgeräten«, tönt<br />
Elfriede Blauensteiner aus der Untersuchungshaft in der<br />
Kremser Justizanstalt. Noch wisse sie nicht, welches Kleid<br />
oder Kostüm sie für ihren ersten großen Auftritt vor Gericht<br />
wählen würde. Ein edles Stück vom Adlmüller hätte sie zur<br />
Auswahl oder etwas Dunkles vom Fürnkranz. Ihre Haare wären<br />
aber schon frisch blondiert und die Fingernägel werden<br />
noch am Sonntag, am Tag vor dem Prozessbeginn, rot lackiert.<br />
Ihre Mithäftlinge nennen sie Elfi-Tant’ oder auch<br />
Mutter Elfriede. Zu Weihnachten h<strong>at</strong> sie für Licht ins Dunkel<br />
1000 Schilling gespendet, das komme in der Öffentlichkeit<br />
gut an, und kürzlich wurde die B<strong>at</strong>terie ihres Herzschrittmachers<br />
ausgewechselt.<br />
So also wird Elfriede Blauensteiner, 66, die Schwarze Witwe,<br />
vor die Geschworenen treten und dort mit allem Nachdruck<br />
erklären: »Ich wollte immer nur helfen, ich habe nie in Tötungsabsicht<br />
gehandelt.« Vier Wochen lang wird das Sterben<br />
des 77-jährigen ehemaligen Postamtsleiters Alois Pichler aus<br />
Ross<strong>at</strong>zbach an der Donau den Prozess im Kremser Schwurgerichtssaal<br />
beherrschen. Blauensteiner h<strong>at</strong>te den allein stehenden<br />
Niederösterreicher mit Hilfe einer Anzeige gefunden.<br />
»Witwe möchte mit verwitwetem Herrn ruhigen Lebensabend<br />
verbringen«, inserierte sie am 4. Juli 1995. 80 Herren<br />
schrieben voll Hoffnung zurück. Wegen zweier weiterer<br />
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