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„The Dublin II Regulation – A UNHCR Discussion Paper“

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Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen<br />

Regionalvertretung für Deutschland, Österreich und die<br />

Tschechische Republik<br />

Regional Representation for Austria, the Czech Republic<br />

and Germany<br />

Wallstrasse 9 – 13 Tel: +49 30 202 202 0<br />

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630.2, 385.<strong>Dublin</strong>,CH<br />

„The <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> <strong>Regulation</strong> – A <strong>UNHCR</strong> <strong>Discussion</strong> Paper“<br />

Auszugsweise Übersetzung der <strong>UNHCR</strong>-Studie vom April 2006<br />

I. EINLEITUNG<br />

1. Genese und Überblick über die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung<br />

Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande beschlossen 1985<br />

mit der Unterzeichnung des Schengener Übereinkommens 1 die Schaffung eines gemeinsamen<br />

Territoriums ohne Binnengrenzen. Das Übereinkommen zur Durchführung<br />

des Schengener Übereinkommens 2 trat 1995 in Kraft; infolgedessen wurden die<br />

Binnengrenzen zwischen den Unterzeichnerstaaten abgeschafft und zugleich eine<br />

gemeinsame Außengrenze geschaffen, an der Einreisekontrollen in Übereinstimmung<br />

mit einem gemeinsamen Regelwerk durchgeführt werden sollten. Um die Freizügigkeit<br />

von Personen innerhalb des Schengengebietes sicherzustellen, waren flankierende<br />

Maßnahmen im Hinblick auf Grenzkontrollen an den Außengrenzen, Asyl und<br />

Einwanderung Teil des Übereinkommens. Kapitel 7 von Titel 2 stellte Regeln zur Bestimmung<br />

der Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren auf.<br />

Am 15. Juni 1990 unterzeichneten die (damals) 12 Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Gemeinschaften das Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates<br />

für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten<br />

Asylantrags (im Folgenden als ‚<strong>Dublin</strong>er Übereinkommen’ bezeichnet) 3 . Da<br />

die Vorschriften des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens und des Kapitels 7 von Titel 2 des<br />

Schengener Durchführungsübereinkommens weitgehend identisch waren, unterzeichneten<br />

die Vertragsstaaten des letzteren das Bonner Protokoll 4 . Hiernach sollten<br />

die Zuständigkeitsregeln für Asylverfahren, die im Schengener Durchführungsüber-<br />

1<br />

Übereinkommen zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und<br />

der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, 14. Juni 1985<br />

(im Folgenden als ‚Schengener Abkommen’ bezeichnet).<br />

2<br />

Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der<br />

Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen<br />

Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, 19. Juni 1990 (im Folgenden als ‚Schengener Durchführungsübereinkommen’<br />

bezeichnet).<br />

3<br />

ABl. C 254/1, 19. August 1997.<br />

4<br />

Protokoll zu den Konsequenzen des Inkrafttretens des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens für einige Bestimmungen des Durchführungsübereinkommens<br />

zum Schengener Übereinkommen (Bonner Protokoll), 26. April 1994; vgl. auch Art. 142 Schengener<br />

Durchführungsübereinkommen.<br />

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einkommen festgelegt waren, nach dem Inkrafttreten des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens<br />

am 1. September 1997 nicht länger anwendbar sein.<br />

Weniger als zwei Jahre später, am 1. Mai 1999 trat der Amsterdamer Vertrag 5 in<br />

Kraft. Unter Titel IV ‚Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den<br />

freien Personenverkehr’ kamen die Mitgliedstaaten überein, einschlägige Asylmaßnahmen<br />

zu beschließen, die auch „Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats,<br />

der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger<br />

eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat“, beinhalten sollten. 6<br />

In den Schlussfolgerungen seines Treffens vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere,<br />

Finnland, bekräftigte der Europäische Rat die Verpflichtungen aus dem Amsterdamer<br />

Vertrag und kam überein, „auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem<br />

hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und allumfassende Anwendung der<br />

Genfer Flüchtlingskonvention stützt”, das “auf kurze Sicht […] folgendes implizieren<br />

[sollte]: eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines<br />

Asylantrags zuständigen Staates”. 7<br />

Einige Monate später setzte die Europäische Kommission auf der Basis eines Arbeitsdokumentes<br />

mit dem Titel „Überprüfung des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens: Ausarbeitung<br />

von Gemeinschaftsrechtsnormen zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für<br />

die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist“ 8 eine<br />

weitreichende Debatte bezüglich des <strong>Dublin</strong>-Konzepts in Gang. In diesem Dokument<br />

stellte die Kommission den generellen Ansatz des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens in Frage<br />

und schlug verschiedene Alternativen vor. Insbesondere wurde angeregt, die Zuständigkeit<br />

abhängig vom Ort der ersten Asylantragstellung zuzuweisen. Aufgrund der Ablehnung,<br />

mit dem die meisten Mitgliedstaaten einem Wechsel des grundsätzlichen<br />

Ansatzes gegenüberstanden, wurden im „Vorschlag für eine Verordnung des Rates<br />

zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der<br />

für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten<br />

Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat” 9 die Bestimmungen des <strong>Dublin</strong>er Ü-<br />

bereinkommens trotzdem mit nur wenigen Änderungen übernommen.<br />

Am 18. Februar 2003 nahm der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG)<br />

Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung<br />

des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in<br />

einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag zuständig ist (im Folgenden als ‚<strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung’ bezeichnet) 10 an. Die Verordnung trat am 17. März 2003 in Kraft und ist<br />

auf alle ab dem 1. September 2003 gestellten Asylanträge sowie unabhängig vom<br />

Datum der jeweiligen Asylantragstellung auf alle ab dem 1. September 2003 gestellten<br />

Ersuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Asylsuchenden, anwendbar. 11<br />

Die Verordnung, welche das <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen von 1997 ersetzt 12 , ist in ihrer<br />

Gesamtheit in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindend und in diesen<br />

unmittelbar anwendbar 13 . Ursprünglich war Dänemark nicht an der Annahme und An-<br />

5<br />

Vertrag von Amsterdam Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur<br />

Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABl. C 340 vom 10. November<br />

1997.<br />

6<br />

Art. 63 Abs. 1 lit. a) EGV.<br />

7<br />

Ratsdokument SN 200/99, 16. Oktober 1999.<br />

8<br />

SEK(2000) 522 endgültig, 21. März 2000.<br />

9<br />

KOM(2001) 447 endgültig, 26. Juli 2001.<br />

10<br />

ABl. L 50/1, 25. Februar 2003.<br />

11<br />

Art. 29 <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

12<br />

Art. 24 Abs. 1 <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

13<br />

Art. 249 EGV.<br />

2<br />

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wendung der Verordnung beteiligt und auch nicht durch sie gebunden. 14 Nach Inkrafttreten<br />

eines Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und Dänemark am<br />

1. April 2006 findet die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung nunmehr auch auf Dänemark Anwendung.<br />

15 Auf der Grundlage einer Ratsentscheidung vom 15. März 2001 16 ist die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung<br />

auch auf Island und Norwegen anwendbar. 17 Am 26. Oktober 2004<br />

unterzeichneten die Europäischen Union und die Schweiz ein Abkommen über die<br />

Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines<br />

in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags 18 und ein Abkommen<br />

über die Assoziierung der Schweiz bei der Umsetzung, Anwendung und<br />

Entwicklung des Schengen-Besitzstands 19 . Aufgrund der erforderlichen längeren Ratifikationsphase<br />

wird dieses Übereinkommen jedoch voraussichtlich nicht vor dem Jahre<br />

2008 in Kraft treten.<br />

In der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 20 legt die Kommission<br />

genaue Regeln für die Anwendung der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung fest, insbesondere im<br />

Hinblick auf die Durchführung von Überstellungen und die Anwendung der „humanitären<br />

Klausel“. Diese Regeln beruhen auf den Anwendungsrichtlinien, die im Zusammenhang<br />

mit dem <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen entwickelt wurden.<br />

2. Überblick über die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung<br />

Die Hauptziele der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung, die in den Erwägungsgründen 21 und im Verordnungsvorschlag<br />

der Kommission darlegt werden, sind:<br />

- sicherzustellen, dass Asylsuchende effektiven Zugang zu den Verfahren zur<br />

Feststellung der Flüchtlingseigenschaft haben;<br />

- Missbrauch von Asylverfahren in der Form von Mehrfachanträgen, die von<br />

derselben Person gleichzeitig oder nacheinander in verschiedenen Mitgliedstaaten<br />

gestellt werden, zu verhindern;<br />

- so schnell wie möglich den zuständigen Mitgliedstaat für die inhaltliche Prüfung<br />

eines Asylantrags festzustellen.<br />

Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats für den Asylantrag eines<br />

Drittstaatsangehörigen müssen in der Reihenfolge angewandt werden, in der sie in<br />

14<br />

Vgl. Erwägungsgrund 18 <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

15<br />

Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark zur Ausdehnung auf Dänemark der<br />

Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der<br />

für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, sowie der<br />

Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum<br />

Zwecke der effektiven Anwendung des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens, ABl. L 66/38, 8. März 2006. Vgl. auch zu seinem Inkrafttreten,<br />

ABl. L 96/9, 5. April 2006. Vgl. auch Protokoll zum Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der<br />

Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Staates für<br />

die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags, ABl. L 57/16, 28. Februar 2006.<br />

16<br />

Beschluss des Rates vom 15. März 2001 über den Abschluss des Übereinkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft<br />

und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen<br />

Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags (2001/258/EC),<br />

ABl. L 93/38, 3 April 2001.<br />

17<br />

Diese Studie benutzt die Terminologie der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung, die sich auf „Mitgliedstaaten“ bezieht. Trotzdem ist zu bemerken,<br />

dass in diesem Zusammenhang der Begriff auch Nicht-Mitgliedstaaten der EU bezeichnen kann, die an der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung teilnehmen.<br />

18<br />

BBl. (Schweiz) 2004, 6447.<br />

19<br />

BBl. (Schweiz) 2004, 6479.<br />

20<br />

Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung<br />

(EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung<br />

eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 222/3, 15. September<br />

2003 (im Folgenden als ‚<strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-Durchführungsverordnung’ bezeichnet).<br />

21<br />

Vgl. Erwägungsgrund 4 der Präambel <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

3<br />

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der Verordnung festgelegt sind. 22 In Anwendung dieser Kriterien soll die Zuständigkeit<br />

der Reihenfolge nach bei demjenigen Mitgliedstaat liegen:<br />

- in dem sich ein Familienangehöriger 23 eines unbegleiteten Minderjährigen<br />

rechtmäßig aufhält, sofern dies im Interesse des Minderjährigen liegt (Art. 6);<br />

- in dem sich ein Familienangehöriger als Flüchtling oder als Asylsuchender,<br />

über dessen Asylantrag noch keine erste Sachentscheidung getroffen wurde,<br />

aufhält (Art. 7 und 8);<br />

- der einen Aufenthaltstitel oder ein Visum ausgestellt hat (Art. 9);<br />

- in dessen Territorium der/die Asylsuchende illegal eingereist ist (Art. 10);<br />

- der dem Drittstaatenangehörigen die Einreise in sein Territorum ohne Visum<br />

erlaubt hat (Art. 11);<br />

- in dem der Asylantrag in einem internationalen Transitbereich eines Flughafens<br />

gestellt wurde (Art. 12);<br />

- in dem der erste Asylantrag gestellt wurde, wenn keines der vorstehenden Kriterien<br />

erfüllt ist (Art. 13);<br />

- der für den größten Teil asylsuchender Familienmitglieder oder für den Asylantrag<br />

des Ältesten von ihnen zuständig ist, wenn die Anwendung der genannten<br />

Kriterien die Trennung der Familie zur Folge haben würde (Art. 14).<br />

Jeder Mitgliedstaat soll das Recht behalten, einen Asylbewerber nach seinen innerstaatlichen<br />

Rechtsvorschriften unter Wahrung der Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention<br />

24 in einen Drittstaat zurück- oder auszuweisen (Art. 3 Abs. 3).<br />

Abweichend von diesen Kriterien kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen<br />

eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser<br />

Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist (‘Selbsteintrittsrecht’<br />

– Art. 3 Abs. 2). Zudem kann jeder Mitgliedstaat Familienmitglieder und andere<br />

abhängige Familienangehörige aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus<br />

dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, zusammenführen (‘Humanitäre<br />

Klausel’ – Art. 15).<br />

Hält der Mitgliedstaat, in dem ein/e Asylsuchende/r seinen/ihren Asylantrag gestellt<br />

hat, auf der Grundlage der genannten Kriterien einen anderen Mitgliedstaat für die<br />

Prüfung des Antrags für zuständig, kann Ersterer den Mitgliedstaat, den er für zuständig<br />

hält, ersuchen, den Asylsuchenden aufzunehmen oder wiederaufzunehmen (Art.<br />

16-20).<br />

Ein Wiederaufnahmeersuchen kann gestellt werden, wenn der Asylsuchende bereits<br />

in einem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat, der noch anhängig ist<br />

oder zurückgezogen oder abgelehnt wurde. Ein Aufnahmeersuchen kann gestellt<br />

werden, wenn der Asylsuchende keinen Asylantrag in dem betreffenden Staat gestellt<br />

hat, die Zuständigkeit aber aus einem der obigen Kriterien folgt. Es ist wichtig, zwischen<br />

Wiederaufnahme und Aufnahme zu unterscheiden, da die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung<br />

unterschiedliche Fristen für diese Ersuchen vorsieht.<br />

Die ‘EURODAC’-Datenbank, die aufgrund der Verordnung des Rates (EG) Nr.<br />

2725/2000 25 eingerichtet wurde, ist ein Instrument zur Implementierung der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung. EURODAC ist eine Sammlung von Fingerabdrücken von Asylsuchen-<br />

22<br />

Vgl. Art. 5 Abs. 1 <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

23<br />

Zur Definition der „Familienangehörigen“ vgl. Art. 2 lit. i) <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

24<br />

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 in der durch das Protokoll über die Rechtsstellung der<br />

Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 geänderten Fassung (im Folgenden als ‚Genfer Flüchtlingskonvention’ bezeichnet).<br />

25<br />

Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von<br />

Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens, ABl. L 316/1, 15. Dezember 2000.<br />

‘Eurodac’ nahm seine Tätigkeit am 15. Januar 2003 auf (vgl. Mitteilung der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG)<br />

Nr. 2725/2000 des Rates (Eurodac), ABl. C 5/2, 10. Januar 2003).<br />

4<br />

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den, von Personen, die illegal die Grenze überschreiten, und von illegal aufhältigen<br />

Personen. Sie wird dazu genutzt, die Identität dieser Personen festzustellen und eine<br />

effektive Anwendung der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung und des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens zu<br />

gewährleisten.<br />

3. Frühere <strong>UNHCR</strong>-Kommentare zum <strong>Dublin</strong>-System<br />

<strong>UNHCR</strong> hat das <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen zur Zeit seiner Verabschiedung begrüßt,<br />

da es zwischen Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention ein Verfahren einführte,<br />

mit dem ein Asylantrag von einem dieser Staaten inhaltlich geprüft werden sollte.<br />

An das <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen wurde die Erwartung geknüpft, dass es die zügige<br />

und faire Prüfung von Asylanträgen sicherstellen und die Zahl von Mehrfachanträgen<br />

reduzieren würde. Gleichzeitig warnte <strong>UNHCR</strong> jedoch davor, dass die signifikanten<br />

Unterschiede zwischen den Asylverfahren der Mitgliedstaaten möglicherweise einige<br />

der Probleme perpetuieren könnten, die das <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen zu lösen versuche.<br />

26<br />

Mit dem Inkrafttreten des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens am 1. September 1997 hat<br />

<strong>UNHCR</strong> seinen Standpunkt wiederholt, dass die Annahme von Abkommen mit dem<br />

Ziel, den für die inhaltliche Prüfung eines Asylantrags zuständigen Staat festzulegen,<br />

der zufriedenstellendste Weg ist, dem Problem der „Flüchtlinge im Orbit“ zu begegnen<br />

und Garantien dafür zu bieten, dass ein Asylantrag substantiell geprüft wird. Trotzdem<br />

war <strong>UNHCR</strong> besorgt, dass die Anwendung der Drittstaatenregelung durch den ermittelten<br />

zuständigen Staat möglicherweise zu Kettenabschiebungen und schlussendlich<br />

zu Fällen von refoulement führen könnte. Desweiteren bat <strong>UNHCR</strong> die Mitgliedstaaten<br />

dringend, eine weite Auslegung hinsichtlich Personen anzuwenden, die als Mitglieder<br />

derselben Familie gelten. 27<br />

In der der Annahme eines Nachfolgeinstruments des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens vorangehenden<br />

Diskussion betonte <strong>UNHCR</strong>, dass das Interesse der Asylsuchenden an<br />

einer zügigen und fairen Prüfung ihres Asylantrags ein zentrales Anliegen bleiben<br />

müsse, und schlug vor, den dem <strong>Dublin</strong>er Übereinkommen zugrunde liegenden Ansatz<br />

zu ändern. Die Zuständigkeit sollte hiernach vorrangig bei dem Staat liegen, in<br />

dem der Asylantrag gestellt wurde, es sei denn, der Antragsteller/die Antragstellerin<br />

hat bereits eine Verbindung oder eine enge Beziehung zu einem anderen Staat, so<br />

dass es für ihn/sie deshalb fair und vernünftig erscheint, dort um Asyl nachzusuchen.<br />

Desweiteren wurde betont, dass die Glaubwürdigkeit eines Verfahrens zur Übertragung<br />

der Zuständigkeit von der Existenz harmonisierter Standards in den inhaltlichen<br />

und verfahrenstechnischen Bereichen der Asylprüfung abhängig ist. 28<br />

Im Februar 2002 veröffentlichte <strong>UNHCR</strong> Anmerkungen zum Entwurf der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung. 29 In Ergänzung der oben genannten Positionen schlug das Amt vor, dass<br />

nur die folgenden bedeutsamen Verbindungen zu einem der Mitgliedstaaten zu einer<br />

Übertragung der Zuständigkeit führen sollten: Familiäre oder kulturelle Bindungen,<br />

Sprachkenntnisse, Besitz eines Aufenthaltstitels und frühere Aufenthaltsrechte in dem<br />

betreffenden Staat. <strong>UNHCR</strong> drückte seine Besorgnis darüber aus, dass das Kriterium<br />

26<br />

Vgl. ‚<strong>UNHCR</strong> Position on Conventions Recently Concluded in Europe (<strong>Dublin</strong> and Schengen Conventions)’, 16. August 1991.<br />

27<br />

Vgl. ‚Umsetzung des <strong>Dublin</strong>er Übereinkommens – Einige Anmerkungen von <strong>UNHCR</strong>’, Mai 1998.<br />

28<br />

Vgl. ‚“Revisiting the <strong>Dublin</strong> Convention“ – Einige Gedanken von <strong>UNHCR</strong> zum Arbeitspapier der Kommission’, Januar 2001.<br />

29<br />

‘Anmerkungen von <strong>UNHCR</strong> zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von<br />

Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein<br />

Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem der Mitgliedstaaten gestellt hat (KOM (2001) 447 endgültig)’, Februar 2002.<br />

5<br />

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des illegalen Grenzübertritts zu einem ernsthaften Ungleichgewicht in der Verteilung<br />

der Asylsuchenden auf die Mitgliedstaaten führen könnte. Dieses Ungleichgewicht<br />

würde nicht nur den an den Außengrenzen der Europäischen Union gelegenen Staaten<br />

Probleme bereiten, sondern könnte auch negative Folgen für den Schutz von A-<br />

sylsuchenden und Flüchtlingen haben. Besorgnis wurde zudem über das Fehlen des<br />

Suspensiveffekts von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung der Zuständigkeitsübertragung<br />

geäußert. Als positive Schritte wurden die humanitären Ausnahmen, die unbegleitete<br />

Minderjährige betreffende Vorschriften und die Fortschritte im Hinblick auf<br />

das Kriterium der Familieneinheit gewürdigt.<br />

Das <strong>Dublin</strong>-System beruht auf der Annahme, dass alle Mitgliedstaaten den Grundsatz<br />

der Nichtzurückweisung achten und daher als sichere Staaten für Drittstaatsangehörige<br />

angesehen werden können. 30 Es setzt ferner voraus, dass die rechtliche und praktische<br />

Harmonisierung im Asylbereich bereits erreicht wurde. In der Praxis wenden<br />

die Mitgliedstaaten dennoch weiterhin eine Vielzahl unterschiedlicher Aufnahmepraktiken<br />

an und sind weit von einer gemeinsamen Interpretation des Flüchtlingsbegriffs<br />

und von einem gemeinsame Ansatz bei der Zuerkennung internationalen Schutzes<br />

entfernt. Dies zeigt sich in großen Unterschieden bei Anerkennungsquoten in verschiedenen<br />

Mitgliedstaaten für Asylsuchende aus einem bestimmten Land oder einer<br />

bestimmten Region. Diese ungleiche Anerkennungspraxis führt unter anderem zu Sekundärwanderungen,<br />

wenn Asylsuchende versuchen, Schutz zu finden.<br />

<strong>UNHCR</strong> ist besorgt darüber, dass die fehlende Harmonisierung und die inkonsistente<br />

Interpretation des Flüchtlingsbegriffs des Art. 1 A der Genfer Flüchtlingskonvention<br />

möglicherweise zu direktem oder indirektem refoulement führen könnte. Die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung kann internationales Flüchtlingsrecht und humanitäres Völkerrecht nicht<br />

verdrängen, sondern muss in Einklang mit diesen Regelwerken interpretiert und angewandt<br />

werden. 31<br />

4. Ziel und Kontext der Studie<br />

Die vorliegende Studie untersucht die Staatenpraxis bei der Anwendung der <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong><br />

Verordnung unter dem Blickwinkel der Einhaltung des internationalen Flüchtlingsrechts.<br />

Darüber hinaus bemüht sie sich zu ermitteln, ob Ziel und Zweck der Verordnung<br />

erreicht werden. Zudem werden die Auswirkungen auf die einzelnen Asylsuchenden<br />

untersucht und Empfehlungen für die zukünftige Anwendung und Umsetzung<br />

formuliert, inklusive einiger Empfehlungen zur Änderung der Verordnung. 32<br />

Ein wichtiger Aspekt, welcher in der Studie nicht behandelt werden konnte, ist die<br />

Anwendung der Drittstaatenregelung durch die Mitgliedstaaten. Trotz der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung wird die Drittstaatenregelung weiterhin dazu genutzt, Asylsuchende in ein<br />

Drittland abzuschieben, ohne ihren Asylantrag substantiell zu prüfen. Die durchgeführte<br />

Untersuchung erbrachte keine ausreichenden Informationen für eine kritische<br />

Analyse der Anwendung der Drittstaatenregelung. Aus diesem Grund bittet <strong>UNHCR</strong><br />

dringend darum, dass die Europäische Kommission diesen Aspekt im Rahmen der<br />

30<br />

Vgl. Erwägungsgrund 2 der Präambel der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung.<br />

31<br />

Vgl. in diesem Zusammenhang auch EGMR, Zulässigkeitsentscheidung vom 07.03.2000 – Nr. 43844/98 (Fall TI /Vereinigtes<br />

Königreich).<br />

32<br />

Die Studie enthält weder einen umfassenden Überblick über die relevante mitgliedstaatliche Gesetzgebung und Rechtsprechung<br />

noch über den aktuellen Forschungsstand bezüglich <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>. Umfassendes statistisches Material zur Anwendung der<br />

Verordnung stand <strong>UNHCR</strong> nicht zur Verfügung und konnte daher in dieser Studie nicht analysiert werden. Da keine Daten zu<br />

den finanziellen Kosten der Anwendung der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung vorliegen, konnten in der Studie keine Schlüsse hinsichtlich<br />

ihrer Kosteneffizienz gezogen werden.<br />

6<br />

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Bestandsaufnahme sowohl zur <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung als auch zur Asylverfahrensrichtlinie<br />

33 sorgfältig untersucht.<br />

Diese Studie richtet besonderes Augenmerk auf folgende Aspekte bei der Umsetzung<br />

der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung:<br />

- Zugang zum Asylverfahren;<br />

- Verfahrensrechtliche Schutzmechanismen während des Verfahrens;<br />

- Effektiver Rechtsschutz;<br />

- Auslegung und Anwendung der Kriterien zur Bestimmung der Zuständigkeit<br />

unter Berücksichtigung von humanitären Gesichtspunkten vor allem des Kindeswohls<br />

und der Familienzusammenführung;<br />

- Anwendung und Auslegung der „humanitären Klausel“ und des Selbsteintrittsrechts;<br />

- Fristen zur Bestimmung der Zuständigkeit;<br />

- Aufnahmebedingungen und Praxis der Inhaftierung;<br />

- Überstellungsbedingungen.<br />

Art. 28 <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung sieht vor, dass die Europäische Kommission bis spätestens<br />

März 2006 dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über die Durchführung<br />

der Verordnung erstattet und gegebenenfalls die erforderlichen Änderungen<br />

vorschlägt. Somit hofft <strong>UNHCR</strong>, dass die vorliegende Analyse konstruktiv zu dem zu<br />

erstellenden Bericht der Kommission und zur Stärkung des Flüchtlingsschutzsystems<br />

in der Europäischen Union beitragen wird.<br />

<strong>UNHCR</strong> legt hier eine deutsche Übersetzung des „Executive Summary“ und der „Abschließenden<br />

Empfehlungen“ vor. Die gesamte Studie kann in englischer Sprache<br />

unter www.unhcr.org heruntergeladen werden.<br />

33<br />

Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung<br />

und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABl. L 326/13, 13. Dezember 2005.<br />

7<br />

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<strong>II</strong>. EXECUTIVE SUMMARY<br />

Mehr als zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung und vor der ersten<br />

Bestandsaufnahme ihrer Umsetzung durch die EU-Kommission versucht diese<br />

Studie, einen Einblick in die Funktionsweise des Systems zu vermitteln. Dazu wurden<br />

die Berichte von 104 Personen aus 22 Ländern, die aus erster Hand ihre Erfahrungen<br />

dargestellt haben, zusammengefügt. Basierend auf diesen Untersuchungen gibt<br />

<strong>UNHCR</strong> eine Reihe von Empfehlungen, die dem grundsätzlichen Ziel verpflichtet sind,<br />

den Schutz und das Wohl von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Rahmen des <strong>Dublin</strong><br />

<strong>II</strong>- Systems zu verbessern.<br />

Die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung stellt ein System zur Bestimmung der Zuständigkeit für A-<br />

sylverfahren zur Verfügung. Sie enthält keine Mechanismen, die sicherstellen, dass<br />

Verantwortlichkeiten auf gleiche oder ausgeglichene Art und Weise verteilt werden.<br />

<strong>UNHCR</strong> hat wiederholt seine Besorgnis ausgedrückt, dass die Umsetzung von <strong>Dublin</strong><br />

<strong>II</strong> zu einem ernstzunehmenden Ungleichgewicht in der Verteilung von Asylbewerbern<br />

auf die Mitgliedstaaten führen könnte. Insbesondere das Kriterium des illegalen<br />

Grenzübertritts ist möglicherweise geeignet, den Staaten an den EU-Außengrenzen,<br />

vor allem den Staaten an den Ost- und Südgrenzen, unverhältnismäßige Lasten aufzubürden.<br />

Die Auswirkung der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung auf die Verteilung der Asylanträge in der<br />

Europäischen Union bedarf weiterer Untersuchung. Die Gesamtzahl der Asylanträge<br />

in der Europäischen Union fiel im Jahr 2005 mit etwa 46% im Vergleich zu 2001<br />

(100%) auf den tiefsten Stand seit 1998. 34 Nach den verläßlichsten Schätzungen, die<br />

<strong>UNHCR</strong> vorliegen, wurde in etwa 15 % der 237,840 Asylanträge, die im Jahre 2005 in<br />

der EU-25 eingereicht wurden, ein Zuständigkeitsbestimmungverfahren gemäß <strong>Dublin</strong><br />

<strong>II</strong> durchgeführt. Es ist möglich, dass die entsprechenden Anträge in zwei oder mehreren<br />

Mitgliedstaaten registriert wurden, was darauf hindeuten könnte, dass eine beachtliche<br />

Anzahl von Asylanträgen in der Statistik doppelt gezählt wurde. Die tatsächliche<br />

Zahl der Antragsteller ist somit niedriger als die oben genannte Zahl.<br />

Es besteht keine Einigkeit darüber, wie eine ‚faire’ Verteilung von Asylanträgen innerhalb<br />

der EU aussehen könnte. Die Zahl der Anträge differiert zwischen den einzelnen<br />

Mitgliedstaaten erheblich. Im Jahr 2005 wurden die meisten Anträge in Frankreich<br />

eingereicht, gefolgt von Großbritannien, Deutschland, Österreich, Schweden, Belgien<br />

und den Niederlanden. 35 Die Situation stellt sich allerdings ganz anders dar, wenn<br />

man die Zahl der Asylanträge in Relation zur Größe der Bevölkerung des betreffenden<br />

Landes - dies könnte ein Indikator für die Aufnahmekapazität eines Staates sein -<br />

setzt. Legt man diesen Maßstab an, verzeichneten Zypern und Malta 2005 die höchste<br />

Quote von Asylanträgen, gefolgt von Österreich, Schweden, Luxemburg und Belgien.<br />

36 Diese Staaten waren die einzigen EU-Mitgliedstaaten, in denen 2005 pro tausend<br />

Einwohner mehr als ein Asylantrag gestellt wurde. Der Durchschnitt für die EU-<br />

25 lag bei 0,5 Anträgen pro tausend Einwohner.<br />

In Ermangelung umfassender öffentlicher Daten zur Funktionsweise des <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-<br />

Systems kann sich <strong>UNHCR</strong> lediglich auf Teildaten stützen, die von den Staaten für<br />

die ersten sechs Monate des Jahres 2005 zur Verfügung gestellt und zur Veröffentlichung<br />

freigegeben wurden (siehe Anhang). Leider stellten Frankreich keine und Mal-<br />

34<br />

<strong>UNHCR</strong>, Asylum Levels and and Trends in Industrialized Countries, 2005, verfügbar unter www.unhcr.org.<br />

35<br />

Ebd. S. 9.<br />

36<br />

Ebd. Die Zahl der Asylanträge pro 1000 Einwohner stellte sich 2005 wie folgt dar: Zypern: 9,3; Malta: 2,9; Österreich: 2,7;<br />

Schweden: 1,9; Luxemburg: 1,7; Belgien: 1,5.<br />

8<br />

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ta, Norwegen und Schweden nur Teildaten zur Verfügung. Aus den zur Verfügung<br />

stehenden Daten ergibt sich, dass die Staaten an den östlichen und südlichen Außengrenzen<br />

der Europäischen Union tatsächlich häufiger das Ziel von Überstellungen<br />

nach der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung sind, als sie selbst Überstellungen in andere Mitgliedstaaten<br />

durchführen.<br />

In dem Zeitraum, für den <strong>UNHCR</strong> über Statistiken verfügt, überstieg die Zahl der Ü-<br />

berstellungen nach Griechenland, Ungarn, Italien, Polen, Slowakei und Spanien bei<br />

weitem die Zahl der von diesen Staaten durchgeführten Überstellungen. Im Vergleich<br />

dazu überstiegen in der Tschechischen Republik, Finnland und Großbritannien die<br />

von diesen Staaten durchgeführten Überstellungen die tatsächlichen Übernahmen<br />

aus anderen EU-Staaten. In anderen Ländern, wie Österreich, Deutschland und den<br />

Niederlanden, welche unter den Ländern sind, die die meisten Asylanträge erhalten,<br />

ist das Verhältnis von Überstellungen und Übernahmen annähernd ausgeglichen.<br />

<strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> scheint nur einen geringen Einfluß auf Zypern und Malta, die Länder mit der<br />

höchsten Antragsquote (bezogen auf die Bevölkerung), zu haben; der Grund hierfür<br />

könnte sein, dass die irreguläre Weiterwanderung von einem Inselstaat schon per definitionem<br />

sehr schwierig sein dürfte.<br />

Nach den zur Verfügung stehenden Daten wurden Überstellungen in nur 30% der Fälle<br />

tatsächlich durchgeführt. Die relativ geringe Zahl von tatsächlich durchgeführten<br />

Überstellungen könnte die Regierungen dazu veranlassen, vermehrt auf das Mittel<br />

der Inhaftierung zurückzugreifen. Darüberhinaus besteht die Möglichkeit, dass sich<br />

Asylsuchende ebenfalls an das System anpassen, indem sie eine Asylantragstellung<br />

in einem Mitgliedstaat an den EU-Außengrenzen sowie eine damit verbundene Registrierung<br />

vermeiden und stattdessen versuchen, diese Staaten unbemerkt zu passieren.<br />

Wenn in den Transitländern keine Registrierung und keine Abnahme von Fingerabrücken<br />

erfolgt, ist es schwierig, die nach <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> vorgesehene Verfahrensweise<br />

umzusetzen.<br />

Die Studie deckte zahlreiche, teilweise sehr unterschiedliche Herangehensweisen<br />

sowie Lücken in der Staatenpraxis im Hinblick auf die Anwendung der Verordnung<br />

auf. Einige Punkte, die Anlass zu Bedenken geben, wie z.B. bestimmte prozessuale<br />

Rechte, die praktische Anwendung des Prinzips des Kindeswohls, des sogenannten<br />

‘Selbsteintrittsrechts‘ und der humanitären Klausel, würden von einer Fachdiskussion<br />

und von politischen sowie rechtlichen Leitlinien profitieren, die sich an rechtlichen<br />

Grundprinzipien orientieren. Andere Punkte, wie z.B. die Definition des Begriffs „Familienangehörige“,<br />

die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels oder die Vorschriften<br />

zu Fristen und Überstellungen bedürften zur Schließung der bestehenden Lücken und<br />

zur Beseitigung von Mehrdeutigkeiten sowie Unstimmigkeiten einer Änderung der<br />

<strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung. Wenn das System im Hinblick auf die Klärung der Zuständigkeit<br />

und der Schutzgewährung für Schutzbedürftige effektiv funktionieren soll, müssen<br />

diese politischen und rechtlichen Herausforderungen angenommen werden.<br />

Im Rahmen seiner Empfehlungen hat <strong>UNHCR</strong> drei Probleme als besonders dringlich<br />

herausgearbeitet:<br />

o<br />

Prüfung von Asylanträgen: Einige Mitgliedstaaten führen keine vollständige<br />

und faire Prüfung der Asylanträge durch, die von Personen gestellt werden, die<br />

nach den Regeln der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung auf ihr Territorium zurückgekehrt<br />

sind. Dies gibt Anlaß zu großer Sorge. Alle Mitgliedstaaten sind dem Grundsatz<br />

des “non-refoulement” verpflichtet. Es sollte für Mitgliedstaaten kein Spielraum<br />

bestehen, sich dieser Verpflichtung dadurch zu entziehen, dass sie bestimmte<br />

Anträge nach <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong> als implizit zurückgenommen behandeln. Ebenso muß<br />

die Drittstaaten-Regelung, wenn sie im Rahmen eines <strong>Dublin</strong>-Verfahrens he-<br />

9<br />

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angezogen wird, in voller Übersteinstimmung mit dem „non-refoulement“-<br />

Grundsatz und anderen festgelegten Schutzstandards angewandt werden.<br />

o<br />

o<br />

Rechtsschutz: Asylsuchenden sollte ein effektiver Rechtsschutz gegen Überstellungsentscheidungen<br />

offen stehen. Dieser sollte das Recht beinhalten, die<br />

Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels zu beantragen, falls<br />

der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Dem Antragsteller sollte<br />

der Aufenthalt auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates zumindest so lange erlaubt<br />

sein, bis über den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung entschieden<br />

ist. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die bestehenden Unterschiede<br />

in der Auslegung der Flüchtlingsdefintion durch die Mitgliedstaaten und<br />

bei der möglichen Anwendung der Drittstaaten-Regelung gravierende Auswirkungen<br />

auf die Ayslsuchenden haben können.<br />

Familieneinheit: Die Vorschriften, die die Zuständigkeit auf der Basis des Aufenthalts<br />

von Familienangehörigen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates regeln,<br />

sollten überarbeitet werden, um die volle Einhaltung des Rechts auf Familienleben<br />

zu gewährleisten und eine einheitliche Regelung zur Familienzusammenführung<br />

sicherzustellen. Eine großzügigere Interpretation des Begriffs „Familie“<br />

und des Rechts auf Familienzusammenführung würde nicht nur Härten<br />

für Asylsuchende verringern, sondern auch den staatlichen Interessen an einer<br />

einheitlichen Entscheidungspraxis und der Verhinderung von Sekundärwanderungen<br />

dienen.<br />

Weitere wichtige Fragen werden in den „Abschließenden Empfehlungen“ behandelt. Es<br />

besteht die Hoffnung, dass diese Untersuchung sowohl in den Bericht der EU-<br />

Kommission als auch in die Beratungen des Rates und des Parlaments über die Zukunft<br />

der Verordnung einfließen wird. Im Amsterdamer Vertrag, den Beschlüssen des<br />

Europäischen Rates von Tampere und dem Haager Programm ist vorgesehen, dass<br />

diese Bestrebungen von dem Ziel geleitet werden, eine volle und umfassende Anwendung<br />

der Genfer Flüchtlingskonvention und anderer internationaler Verträge nach ihrem<br />

Wort und Sinn zu erreichen.<br />

Obwohl sich diese Studie primär auf die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung konzentriert und nicht die<br />

Praxis unter anderen Rechtsakten, wie etwa der Status- bzw. Qualifikationsrichtlinie,<br />

untersucht, deckt die Studie einige Lücken in der Umsetzung der verschiedenen<br />

Rechtsakte auf. <strong>UNHCR</strong> empfiehlt der Europäischen Kommission, sich insbesondere<br />

im Rahmen der Überwachung der Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie eingehend mit<br />

diesen Fragen zu beschäftigen.<br />

10<br />

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<strong>II</strong>I. ABSCHLIEßENDE EMPFEHLUNGEN<br />

Prüfung von Asylanträgen und Rechtsmittel<br />

1. Es sollte eine Regelung in die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung aufgenommen werden, die<br />

dem zuständigen Staat die Verpflichtung auferlegt, den/die Asylsuchende/n<br />

nicht abzuschieben, bevor eine volle und faire Prüfung seines oder ihres Asylantrages<br />

stattgefunden hat. Falls die Drittstaaten-Regelung vom zuständigen<br />

Staat angewandt wird, sollte sichergestellt werden, dass die von <strong>UNHCR</strong> empfohlenen<br />

Kriterien befolgt werden, um das Risiko von refoulement zu vermeiden.<br />

2. Falls die Rechtsmittelfrist gegen die Ablehnung des Asylantrags während der<br />

Abwesenheit des/der Asylsuchenden vom Hoheitsgebiet des nach <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong><br />

zuständigen Staates abgelaufen ist, sollte ihm/ihr nach seiner/ihrer Rückkehr<br />

der Zugang zum Rechtsmittelverfahren offen stehen.<br />

3. Die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung sollte die Staaten verpflichten, einen effektiven<br />

Rechtsschutz gegen Überstellungsbescheide zu gewährleisten und zu ermöglichen,<br />

dass der Antragsteller im Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaates verbleiben<br />

kann, bis eine Entscheidung über den Antrag auf Herstellung der aufschiebenden<br />

Wirkung getroffen worden ist.<br />

4. Wichtige Informationen über das <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-System sollten den Asylsuchenden<br />

in einer Sprache zur Verfügung gestellt werden, die sie tatsächlich verstehen.<br />

5. Die Überstellungsbescheide sollten schriftlich ergehen und in einer Sprache<br />

zur Verfügung gestellt werden, welche die jeweiligen Asylsuchenden verstehen.<br />

Diese Entscheidungen sollten eine Rechtsmittelbelehrung enthalten und<br />

ausdrücklich feststellen, dass keine substantielle Prüfung des Antrags durchgeführt<br />

wurde.<br />

Familienzusammenführung und das Prinzip des Kindeswohls<br />

6. In Übereinstimmung mit der Konvention über die Rechte des Kindes sollte das<br />

Prinzip des Kindeswohls in allen Verfahren vorrangig beachtet werden, die<br />

Kinder betreffen, und nicht nur wenn sich ein Familienangehöriger rechtmäßig<br />

im Gebiet der EU aufhält.<br />

7. Der Begriff der “Familie” sollte unverheiratete Paare, die eine stabile Familieneinheit<br />

bilden, ebenso einbeziehen wie andere abhängige Verwandte, die nicht<br />

auf anderweitige Unterstützung zurückgreifen können, wie etwa erwachsene<br />

Kinder, die wegen ihres Gesundheitszustandes nicht in der Lage sind, für sich<br />

selbst zu sorgen.<br />

8. Die Voraussetzung, dass die familiäre Beziehung bereits im Herkunftsland Bestand<br />

haben muss, sollte zumindest für Mitglieder der Kernfamilie aufgegeben<br />

werden.<br />

9. Für die Bestimmung der Zuständigkeit eines Staates sollte nicht nur der Aufenthalt<br />

von Familienangehörigen, die in einem anderen Mitgliedstaat Flüchtlingsstatus<br />

besitzen, sondern auch der Aufenthalt subsidiär schutzberechtigter<br />

11<br />

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Familienangehöriger relevant sein. Die Familienzusammenführung sollte nicht<br />

auf die Familienangehörigen begrenzt bleiben, die einen Asylantrag gestellt<br />

haben und noch keine Erstentscheidung über ihren Antrag erhalten haben.<br />

Selbsteintrittsrecht und humanitäre Klausel<br />

10. Die Kommission sollte Regeln für die Anwendung des Selbsteintrittsrechts in<br />

die <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-Durchführungsverordnung aufnehmen. Das Selbsteintrittsrecht<br />

sollte großzügiger als bisher angewandt werden, wenn dies im Interesse der<br />

Asylsuchenden und/oder ihrer Familien ist. Gleichzeitig sollte es nicht in einer<br />

Weise Anwendung finden, die andere humanitäre Vorschriften der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-<br />

Verordnung unterläuft.<br />

11. Es sollte keine Überstellung in einen Staat durchgeführt werden, in dem die<br />

Gefahr der Nichteinhaltung internationaler Flüchtlings- und Menschenrechtsstandards<br />

besteht. In diesem Fall sollte vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch<br />

gemacht werden.<br />

12. Die ‘humanitäre Klausel’ sollte flexibler angewandt werden, um sicherzustellen,<br />

dass sie den beabsichtigten positiven Effekt für die Asylsuchenden entfalten<br />

kann.<br />

Aufnahmebedingungen und Inhaftierung<br />

13. In der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung sollte ausdrücklich festgehalten werden, dass Antragsteller/innen,<br />

bei denen ein Verfahren nach der <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung<br />

durchgeführt wird, ein Recht auf die selben Aufnahmebedingungen haben, wie<br />

andere Asylsuchende. Zudem sollte ihr Recht auf rechtlichen Beistand und<br />

Vertretung angeführt werden.<br />

14. Zu den Personen, die unter dem <strong>Dublin</strong>-System überstellt werden sollen, zählen<br />

Asylsuchende, deren Anträge noch nicht einer substantiellen Prüfung unterzogen<br />

wurden. Ihr Recht auf Aufnahme sollte nicht eingeschränkt werden.<br />

Inhaftierung sollte auf außergewöhnliche Fälle beschränkt werden. Es sollten<br />

daher Regelungen in die Dubin <strong>II</strong>-Verordnung aufgenommen werden, die die<br />

Gründe festlegen, aus denen eine Inhaftierung angeordnet werden kann, und<br />

die das Recht auf regelmäßige rechtliche Überprüfung konkretisieren.<br />

Fristen und Überstellungen<br />

15. Die Fristen für die Überstellung und für ein Übernahmeersuchen an einen anderen<br />

Mitgliedstaat sollten verkürzt werden. Es sollte eine angemessene Frist<br />

für Anträge auf Wiederaufnahme von Asylsuchenden eingeführt werden. Diese<br />

Maßnahmen würden in beträchtlichem Maße Härten für die Asylsuchenden<br />

mindern.<br />

16. Mitgliedstaaten sollen nur dann einen begleiteten Transfer durchführen oder<br />

Zwangsmaßnahmen anwenden, wenn klare Anzeichen dafür bestehen, dass<br />

der Asylbewerber sich weigert, freiwillig auszureisen.<br />

17. In die <strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung sollte eine Regelung eingefügt werden, die festlegt,<br />

dass zwangsweise Rückführungen immer in einer menschlichen Weise<br />

12<br />

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durchgeführt werden sollen, d.h. unter voller Beachtung der Menschenrechte<br />

und der Menschenwürde, und unter der Maxime, dass die Anwendung von<br />

Gewalt immer verhältnismäßig sein muss.<br />

18. Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Ü-<br />

berstellungen sollte verbessert und ausdrücklich in der <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-<br />

Durchführungsverordnung der EU-Kommission niedergelegt werden. Dies gilt<br />

insbesondere in Bezug auf Familienangehörige im aufnehmenden Staat und<br />

auf spezielle Bedürfnisse der zu Überstellenden.<br />

Effizienz des Systems und gerechte Verteilung der Zuständigkeiten<br />

19. Die Europäische Kommission sollte statistische Daten über die Umsetzung der<br />

<strong>Dublin</strong>-<strong>II</strong>-Verordnung erheben, analysieren und veröffentlichen sowie die Effizienz<br />

des Systems mit Blick sowohl auf humanitäre als auch auf finanzielle<br />

Aspekte bewerten.<br />

20. Die Europäische Kommission sollte die Verteilung der Asylsuchenden auf die<br />

Mitgliedstaaten ebenso untersuchen wie ein sich aus dem <strong>Dublin</strong> <strong>II</strong>-System<br />

ergebendes potentielles Ungleichgewicht, und dabei jegliche möglichen negativen<br />

Folgen für den Flüchtlingsschutz berücksichtigen.<br />

13<br />

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IV. ANHANG<br />

Eingegangene Ersuchen 37<br />

(Januar-Juni 2005)<br />

Ersuchen Stattgegeben Abgelehnt<br />

Durchgeführte<br />

Überstellungen<br />

Belgien* 1.353 1.059 324 180<br />

Deutschland** 3.091 2.292 808 1.453<br />

Estland 5 4 1 1<br />

Finnland 161 121 40 Geschätzt: 60<br />

Frankreich k.A. k.A. k.A. k.A.<br />

Griechenland 565 526 49 176<br />

Irland 56 32 9 15<br />

Island 3 1 3 1<br />

Italien 1.238 96 7 248<br />

Lettland 0 0 0 0<br />

Litauen 13 10 3 16<br />

Luxemburg 86 64 23 40<br />

Malta 117 Gesch.: 66 Gesch.: 15 35<br />

Niederlande 1.225 759 324 550<br />

Norwegen*** 3.989 3.478 500 k.A.<br />

Österreich 1.632 892 653 281<br />

Polen 1.461 1.280 209 850<br />

Portugal 44 26 10 7<br />

Schweden 1.523 1.111 391 k.A.<br />

Slowakische Rep. 1.113 769 175 284<br />

Slowenien 138 99 38 21<br />

Spanien 329 317 52 156<br />

Tschechische<br />

Rep.<br />

276 192 85 66<br />

Ungarn 490 340 36 70<br />

Vereinigtes Königreich<br />

342 222 89 118<br />

Zypern**** 37 36 1 2<br />

Total 19.287 13.792 3.845 4.630<br />

* Zeitraum Januar-Dezember 2005 *** Zeitraum September 2003-September 2005<br />

** Zeitraum Juli-Dezember 2005 **** Zeitraum Januar 2005-Januar 2006<br />

37<br />

Vorläufige, von den Mitgliedstaaten übermittelte Zahlen.<br />

14<br />

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Gestellte Ersuchen 38<br />

(Januar-Juni 2005)<br />

Ersuchen Stattgegeben Abgelehnt<br />

Durchgeführte<br />

Überstellungen<br />

Belgien* 2.210 1.664 546 k.A.<br />

Deutschland** 2.608 1.824 661 1.108<br />

Estland 1 1 0 1<br />

Finnland 592 507 86 423<br />

Frankreich k.A. k.A. k.A. k.A.<br />

Griechenland 16 11 4 3<br />

Irland 261 193 28 78<br />

Island 15 11 3 11<br />

Italien 354 66 4 11<br />

Lettland 0 0 0 0<br />

Litauen 1 1 0 1<br />

Luxemburg 190 174 13 160<br />

Malta k.A. k.A. k.A. k.A.<br />

Niederlande 932 636 145 503<br />

Norwegen*** 5.925 5.749 646 k.A.<br />

Österreich 2.555 1.757 583 265<br />

Polen 100 40 55 63<br />

Portugal 19 17 3 4<br />

Schweden 1.999 1.646 317 k.A.<br />

Slowakische Rep. 138 17 66 5<br />

Slowenien 27 8 15 3<br />

Spanien 142 50 18 14<br />

Tschechische<br />

Rep.<br />

325 280 46 291<br />

Ungarn 23 7 16 6<br />

Vereinigtes Königreich<br />

1.059 974 77 1.155<br />

Zypern**** 4 2 2 0<br />

Total 19.496 15.635 3.334 4.105<br />

* Zeitraum Januar-Dezember 2005 *** Zeitraum September 2003-September 2005<br />

** Zeitraum Juli-Dezember 2005 **** Zeitraum Januar 2005-Januar 2006<br />

38<br />

Vorläufige, von den Mitgliedstaaten übermittelte Zahlen.<br />

15<br />

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