11.04.2014 Aufrufe

Dramatische Bestandssituation und Zuchtperspektive im EEP

Dramatische Bestandssituation und Zuchtperspektive im EEP

Dramatische Bestandssituation und Zuchtperspektive im EEP

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Januar<br />

18<br />

201 1<br />

GEGRÜNDET VON ALEXANDER HAUFELLNER<br />

Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

<strong>Bestandssituation</strong> <strong>und</strong> Zuchtmanagement <strong>im</strong> Jahr 2010<br />

Die einzige Aufzucht eines Afrikanischen Elefantenkalbes gelang 2009 nicht in einem <strong>EEP</strong>­Zoo, sondern <strong>im</strong> Serengetipark Hodenhagen.<br />

Foto: T. Dornbusch<br />

Text: Olaf Töffels<br />

Elefanten sind seit Beginn der Haltungsgeschichte Aushängeschilder<br />

ihrer Halter. Ein Besuch bei den grauen Riesen gehört<br />

für die meisten Menschen auch heute noch zu einem Zoobesuch,<br />

für die moderne Tiergärtnerei sind sie schlechthin die Flaggschiffe.<br />

Woher die Dickhäuter hinter Graben <strong>und</strong> Gitter stammen,<br />

beschäftigt längst nicht so viele Zoobesucher. Etliche wissen<br />

nicht, dass das Gros der Zooelefanten auch heute noch nicht als<br />

„Zooelefant“ zur Welt gekommen ist.<br />

Gerade bei den Afrikanischen Elefanten begann die Nachzucht in<br />

Menschenobhut erst vor wenig mehr als einem Elefantenalter mit der<br />

Welterstzucht 1943 in München. Bis 1973 wurden insgesamt nur<br />

sechs Jungtiere dieser Art in ganz Europa geboren.<br />

Die Möglichkeit von <strong>im</strong>mer mehr Zoos, auch Bullen der Afrikanischen<br />

Art dauerhaft sicher zu halten sowie erste Erfahrungen bei der Haltung<br />

<strong>und</strong> Zucht der Riesen in Menschenhand ließen die Geburtenzahlen<br />

in den letzten etwa 25 Jahren deutlich ansteigen.<br />

Von planmäßiger Zucht kann allerdings keine Rede sein, denn kein<br />

Vorreiter der europäischen Afrikanerzucht hat diese Position bisher<br />

dauerhaft bestätigen können. Nur der Zoopark Howletts, UK, züchtet<br />

aktuell mit drei verwandten Weibchengenerationen. Doch erst jetzt,<br />

da die erste <strong>und</strong> zweite Generation zoogeborener Elefanten selbst ins<br />

zuchtfähige Alter kommt, wird sich zeigen, ob Zoologische Gärten für<br />

diese Tiere Arche Noah oder Titanic sein werden.


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Bullen (50 Tiere)<br />

Zuchtbullen (12 Tiere)<br />

Zwölf Afrikanische Elefantenbullen <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­<br />

Raum haben bereits Nachwuchs gezeugt.<br />

Fast die Hälfte der Vatertiere befindet sich<br />

schon jetzt in ungünstiger Zuchtsituation, etwa<br />

durch fortpflanzungsfähige Töchter <strong>im</strong> Bestand<br />

oder bereits erfolgte Inzucht. Für weitere<br />

sechs Bullen wird dieser Zustand innerhalb<br />

der nächsten fünf Jahre eintreten (Ursache:<br />

gleichfalls heranwachsende Töchter).<br />

Unter diesen Vorzeichen sind für 11 der 12<br />

Zuchtbullen <strong>und</strong> somit auch für die Weibchengruppen,<br />

bei denen sie momentan leben, Veränderungen<br />

mehr oder weniger dringlich<br />

( Tab. 1).<br />

Derzeit befindet sich mit „Pambo“ nur ein<br />

Zuchtbulle <strong>im</strong> gesamten <strong>EEP</strong>­Raum in einer<br />

r<strong>und</strong>um idealen Haltung für die Zucht (Tab. 2).<br />

Er sowie „Kibo“ in Boras <strong>und</strong> der momentan<br />

ohne Zuchtmöglichkeit gehaltene „Yossi“ in<br />

Ramat Gan sind bisher die einzigen in Menschenhand<br />

geborenen Zuchtbullen.<br />

Der siebenfache Vater „Tembo“, Tierpark<br />

Berlin <strong>und</strong> „Tonga“, Hodenhagen (zwei<br />

Zeugungen) leben in Zoos, die nicht am <strong>EEP</strong><br />

teilnehmen.<br />

Tabelle 1: Zuchtbullen (Stand: 01.05.2010)<br />

Beschreibung<br />

Anzahl<br />

Zuchtsituation günstig 1<br />

Zuchtsituation bedingt geeignet 6<br />

Zuchtsituation ungeeignet 5<br />

12<br />

Tabelle 2: Zuchtsituation des Bullen "Pambo" in Cabarceno (Stand: 01.05.2010)<br />

Zoo<br />

Name (Alter)<br />

Fruchtbare<br />

Kühe<br />

geeignet<br />

Juvenile<br />

Kühe<br />

Partnerinnen<br />

ungeeignet<br />

Nicht mehr Verwandte Kühe<br />

züchtende Kühe<br />

Bemerkung<br />

Cabarceno, ESP „Pambo“ (18) 6 3 1 0 Ideal durch Bullentausch<br />

„N´Dume“ (27 J.). Der dreifache Vater lebt <strong>im</strong><br />

französischen Sigean auf 1 Hektar nur mit seinen<br />

Töchtern (9­ <strong>und</strong> 7jährig) zusammen.<br />

Die Töchter des 18jährigen „Tusker“ hätten in<br />

Wuppertal keine <strong>Zuchtperspektive</strong>, falls man sich<br />

dort nicht zum Bullentausch entschließen sollte.<br />

„Tembo“ (27 J.) hat in Colchester keine Kuh, die<br />

auf natürlichem Weg von ihm trächtig werden<br />

kann. Er dient dem IZW nur als Samenspender.<br />

Fotos: Archiv EEG<br />

Weitere Bullen über 20 Jahre<br />

(7 Tiere)<br />

Fünf adulte <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e Bullen in Menschenhand<br />

haben bisher noch nicht gezüchtet. Alle<br />

fünf sind Wildfänge, drei sind ehemalige Circustiere.<br />

Nur „Carl“ lebt seit seinem Import <strong>im</strong><br />

Zoo von Tallin.<br />

Von ihnen hat sich bisher nur der 29jährige<br />

„Ben“, Thoiry, trotz geeigneter Zuchtpartnerinnen<br />

in zwei Zoos nicht bewährt. Die übrigen haben<br />

sich bisher nie in einer durchgehend guten<br />

Zuchtsituation bef<strong>und</strong>en. „Java“ in Fasano<br />

wird einzeln gehalten. „Thai“ lebt mit über 30<br />

Jahre alten Kühen zusammen. Die Halter beider<br />

sind nicht <strong>im</strong> <strong>EEP</strong> vertreten.<br />

In am Zuchtprogramm teilnehmenden Zoos leben<br />

dagegen „Afrique“, Safaripark Monde<br />

Sauvage <strong>und</strong> „Carl“ <strong>im</strong> Zoo Tallin. Beide zeigen<br />

Deckbereitschaft bei ihren zur Zucht zu<br />

alten Gefährtinnen. Doch nur in Tallin sind<br />

Haus <strong>und</strong> Anlage zur Übernahme junger<br />

Weibchen geeignet.<br />

Die Bullen „Shorty“, Peaugres, <strong>und</strong> „Max“,<br />

La Teste, zuvor ebenfalls Circus, sind chronisch<br />

erkrankt <strong>und</strong> fallen für das Zuchtgeschehen<br />

aus.<br />

3<br />

Bullen über 20 Jahre sollten von Alter <strong>und</strong><br />

Größe her keine Probleme auch mit dominanten<br />

Kühen haben, der Nachweis einer Zeugungsfähigkeit<br />

ist bei diesen sieben Tieren<br />

allerdings noch nicht erbracht. Solche Bullen,<br />

die bisher keine Gelegenheit zur Zucht hatten,<br />

könnten ihre Zuchteignung bei Muttertieren –<br />

deren Fruchtbarkeit ja bereits erwiesen ist –<br />

<strong>und</strong> deren Familiengruppen beweisen. Sie<br />

wären also gut als Austauschtiere <strong>im</strong> Zuge eines<br />

Bullenwechsels geeignet.


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Bullen zwischen 8 <strong>und</strong> 20 Jahren<br />

(16 Tiere)<br />

Elf der 16 juvenilen bis subadulten Bullen sind<br />

zoogeborene Tiere. Fünf Jungbullen haben<br />

Geschlechtspartnerinnen, die entweder bereits<br />

zu alt zur Zucht sind bzw. sich von einem<br />

nicht ausgewachsenen, wenig dominanten<br />

Bullen wahrscheinlich nicht decken lassen<br />

(siehe Tab. 3). Zwei haben verwandte Elefantinnen<br />

zur Gesellschaft bzw. leben noch in ihrer<br />

Geburtsherde. „Jack“, West Midlands<br />

(Importbulle), wird mit 17 Jahren <strong>im</strong>mer noch<br />

von Menschen <strong>im</strong> Direkten Kontakt dominiert.<br />

Angesichts der gegenwärtig geringen Zahl an<br />

Zuchtbullen, des zukünftig notwendigen Austauschs<br />

von Vatertieren in sich entwickelnden<br />

Familiengruppen <strong>und</strong> der Anzahl junger Kühe,<br />

die ohne Bullen gehalten werden, kann momentan<br />

keinesfalls von einem Bullenüberschuss in<br />

dieser Altersgruppe gesprochen werden!<br />

„L<strong>im</strong>bo“ in Beauval wird von den Kühen, mit denen er zusammen aufgewachsen ist, auch mit 19 Jahren<br />

noch nicht als Paarungspartner akzeptiert; Eltern: „Yossi“ + „Lara“ (†). Foto: N. Keese<br />

„Jassa“ wurde 8jährig mit seinem Halbbruder in<br />

einer Junggesellenhaltung (El Vergel) eingestellt.<br />

Er ist mittlerweile 13 Jahre alt; Eltern: „Jums“ +<br />

„Masa“. Foto: N. Keese<br />

Hoffnungsvoller Nachwuchs: Der 10jährige „Coco“<br />

in Cabarceno lebt noch in seiner Geburtsherde<br />

– leider auch mit Halbschwestern; Eltern:<br />

„Chisco“ (†) + „Laura“. Foto: N. Keese<br />

Die Halbbrüder „Pembe“ (9 J., links) <strong>und</strong> „Akili“<br />

(8 J.) in der Junggesellenhaltung des Zoos La<br />

Flèche sind Söhne von „Yossi“. Foto: N. Keese<br />

Tabelle 3: Bullen zwischen 8 <strong>und</strong> 20 Jahren (Stand 01.05.2010)<br />

Beschreibung<br />

Anzahl<br />

Züchterische Situation erscheint geeignet 4<br />

Züchterische Situation ist ungeeignet 8<br />

Junggesellenhaltung 4<br />

Jungbullen unter 8 Jahren<br />

(15 Tiere)<br />

„Izik“ (geb. 06.05.2004) lebt in Posnan mit<br />

Halbbruder <strong>und</strong> drei Kühen über 20 Jahren.<br />

Foto: Archiv EEG<br />

Zu den noch nicht geschlechtsreifen Jungtieren<br />

zählen wir Bullenkälber unter acht Jahren. Die<br />

jüngsten Bullen, die in Menschenobhut erfolgreich<br />

selbst Nachwuchs zeugten, waren bisher<br />

neunjährig („Tantor“, Toronto, CAN, sowie<br />

„Rip“, Safaripark Jackson, USA, <strong>und</strong> „Pambo“,<br />

Wien­Schönbrunn). In Europa zeugte „Vauka“<br />

in Kronberg seine erste Nachzucht mit etwa 10<br />

Jahren.<br />

In dieser Altersgruppe befinden sich gegenwärtig<br />

ausschließlich Zoonachzuchten. Nur<br />

neun davon leben noch altersentsprechend bei<br />

ihren Müttern. Junge Bullen werden für das<br />

Zuchtpotenzial der Zukunft genauso entscheidend<br />

sein wie junge Weibchen.<br />

4<br />

„Jambo“ (Bildmitte), heute in Valencia lebend,<br />

wurde am 15.03.2004 in Colchester geboren.<br />

Foto: N. Keese


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Weibchen (163 Tiere)<br />

Zuchtkühe (41 Tiere)<br />

41 von 163 Afrikanerinnen <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Raum sind<br />

Zuchtkühe. Davon ist jedoch nicht mehr bei allen<br />

mit weiterem Nachwuchs zu rechnen,<br />

denn von 12 dieser Weibchen sind weitere<br />

Geburten sehr unwahrscheinlich. Die Zuchtsituationen<br />

der Übrigen fasst Tab. 4 zusammen.<br />

24 von den übrigen 29 Tieren sind Importtiere.<br />

Sechs der Mütter mit weiterem züchterischen<br />

Potenzial befinden sich in keiner als günstig zu<br />

bewertenden Zuchtsituation: „Bibi“ in Halle<br />

<strong>und</strong> die drei Zuchtkühe in Knowsley haben nur<br />

einen noch jugendlichen Partner, der<br />

wahrscheinlich nicht innerhalb der nächsten<br />

Jahre als Deckbulle akzeptiert werden wird.<br />

„Umna“ in Howletts züchtet mit dem eigenen<br />

Vater <strong>und</strong> „Tanya“, Colchester, hat Angst vor<br />

„Tembo“ <strong>und</strong> ist – unter den gegenwärtigen<br />

Haltungsvoraussetzungen – nur durch künstliche<br />

Besamung zur Fortpflanzung zu bringen.<br />

Vier der 29 fruchtbaren Zuchtkühe – ca. 14 %<br />

dieser Gruppe – haben keinen Zugang zu einem<br />

Geschlechtspartner<br />

Es bleiben insgesamt 19 Muttertiere, die sich<br />

in einer zumindest zur Reproduktion geeigneten<br />

Haltung befinden.<br />

Doch wenn kein Familienaufbau möglich wird,<br />

können unabhängig von der Zuchtsituation die<br />

Haltungsumstände nicht als komplett verhaltensgerecht<br />

<strong>und</strong> somit geeignet eingestuft<br />

werden. Für acht Kühe ist nicht abzusehen,<br />

ob ihnen bei wenig Platz oder bisheriger<br />

Abnahme der Töchter je ein Familienaufbau<br />

ermöglicht wird (Tab. 5).<br />

Für nur elf Mütter des <strong>EEP</strong>­Bereiches bestehen<br />

günstige Voraussetzungen, einen eigenen<br />

Familienverband aufzubauen (Tab. 6).<br />

Bezeichnenderweise finden sich unter ihnen<br />

vier der fünf in Menschenhand geborenen<br />

Muttertiere wieder, die in der Familiengruppe<br />

züchten, in der sie aufgewachsen sind: „Kira“<br />

in Cabarceno sowie „Swana“, „Tammi“<br />

<strong>und</strong> „Stavit“ in Howletts.<br />

Tabelle 4: Zuchtkühe, die Potenzial zur weiteren Fortpflanzung haben (Stand 01.05.2010)<br />

Beschreibung Anzahl Eignung der<br />

Zuchtsituation<br />

Zur Zucht geeignete Situation 19 19<br />

Zur Zucht ungeeignete Situation 6<br />

Keine Gelegenheit zur Fortpflanzung 4 10<br />

Summe<br />

29<br />

Tabelle 5: Zuchtkühe mit Zuchtmöglichkeiten, aber nur bedingt möglichem Familienaufbau (Stand 01.05.2010, vgl. ZOO Aktuell)<br />

Zoo Name (Alter) letzte Geburt<br />

vor<br />

Familienentwicklung Bullentausch Fläche für 0,1 mit<br />

Nachzucht<br />

Berlin Tierpark „Pori“ (30) 3 J. Abgabe von Töchtern wird praktiziert Nicht praktiziert, da nicht <strong>im</strong> <strong>EEP</strong><br />

„Sabah“ (25) 4,5 J. Abgabe von Töchtern wird praktiziert Nicht praktiziert, da nicht <strong>im</strong> <strong>EEP</strong><br />

ca. 3.600 m²<br />

Wuppertal „P<strong>und</strong>a“ (18) 5 J. mit Tochter, tragend? Mittelfristig notwendig<br />

„Sabie“ (18) 3J. mit Tochter, tragend? Mittelfristig notwendig<br />

ca. 2.300 m²<br />

„Sweni“ (18) 2 J.<br />

Lissabon/POR „Jane“ (21) 6 J.<br />

„Nina“ (19) 5 J. mit Tochter Mittelfristig notwendig<br />

ca. 850 m²<br />

„Luna“ (19) 3 J. mit Tochter Mittelfristig notwendig<br />

Tabelle 6: Zuchtkühe in momentan geeigneter Haltung für Zucht <strong>und</strong> Familienaufbau (Stand 01.05.2010)<br />

Zoo Name (Alter) letzte Geburt<br />

vor<br />

Familienentwicklung Bullentausch Fläche für 0,1 mit<br />

Nachzucht<br />

Hodenhagen „Veri“ (25) 0,5 J. mit Tochter Mittelfristig notwendig ca. 0,5 Hektar<br />

(erweiterbar)<br />

Beekse Bergen/NL „Sabi“ (24) 9 J. Nach Transfer 2009 aus Halle Zunächst nicht erforderlich ca. 0,5 Hektar<br />

(erweiterbar)<br />

Boras/SWE „Dudu“ (19) 1,5 J. mit 2 Töchtern Kurzfristig notwendig (Töchter) ca. 1,5 Hektar<br />

Cabarceno/ESP „Zambi“ (29) 5 J. mit 2 Töchtern Bereits erfolgt<br />

„Laura“ (27) 6 J. Bereits erfolgt<br />

„Gustl“ (20) 7 J. mit Tochter Bereits erfolgt<br />

ca. 20 Hektar<br />

„Kira“ (15) 3 J. mit Mutter <strong>und</strong> Tochter (nicht<br />

angenommen)<br />

Bereits erfolgt<br />

Howletts/UK „Masa“ (41) 3 J. mit 2 Töchtern Kurzfristig notwendig (Töchter)<br />

„Swana“ (25) 1,5 J. mit Mutter <strong>und</strong> Tochter Kurzfristig notwendig (Töchter)<br />

„Tammi“ (23) 2 J. mit 2 Töchtern Kurzfristig notwendig (Töchter)<br />

ca. 1,5 Hektar<br />

„Stavit“ (23) 4 J. mit Tochter Kurzfristig notwendig (Töchter)<br />

5


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Kühe zwischen 7 <strong>und</strong> 20 Jahren<br />

(40 Tiere)<br />

Das Verhältnis der Zoonachzuchten zu Wildfängen<br />

lautet bei den <strong>im</strong> Alter für die Erstzucht<br />

geeigneten 40 Weibchen 11 zu 29. Nur wenig<br />

mehr als ein Viertel davon befindet sich in einer<br />

günstigen Ausgangssituation für die erste<br />

Trächtigkeit. Dagegen haben namentlich die<br />

fünf Jungkühe, die in ihren Geburtsherden<br />

bzw. mit ihren Müttern heranwachsen, beste<br />

Zuchtaussichten in den Zoos von Cabarceno,<br />

Howletts, Port Lympne <strong>und</strong> Knowsley.<br />

Zählt man Weibchen mit schlechten Zuchtaussichten<br />

<strong>und</strong> solche, die ohne Bullen gehalten<br />

werden, zusammen, stehen die Chancen<br />

für fast drei Viertel dieser so wesentlichen Altersgruppe<br />

schlecht, überhaupt noch Mutter<br />

zu werden (Tab. 7). Fünf dieser Tiere (ein Achtel)<br />

sind <strong>im</strong> Jahr 2010 bereits 20 Jahre alt <strong>und</strong><br />

somit wahrscheinlich schon zu alt für eine erste<br />

Schwangerschaft.<br />

Bild rechts: Kein Bulle, keine Chance auf Zucht:<br />

„Sawu“ (15 Jahre) lebt <strong>im</strong> am <strong>EEP</strong> teilnehmenden<br />

Zoo Dresden. Foto: Archiv EEG<br />

Tabelle 7: Kühe <strong>im</strong> Erstzuchtalter zwischen 7 <strong>und</strong> 20 Jahren (Stand 01.05.2010)<br />

Junge Weibchen unter 7 Jahren<br />

(18 Tiere)<br />

Im <strong>EEP</strong>: „Panzi“ (geb. 05.05.2005, vorne links) mit<br />

Mutter „Dudu <strong>und</strong> Bruder „M´Changa“ in Borås.<br />

Foto: Archiv EEG<br />

Beschreibung<br />

Anzahl<br />

Züchterische Situation erscheint geeignet 11<br />

Züchterische Situation ist ungeeignet 17<br />

Haltung ohne Geschlechtspartner 12<br />

Für das zukünftige Fortpflanzungsgeschehen<br />

sind Jungtiere vor Pubertätsbeginn von entscheidender<br />

Bedeutung. Von den Weibchen<br />

werden solche unter sieben Jahren (Alter für<br />

erste nachgewiesene Geschlechtszyklen in<br />

Menschenhand) hier eingeordnet. 11 % aller<br />

Afrikanerkühe in europäischen Zoos gehören<br />

dieser Gruppe an.<br />

Da für die weitere Entwicklung gerade junger<br />

Weibchen deren Sozialisation entscheidend<br />

ist, wird diese Altersgruppe nochmals unterteilt<br />

(Tab. 8). Erfreulicherweise sind nur zwei<br />

Tiere Wildfänge – die heute ca. 5jährigen juvenilen<br />

Kühe „Maja“ <strong>und</strong> „Manti“, die vom<br />

Bioparc Valencia aus Namibia <strong>im</strong>portiert wurden.<br />

Sie wachsen ebenso ohne Mutterfamilie<br />

auf wie die Zoonachzuchten „Chupa“, Sigean<br />

(Tod der Mutter), <strong>und</strong> „Christina“ in Cabarceno<br />

(Handaufzucht).<br />

Nicht <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>: „Kariba“ (geb. 17.03.2006)<br />

Tierpark Berlin. Foto: Archiv EEG<br />

<strong>im</strong><br />

Tabelle 8: Junge Weibchen vor Beginn des Pubertätsalters (Stand 01.05.2010)<br />

Weibchen ohne<br />

zukünftiges Zuchtpotenzial<br />

(76 Tiere)<br />

Von den 163 in Zoos <strong>und</strong> Safariparks des<br />

<strong>EEP</strong>­Einzugsbereiches gehaltenen Afrikanerkühen<br />

werden sich 76 Tiere aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach nicht mehr fortpflanzen. Diese<br />

Gruppe umfasst nahezu die Hälfte aller gehaltenen<br />

Weibchen.<br />

Beschreibung<br />

Anzahl<br />

Kuhkälber bis zu sieben Jahren, die <strong>im</strong> Familienverband aufwachsen 14<br />

Kuhkälber bis zu sieben Jahren, die nicht <strong>im</strong> Familienverband aufwachsen 4 18<br />

74 davon sind Wildfänge. Zusammengefasst<br />

sind Kühe <strong>im</strong> Alter von über 20 Jahren, die<br />

aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr<br />

züchten werden (Tab. 9). Die Zuordnung erfolgt<br />

unabhängig davon, ob eine Kuh noch<br />

Geschlechtszyklen aufweist <strong>und</strong> auch unabhängig<br />

davon, ob sich ein zuchtfähiger Bulle<br />

<strong>im</strong> Bestand befindet. Von den ehemaligen<br />

Zuchtkühen ist nur „Lara“ in Menschenhand<br />

Tabelle 9: Weibchen ohne zukünftiges Zuchtpotenzial (Stand 01.05.2010)<br />

zur Welt gekommen, sie hatte in Ramat Gan<br />

zuvor selbst drei Kälber geboren. Die übrigen<br />

11 Weibchen, die seit über 10 Jahren keine<br />

Geburt mehr hatten, sind Importtiere. Zu den<br />

überhaupt nicht züchtenden Kühen gehört mit<br />

„Josepha“ (geb. in Ramat Gan, 21 J., heute<br />

Peaugres) leider bereits eine erste in Europa<br />

nachgezogene Kuh.<br />

Beschreibung<br />

Anzahl<br />

Zuchtkühe mit Fortpflanzungspause über 10 Jahren 12<br />

Nicht züchtende Kühe über 20 Jahre, die <strong>im</strong> Erstzuchtalter eine Chance zur Fortpflanzung hatten 29<br />

Nicht züchtende Kühe über 20 Jahre, die <strong>im</strong> Erstzuchtalter gar keine Chance zur Fortpflanzung hatten 35<br />

76<br />

6


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Das Zuchtmanagement<br />

<strong>und</strong> seine Folgen –<br />

Auswertung der Zuchtmatrix<br />

Die Anzahl der momentan fruchtbaren Steppenelefanten<br />

<strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Bereich, bestehend aus<br />

Zuchttieren <strong>und</strong> weiteren, für den Zuchtbeginn<br />

geeigneten Elefanten, beträgt am 01.05.2010<br />

102 Tiere. Sie setzt sich zusammen aus 33<br />

Bullen zwischen neun <strong>und</strong> 36 Jahren (zwei<br />

Drittel aller Männchen) <strong>und</strong> 69 Kühen (60 v.<br />

H. aller Weibchen) <strong>im</strong> Alter von sieben bis 49<br />

Jahren. Von diesen haben bisher 53 Tiere gezüchtet<br />

– etwa die Hälfte. Von den noch lebenden<br />

150 Wildfängen pflanzt sich momentan<br />

weniger als ein Viertel, nämlich nur 34<br />

Tiere (10,24) fort. Auch von den heute lebenden,<br />

<strong>im</strong> Zoo geborenen Elefanten (63 Tiere)<br />

nehmen bisher nur acht an der Reproduktion<br />

teil (2,6). 61 Elefanten <strong>im</strong> gegenwärtig zuchtfähigen<br />

Alter haben sich noch nicht fortpflanzen<br />

können. Diese Zahl entspricht knapp<br />

30 % des Gesamtbestandes <strong>und</strong> sogar mehr<br />

als der Hälfte aller zuchtfähigen Afrikaner <strong>im</strong><br />

<strong>EEP</strong>­Raum. Davon sind 22 (11,11) selbst in<br />

Menschenobhut zur Welt gekommen. Von den<br />

Wildfängen hat nur noch ein Viertel (10,29<br />

Elefanten) eine Chance zur Erstzucht.<br />

Für Populationen wildlebender Afrikaner beschreibt<br />

Kurt FI­Werte zwischen 0,11 <strong>und</strong> 0,26<br />

(Kurt 2009).<br />

Um Werte wie <strong>im</strong> Freiland zu erreichen,<br />

hätten in den letzten 12 Jahren also in Europa<br />

drei­ bis sechsmal so viele Kälber geboren<br />

werden müssen.<br />

Indices, die für einen sich selbst erhaltenden<br />

<strong>und</strong> verjüngenden Bestand typisch sind, werden<br />

gegenwärtig nur in sechs von 54 Haltungen<br />

Afrikanischer Elefanten erreicht.<br />

Nur vier davon gehören dem <strong>EEP</strong> an.<br />

Eine von vielen Importkühen, die nie Mutter<br />

werden durfte: „Sabi“ (25 J., Zoo Augsburg)<br />

wurde dem <strong>EEP</strong> nie zur Verfügung gestellt.<br />

Fotos: Archiv EEG<br />

Zur europäischen Zoopopulation Afrikanischer<br />

Elefanten dagegen gehören momentan 66<br />

„Nonbreeder“; 64 davon sind Kühe über 20<br />

Jahre, denen ihr Leben in Zoos des <strong>EEP</strong>s keine<br />

zur Zucht geeigneten Voraussetzungen<br />

bieten konnte.<br />

Diese Tiere zeigen massive Versäumnisse<br />

bei den Bemühungen zur Arterhaltung des<br />

Steppenelefanten in europäischen Zoos<br />

auf. Hiermit ist explizit auch die jüngere<br />

Vergangenheit gemeint, denn 41 dieser Kühe<br />

haben erst innerhalb der letzten zehn<br />

Jahre das Erstzuchtalter überschritten, 17<br />

sind gar erst zwischen 21 <strong>und</strong> 25 Jahre alt<br />

<strong>und</strong> somit gerade innerhalb der letzten fünf<br />

Jahre zuchtunfähig geworden.<br />

Ein Bestand mit naturähnlicher Demographie<br />

würde erwarten lassen, dass junge Tiere den<br />

größten Anteil ausmachen. Den 64 nie<br />

züchtenden Weibchen stehen aber nur 33<br />

Nachwuchstiere unterhalb des Erstzuchtalters<br />

gegenüber, die in den nächsten ein bis zwei<br />

Jahrzehnten ins Fortpflanzungsgeschehen der<br />

europäischen Afrikanerpopulation eingreifen<br />

könnten.<br />

Betrachtet man oberflächlich nur die steigende<br />

Anzahl von Zuchttieren innerhalb der letzten<br />

zwei Jahrzehnte, scheint sich alles bestens entwickelt<br />

zu haben:<br />

1990 kamen auf 100 Afrikaner hochgerechnet<br />

nur 5 Elterntiere (konkret 1,8 Zuchttiere von 178<br />

Afrikanern in Europa gesamt). Im Jahr 2000 waren<br />

es bereits 11 von H<strong>und</strong>ert (5,18 von 205).<br />

Mitte des Jahres 2010 ist der Bestand auf 213<br />

Individuen gewachsen, von denen knapp 20<br />

Prozent am Fortpflanzungsgeschehen teilnehmen<br />

(12, 29).<br />

Steht also alles zum Besten be<strong>im</strong> Vorhaben,<br />

eine sich selbst erhaltende Afrikanerpopulation<br />

in Europa aufzubauen?<br />

Mitnichten: Mehrere Anhaltspunkte relativieren<br />

die scheinbar so günstige Entwicklungstendenz:<br />

1. Für den Aufbau einer sich<br />

selbst erhaltenden Population<br />

sind die Fortpflanzungsraten<br />

nach wie vor zu gering – mit<br />

fallender Tendenz<br />

Die Fortpflanzungsleistung der Afrikanerpopulation<br />

<strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Einzugsgebiet kann mit Hilfe<br />

des Fek<strong>und</strong>itätsindex (FI) nach Sukumar et.<br />

al. errechnet werden (vgl. Kurt 2009).<br />

In den letzten 12 Jahren fanden 68 Geburten<br />

statt, <strong>im</strong> Schnitt also 5,67 Geburten pro Jahr.<br />

Im fortpflanzungsfähigen Alter zwischen sieben<br />

<strong>und</strong> ca. 50 Jahren sind aktuell 144 Elefantinnen.<br />

Dies entspricht einem FI von 0,04.<br />

Die Geburtenzahlen, die sich seit Mitte der<br />

1990er Jahre zunächst kontinuierlich steigerten,<br />

erreichten ihre bisherigen Spitzenwerte in<br />

den Jahren 2001 bis 2006. In diesen sechs<br />

Jahren wurden 41 Geburten vermerkt, <strong>im</strong><br />

Schnitt also fast sieben Neugeborene in jedem<br />

Jahr. Doch seither ist die Tendenz wieder<br />

rückläufig. Im Jahr 2009 sind europaweit sogar<br />

nur 2 Kälber geboren worden, wovon eines<br />

die erste Woche nicht überlebte.<br />

Unter Obhut des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms<br />

ist 2009 nicht ein aufgezogener<br />

Afrikanischer Elefant zu verzeichnen.<br />

Doch woran liegt das?<br />

2. „Nonbreeder“ <strong>und</strong> Mütter ,<br />

die sich nicht mehr fortpflanzen<br />

– zwei Indikatoren für Versäumnisse<br />

aus Vergangenheit <strong>und</strong><br />

Gegenwart<br />

Einen ersten Anhaltspunkt liefern Elefanten,<br />

die ins Zuchtgeschehen überhaupt nicht mehr<br />

eingreifen können. Elefantenkühe, die nicht<br />

zeitnah nach Eintritt der Pubertät erstmals<br />

Mutter werden können, verlieren anscheinend<br />

spätestens um das 20. Lebensjahr ihre<br />

Fruchtbarkeit (Hildebrand & Göritz, 1995 <strong>und</strong><br />

2000).<br />

Freilandforscher beschreiben unisono fast<br />

ausnahmslos adulte Weibchen, die auch Mütter<br />

sind (Douglas – Hamilton 1975, Moss<br />

1988).<br />

7<br />

„Josepha“, geb. in Ramat Gan, in Peaugres<br />

lebend, gehört mit zu den ersten weiblichen<br />

Afrikanernachzuchten <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Raum, mit 21 J.<br />

leider auch schon zu den „Nonbreedern“.<br />

Ähnlich ist zu werten, dass 12 von 41 Muttertieren<br />

sehr wahrscheinlich keinen weiteren Nachwuchs<br />

mehr zur Welt bringen werden, weil ihre<br />

Zuchtpause inzwischen zu lang ist.<br />

Der Gr<strong>und</strong>: Entweder verschlechterte der<br />

Mensch ihre züchterische Situation durch Abgabe<br />

an weniger geeigneten Haltungen (z.B.<br />

für sämtliche aus Ramat Gan abgegebenen<br />

Zuchtkühe) oder die Erstzucht wurde erst sehr<br />

spät möglich. Dies betrifft etwa Mütter von Totgeburten<br />

in Colchester oder Beekse Bergen.<br />

In keinem der 12 Fälle sorgte der Mensch<br />

für jene Mütter von Pubertätsbeginn an bis<br />

heute für eine durchgehend günstige<br />

Zuchtsituation.<br />

Weshalb so viele Afrikanerinnen nicht züchten<br />

können, hat eine wesentliche Ursache:


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

3. Zu viele zuchtfähige Elefanten<br />

werden ohne Geschlechtspartner<br />

gehalten<br />

Mutter <strong>im</strong> <strong>EEP</strong> ohne Zuchtchance: „Drumbo“<br />

(20J.), Zoo Dresden. Foto: Archiv EEG<br />

Vier fruchtbare Zuchtkühe <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Raum sind<br />

momentan ganz ohne Partner züchterisch<br />

„kaltgestellt“. Doch nur wenige Mütter brachten<br />

nach mehr als zehn Jahren ohne Geburten<br />

weitere Kälber zur Welt.<br />

Deshalb gilt als oberste Priorität:<br />

Zuchtkühe, die vom bisherigen Bullen getrennt<br />

wurden, müssen baldmöglichst wieder<br />

mit einem neuen Zuchtpartner vergesellschaftet<br />

werden.<br />

Dies betrifft z.B. die 24jährige „Tonga“ <strong>im</strong><br />

Tiergarten Wien­Schönbrunn. Nach Geburt ihrer<br />

einzigen Tochter beträgt „Tongas“<br />

Zuchtpause jetzt bereits sieben Jahre. Seit<br />

2009 ist für „Tonga“, für ihre Tochter <strong>und</strong> auch<br />

für die aus Wuppertal eingestellte „Numbi“<br />

kein adulter Bulle mehr <strong>im</strong> Bestand.<br />

„Drumbo“ in Dresden ist durch künstliche Besamung<br />

in einem Zoo, der keinen adulten Bullen<br />

halten kann, zur Mutter eines Bullenkalbes<br />

geworden. Weitere Versuche zur künstlichen<br />

Besamung sind in der Elbestadt zurzeit nicht<br />

vorgesehen, eine Abgabe der Elefantin in eine<br />

zur Zucht geeignete Einrichtung wird von den<br />

Verantwortlichen abgelehnt.<br />

„Kaltgestellt“ wäre bezogen auf die kinderlosen<br />

elf Kühe zwischen 14 <strong>und</strong> 20 Jahren,<br />

die ohne Bullen gehalten werden, der falsche<br />

Begriff, denn er suggeriert die Konservierung<br />

<strong>und</strong> Verlängerung eines Zustandes. Doch genau<br />

das Gegenteil ist für junge Weibchen der<br />

Fall, denn der Lebensabschnitt, in dem eine<br />

Erstzucht erfolgen müsste, nähert sich für<br />

diese Tiere unaufhaltsam dem Ende.<br />

Die Kuh „Tembo“ (= „Franzi“) wurde 1992 aus<br />

Namibia <strong>im</strong>portiert <strong>und</strong> ist jetzt etwa 20 Jahre alt.<br />

Sie lebt seit 18 Jahren in Augsburg. Einen Bullen<br />

kann der dortige Zoo nicht halten. „Tembo“ hat<br />

dort also die zehn, vielleicht zwölf Jahre zwischen<br />

Pubertätsbeginn <strong>und</strong> Verlust ihrer Fruchtbarkeit<br />

ohne jede Chance auf Mutterschaft<br />

verbracht. Der Zoo Augsburg arbeitet beständig<br />

an der Verbesserung der Haltungsbedingungen<br />

seiner Elefanten, erweiterte die Anlage, plant<br />

noch einen Ausbau <strong>und</strong> bemüht sich, durch Beschäftigung<br />

bei seinen vier Elefanten (je zwei<br />

Afrikanische <strong>und</strong> Asiatische Kühe) keine Langeweile<br />

aufkommen zu lassen. Dass es für weibliche<br />

Elefanten keine bessere Beschäftigung<br />

geben kann, als sich um eigene Kälber zu<br />

kümmern bzw. dass Elefantenkühe ohne diese<br />

Möglichkeit nie umfassend verhaltensgerecht<br />

gepflegt werden können, wird aber in<br />

Augsburg <strong>und</strong> leider auch anderswo trotz wiederholtem<br />

Nachfragen nicht zur Kenntnis genommen.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist mit „Sabi“<br />

(25 J.) in Augsburg innerhalb der letzten Jahre<br />

bereits eine Kuh für das europäische Afrikanerzuchtprogramm<br />

verloren gegangen, ohne<br />

ihre Gene weitergeben zu können. „Tembo“<br />

wird ihr folgen.<br />

Neben Augsburg <strong>im</strong>portierten in den letzten<br />

zwei Jahrzehnten auch der tschechische Zoo in<br />

Zlin Lesna, der Naturtierpark Ströhen sowie die<br />

EAZA­ <strong>und</strong> <strong>EEP</strong>­Mitglieder Erfurt <strong>und</strong> Dresden<br />

junge Elefantinnen aus dem südlichen Afrika,<br />

ohne überhaupt über Voraussetzungen zur Bullenhaltung<br />

zu verfügen.<br />

In Ströhen, einer Einrichtung ohne EAZA­Status,<br />

werden die drei jungen Weibchen als Publikumsattraktion<br />

zum Elefantenreiten genutzt. Naturschutz<br />

<strong>und</strong> Umweltbildung sind etwas anderes<br />

als Vertreter einer bedrohten Art anzuschaffen,<br />

sie für Showzwecke einzusetzen <strong>und</strong> dabei dem<br />

Erhaltungszuchtprogramm vorzuenthalten.<br />

Der Zoo von Zlin Lesna ist EAZA­Mitglied <strong>und</strong><br />

präsentiert sich als modernes Naturschutzzentrum.<br />

Dort hat man eine knapp mittelgroße,<br />

wenngleich ordentlich strukturierte Elefantenanlage<br />

geschaffen, gebaut jedoch nur für Kühe. Am<br />

<strong>EEP</strong> n<strong>im</strong>mt der Zoo nicht teil. Interesse an einer<br />

eigenen Elefantenzucht schien bisher nicht vorhanden<br />

– die eigenen Tiere sind ja auch noch<br />

jung genug, um für 30 oder mehr Jahre Elefanten<br />

zeigen zu können.<br />

Angeblich möchte man in Eigenregie in den<br />

nächsten Jahren umbauen <strong>und</strong> eine Bullenhaltung<br />

nachrüsten. Für „Zola“, „Kali“ <strong>und</strong> „Ulu“<br />

EAZA – ja, <strong>EEP</strong> – nein: die noch fruchtbaren<br />

Elefantinnen <strong>im</strong> Zoo von Zlin Lesna.<br />

Foto: S. Thielemann<br />

8<br />

wird dieser Ausbau zu spät kommen. Die gegenwärtig<br />

schon 14 bis 16 Jahre alten Kühe <strong>im</strong> Austausch<br />

gegen „Nonbreeder“ einem Zoo mit<br />

Zuchtmöglichkeit zu übergeben, wird nicht in Erwägung<br />

gezogen.<br />

Dresden holte bereits 1992 zwei junge Elefantenkühe<br />

aus Afrika nach Deutschland <strong>und</strong><br />

schloss sich 1999 zusammen mit Erfurt <strong>und</strong><br />

Basel einem weiteren Importvorhaben an, das<br />

als „Tuli­Debakel“ (A. Haufellner 1999) unrühmlichen<br />

Eingang in die Geschichte von<br />

Tiergärtnerei, Tier­ <strong>und</strong> Naturschutz fand. Weder<br />

Dresden noch Erfurt konnten damals<br />

einen Elefantenbullen sicher unterbringen <strong>und</strong><br />

können dies auch heute noch nicht.<br />

Alle diese jungen Weibchen wurden aus dem<br />

südlichen Afrika <strong>im</strong>portiert, um europäischen Zoos<br />

die Elefantenzucht zu ermöglichen. Die Gefahr,<br />

dass innerhalb weniger Jahre etliche zu „Nonbreedern“,<br />

aber nur noch die wenigsten zu erfolgreichen<br />

Müttern werden, ist groß.<br />

Dass mit „Josepha“ in Peaugres auch eine erste<br />

in Menschenhand geborene Kuh nie eine wirkliche<br />

Chance bekommen hat, selbst Mutter zu werden,<br />

ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ein Warnzeichen<br />

ersten Ranges!<br />

Der massige „Carl“ (28 J.) <strong>im</strong> Zoo Tallin hat bis<br />

heute keine Chance, sich fortzupflanzen.<br />

Foto: S. Thielemann<br />

Zuchtbullen sind <strong>im</strong> <strong>EEP</strong>­Raum sogar noch<br />

seltener als Zuchtkühe.<br />

Nur 12 der 50 heute lebenden Männchen haben<br />

ihre Gene bisher weitergeben können, während<br />

andererseits 16 von 69 fruchtbaren Weibchen ohne<br />

geeigneten Bullen stehen.<br />

Vier der ges<strong>und</strong>en adulten Bullen, davon zwei<br />

Vatertiere, stehen dem <strong>EEP</strong> nicht zur Verfügung.<br />

Zuchtkooperationen solcher Halter mit <strong>EEP</strong>­Zoos,<br />

bei denen die Entscheidungsvollmacht bzgl. gezeugter<br />

Kälber nicht an das Erhaltungszuchtprogramm<br />

übergehen würde, wären zudem höchst<br />

problematisch. Deshalb sollte man eigentlich erwarten<br />

können, dass vom Zuchtprogramm bzw.<br />

den Elefantenhaltern mit fortpflanzungsfähigen<br />

Weibchen jegliche Anstrengungen unternommen<br />

werden, zumindest die anderen beiden geeigneten<br />

Elefantenbullen in eine Zuchtsituation zu bringen.So<br />

empfiehlt schon die Expertenkommission<br />

der EAZA Elephant Taxon Advisory Group (TAG):<br />

„Place all potential breeding bulls in a breeding situation.“<br />

(EAZA 2004). Doch das ist leider nicht


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Dies betrifft zwei von 12 Zuchtbullen in Europa<br />

(Tierpark Berlin, Hodenhagen) sowie zwei adulte<br />

Bullen in Fasano <strong>und</strong> Stukenbrock. Von 29<br />

Zuchtkühen mit weiterem Fortpflanzungspotenzial<br />

werden vier in Zoos ohne <strong>EEP</strong>­Koordination<br />

gehalten (Tierpark Berlin, Halle <strong>und</strong> Hodenhagen)<br />

<strong>und</strong> von den für den Zuchteintritt geeigneten<br />

jungen Kühen sogar ein Fünftel (acht von 40<br />

Tieren).<br />

Erschwerend kommt hinzu, dass die Bereitschaft<br />

zur Zusammenarbeit auch bei etlichen<br />

als <strong>EEP</strong>­Mitglieder geführten Haltern<br />

nur ungenügend ausgeprägt ist.<br />

Die WAZA, der Dachverband der wissenschaftlich<br />

geleiteten Zoos, schreibt hierzu in ihrer<br />

Welt­Naturschutz­Strategie:<br />

„Ein Zoo oder Aquarium kann nicht alleine alle<br />

Aufgaben zum Schutz der biolgischen Vielfalt<br />

wahrnehmen…“<br />

Weiter heißt es: „Berufsverbände haben sich<br />

als äußerst wirkungsvolle Instrumente gezeigt,<br />

Verbesserungen in Zoos <strong>und</strong> Aquarien herbeizuführen.<br />

Zooverbände müssen ein „Naturschutzgewissen“<br />

entwickeln, das die Aktivitäten<br />

ihrer Mitglieder in einen gemeinsamen ethischen<br />

<strong>und</strong> technischen Rahmen einbindet.“<br />

(WAZA 2006).<br />

Aber die Zoos selbst verhalten sich gegenüber<br />

den Theorien ihres Dachverbandes recht unterschiedlich.<br />

Einige befinden sich in der Entwicklung<br />

vom althergebrachten Zoo zum Naturschutzzentrum<br />

auf einem guten Weg, andere<br />

stecken bildlich gesprochen dabei eher noch in<br />

den Kinderschuhen, wieder andere – um bei<br />

dem gewählten Bild zu bleiben – sogar noch in<br />

der „Trotzphase“. Dies betrifft gerade auch einige<br />

Zoos, die über Tiere verfügen, die für das<br />

Zuchtprogramm von großer Bedeutung wären,<br />

so Augsburg, Dresden <strong>und</strong> Erfurt mit zusammen<br />

fünf Teenagerkühen <strong>und</strong> einem Muttertier<br />

sowie Sigean <strong>und</strong> Howletts vorrangig bzgl. ihrer<br />

Zuchtbullen. Längst überfällige Ausbaumaßnahmen<br />

werden wie beschrieben in Lissabon,<br />

Dresden <strong>und</strong> Erfurt kontinuierlich verzögert. Für<br />

Sanktionen gegenüber unkooperativen Mitgliedern<br />

gibt es aber anders als <strong>im</strong> Asiaten­<strong>EEP</strong><br />

keinerlei Anhalt.<br />

Insgesamt können ein Drittel aller zuchtfähigen<br />

jungen Kühe (13 Tiere), ebenfalls ein<br />

Drittel aller Zuchtbullen (4 Tiere) sowie 17 %<br />

der Zuchtkühe nicht in konkrete Planungen<br />

eines koordinierten Zuchtmanagements einbezogen<br />

werden, rechnet man die Bestände<br />

von Nicht­<strong>EEP</strong>­Teilnehmern <strong>und</strong> nicht zur<br />

Zusammenarbeit gewillten Mitgliedern zusammen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist das Europäische Erhaltungszuchtprogramm<br />

für Afrikanische Elefanten<br />

momentan kaum handlungsfähig.<br />

Zuchtabsprachen zwischen einzelnen Zoos<br />

scheinen ein europaweit koordiniertes Zuchtmanagement<br />

nicht ersetzen zu können. Stattdessen<br />

erschweren sie dessen Arbeit mitunter nicht unerheblich.<br />

Private Absprachen sind<br />

Folgen ungenügender Zuchterfolge,<br />

behindern aber koordinierte<br />

Zuchtbemühungen<br />

Schon aus Gründen der Planungssicherheit<br />

müssen be<strong>im</strong> Zuchtprogramm für Asiaten<br />

Teilnehmer, die nicht zum <strong>EEP</strong> gehörende Tiere<br />

aufnehmen, selbst mit Konsequenzen bis hin<br />

zum Verlust der eigenen <strong>EEP</strong>­Zugehörigkeit<br />

rechnen. Zuchtfähige Elefanten beziehen engagierte<br />

Zoos deshalb tunlichst aus den Reihen<br />

des eigenen Zuchtprogramms – <strong>und</strong> sie erhalten<br />

solche Tiere auch aufgr<strong>und</strong> eines guten<br />

Managements. Gegenseitiges Vertrauen bewährt<br />

sich hier. Für Zoos, die nicht am Zuchtprogramm<br />

für Asiatische Elefanten teilnehmen,<br />

bleiben als mögliche Abgabezoos deshalb nur<br />

andere Nichtmitglieder. Aufgr<strong>und</strong> der geringen<br />

Auswahl sind dies oft Zoos mit geringeren Haltungsstandards.<br />

Die eigenen Nachzuchten außerhalb des <strong>EEP</strong>s<br />

in gute Haltungen zu vermitteln, ist deshalb nicht<br />

zu gewährleisten.<br />

Im Afrikanerzuchtprogramm gibt es keine<br />

Spur von derartiger Konsequenz. Aktuell<br />

bestes Beispiel: Die Abgabepolitik des nicht<br />

<strong>im</strong> <strong>EEP</strong> mitarbeitenden Berliner Tierparkdirektors,<br />

von der auch am <strong>EEP</strong> beteiligte<br />

Zoos betroffen sind:<br />

Zwei zur Fortpflanzung geeignete junge Nachzuchtweibchen,<br />

eine Zuchtkuh mit dreijähriger<br />

Tochter <strong>und</strong> einen subadulten Nachzuchtbullen<br />

hat Berlin gegenwärtig in den Zoos von Osnabrück<br />

<strong>und</strong> Halle eingestellt.<br />

Sowohl Osnabrück als auch Halle nehmen<br />

zwar am <strong>EEP</strong> teil, haben aber durch das<br />

Zuchtprogramm selbst bisher keine Elefanten<br />

erhalten, die ihnen ein eigenes Zuchtgeschehen<br />

ermöglicht hätten.<br />

So sind gegenwärtig beide Parks auf die Tierparkelefanten<br />

angewiesen, wenn sie ihre Nachwuchshoffnungen<br />

nicht aufgeben wollen. Doch<br />

selbst wenn sich mit Hilfe eines vom <strong>EEP</strong> zur<br />

Verfügung gestellten Bullen dort ein Zuchtgeschehen<br />

entwickeln würde – das weitere<br />

Schicksal aller dortigen Elefanten wäre unklar.<br />

Entscheidet nämlich weiter nur Berlins Direktor<br />

über die Zukunft „seiner“ Tiere, können diese<br />

nicht regulär in die Planungen des <strong>EEP</strong>s einbezogen<br />

werden. Für entstehende Nachzuchten<br />

würde gleiches gelten – durch Absprachen etwa,<br />

nach denen jedes 2. Jungtier nicht dem<br />

<strong>EEP</strong>, sondern Berlin gehören würde. Ein hoher<br />

Unsicherheitsfaktor, fehlende Möglichkeiten zu<br />

künftigen Planungen <strong>und</strong> ein Verlust an Zuchtkapazitäten<br />

wären die Folgen für das Erhaltungszuchtprogramm.<br />

12<br />

Zuchtkuh „Bibi“ (25 J., hinten) 2006 mit ihrer<br />

ersten Tochter „Matibi“. Die Erstgeborene wurde<br />

ihr wenige Wochen nach dieser Aufnahme<br />

weggenommen. Foto: Archiv EEG<br />

Auch ob wenigstens Mutter „Bibi“ mit Tochter<br />

„Panya“ lebenslang zusammenbleiben <strong>und</strong><br />

sich eine eigene Familie aufbauen darf, ist ungewiss.<br />

Da beide noch Berlin gehören, können<br />

„Fre<strong>und</strong>schaftsdienste“ des dortigen Direktors<br />

gegenüber befre<strong>und</strong>eten Kollegen bewirken,<br />

dass „Panya“ auf Verlangen einem anderen<br />

Zoo zur Verfügung gestellt werden muss. So<br />

wurde vom Opel­Zoo Kronberg schon 2009 der<br />

Presse gegenüber verkündet, dass nach Fertigstellung<br />

der neuen Anlage zwei noch juvenile<br />

Afrikanerkühe aus dem Tierpark Berlin das<br />

Zuchtgeschehen ermöglichen würden.<br />

Später wurde für Posnan gleiches angekündigt.<br />

Auch Kronberg <strong>und</strong> Posnan nehmen offiziell<br />

am Erhaltungszuchtprogramm für Afrikanische<br />

Elefanten teil.<br />

Kontinuierliche Erfolge, die allein auf das<br />

Konto koordinierten Zuchtmanagements gehen,<br />

hat das Afrikaner­<strong>EEP</strong> noch nicht vorzuweisen.<br />

Zuchtfähige Tiere sind innerhalb Europas<br />

nicht ohne weiteres erhältlich. Nachzuchten<br />

aus Einrichtungen, die nicht dem Erhaltungszuchtprogramm<br />

angehören, sind deshalb ein<br />

verlockender Anreiz, zuzugreifen – besser so ein<br />

Tier als gar keines. Es mag auch verständlich<br />

klingen, wenn <strong>EEP</strong>­Mitglieder mit gefragten<br />

zuchtfähigen Tieren ihre Elefanten nicht ohne<br />

weiteres zum Austausch freigeben. Einen zuchtfähigen<br />

Bullen z.B. abzugeben, ohne zu wissen,<br />

ob von Seiten des <strong>EEP</strong>s in angemessener Zeit<br />

für adäquaten Ersatz gesorgt wird bzw. ob aufgr<strong>und</strong><br />

fehlender Kooperationsbereitschaft anderer<br />

Mitglieder überhaupt dafür gesorgt werden<br />

kann, wird sich jeder Halter gut überlegen.<br />

Deshalb klagen beispielsweise Zoos, die sich<br />

um einen Familienaufbau durch ihre Zuchtkühe<br />

mit Töchtern bemühen, über massive Probleme,<br />

den Zuchtbullen zu tauschen.<br />

Besinnt man sich jedoch auf die Feststellungen<br />

der WAZA, wird klar, dass einzelne Zoos mit ihren<br />

isolierten Zuchtgruppen den Afrikanischen<br />

Elefanten keinesfalls allein für die Zoowelt bewahren<br />

können.


Perspektiven zur Zucht Afrikanischer Elefanten in Zoos Europas<br />

Die Einsicht, dass Delegieren von Entscheidungsbefugnissen<br />

an einen Koordinator<br />

kein wirtschaftlicher Selbstmord wäre, sondern<br />

durch die Entwicklung stabiler Zoobestände<br />

an Afrikaelefanten langfristig auch<br />

dem eigenen Zoo zugute kommen würde,<br />

ist nicht erkennbar.<br />

Für das Ergebnis ist es dabei unwesentlich, ob<br />

dies nun an ungeeigneten ökonomischen Voraussetzungen<br />

oder an der fehlenden persönlichen<br />

Einsicht der Verantwortlichen liegt.<br />

Die erforderlichen strukturellen Anpassungen<br />

innerhalb des Zuchtprogramms auf Basis<br />

der Freiwilligkeit von den US­Zoos selbst<br />

in Eigenregie zu erwarten, ist also gescheitert.<br />

Der AZA­Verband weiß wohl um diese Situation.<br />

Will man es sich mit den eigenen Mitgliedern,<br />

die aufgr<strong>und</strong> der historischen, gesellschaftlichen<br />

<strong>und</strong> finanziellen Strukturen viel<br />

Wert auf autarke Entscheidungsgewalt legen,<br />

nicht verderben, tut man <strong>im</strong> „Land of the Free“<br />

gut daran, auch nicht zu stark regulieren zu<br />

wollen – die erforderlichen Veränderungen von<br />

Verbandsebene <strong>und</strong> SSP gesteuert einzufordern<br />

<strong>und</strong> ggf. mit Sanktionen durchzusetzen,<br />

ist somit ebenfalls zum Scheitern verurteilt.<br />

„Born in the USA“ wird deshalb auf Afrikanische<br />

Elefanten auch zukünftig nur ausnahmsweise<br />

zutreffen.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeichnen sich die<br />

Grenzen moderner Tiergärtnerei so deutlich<br />

wie selten ab. Die gr<strong>und</strong>sätzlichen Probleme<br />

Zoologischer Gärten sollten deshalb<br />

von allen Beteiligten selbstkritisch hinterfragt<br />

werden.<br />

Alles <strong>im</strong> Lot am seidenen Faden? Nicht nur der<br />

Transportvorgang jedes einzelnen Elefanten<br />

erfordert Planung, Umsicht <strong>und</strong> Koordination.<br />

Foto: Archiv EEG<br />

Fazit<br />

Die Frage, ob in Europa mehr Eigeninitiative<br />

der einzelnen Halter, deutlichere Hilfen <strong>und</strong><br />

mehr Engagement seitens des Zuchtbuchführers<br />

oder eine koordinierte Mischung aus beidem<br />

noch zum Aufbau eines nachhaltig<br />

züchtenden Bestandes an Afrikanischen Elefanten<br />

führen kann, ist <strong>im</strong> Ergebnis für die betroffenen<br />

Elefanten ohne Bedeutung.<br />

Wesentlich für die Tiere selbst ist einzig,<br />

ob der Mensch, der die Verantwortung für<br />

ihr Wohlergehen trägt, ihre körperlichen<br />

<strong>und</strong> vom natürlichen Verhalten bedingten<br />

Bedürfnisse erfüllen kann. Bezüglich ihrer<br />

Fortpflanzung sind diese Bedürfnisse zumindest<br />

bei den Weibchen in einen engen<br />

zeitlichen Rahmen eingepasst.<br />

Gutes, schnelles <strong>und</strong> konsequentes Zuchtmanagement<br />

wird folglich die Weichen dafür<br />

stellen, ob der Afrikanische Elefant in<br />

Menschenobhut zu erhalten ist.<br />

Sollte das Vorhaben misslingen, liegt dies sicher<br />

nicht daran, dass zu wenig über die Bedürfnisse<br />

der populärsten Zoobewohner für<br />

erfolgreiche Nachzucht bekannt ist oder dass<br />

es nicht möglich wäre, diesen Bedürfnissen in<br />

Menschenhand nachzukommen.<br />

Hauptursache der gegenwärtigen Situation<br />

ist, dass in den vergangenen ein bis zwei<br />

Jahrzehnten zu wenig dafür getan wurde,<br />

das Zuchtpotenzial eines damals noch jungen<br />

Afrikanerbestandes in Europa zu nutzen.<br />

Deshalb müssen Versuche, eine<br />

Wende zum Besseren einzuleiten, genau<br />

hier ansetzen.<br />

Doch die Aufgabe ist schwer: Fehlende Sensibilität<br />

in diesen verlorenen Jahren für vorausschauendes,<br />

mittel­ <strong>und</strong> langfristiges Management<br />

der Gesamtpopulation machen nun verstärkte<br />

kurzfristige Veränderungen erforderlich.<br />

Zu wenig Bewegung in der Vergangenheit<br />

müsste durch einen auch bei<br />

bestem Willen nur schwer zu leistenden<br />

Transferaufwand in der Gegenwart <strong>und</strong> nächsten<br />

Zukunft ausgeglichen werden. Es wird darauf<br />

ankommen, ob die Strukturen internationaler<br />

Zooverbände <strong>und</strong> die hierfür<br />

verantwortlichen Personen in der Lage sind,<br />

entsprechend schnell <strong>und</strong> flexibel zu reagieren.<br />

Die Zoologischen Gärten Europas werden<br />

sich daran messen lassen müssen, ob sie<br />

es schaffen, alle fortpflanzungsfähigen<br />

Afrikanischen Elefanten rechtzeitig in eine<br />

Zuchtsituation zu bringen.<br />

Ausblick<br />

Der 2. Teil unserer Betrachtung menschlicher<br />

Anstrengungen, den Afrikanischen Elefanten<br />

in Zoos zu züchten, beschäftigt sich mit Zuchtproblemen<br />

in Zoos, die sich von ihren Dickhäutern<br />

Nachwuchs erhoffen. Teil 2 wird<br />

Erklärungsansätze bieten, weshalb in nicht<br />

wenigen Zoos mit Elefanten beiderlei Geschlechts<br />

Nachwuchs ausbleibt, weshalb die<br />

Vermehrungsraten auch unter den züchtenden<br />

Zooafrikanern meist eher bescheiden<br />

ausfallen <strong>und</strong> warum Familiengruppen für den<br />

Fortpflanzungserfolg von ausgesprochen hoher<br />

Bedeutung sind.<br />

Literatur<br />

Brown, J. L., Olson, D. et al. 2004:<br />

Survey of the Reproductive Cyclicity Status of Asian<br />

and African Elephants in North America.<br />

Zoo Biology 23, 309–321<br />

Douglas­Hamilton, I., Douglas­Hamilton, O. 1975:<br />

Among the Elephants.<br />

Wytham Publications Ltd., London<br />

European Association of Zoos and Aquaria<br />

(EAZA) 2004:<br />

Revised EAZA Elephant TAG Recommendations,<br />

EAZA News 47. EAZA Executive Office, Amsterdam<br />

Garaï, M.E. 2001:<br />

Sozialstruktur <strong>und</strong> Sozialisation.<br />

In: Elefant in Menschenhand. (Kurt, F.: Hrsg.), 2001<br />

Filander Verlag, Fürth, 273 ­ 286)<br />

Haufellner, A., Schilfarth, J. et al., 1999:<br />

Elefantendokumentation 1999.<br />

Nachweise zu Höchstalter, Größe, Wachstum <strong>und</strong> früher<br />

Geschlechtsreife. Nachweise zur haltungsbedingten<br />

Kleinwüchsigkeit Asiatischer Arbeitselefanten.<br />

<strong>Zuchtperspektive</strong>n in Europa. Zuchtstätten. Künstliche<br />

Besamung. Komplettes Verzeichnis der Elefantengeburten<br />

in Europa <strong>und</strong> Israel.<br />

EEG, EOS Verlag, St. Ottilien<br />

Hildebrandt, T.B., Göritz, F. 1995:<br />

Transrectal ultrasonography for ovary and pregnancy<br />

in Indian elephant.<br />

Verh ber Erkrg Zootiere 37: 261–268.<br />

Hildebrandt, T.B., Göritz, F. 2000:<br />

Ultrasonography of the Urogenital Tract in Elephants<br />

(Loxodonta africana and Elephas max<strong>im</strong>us):<br />

An Important Tool for Assessing Female Reproductive<br />

Function.<br />

In: Zoo Biology 19: 321–332<br />

Moss, C.J., 1988:<br />

Elephant memories. Thirteen years in the life of an<br />

elephant family.<br />

William Morrow, New York<br />

WAZA 2006:<br />

Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen – Die Welt­Zoo­<br />

Naturschutzstrategie <strong>im</strong> deutschsprachigen Raum.<br />

Stämpfli Publikationen AG, Bern, Schweiz<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!