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Afrikanische Elefanten im Zoo und im Freiland - Elefanten Schutz ...

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<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

Teil1:Fortpflanzungsbeginn,<br />

Reproduktionsende<strong>und</strong><br />

Fek<strong>und</strong>ität<br />

Dr. Marion E. Garaï <strong>und</strong> Olaf Töffels<br />

Laut der Naturschutzstrategie der Welt-<strong>Zoo</strong>organisation<br />

WAZA sollten <strong>Zoo</strong>logische Gärten <strong>im</strong><br />

21. Jahrh<strong>und</strong>ert als Naturschutzzentrum fungieren<br />

(IUDZG 1993). Im 19. Jh. sprach man von<br />

Menagerien, <strong>im</strong> 20. Jh. von <strong>Zoo</strong>logischen Gärten<br />

<strong>und</strong> <strong>im</strong> 21. Jh. liegt der Schwerpunkt auf Erhaltung<br />

bedrohter Tierarten, sei es <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong><br />

selber oder in der Wildbahn. Dazu, laut Strategie,<br />

sollten Tiere der Natur nur dann entnommen<br />

werden, wenn dies dem langfristigen<br />

Überleben der Art in der Natur dienlich ist. Desweiteren<br />

plädiert die Strategie für eine baldige<br />

Einstellung der Entnahme von Wildtieren zum<br />

Aufstocken der <strong>Zoo</strong>bestände. Das bedeutet<br />

nichts anders, als dass Ex-situ-Bestände sich<br />

selber erhalten <strong>und</strong> vermehren müssen. Die<br />

Welt-<strong>Zoo</strong>-Naturschutzstrategie fordert eine Steigerung<br />

der Anzahl von Zuchtprogrammen. Hohe<br />

Standards sind Voraussetzung für das<br />

Wohlbefinden <strong>und</strong> natürliches Verhalten der Art.<br />

Wenn auch viele moderne <strong>Zoo</strong>s sich heute bemühen,<br />

ihre Anlagen „naturnah“ zu gestalten<br />

<strong>und</strong> ihren <strong>Elefanten</strong> möglichst viel Freiraum<br />

<strong>und</strong> Beschäftigung zu bieten, sind es <strong>im</strong>mer<br />

noch viel zu wenige, die der sozialen Umwelt<br />

die Bedeutung schenken, die nötig wäre, um<br />

eine erfolgreiche Zuchtgruppe zu gestalten.<br />

„Natürliches Verhalten“ bei einer <strong>Elefanten</strong>familie<br />

kann nur dann erfolgen, wenn alle Motivationen<br />

befriedigt werden, also auch <strong>und</strong> vor<br />

allem das Muttersein. Kälber sind das Zentrum<br />

des Interesses jeder <strong>Elefanten</strong>familie, das raison<br />

d’être der <strong>Elefanten</strong>weibchen.<br />

Im Folgenden analysieren wir, was die Voraussetzungen<br />

für eine erfolgreiche Zucht von <strong>Afrikanische</strong>n<br />

<strong>Elefanten</strong> <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> sind. Dazu vergleichen<br />

wir in diesem ersten Teil zunächst<br />

Fortpflanzungsbeginn <strong>und</strong> -leistung inkl. Fek<strong>und</strong>ität<br />

(erfolgreiche Trächtigkeiten je Weibchen)<br />

der <strong>Afrikanische</strong>n <strong>Zoo</strong>elefantinnen sowie<br />

das Zuchtpotential der Bullen mit dem<br />

entsprechenden in der Wildbahn.<br />

Erstgeburtsalter<strong>und</strong><br />

FruchtbarkeitderWeibchen<br />

Fortpflanzungsbeginn<strong>im</strong><strong>Zoo</strong><br />

Am 15.02.2011 lebten in <strong>Zoo</strong>s <strong>und</strong> Safariparks<br />

Europas insgesamt 214 (53,161) <strong>Afrikanische</strong><br />

Steppenelefanten. Für beide Geschlechter erscheint<br />

es sinnvoll, Parameter wie Pubertätsbeginn<br />

<strong>und</strong> Zuchtreife, aber auch Ausschlusskriterien<br />

für eine anzunehmende Fruchtbarkeit<br />

getrennt zu betrachten.<br />

Erstmals Mutter mit elf Jahren: Stavit (24 J.) mit der Kälberschar <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> Howletts. Foto: N. Keese<br />

Die jüngsten Nachzuchtkühe in Europa, bei denen<br />

ovarielle Aktivität durch Hormonuntersuchungen<br />

nachgewiesen wurden, waren bisher<br />

siebenjährig (Tabelle 1). Mit einer Erstgeburt<br />

50 Tage vor ihrem 8. Geburtstag ist „Yoki“, geboren<br />

in Ramat Gan, die bisher jüngste Steppenelefantenmutter<br />

<strong>im</strong> EEP-Bereich geworden.<br />

Ein genaues Deckdatum <strong>und</strong> somit der Beginn<br />

ihrer Geschlechtsreife ist nicht überliefert.<br />

Neun zoogeborene Weibchen brachten bisher<br />

selbst Nachwuchs zur Welt. Ihr Alter bei der<br />

Erstgeburt liegt <strong>im</strong> Median bei zehn Jahren <strong>und</strong><br />

knapp zwei Monaten (acht bis zwölf Jahre,<br />

Tabelle 1). Für erste Paarungen kann folglich<br />

ein reguläres Alter der Weibchen von acht bis<br />

neun Jahren angenommen werden.<br />

Aus <strong>Zoo</strong>logischen Gärten existieren Daten zur<br />

Jungtiersterblichkeit (Tabelle 2). Nicht ausgewertet<br />

können 14 Fälle werden, darunter sieben<br />

Totgeburten (zwei von 15- bis 20-jährigen<br />

Tab.1: Erstzucht zoogeborener Steppenelefantenkühe<br />

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60<br />

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<strong>und</strong> 5 von über 20jährigen Müttern). In einem<br />

Fall starb das Muttertier kurz nach der Geburt.<br />

„Matadi“ in München konnte ihr Kalb nicht<br />

aufziehen, weil es in den Weltkriegswirren<br />

ums Leben kam. Das Jungtier von „Ettie“ in<br />

Ramat Gan entwich 1987 aus dem Gehege,<br />

geriet zu den benachbarten Asiatischen <strong>Elefanten</strong><br />

<strong>und</strong> wurde dort getötet. Bei Redaktionsschluss<br />

sind zudem vier lebende Kälber<br />

noch weniger als ein Jahr alt, ebenfalls je zwei<br />

von 15- bis 20jährigen <strong>und</strong> zwei von über 20-<br />

jährigen Müttern.<br />

Fortpflanzungsbeginn<br />

inderWildbahn<br />

Um ein genaues Erstgeburtsalter zu best<strong>im</strong>men,<br />

muss man das genaue Alter der Mutter<br />

kennen, d.h. jedes Individuums in einer Population.<br />

Dafür muss man die Population sehr


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

Tab. 2: Überleben der Kälber <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> in Abhängigkeit vom Alter ihrer Mütter<br />

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viele Jahre beobachtet haben. Es erstaunt daher<br />

nicht, dass in nur ganz wenigen Populationen<br />

die genauere Altersstruktur bekannt ist,<br />

dies gilt für den Addo Elephant Park (Whitehouse<br />

& Hall-Martin 2000) in Südafrika <strong>und</strong><br />

Amboseli (Moss 2001) in Kenya. Alle anderen<br />

Studien sind Untersuchungen des Entwicklungsgrades<br />

der Ovarien <strong>und</strong> der Trächtigkeitsnarben<br />

in der Plazenta von toten Tieren,<br />

wobei das Alter anhand der Zahnentwicklung<br />

<strong>und</strong> einem Verhältnis von Gewicht zu<br />

Schulterhöhe gemessen wurde.<br />

Das Reproduktionsalter der <strong>Elefanten</strong> ist sicher<br />

auch abhängig von ihrer allgemeinen<br />

Konstitution (Kurt & Mar 1996) <strong>und</strong> dieses ist<br />

in der Wildbahn von kl<strong>im</strong>atischen, ökologischen,<br />

aber auch sozialen (z.B. Populationsdichte)<br />

Bedingungen abhängig. Laws (1969)<br />

berichtet, dass obwohl weibliche <strong>Elefanten</strong> mit<br />

zehn oder elf Jahren sexuelle Reife erlangen,<br />

Follikelreife <strong>und</strong> Ovulation von Stressfaktoren<br />

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Tab. 3: Erstgeburtsalter bei wildlebenden <strong>Elefanten</strong><br />

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gehemmt werden, die von der Populationsdichte<br />

abhängen.<br />

<br />

Es scheint daher angemessen zu sein, für das<br />

Erstgeburtsalter die zwei bekannten lebenden<br />

Populationen (Tabelle 3, Addo <strong>und</strong> Amboseli)<br />

als Referenz zu nehmen, mit Berücksichtigung<br />

der Spannbreite von anderen Autoren.<br />

Alle Autoren berichten, dass das absolute (also<br />

frühestmögliche) Erstgeburtsalter eher die<br />

Ausnahme <strong>und</strong> das Durchschnittsalter eher<br />

die Regel ist. Somit kann man davon ausgehen,<br />

dass normalerweise die meisten wilden<br />

Weibchen knapp unter 13 Jahren ihr erstes<br />

Baby bekommen, die Spannbreite aber zwischen<br />

9 <strong>und</strong> 15 Jahren liegt. (Laws & Parker<br />

1968; Douglas-Hamilton 1972; Hanks 1972;<br />

Smuts 1975). In einem Extremfall betrug das<br />

Erstgeburtsalter sogar 22 Jahre (Laws 1975),<br />

war aber da sicher von sehr schlechten Umweltbedingungen<br />

abhängig. Für die erste Ovulation<br />

wurde von Laws (1975) bei fünf Populationen<br />

ein Alter von 10–11 Jahren errechnet.<br />

In Addo fand die Erstgeburt mit elf Jahren bei<br />

ca. 22% der Weibchen statt <strong>und</strong> Geburten mit<br />

zwölf Jahren bei ca. 44% der Weibchen. Erst<br />

ab dem 13. Lebensjahr hatten bereits über<br />

70% der Weibchen geboren. In Amboseli hatten<br />

50 % der Weibchen mit 14–15 ihr erstes<br />

Kalb. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Weibchen<br />

unter zehn Jahren gebar, lag bei 1 %.<br />

Nur 25,5 % der Weibchen hatten ein Kalb mit<br />

12,5 Jahren <strong>und</strong> weitere 25 % hatten ein Kalb<br />

bis 15,3 Jahren. D.h. in Amboseli züchten die<br />

meisten Weibchen mit 11-13 Jahren zum ersten<br />

Mal (Geburt zwischen 13 <strong>und</strong> 15 Jahren).<br />

Interessant ist die Feststellung, dass die unter<br />

10-jährigen Mütter nur eine 50%-ige Chance<br />

hatten, dass ihr Kalb das erste Lebensjahr<br />

überlebt. Bei den 10- bis 15-jährigen lag die<br />

Chance des Kalbüberlebens schon bei 76 %,<br />

bei den über 15-jährigen Müttern waren es<br />

78,6%. Nach 20 überleben die Kälber das erste<br />

Jahr mit 90 % Wahrscheinlichkeit.<br />

Fortpflanzungsleistung<strong>im</strong><strong>Zoo</strong><br />

Fruchtbarkeit der Individuen: Zwischen dem 2.<br />

Weltkrieg <strong>und</strong> 2011 erreichten in Europas<br />

<strong>Zoo</strong>s 274 Weibchen das mögliche Erstgeburtsalter<br />

von neun Jahren. Davon wurden<br />

aber nur 55 Mütter (19 %, weniger als ein<br />

Fünftel). Sie erzeugten bis zum 20.2.2011 insgesamt<br />

107 voll ausgetragene Nachkommen<br />

(lebend <strong>und</strong> tot). Dies entspricht einem Median<br />

von 1,9 Nachkommen je Zuchtkuh. Die<br />

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Anmerkung: Nur die Addo- <strong>und</strong> Amboseli-Untersuchungen wurden an lebenden <strong>Elefanten</strong> gemacht, alle weiteren sind Ovarien- <strong>und</strong> Plazentauntersuchungen an abgeschossenen<br />

Tieren.<br />

61


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

meisten Nachkommen erzielte „Norris“ (†) in<br />

Ramat Gan mit sieben Söhnen. Von den noch<br />

lebenden Müttern führt die 42-jährige „Masa“<br />

in Howletts mit sechs Kälbern aus fünf Geburten<br />

die Statistik an, gefolgt von der ca. 50-jährigen<br />

„Bahati“ mit fünf Nachkommen. 27<br />

Weibchen hatten bisher mehr als eine Geburt<br />

in europäischen <strong>Zoo</strong>s.<br />

Fruchtbarkeit der Weibchenpopulation: In europäischen<br />

<strong>Zoo</strong>s leben momentan außer<br />

weiblichen Kälbern 143 Kühe des Steppenelefanten<br />

<strong>im</strong> Alter von 7 bis 50 Jahren. Davon<br />

werden sich 80 Weibchen (Alter 21 – 50 Jahre)<br />

sehr wahrscheinlich nicht mehr fortpflanzen.<br />

Dies betrifft zwölf Mütter mit einer<br />

Zuchtpause von mehr als 10 Jahren <strong>und</strong> 35<br />

Weibchen über 21 Altersjahren, die während<br />

der Phase für einen Zuchtbeginn mit keinem<br />

Bullen zusammengehalten wurden. Hierzu<br />

zählen aber auch 33 weitere Kühe, die nie tragend<br />

wurden, obwohl sie während dieses Lebensabschnittes<br />

zumindest zeitweise mit<br />

einem Männchen vergesellschaftet waren.<br />

Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl dieser<br />

„Nonbreeder“, die inzwischen die 20 überschritten<br />

haben, nochmals um sechs Tiere<br />

erhöht.<br />

Von den heute lebenden <strong>Zoo</strong>tieren sind 40 der<br />

143 Kühe bisher Mütter geworden, gerade<br />

mal 28%. Mütter, deren letzte Geburt max<strong>im</strong>al<br />

10 Jahre zurück liegt, gibt es sogar nur 28<br />

(19,5 %). Als fruchtbar gelten gegenwärtig zudem<br />

weitere 35 Weibchen <strong>im</strong> möglichen Erstzuchtalter<br />

(7 bis max<strong>im</strong>al 20 Altersjahre), die<br />

selbst noch keinen Nachwuchs hatten. Somit<br />

bleiben 63 potenziell fruchtbare Weibchen <strong>im</strong><br />

Gesamtbestand (44%).<br />

Peak der Fek<strong>und</strong>ität <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> ist bisher zwischen<br />

9 <strong>und</strong> 25 Jahren (Tabelle 4), mit den<br />

meisten Geburten durch 15- bis 21-jährige.<br />

Ein Weibchen gebar schon mit sieben Jahren<br />

(„Yoki“ in Ramat Gan). Nur drei Kühe gebaren<br />

mit 28 <strong>und</strong> mehr Jahren: „Masa“ in Howletts<br />

mit drei Geburten (davon einmal Zwillinge)<br />

sowie „Bahati“ mit vier <strong>und</strong> „Norris“ mit<br />

fünf Geburten (beide in Ramat Gan).<br />

Fortpflanzungsleistung<br />

<strong>im</strong><strong>Freiland</strong><br />

Tab. 4: Anzahl aller Afrikanergeburten in Europa seit 1943 nach Alter der Mutter verteilt<br />

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„Jama“, „Masa“ <strong>und</strong> das überlebende Zwillingskalb von März 2011 <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> Howletts, UK. Foto: N. Keese<br />

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62<br />

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In der Wildbahn sind es nahezu 100 % der<br />

Weibchen <strong>im</strong> zuchtfähigen Alter (mit ein paar<br />

einzelnen Ausnahmen), welche auch tatsächlich<br />

züchten, also entweder laktieren oder<br />

trächtig sind. Die Fek<strong>und</strong>ität in der Addopopulation<br />

ist hoch (Whitehouse & Hall-Martin<br />

2000). Mit 21 Jahren hatten 100 % der Weibchen<br />

ihr erstes Kalb <strong>und</strong> z.Z. der Studie waren<br />

95 % der Weibchen unter 49 Jahren entweder<br />

laktierend oder tragend. Nur vier reproduzierten<br />

nicht mehr, wobei eine davon mit 38 Jahren<br />

aufhörte nachdem sie 5 Kälber geboren<br />

hatte. Da die Sterblichkeitsrate in Addo relativ<br />

niedriger ist als in anderen Parks <strong>und</strong> das Intercalving<br />

Intervall auch relativ kleiner ist,<br />

kann man davon ausgehen, dass eine Kuh bis<br />

zu 9 Kälber produzieren kann. Allerdings gibt<br />

es keine Angaben zum Durchschnitt.<br />

Geht man von dem Reproduktionsalter von<br />

14–50 aus <strong>und</strong> einem Intercalving Intervall von<br />

4,5 Jahren so wären dies acht Geburten, aber<br />

nicht alle überleben. Die Sterblichkeitsrate für<br />

Kälber ist relativ hoch unter fünf Jahren. Besonders<br />

männliche Kälber bis zehn Jahre hatten<br />

nur 75% Überlebenschance, bei den Weibchen<br />

hingegen erreichten 84% das zehnte Lebensjahr.<br />

In Amboseli überleben durchschnittlich vier<br />

Nachkommen einer Mutter (Moss 2001). Die<br />

Sterblichkeitsrate ist höher als in Addo, wo die<br />

Tiere eingezäunt sind. Amboseli hat vermehrte<br />

Trockenperioden, zudem töten Massai-Krieger<br />

<strong>im</strong>mer wieder <strong>Elefanten</strong>, denn Amboseli ist nicht<br />

umzäunt.<br />

Ein Höhepunkt der Fertilität liegt in Addo zwischen<br />

25 <strong>und</strong> 29 Jahren, andere Autoren<br />

kamen auf folgende Werte: Hanks (1972)<br />

18–19 Jahre <strong>und</strong> Laws et al. (1970) 31–35<br />

Jahre. Moss (2001) <strong>und</strong> Williamson (1976) berichten<br />

für Amboseli <strong>und</strong> Wankie über gleichbleibende<br />

Fek<strong>und</strong>ität bis 50 Jahren.<br />

Reproduktionsende<strong>im</strong><strong>Zoo</strong><br />

Bislang älteste Mutter in einem <strong>Zoo</strong> ist die von<br />

Ramat Gan 1964 <strong>im</strong>portierte „Bahati“. Sie<br />

brachte ihr fünftes <strong>und</strong> letztes Kalb 2006 ca.<br />

45-jährig zur Welt. Geschlechtszyklen hatte<br />

„Bahati“ mindestens bis zum Alter von 48 Jahren,<br />

aufgr<strong>und</strong> der Trennung von ihrem Sohn<br />

<strong>und</strong> viermaligen Zuchtpartner „Yossi“ allerdings<br />

keinen weiteren Nachwuchs. Mütter in<br />

dieser Altersklasse sind in der <strong>Zoo</strong>-Steppen-


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

elefantenpopulation noch selten. Zweitälteste,<br />

noch fruchtbare Mutter ist momentan die 42-<br />

jährige „Masa“ in Howletts, die Anfang 2011<br />

die ersten Afrikanerzwillinge in einem <strong>Zoo</strong> zur<br />

Welt brachte.<br />

Sieht man von den gegenwärtig noch fruchtbaren<br />

Weibchen ab, endete die Fortpflanzung für<br />

28 Zuchtkühe zwischen 1943 <strong>und</strong> heute<br />

(Tabelle 5). So starben in den letzten zehn Jahren<br />

neun fruchtbare Zuchtkühe. Davon wurde<br />

eine wegen Tuberkuloseverdachts euthanasiert,<br />

eine weitere starb an einer Schwergeburt<br />

<strong>und</strong> eine nach dem Angriff einer Artgenossin.<br />

Je zwei Mütter erlagen Tumoren oder verstarben<br />

infolge von Koliken. Bei zwei weiteren Tieren<br />

ist die Todesursache nicht bekannt.<br />

Tab. 5: Ursachen für das Fortpflanzungsende <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong><br />

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Tab. 6: Reproduktionsende in der Wildbahn<br />

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Reproduktionsende<br />

inderWildbahn<br />

Zur Seneszenz in der Wildbahn gibt es wenige<br />

Informationen (Tabelle 6). Die Fek<strong>und</strong>ität in Amboseli<br />

liegt relativ konstant zwischen 16 <strong>und</strong> 40<br />

Jahren, danach werden die Geburtenintervalle<br />

länger. Die Kühe züchten aber weiter. Von 12<br />

Kühen über 60 Jahren gebaren fünf (Moss<br />

2001). Desgleichen war die Fek<strong>und</strong>ität <strong>im</strong> Wankie-Nationalpark<br />

gleichbleibend (Williamson<br />

1976) vom 13. bis 49. Lebensjahr, danach abnehmend<br />

zwischen 50 <strong>und</strong> 60. Von den 17<br />

Weibchen über 50 (aus total 972 toten Tieren)<br />

waren 15 laktierend, davon waren drei Kühe<br />

über 60. Die Wankie-Daten stammen von Ovarien<br />

<strong>und</strong> Plazentauntersuchungen toter Tiere.<br />

<br />

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63<br />

Geburtenabstand(Intercalving<br />

Intervall)<strong>im</strong><strong>Zoo</strong><br />

Die Geburtenabstände in <strong>Zoo</strong>s betragen <strong>im</strong><br />

Schnitt gut 54,6 Monate, also etwa 4½ Jahre.<br />

Sie variieren nach überlebenden Kälbern –<br />

durchgehende Zuchtsituation vorausgesetzt –<br />

zwischen 26 <strong>und</strong> 107 Monaten (Tabelle 7).<br />

Nach Totgeburten erfolgten Geburten z.T. bereits<br />

nach weniger als zwei Jahren (23 Monate).<br />

Nach Unterbrechung der Zuchtsituation<br />

(Fehlen eines geeigneten Bullen) brachten<br />

zwei Weibchen nach 176 Monaten (= 14 Jahre,<br />

8 Monate – „Bahati“/Ramat Gan) <strong>und</strong> 145<br />

Monaten („Masa“/Howletts) erneut Kälber zur<br />

Welt. Generell scheinen erneute Geburten<br />

nach mehr als zehnjähriger Zuchtpause jedoch<br />

unwahrscheinlich zu werden.<br />

Geburtenabstand(Intercalving<br />

Intervall)inderWildbahn<br />

In Addo beträgt das Intervall <strong>im</strong> Schnitt 3,8<br />

Jahre, etwas weniger als bei anderen Populationen<br />

(Tabelle 8). Zu berücksichtigen ist, dass<br />

Jäger die Addo-Population Anfang des 20.<br />

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Tab. 7: Geburtenabstände <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong><br />

Tab. 8: Geburtenabstände in der Wildbahn


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts auf elf Tiere reduziert hatten. Bekannt<br />

ist von vielen Tierarten, dass bei solch<br />

krasser Populationsreduktion die Tiere vermehrt<br />

züchten. Auch hat Addo ein besonders<br />

dichtes, nährstoffreiches Nahrungsangebot,<br />

ganz anders als in den Savannengebieten weiter<br />

nördlich.<br />

FruchtbarkeitderBullen<br />

Im<strong>Zoo</strong><br />

Fortpflanzungsbeginn <strong>und</strong> -leistung: Die heutigen<br />

Zuchtbullen <strong>im</strong> EEP-Raum (Stand:<br />

15.02.2011) zeugten ihren jeweils ersten Nachwuchs<br />

ab einem Alter von 9¼ Jahren („Pambo“<br />

2001 in Wien) aufwärts. „Tusker“/<br />

Wuppertal, „Yossi“/Ramat Gan <strong>und</strong> „Tembo“/Berlin<br />

deckten mit 11 bzw. 12 Jahren erstmals<br />

erfolgreich. Der in Hannover zur Welt<br />

gekommene „Kibo“ gehört stattdessen eher<br />

zu den „Spätstartern“. Lt. Angabe der Pfleger<br />

hat er in Borås schon in seinen Teenagerjahren<br />

versucht, die nahezu gleichaltrige „N`Yoka“ zu<br />

decken. Dass „Kibo“ erst mit ziemlich genau 20<br />

Jahren erstmals zeugte (Abort von „N`Yoka“ <strong>im</strong><br />

November 1998) führen die Pfleger darauf zurück,<br />

dass der Bulle noch nicht reif gewesen<br />

sei.<br />

Bisher ältester Zuchtbulle der Steppenelefanten<br />

in einem europäischen <strong>Zoo</strong> ist der heute<br />

knapp 37-jährige „Yossi“ in Ramat Gan. Er<br />

wird momentan ohne Zuchtpartnerin gehalten<br />

<strong>und</strong> zeugte seinen bisher letzten Nachwuchs<br />

mit 31 Jahren. „Yossi“ ist zudem auch absolut<br />

das älteste Männchen <strong>Afrikanische</strong>r Steppenelefanten<br />

in einem <strong>Zoo</strong> des EEP-Raumes.<br />

Zeichen körperlichen Verfalls zeigt er nicht.<br />

Erfolgreichster Zuchtbulle ist ebenfalls „Yossi“<br />

mit bisher 24 Zeugungen. Der 29-jährige<br />

„Jums“ in Howletts bringt es gegenwärtig auf<br />

15 Nachkommen.<br />

In ganz Europa werden abzüglich der Bullkälber<br />

unter acht Jahren gegenwärtig nur 34 Männchen<br />

über neun Jahren gehalten. Erkenntnisse zur<br />

Fertilität der nicht zuchtgeprüften Bullen (z.B.<br />

Qualität der Spermien) sind nur vereinzelt vorhanden.<br />

Derzeit gibt es <strong>im</strong> EEP-Raum elf lebende<br />

Zuchtbullen. Davon sind acht zwischen 26 <strong>und</strong><br />

37 Jahre alt, einer ist 24-jährig <strong>und</strong> zwei sind<br />

erst 19 Jahre. Diese Tiere haben gezeigt, dass<br />

sie über befruchtungsfähiges Sperma verfügen<br />

<strong>und</strong> die Technik des Deckaktes beherrschen.<br />

In europäischen Haltungen leben neben den<br />

Vatertieren heute nur sieben weitere Steppenelefantenbullen<br />

von mehr als 20 Lebensjahren.<br />

Zwei davon fallen aufgr<strong>und</strong> chronischer Erkrankungen<br />

zur Fortpflanzung aus („Shorty“/<br />

Peaugres – Herzprobleme <strong>und</strong> [der mittlerweile<br />

verstorbene] „Max“/La Teste – Fußprobleme,<br />

ehemaliges Circustier). „Ben“ (30 J. / Thoiry)<br />

hat in zehn Jahren mit mehreren geeigneten<br />

Partnerinnen trotz wiederholter Deckakte keinen<br />

Nachwuchs gezeugt.<br />

Sechzehn weitere Männchen sind zwischen 9<br />

<strong>und</strong> 20 Jahre alt <strong>und</strong> somit in einem Alter, in<br />

welchem eine Zuchtreife zwar prinzipiell möglich<br />

sein, aber noch nicht gr<strong>und</strong>sätzlich vorausgesetzt<br />

werden kann.<br />

In der Gesamtheit kann gegenwärtig <strong>im</strong> EEP-<br />

Einzugsbereich bei 14 Afrikanerbullen mit einer<br />

Zuchtfähigkeit gerechnet werden, wenn man<br />

einen späten Eintritt der fruchtbaren Phase ann<strong>im</strong>mt<br />

(26%). Zählt man auch die heranreifenden<br />

Neun- bis Zwanzigjährigen hinzu, würde<br />

sich die Zahl der möglicherweise fruchtbaren<br />

männlichen Steppenelefanten auf 30 von 53<br />

Tieren (57%) erhöhen.<br />

InderWildbahn<br />

In der Wildbahn ist das effektive Maturitätsalter<br />

insofern nicht maßgebend, als dass es<br />

meist nur die älteren Bullen ab 25 Jahren<br />

sind, welche eine Chance haben, von Weibchen<br />

akzeptiert zu werden. Da besonders ältere<br />

Weibchen sich den Bullen aussuchen<br />

(female choice) der sie befruchten darf, sind<br />

es meist die dominanteren <strong>und</strong> solche, die ihre<br />

Kraft anhand von Musth bewiesen haben.<br />

Und in einer normalen Population wie z.B. in<br />

Amboseli kommt kein Bulle unter 24 Jahren in<br />

Musth (Poole 1989a,b). In der Amboseli-Studie<br />

konnten sich nur ganz wenig Bullen unter<br />

25 Jahren paaren <strong>und</strong> die meisten erfolgreichen<br />

Paarungen erzielten Bullen in der Altersklasse<br />

zwischen 35 <strong>und</strong> über 50 Jahren.<br />

Laws & Parker (1968) untersuchten das Maturitätsalter<br />

der Bullen dreier Populationen anhand<br />

von Spermien <strong>und</strong> kamen zum Schluss,<br />

dass deren sexuelle Maturität ca. zwei Jahre<br />

später eintritt als bei Weibchen der jeweiligen<br />

Population. Das heißt, auch hier war die Maturität<br />

von Umwelteinflüssen abhängig. Bekannt<br />

ist, dass junge Bullen <strong>im</strong> Alter zwischen 12<br />

<strong>und</strong> 15 oder 16 sich langsam vom Familienverband<br />

lösen oder von der Matriarchin aus<br />

der Familie verstossen werden. Dies hängt<br />

wahrscheinlich mit der Erlangung der sexuellen<br />

Reife dieser Bullen zusammen. Denn sollten<br />

sie anfangen Zuchtverhalten zu zeigen,<br />

sollte dies außerhalb der Familie geschehen,<br />

also ist hier eine Inzuchtvermeidungsstrategie<br />

vorhanden.<br />

Frühreifer Bulle (links „Pambo“, hier fünfjährig am Tag seiner Ankunft in Wien) vs. spätreifer Bulle (rechts „Kibo“ 2010 in Boras): Während „Pambo“ schon<br />

mit 9 Jahren erfolgreich zeugte, war „Kibo“ bei seiner ersten Zeugung bereits 20 Jahre alt.<br />

Fotos: L. Török, O. Töffels<br />

64


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

Diskussion<br />

Bei gemeinsamer Betrachtung beider Geschlechter<br />

können am 15.02.2011 von 214<br />

(53,161) <strong>Afrikanische</strong>n Steppenelefanten in<br />

<strong>Zoo</strong>s <strong>und</strong> Safariparks Europas max<strong>im</strong>al 93<br />

Tiere als fortpflanzungsfähig eingestuft werden,<br />

geht man vom frühestmöglichen Pubertätszeitpunkt<br />

aus. Dies entspricht 44% des<br />

Bestandes. Sie werden gebildet von 30 Bullen<br />

zwischen 9 <strong>und</strong> 37 Jahren sowie 63 Kühen<br />

von sieben bis 50 Altersjahren.<br />

Weibchen<br />

Fortpflanzungsbeginn: Die <strong>Zoo</strong>daten ergeben<br />

einen Durchschnitt von 10,3 Jahren für das<br />

Erstgeburtsalter zoogeborener Weibchen. Somit<br />

sind zoogeborene Erstlingsmütter ca. drei<br />

Jahre jünger als in der Wildbahn, wo die<br />

Spannbreite 12,3–18 Jahre beträgt <strong>und</strong> einen<br />

Median von 13,3 Jahren ergibt (Tabelle 2). Die<br />

Ovarienuntersuchungen zeigen, dass in der<br />

Wildbahn die Geschlechtsreife durchaus auch<br />

mit sieben Jahren erreicht wird. Dies entspricht<br />

den Nachweisen aus europäischen<br />

<strong>Zoo</strong>s. Obwohl auch in der Wildbahn Erstgeburten<br />

schon mit neun Jahren verzeichnet<br />

wurden, sind diese eher die Ausnahme. In den<br />

meisten Fällen erfolgt die Erstgeburt erst ab<br />

ca. 12 oder 13 Jahren.<br />

Wie schon erwähnt, sind in der Wildbahn Umweltverhältnisse<br />

best<strong>im</strong>mend für die Fek<strong>und</strong>ität<br />

<strong>und</strong> das Alter der Erstgeburt. Es ist daher<br />

anzunehmen, dass die Ernährung eine grosse<br />

Rolle spielt. Im <strong>Zoo</strong> ist die Proteinzufuhr grösser<br />

<strong>und</strong> konstanter, es gibt keine Dürreperioden<br />

oder schlechte Jahreszeiten <strong>und</strong> daher<br />

bekommen die Weibchen etwas früher ihr erstes<br />

Kalb. In der Wildbahn sind die Bedingungen<br />

sicher härter <strong>und</strong> das Muttertier muss<br />

daher kräftiger sein bei der Geburt, um zu<br />

überleben <strong>und</strong> genügend Milch zu produzieren.<br />

Es ist anzunehmen, dass das Muttertier<br />

erst ein gewisses Gewicht <strong>und</strong> eine gewisse<br />

Grösse erreichen muss (Kurt & Mar 1996) bevor<br />

es in der Lage ist, erfolgreich zu gebären.<br />

Wie es scheint, haben die meisten Weibchen<br />

<strong>im</strong> <strong>Freiland</strong> noch nicht die nötige körperliche<br />

Grösse <strong>und</strong> genügend Reserven erreicht , ehe<br />

sie zehn- oder elfjährig sind.<br />

Es ist auch denkbar, dass ein Jungtier in der<br />

Wildbahn mehr zu lernen hat <strong>und</strong> deshalb die<br />

Pubertätszeit länger ist. Zum Beispiel müssen<br />

besondere Futterplätze in schlechten Jahren<br />

bekannt sein, wann <strong>und</strong> wie man <strong>im</strong> trockenen<br />

Flussbett nach Wasser gräbt, wie schützt man<br />

sein Kalb vor Löwen <strong>und</strong> anderen Raubtieren,<br />

wie schützt man das Kalb vor Sümpfen etc. Im<br />

<strong>Zoo</strong> fällt dies alles weg.<br />

„Pori“ <strong>im</strong> Tierpark Berlin mit dem Bullkalb „Kando“. Foto: O.Töffels<br />

Fortpflanzungsleistung: Was die absolute<br />

Fortpflanzungsleistung betrifft, bestehen grosse<br />

Unterschiede zwischen 28% züchtender<br />

Mütter <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> verglichen mit 100% in der<br />

Wildbahn. Das Intercaving Intervall <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> mit<br />

durchschnittlich 4,5 Jahren entspricht durchaus<br />

demjenigen der Wildbahn. Kommt die<br />

Zucht bei einem Weibchen erst einmal in<br />

Gang, werden also die <strong>im</strong> <strong>Freiland</strong> ermittelten<br />

Werte erreicht. Somit müssen es andere Faktoren<br />

sein, welche die schlechtere Fruchtbarkeit<br />

beeinflussen.<br />

Der erste Gr<strong>und</strong> für die mangelnde Fek<strong>und</strong>ität<br />

des Bestandes: Viele Weibchen sind unfruchtbar,<br />

weil sie nicht früh genug Gelegenheit zur<br />

Zucht bekamen.<br />

Solche Weibchen, die unfruchtbar werden, ohne<br />

je selbst Mutter geworden zu sein, machen<br />

bei den über 21-jährigen zwei Drittel aus (68<br />

von 99 Tieren). Bei den 35-jährigen <strong>und</strong> älteren<br />

sind es sogar 24 von 26 Weibchen. Die<br />

Ursache: In den meisten <strong>Zoo</strong>s wurden erst innerhalb<br />

der letzten 20 Jahre Voraussetzungen<br />

zur Zucht geschaffen. Dies verringerte die<br />

Zahl der Nonbreeder bei den späteren Jahrgängen<br />

etwas.<br />

Der Geburtenpeak liegt <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> auch etwas<br />

früher als in der Wildbahn, n<strong>im</strong>mt man in Betracht,<br />

dass die Zahlen von Hanks von toten<br />

Tieren stammen. Dies kann auch von den<br />

eben erwähnten Faktoren abhängen.<br />

Der zweite Gr<strong>und</strong>: Weibchen, die <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> zu<br />

Müttern wurden, scheiden oft vor der physiologischen<br />

Seneszenz aus dem Fortpflanzungsgeschehen<br />

aus.<br />

Erwähnenswert ist hier, dass in der Wildbahn<br />

die Tiere länger zu züchten scheinen. In der<br />

Wildbahn n<strong>im</strong>mt die Fek<strong>und</strong>ität erst ab dem<br />

50. Lebensjahr ab, in manchen Fällen schon<br />

nach 40. Von den 14 <strong>Zoo</strong>kühen zwischen 41<br />

<strong>und</strong> 50 Jahren sind dagegen nur noch zwei<br />

(„Bahati“ <strong>und</strong> „Masa“) fruchtbar. Schaut man<br />

die Altersgruppe 35–40 Jahre an, zählt man<br />

zwölf Kühe, davon ist keine einzige mehr fortpflanzungsfähig.<br />

In diesem Alter züchten die<br />

wildlebenden <strong>Elefanten</strong> aber noch genau<br />

gleich verglichen mit jüngeren Elefantinnen<br />

(Moss 2001; Whitehouse & Hall-Martin 2000),<br />

also zu nahezu 100%.<br />

Einerseits wird der Fek<strong>und</strong>itätsindex der älteren<br />

<strong>Zoo</strong>weibchen durch die hohe Zahl nie<br />

züchtender Kühe reduziert. Bedenklich ist andererseits,<br />

dass vergleichsweise viele Mütter<br />

vorzeitig starben (Tabelle 5). Hier besteht in<br />

Menschenobhut offenbar noch Opt<strong>im</strong>ierungsbedarf<br />

hinsichtlich der Haltungsumstände.<br />

Im Vergleich zu den 13 verstorbenen Zuchtkühen<br />

wurden aber fast genauso viele Mütter<br />

inzwischen unfruchtbar, weil sich deren Zuchtsituation<br />

trotz menschlicher Fürsorge verschlechterte<br />

(zehn Weibchen). Dies ist ein<br />

Anlass zu detaillierten Untersuchungen der<br />

Zuchtbemühungen in Menschenhand.<br />

Generell ist die Fek<strong>und</strong>ität bei älteren Kühen in<br />

der Wildbahn viel grösser als <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong>. Von 57<br />

<strong>Zoo</strong>weibchen, die überhaupt je Nachwuchs<br />

hatten, sind es lediglich sechs, die zwischen 25<br />

<strong>und</strong> 49 Jahren Mutter geworden sind mit zusammen<br />

17 Nachkommen. Davon gebaren<br />

zwei Kühe in Ramat Gan allein zehn Kälber,<br />

was bedeutet, dass nur drei weitere <strong>Zoo</strong>s mit<br />

über 25-jährigen züchten! Das ist <strong>im</strong>merhin genau<br />

das beste Zuchtalter in der Wildbahn. Zum<br />

physiologischen Alter des Reproduktionsendes<br />

liegen somit bisher keine <strong>Zoo</strong>daten vor.<br />

65


<strong>Afrikanische</strong><strong>Elefanten</strong><strong>im</strong><strong>Zoo</strong><strong>und</strong><strong>im</strong><strong>Freiland</strong>:EinVergleich<br />

Bullen<br />

Das <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> eine erfolgreiche Paarung bereits<br />

<strong>im</strong> Alter von neun Jahren („Pambo“) erfolgte,<br />

<strong>und</strong> andere („Tusker“, „Yossi“, „Tembo“) mit elf<br />

bis zwölf Jahren sich erfolgreich paaren können,<br />

entspricht der Situation zoogeborener<br />

Weibchen, die ebenfalls in Gefangenschaft<br />

sich eher früher erfolgreich paaren als in der<br />

Wildbahn. In der Wildbahn ist Dominanz gegenüber<br />

anderen Männchen <strong>und</strong> Musthverhalten<br />

ein wichtiges Kriterium zur erfolgreichen<br />

Zucht, dies fällt <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> weg, denn meist ist sowieso<br />

nur ein zuchtfähiger Bulle vorhanden.<br />

D.h. er hat es nicht nötig, in Musth zu kommen,<br />

um seine Stärke zu beweisen. Für den<br />

Zuchtbeginn der <strong>Zoo</strong>bullen ist somit das effektive<br />

Maturitätsalter wesentlicher als für wilde<br />

Bullen. Doch der Eintritt der Zuchtreife von<br />

Steppenelefantenbullen in Menschenhand erfolgt<br />

anscheinend in sehr unterschiedlichem<br />

Alter <strong>und</strong> lässt sich nicht ohne weiteres vorhersagen,<br />

wie die erst spät einsetzende Zeugungsfähigkeit<br />

von „Kibo“ verdeutlicht.<br />

Von den 30 <strong>im</strong> zuchtfähigen Alter gehaltenen<br />

Männchen züchten gegenwärtig nur elf. Die<br />

Zahl der Väter <strong>und</strong> auch die Möglichkeiten, für<br />

Weibchen passende Paarungspartner zu finden,<br />

sind deshalb deutlich geringer als <strong>im</strong> <strong>Freiland</strong>.<br />

Female choice ist nicht möglich, wenn<br />

<strong>Zoo</strong>weibchen während ihrer fruchtbaren Lebensjahre<br />

nur einen einzigen Bullen zur Verfügung<br />

haben. Dies reduziert die Chancen auf<br />

Fortpflanzungserfolge.<br />

Manche Bullen zeigen wenig Anlage zum<br />

Zuchtverhalten. Dies kann verschiedene<br />

Gründe haben, z.B: physiologisch oder krankheitsbedingt.<br />

Bei etlichen liegen aber soziale<br />

Gründe vor, d.h. es stehen entweder keine geeigneten<br />

Weibchen zur Verfügung oder aber<br />

der Bulle ist mit den Weibchen aufgewachsen<br />

<strong>und</strong> die natürliche Inzuchthemmung gegenüber<br />

vermeintlichen Schwestern wird aktiv.<br />

Gerade junge Bullen sind Weibchen gegenüber<br />

oft auch nicht dominant genug. Dort wo<br />

der Mensch zu dominant ist, wird das Zuchtverhalten<br />

zudem unterdrückt.<br />

Fazit<br />

Physiologische Unterschiede bezüglich der<br />

Fortpflanzung zwischen <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> gehaltenen<br />

<strong>und</strong> wild lebenden Steppenelefanten lassen<br />

sich anhand der vorliegenden Daten nicht<br />

feststellen. Trotzdem ist die Fek<strong>und</strong>ität der<br />

<strong>Zoo</strong>bestände nachweislich deutlich geringer<br />

als <strong>im</strong> <strong>Freiland</strong>.<br />

Erkenntnisse zu Leben <strong>und</strong> Fortpflanzung wilder<br />

Steppenelefanten, wie sie aus den letzten<br />

ein bis zwei Jahrzehnten vorliegen, finden<br />

selbst in wissenschaftlich geleiteten <strong>Zoo</strong>s oft<br />

nicht viel Beachtung, obwohl die Welt-<strong>Zoo</strong>organisation<br />

die Haltungsqualität von Wildtieren<br />

anhand des auch in Menschenhand auslebbaren<br />

natürlichen Verhaltens misst. Als<br />

Begründung wird intern oft angeführt, dass<br />

es sich ja nicht um wilde, sondern um<br />

„<strong>Zoo</strong>elefanten“ handelt. Doch wenn sich die<br />

arteigenen Voraussetzungen zwischen <strong>Zoo</strong><strong>und</strong><br />

Wildelefanten gleichen, müssen die Abweichungen<br />

– in diesem Fall die völlig unzureichenden<br />

Vermehrungsraten <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> – auf<br />

Probleme bei Haltung <strong>und</strong> Zuchtbemühungen<br />

zurückgeführt werden.<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> steht dabei, dass es <strong>Zoo</strong>s bisher<br />

nur selten gelingt, fruchtbare Tiere in eine<br />

geeignete Zuchtsituation zu bringen <strong>und</strong> eine<br />

solche dann möglichst lange aufrecht zu erhalten.<br />

Hierzu zählen Probleme, sozial füreinander<br />

geeignete Männchen <strong>und</strong> Weibchen<br />

miteinander zur Fortpflanzung zu bringen<br />

ebenso wie offenk<strong>und</strong>ige Schwierigkeiten,<br />

weiblichen <strong>Zoo</strong>elefanten eine sozial geeignete<br />

Gruppenstruktur zu ermöglichen.<br />

In den folgenden Artikeln werden diese Aspekte<br />

zusammen mit weiteren Parametern wie<br />

Anlagen <strong>und</strong> sozialen Umständen behandelt,<br />

um daraus Verbesserungsmöglichkeiten der<br />

Ex-situ-Zucht ableiten zu können.<br />

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S. Afr. J. Wildl. Res. 6 (2): 89-93.<br />

Ungeeignete Partner <strong>und</strong> andauernde Trennung der Geschlechter (wie früher <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong> Amneville, F)<br />

zählen zu den Hauptgründen für ungenügende Zuchterfolge <strong>im</strong> <strong>Zoo</strong>. Foto: C. Remenyi<br />

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