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Unfälle mit Elefanten - Elefanten Schutz Europa

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Unfälle <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>von Olaf TöffelsBerichtszeitraum: Dezember 2011 – Mai 2012Vereinsprojektfür Geschützten KontaktDurch mehrere Ereignisse in deutschen Zoos inder jüngsten Vergangenheit (vgl. <strong>Elefanten</strong>­Magazin20, S.44 und Ausgabe 17, S. 19 ff.) fanddas Thema Angriffe von <strong>Elefanten</strong> auf ihre Betreuerzuletzt mehrfach Eingang in die regionaleund überregionale Berichterstattung.Diese waren nur die aktuellsten deutschen Vorfälleeiner Serie schwerer Unfälle <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>in Zoos auf der ganzen Welt, die jedes JahrVerletzte und Tote fordert und von unseremVerein präzise dokumentiert wird. So starbenallein seit dem Jahr 2000 in europäischen undUS­amerikanischen Zoos 12 Pfleger, wie in dieserRubrik unseres <strong>Elefanten</strong>­Magazins seitJahren nachzulesen ist. In Deutschland sindmindestens 93 Vorfälle <strong>mit</strong> 12 Toten und 52Verletzten belegt. Von den 27 deutschen Zoos,die derzeit <strong>Elefanten</strong> halten, hatten <strong>mit</strong> 15 mehrals die Hälfte seit 1990 mindestens einen, oftsogar mehrere schwere Zwischenfälle <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>.Und die Dunkelziffer ist hoch. Dabeisteht die schwere Attacke oft am Ende einerganzen Serie von Zwischenfällen, die verharmlost,verschwiegen und vertuscht wurden. BeredtesZeugnis hierfür gibt der Beitrag zu bishernicht bekannten historischen <strong>Elefanten</strong>angriffenim heute elefantenfreien Zoo Saarbrücken amEnde der Unfallrubrik.Gezielte Untersuchungen dieser „Unfälle“ genanntenAngriffe von Zoo­ oder behördlicherSeite fehlen bisher. Doch gerade das Bestreben,solche negativen Auswirkungen immernoch gängiger Haltungspraktiken „unter denTisch fallen“ zu lassen, verhindert es unsererAnsicht nach, sie objektiv zu bewerten.Manche <strong>Elefanten</strong>pfleger, die gern im DirektenKontakt am <strong>Elefanten</strong> arbeiten, stehen auf demStandpunkt, dass Unfällen bestimmte Fehler derMenschen im Umgang <strong>mit</strong> dem <strong>Elefanten</strong> vorausgegangenseien bzw. bei einfühlsamer Beobachtungihrer Schützlinge Gefahren rechtzeitigerkannt und so<strong>mit</strong> vermieden werden könnten.Glaubt man den Verantwortlichen der betroffenenZoos, handelt es sich um bedauerlicheEinzelfälle, unvorhersehbar und daher unvermeidbar.Die Recherchen unseres Vereins zeigen jedochParallelen zwischen den individuellen Vorfällenauf. Bei fast allen Zwischenfällen basiert dasVerhältnis von Mensch und Elefant auf einemSystem des ungeschützten Kontaktes. In diesemherkömmlichen Haltungssystem, das bisheute in 21 der 27 deutschen Zoos <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>angewendet wird, wird das Wildtier Elefantgemäß der asiatischen Tradition wie ein Haustierbehandelt. „Unfälle“ sind oft nichts anderesals ein Aufbegehren von <strong>Elefanten</strong>, die es satthaben, sich vom Menschen herumkommandierenzu lassen.„Thabo“ mußte 2010 noch Circus­Mätzchenzeigen. Der Direkte Kontakt provoziert immerwieder Unfälle. Foto: Archiv EEGWas öffentlich jedoch nur selten zur Sprachekommt: Zur guten <strong>Elefanten</strong>pflege ist dies überhauptnicht erforderlich! Denn es gibt eine Alternative:Im Geschützten Kontakt sind Menschund Tier wie bei allen anderen gefährlichenWildtieren im Zoo räumlich immer getrennt. AufBelohnungsbasis, ohne Strafen, wird <strong>Elefanten</strong>beigebracht, sich durch ein Gitter pflegen undbehandeln zu lassen. Diese Methode gewährleistethohe Pflegequalität und Sicherheit derTierpfleger zugleich. Erfahrungen in vielen Zoosbeweisen, dass dies hervorragend funktioniert,auch wenn sich gerade die Pfleger zunächst oftgegen das ungewohnte System sträuben. GeschützterKontakt kann auch in alten <strong>Elefanten</strong>häusernpraktiziert werden, erfordert allerdingsden Umbau der Tore. <strong>Europa</strong>weit praktizierenbereits 70% aller Zoos <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>haltungGeschützten Kontakt. Die nordamerikanischeZoovereinigung AZA verkündete im August2011, dass alle Mitgliedszoos so schnell wiemöglich das <strong>Elefanten</strong>management entsprechendumstellen sollen, um die Sicherheit derTierpfleger zu gewährleisten. Doch die meistendeutschen Zoos pflegen lieber den Mythos vom„sanften Riesen“, anstatt aus der Tatsache,dass <strong>Elefanten</strong> gefährliche Wildtiere sind, Konsequenzenzu ziehen. Dabei wird GeschützterKontakt in allen deutschen Zoos, die einen erwachsenen<strong>Elefanten</strong>bullen halten, bereitspraktiziert – aber jeweils nur für den Bullen!Dass <strong>Elefanten</strong>kühe und selbst (Bull)kälberschon ab dem Alter von zwei Jahren ebensogefährlich werden können wie erwachsene <strong>Elefanten</strong>bullen,will in den „wissenschaftlich geleiteten“deutschen Zoos kaum jemand wahrhaben.Dabei werden ca. 80% aller Unfälle <strong>mit</strong>Zooelefanten von <strong>Elefanten</strong>kühen verursacht.39Auch in den Zoos von Dresden, Magdeburg,Augsburg und Duisburg kann niemand behaupten,von der Gefahr durch <strong>Elefanten</strong> völlig unvorbereitetüberrascht worden zu sein, denn inallen vier Zoos haben sich bereits schwere Zwischenfälleereignet, nach denen der DirekteKontakt zu den Weibchen jedoch beibehaltenwurde. In drei Fällen musste der betroffene Elefantin einen anderen Zoo umziehen. Das ändertallerdings an dem Problem nichts, solangedas Haltungssystem nicht geändert wird: Dernächste aggressive Elefant kommt bestimmt.Angesichts der horrenden Unfallzahlen und geradeauch der jüngsten Vorfälle kann niemandmehr behaupten, die tödliche Gefahr, in die sich<strong>Elefanten</strong>pfleger täglich begeben, sei unvorhersehbaroder bei fehlerlosem Arbeiten vermeidbar.Wenn erfahrene Pfleger einschätzen könnten,ob bzw. wann ein vermeintlich gut trainierterElefant gefährlich wird, gäbe es die schwerenUnfälle 2010 bis 2012 nicht! Es stellt ausunserer Sicht eine Verletzung der Fürsorgepflichtdar, wenn Zoodirektoren diese Gefahrignorieren und es unterlassen, sichere Arbeitsbedingungenfür ihre Angestellten zu schaffen.Diese Fahrlässigkeit im Umgang <strong>mit</strong> Gesundheitund Leben von <strong>Elefanten</strong>pflegern bedingtaber, dass im Falle eines „Unfalls“ nicht nur eintragisches Ereignis vorliegt, sondern nebenSchadensersatzforderungen der Opfer auchStraftaten im Raum stehen: Fahrlässige Tötungbzw. fahrlässige Körperverletzung.<strong>Elefanten</strong>­<strong>Schutz</strong> <strong>Europa</strong> ist es deshalb seitJahren ein Anliegen, das oft falsch dargestellteProblem der Unfälle <strong>mit</strong> Zooelefanten ins Bewusstseinvon Öffentlichkeit, Politik und verantwortlichenPersonen zu rücken. Die vorliegendenDatenmengen sowie die Auswertungendurch unseren Verein bieten hierfür eine umfassendesachliche Basis. Zum Jahreswechsel2011/2012 hat unser Verein deshalb entsprechendeDokumente, ergänzt um eine überregionalePresse<strong>mit</strong>teilung, zeitgleich lokalen Medien,den zuständigen Behördenvertretern sowieden betreffenden zoologischen Einrichtungenzugestellt, um für alle Beteiligten dengleichen Wissensstand als Diskussionsgrundlagesicherzustellen. Der Elefant ist, wie die Unfallstatistikleider zeigt, das gefährlichste Wildtierin Menschenobhut – bei Anwendung neuerErkenntnisse und tiergerechter Haltungssystememuss dies jedoch nicht sein. <strong>Elefanten</strong>­<strong>Schutz</strong> <strong>Europa</strong> agiert <strong>mit</strong> dem Ziel, eine Lösungzu finden bzw. umzusetzen, die das Leben vonTierpflegern genauso sicherstellt wie Wohlbefindenund Gesundheit von <strong>Elefanten</strong>. Dies sehenwir durch Einführung des HaltungssystemsGeschützter Kontakt auch für <strong>Elefanten</strong>küheund Jungtiere als praktikabel an.Wie zur Bestätigung der Notwendigkeit hierzuereignete sich kurz nach Herausgabe der Presse<strong>mit</strong>teilungein weiterer schwerer Unfall in einemdeutschen Zoo, in dessen Folge wie gewohntvon Transparenz keine Spur war:


Zoo DuisburgZwischen Ende Januar und Mitte Februar 2012kam es zu einem gezielten Angriff der Afrikanischen<strong>Elefanten</strong>kuh „Saiwa“ (21 J.) auf einenihrer Pfleger (Name ist der Redaktion bekannt).Der Mann wurde schwer verletzt und stationärim Krankenhaus behandelt. „Saiwa“ und diegleichaltrige „Etosha“ wurden ca. 1991 wildgeboren und dreijährig vom Zoo Lissabon importiert,gemeinsam <strong>mit</strong> dem noch ein Jahr jüngerenMännchen „Shaka“. Alle drei kamen1997 in den Duisburger Zoo. Dort gelang esweder durch den lange subdominanten Jungbullennoch durch Versuche zur künstlichen Besamung,die Weibchen zur Fortpflanzung zubringen. Ein Bullentausch ist nie erfolgt.Der Duisburger Zoo ist eine der Einrichtungen,in denen <strong>Elefanten</strong>angriffe bereits zuvor mehrfachdokumentiert wurden. Neben den bekanntenAttacken der jahrelang für Spaziergängeaußerhalb des Geheges benutzten „Daisy“ (26J., vgl. <strong>Elefanten</strong>­Magazin 17, S. 20) hatte auch„Dzomba“ († 19, zuvor Zoo Rostock) gegenden Direkten Kontakt in Duisburg aufbegehrt,musste letztlich nach Beekse Bergen/NL abgegebenwerden. Obwohl „Daisy“ ihr letztes Opferschwer verletzte, hielten die Verantwortichenam Haltungssystem der Kühe fest.Anzumerken ist, dass der Bulle „Shaka“ seit einigerZeit im Geschützten Kontakt gepflegt wird(obwohl auch bei ihm die Pfleger so lange wiemöglich im free contact arbeiteten). Die Tore imKuhbereich des Hauses lassen sich allerdingsnicht aus der Distanz bedienen, obwohl der Bauerst 1997 vom Großsäuger­ zum <strong>Elefanten</strong>hausumgestaltet wurde. Eine Veranlassung, diesnachzurüsten, sah man in Duisburg offenbarauch nach den zuvor beschriebenen Angriffennicht. Die – zumeist sehr erfahrenen – <strong>Elefanten</strong>pflegerin Duisburg ihrerseits vertrauten dembisherigen Haltungssystem zumindest bei denWeibchen weiter.Mit „Saiwa“ hat in Duisburg bereits die dritte<strong>Elefanten</strong>kuh innerhalb von drei Jahren angegriffen.Nach ihrer Attacke sah man offenbarletztlich keine andere Möglichkeit mehr, alsauch die Haltung der Weibchen stillschweigendauf hands off umzustellen. Angeblich ist keineAbgabe von „Saiwa“ geplant. Durch die Gitterwird ein PC­Training <strong>mit</strong> den Kühen durchgeführt.Die Umrüstung der Tore wird darüber hinauswohl erforderlich bleiben. Allerdings hat sichdurch das verzögerte Reagieren der Zooleitungder Handlungsspielraum für den Umbau wahrscheinlichverkleinert.Da in der Presse zu diesem Vorfall nichts zufinden war, fragte unser Verein schriftlich beiZoodirektor Achim Winkler nach. Trotz mehrfacherZustellung haben wir bis heute keine Antworterhalten.Franklin Park Zoo, NZLAm 25. April 2012 tötete die Afrikanische <strong>Elefanten</strong>kuh„Mila“ (= „Jumbo“, geb. ca. 1973) dieUnfälle <strong>mit</strong> <strong>Elefanten</strong>„Saiwa“ 2008 im Zoo Duisburg. Foto: Archiv EEG4042jährige Besitzerin des Franklin Zoo, die zugleichTierärztin und ­pflegerin in Personalunionwar. „Mila“ gelangte erst am 28.11.2009 indiesen Privatzoo nahe Auckland, nachdem siezuvor den Großteil ihres Lebens im Circus verbrachthatte. Sie hat in ihrem Leben etlicheTausend Kilometer zurücklegen müssen, wennauch nicht zu Fuß: Von van den Brink juvenilnach <strong>Europa</strong> importiert, gelangte das Weibchenüber die Zoos von London/UK und Honolulu/USAnach Neuseeland in den Circus WeberBros. Dort stand sie tw. bis zu 20 Stunden amTag angekettet, wie aus dem Franklin Zoo bekanntwurde. Zudem wurde sie einzeln gehalten– schon für sich genommen ein untragbarer Zustandfür eine <strong>Elefanten</strong>kuh.Der Franklin Zoo ist als Auffangstation für Wildtierebekannt, übernahm beispielsweise 2006die letzten Circuslöwen Neuseelands. DerÜbergriff schockierte das gesamte Umfeld derGetöteten. Dem zoologischen Berater der Einrichtungist jedoch bewusst, dass <strong>Elefanten</strong> etwasDerartiges niemals „aus Versehen“ tun, wieer erklärt. Bei der Vorgeschichte (um nicht zusagen Leidensgeschichte) ist es nicht verwunderlich,wenn die intelligenten Dickhäuter psychischeSchäden, z.B. das PTSD­Syndrom davontragen,wie die Hirnforschung heute weiß.Abgesehen vom Wildtiercharakter jedes <strong>Elefanten</strong>sind die Reaktionen derart traumatisierterIndividuen nicht abschätzbar, weshalb dem<strong>Schutz</strong> ihrer Betreuer besondere Beachtunggeschenkt werden muss. Dies funktioniert jedochnur bei konsequenter Durchführung:Die für „Mila“ gebaute Anlage im Franklin Zoowar PC­geeignet. In diesem Haltungssystemwurde die Kuh auch grundsätzlich betreut, gablt. Zooangaben z.B. problemlos die Füße zurPediküre durchs Gitter hinaus. Zuletzt scheinendie – durch die Absperrung – beschriebenenfreundlichen Reaktionen des Tieres zumindestdas Opfer dazu verleitet zu haben, zu dem <strong>Elefanten</strong>hineinzugehen, wie auch Videosequenzennahelegen, die kurz vor dem Unglück aufgezeichnetwurden: http://tvnz.co.nz/national­news/zoo­remain­closed­while­death­probed­4851364 Dies scheint ihr irgendwann zum Verhängnisgeworden zu sein.„Mila“ konnte im nicht gerade elefantenreichenNeuseeland keine Gesellschaft zugeführt werden.Deshalb versuchte die Parkleitung, der dasWohl der Elefantin sehr am Herzen lag, sie ineinem US­amerikanischen Sanctuary unterzubringen,wo sie andere Afrikanische <strong>Elefanten</strong>zur Gesellschaft hätte. Das weitere Schicksalvon „Mila“ wie auch aller übrigen Tiere desFranklin Zoo ist nach diesem Unglück ungewiß.Circus Courtney Bros, Cork/IRAm 26. März 2012 filmten Unbeteiligte zufälligden Ausbruch der Asiatischen <strong>Elefanten</strong>kuh„Baby” (= „Bebe“, ca. 40 Jahre) von Joy Gärtner,der z.Z.beim Circus Courtney Bros. im Engagementist. Der Ausbruch der Asiatin fandnicht unbeobachtet statt, doch „Baby“ ignoriertedie Anstrengungen ihrer Halter Joy und SonnyGärtner, sie wieder unter Kontrolle zu bringen.Die Kuh raste über den Parkplatz des nahenEinkaufszentrums, wie ein Handyvideodokumentiert: www.breakingnews.ie/ireland/runaway­elephant­prompts­fresh­calls­foranimal­ban­in­circuses­545262.htmlErst nachdem „Baby“ ca. 200 m auf einer belebtenHauptverkehrsstraße zurückgelegt hatte,konnten die Gärtners sie wieder unter Kontrolleund zurück in den Circus bringen. Dem Halterzufolge hatte sie sich nicht abduschen lassenwollen und sei deshalb geflohen.Lt. Joy Gärtner habe nie eine Gefahr für Personenbestanden, wie er in einem späteren Nachrichteninterviewbehauptet. Doch die Wahrheitsieht auch hier anders aus, wenn man sich dieMühe macht, hinter die Kulissen zu schauen:Gärtner hatte „Baby“ erst 2011 vom spanischenCirco Americano übernommen. Dessen BesitzerFaggioni hatte „Baby“ jahrelang nicht mehrin der Vorführung zeigen können, weil sie „unzuverlässig“war, was nichts anderes als ein

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