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Pflichtteilsverzicht durch Bezieher von staatlichen Sozialleistungen ...

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<strong>Pflichtteilsverzicht</strong> <strong>durch</strong> <strong>Bezieher</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>staatlichen</strong> <strong>Sozialleistungen</strong> wirksam<br />

<strong>von</strong> Thomas Wachter<br />

Notar in München<br />

In einer wichtigen Grundsatzentscheidung zum Erbrecht hat der Bundesgerichtshof<br />

die Privatautonomie gestärkt. Ein <strong>Pflichtteilsverzicht</strong>svertrag ist demnach<br />

auch dann wirksam, wenn ein Kind aufgrund des Verzichts auf staatliche<br />

<strong>Sozialleistungen</strong> angewiesen ist. Mit der Entscheidung wird zugleich die verbreitete<br />

Gestaltung des sogenannten Behindertentestaments höchstrichterlich<br />

anerkennt. Das Urteil schafft Rechtssicherheit und ist aus Sicht der notariellen<br />

Praxis zu begrüßen (Volltext der Entscheidung unter ww.bundesgerichtshof.de,<br />

Urteil vom 19.01.2011, IV ZR 7/10).<br />

Der Entscheidung lag vereinfacht folgender Alltagsfall zu Grunde: Die in erster<br />

Ehe miteinander verheirateten Ehegatten hatten drei gemeinsame Kinder. Eine<br />

Tochter litt jedoch unter einer Lernbehinderung und erhielt staatliche <strong>Sozialleistungen</strong>.<br />

Die Eltern errichteten ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie<br />

sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Schlusserben waren die drei Kinder.<br />

Die behinderte Tochter wurde jedoch nur zur Vorerbin eingesetzt und mit einer<br />

Dauertestamentsvollstreckung belastet. Durch diese Gestaltung (auch als Behindertentestament<br />

bezeichnet) sollte sichergestellt werden, dass die Tochter<br />

etwas <strong>von</strong> dem Vermögen der Eltern erbt, ein Zugriff des Sozialhilfeträgers auf<br />

das Vermögen aber gleichwohl ausgeschlossen ist.<br />

Im Anschluss an die Beurkundung des Testaments verzichteten alle drei Kinder<br />

auf ihren Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil.<br />

Kurze Zeit später starb die Mutter. Der Vater wurde Alleinerbe. Auf ihren Pflichtteil<br />

hatten die Kinder verzichtet. Gleichwohl leitete der Sozialhilfeträger den<br />

Pflichtteilsanspruch der behinderten Tochter auf sich über und machte diesen<br />

gegenüber dem Vater geltend. Der <strong>Pflichtteilsverzicht</strong>svertrag stehe dem nicht<br />

entgegen. Denn dieser sei sittenwidrig. Es handelt sich dabei um einen unzulässigen<br />

Vertrag zu Lasten eines Dritten.


- 2 -<br />

Dem hat der Bundesgerichtshof nunmehr eine klare Absage erteilt.<br />

Auch der <strong>Pflichtteilsverzicht</strong> eines Kindes, das staatliche <strong>Sozialleistungen</strong> bezieht<br />

verstößt nicht gegen die guten Sitten und ist uneingeschränkt wirksam.<br />

Die Richter betonen, dass jedermann frei darüber entscheiden kann, ob er Erbe<br />

eines anderen werden will oder nicht. Niemand ist verpflichtet, <strong>von</strong> jemand anderes<br />

etwas zu erben. Vielmehr kann jedermann alle im Erbrecht vom Gesetz<br />

bereitgestellten Gestaltungsinstrumente (wie auch <strong>Pflichtteilsverzicht</strong>sverträge)<br />

nutzen.<br />

Durch eine sachgerechte Nachfolgeregelung kann somit auch in komplexen<br />

Situationen der Erhalt des Familienvermögens sichergestellt werden. Testamente<br />

und Erbverträge sollten regelmäßig <strong>durch</strong> den Abschluss <strong>von</strong> fairen<br />

<strong>Pflichtteilsverzicht</strong>sverträgen ergänzt werden.

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