September 2013 - Evang.-Luth. Kirchengemeinde Kirchenlamitz
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Andacht<br />
4<br />
Also: Warum brauchen wir diesen<br />
Tag?<br />
1. Weil unser Gedächtnis gnädig<br />
ist; es ist v.a. gnädig mit unseren<br />
Fehlern. Ich merke selbst: Negative<br />
Dinge verschwinden sehr<br />
schnell aus meinem Gedächtnis;<br />
und die Gehirnforschung bestätigt<br />
das. Wir haben ein sehr kurzes<br />
und gnädiges Gedächtnis, wenn<br />
es um unangenehme Dinge geht.<br />
Die Tatsache, dass der Mensch<br />
nur ein kurzes Gedächtnis hat,<br />
hat Günter Kunert in ein Gedicht<br />
gefasst:<br />
„Als der Mensch aus den Trümmern<br />
seines bombardierten<br />
Hauses hervorgezogen wurde,<br />
schüttelte er sich und sagte: Nie<br />
wieder. Jedenfalls nicht gleich.“<br />
2. Wir brauchen diesen Tag, weil<br />
der Opfer zu gedenken ein Akt<br />
des Anstandes ist. Nicht weil sie<br />
ihr Leben „für Volk und Vaterland“<br />
eingesetzt und verloren<br />
haben. Denn das würde ihrem<br />
millionenfachen Sterben einen<br />
Sinn geben, den es nicht hat. Für<br />
Heldengedenken ist am Volkstrauertag<br />
kein Platz. In der jüdischen<br />
Überlieferung des Talmud<br />
heißt es: „Der ist ein Held, der<br />
einen Feind zum Freund macht!“<br />
Wir gedenken der Opfer, um<br />
wenigstens im Tod ihre Würde zu<br />
achten; eine Würde, die ihnen im<br />
Leben versagt wurde.<br />
Das Gedenken ist ein Akt des<br />
Anstandes – und mit dem Anstand<br />
ist es in der heutigen Zeit<br />
wahrlich nicht weit her. Sicher:<br />
Was haben die anderen von meinem<br />
Anstand – nicht viel; aber<br />
wenn er fehlt, wird sein Fehlen<br />
als verletzend empfunden und<br />
respektlos.<br />
Ich denke, mit dem Denken und<br />
dem Gedenken fängt der Respekt<br />
überhaupt erst an. Wir sprechen<br />
ja auch von Erinnerungskultur.<br />
Erinnern ist ein Teil unserer Kultur;<br />
ohne Erinnern gibt es überhaupt<br />
keine Kultur.<br />
3. Der Opfer zu gedenken ist eine<br />
Bedingung für den Frieden. Es ist<br />
durchaus fraglich, ob Menschen<br />
willens und fähig sind, aus der<br />
Geschichte zu lernen. Aber aus<br />
Fehlern und Niederlagen kann<br />
man weitaus mehr lernen als aus<br />
Erfolgen. Und eigentlich müsste<br />
es uns leichter fallen, wenn es<br />
nicht unsere eigenen Fehler und<br />
Niederlagen sind, aus denen wir<br />
lernen, sondern die unserer Vorfahren.<br />
Wir haben jedenfalls nicht genug<br />
aus den Fehlern der Vergangenheit<br />
gelernt, wenn wir mehr Geld