Kristallographische Gruppen
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Auf diese Art lassen sich unendlich viele verschiedene Gitter erzeugen. Ihre Vielfalt läßt sich jedoch<br />
in den Griff bekommen, indem man die zusätzlich zur Translationssymmetrie vorhandenen Punktsymmetrien<br />
betrachtet. (Zum Beispiel enthält die Symmetriegruppe jedes Gitters die Inversion).<br />
Dies ist das Thema des nun folgenden Abschnittes.<br />
3.4.2 <strong>Kristallographische</strong> Punktgruppen<br />
Sei H eine Gittergruppe und L das von ihr erzeugte Gitter Hx. Dieses Gitter hat eine maximale<br />
(vollständige) Symmtriegruppe G, die natürlich H als Untergruppe enthält. Jede Translation aus<br />
G ist auch in H enthalten: H = G ∩ T(3). Wir werden nun sehen, daß auch G diskret ist, und<br />
daß es zur Klassifikation der Gitter genügt, die diskreten Punktgruppen zu betrachten, die in H<br />
enthalten sind.<br />
Mit h ∈ G ist b := hx wieder ein Gitterpunkt. Es gibt also eine Translation t, die von x nach b<br />
führt. Somit gilt t −1 hx = x (andere Schreibweise: hx −t = x), und die Transformation f := t −1 h<br />
hat x als Fixpunkt. Die Menge aller f bildet eine diskrete Punktgruppe F mit Fixpunkt x.<br />
Man kann jedes Element von G eindeutig in der Form h = tf mit t ∈ H und fx = x schreiben. G<br />
ist damit das semidirekte Produkt ihrer Untergruppe F und der Gittergruppe H:<br />
Als Produkt diskreter <strong>Gruppen</strong> ist auch G diskret.<br />
G = F ∧ H (3.2)<br />
Zur Bestimmung aller Symmtriegruppen der Gitter genügt es, alle möglichen Punktgruppen F zu<br />
bestimmen.<br />
Definition 3.3 Eine Untergruppe G der euklidischen Gruppe E(3), die ein Gitter L auf sich selbst<br />
abbildet und einen Punkt x ∈ L als Fixpunkt hat, heißt kristallographische Punktgruppe. Die<br />
maximale kristallographische Punktgruppe F von x heißt Holoedrie von L bei x.<br />
<strong>Kristallographische</strong> Punktgruppen sind definitionsgemäß nichts anderes als Untergruppen der Holoedrien.<br />
Doch kommen keinesfalls alle Punktgruppen als kristallographische in Frage. Die Tatsache,<br />
daß diese Punktgruppen ein Gitter invariant lassen, also mit einer Translationsperiodizität<br />
verträglich sein müssen, stellt eine starke Einschränkung dar, über die der folgende Satz Auskunft<br />
gibt.<br />
Satz 3.1 (von der kristallographischen Beschränkung) Eine kristallographische Punktgruppe<br />
kann nur Drehachsen c n der Zähligkeiten n = 1, 2, 3, 4 und 6 enthalten. Holoedrien<br />
enthalten stets die Inversion i und, sofern sie eine zyklische Untergruppe einschließen, gleichzeitig<br />
auch C nv .<br />
Beweis:<br />
Sei g ∈ H. Stelle g in einer Gitterbasis dar:<br />
gb i = ∑ j<br />
b j c ji (g) (3.3)<br />
muß wieder ein Gittervektor sein, d.h. die Matrix c ist unimodular: c ji ∈ Z und det c = ±1. Also<br />
muß ihre basisunabhängige Spur ebenfalls ganzzahlig sein:<br />
∑<br />
c ii (g) = 1 + 2 cosϕ = 1 + 2 cos 2π n ∈ Z (3.4)<br />
i<br />
Diese diophantische Gleichung wird nur gelöst von n = 1, 2, 3, 4, 6.<br />
Daß die Holoedrie die Inversion enthält ist unmittelbar einsichtig.