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FMH Services - Schweizerische Ärztezeitung

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S chweizerische Ärztezeitung<br />

Bollettino dei medici svizzeri<br />

13<br />

28. 3. 2012<br />

Bulletin des médecins suisses<br />

Editorial 479<br />

eHealth und Medizin<br />

SGIM 491<br />

Messung der Patientenzufriedenheit in der Arztpraxis<br />

– ein zentraler Baustein der Qualitätssicherung<br />

SAMW 493<br />

Vom Umgang mit Sterbewünschen: «Ich möchte<br />

sterben» heisst nicht «Ich will mich umbringen»<br />

Tribüne 510<br />

Risikoselektion in der Grundversicherung<br />

Begegnung mit Jonathan Spycher 517<br />

Ja, ich bin ein Knochenschlosser<br />

«Zu guter Letzt» von Rouven Porz 520<br />

Die Wahrheit an der Wand<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

Offizielles Organ der <strong>FMH</strong> und der <strong>FMH</strong> <strong>Services</strong> www.saez.ch<br />

Organe officiel de la <strong>FMH</strong> et de <strong>FMH</strong> <strong>Services</strong> www.bullmed.ch<br />

Bollettino ufficiale della <strong>FMH</strong> e del <strong>FMH</strong> <strong>Services</strong>


INHALT<br />

<strong>FMH</strong><br />

Editorial<br />

479 eHealth und Medizin<br />

Monique Gauthey<br />

DDQ<br />

481 Q-Monitoring startet in<br />

eine neue Runde (3)<br />

Varja Nikolic<br />

Q-Monitoring will Qualitätsaktivitäten ambulant tätiger<br />

Ärzte aufzeigen. In dieser Folge berichten Vertreter der<br />

neu ins Projekt integrierten Fachbereiche Gynäkologie,<br />

Pneumologie, Anästhesiologie, Radiologie sowie ORL,<br />

Hals- und Gesichtschirurgie, was sie zur Teilnahme<br />

m otiviert hat und was sie sich davon versprechen.<br />

Weitere Organisationen und Institutionen<br />

SAMW<br />

493 Vom Umgang mit Sterbewünschen:<br />

«Ich möchte sterben» heisst nicht<br />

«Ich will mich umbringen»<br />

<strong>Schweizerische</strong> Akademie der Medizinischen<br />

Wissenschaften<br />

483 <strong>FMH</strong> flash<br />

Neues aus den Abteilungen der <strong>FMH</strong>: Ein Corporate-Design-Fachmann<br />

hat die <strong>FMH</strong> beraten und erklärt im Interview,<br />

warum ein einheitlicher Auftritt nach aussen wichtig<br />

ist. Doch es gibt auch Neues zu Inhalten, z.B. zu<br />

SwissDRG-Fortbildungsseminaren, Tarifen und Gruppenpraxen.<br />

487 Personalien<br />

Organisationen der Ärzteschaft<br />

Hausärzte Schweiz<br />

489 Rechnung ohne Wirt – immense Kosten<br />

Heinz Bhend, Gerhard Schilling<br />

Eine Sichtweise zur Einführung des elektronischen Patientendossiers,<br />

geprägt von der praktischen Umsetzbarkeit<br />

in den Arztpraxen. Eine Frage der Autoren lautet:<br />

«Wie können wir die bis an die Grenzen belasteten Hausärzte<br />

motivieren, einen zusätzlichen Zusatzaufwand zu<br />

treiben?» Eine Anschubfinanzierung sei nötig.<br />

SGIM<br />

491 Messung der Patientenzufriedenheit in<br />

der Arztpraxis – ein zentraler Baustein<br />

Ihrer Qualitätssicherung<br />

Jean-Michel Gaspoz, Romeo Providoli<br />

Die SGIM bietet Ärzten einen Fragebogen,<br />

der in sechs Themenblöcke gegliedert<br />

ist: Arzt-Patienten-Beziehung, fachliche<br />

Beurteilung des Arztes und Praxispersonals,<br />

Kommunikation, Therapien,<br />

Untersuchungen sowie Dienstleistungen,<br />

Organisation und Räumlichkeiten.<br />

Der Beitrag informiert detailliert über<br />

Ablauf und Auswertung der Befragung.<br />

Die SAMW hat 2004 Richtlinien zur «Betreuung von<br />

Patientinnen und Patienten am Lebensende» veröffentlicht.<br />

Anfragen an die Zentrale Ethikkommission der<br />

SAMW haben gezeigt, dass in Einzelfällen eine nicht<br />

vertretbare Praxis der Suizidhilfe besteht. In der SÄZ erscheinen<br />

nun kurze «Standpunkte», welche die Thematik<br />

aus einer individuell-fachlichen Perspektive beleuchten.<br />

SÄZ-Podiumsdiskussion<br />

495 Von der Hierarchie zum Team?<br />

Interprofessionalität im Schweizer<br />

Gesundheitswesen<br />

Am Donnerstag, dem 19. April, ist es wieder so weit:<br />

Beim SÄZ-Podiumsgespräch diskutieren Podiumsgäste<br />

und Publikum aktuelle Fragen unseres Gesundheitssystems:<br />

Was sind Stärken und Schwächen der interprofessionellen<br />

Zusammenarbeit? Welche neuen Formen der<br />

Kooperation sind gefragt? Krankt unser Gesundheitswesen<br />

wirklich an einer zu ausgeprägten Arztzentriertheit?<br />

Diskutieren Sie mit!<br />

Briefe / Mitteilungen<br />

496 Briefe an die SÄZ<br />

498 Facharztprüfungen /<br />

Mitteilungen


INHALT<br />

<strong>FMH</strong> <strong>Services</strong><br />

500 Elargissement du réseau de nos sociétés<br />

fiduciaires partenaires dans le canton<br />

de Genève<br />

<strong>FMH</strong> Fiduciaire <strong>Services</strong><br />

501 Ihre Experten<br />

<strong>FMH</strong> Insurance <strong>Services</strong><br />

502 Stellen und Praxen<br />

Tribüne<br />

Standpunkt<br />

510 Risikoselektion in der Grundversicherung<br />

Christian Baumgartner, André Busato<br />

Über die «Jagd nach guten Risiken» wird viel geredet<br />

und geschrieben, empirische Daten hierzu gab es bisher<br />

jedoch nicht. Jetzt wurden sie mit einer Anfrage an verschiedene<br />

Versicherer erhoben: 5 Männer zwischen<br />

23 und 26 Jahren mit hohen Franchisen waren die guten<br />

Risiken, 4 Frauen und 1 Mann zwischen 72 und 92<br />

mit Minimalfranchise die schlechten. Die Daten belegen<br />

signifikante Unterschiede im Versichererverhalten.<br />

Horizonte<br />

Begegnung mit …<br />

517 Ja, ich bin ein Knochenschlosser<br />

Daniel Lüthi<br />

Besonders in dieser Jahreszeit ein gefragter Mann:<br />

J onathan Spycher, Chefarzt Orthopädie am Spital Interlaken,<br />

das sich auch «Alpines Notfallzentrum» nennt. Nicht<br />

selten landen junge Adrenalin-Junkies in seinem OP.<br />

Doch Spycher kennt auch eine andere Welt. Die ersten<br />

15 Jahre seines Lebens verbrachte er in Papua-Neuguinea,<br />

wo seine Eltern als Missionare arbeiteten.<br />

Zu guter Letzt<br />

520 Die Wahrheit an der Wand<br />

Rouven Porz<br />

Medical Education<br />

514 Medizinstudium über das Internet<br />

R. Ster, A. Pril<br />

Die gute Nachricht für alle, die in einigen Jahren einen<br />

Nachfolger für ihre Praxis suchen: Die Fernuniversität<br />

Frauenfeld sorgt für 250 neue Studienplätze. Der<br />

Schwerpunkt liegt dabei auf der Hausarztmedizin. Die<br />

Möglichkeiten moderner Medien werden bei diesem Studiengang<br />

optimal genutzt.<br />

Siebzehn Power-Point-Präsentationen in fünf Stunden.<br />

Sie können sich denken, wie man sich da fühlt. Nicht gut<br />

jedenfalls fühlte sich unser Autor. Und warum kam ihm<br />

bei all diesen Projektionen Platons Höhlengleichnis in<br />

den Sinn?<br />

516 Spectrum<br />

Anna<br />

IMPRESSUM<br />

Redaktion<br />

Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli<br />

(Chefredaktor)<br />

Dr. med. Werner Bauer<br />

Dr. med. Jacques de Haller (<strong>FMH</strong>)<br />

PD Dr. med. Jean Martin<br />

Anna Sax, lic. oec. publ., MHA<br />

Prof. Dr. med. Hans Stalder<br />

Dr. med. Erhard Taverna<br />

lic. phil. Jacqueline Wettstein (<strong>FMH</strong>)<br />

Redaktion Ethik<br />

PD Dr. theol. Christina Aus der Au<br />

Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo<br />

Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz<br />

Redaktion Medizingeschichte<br />

PD Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann<br />

PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff<br />

Redaktion Ökonomie<br />

Anna Sax, lic. oec. publ., MHA<br />

Redaktion Recht<br />

Fürsprecher Hanspeter Kuhn (<strong>FMH</strong>)<br />

Managing Editor<br />

Annette Eichholtz M.A.<br />

Redaktionssekretariat<br />

Elisa Jaun<br />

Redaktion und Verlag<br />

EMH <strong>Schweizerische</strong>r Ärzteverlag AG<br />

Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz<br />

Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: redaktion.saez@emh.ch<br />

Internet: www.saez.ch, www.emh.ch<br />

Herausgeber<br />

<strong>FMH</strong>, Verbindung der Schweizer<br />

Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18,<br />

Postfach 170, 3000 Bern 15<br />

Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12<br />

E-Mail: info@fmh.ch<br />

Internet: www.fmh.ch<br />

Herstellung<br />

Schwabe AG, Muttenz<br />

Marketing EMH<br />

Thomas Gierl M.A.<br />

Leiter Marketing und Kommunikation<br />

Tel. 061 467 85 49, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: tgierl@emh.ch<br />

Inserate<br />

Werbung<br />

Sabine Landleiter<br />

Leiterin Anzeigenverkauf<br />

Tel. 061 467 85 05, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: slandleiter@emh.ch<br />

«Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»<br />

Matteo Domeniconi, Inserateannahme<br />

Stellenmarkt<br />

Tel. 061 467 86 08, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: stellenmarkt@emh.ch<br />

«Stellenvermittlung»<br />

<strong>FMH</strong> Consulting <strong>Services</strong><br />

Stellenvermittlung<br />

Postfach 246, 6208 Oberkirch<br />

Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86<br />

E-Mail: mail@fmhjob.ch<br />

Internet: www.fmhjob.ch<br />

Abonnemente<br />

<strong>FMH</strong>-Mitglieder<br />

<strong>FMH</strong> Verbindung der Schweizer<br />

Ärztinnen und Ärzte<br />

Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15<br />

Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12<br />

EMH Abonnemente<br />

EMH <strong>Schweizerische</strong>r Ärzteverlag AG<br />

Abonnemente, Postfach, 4010 Basel<br />

Tel. 061 467 85 75, Fax 061 467 85 76<br />

E-Mail: abo@emh.ch<br />

Jahresabonnement: CHF 320.–,<br />

zuzüglich Porto<br />

© 2012 by EMH <strong>Schweizerische</strong>r<br />

Ärzteverlag AG, Basel. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck, elektronische<br />

Wiedergabe und Übersetzung, auch<br />

auszugsweise, nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung des Verlages gestattet.<br />

Erscheint jeden Mittwoch<br />

ISSN 0036-7486<br />

ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.)


Editorial<br />

<strong>FMH</strong><br />

eHealth und Medizin<br />

Vor 16 Jahren wurde auf Initiative<br />

der <strong>FMH</strong> und der Ärztekasse<br />

mit einer innovativen<br />

Vision «Health Info Net»<br />

(HIN) aufgebaut: Ziel war<br />

es, den sicheren Austausch<br />

von elektronischen medizinischen<br />

Daten zu fördern.<br />

Rasch verzeichnete HIN einen<br />

starken Aufschwung: Mit über<br />

13 500 Einzelkunden deckt sie<br />

knapp 80 Prozent der Schweizer<br />

Arztpraxen und über 260 weitere Akteure des Gesundheitssystems<br />

wie Spitäler und Spitexorganisationen ab.<br />

2012 schliesst HIN seine Migration auf eine neue technische<br />

Plattform mit offenen Standards ab. Neu können zukunftsgerichtete<br />

Identifikations­ und Authentifizierungsinstrumente<br />

mit modernen Tools wie Computern, Tablet­PCs,<br />

der Health Professional Card (<strong>FMH</strong>­HPC) und Smartphones<br />

verwendet werden. HIN stellt damit allen Partnern des<br />

Schweizer Gesundheitswesens eine offene und geschützte Extranet­Plattform<br />

für den Austausch von E­Mails und Dokumenten<br />

sowie anderen Anwendungen zur Verfügung. Dies erfolgt<br />

mit Hilfe eines soliden und bewährten Systems, das den<br />

Leistungserbringern bekannt ist. Mit der neuen Plattform<br />

wird das robuste System auch noch einfacher.<br />

Vor 16 Jahren wurde auf Initiative<br />

der <strong>FMH</strong> und der Ärztekasse mit einer<br />

innovativen Vision HIN geschaffen.<br />

HIN ist also ein solides und einfaches System, das aus einer<br />

innovativen Vision entstanden ist, im Gesundheitswesen auf<br />

grossen Zuspruch stösst, auf offenen Standards beruht und<br />

mit neuen Technologien kompatibel ist. Ein System, dessen<br />

Grundidee von Anfang an immer der Schutz der Privatsphäre<br />

war, der zweifellos die Prämisse für den Austausch von medizinischen<br />

Daten bildet. In der heutigen Zeit, in welcher der<br />

Zugriff auf persönliche Daten alltäglich ist, ist ein solches<br />

Netz eine unerlässliche Voraussetzung, damit eHealth sich<br />

verbreitet, Ärzte und Patienten sich auf die Sicherheit des<br />

Datenaustausches verlassen können und die Wahrung des<br />

Arztgeheimnisses gewährleistet ist. Dies ist seit der Antike ein<br />

zentrales Element der Versorgungsqualität!<br />

In den letzten Jahren sind zahlreiche eHealth­Projekte<br />

aus unterschiedlichen Initiativen entstanden. Unabhängig<br />

davon, ob es sich dabei um grosse kantonale Projekte wie etwa<br />

das Genfer Projekt eToile, Projekte der Kantone Basel oder<br />

St. Gallen, um gemeinsame kommerzielle oder private Vorhaben<br />

oder um Initiativen von Ärzte­ oder Versicherungsgruppen<br />

handelt, werden unterschiedliche Schutz­ und Authentifizierungsmethoden<br />

angewandt. Diese Systeme sind zwar<br />

sicher/stabil und qualitativ überzeugend, doch ihre Uneinheitlichkeit<br />

führt zu einer Komplexität, die sich nur unzureichend<br />

mit den alltäglichen Bedürfnissen der Ärztinnen und<br />

Ärzte in Einklang bringen lässt.<br />

Ein solches Netz ist unerlässlich,<br />

damit die Ärzte und Patienten auf<br />

die Sicherheit des Datenaustausches<br />

vertrauen können.<br />

Wäre es deshalb nicht wünschenswert, dass HIN generell<br />

bei Schweizer eHealth­Projekten verwendet würde? Das System<br />

ist sicher, verfügbar, und der Bedarf ist offensichtlich!<br />

eHealth­Instrumente können uns das Leben vereinfachen<br />

und die Qualität der Gesundheitsversorgung steigern. Wir<br />

müssen jedoch den Behörden und allen Initianten von<br />

eHealth­Projekten aufzeigen, dass dies nur gilt, wenn diese<br />

Instrumente in die tägliche Praxis integriert und bereits vorhandene<br />

Systeme genutzt werden. eHealth­Lösungen werden<br />

nicht angewandt, wenn sie die täglichen Aufgaben noch<br />

komplexer machen. Wir Ärztinnen und Ärzte müssen uns dafür<br />

einsetzen, dass eine überzeugende, sichere Lösung wie HIN<br />

breiten Einsatz im schweizerischen eHealth­System findet!<br />

Dr. med. Monique Gauthey, Fachärztin <strong>FMH</strong>,<br />

Mitglied des Zentralvorstands der <strong>FMH</strong>,<br />

Verantwortliche für das Ressort eHealth Sicherheitsinfrastruktur<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

479


DDQ<br />

<strong>FMH</strong><br />

Q-Monitoring startet in eine neue Runde – Teil 3<br />

Ärztinnen und Ärzte wollen ihre Patienten optimal versorgen – sie engagieren sich bei<br />

ihrer Arbeit daher täglich für die Qualitätsentwicklung: mittels Fallbesprechungen, in<br />

Fortbildungen, durch die Überprüfung von Behandlungsstandards usw. Das Projekt<br />

Q-Monitoring will anhand von Zahlen das Spektrum an Qualitätsaktivitäten aufzeigen,<br />

die ambulant tätige Ärztinnen und Ärzte bereits heute leisten. Nach der erfolgreichen<br />

Pilotphase im Jahr 2010 beteiligen sich neu insgesamt zehn Fachgesellschaften an<br />

Q-Monitoring – und damit rund zwei Drittel der ambulant tätigen Ärzteschaft.<br />

Varja Nikolic<br />

Die Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften ist<br />

der <strong>FMH</strong> beim Projekt Q-Monitoring ambulante<br />

Medizin CH besonders wichtig. Denn nur die Fachgesellschaften<br />

sind in der Lage, ihre fachspezifischen<br />

Qualitätsaktivitäten adäquat zu definieren. Deshalb<br />

möchte die Projektleitung auch die am Projekt beteiligten<br />

Fachgesellschaften zu Wort kommen lassen.<br />

Lesen Sie heute, was die Vertreter der neu ins<br />

Projekt integrierten Fachbereiche Gynäkologie und<br />

G eburts hilfe, Pneumologie, Anästhesiologie und<br />

Reanimation, Radiologie sowie ORL, Hals- und<br />

Gesichts chirurgie zur Teilnahme am Q-Monitoring<br />

motiviert hat und was sie sich davon versprechen. In<br />

der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung Nr. 10 vom 7. März<br />

2012 haben bereits Vertreter aus den Bereichen<br />

Psychiatrie und Hausarztmedizin, die Q-Monitoring<br />

2010 bereits in der Pilotphase unterstützten, Stellung<br />

zum Projekt genommen.<br />

heute in welcher Häufigkeit durchgeführt werden.<br />

Solche Informationen dienen einerseits der fachinternen<br />

Weiterentwicklung der Qualitätsstrategie,<br />

aber auch dem notwendigen Diskurs mit unseren<br />

Partnern im Gesundheitswesen und der Politik. Darum<br />

bitte ich alle ambulant tätigen Gynäkologinnen<br />

und Gynäkologen sowie die ambulant tätigen Kolleginnen<br />

und Kollegen der übrigen bei Q-Monitoring<br />

engagierten Fachgesellschaften, sich an der Umfrage<br />

zu beteiligen!»<br />

Thomas Böhm<br />

Verantwortlicher Ressort<br />

Qualität <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für Radiologie<br />

SGR<br />

Korrespondenz:<br />

<strong>FMH</strong>, Abteilung DDQ<br />

Elfenstrasse 18<br />

CH-3000 Bern 15<br />

Tel. 031 359 11 11<br />

Fax 031 359 11 12<br />

ddq[at]fmh.ch<br />

Jacques Seydoux<br />

Präsident <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe SGGG<br />

«Wie in allen medizinischen Fachbereichen ist auch<br />

für die Gynäkologie und Geburtshilfe eine fachspezifische<br />

Qualitätsentwicklung wichtig. Mit dem Projekt<br />

Q-Monitoring erhalten wir als Vorstand der<br />

SGGG die Möglichkeit, eine wichtige Basis für diese<br />

Entwicklung im ambulanten Bereich zu schaffen:<br />

nämlich eine Bestandesaufnahme darüber, welche<br />

Qualitätsaktivitäten in unserem Fachbereich bereits<br />

«Die <strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft für Radiologie beteiligt<br />

sich am Q-Monitoring, weil das Projekt für die<br />

ambulante Medizin ein Schritt in die richtige Richtung<br />

ist. Denn auch in der ambulanten Arbeit mit<br />

Patienten muss der Einsatz für Qualität sichtbarer<br />

werden! Gemeinsam mit neun weiteren Fachgesellschaften<br />

erhoffen wir uns repräsentative, starke<br />

Daten – ein wichtiges Instrument, um uns Gehör zu<br />

verschaffen! Gleichzeitig können wir uns dank<br />

Q-Monitoring in Qualitätsfragen fachübergreifend<br />

stärker vernetzen: Die Zusammenarbeit im Projektteam<br />

hat aufgezeigt, dass viele Qualitätsaktivitäten<br />

nicht nur von einer Fachrichtung praktiziert, sondern<br />

häufig von den verschiedensten Spezialistinnen<br />

und Spezialisten ausgeübt werden.»<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

481


DDQ<br />

<strong>FMH</strong><br />

Peter Wiederkehr<br />

Verantwortlicher Ressort<br />

Qualität <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für<br />

Anästhesiologie und<br />

Reanimation SGAR<br />

«Gerade für einen Fachbereich wie Anästhesiologie<br />

und Reanimation, in der nur knapp ein Drittel der<br />

Fachärztinnen und Fachärzte im ambulanten Bereich<br />

tätig ist, bedeutet die Teilnahme am Q-Monitoring<br />

eine wertvolle Ergänzung zu Projekten im<br />

stationären Bereich. Denn mit Q-Monitoring erhalten<br />

auch die ambulant tätigen Anästhesistinnen<br />

und Anästhesisten die Möglichkeit, ihr Engagement<br />

für Qualität in ihrer täglichen Praxis sichtbarer zu<br />

machen. Gleichzeitig kann der SGAR-Vorstand seine<br />

Qualitätsstrategie auch für den ambulanten Bereich<br />

adäquat ausrichten. Deshalb laden wir Sie herzlich<br />

ein, bei der Umfrage mitzumachen!»<br />

Jürg Häggi<br />

Verantwortlicher Ressort<br />

Qualität <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für<br />

P neumologie SGP<br />

«Q-Monitoring ist nicht nur für die <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für Pneumologie ein wichtiges Instrument,<br />

sondern primär auch für die einzelnen ambulant<br />

tätigen Kolleginnen und Kollegen. Die Datenauswertung<br />

gibt nämlich jedem Teilnehmer eine in-<br />

dividuelle Rückmeldung darüber, in welchen<br />

Bereichen der Qualitätssicherung er oder sie bereits<br />

heute viel leistet und in welchen eventuell noch ein<br />

Verbesserungspotential vorhanden ist. Somit dient<br />

Q-Monitoring für die Teilnehmenden sowie für die<br />

beim Projekt engagierten Fachgesellschaften als solides<br />

Fundament für die weitere Planung der praxisorientierten<br />

Qualitätssicherung.»<br />

Florian Lang<br />

Verantwortlicher Ressort<br />

Qualität <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für<br />

Oto-Rhino-Laryngologie,<br />

Hals- und Gesichts chirurgie<br />

SGORL<br />

«Das Projekt Q-Monitoring ist kein geheimes Werkzeug,<br />

das der <strong>FMH</strong> etwa dienen sollte, die medizinische<br />

Aktivität der niedergelassenen Ärztinnen und<br />

Ärzte zu kontrollieren, zu beurteilen oder zu verurteilen.<br />

Es soll auch nicht unsere Behandlungsqualität<br />

in der Praxis abbilden. Das Projekt dient dazu, einen<br />

Überblick zu erhalten, in welchen Bereichen die<br />

ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte bereits viel an<br />

Qualitätsaktivitäten leisten, mit dem Ziel, wie man<br />

diese besser zur Geltung bringen könnte. Das Projekt<br />

soll aber auch aufzeigen, wo allenfalls noch sinnvolle<br />

Qualitätsinitiativen existieren würden, deren<br />

Potential bisher noch nicht ausgeschöpft wurde.<br />

Nur mit einer zahlenfundierten Argumentation wird<br />

die SGORL in der Lage sein, intern eine adäquate<br />

Situationsanalyse durchzuführen, um so ihren Mitgliedern<br />

zu ermöglichen, über eventuelle neue sinnvolle<br />

Qualitätsmassnahmen demokratisch zu entscheiden.<br />

Auch ein Vergleich mit anderen Fachgesellschaften<br />

oder standespolitische Diskussionen<br />

können nur zahlenfundiert durchgeführt werden.»<br />

Teilnahme an der Datenerfassung<br />

Besitzen Sie einen der folgenden Facharzttitel?<br />

– Allgemeine Innere Medizin*<br />

– Anästhesiologie*<br />

– Gynäkologie und Geburtshilfe*<br />

– Kinder­ und Jugendmedizin*<br />

– K inder­ und Jugendpsychiatrie<br />

und ­psychotherapie**<br />

– Oto­Rhino­Laryngologie*<br />

– Pneumologie**<br />

– Psychiatrie und Psychotherapie**<br />

– Radiologie*<br />

* Umfrage läuft noch bis zum 4. April 2012<br />

** Umfrage läuft noch bis zum 2. Mai 2012<br />

Dann bitten wir Sie, Ihre bereits heute geleisteten<br />

Qualitätsaktivitäten zu erfassen, selbstverständlich<br />

via freiwillige und vertrauliche<br />

Selbstdeklaration. Damit helfen Sie Ihrer<br />

Fachgesellschaft, die internen Qualitätsstrategien<br />

aufzubauen und weiterzuentwickeln.<br />

Gleichzeitig erhalten Sie die Möglichkeit, die<br />

von Ihnen geleisteten Qualitätsaktivitäten<br />

mit jenen des Gesamts ihrer Fachkolleginnen<br />

und ­kollegen zu vergleichen. Mit Ihrer Teilnahme<br />

unterstützen Sie die Glaubwürdigkeit<br />

des ärztlichen Engagements für Qualitätsentwicklung<br />

und verbessern deren Transparenz<br />

entscheidend und nachhaltig!<br />

Den Fragebogen finden Sie unter<br />

www.myfmh.ch. Falls Sie Fragen zum Projekt<br />

Q­Monitoring oder zum Fragebogen haben,<br />

geben wir gerne Auskunft: per E­Mail<br />

ddq[at]fmh.ch oder unter der Telefonnummer<br />

031 359 11 11. Bei Fragen zu unserer<br />

Mitgliederplattform my<strong>FMH</strong>, insbesondere<br />

zur Registrierung, ist die Abteilung Dienstleistungen<br />

Mitglieder für Sie da: Telefon 031<br />

359 12 59, E­Mail: myfmh[at]fmh.ch. Weitere<br />

Informationen zum Projekt Q­Monitoring<br />

finden Sie unter: www.fmh.ch → Qualität<br />

→ Q­Monitoring.<br />

Die beteiligten Fachgesellschaften und die<br />

<strong>FMH</strong> danken Ihnen herzlich für Ihre Teilnahme!<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 482


MÄrz 2012<br />

Blitzlicht<br />

Profil zeigen – und gewinnen<br />

Das sogenannte Corporate Design bezeichnet<br />

das äussere Erscheinungsbild eines Unternehmens<br />

oder einer Organisation – das<br />

Logo ist für gewöhnlich der sichtbarste Teil<br />

davon. Wie nützlich ein einheitlicher Auftritt<br />

nach aussen ist und weshalb das Logo<br />

der <strong>FMH</strong> Tradition ausdrückt, erklärt Corporate<br />

Design-Fachmann Daniel Felder. Er<br />

ist Mitinhaber der Kommunikationsagentur<br />

FelderVogel (www.feldervogel.ch) in Luzern,<br />

die unter anderem für den Geschäftsbericht<br />

mit der <strong>FMH</strong> zusammenarbeitet.<br />

Daniel Felder, wie würden Sie Corporate<br />

Design (CD) einem Kind erklären? Und<br />

einem Erwachsenen?<br />

Einem Kind würde ich sagen: Rotkäppchen<br />

ist nur dann Rotkäppchen, wenn<br />

es ein rotes Käppchen trägt. Einem Erwachsenen<br />

gegenüber würde ich CD als<br />

das Selbstbild einer Organisation oder<br />

eines Unternehmens beschreiben, als<br />

das Zusammenspiel des Logos mit Farben,<br />

Formen und Bildern sowie der Typographie.<br />

Welche Kriterien machen aus Ihrer Sicht<br />

ein gelungenes CD aus?<br />

Idealerweise stimmt das Selbstbild<br />

einer Organisation mit ihrem Fremdbild<br />

überein. Das CD erfüllt für eine<br />

Organisation eine doppelte Aufgabe:<br />

Kommunikationsprofi Daniel Felder weiss, wie Es muss ihre Identifikation nach innen<br />

Unternehmen zu einem charakteristischen<br />

und ihre Akzeptanz nach aussen fördern.<br />

Am meisten überzeugen mich<br />

Auftritt kommen.<br />

Erscheinungsbilder, die auf den ersten Blick<br />

etwas über die Funktion der Marke auszudrükken<br />

scheinen, wie Nike mit dem Zeichen der<br />

Rennbahn.<br />

Wie wichtig ist CD für den Erfolg eines Unternehmens?<br />

Was ist der Nutzen?<br />

Tagtäglich werden wir mit einer riesigen Menge<br />

an Informationen konfrontiert, die wir einordnen<br />

und auf die wir reagieren müssen. Mit<br />

einem konsequent angewandten CD profitiert<br />

ein Unternehmen nicht nur von einem klaren,<br />

im Vergleich zur Konkurrenz unverwechselbaren<br />

Profil, sondern es macht dadurch seine<br />

Werte und Haltung nach aussen sichtbar. Als<br />

weiterer positiver Effekt stärkt es seine Glaubwürdigkeit.<br />

Welche Rolle spielt CD in der täglichen Arbeit?<br />

CD wird oft unterschätzt – ein gutes Design<br />

und ein professioneller Auftritt können das<br />

Wohlbefinden und die Identifikation der Mitarbeitenden<br />

mit dem Unternehmen steigern.<br />

Wie gehen Sie vor, um ein CD für einen Kunden<br />

zu definieren?<br />

Für diesen Prozess setzen wir das Unternehmen<br />

einem Menschen gleich. Zuerst bestimmen<br />

wir in einem Workshop seine «Persönlichkeit»<br />

mit Hilfe von OVREA Corporate Personality<br />

® , einem von uns speziell entwickelten<br />

Werkzeug. In einem zweiten Schritt legen wir<br />

konkrete Elemente fest, wie beispielsweise<br />

Struktur, Farben oder Bilder. Erst wenn diese<br />

Grundzüge definiert sind, beginnen wir mit<br />

dem tatsächlichen Design der Marke.<br />

Wie schätzen Sie das CD der <strong>FMH</strong> ein?<br />

Durch die klassischen Farben und Schriftzüge<br />

sowie typische Zeichen wie den Äskulapstab<br />

vermittelt es den Eindruck von Tradition und<br />

Reputation. Da wichtige Begriffe wie Gemeinschaft<br />

oder Service die <strong>FMH</strong> ebenso kennzeichnen,<br />

würde ich versuchen, auch diese im Design<br />

zu integrieren.<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13 483


MÄrz 2012<br />

Aus den Abteilungen<br />

Kommunikation<br />

Telefon ade, welcome UCC!<br />

Die bisherige Telefonanlage hat ausgedient –<br />

neu kommuniziert das Generalsekretariat<br />

ab April 2012 mit Unified Communications<br />

and Collaboration (UCC). Kommunikationsmöglichkeiten<br />

wie Telefonie, E­Mail, Instant<br />

Messaging, Audio­ und Videokonferenzen,<br />

Präsenzstatus, Fax und Application Sharing<br />

sind mit UCC auf einer einzigen Plattform<br />

zusammengeführt. Damit werden die Kommunikation<br />

und der Informationsaustausch mit<br />

den Kommissionen und Arbeitsgruppen, mit<br />

den Aussenstandorten des Generalsekretariates<br />

sowie den Home­Office­Workern erleichtert.<br />

«Wir haben im Vorfeld die unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse erhoben und evaluiert. Daraus hat<br />

sich klar ergeben, dass UCC die optimale Lösung<br />

ist und der sich verändernden Arbeitsumgebung<br />

am besten entspricht», führt Jürg Jau,<br />

ICT­Verantwortlicher und Projektleiter, aus.<br />

Als nächster Schritt steht nun die Schulung<br />

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an.<br />

Daten, Demographie, Qualität<br />

Transparentes Engagement<br />

Das Projekt Q-Monitoring ambulante Medizin<br />

CH will anhand von Zahlen das Spektrum an<br />

Qualitätsaktivitäten aufzeigen, welche ambulant<br />

tätige Ärztinnen und Ärzte bereits heute<br />

leisten. Diese Bestandesaufnahme wird den<br />

beteiligten Fachgesellschaften als gute Entscheidungsgrundlage<br />

etwa für zielgerichtete<br />

Fortbildungsangebote oder die Entwicklung<br />

der fachinternen Qualitätsstrategien dienen.<br />

Aber auch Sie als teilnehmende Ärztinnen und<br />

Ärzte erhalten ein wertvolles Feedback und<br />

einen Überblick im Dschungel der Qualitätsaktivitäten!<br />

Besitzen Sie einen der folgenden Facharzttitel?<br />

• Allgemeine Innere Medizin<br />

• Anästhesiologie<br />

• Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

• Kinder­ und Jugendmedizin<br />

• K inder­ und Jugendpsychiatrie und ­psychotherapie<br />

Die Ärzteschaft<br />

sichert Qualität.<br />

Q-Monitoring<br />

macht dies sichtbar.<br />

Q-Monitoring: Rund 11 000 ambulant tätige Ärztinnen<br />

und Ärzte sind eingeladen, ihre aktuellen Qualitätsaktivitäten<br />

zu deklarieren.<br />

• Oto­Rhino­Laryngologie<br />

• Pneumologie<br />

• Psychiatrie und Psychotherapie<br />

• Radiologie<br />

Falls ja, bitten wir Sie, Ihre bereits heute geleisteten<br />

Qualitätsaktivitäten zu erfassen,<br />

selbstverständlich mittels freiwilliger und<br />

vertraulicher Selbstdeklaration. Bitte loggen<br />

Sie sich dazu auf dem geschützten my<strong>FMH</strong>­<br />

Mitgliederportal ein (www.myfmh.ch) und<br />

wählen Sie dort den entsprechenden Fragebogen<br />

aus. Weiterführende Informationen zum<br />

Projekt finden Sie auf www.fmh.ch → Qualität<br />

→ Q­Monitoring.<br />

Sollten Sie Hilfe bei der Registrierung auf<br />

my<strong>FMH</strong> benötigen, ist die Abteilung Dienstleistungen<br />

Mitglieder für Sie da (031 359 12 59,<br />

myfmh[at]fmh.ch). Bei Fragen zum Projekt<br />

gibt die Abteilung DDQ gerne Auskunft (031<br />

359 11 11, ddq[at]fmh.ch).<br />

Die <strong>FMH</strong> sowie die beteiligten Fachgesellschaften<br />

danken allen Ärztinnen und Ärzten, die<br />

sich bereits an der Umfrage beteiligt haben,<br />

ganz herzlich für ihr Engagement!<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

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MÄrz 2012<br />

Aktuell und spannend – zahlen 2011<br />

In der Schweiz garantieren über 30 000 Ärztinnen<br />

und Ärzte die ärztliche Versorgung der<br />

Schweizer Bevölkerung. Im Durchschnitt ist<br />

ein Arzt knapp 51 Jahre alt – seine Kollegin ist<br />

mit durchschnittlich 45 Jahren etwas jünger.<br />

Nicht nur jünger sind die Medizinerinnen,<br />

sondern auch immer zahlreicher. Dies zeigt<br />

sich in der steigenden Frauenquote bei den<br />

Studierenden der Humanmedizin und bei den<br />

Assistenzärzten. Dies ist nur eine kleine Auswahl<br />

der aktuellen und spannenden Zahlen<br />

der <strong>FMH</strong>­Ärztestatistik 2011, welche Mitte<br />

März 2012 in der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung<br />

publiziert worden ist.<br />

Sie finden die bewährten Tabellen und Artikel<br />

wie auch das Online­Abfrage­Tool mit diversen<br />

Jahresvergleichen auf www.fmh.ch → Ärztedemographie<br />

→ Ärztestatistik. Mit wenigen Mausklicken<br />

lassen sich die gewünschten Informationen<br />

interaktiv abfragen, als Tabelle oder Grafik<br />

darstellen und ausdrucken bzw. exportieren.<br />

Gerne stellt die Abteilung Daten, Demographie<br />

und Qualität bei Bedarf auch spezifische Auswertungen<br />

und Analysen für Sie zusammen (ddq[at]<br />

fmh.ch). Danke, dass Sie mit der Selbstdeklaration<br />

Ihrer Daten auf my<strong>FMH</strong> zu einer qualitativ<br />

guten Datengrundlage für die <strong>FMH</strong>­Ärztestatistik<br />

2011 beigetragen haben!<br />

<strong>FMH</strong>-Ärztestatistik<br />

Zahlen und Fakten 2011<br />

Tarife und Gesundheitsökonomie<br />

Spitalärzte<br />

rege genutzte Dokumentationsmuster<br />

Die Anforderungen an die ärztliche Dokumentation<br />

werden immer vielfältiger. Dies vor allem<br />

auch deshalb, weil die erbrachten Leistungen<br />

selbst immer komplexer werden und zahlreiche<br />

Fachkräfte im Gesundheitswesen einbeziehen.<br />

Die ärztlichen Fachgesellschaften haben<br />

dieser Komplexität Rechnung getragen, indem<br />

sie für die Prozedurenklassifikation CHOP in<br />

den Antragsverfahren komplexe und multimodale<br />

Kodes beantragten. Um die Ärzte bei der<br />

Dokumentation dieser komplexen Leistungen<br />

zu unterstützen, hat die <strong>FMH</strong> im Jahr 2011 auf<br />

Wunsch der Fachgesellschaften 35 Dokumentationsmuster<br />

zur Verfügung gestellt. Diese<br />

wurden im vergangenen Jahr insgesamt über<br />

3400 Mal heruntergeladen – wir freuen uns,<br />

dass dieses Angebot rege genutzt wurde.<br />

Um den Ärzten auch in diesem Jahr diese<br />

Unterstützung anzubieten, hat die <strong>FMH</strong> die<br />

bestehenden Dokumente aktualisiert und um<br />

die Dokumentationsmuster zu jenen Kodes<br />

ergänzt, die neu in die CHOP 2012 aufgenommenen<br />

worden sind. <strong>FMH</strong>­Mitgliedern<br />

stehen somit 53 Dokumentationsmuster unter<br />

www.fmh.ch → Tarife → SwissDRG → Ärztliche<br />

Dokumentation komplexer CHOP­Kodes<br />

zur Verfügung. Diese Vorschläge lassen sich<br />

selbstverständlich anpassen und individuell<br />

anwenden. In den ersten fünf Wochen des<br />

Jahres 2012 erfolgten bereits über 1000 Downloads<br />

dieser Dokumentationshilfen.<br />

Der Ärztestatistik-Flyer 2011 präsentiert interessante<br />

Fakten zur Schweizer Ärzteschaft.<br />

Fortbildungsseminare zu SwissDrG<br />

Vier von fünf Spitalärzten haben nur wenige<br />

oder keine SwissDRG­Kenntnisse – dies ergab<br />

eine repräsentative Umfrage von gfs.bern im<br />

Auftrag der <strong>FMH</strong> (vgl. www.fmh.ch → Tarife<br />

→ Begleitforschung). Deshalb bietet die <strong>FMH</strong><br />

zusammen mit H+ Bildung ihre bewährten Seminare<br />

für Ärztinnen und Ärzte zum Thema<br />

SwissDRG auch dieses Jahr an. Erneut auf dem<br />

Programm stehen zudem das praktische Seminar<br />

zur Kodierung und Dokumentation sowie<br />

das zweitägige Intensivseminar Medizin und<br />

Ökonomie für Ärztinnen und Ärzte. Die Seminare<br />

kommen ohne Sponsoringbeiträge aus<br />

und sind nicht gewinnorientiert. Detaillierte<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13 485


MÄrz 2012<br />

Informationen zu allen Angeboten finden Sie<br />

unter www.fmh.ch → Tarife → SwissDRG.<br />

<strong>FMH</strong> <strong>Services</strong><br />

Erfolgsfaktoren für die Gruppenpraxis<br />

Der Trend bei der selbstständigen ärztlichen<br />

Berufsausübung geht klar in Richtung Gruppenpraxis<br />

als eine Unternehmensform, die<br />

neue und entscheidende Chancen bietet.<br />

«Die Komplexität eines Praxisprojekts steigt<br />

erheblich mit zunehmender Anzahl der Unternehmer.<br />

In vielen Fällen ist professioneller<br />

Support angezeigt», hält Beat Bär fest. Er leitet<br />

seit Februar 2012 <strong>FMH</strong> <strong>Services</strong>, die eigenständige<br />

Dienstleistungsorganisation der <strong>FMH</strong>­<br />

Mitglieder für Arztpraxen aller Art. Bei einer<br />

Gruppenpraxis sind die Anforderungen sowie<br />

der rechtliche, steuerliche und betriebswirtschaftliche<br />

Spielraum vielfältiger als bei einer<br />

Einzelpraxis. «Mit dem Angebot ‹GP Box› können<br />

die <strong>FMH</strong> <strong>Services</strong> ein betriebswirtschaftliches<br />

Modell für ein modulares, effizientes Vorgehen<br />

zur Verfügung stellen», freut sich Bär,<br />

«sei es für die Gründung, den Betrieb oder die<br />

Nachfolgeregelung von Praxen.» Entwickelt<br />

wurde GP Box vor allem für Gruppenpraxen,<br />

geeignet ist es aber auch für kleinere Praxen.<br />

Praxisinhaberinnen und ­inhaber können sich<br />

wahlweise in bis zu zehn Modulen beraten lassen,<br />

unter anderem zu den Themen Standortbestimmung,<br />

Führung/Organisation, Personal<br />

oder EDV/Administration. Genauere Informationen<br />

zum neuen Angebot GP Box stehen auf<br />

www.fmhservices.ch → Consulting <strong>Services</strong><br />

→ Praxisberatung GP Box bereit.<br />

«GP Box» mit zehn betriebswirtschaftlichen Modulen.<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 13 486


<strong>FMH</strong><br />

Personalien<br />

Todesfälle / Décès / Decessi<br />

Werner Sommer (1915), † 3.12.2011,<br />

Facharzt für Oto-Rhino-Laryngologie,<br />

3600 Thun<br />

Walter Wälchli (1926), † 1.1.2012,<br />

4665 Oftringen<br />

Alena Urbanczik (1926), † 19.1.2012,<br />

4052 Basel<br />

Harald Modde (1928), † 7.2.2012,<br />

2300 La Chaux-de-Fonds<br />

Christian Gschwind (1954), † 15.2.2012,<br />

5200 Brugg AG<br />

Walter Güntert (1921), † 19.2.2012,<br />

Facharzt für Radiologie und Facharzt für<br />

Radio-Onkologie / Strahlentherapie, 1973 Nax<br />

Dominique de Montmollin (1929), † 19.2.2012,<br />

Spécialiste en oto-rhino-laryngologie,<br />

2019 Chambrelien<br />

Maria Waldvogel (1917), † 26.2.2012,<br />

Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie,<br />

8001 Zürich<br />

Carl Albert Baumgartner (1918), † 1.3.2012,<br />

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin,<br />

3432 Lützelflüh-Goldbach<br />

Joerg Jans (1946), † 3.3.2012,<br />

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin,<br />

6285 Hitzkirch<br />

Joseph Meuwly (1933), † 4.3.2012,<br />

Facharzt für Chirurgie, 1712 Tafers<br />

Hormoz Azarmsa (1929), † 11.3.2012,<br />

1247 Anières<br />

Gérard Eichenberger (1934), † 13.3.2012,<br />

Spécialiste en médecine interne générale,<br />

1206 Genève<br />

Praxiseröffnung /<br />

Nouveaux cabinets médicaux /<br />

Nuovi studi medici<br />

AG<br />

Nadine Dorina Löliger,<br />

Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

und -psychotherapie, Bahnhofstrasse 57,<br />

5000 Aarau<br />

Robert Klingl,<br />

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin,<br />

Bahnhofstrasse 29, 5000 Aarau<br />

Orestis Kotsilianos,<br />

Facharzt für Dermatologie und Venerologie,<br />

Bolleri 4, 8964 Rudolfstetten<br />

Jana Dvorak-Lansloot,<br />

Fachärztin für Anästhe siologie, Bolleri 4,<br />

8964 Rudolfstetten<br />

SG<br />

Margarete Maier-Wölfle,<br />

Fachärztin für Endo krinologie/Diabetologie<br />

und Fachärztin für Allgemeine Innere<br />

Medizin, Ringstrasse 1, 9524 Zuzwil<br />

SO<br />

Janusz Boinski,<br />

Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe,<br />

Centralstrasse 8, 2540 Grenchen<br />

ZH<br />

Marisa Crippa Keller,<br />

Fachärztin für Physi kalische Medizin und<br />

Rehabilitation und Fachärztin für Rheumatologie,<br />

Bederstrasse 51, 8002 Zürich<br />

Ärztegesellschaft des Kantons Bern<br />

Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio<br />

Zur Aufnahme als ordentliche Mitglieder<br />

haben sich angemeldet:<br />

Markus Bleichenbacher, Facharzt für Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe <strong>FMH</strong>, Spitalgasse 36,<br />

3011 Bern<br />

Matthias Golder, Facharzt für Psychiatrie und<br />

Psychotherapie <strong>FMH</strong>, Villettemattstrasse 15,<br />

3007 Bern<br />

Belinda Nazan Walpoth, Fachärztin für Kardiologie<br />

<strong>FMH</strong>, Bollwerk 19, 3011 Bern<br />

Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen<br />

innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung<br />

schriftlich und begründet beim Präsidenten<br />

des Ärztlichen Bezirksvereins Bern<br />

Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der<br />

Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über<br />

die Aufnahme der Gesuche und über die allfälligen<br />

Einsprachen.<br />

Ärztegesellschaft des<br />

Kantons Luzern<br />

Zur Aufnahme in unsere Gesellschaft Sektion<br />

Stadt haben sich gemeldet:<br />

Bernhard Aeikens, Facharzt für Urologie, Theaterstrasse<br />

7, 6003 Luzern<br />

Martin Beck, Facharzt für Orthopädische Chirurgie<br />

und Traumatologie des Bewegungsapparates<br />

<strong>FMH</strong>, Klinik für Orthopädie, Luzerner<br />

Kantonsspital, 6000 Luzern 16<br />

Klaus-Martin Christ, Facharzt für Allgemeine<br />

Innere Medizin und Neurologie, Akutgeriatrie,<br />

Luzerner Kantonsspital, 6000 Luzern 16<br />

Oliver Gautschi, Facharzt für Innere Medizin<br />

und Medizinische Onkologie <strong>FMH</strong>, Luzerner<br />

Kantonsspital, 6000 Luzern 16<br />

Jacqueline Gietz, Fachärztin für Plastische, Rekonstruktive<br />

und Ästhetische Chirurgie <strong>FMH</strong>,<br />

Zentrum für Plastische Chirurgie, Huobmattstrasse<br />

9, 6045 Meggen<br />

Karin Lipp-Meier, Fachärztin für Allgemeine<br />

Innere Medizin <strong>FMH</strong>, Sanacare, Löwencenter,<br />

Zürichstrasse 9, 6004 Luzern<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

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Personalien<br />

<strong>FMH</strong><br />

Laszlo Molnar, Facharzt für Chirurgie sowie<br />

Orthopädische Chirurgie und Traumatologie<br />

des Bewegungsapparates <strong>FMH</strong>, ab 1. 5. 2012<br />

O rthopädische Klinik Luzern AG, St. Anna-<br />

Strasse 32, 6006 Luzern<br />

Susanna Petit, Praktische Ärztin, Hausarztpraxis<br />

der Permanence Medical Center AG, Robert<br />

Zündstrasse 2, 6003 Luzern<br />

Einsprachen sind innert 20 Tagen zu richten<br />

an das Sekretariat, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern<br />

(Fax 041 410 80 60).<br />

Ärztegesellschaft Thurgau<br />

Zum Eintritt in die Ärztegesellschaft Thurgau<br />

haben sich gemeldet:<br />

Christoph Masing, Praktischer Arzt, Übernahme<br />

Praxis Dr. Bötschi in Romanshorn<br />

Daniel Reuss, Facharzt für Allgemeine Innere<br />

Medizin, Medizinisches Zentrum Arbon<br />

Einsprachen gegen die Aufnahmen sind innerhalb<br />

von 10 Tagen seit der Publikation beim<br />

unterzeichneten Sekretariat schriftlich zu erheben.<br />

Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug<br />

Zur Aufnahme in die Ärzte-Gesellschaft des<br />

Kantons Zug als ordentliche Mitglieder haben<br />

sich angemeldet:<br />

Portmann-Imholz Jutta, Fachärztin für Innere<br />

Medizin <strong>FMH</strong>, Mugerenstrasse 62, 6330 Cham<br />

Macak Andrea, Fachärztin für Anästhesiologie<br />

<strong>FMH</strong>, Rigistrasse 1, 6330 Cham<br />

Töndury Bettina, Fachärztin für Dermatologie<br />

und Venerologie <strong>FMH</strong>, Güstrasse 6, 8700 Küsnacht<br />

Einsprachen gegen diese Kandidaturen müssen<br />

innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung<br />

schriftlich und begründet beim Sekretariat der<br />

Ärzte-Gesellschaft des Kantons Zug eingereicht<br />

werden. Nach Ablauf der Einsprachefrist entscheidet<br />

der Vorstand über Gesuche und allfällige<br />

Einsprachen.<br />

Preise / Prix<br />

<strong>Schweizerische</strong> Hirnliga /<br />

Ligue suisse pour le cerveau<br />

Forschungspreis 2012 / Prix de la recherche 2012<br />

Die <strong>Schweizerische</strong> Hirnliga verleiht alle zwei<br />

Jahre einen Forschungspreis für ausserordentliche<br />

wissenschaftliche Leistungen im Be -<br />

reich Hirnforschung. Dieses Jahr geht der mit<br />

20 000 Franken dotierte Preis an Silvio Ionta<br />

und Lukas Heydrich von der Ecole Polytechnique<br />

Fédérale de Lausanne (EPFL) und vom<br />

Universitätsspital Genf. Ihre Studie «Multisensory<br />

Mechanisms in Temporo-Parietal Cortex<br />

Support Self-Location and First-Person Perspective»<br />

liefert eine Erklärung für ausserkörperliche<br />

Erfahrungen.<br />

Tous les deux ans, la Ligue suisse pour le cerveau<br />

décerne un prix de la recherche récompensant<br />

des réalisations scientifiques marquantes<br />

dans le domaine de la recherche sur le<br />

cerveau. Cette année, le prix d’une valeur de<br />

CHF 20 000.– est décerné aux chercheurs<br />

Silvio Ionta et Lukas Heydrich de l’Ecole Polytechnique<br />

Fédérale de Lausanne (EPFL) et de<br />

l’Hôpital Universitaire de Genève, dont l’étude<br />

«Multisensory Mechanisms in Temporo-Parietal<br />

Cortex Support Self-Location and First-Person<br />

Perspective» explique les décorporations.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 488


Hausärzte Schweiz<br />

OrganiSatiOnen der ÄrzteScHaft<br />

die fMH sieht in anreizen und finanzierung einen<br />

wesentlichen erfolgsfaktor für die Verbreitung<br />

von eHealth in der Schweiz. deshalb hat sie sowohl<br />

in allen gremien des Bundes als auch im<br />

Koordinationsorgan eHealth Bund-Kantone, sowie<br />

in ihren Stellungnahmen konsequent und mit<br />

nachdruck adäquate anreize und die finanzierung<br />

von eHealth-Leistungen gefordert. Sie hat<br />

auch massgeblich dazu beigetragen, dass eine<br />

vom Bund in auftrag gegebene Begleitstudie (regulierungsfolgenabschätzung)<br />

zum gesetz über<br />

das elektronische Patientendossier (ePdg) Kosten<br />

und nutzen für die praktizierenden Ärzte realistisch<br />

darstellt. die fMH-ag eHealth hat auch<br />

schon vor längerem verschiedene anreizsysteme<br />

mit Vertretern des Bags diskutiert. der Bund erkennt<br />

die notwendigkeit von anreizen zwar sogar<br />

selbst an, beispielsweise in den erläuterungen<br />

zum Vorentwurf für das ePdg. aus sogenannten<br />

«finanzpolitischen gründen» sind aber bisher, leider,<br />

den erkenntnissen noch keine taten gefolgt.<br />

Dr. med. Gert Printzen, Mitglied des <strong>FMH</strong>-Zentralvorstands,<br />

Verantwortlicher Ressort Medizinische<br />

Informatik und eHealth<br />

anschubfinanzierung für eHealth und elektronische<br />

Krankengeschichte ist sinnvoll<br />

rechnung ohne Wirt –<br />

immense Kosten<br />

Heinz Bhend a ,<br />

Gerhard Schilling b<br />

a Fachlicher Leiter Kommission<br />

eHealth Informatik MFE<br />

b Vorstandsmitglied Hausärzte<br />

Schweiz (MFE),<br />

Ressort eHealth-Informatik<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. med. Gerhard Schilling<br />

Chlini Schanz 42<br />

CH-8260 Stein am Rhein<br />

Tel. 052 741 36 26<br />

Fax 052 741 39 26<br />

gerhard.schilling[at]hin.ch<br />

Der Bund und andere Interessenten planen die Einführung<br />

eines elektronischen Online-Patientendossiers<br />

(EPD/OPD) und setzen grosse Hoffnungen<br />

darauf. Soeben ist das Vernehmlassungsverfahren<br />

abgeschlossen worden. Die Stellungnahme von<br />

«Hausärzte Schweiz» (MFE) [1] sieht unüberwindbare<br />

Hindernisse und macht konkrete Alternativ-<br />

Vorschläge für ein praktikableres Vorgehen: zuerst<br />

Förderung der elektronischen Dokumentation<br />

(eKG) in den Arztpraxen. Im Folgenden zeigen die<br />

Autoren die immensen Kosten auf, die mit dem<br />

vom Bund und teilweise auch von der <strong>FMH</strong> geplanten<br />

Vorgehen anfallen würden. Im mittelfristigen<br />

Fernziel eines OPD sind wir uns alle aber einig.<br />

Aktuelle Ausgangslage<br />

Die Motion Nationalrätin Edith Graf-Litscher [2] hat<br />

im Wesentlichen die Forderungen der Hausärzte<br />

zu eHealth aufgenommen, wurde vom Bundesrat<br />

akzeptiert und sogar schon vom Nationalrat als<br />

Erstrat angenommen. Die ständerätliche Gesundheitskommission<br />

hat nun – zu unserem Erstaunen –<br />

den ersten Punkt Anschubfinanzierung (Incentives)<br />

für die eKG gestrichen und somit eine<br />

Differenz zum Nationalrat geschaffen. Dies, obwohl<br />

auch die OECD [3] eine Anschubfinanzierung für<br />

die primäre elektronische Dokumentation in den<br />

Arztpraxen (eKG) als unerlässlich bezeichnet.<br />

Wir haben im Rahmen der Vernehmlassung zum<br />

EPDG (Elektronisches Patientendossier-Gesetz) sehr<br />

pointiert Stellung [4] bezogen und stehen als Hausärzte<br />

Schweiz praktisch alleine da als «Gegner» der<br />

Vorlage und somit einer erdrückenden Mehrheit von<br />

Befürwortern gegenüber. Unsere klaren Positionen<br />

haben sicher auch provoziert und zum Teil den Eindruck<br />

erweckt, wir seien a priori gegen ein OPD, hätten<br />

die Wahrheit für uns alleine beansprucht und<br />

seien nicht zu konstruktivem Weitergehen bereit.<br />

Dem ist aber nicht so! Unsere Sichtweise ist geprägt<br />

von der praktischen Umsetzbarkeit in den<br />

Arztpraxen. Im mittelfristigen Fernziel eines OPD<br />

und der Förderung von eHealth sind wir uns alle<br />

einig.<br />

Unsere Beurteilung<br />

Dieser «Abschuss» der Anschubfinanzierung ist aufgrund<br />

der parteipolitischen Zusammensetzung der<br />

Gesundheitskommission nachvollziehbar, aber<br />

entspricht – nach unserer Meinung – einem kurzsichtigen<br />

bürgerlichen Abwehrreflex: nicht mehr<br />

Staat und staatliche Unterstützung, der Markt soll<br />

es richten, andere Dienstleister erhalten auch keine<br />

Unterstützung und müssen ihre IT-Systeme ebenfalls<br />

à jour halten.<br />

Im Gespräch mit Politikern und anderen Sachverständigen<br />

ist uns klar geworden, dass ein wichtiges<br />

Glied in unserer Argumentationskette zu wenig<br />

klar kommuniziert wurde: die Kosten für das OPD.<br />

Dies möchten wir nun nachholen und hoffen, dass<br />

mit der klaren Darstellung der Situation unsere<br />

Schlussfolgerungen nachvollziehbar werden.<br />

Alternative der Anschubfinanzierung<br />

Wir haben nie gesagt, dass das OPD nicht kommen<br />

werde. Nach unserer Überzeugung wird es aber 15 bis<br />

20 Jahre dauern, wenn nicht grundsätzlich Anreizsysteme<br />

etabliert werden. Es ist davon auszugehen,<br />

dass weder die Politik noch die Industrie so lange<br />

warten wollen. Somit ist dies keine ernsthafte<br />

Option.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

489


Hausärzte Schweiz<br />

OrganiSatiOnen der ÄrzteScHaft<br />

Nehmen wir an, die Infrastruktur für ein OPD sei<br />

da, und nun wartet man auf «Einträge». Allen ernsthaften<br />

Playern ist klar:<br />

– Es braucht eine kritische Masse (80%);<br />

– Die Informationen müssen relevant, zuverlässig<br />

und aktuell sein (Redaktion durch einen Arzt<br />

unerlässlich);<br />

– Eine neue Möglichkeit / Mehrleistung (Patient<br />

Empowerment) wird nicht gratis zu haben sein.<br />

(Da stimmen sicher auch bürgerliche Politiker<br />

zu: Jede Leistung hat einen Preis.)<br />

Das OPD ist ein Novum, eine bewusst gewollte,<br />

neue Möglichkeit im Sinne der Selbstverantwortung<br />

des Patienten. Die Dateneingabe und Pflege<br />

(Redaktion) ist eine neue und zusätzliche Tätigkeit,<br />

die einen erheblichen Mehraufwand darstellt.<br />

Kostenberechnung<br />

Lösen wir uns einmal von der von uns in den Raum<br />

gestellten Forderung, dass zuerst die elektronische<br />

Dokumentation (eKG) in den Arztpraxen breit etabliert<br />

sein müsse und das OPD nur funktioniert,<br />

wenn die eKG Master und das OPD Slave oder Extrakt<br />

sei. Wir nehmen also an, die Einträge im OPD<br />

müssen separat erstellt werden, indem eine Maske<br />

oder ein Formular online ausgefüllt wird. Wie oben<br />

erwähnt, ist es sinnvoll, wenn diese Redaktion<br />

durch einen Sachverständigen gemacht wird. Im<br />

Idealfall ist dies der Hausarzt.<br />

In unseren Praxen haben wir zirka 3500 Patienten<br />

im Patientenstamm (Dauerpatienten, ohne Notfälle).<br />

Auf dieser Zahl basiert nun die folgende Kostenberechnung:<br />

80 % der Patienten sollen ein OPD erhalten, somit<br />

wären 2800 OPDs zu erstellen oder zu redigieren.<br />

Für die Ersteingabe schätzen wir einen Aufwand<br />

von 20 bis 30 Minuten. Diese Zahl ist empirisch und<br />

abgeleitet vom aktuellen Aufwand, wenn wir einen<br />

Patienten einem Kollegen «übergeben» – z. B. infolge<br />

eines Umzugs. Diese Arbeit beinhaltet: Zusammenstellung<br />

der relevanten Vorgeschichte, aktuelle Diagnosen,<br />

aktuelle Laborwerte und allenfalls Laborverlaufsblatt,<br />

aktuelle Medikation, Allergien, wichtige<br />

Dokumente aussortieren, beilegen, Begleitbrief verfassen<br />

usw. – Komplexere Patienten nehmen deutlich<br />

mehr als 30 Minuten in Anspruch, einfachere<br />

entsprechend weniger. Wir rechnen konservativ mit<br />

20 Minuten pro OPD-Ersteintrag.<br />

Damit ergibt sich folgender Zeitbedarf mit den<br />

entsprechenden Frankenbeträgen: 2800 Patienten<br />

(80 % des Patientenstammes) x 20 Minuten x 6000<br />

Hausärzte = 5,6 Millionen Arbeitsstunden. Bei einem<br />

Kostenansatz von 200 Franken pro Stunde wären<br />

dies immerhin 1120 Millionen Franken allein für die<br />

Ersteinträge!<br />

Die wiederkehrenden Anpassungen des OPD<br />

(Änderung der Medikation, neue Dokumente) usw.<br />

sind damit noch nicht berücksichtigt. Wir schätzen,<br />

dass jede dritte Konsultation zu einer Anpassung des<br />

OPD führt, und dies wäre mit einem Aufwand von<br />

5 Minuten zu veranschlagen. Bei jährlich 3000 Konsultationen<br />

wären dies nochmals ca. 80 Stunden pro<br />

Arzt und Jahr, was einem Jahresbeitrag von 96 Millio<br />

nen Franken entsprechen würde (80 x 6000 x<br />

200 Franken).<br />

Nicht nur Kosten<br />

Sogar wenn dieses Geld gesprochen würde, bleibt<br />

die für uns ungelöste Frage: Wie können wir die bis<br />

an die Grenzen belasteten Hausärzte motivieren,<br />

hier einen Zusatzaufwand zu betreiben, von dem<br />

sie keinen unmittelbaren Mehrwert haben? Die Befürchtungen<br />

von Folgeproblemen mit Nachfragen,<br />

Korrektur von Einträgen, juristischen Implikationen<br />

können nicht einfach ignoriert werden. Da<br />

müssten neben Incentives noch diverse Pflöcke eingeschlagen<br />

werden, um die Motivation der Hausärzte<br />

zu erhöhen. Langfristig wird kein Arzt für<br />

diese doppelte Eingabe (eKG und OPD) motivierbar<br />

sein und somit unsere ursprünglich skizzierte Idee<br />

(eKG = Master und OPD = Slave) halt früher oder<br />

später doch wieder im Raum stehen.<br />

Fazit<br />

Die Forderung nach Anschubfinanzierung für die<br />

eKG und Umkehr der Prioritäten war unsererseits<br />

wohl etwas zu wenig klar kommuniziert und nicht<br />

von den Hintergrundüberlegungen begleitet worden.<br />

Wenn jemand aber die Gesamtkostenrechnung<br />

zum OPD unvoreingenommen ansieht, wird<br />

er – wiederum nach unserer Meinung – schnell zum<br />

Schluss kommen, dass eine sinnvolle und massvolle<br />

Anschubfinanzierung zur Förderung der primären<br />

elektronischen Dokumentation in einer elektronischen<br />

Krankengeschichte (eKG) und die automatisierte,<br />

sekundäre Eingabe im OPD der schnellere<br />

und kostengünstigere Weg ist. Wir sind zu konstruktiven<br />

Gesprächen bereit.<br />

Literatur<br />

1 Stellungnahme MFE zum EPDG: www.hausaerzteschweiz.ch/news<br />

2 Motion 11.3034 – E. Graf-Litscher: Förderung und<br />

Beschleunigung von eHealth.<br />

3 Achieving Efficency Improvements in the Health<br />

Sector through the Implementation of Information<br />

and Communication Technologies. Final Report.<br />

OECD; 2010.<br />

4 Bhend H. Zehn Killerkriterien für eHealth.<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung. 2011;92(49):1925–8.<br />

– Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf des<br />

Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier<br />

(EPDG). www.hausaerzteschweiz.ch/News<br />

– Bhend H et al. Positionspapier Online Patientendossier.<br />

PrimaryCare. 2009;9(16): 298–9.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 490


SGIM<br />

OrGanISatIOnen der ÄrzteSchaft<br />

Messung der Patientenzufriedenheit<br />

in der arztpraxis – ein zentraler Baustein<br />

Ihrer Qualitätssicherung<br />

Jean-Michel Gaspoz a ,<br />

Romeo Providoli b<br />

a Prof. Dr. med., Präsident SGIM<br />

b Dr. med., Projektleitung SGIM<br />

Vorgeschichte<br />

Die Vereinigung der Zürcher Internisten (VZI) entwickelte<br />

im Jahr 1995 zusammen mit dem Betriebswissenschaftlichen<br />

Institut (BWI) der ETH Zürich in<br />

enger Zusammenarbeit mit Patienten einen Fragebogen<br />

zur Evaluation der Patientenzufriedenheit in<br />

der Arztpraxis. Das Befragungssystem wurde von der<br />

ARPAZ (Arbeitsgemeinschaft Patientenzufriedenheit)<br />

betreut. Die MECON measure & consult GmbH<br />

Zürich, ein führendes Unternehmen im Bereich Zufriedenheitsmessungen<br />

im Schweizer Gesundheitswesen,<br />

war für die Logistik und die statistische Auswertung<br />

zuständig.<br />

2008 übergab die VZI/ARPAZ die Rechte des Fragebogens<br />

an die SGIM.<br />

Im Oktober 2010 begann die Reaktivierung des<br />

Messsystems durch die <strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft<br />

für Allgemeine Innere Medizin (SGIM), das nun in<br />

aktualisierter Form verfügbar ist. Die SGIM möchte<br />

damit einen aktiven Beitrag zur Qualitätssicherung<br />

in den Arztpraxen leisten und unterstützt darüber<br />

hinaus die Messungen mit einem namhaften finanziellen<br />

Betrag.<br />

Fragebogen<br />

Die Basis des aktuellen Fragebogens bildet der im<br />

Jahr 1995 vom BWI und der Vereinigung Zürcher Internisten<br />

entwickelte ARPAZ­Fragebogen. Dieser<br />

wurde von der SGIM, zusammen mit der MECON<br />

und interessierten Grundversorgern überarbeitet,<br />

aktualisiert und erweitert. Der Fragebogen ist neu in<br />

allen drei Amtssprachen verfügbar. Eine Befragung<br />

umfasst 150 Fragebogen. Diese Anzahl erlaubt dem<br />

Arzt, eine Befragung mit einem vertretbaren Aufwand<br />

durchzuführen und dennoch bei üblichen<br />

Rücklaufquoten aussagekräftige Resultate zu erhalten.<br />

Gemischtsprachige Sets können auf Wunsch<br />

individuell zusammengestellt werden.<br />

Der standardisierte Fragebogen der SGIM ist in<br />

sechs Themenblöcke gegliedert: Arzt­Patienten­Beziehung,<br />

fachliche Beurteilung des Arztes und des<br />

Praxispersonals, Kommunikation, angeordnete Therapien<br />

bzw. Untersuchungen und Dienstleistungen,<br />

Organisation und Räumlichkeiten. Er umfasst insgesamt<br />

37 geschlossene Fragen, 4 Fragen zur Person<br />

(Soziodemographie) sowie eine offene Frage für Bemerkungen.<br />

Der Fragebogen entspricht den Regeln<br />

der guten Fragebogentechnik: Fragetechnik, Struktur,<br />

Umfang, Verständlichkeit, Inhalt, Aussagekraft.<br />

Ein Abgleich mit den Ergebnissen der Studie von<br />

Matthias Riedel und Peter Neuenschwander [1]<br />

zeigt, dass dieser Fragebogen sämtliche für die Patienten<br />

und damit für Ihre Qualitätsverbesserung in<br />

diesem Bereich relevanten Fragen umfasst.<br />

Der Fragebogen kann als Baustein für weiterführende<br />

Qualitätsmanagementmassnahmen verwendet<br />

werden (z. B. ISO­Zertifizierung). Dazu kann<br />

Ihnen die SGIM die entsprechenden Kontakte vermitteln.<br />

Ablauf der Befragung<br />

1. Die Anmeldung erfolgt bei der Geschäftsstelle<br />

(GS) der SGIM per Post, Fax oder Online (Anmeldetalon<br />

unter www.sgim.ch → Patientenzufriedenheit).<br />

2. Der Arzt wird in der Geschäftsstelle erfasst.<br />

3. Rechnungsstellung durch GS: Selbstkostenpreis<br />

pro Befragung 1250 Franken (inkl. MwSt.).<br />

SGIM­Mitglieder bezahlen nur 1000 Franken<br />

(SGIM sponsert 250 Franken). Zurzeit besteht<br />

kein Angebot an industriegesponserten Befragungen.<br />

Beispiele aus dem fragebogen<br />

Korrespondenz:<br />

<strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft<br />

für Allgemeine Innere Medizin<br />

SGIM<br />

Postfach 422<br />

CH­4008 Basel<br />

Tel. 061 225 93 30<br />

Wie beurteilen Sie die Anzahl der durchgeführten Untersuchungen<br />

(z. B. Laboruntersuchungen, Röntgen, EKG usw.)?<br />

Welchen Eindruck haben Sie von den fachlichen Fähigkeiten<br />

des Praxispersonals?<br />

Die fachlichen Fähigkeiten sind …<br />

Ist die Praxis sauber und hygienisch?<br />

❐ zu wenig<br />

❐ kann ich nicht<br />

❐ genau richtig<br />

beurteilen<br />

❐ zu viel<br />

ungenügend ❐ ❐ ❐ ❐ ❐ sehr gut<br />

nein, gar nicht ❐ ❐ ❐ ❐ ❐ ja, sehr<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

491


SGIM<br />

OrGanISatIOnen der ÄrzteSchaft<br />

abbildung 1<br />

Ablauf der Befragung.<br />

4. Einzahlung durch den Arzt (1000 oder 1250 Franken).<br />

5. Nach Zahlungseingang meldet die GS der<br />

MECON die teilnehmenden Ärzte und überweist<br />

1250 Franken für jede Anmeldung.<br />

6. MECON verschickt Befragungssets: 150 Fragebogen<br />

mit integrierter Patienteninformation,<br />

150 vorfrankierte Kuverts sowie eine Kurzanleitung<br />

zur Befragung.<br />

7. Der Arzt gibt die Befragungsunterlagen an 150 unselektierte<br />

Patienten ab, die den ausgefüllten<br />

Fragebogen anonym an MECON senden.<br />

8. Der Arzt informiert MECON, sobald er den letzten<br />

Fragebogen abgegeben hat.<br />

9. MECON erstellt die Auswertung und das Zertifikat.<br />

10. Der Arzt erhält die Auswertung und das Zertifikat<br />

innert zwei bis drei Monaten von MECON.<br />

Auswertung<br />

Jeder Arzt erhält eine detaillierte Auswertung der<br />

spezifischen Daten seiner Praxis im Benchmarking<br />

mit den anderen an der Messung teilnehmenden<br />

Arztpraxen. Dies erlaubt eine korrekte Interpretation<br />

der eigenen Resultate. Zusätzlich erhält jeder Arzt<br />

ein Zertifikat.<br />

Ab der zweiten Teilnahme wird ein Zeitvergleich<br />

(Längsschnitt) erstellt. Die Werte früherer Messungen<br />

werden als Säulen hinter den aktuellen Daten<br />

dargestellt. Somit lässt sich der Erfolg eingeleiteter<br />

Massnahmen überprüfen. Anhand der gesammelten<br />

Daten bietet sich die Möglichkeit, allgemein erkannte<br />

Schwachstellen zu eruieren und gezielt zu<br />

verbessern. Auf Anfrage sind individuelle weiterführende<br />

Auswertungen möglich. Eine Musterauswertung<br />

finden Sie unter www.sgim.ch → Patientenzufriedenheit.<br />

Literatur<br />

1 Riedel M, Neuenschwander P. Qualitätstransparenz in<br />

der Hausarztmedizin. Ergebnisse der repräsentativen<br />

Befragung. Online­Publikation; 2010. www.fmh.ch/<br />

files/pdf4/Schlussbericht_reprsentative_Evaluation.pdf<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 492


SAMW<br />

Weitere orgAniSAtionen und inStitutionen<br />

Vom umgang mit Sterbewünschen:<br />

«ich möchte sterben» heisst nicht<br />

«ich will mich umbringen»<br />

Daniel Grob<br />

Alte und sehr alte Menschen beschäftigen sich<br />

naturgemäss häufiger mit ihrem eigenen Tod als<br />

junge Menschen; dies besonders, wenn eine akute<br />

gesundheitliche Krise einen schon vorher fragilen<br />

und vulnerablen Körper getroffen hat. Äusserungen<br />

wie «Herr Doktor, ich möchte sterben» oder «Frau<br />

Doktor, lassen Sie mich sterben» sind nicht selten.<br />

Diese hochbetagten, kranken Menschen leiden meist<br />

nicht an primär lebenslimitierenden Erkrankungen;<br />

sie leiden an chronischen Krankheiten und deren<br />

Exazerbationen resp. Folgen von altersbedingten Erscheinungen<br />

(Frakturen nach Stürzen bei Osteoporose;<br />

Delirien bei vorbestehender Hirnerkrankung;<br />

Pneumonie bei COPD, kardialer Dekompensation<br />

Sterbewünsche können hier auch eine versteckte testfrage an den Arzt<br />

sein: Steht er mir bei oder lässt er mich fallen?<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. med. Daniel Grob, MHA<br />

Chefarzt Klinik für Akutgeriatrie<br />

Stadtspital Waid<br />

Tièchestrasse 99<br />

CH­8037 Zürich<br />

daniel.grob[at]waid.zuerich.ch<br />

bei Herzinsuffizienz, usw.). Zudem sind sie nicht selten<br />

alleinstehend (Partner oder Partnerin verstorben,<br />

die Kinder weit weg, die Freunde oder Freundinnen<br />

häufig auch schon verstorben). Dass in einer solchen,<br />

primär als ausweglos gesehenen Situation ein Sterbewunsch<br />

geäussert wird, ist absolut verständlich.<br />

Was bedeutet aber eine solche Äusserung von<br />

medizinisch nicht am Lebensende stehenden alten<br />

Menschen, und wie gehen wir als Ärztinnen und<br />

Ärzte damit um?<br />

Es ist zunächst Aufgabe des Arztes, die hinter den<br />

geäusserten Sterbewünschen liegenden, sehr vielgestaltigen<br />

Motive alter Menschen zu ergründen.<br />

Sterbewünsche sind oft Ausdruck einer tiefempfundenen<br />

Lebensmüdigkeit (in der Situation des «gelebten<br />

Lebens») bei sehr alten Menschen, die oft fast<br />

alle Freunde und Bekannten verloren haben, und<br />

manchmal – gerade im hohen Alter – auch schon die<br />

eigenen Kinder. Diese Menschen haben im Verlaufe<br />

ihres langen Lebens viele Hochs und Tiefs erlebt und<br />

sind jetzt, in der Situation von akuter Erkrankung<br />

oder Unfall resp. zunehmender Hilfsbedürftigkeit,<br />

konfrontiert mit der eigenen Gebrechlichkeit und<br />

vielleicht mit der Aussicht, nicht mehr gesund und<br />

damit vielleicht auch längerfristig pflegebedürftig zu<br />

werden.<br />

Sterbewünsche können auch Ausdruck einer<br />

Depression sein. Depressionen im Alter sind sehr häufig<br />

und werden nicht selten von den behandelnden<br />

Ärzten verkannt; auch Angehörige depressiver alter<br />

Menschen neigen gerne dazu, depressives Verhalten<br />

(z.B. Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben,<br />

Antriebslosigkeit) als unabwendbares Zeichen des<br />

Alters zu akzeptieren. Sterbewünsche werden von<br />

alten Menschen heute nicht selten begründet mit<br />

einer empfundenen «Nutzlosigkeit», «Wertlosigkeit»<br />

resp. «Belastung der Gesellschaft». Das Denken in<br />

ökonomischen Dimensionen durchdringt heute die<br />

ganze Gesellschaft; Diskussionen um Kosten sind<br />

allgegenwärtig, auch bei medizinischen Entscheidungen.<br />

Wenn alte Menschen sich lediglich noch<br />

als «Kostenfaktor» erleben, ist dies wohl Ausdruck<br />

eines gesellschaftlichen Problems.<br />

die <strong>Schweizerische</strong> Akademie der Medizinischen<br />

Wissenschaften (SAMW) hat 2004 medizinethische<br />

richtlinien zur «Betreuung von Patientinnen<br />

und Patienten am Lebensende» veröffentlicht.<br />

Anfragen an die Zentrale ethikkommission<br />

(ZeK) der SAMW haben gezeigt, dass<br />

in einzelfällen eine nicht vertretbare Praxis der<br />

ärztlichen Suizidhilfe besteht, und zwar teilweise<br />

mit, teilweise aber auch ohne Beteiligung<br />

einer Sterbehilfeorganisation. die ZeK hat dies<br />

zum Anlass genommen, in einer Stellungnahme<br />

auf die in den richtlinien aufgeführten Kriterien<br />

hinzuweisen und die Voraussetzungen für deren<br />

einhaltung zu präzisieren. die Stellungnahme<br />

wurde in der SÄZ nr. 11 vom 14. März 2012 veröffentlicht.<br />

in dieser und einigen folgenden Ausgaben der<br />

SÄZ erscheinen kurze «Standpunkte», welche<br />

die thematik der ärztlichen Suizidhilfe aus einer<br />

i ndividuell-fachlichen Perspektive beleuchten.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

493


SAMW<br />

Weitere orgAniSAtionen und inStitutionen<br />

Manchmal sind Sterbewünsche aber auch eine<br />

Art von «Kokettieren mit dem Tod»: Die Beschäftigung<br />

mit dem Tod ist im hohen Alter etwas gänzlich<br />

Normales – der geäusserte Sterbewunsch ist in diesem<br />

Kontext die Aufforderung des Patienten, über<br />

Tod und Sterben zu reden. Sterbewünsche können<br />

hier auch eine versteckte Testfrage an den Arzt sein:<br />

Steht er mir bei oder lässt er mich fallen? Habe ich in<br />

ihm einen Verbündeten, der zu mir steht und den<br />

zukünftigen, vielleicht schwierigen Weg mit mir<br />

geht?<br />

Der Umgang mit geäusserten Sterbewünschen<br />

kann damit sehr schwierig sein. Ärzte sind gehalten,<br />

das anspruchsvolle und zeitintensive Gespräch mit<br />

Die persönliche Erfahrung des Autors zeigt, dass<br />

dieser Sterbewunsch (sehr) selten den Wunsch nach<br />

Selbst­Tötung bedeutet. Er ist zunächst einmal Ausdruck<br />

der aktuellen Beschäftigung mit der eigenen<br />

Endlichkeit resp. dem eigenen Zustand. Wenn der<br />

Arzt hier vorschnell den Barbiturat­Rezeptblock<br />

zückt (im Sinne einer heute modernen, schnellen<br />

Lösung des Problems), würde er oder sie hohe Gefahr<br />

laufen, die Signale des Patienten falsch zu interpretieren<br />

– und damit medizinisch unkorrekt zu<br />

handeln. Der Arzt würde zusammen mit seinem<br />

Patienten Opfer eines (ökonomisierten) Zeitgeistes,<br />

welcher die moderne Medizin zur schnellen Machbarkeit<br />

verdammt.<br />

Problemlösungen zu finden, sich mit dem Patienten auseinanderzusetzen<br />

und mit ihm einen Weg gemeinsam zu gehen, ist eine vornehme<br />

ärztliche Aufgabe – liegt aber möglicherweise quer zum Zeitgeist.<br />

dem Patienten über Tod und Sterben aufzunehmen;<br />

häufig stehen ja auch Entscheidungen bezüglich<br />

weiterer Abklärungen und Behandlungen an.<br />

Solche Entscheidungen bei geriatrischen Patientinnen<br />

und Patienten, insbesondere im Kontext<br />

geäusserter Sterbewünsche, sind nie (!) Einzelentscheide<br />

am Krankenbett – es sind zeit­ und kommunikationsintensive<br />

Entscheidungsprozesse – nach<br />

Möglichkeit auch unter Einbezug von Angehörigen<br />

und Betreuenden.<br />

Fazit<br />

Ein geäusserter Sterbewunsch eines älteren Patienten<br />

ist zunächst lediglich die Vorstellung, dass er oder sie<br />

sich den Tod als besseren Zustand als das Leben vorstellt.<br />

Die Frage, was hinter dieser Vorstellung steht,<br />

ist sorgfältig zu ergründen.<br />

Viel häufiger werden andere Problemlösungen<br />

den Patientenwünschen gerechter. Diese Problemlösungen<br />

zu finden, sich mit dem Patienten auseinanderzusetzen<br />

und mit ihm einen Weg gemeinsam zu<br />

gehen, ist eine vornehme ärztliche Aufgabe – liegt<br />

heute aber möglicherweise quer zum Zeitgeist einer<br />

effizienten, aber fragmentierten Betreuung.<br />

Beihilfe zum Suizid wird heute (entgegen den<br />

SAMW­Richtlinien) auch bei alten Menschen geleistet,<br />

die nicht am Lebensende stehen. Wurde in diesen<br />

Fällen der primär geäusserte Sterbewunsch korrekt<br />

und sorgfältig interpretiert? Oder ist diese Beihilfe<br />

zum Suizid Ausdruck einer vom Patienten<br />

selber vorgenommenen (und vom Arzt geteilten ?)<br />

ökonomischen Wertung seiner gesellschaftlichen<br />

Existenz ?<br />

Gesellschaftliche Probleme lassen sich nicht mit<br />

dem Rezeptblock lösen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 494


säz-podiumsdiskussion<br />

podiumsdiskussion der schweizerischen ärztezeitung in zusammenarbeit<br />

mit der ärztegesellschaft des kantons zürich und dem medizinhistorischen<br />

institut der universität zürich, donnerstag, 19. April 2012, 18.15–20 uhr,<br />

im Gebäude des medizinhistorischen museums, universität zürich<br />

Von der Hierarchie zum Team?<br />

interprofessionalität im<br />

schweizer Gesundheitswesen<br />

Christina<br />

Brunnschweiler<br />

Gabriella Chiesa<br />

Pierre-Alain<br />

Clavien<br />

Gesamtgesellschaftliche, aber auch spezifische Entwicklungen<br />

im Gesundheitssektor stellen seit einigen<br />

Jahren und insbesondere in Zukunft neue<br />

Anforderungen an die Zusammenarbeit der im<br />

Medizinalbereich tätigen Berufsgruppen. Stichworte<br />

dazu sind «demographische Entwicklung»,<br />

«Zunahme chro nischer Krankheiten» oder «Ärztemangel».<br />

Dass die Kooperation zwischen den<br />

unterschiedlichen Berufsgruppen verbessert werden<br />

soll, um eine bessere Versorgung kranker Menschen<br />

zu ermöglichen, ist weitgehend unbestritten. Wenn<br />

es dagegen um die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit,<br />

um Rollenbilder, Zuständigkeiten<br />

und Kompetenzen geht, sind beträchtliche Divergenzen<br />

zu beobachten.<br />

Diskutieren Sie mit<br />

Wo liegen die aktuellen Stärken und Schwächen der<br />

interprofessionellen Zusammenarbeit in unserem<br />

Gesundheitssystem? Welche neuen Formen der Kooperation<br />

sind gefragt, um den zukünftigen Herausforderungen<br />

wirksam zu begegnen? Krankt unser<br />

Gesundheits wesen tatsächlich an einer zu «ausgeprägten<br />

Arztzen triertheit», soll «jedwede Hierarchie<br />

aus der Gesundheitsversorgung entfernt werden», wie<br />

in einem deutschen Grundsatzpapier* diagnostiziert<br />

bzw. gefordert wird?<br />

Der Einbezug des Publikums in die Diskussion ist<br />

zentraler Bestandteil des Konzepts der SÄZ-Podien,<br />

mit denen ein interessanter und konstruktiver Beitrag<br />

zur Debatte aktueller gesundheitspolitischer Fragen<br />

geleistet werden soll.<br />

Hintergrund der Veranstaltung ist die Wanderausstellung<br />

«WHO CARES» im Medizinhistorischen<br />

Museum der Universität Zürich, die sich mit der Geschichte<br />

und Gegenwart des Pflegeberufs in Deutschland<br />

befasst.**<br />

Vor der Podiumsdiskussion findet um 17 Uhr eine<br />

Sonderführung mit Institiutsdirektor Prof. Flurin Condrau<br />

durch die Ausstellung statt.<br />

Maya Shaha<br />

Ernst Gähler<br />

Die Podiumsgäste<br />

Es diskutieren unter der Leitung von säz-Redaktor<br />

PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff, Beauftragter<br />

sonderausstellungen, medizinhistorisches museum<br />

der universität zürich:<br />

– Christina Brunnschweiler, lic. oec. HSG, CEo<br />

spitex zürich Limmat<br />

– Prof. Dr. med. Pierre-Alain Clavien, direktor<br />

klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie,<br />

universitätsspital zürich<br />

– Gabriella Chiesa, eidg. dipl. pharm., Leiterin<br />

innovation Versorgungsmanagement, Css Versicherung<br />

– Dr. med. Ernst Gähler, Vizepräsident der FmH,<br />

Facharzt für Allgemeinmedizin FmH<br />

– Maya Shaha, PhD, RN, wissenschaftliche<br />

m itarbeiterin, direktion pflege, mTT inselspital<br />

Bern, mER, institut universitaire de formation et<br />

de recherche en soins, CHuV Lausanne.<br />

Eberhard Wolff<br />

Die Veranstaltung wird organisiert in Zusammenarbeit<br />

mit der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich<br />

und dem Medizinhistorischen Institut und Museum<br />

der Universität Zürich.<br />

Die Durchführung des Anlasses wird möglich dank<br />

grosszügiger Unterstützung durch Interpharma, den<br />

Verband der forschenden pharmazeutischen Industrie.<br />

Die Verantwortung für Konzept und Inhalt des<br />

Podiums liegt bei der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung.<br />

* www.pflegeportal.ch/<br />

pflegeportal/pub/zusammen<br />

arbeit_aerztlich_nichtaerzlich_866_1.pdf<br />

** www.mhiz.uzh.ch/<br />

departments/Museum/<br />

WhoCares.html<br />

Eintritt frei – Anmeldung erforderlich<br />

die öffentliche podiumsdiskussion mit anschliessendem Apéro findet statt am donnerstag, 19. April 2012,<br />

18.15–20 uhr im Gebäude des medizinhistorischen museums, Rämistrasse 69, zürich (Hörsaal soC 106). der<br />

Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist aber erforderlich. diese kann bis dienstag, 17. April via E-mail<br />

an redaktion.saez[at]emh.ch oder via Fax an 061 467 85 56 erfolgen. Bitte ihren namen und die namen<br />

a llfälliger Begleitpersonen sowie das stichwort «Anmeldung zum säz-podium vom 19. April» angeben. Auch<br />

telefonische Anmeldungen sind vormittags unter 061 467 85 72 möglich.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

495


edaktion.saez@emh.ch<br />

BRIEFE<br />

Briefe an die SÄZ<br />

Budgetmitverantwortungsverträge<br />

Stellungnahme zum Leserbrief von<br />

M. Romanens in der SÄZ Nr. 11/2012 [1]<br />

Herr Romanens, Sie haben sich die Ethik auf<br />

die Fahne geschrieben. Dann möchte ich Sie<br />

bitten, auch die Fairness zu beachten und<br />

keine manipulativen oder bewusst falschen<br />

Äus serungen zu machen.<br />

Ein Vertrag wird immer zwischen einer Kasse<br />

und einem Ärztenetz, nie mit dem einzelnen<br />

Arzt abgeschlossen, wie Sie fälschlicherweise in<br />

Ihrem Titel schreiben. Dann nehmen Sie aus<br />

der Publikation der CSS einfach die höchste<br />

geschätzte Einsparungszahl. In der gleichen<br />

Tabelle werden die Einsparungen nach der<br />

CSS-Methode nicht auf 23,2 Mio., sondern auf<br />

10,7 resp. 9,1 Mio. geschätzt.<br />

Wie Sie auf diese phantastischen 5,8 Mio. kommen,<br />

die den Netzwerken pro Jahr in die Kasse<br />

gespült werden, ist mit Ihren Zitatangaben leider<br />

nicht nachvollziehbar. Unsere langjährigen<br />

Erfahrungen mit der CSS zeigen ein anderes<br />

Bild. Die Vergütung für die Netzwerkarbeit fällt<br />

wesentlich tiefer aus. Wir waren 2 dieser 6 Ärztenetze<br />

(mediX bern und mediX zürich). In allen<br />

Verträgen zwischen Ärztenetzen und Kassen<br />

sind die Verlust- und Gewinnrisiken limitiert.<br />

Es geht also nie um diese hohen Beträge,<br />

die Sie, Herr Romanens, in Unkenntnis der<br />

Sachverhalte einfach hochgerechnet haben.<br />

Verträge sind grundsätzlich vertraulich. Dass<br />

darin Beiträge an die Praxisinfrastruktur oder<br />

Ähnliches erwähnt werden, ist uns in unserer<br />

14-jährigen Tätigkeit mit Budgetmitverantwortungsverträgen<br />

mit fast allen Kassen (ausser<br />

EKG und Assura) nicht bekannt. Ein Vergleich<br />

mit der Industrie hinkt, weil es hier nicht um<br />

die Gefahr der Bestechung geht, sondern um<br />

einen Budgetmitverantwortungsvertrag, der<br />

den Ärztenetzen volle Freiheit gewährt, wie sie<br />

die Koordination der Behandlung ihrer Patienten<br />

optimieren wollen. Die Vergütungen<br />

werden von den Netzwerken für die Qualitätsarbeit<br />

und Leitung der Netzwerke verwendet.<br />

Ich verweise auf die ausgezeichnete Übersicht<br />

von Jürg Fritschi im Namen von medswiss.net,<br />

die ebenfalls in der SÄZ Nr. 11/2012 erschienen<br />

ist. [2]<br />

Dr. med. Felix Huber, mediX zürich<br />

Dr. med. Adrian Wirthner, mediX bern<br />

1 Romanens M. Geheimvertrag zwischen Kasse<br />

und Arzt. Schweiz Ärztezeitung. 2012;93(11):415.<br />

2 Schweizer Dachverband der Ärztenetze,<br />

medswiss.net. Managed Care – wo stehen wir?<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2012;93(11):408.<br />

KVG-Reform Managed Care: Ein Feldexperiment<br />

mit ungewissem Ausgang<br />

Sehr geehrter Herr Kollege Berchtold<br />

Bei der KVG-Reform geht es tatsächlich nicht<br />

um Managed Care (MC) an sich [1], denn<br />

schliesslich lässt das geltende KVG bereits verschiedene<br />

MC-Modelle zu, auch solche mit<br />

Budgetverantwortung. Die Reform will nun<br />

aber planwirtschaftlich den Budgetnetzwerken<br />

einen Wettbewerbsvorteil zuschanzen.<br />

Ver sicherte, die ein anderes MC-Modell wählen<br />

wie z. B. das Hausarztmodell oder die<br />

telefo nische Beratung vor dem Arztbesuch,<br />

oder die an der uneingeschränkten Arztwahl<br />

festhalten, werden im Krankheitsfall mit<br />

e inem höheren Selbstbehalt gebüsst. Diese<br />

Abstrafung wird mit einer verbesserten Kosteneffizienz<br />

im Budgetnetzwerk gerechtfertigt.<br />

Kosteneffizienz heisst weniger finanzieller<br />

Aufwand für ein mindestens ebenbürtiges<br />

Behandlungs ergebnis. Belege hierfür gibt es<br />

nicht. Die Krankenversicherer warnten noch<br />

rechtzeitig vor einer Reduktion des Selbstbehalts<br />

im Bud getnetzwerk, da Einnahmeausfälle<br />

beim Selbst behalt bei gleichzeitig zu<br />

geringem oder fehlendem Einsparpotential zu<br />

einem Prä mien anstieg geführt hätten. Gemäss<br />

dem Gesundheitsmonitor 2011 [gfs Institut<br />

Bern] fordern aber 79 % der Stimmberechtigten,<br />

dass die MC-Vorlage das Prämienwachstum<br />

eindämmt.<br />

Nicht der budgetäre Druck, sondern die Eigeninitiative<br />

der innovativen und kostenbewussten<br />

Grundversorger, die mit elektronischer<br />

Krankengeschichte arbeiten, sich mit eHealth<br />

vernetzen, Disease Management einführen<br />

und sich selbstverständlich kontinuierlich<br />

fortbilden, werden die Behandlungsqualität<br />

kontinuierlich verbessern. Dafür braucht es<br />

eine selbstbewusste, selbstregulierende und<br />

unabhängige Hausarztmedizin, die sich nicht<br />

in der Geiselhaft der Ökonomie und der<br />

Administration befindet.<br />

Sie sind der Meinung, dass eine uneingeschränkte<br />

Arztwahl bei jungen Patienten, bei<br />

einfachen akuten Erkrankungen oder Unfällen<br />

durchaus sein darf. Den älteren, meist<br />

mehrfach chronisch kranken Menschen sprechen<br />

Sie dieses Recht hingegen ab. Wenn sie<br />

sich weigern, einem Budgetnetzwerk beizutreten,<br />

müssen sie eine Busse bezahlen. Die Begründung<br />

stützt sich auf rein theoretische<br />

Überlegungen und es gibt keine vergleichenden<br />

Kosteneffektivitätsstudien, welche diese<br />

Entsolidarisierung legitimiert. Mit Inkrafttreten<br />

des KVG Im Jahre 1996 wurde die Solidarität<br />

durch das Obligatorium und die Einheitsprämie<br />

gestärkt. Diese wird nun über die<br />

Hintertür mit dem differenzierten Selbstbehalt<br />

torpediert. Bereits die Einführung einer<br />

höheren Franchisemöglichkeit hat die Solidarität<br />

geschwächt. Nicht genug, dass der chronisch<br />

Kranke wegen der Minimalfranchise<br />

eine höhere Prämie bezahlt. Jetzt soll er auch<br />

mehr bezahlen, wenn er die freie Arztwahl<br />

nicht aufgibt. Die Wahlfreiheit wird uns nur<br />

noch beim Versicherungsprodukt gewährt,<br />

nicht mehr bei der Wahl des Arztes.<br />

Sie schreiben: «Ob das revidierte Gesetz die erwünschten<br />

Wirkungen ohne grössere Nebeneffekte<br />

bringen wird, erfahren wir nur, wenn<br />

es eingeführt wird.» Die Vorprüfung sei längst<br />

bestanden. Dies ist eine pure Behauptung, die<br />

nicht belegt ist. Wer ja sagt zu dieser Reform,<br />

sagt ja zu einem riesigen Feldexperiment mit<br />

ungewissem Ausgang. Wenn MC mit Budgetmitverantwortung<br />

ein Erfolgsmodell ist, kann<br />

es sich im Markt ohne Begünstigung beim<br />

differenzierten Selbstbehalt auf der heutigen<br />

Gesetzesgrundlage durchsetzen.<br />

Ja, Sie haben Recht: «Denn mit oder ohne<br />

G esetz: Die Integrierte Versorgung ist der<br />

Standard von morgen.» Nur die integrierende<br />

Versorgung braucht nicht zwingende ein Budget!<br />

Dr. med. René Haldemann, Richterswil<br />

1 Vorstand Managed Care. Managed-Care-Vorlage:<br />

Fördert oder behindert sie die Integrierte<br />

Versorgung? Schweiz Ärztezeitung.<br />

2012;93(4):103.<br />

Pflegefachfrauen/-männer in der Praxis<br />

Sehr geehrte Frau Professor Spirig<br />

Mit Interesse las ich Ihre Replik [1] auf den<br />

Artikel von Emil Schalch vom letzten Herbst<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

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edaktion.saez@emh.ch<br />

BRIEFE<br />

[2]. Aus meiner hausärztlichen Optik (ehemaliger<br />

Talschaftsarzt, heute Hausarzt in einem<br />

ärzteeigenen medizinischen Zentrum in Chur),<br />

brauchen wir breit ausgebildetes (nichtärztliches)<br />

Fachpersonal mit Erfahrung in der Primärversorgung.<br />

Das heisst in erster Linie,<br />

analog zur ärztlichen Schiene in der Primärversorgung,<br />

nicht eine Fragmentierung in fachliche<br />

Spezialisierung, sondern Ausbildung zu<br />

polyvalenten Spezialisten der Primärversorgung.<br />

Die Entwicklung von Curricula für das ärztliche<br />

und nichtärztliche Personal in der medizinischen<br />

Primärversorgung ist eine grosse<br />

Herausforderung! Ein grosses Problem ist die<br />

fehlende Kenntnis von Inhalt und Art der Beanspruchung<br />

der Arbeit im Feld der Primärversorgung.<br />

Es existieren zu diesem Arbeitsfeld<br />

kaum Daten, und es ist daher schwierig<br />

die Inhalte der Aus- und Weiterbildung zu formalisieren.<br />

Ein Ausbildungsgang zur APN müsste sich v. a.<br />

auch aus «der Praxis heraus», d. h. «bottomup»<br />

entwickeln – wie dies in einer modernen<br />

Weiterbildung für Hausärzte auch gilt [3, 4].<br />

Wie Sie richtig schreiben, sollte die «Advanced<br />

Practice Nurse (APN)» eine vertiefte Praxiserfahrung<br />

mitbringen. Das heisst, dass die<br />

Ausbildung auf einem MPA-Abschluss aufsetzen<br />

muss oder das Curriculum zur APN eine<br />

MPA-Ausbildung mit einschliesst. Die Vertiefung<br />

und Erweiterung der klinischen Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten sowie der Erwerb weiterer,<br />

in Zukunft v.a. in Grosspraxen dringend<br />

gebrauchter Qualitäten (z.B. Personalführung,<br />

Organisationsentwicklung, Kommunikation,<br />

Administration …) wären möglichst praxisnah,<br />

z.B. auch berufsbegleitend zu erwerben.<br />

Dr. med. Franz Marty, Chur<br />

1 Spirig R. Nurse Practitioner, Medizinische<br />

Praxiskoordinatorin – oder Best Practice für<br />

Patienten? Schweiz Ärztezeitung.<br />

2012;93(8):295–7.<br />

2 Nurse practitioner oder Medizinische Praxiskoordinatorin?<br />

Schweiz Ärztezeitung.<br />

2011;92(43):1665–7.<br />

3 The Danish College of General Practitioners,<br />

www.bibliosgam.ch/pdf/Danish_GP_competences_119_final.pdf<br />

4 Royal College of General Practitioners,<br />

www.rcgp-curriculum.org.uk/extras/curriculum/<br />

index.aspx<br />

Eminenzbasierte Medizin<br />

Sehr geehrter Herr Kollege Brühlmann<br />

Zu Ihrem Aufsatz «Eminenzbasierte Medizin»<br />

möchte ich Ihnen herzlich gratulieren. Elegant<br />

arbeiten Sie heraus, welches doch wohl die<br />

Herausforderung an eine ärztliche Ethik und<br />

damit für «richtiges Handeln» sein dürfte. Ich<br />

teile Ihre Haltung vollumfänglich.<br />

Ich hatte beim Durchlesen Ihres Tribünenbeitrags<br />

mit der wunderbar geführten Klinge<br />

gegen den Primat der «evidenzbasierten Medizin»<br />

einen sehr skeptischen Einfall: Ihre,<br />

unsere, Überlegung scheint so zweifelsfrei richtig,<br />

man wünscht sich doch in seinem Leiden,<br />

seiner Not in erster Linie einen verständnisvollen<br />

und gewissenhaften Ansprechpartner, dass<br />

einem diese Tatsache schon fast verdächtig erscheinen<br />

muss: Ist das denn auch wirklich so,<br />

verhält man sich dementsprechend, drückt<br />

dies wirklich der gegenwärtige gesellschaftliche<br />

Diskurs aus? Bezogenheit, Responsivität<br />

setzen doch von sich her etwas doppelseitiges,<br />

Systemisches voraus. Dies aber ist mit wenigstens<br />

zwei Eigenschaften verbunden: Erstens<br />

wäre die «Eminenz» v.a. eine Haltung, die man<br />

selber nie richtig erreichen könnte, zudem abhängig<br />

von den an uns gestellten Fragen; nun<br />

haben wir zwar gelernt, das Gegenüber zu solchen<br />

anzuhalten, sie auch möglichst treffend<br />

aus ihm herauszuhören, was aber eben in der<br />

Realität nur bis zu einem gewissen Grad gelingt<br />

(und übrigens auch zeit-, tarif- und damit<br />

sozial abhängig ist). Zweitens aber und ganz<br />

besonders wichtig, spielte sich das Ganze auf<br />

einem gegenseitigen Rollenverständnis ab, da<br />

will also einer die Verantwortung wahrnehmen<br />

und die andere sie auch abgeben. Sind<br />

jedoch die Grundlagen für das Bezogen-sein-<br />

Wollen denn auch in unserer Gesellschaft<br />

g egeben, akzeptiert oder sogar bloss schon<br />

wünschbar? Welches ist diesbezügliche gegenwärtige<br />

gesellschaftliche Übereinkunft? Man<br />

schaue sich doch bloss die durchgestöpselte,<br />

am Smartphone hängende, Bevölkerung an,<br />

zwar dauernd auf Kommunikation und Information<br />

aus, Beziehungen allerdings vorzüglich<br />

via sogenannte soziale Netzwerke befriedigend!<br />

Ist das nicht viel eher Verneinung der gegenseitigen<br />

Bezogenheit? Und dann erst noch auf<br />

eine «Eminenz»?! Wenn schon, dann höchstens<br />

«partnerschaftlich», Auge in Auge (oder<br />

bald schon à l’américaine: «Auge um Auge» via<br />

Anwalt). Oder, wie es unser psychologischer<br />

Grossvater S. Freud bezeichnet hätte: Sind wir<br />

bereit, in Leid und Schmerz eine regressive, vielleicht<br />

gar infantile, Rolle zu akzeptieren? Nein, die<br />

Bevölkerung ist aufgeklärt – oder möchte es doch<br />

sein, sehen wir mal von der Flucht aus der Verantwortung<br />

ab, bestimmt zuerst via Google Diagnose<br />

und Therapie selber – oder hält dies wenigstens für<br />

erstrebenswert – und beim Sterben kauft man sich<br />

via Dignitas selber ein, da braucht’s den Arzt oder<br />

die Ärztin bloss noch zur Unterschrift zuerst unter<br />

Ver sicherungszeugnisse und zuletzt Sterbeurkunden!<br />

Lieber Herr Brühlmann, ich hoffe bei diesen<br />

meinen Zeilen ist mir meine eigene Skepsis<br />

ungerechtfertigterweise durchgegangen, möge<br />

dies alles nicht stimmen; aber vielleicht könnten<br />

sich aus diesen Fragen doch ein paar weitergehende<br />

Überlegungen ergeben.<br />

In diesem Sinne noch einmal mit bestem Dank<br />

und freundlichen Grüssen<br />

Dr. med. Rolf Tschannen, Wil,<br />

vor kurzem pensionierter Psychiater<br />

1 Brühlmann T. Eminanzbasierte Medizin.<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2012;93(10):387–8.<br />

Eminenz durch Evidenz<br />

Kollege Brühlmann vermutet in seinem Artikel<br />

[1], dass die Hochblüte der evidenzbasierten<br />

Medizin (EBM) vorbei sei und begründet<br />

dies mit der Flut von empirischen Studien<br />

aus selbstdestruktivem Trend, sei es im Sinne<br />

von Metaanalysen-Akrobatik oder statistischer<br />

Orgien. Die einzige Erklärung für diese Aus -<br />

sage des Autoren ist für mich das völlig<br />

unzureichende Verständnis von EBM. Meiner<br />

Ansicht nach stehen wir immer noch am<br />

Anfang einer Verbreitung der EBM. Zweifellos<br />

braucht es die überzeugende ärztliche Persönlichkeit,<br />

welche sich nicht nur auf ein naturwissenschaftliches<br />

Denkmodell abstützt, sondern<br />

das biopsychosoziale Modell (ICIDHoder<br />

ICF-Klassifikation) anerkennt, praktiziert<br />

und sich dabei bewusst ist, dass es in der Medizin<br />

neben der wenigen, aber wichtigen spezifischen<br />

auch viele unspezifische Wirkungen in<br />

einem Heilungsprozess gibt. Die Ärzteschaft<br />

muss selbstverständlich Verantwortung tragen,<br />

in allen Fällen, ob der Patient trotz oder wegen<br />

der Intervention gesund oder eben nicht gesund<br />

wird. Die evidenzbasierte Medizin zeitgemässer<br />

Prägung hat mich gelehrt, diesbezüglich<br />

besser entscheiden zu können. Wir geben<br />

heute (zu) viel Geld aus, wo trotz (unnötiger)<br />

Diagnostik und Interventionen ein gutes Heilungsresultat<br />

entsteht. Alle sind dabei zufrieden,<br />

nicht zuletzt der «Gott in Weiss».<br />

Wenn heute mehr Metaanalysen und randomisierte<br />

Studien auftreten, ist dies nicht Ausdruck<br />

einer sinnlosen ökonomischen Infiltration<br />

der Forscherwelt, sondern ein Hinweis<br />

darauf, dass wir immer häufiger kleine erwartete<br />

Ergebnisunterschiede untersuchen (Stichwort:<br />

Marktverdrängung der Medizinindustrie<br />

beim Vergleich Cholesterinsenker A versus B),<br />

wo der Nutzen sich nicht mehr mit einfacheren<br />

Stu diendesigns und kleinen Fallzahlen statistisch<br />

signifikant nachweisen lässt. Für mich<br />

ist dies ein starkes Indiz für eine Medizin jenseits<br />

der maximalen Nutzengrenze.<br />

Der Ärzteschaft, welche sich dem Primat des<br />

«primum nil nocere» weiterhin zu verschreiben<br />

gedenkt, erwachsen noch jahrelang Herausforderungen<br />

des «Erkenntnisprojektes EBM»,<br />

um liebgewordene, aber bisher nicht hinterfragte<br />

Hypothesen hinsichtlich Gültigkeit in<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 497


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BRIEFE / MITTEILUNGEN<br />

der Patientenrealität zu überprüfen. Dabei geht<br />

es vornehmlich um die klinische Relevanz. Die<br />

diesbezügliche «Kompetenzbehörde» ist eine<br />

eminente Ärzteschaft in engem Kontakt mit<br />

ihren Patienten. Auch uns Ärztinnen und Ärzten<br />

an der Front hat die Wissenschaft der klinischen<br />

Epidemiologie mit der EBM-Bewegung<br />

die Instrumente zur Verfügung gestellt. Man<br />

muss sie nur sinnvoll zu nutzen bereit sein.<br />

Dr. med. Luzi Dubs, Winterthur<br />

1 Brühlmann T. Eminenzbasierte Medizin.<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2012;93(10):387–8.<br />

Mitspracherecht und Akzeptanz<br />

Richtigerweise hat der Vizedirektor des Bundesamtes<br />

für Sozialversicherungen und Leiter<br />

Geschäftsleitung Invalidenversicherung Stefan<br />

Rittler darauf hingewiesen [1], dass<br />

die Arbeitgeber und die behandelnden Ärzte<br />

noch besser zusammenarbeiten müssen um<br />

mehr Behinderte vermehrt in den Arbeitsprozess<br />

einzugliedern.<br />

Entscheidend ist dabei auch, dass Behinderte<br />

am runden Tisch mitreden dürfen und alle<br />

künftigen Mitarbeiter über ihre Hindernisse<br />

am Arbeitsplatz ins Bild gesetzt werden.<br />

Letztlich setzt eine erfolgreiche Eingliederung<br />

auch noch eine gegenseitige Akzeptanz voraus!<br />

Freundliche Grüsse<br />

Armin Arnold, Köniz<br />

1 Ritler S. Eingliederung ist eine Chance,<br />

Gesundheit zu erhalten oder zu verbessern.<br />

Schweiz. Ärztezeitung.2012;93(11):409–10.<br />

C’est le ton qui fait la musique<br />

Als Psychiater übe ich mich fleissig im Ausfüllen<br />

von Arztberichten für die Invalidenversicherung.<br />

Dabei stösst mir immer Punkt 1.2<br />

sauer auf; denn nach allen Diagnosen und der<br />

Dauer der Behandlung muss ich das «Datum<br />

der letzten Kontrolle» angeben.<br />

Was sollte ich wohl bei meinen kranken und<br />

leidenden Patienten kontrollieren? Etwa ob sie<br />

Sozialmissbrauch betreiben? Oder ob sie einen<br />

Rückfall machen? Oder zu viel trinken? Oder à<br />

la grecque: ob sie noch am Leben sind und<br />

nicht bloss noch als Rentenbezüger existieren?<br />

Diese Frage nach der letzten Kontrolle ist so<br />

weit entfernt von unserer beruflichen Haltung<br />

und Realität, dass ich sie als Beleidigung unseres<br />

Berufsstandes empfinde. Wir untersuchen<br />

kranke Menschen, wir versuchen, ihr Vertrauen<br />

zu gewinnen und mit ihnen zusammen ihre<br />

Probleme zu besprechen und ihr Leiden zu ertragen<br />

und womöglich zu verbessern. Daher<br />

streiche ich seit Jahren die Frage 1.2 und<br />

schreibe: «Wir kontrollieren keine Patienten;<br />

wir behandeln leidende Menschen.» Aber eine<br />

Reaktion vonseiten der IV ist noch nie erfolgt.<br />

Ich möchte Kolleginnen und Kollegen einladen,<br />

es mir gleichzutun. Unsere Standesvertreter<br />

ersuche ich höflich, bei Gelegenheit von<br />

Gesprächen mit dem BSV auf diesen Missstand<br />

hinzuweisen. Das wird zwar nicht die Welt verändern,<br />

aber es wäre ein kleiner Schritt hin zu<br />

mehr Respekt für unsere kranken Mitmenschen.<br />

Dr. med. Tedy Hubschmid, Bern<br />

Mitteilungen<br />

Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Facharzttitels Nuklearmedizin –<br />

2. Teilprüfung<br />

Ort: Centre hospitalier universitaire vaudois<br />

(CHUV), 1011 Lausanne<br />

Datum: Freitag, 28. September 2012<br />

Anmeldefrist: 31. Mai 2012<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der<br />

Website des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Facharzttitels Kardiologie<br />

Schriftliche Prüfung<br />

Datum: Mittwoch, 24. Oktober 2012,<br />

8:00–12:00 Uhr<br />

Ort: Inselspital Bern, Auditorium Ettore Rossi<br />

Praktische Prüfung<br />

Datum: Donnerstag, 25. Oktober 2012<br />

Ort: Universitätsspital Basel (deutsch),<br />

CHUV Lausanne (französisch)<br />

Anmeldefrist: 2. September 2012<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der Website<br />

des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Facharzttitels Prävention und<br />

Gesundheitswesen<br />

Ort: Haus der Krebsliga Schweiz,<br />

Effingerstrasse 40, Bern<br />

Datum: Donnerstag, 6. Dezember 2012<br />

Anmeldefrist: 15. Oktober 2012<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der Website<br />

des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Swissmedic<br />

Sicherheitswarnung betreffend Cristal Face<br />

Dermal Filler des Herstellers<br />

Doctor’s Program Italia S.r.l. und allfällige<br />

andere Produkte<br />

Swissmedic macht darauf aufmerksam, dass<br />

das Produkt «CRISTAL Face» (High purity dermal<br />

filler, LOT.-Nr. CR6-2911/1, Herstelldatum<br />

2011-07, Ablaufdatum 2013-07) des italienischen<br />

Herstellers «Doctor’s Program Italia<br />

S.r.l.» missbräuchlich mit der Kennzeichnung<br />

«CE0297» versehen ist. Sicherheit und Wirksamkeit<br />

des Produktes können nicht beurteilt<br />

werden, wodurch eine potentielle Gesundheitsgefährdung<br />

nicht auszuschliessen ist.<br />

Swissmedic warnt deshalb vor der Anwendung<br />

dieses Produktes.<br />

Gemäss bekannten Distributionspartnern der<br />

Firma Doctor’s Program Italia S.r.l. wurden<br />

diese Produkte in der Schweiz nicht in Verkehr<br />

gebracht. Es ist jedoch nicht auszuschliessen,<br />

dass sie durch Direkt-/Parallelimport trotzdem<br />

in die Schweiz gelangen könnten. Weiterhin<br />

kann zurzeit nicht ausgeschlossen werden,<br />

dass auch weitere LOT-Nummern oder weitere<br />

Produkte (z.B. CRISTAL Body) des gleichen<br />

Herstellers betroffen sind. Zusätzliche Informationen<br />

und Bilder sind auf www.swissmedic.ch<br />

erhältlich.<br />

Herzstiftung Olten<br />

Forschungspreis «Frau & Herz»<br />

Die Herzstiftung Olten hat beschlossen, aus<br />

dem Legat Ida Tanner auch für das Jahr 2012<br />

einen Forschungspreis von 30 000 Franken für<br />

eine Forschungsarbeit auf dem Gebiet Frau<br />

und Herz auszuschreiben. Eingereicht werden<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 498


edaktion.saez@emh.ch<br />

MITTEILUNGEN<br />

können Forschungsprojekte zum Thema kardiovaskuläres<br />

System und Frau, die bereits angelaufen<br />

oder erst in Vorbereitung sind.<br />

Bewerbungen für den Forschungspreis 2012<br />

müssen bis 10. Juni 2012 eingereicht werden.<br />

Der Beitrag von 30 000 Franken ist als Anschubfinanzierung<br />

gedacht und soll auch mithelfen,<br />

die Erfolgschance bei der Einreichung des Projektes<br />

an andere Institutionen zu erhöhen.<br />

Zudem soll die öffentliche Preisverleihung in<br />

Olten im September 2012 mithelfen, durch ein<br />

nationales Medienecho das Bewusstsein für<br />

Herz- und Kreislaufkrankheiten bei Frauen in<br />

der Schweiz zu erhöhen und auf Defizite in<br />

diesem Bereich aufmerksam zu machen. Mitmachen<br />

können alle Forschungsteams aus der<br />

Schweiz, die in diesem Forschungsbereich tätig<br />

sind oder sein möchten.<br />

Weitere Informationen und detailliertere<br />

Bewerbungsunterlagen erhalten Sie beim Sekretariat<br />

Herzstiftung Olten, Froburgstrasse 1,<br />

4600 Olten oder per E-Mail über: hugo.<br />

saner[at]hin.ch<br />

<strong>Schweizerische</strong> Aerosol<br />

Gesellschaft (SAG)<br />

<strong>Schweizerische</strong>r Aerosol Preis<br />

Dank einer grosszügigen Zuwendung der Swiss<br />

Lung Foundation kann die <strong>Schweizerische</strong><br />

Aerosol Gesellschaft (SAG) jedes Jahr einen<br />

Preis in der Höhe von 10 000 Franken für die<br />

beste wissenschaftliche Publikation auf dem<br />

Gebiet der internationalen Aerosol-Forschung<br />

in der Schweiz ausschreiben. Der Preis wird anlässlich<br />

der Jahrestagung der SAG, die 2012 am<br />

20. November stattfindet, verliehen.<br />

Anforderungen:<br />

Die Arbeit soll in der Regel aus einer schweizerischen<br />

Universität, Klinik oder Forschungsanstalt<br />

stammen, resp. mehrheitlich in der<br />

Schweiz entstanden sein. Das Manuskript kann<br />

in deutscher, französischer oder englischer<br />

Sprache abgefasst sein und muss von einer<br />

peer-reviewed Zeitschrift entweder zur Publikation<br />

akzeptiert oder seit dem 1. Januar 2012 publiziert<br />

sein. Der Preis geht an den Erstautor.<br />

Die Bewerbung umfasst: Nominationsantrag,<br />

Curriculum Vitae mit Publikationsverzeichnis<br />

und Manuskript resp. publizierte Arbeit.<br />

Die Unterlagen sollten bis 31. August 2012 an<br />

folgende Adresse eingereicht werden: Dr. med.<br />

Otto Brändli, Präsident Swiss Lung Foundation,<br />

Hömelstrasse 15, 8636 Wald, E-Mail:<br />

braendli[at]swisslung.org<br />

Krebsliga Schweiz (KLS) /<br />

<strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft<br />

für Senologie (SGS)<br />

Qualitätslabel für Brustzentren:<br />

Einreichung von Unterlagen ab 1. April<br />

Die Krebsliga Schweiz (KLS) und die <strong>Schweizerische</strong><br />

Gesellschaft für Senologie (SGS) haben<br />

im Jahr 2011 gemeinsam ein Label für Brustzentren<br />

lanciert. Das Label soll Brustzentren<br />

auszeichnen, die klar definierte Anforderungen<br />

an die Qualität der Behandlung und<br />

Betreuung von Frauen mit Brustkrebs erfüllen.<br />

Grundlage für das Label bildet ein Kriterienkatalog,<br />

der von der SGS erarbeitet worden ist –<br />

basierend auf den Eusoma-Kriterien.<br />

Ab 1. April 2012 können interessierte Zentren<br />

die Unterlagen, die für die Anmeldung zum<br />

Zertifizierungsprozess notwendig sind, bei der<br />

Geschäftsstelle Qualitätslabel einreichen. Letzter<br />

Eingabetermin ist der 31. April 2012.<br />

Alle Dokumente und weitere Informationen<br />

zum Qualitätslabel für Brustzentren sind einsehbar<br />

unter www.krebsliga.ch/q-label. Weitere<br />

Auskünfte erteilt Dr. med. Karin Huwiler,<br />

Wissenschaftliches Sekretariat, Geschäftsstelle<br />

Qualitätslabel, Krebsliga Schweiz, Tel. 031<br />

389 92 83, E-Mail: q-label[at]krebsliga.ch<br />

Briefe<br />

Briefe sind grundsätzlich willkommen und<br />

können veröffentlicht werden, sofern sie<br />

sich inhaltlich und formal innerhalb der in<br />

unserem Kulturkreis üblichen Anstandsgrenzen<br />

bewegen, keine für die Redaktion<br />

erkennbaren Fehlinformationen enthalten<br />

und eine Länge von 2500 Zeichen nicht<br />

überschreiten. Die Redaktion be hält sich<br />

das Recht vor, Auswahl, Kürzungen und<br />

Bearbeitungen vorzunehmen. Seitens der<br />

Redaktion besteht keine Verpflichtung zur<br />

Publikation. Über Briefe wird in der Regel<br />

keine Korrespondenz geführt; insbesondere<br />

muss eine Nichtveröffentlichung<br />

nicht beg ründet werden. Von diesen<br />

Grundsätzen kann ab gewichen werden,<br />

wenn dies der Redaktion angezeigt erscheint.<br />

Das vollständige Manuskript ist an die folgende<br />

Adresse der Redaktion einzureichen,<br />

wenn möglich per E-Mail: Redaktion<br />

Schweize rische Ärztezeitung, EMH <strong>Schweizerische</strong>r<br />

Ärzteverlag AG, Farnsburgerstr. 8,<br />

4132 Muttenz, Tel. 061 467 85 72, Fax 061<br />

467 85 56, E-Mail: redaktion.saez[at]emh.ch.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 499


<strong>FMH</strong> SERVICES<br />

Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation<br />

Redaktionelle Verantwortung: <strong>FMH</strong> SERVICES<br />

Elargissement du réseau de nos sociétés<br />

fiduciaires partenaires dans le canton de Genève<br />

<strong>FMH</strong> Consulting <strong>Services</strong> présente dès le 1 er novembre<br />

2011 un nouveau partenaire en matière de fiduciaire<br />

à Genève.<br />

BonneFouS FiduCiaire ServiCeS Sa est une<br />

filiale de Bonnefous & Cie Sa, fiduciaire familiale<br />

créé en 1934, dans le quartier de Saint-Gervais au<br />

cœur de la ville de Genève.<br />

Trois générations d’experts-comptables et avocats<br />

ont développé des compétences dans les secteurs traditionnels<br />

de la comptabilité, l’audit et la fiscalité,<br />

ainsi que dans des domaines plus spécifiques tels que<br />

le conseil juridique, la gestion d’entreprises, de patrimoine<br />

et d’événements sportifs.<br />

L’expérience accumulée au sein de cette fiduciaire<br />

par le fondateur et les collaborateurs, ainsi que<br />

l’appartenance à un réseau d’auditeurs, fiscalistes et<br />

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le monde entier, leur permettent de vous offrir des<br />

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de votre entreprise que les questions touchant<br />

à votre patrimoine privé.<br />

BonneFouS FiduCiaire ServiCeS Sa est active<br />

notamment dans les domaines fiduciaires suivants:<br />

– Gestion administrative<br />

– Comptabilité et gestion financière<br />

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– Fiscalité<br />

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– expertise comptable<br />

– droit<br />

BonnEFouS FIDuCIaIRE SERVICES Sa<br />

<strong>FMH</strong> Fiduciaire <strong>Services</strong><br />

24, rue du Cendrier<br />

1201 Genève<br />

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Philippe Bonnefous<br />

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501


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Eine empirische Untersuchung<br />

Risikoselektion in der Grundversicherung<br />

Christian Baumgartner,<br />

André Busato<br />

Korrespondenz:<br />

lic. oec. et cand. med.<br />

Christian Baumgartner<br />

Alte Lützelflühstrasse 26<br />

CH­3415 Hasle­Rüegsau<br />

ctba[at]student.unibe.ch<br />

Prof. Dr. André Busato<br />

Institut für Sozial­ und<br />

Präventivmedizin<br />

Finkenhubelweg 11<br />

CH­3012 Bern<br />

abusato[at]ispm.unibe.ch<br />

Einleitung<br />

Mit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes<br />

(KVG) wurde in der Grundversicherung<br />

das Prinzip der Kopfprämie verankert, wonach für<br />

alle erwachsenen Versicherten einer Krankenkasse<br />

dieselbe Prämie gilt (Verbot der Prämiendiskriminierung).<br />

Während die Einnahmen pro Versichertem<br />

demnach fixiert sind, treten hinsichtlich der<br />

Pro­Kopf­Kosten extreme Unterschiede auf. Dieser<br />

Umstand vermittelt den Versicherern starke finanzielle<br />

Anreize, gesunde Personen aktiv anzuwerben<br />

und kranken Personen den Beitritt zu erschweren.<br />

Dieses Verhalten wird als Risikoselektion [1] bezeichnet<br />

und wurde in der Tagespresse erst kürzlich<br />

wieder im Zusammenhang mit der Vergleichsplattform<br />

comparis.ch thematisiert [2]. Risikoselektion<br />

kann grundsätzlich zur Entstehung grosser, politisch<br />

unerwünschter Prämienunterschiede zwischen<br />

Gesunden und Kranken führen. Entsprechend<br />

stipulierte der Gesetzgeber im KVG einen<br />

Aufnahmezwang, der Krankenversicherer verpflichtet,<br />

Beitrittswillige vorbehaltlos in die Grundversicherung<br />

aufzunehmen [3]. Der Aufnahmezwang<br />

soll verhindern, dass Krankenversicherer infolge<br />

starker finanzieller Anreize den Beitritt kranker Personen<br />

behindern. Inwieweit Krankenversicherer<br />

den erwähnten Aufnahmezwang respektieren, wird<br />

von staatlicher Seite nicht speziell überwacht. Allerdings<br />

würde selbst eine strikte, finanziell aufwendige<br />

Durchsetzung des Aufnahmezwanges Versicherer<br />

nicht daran hindern, weiterhin Prämiengelder<br />

für die Anwerbung Gesunder auszugeben.<br />

Es erscheint daher zielführender, die erwähnten,<br />

im Kopfprämiensystem prinzipiell immanenten<br />

Risikoselektionsanreize zu neutralisieren, bzw. Risiko<br />

selektionsgewinne zu eliminieren. Ein erster diesbezüglicher<br />

Versuch ist der sogenannte Risikoausgleich.<br />

Es handelt sich um einen Umverteilungsmechanismus,<br />

in dessen Rahmen Krankenkassen<br />

mit jungen, durchschnittlich günstigen Versicherten<br />

(gute Risiken) Ausgleichszahlungen an Krankenkassen<br />

mit alten, im Durchschnitt teureren Versicherten<br />

(schlechte Risiken) leisten. Neben dem<br />

Alter werden auch Geschlecht und Wohnort der<br />

Versicherten für die Berechnung der Transferzahlungen<br />

berücksichtigt.<br />

Unter Gesundheitsökonomen ist derweil unbestritten,<br />

dass dieser Risikoausgleich die Effekte der<br />

obgenannten Anreize nur unzureichend reduziert<br />

[4]: So benötigt z. B. ein vermeintlich «günstiger»<br />

Zusammenfassung<br />

Die als «Jagd nach guten Risiken» bezeichnete Risikoselektion<br />

wird in der Tagespresse derzeit wieder<br />

häufiger thematisiert. Zur aktuellen Popularität des<br />

Themas dürfte ein bekannter Internet-Vergleichsdienst<br />

beigetragen haben, der Presseangaben zufolge<br />

unlängst die Weiterleitung bestimmter Offertenanfragen<br />

an einige (hierfür zahlende) Versicherer<br />

verhinderte. Dieses Gebaren ist Ausdruck des<br />

Anreizes, in Versicherungssystemen mit Einheitsprämien<br />

jeweils Gesunde anzuwerben und Kranke<br />

abzuweisen. Während zur Theorie der Risikoselektion<br />

in der Krankenversicherung etliche Publikationen<br />

existieren, standen bislang keine statistisch verwertbaren<br />

Daten zu Art und Ausmass allfälliger Risikoselektion<br />

in der Schweiz zur Verfügung. Ziel der<br />

hier vorgestellten Arbeit war es daher, entsprechende<br />

Daten zu erheben und auszuwerten. Im Mittelpunkt<br />

des Interesses standen dabei einerseits das<br />

Versichererverhalten gegenüber unterschiedlichen<br />

Versichertenpopulationen, (z. B. Antwortzeiten gegenüber<br />

guten versus schlechten Risiken) andererseits<br />

auch die Frage nach Verhaltensunterschieden<br />

zwischen Versicherergruppen (Antwortquoten von<br />

Multikassenkonzernen versus unabhängigen Krankenkassen).<br />

Die Auswertung realer Offertenanfragen<br />

und zugehöriger Antworten zeigt etliche statistisch<br />

signifikante Unterschiede sowohl zwischen guten<br />

und schlechten Risiken als auch zwischen<br />

Versicherergruppen. Es empfiehlt sich, diesen Umstand<br />

bei einer allfälligen Umsetzung der umstrittenen<br />

Managed-Care-Vorlage zu berücksichtigen.<br />

25­Jähriger aufgrund einer HIV­Infektion eine teure<br />

Dauermedikation. Trotzdem muss seine Krankenkasse<br />

Beiträge in den Risikoausgleich einzahlen, da<br />

25­Jährige im Durchschnitt relativ gesund sind. Umgekehrt<br />

erhält ein Versicherer beispielsweise für eine<br />

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510


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

75­jährige Versicherte auch dann Beiträge aus dem<br />

Risikoausgleich, wenn die Frau gesund ist. (Daran<br />

wird auch der per 1. 1. 2012 geplante Einbezug von<br />

Vorjahresspitalaufenthalten wenig ändern, da ein<br />

HIV­Patient bei regelmässiger Medikamenteneinnahme<br />

kaum hospitalisiert werden muss.) So erklären<br />

die bislang im Risikoausgleich berücksichtigten<br />

Faktoren lediglich 20 % der unterschiedlichen individuellen<br />

Gesundheitskosten [5]. Ein effektiver Risikoausgleich<br />

muss daher den individuellen Gesundheitszustand<br />

der Versicherten miteinbeziehen (z. B.<br />

via Medikamentengruppen). Dies ist auch im Hinblick<br />

auf die kürzlich vom Parlament beschlossene<br />

Managed­Care­Vorlage essentiell: Ohne wirksamen<br />

Risikoausgleich lohnt es sich für Krankenversicherer<br />

bei der Wahl ihrer Managed­Care­Partner, primär<br />

Leistungserbringer mit gesundem Patientenstamm<br />

zu berücksichtigen. Dies zwingt wiederum die Leistungserbringer,<br />

Einfluss auf die Zusammensetzung<br />

ihres Patientenstammes zu nehmen bzw. selber Risikoselektion<br />

zu betreiben [6].<br />

Zurzeit fehlen öffentlich zugängliche Daten zu<br />

Ausmass und Art der Risikoselektion. Diesbezügliche<br />

Aussagen haben bislang meist spekulativen Charakter.<br />

Das Ziel dieser Studie ist es, anhand realer Offerten<br />

statistisch belegbare Erkenntnisse zur Risikoselektion<br />

in der obligatorischen Grundversicherung<br />

zu gewinnen. Im Mittelpunkt des Interesses stehen<br />

dabei Unterschiede im Antwortverhalten der Versicherer<br />

gegenüber unterschiedlichen Interessenten.<br />

Methode<br />

Als private Unternehmen stellen Krankenversicherer<br />

aus Sicht Dritter eigentliche Black boxes dar, deren<br />

interne Abläufe nicht direkt beobachtbar sind.<br />

Ersatzhalber lässt sich die Reaktion der Black box auf<br />

standardisierte Anfragen aufzeichnen. Entsprechend<br />

wurden alle 47 im Kanton Bern tätigen Krankenversicherer<br />

im Oktober und November 2010<br />

mit Offertenanfragen von je 5 «guten Risiken» und<br />

5 «schlechten Risken» beschickt. In den Anfragen<br />

wurden ausschliesslich Standard­Grundversicherungen<br />

verlangt. Telemedizin­ oder Hausarztmodelle<br />

wurden explizit ausgeschlossen. Eingehende<br />

Offerten wurden in Bezug auf folgende (später<br />

erläuterte) Kriterien untersucht:<br />

– Antwortquoten;<br />

– Interne Weiterleitungen innerhalb von Konzernen<br />

mit multiplen Tochterkassen (sog. Multikassenkonzerne);<br />

– Antwortzeiten;<br />

– Offerten für Telemedizin­, Hausarzt­ oder HMO­<br />

Modelle;<br />

– Offerte von Zusatzversicherungen und Beilage<br />

von Gesundheitsfragebogen;<br />

– Vergleich erwarteter und offerierter Prämie<br />

Als gute Risiken wurden 5 Männer im Alter zwischen<br />

23 und 26 Jahren mit Franchisen zwischen<br />

1500 und 2000 Franken für die Studie rekrutiert. Als<br />

schlechte Risiken wurden 4 Frauen und 1 Mann im<br />

Alter zwischen 72 und 92 Jahren mit Minimalfranchise<br />

von 300 Franken eingeschlossen. Die gewünschte<br />

Franchisenhöhe dient dabei als Risikosignal.<br />

Der Versand wurde so gestaffelt, dass pro<br />

Woche und Versicherer höchstens zwei Offertenanfragen<br />

eintrafen, da ein gleichzeitiges Eintreffen<br />

vieler inhaltlich ähnlicher Anfragen möglicherweise<br />

aufgefallen wäre. Um die Entdeckungswahrscheinlichkeit<br />

weiter zu reduzieren, wurde das Erscheinungsbild<br />

der Briefe und Umschläge für jeden<br />

Probanden individuell gestaltet. Der Versand wurde<br />

zeitlich so koordiniert, dass Offertenanfragen aus<br />

beiden Risikogruppen jeweils am gleichen Tag verschickt<br />

wurden, was einen Vergleich der durchschnittlichen<br />

Antwortzeiten der beiden Risikogruppen<br />

ermöglicht. Die statistische Analyse unterschiedlicher<br />

Häufigkeiten erfolgt mit dem Fisher­<br />

Test. Unterschiedliche Mittelwerte (Antwortzeiten)<br />

werden mit Hilfe von T­Tests untersucht.<br />

Resultate<br />

Die Ergebnisse der Befragung sind in Tabelle 1 zusammengefasst.<br />

Als signifikant gelten P­Werte von<br />

≤0,05, sie sind mit einem Sternchen * gekennzeichnet.<br />

Zu den Punkten 1 bis 3: Die Antwortquote entspricht<br />

dem Verhältnis der Anzahl erhaltener Offerten<br />

zur Anzahl verschickter Offertanfragen.<br />

Zu Punkt 4: Als interne Weiterleitungen gelten<br />

Fälle, in denen Offertanfragen innerhalb von Multikassenkonzernen<br />

zwischen verschiedenen Versicherern<br />

weitergegeben werden. Als interne Weiterleitung<br />

werden alle Offerten gewertet, die nicht vom<br />

angefragten Versicherer, sondern von einem anderen<br />

Mitglied desselben Konzerns stammen.<br />

Zu Punkt 5: Als Antwortzeit ist die Anzahl Tage<br />

zwischen Versanddatum der Offertanfrage und dem<br />

Offerten­Poststempel definiert.<br />

Zu Punkt 6: Anzahl der Fälle, in denen statt­ bzw.<br />

neben der Grundversicherung unverlangte Zusatzversicherungen<br />

offeriert­ und Gesundheitsfragebogen<br />

beigelegt wurden.<br />

Zu Punkt 7: Vergleich der effektiv offerierten Prämie<br />

mit der auf Basis eines finanziell unabhängigen<br />

Prämienrechners ermittelten «erwarteten» Prämie.<br />

Abweichungen ergeben sich u. a. dann, wenn Versicherer<br />

trotz anderslautender schriftlicher Weisung<br />

Zusatzversicherungen, Hausarzt­, HMO­ oder Telemedizinmodelle<br />

offerieren. Weiter treten Abweichungen<br />

auf, wenn Offertanfragen innerhalb von<br />

Multikassenkonzernen weitergeleitet und von einer<br />

anderen als der angefragten Krankenkasse<br />

beantwortet werden.<br />

Zu Punkt 8: Vergleich der Gesamtantwortquoten<br />

von Multikassenmitgliedern und eigenständigen<br />

Krankenkassen. Die Gesamtantwortquote ist definiert<br />

als Anzahl aller (z. H. guter und schlechter Risiken)<br />

erstellten Offerten im Verhältnis zum Total aller<br />

erhaltenen Anfragen.<br />

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Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Tabelle 1<br />

Ergebnisse der Studie nach 9 verschiedenen Kriterien.<br />

1. Antwortquote gute vs. schlechte Risiken: alle Versicherer<br />

Gute Risiken Schlechte Risiken P-Wert<br />

Anzahl Offertanfragen 224 218<br />

Anzahl Antworten 183 172<br />

Anzahl unbeantworteter Anfragen 41 46<br />

Antwortquote in Prozent 81,7 78,9 0,4751<br />

2. Antwortquote gute vs. schlechte Risiken: alle Multikassenkonzerne<br />

Anzahl Offertanfragen 102 93<br />

Anzahl Antworten 68 55<br />

Anzahl unbeantworteter Anfragen 34 38<br />

Antwortquote in Prozent 66,67 59,14 0,3008<br />

3. Antwortquote gute vs. schlechte Risiken:<br />

grösste vier Multikassenkonzerne<br />

Anzahl Offertanfragen 82 75<br />

Anzahl Antworten 52 39<br />

Anzahl unbeantworteter Anfragen 30 36<br />

Antwortquote in Prozent 63,4 52 0,1953<br />

4. Offertenweiterleitung innerhalb von Multikassenkonzernen<br />

Anzahl Offertanfragen an Multikassenkonzerne 102 93<br />

Anzahl interner Weiterleitungen 28 14<br />

Anteil interner Weiterleitungen in Prozent 24,45 15,05 0,0381*<br />

5. Antwortzeit: alle Versicherer<br />

Mediane Antwortzeit in Tagen 4 4<br />

Durchschnittliche Antwortzeit in Tagen 4,75 5,68 0,0001*<br />

6. Zusatzversicherungen und Fragebogen: alle Versicherer<br />

Anzahl Zusatzversicherungen mit Fragebogen 10 2<br />

Anzahl Antworten ohne Zusatzversicherung 173 169<br />

Zusatzversicherungen mit Fragebogen in Prozent 5,46 1,17 0,0367*<br />

7. Differenz von erwarteter und offerierter Prämie: alle Versicherer<br />

Unterschreitung der erwarteten Prämie in CHF 18,75 11,05 0,0397*<br />

8. Gesamtantwortquoten: Multikassen- vs. eigenständige Versicherer Multikassen-Konglomerate Eigenständige Versicherer P-Wert<br />

Anzahl erhaltener Offertanfragen 195 247<br />

Anzahl erstellter Offerten 123 232<br />

Anzahl unbeantworteter Anfragen 72 15<br />

Anteil unbeantworteter Anfragen in Prozent 36,92 6,07 < 0,001*<br />

9. Grundversicherung vs. Hausarzt- / HMO- / Telemedizinmodelle Teuerste 15 Versicherer Übrige Versicherer<br />

Anzahl Offertanfragen 64 291<br />

Anzahl Grundversicherungsofferten 49 263<br />

Anteil Grundversicherungsofferten in Prozent 76,56 90,34<br />

Anzahl HA-/HMO-/Telemedizin-Offerten 9 14<br />

Anteil HA-/HMO-/Telemedizin-Offerten in Prozent 14,06 4,83<br />

Anzahl Mischofferten (Grundvers. UND HA/HMO/TEL) 6 14<br />

Anteil Mischofferten in Prozent 9,38 4,83 0,0079*<br />

Zu Punkt 9: Deutlich wird, wie oft die 15 teuersten<br />

Krankenversicherer trotz anderslautender Anweisung<br />

Sparmodelle (Hausarzt­, HMO­ oder Telemedizin­Modelle)<br />

offeriert haben. Gesondert aufgeführt<br />

sind sogenannte Mischofferten, in denen<br />

sowohl die verlangte Grundversicherung als auch<br />

ein Sparmodell enthalten war.<br />

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Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Diskussion<br />

Obwohl die Antwortquoten der schlechten Risiken<br />

anreizkonform niedriger ausfallen, ist der betreffende<br />

Unterschied statistisch nicht gesichert. Eine<br />

ausgedehnte Risikoselektion durch selektives Ignorieren<br />

schriftlicher Anfragen erscheint vor diesem<br />

Hintergrund unwahrscheinlich. Allerdings fällt auf,<br />

dass der erwähnte Trend zulasten der schlechten<br />

Risiken bei isolierter Betrachtung der Multikassenkonzerne<br />

(Punkt 2) bzw. grössten Multikassenkonzerne<br />

(Punkt 3) stärker zutage tritt. Offen bleibt weiter<br />

die Frage, ob sich im hypothetischen Falle<br />

telefonischer Anfragen (im Gegensatz zur schriftlichen,<br />

d. h. belegbaren Form) dasselbe Bild ergäbe.<br />

Betreffend die Gesamtantwortquoten (Punkt 3)<br />

fällt auf, dass wirtschaftlich eigenständige Versicherer<br />

lediglich 6%, Mitglieder von Multikassenkonzernen<br />

hingegen 36% aller Anfragen nicht beantworten.<br />

Sowohl die niedrigere Gesamtantwortquote als<br />

auch der Umstand, dass mehr als jede fünfte Anfrage<br />

an Mitglieder von Multikassenkonzernen intern weitergeleitet<br />

wird, stützen die These, dass die einzelnen<br />

Mitglieder nicht als wirtschaftlich eigenständige<br />

Akteure agieren. Die Daten weisen vielmehr darauf<br />

hin, dass die Mitglieder sowohl gemeinsames Personal<br />

als auch gemeinsame Infrastrukturen nutzen.<br />

Hinsichtlich der Antwortzeiten (Punkt 5) findet sich<br />

eine statistisch signifikante Differenz zulasten der<br />

schlechten Risiken. Dieser Unterschied wird dahingehend<br />

interpretiert, dass Anfragen guter Risiken<br />

unternehmensintern priorisiert, bzw. die Beantwortung<br />

von Anfragen schlechter Risiken verzögert<br />

wird. Hierbei erhöht die späte Reaktion des einzelnen<br />

Versicherers die Wahrscheinlichkeit, dass der<br />

unerwünschte Interessent sich zwischenzeitlich anderweitig<br />

versichert. Die Häufung der unverlangten<br />

Telemedizin­ und HMO­Offerten zuhanden guter<br />

Risiken (Punkt 9) deutet darauf hin, dass teure Krankenkassen<br />

versuchen, sich mit Hilfe nicht eindeutig<br />

bezeichneter Prämiensparmodelle als günstige Versicherer<br />

zu präsentieren. Multikassenkonzerne verfügen<br />

mit internen Weiterleitungen (zu günstigen<br />

Tochterkassen) über ein weiteres Instrument, sich<br />

gegenüber guten Risiken günstig zu positionieren<br />

(Punkt 4). Entsprechend zeigt sich, dass guten Risiken<br />

(im Vergleich zur erwarteten Prämie) trotz Zusatzversicherungen<br />

tiefere Prämien offeriert werden<br />

als schlechten Risiken (Punkt 7). Bei den erwähnten<br />

Zusatzversicherungen handelt es sich ausnahmslos<br />

um günstige Zusätze (meist unter 10 Franken pro<br />

Monat), mit Hilfe derer sich vor allem Versicherer<br />

aus dem preislichen Mittelfeld im Sinne einer Mehrwertstrategie<br />

zu differenzieren versuchen. So wurden<br />

in erster Linie günstige Auslanddeckungs­ bzw. Reiseversicherungszusätze<br />

eingeschlossen, von denen<br />

ausschliesslich mobile, d. h. durchschnittlich gesündere<br />

Individuen profitieren.<br />

Fazit<br />

Die erhobenen Daten fördern teilweise signifikante<br />

Unterschiede im Versichererverhalten gegenüber<br />

guten und schlechten Risiken zutage. Dies stützt die<br />

eingangs erwähnte These, wonach der aktuelle Risikoausgleich<br />

keine effektive Neutralisation der<br />

Risikoselektionsanreize erreicht. Hinsichtlich der<br />

Multikassenkonzerne lassen gemeinsames Personal,<br />

gemeinsame Infrastruktur und mutmasslich freier<br />

interner Dokumentenverkehr an der gesetzlich verlangten<br />

bzw. nach aussen behaupteten organisatorischen<br />

Eigenständigkeit ihrer Tochterkassen zweifeln.<br />

Es entsteht hier der Eindruck, dass es sich<br />

hierbei in vielen Fällen nicht um Multikassenkonzerne,<br />

sondern vielmehr um Multimarkenfirmen<br />

handelt, deren einzelne Marken mangels eigener,<br />

dezidierter Ressourcen (Personal, Räumlichkeiten,<br />

Kapital) keinesfalls eigenständig wirtschaftenden<br />

Firmen ent sprechen. Letzteres wäre jedoch nach<br />

Ansicht der Autoren zwingende Voraussetzung für<br />

die Rechtmäs sigkeit unterschiedlicher Prämien innerhalb<br />

eines Multikassenkonzerns. Es fragt sich somit,<br />

ob Multikassenstrategien nicht eine grundsätzliche<br />

Verletzung des Kopfprämiengebots darstellen.<br />

So bleibt zu hoffen, dass die (im Rahmen der Managed­Care­Vorlage)<br />

vorgesehene Risikoausgleichsreform<br />

in jedem Fall (d. h. auch bei Ablehnung der<br />

Gesamtvorlage) umgesetzt wird und die Ära von<br />

Risikoselek tionsanreizen und Multikassenkonzernen<br />

beendet. Sofern die Vorlage indes angenommen<br />

wird, sollte die darin vorgesehene Vertragsfreiheit<br />

im Managed­Care­Bereich keinesfalls vor der<br />

Risikoausgleichs reform in Kraft treten. Kassen hätten<br />

ansonsten möglicherweise starke Anreize, Vertragspartner<br />

nicht primär nach deren Effizienz, sondern<br />

nach der Morbidität ihres Patientenstammes<br />

auszuwählen. Zusammenfassend lässt sich sagen,<br />

dass es ohne Risikoausgleichsverfeinerung selbst<br />

marktfreundlichen Akteuren zunehmend schwerfallen<br />

wird, den aktuellen Kassenwettbewerb gegenüber<br />

der Idee einer Einheitskasse zu verteidigen.<br />

Literatur<br />

1 Breyer F et al. Gesundheitsökonomik, 5. überarb. Aufl.<br />

Berlin; 2005. S.273ff.<br />

2 Tagesanzeiger. Krankenkassen sortieren Risikokunden<br />

aus – und comparis hilft ihnen dabei. Ausgabe vom<br />

27.9.2011.<br />

3 Bundesgesetz über die Krankenversicherung KVG<br />

(1994) Art. 4 Abs. 2.<br />

4 Leu RE, Beck C. Risikostrukturausgleich in der Schweiz,<br />

Gutachten zuhanden der Technikerkrankenkasse<br />

Hamburg. Bern/Luzern; 2006.<br />

5 Spycher S, zit. in: Streit um den Topf der Umverteilung.<br />

Der Bund, Ausgabe vom 7.3.2006.<br />

6 Baumgartner C. Aufhebung des Vertragszwangs in<br />

der obligatorischen Krankenpflegeversicherung:<br />

Voraussetzungen und Umsetzungsvorschläge,<br />

Masterarbeit am Volkswirtschaftlichen Institut<br />

der Universität Bern; 2007.<br />

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Medical Education<br />

TRIBÜNE<br />

Ab Frühjahr 2013 sorgt die Fernuniversität Frauenfeld für 250 neue Studienplätze<br />

Medizinstudium über das Internet<br />

R. Ster, A. Pril<br />

Korrespondenz:<br />

Prof. Dr. med. Ruedi Ster<br />

Fachbereich Medizin der<br />

Fernuniversität Frauenfeld<br />

Schaffhauserstrasse 340a<br />

CH­3500 Frauenfeld<br />

ruedi.ster[at]gmx.ch<br />

Ab 1940 stieg die Zahl der berufstätigen Ärztinnen<br />

und Ärzte in der Schweiz exponentiell an. Immer<br />

mehr Medizinstudenten drängten in die überquellenden<br />

Hörsäle. Doch in den 1990er Jahren sorgte<br />

das Damoklesschwert einer medizinischen Überversorgung<br />

für einen Strategiewechsel: mit der Einführung<br />

des Numerus clausus bzw. Eliminationsprüfungen<br />

nach dem ersten Studienjahr, der Verdoppelung<br />

der Regelstudienzeit von drei auf sechs Jahre und<br />

Vorlesungen über medizinische Statistik wurde gezielte<br />

Abschreckungspropaganda gegen die Aufnahme<br />

des Medizinstudiums betrieben – und die<br />

Studentenzahlen in den Folgejahren drastisch<br />

gesenkt.<br />

Seit geraumer Zeit ist jedoch nicht mehr von einer<br />

Ärzteschwemme, sondern von einem bedrohlichen<br />

Ärztemangel die Rede. Während pro Jahr 600<br />

bis 800 junge Mediziner/innen ihre Ausbildung<br />

abschliessen, gehen mehr als 1000 ältere in<br />

Pension. Bereits heute sieht sich die<br />

Schweiz nicht mehr in der Lage, ihren Bedarf<br />

aus eigener Kraft zu decken. Fast die<br />

Hälfte der Ärztinnen und Ärzte in<br />

Schweizer Spitälern kommt aus dem Ausland,<br />

die Mehrzahl von ihnen aus<br />

Deutschland [1]. Verfügen Patienten und<br />

das Schweizer Personal jedoch nicht über<br />

ausreichende Kenntnisse des Schriftdeutschen,<br />

gibt es Kommunikationsschwierigkeiten<br />

– und die Bewältigung des Klinikalltags<br />

wird selbst in der Deutschschweiz zu einem<br />

Problem [2].<br />

Noch prekärer stellt sich die Situation bei<br />

den niedergelassenen Kollegen dar, insbesondere<br />

in den ländlichen Regionen: jeder<br />

zweite praktizierende Allgemeinmediziner<br />

ist über 55<br />

Jahre alt und wird in absehbarer<br />

Zeit seine Tätigkeit<br />

einstellen, während es die<br />

jüngeren Kolleginnen und<br />

Kollegen in die Grossstadt<br />

zieht. Die Autoren einer aktuellen<br />

Studie schätzen, dass es in 30<br />

Jahren nicht einmal mehr 400 niedergelassene Ärztinnen<br />

und Ärzte ausserhalb der Agglomerationen<br />

geben wird und dass bei einem geschätzten Frauenanteil<br />

von 93% die Praxen im Durchschnitt nur<br />

noch zwei Tage pro Woche geöffnet sein werden –<br />

sofern wirksame politische Gegenmassnahmen ausbleiben<br />

[3].<br />

Neben der gezielten Förderung der Hausarztmedizin<br />

drängt sich förmlich die Schaffung zusätzlicher<br />

Studienplätze auf. An den Universitäten stehen<br />

pro Jahr etwa 1050 Medizinstudienplätze zur Verfügung,<br />

zur langfristigen Deckung der medizinischen<br />

Versorgung der Schweizer Bevölkerung bräuchte es<br />

jedoch mindestens 1500. An mangelndem Interesse<br />

der Maturanden scheitert es dabei nicht; im vergangenen<br />

Jahr gab es mehr als 4000 Bewerber. Doch<br />

trotz diverser parlamentarischer Initiativen und<br />

Motionen in den letzten Jahren [4] hat sich bis vor<br />

kurzem wenig in Richtung der ärztlichen Nachwuchsförderung<br />

getan – Gründe dafür sind veranschlagte<br />

Kosten von mindestens 300 Millionen Franken,<br />

um die Studienplatzkapazitäten zu erhöhen, sowie<br />

die Kompetenzverflechtung zwischen Bund und<br />

Kantonen.<br />

Der aktuelle Lösungsvorschlag einer vom Bundesamt<br />

für Gesundheit und der <strong>Schweizerische</strong>n<br />

Universitätskonferenz geleiteten Arbeitsgruppe<br />

kommt nun einem Durchbruch<br />

gleich. Statt der Einrichtung<br />

zusätzlicher Studienplätze an den bestehenden<br />

medizinischen Fakultäten soll<br />

das Medizinstudium zukünftig auch<br />

ausschliesslich über das Internet absolviert<br />

werden können. Die Idee ist nicht<br />

neu, sondern greift auf die Erfahrungen<br />

mit der jüngsten Studienreform in<br />

Finnland zurück (sogenanntes «Finnisches<br />

Modell» [5]). Niemand zweifelt<br />

mehr ernsthaft daran, dass die erforderlichen<br />

Anpassungen des Universitätsförderungsgesetzes<br />

in Kürze die<br />

parlamentarische Hürde nehmen werden,<br />

denn die Kosten für die Einrichtung<br />

des virtuellen Studiums sind vergleichsweise<br />

niedrig. Um Spannungen<br />

zwischen den Universitätskantonen<br />

zu vermeiden, sollen<br />

die<br />

fünf medizinischen Fakultäten<br />

ge­ meinsam die Verantwortung<br />

für eine befriedigende Ausbildungsqualität<br />

tragen, Praktikumsplätze<br />

einrichten und die Examina abnehmen.<br />

Designier­<br />

ter Anbieter des Internet­basierten<br />

Studiums ist die traditionsreiche<br />

und renommierte Fernuni­<br />

versität Frauenfeld* [6].<br />

Wird<br />

die Gesetzesrevision wie<br />

geplant im Frühjahr verabschiedet,<br />

können bereits<br />

ab dem Sommersemester<br />

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Medical Education<br />

TRIBÜNE<br />

Literatur<br />

1 Kraft E, Hersperger M.<br />

Auch dank Frauen und<br />

Ausländern ist die ärztliche<br />

Versorgung in der Schweiz<br />

garantiert. Schweiz<br />

Ärztezeitung;<br />

2011;92(49):1899–901.<br />

2 Kleist P. «Lost in Translation».<br />

Babylonische<br />

Sprachverwirrung an<br />

Schweizer Spitälern.<br />

Schweiz Ärztezeitung.<br />

2010;91:143–6.<br />

3 <strong>Schweizerische</strong>s Institut für<br />

Demagogie. Die Entwicklung<br />

der Ärztedemographie<br />

zwischen 2010 und 2040.<br />

Zeitschrift für Medizinische<br />

Versorgungsforschung.<br />

2010;5:33A–39A.<br />

4 Motion 08.3608 von<br />

Jacqueline Fehr: «Strategie<br />

gegen Ärztemangel und<br />

Förderung der Hausarztmedizin»<br />

(Oktober 2008),<br />

Motion 10.3886 der<br />

Kommission für Wissenschaft,<br />

Bildung und Kultur<br />

NR: «Bundeskompetenz für<br />

Mindestzahl von<br />

Studienplätzen an<br />

medizinischen Fakultäten»<br />

(Oktober 2010) u.a. www.<br />

parlament.ch<br />

5 Hautamäki T, Pesonen J,<br />

Hämäläinen K. Koirat<br />

kutsuen kulkevat kunnon<br />

vieraat kutsumatta.<br />

Suomen Lääkärilehti.<br />

2008;15:291–8.<br />

6 www.fernuniversität­frauenfeld.ch<br />

7 Getestet an finnischen<br />

Studenten, haben sich<br />

«Killervirus» (Infektiologie),<br />

«SOS Emergency<br />

Room» (Notfallmedizin)<br />

und «Plagiator II – Fälschern<br />

auf der Spur»<br />

(Wissenschaftsethik) als<br />

didaktisch besonders<br />

wertvoll erwiesen.<br />

* Der «Studienleitfaden<br />

Medizin» der Fernuniversität<br />

Frauenfeld ist als<br />

Download unter www.<br />

fernuniversitaet­frauenfeld.ch/downloads/<br />

Studienleitfaden/<br />

Leitfaden_Medizin<br />

verfügbar.<br />

Moderne Technologie mit raffinierten medizinischen<br />

Apps macht das Studium von zu Hause aus möglich.<br />

Animierte anatomische Modelle und gefilmte chirurgische<br />

Eingriffe unterstützen das räumliche Vorstellungsvermögen.<br />

Hier zwei Studenten beim Auswerten von<br />

Röntgenbildern.<br />

2013 die ersten angehenden Ärztinnen und Ärzte<br />

mit dem Studium beginnen. Wegen begrenzter Serverkapazitäten<br />

muss die Studentenzahl zunächst auf<br />

250 beschränkt werden.<br />

Voraussichtlich werden den Internet­Studenten<br />

der Frauenfelder Fernuniversität zwei unterschiedliche<br />

Studiengänge angeboten, die gemäss dem Bolognasystem<br />

entweder nach sechs Jahren mit einem<br />

Master of Advanced Studies in Human Medicine<br />

oder nach drei Jahren mit einem Bachelor in Country<br />

Medicine abgeschlossen werden können. Sobald<br />

unbegrenzt Studienplätze zur Verfügung stehen,<br />

wird für das sechsjährige Studium der Numerus clausus<br />

abgeschafft; bis dahin gilt das Losverfahren, d. h.<br />

sobald es losgeht, entscheidet das Eingangsdatum<br />

der Bewerbung über die Studienplatzvergabe. Die<br />

ersten 50 Bewerber sollen zudem ein iPad mit besonderen<br />

Apps, zum Beispiel mit Computerspielen aus<br />

dem Medizinbereich zur Vorbereitung auf das Studium,<br />

erhalten [7]. Für das verkürzte Studium zum<br />

«Country Doctor» – hier wird an die bis 1995 geltende,<br />

dreijährige Regelstudienzeit für die Humanmedizin<br />

angeknüpft – wird zurzeit über die Erfüllung<br />

von zwei Zugangsbedingungen diskutiert: Erstens<br />

muss der Heimatort der Bewerber in einer<br />

Region liegen, in der Ärztemangel herrscht bzw. absehbar<br />

ist; zweitens müssen die Studienplatzaspiranten<br />

eidesstattlich versichern, sich nach Abschluss ihrer<br />

Aus­ und Weiterbildung dort einmal niederzulassen.<br />

Sollte sich das Konzept in dieser Form<br />

durchsetzen, gewährt die Migros­Genossenschaft<br />

Sondernutzungsrechte für ihr Motto «Aus der Region<br />

– Für die Region», um das Landarztstudium in<br />

der Schweiz bekannt zu machen.<br />

In Frauenfeld sind die Vorbereitungen bereits<br />

mit Hochdruck angelaufen. Sobald die gesetzlichen<br />

Grundlagen gegeben sind, wird die Fernuniversität<br />

an die Öffentlichkeit gehen und für die neuen Studiengänge<br />

werben. Dann heisst es: «Mit ein paar Mausklicks<br />

zum fertigen Arzt.» Schliesslich ermöglicht<br />

das Internet ganz neue Formen des Lernens: animierte<br />

anatomische Modelle und gefilmte chirurgische<br />

Eingriffe unterstützen das räumliche Vorstellungsvermögen;<br />

an virtuellen Patienten erfolgen die<br />

Anamneseerhebung und das Abhören von Herztönen;<br />

und anhand von Fotos sollen die Studenten lernen,<br />

Fusspilz von einer Schuppenflechte zu unterscheiden.<br />

Da die neuen Ausbildungsformen hohe<br />

EDV­technische Ansprüche an die Studierenden stellen,<br />

könnten sie zudem der Feminisierung in der Medizin<br />

entgegenwirken – auch wenn «Frauenfeld» etwas<br />

ganz anderes vermuten lässt.<br />

An der Fernuniversität ist man aber der Ansicht,<br />

dass die Ausbildung, insbesondere beim dreijährigen<br />

Bachelor­Studiengang, von unnötigem Ballast zu befreien<br />

ist. Die Studierenden sollen sich auf relevante<br />

Ausbildungsinhalte konzentrieren, die in der späteren<br />

ärztlichen Praxis auch zur Anwendung kommen.<br />

So wird es nicht als notwendig erachtet, Strukturformeln<br />

auswendig lernen zu lassen; bei Stoffwechselerkrankungen<br />

zum Beispiel genügt das Wissen, dass<br />

sie irgendetwas mit Chemie zu tun haben. Und zur<br />

Diagnose und Behandlung von Bagatellerkrankungen<br />

sollte das vorauszusetzende, durchschnittliche<br />

Allgemeinwissen ausreichen. Allerdings ist es im<br />

Hinblick auf die zukünftige Tätigkeit notwendig,<br />

den Blick auch über den Tellerrand hinaus zu richten.<br />

Für die Ausbildung in Country Medicine macht<br />

es beispielsweise durchaus Sinn, per Video dem Tierarzt­Kollegen<br />

bei der Geburt eines Kalbes über die<br />

Schulter zu schauen, um später eine umfassende medizinische<br />

Versorgung zu gewährleisten.<br />

M. Boessinger<br />

Nach dem Hausbesuch bei der Grossmutter wirft der<br />

Doktor noch einen Blick in den Stall. Das Internet-Studium<br />

zum Bachelor in Country Medicine bereitet zukünftige<br />

Ärzte besser auf diese Situation vor.<br />

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Spectrum<br />

TRIBÜNE<br />

Les informations sur<br />

la santé en neuf langues<br />

La Croix-Rouge suisse (CRS) rend ses<br />

informations sur la santé accessibles<br />

à un cercle encore plus large de migrants<br />

et de migrantes: le site migesplus.ch<br />

est désormais disponible en<br />

neuf langues, soit six de plus qu’auparavant!<br />

migesplus.ch est une plate-<br />

forme regroupant des brochures, des<br />

dépliants, des guides et d’autres supports<br />

en différentes langues sur des<br />

sujets liés à la santé. La traduction<br />

en six nouvelles langues de ce site va<br />

permettre de toucher un cercle<br />

élargi de migrant-e-s. Outre les trois<br />

langues officielles en Suisse, migesplus.ch<br />

est désormais disponible en<br />

albanais, en anglais, en bosniaque/<br />

croate/serbe, en espagnol, en portugais<br />

et en turc. Ainsi, les principales<br />

langues parlées par les migrant-e-s<br />

en Suisse sont désormais couvertes.<br />

(CRS)<br />

AEPS-Preis für betriebliche<br />

Gesundheitsförderung<br />

Drei Schweizer Unternehmen erhalten<br />

die Auszeichnung «Gesundheit<br />

im Unternehmen» der Schweizer<br />

Sektion der Europäischen Vereinigung<br />

für die Förderung der Gesundheit<br />

(AEPS). Gewinner sind die Genossenschaft<br />

Migros Luzern, die ein<br />

umfassendes Programm zu Stärkung<br />

des Rückens der Mitarbeitenden<br />

umsetzt, die Résidence Bellerive<br />

dank ihrer Massnahmen zur Burnout-Prävention<br />

sowie Implenia, die<br />

ihre Mitarbeitenden zum Thema<br />

A lkoholkonsum sensibilisiert. Der<br />

mit insgesamt 25 000 Franken dotierte<br />

Preis wird gemeinsam von<br />

G esundheitsförderung Schweiz und<br />

der Suva vergeben.<br />

(Gesundheitsförderung Schweiz)<br />

club minu: Hilfe für übergewichtige Kinder<br />

Übergewichtige Jugendliche haben es in unserer<br />

auf Schlanksein getrimmten Welt nicht leicht.<br />

Der club minu, das Therapieprogramm von Migros-Kulturprozent,<br />

bietet Unterstützung auf dem<br />

Weg zum Wohlfühlgewicht. Im club minu treffen<br />

sich 11- bis 18-Jährige und ihre E ltern oder Bezugspersonen<br />

während neun Monaten alle zwei<br />

Wochen in Zürich. Eltern und Kinder werden<br />

d afür sensibilisiert, die Bewegungs- und Ernährungsgewohnheiten<br />

zu verändern. Höhepunkt ist<br />

das 14-tägige Sommerlager, in dem die Jugendlichen<br />

gemeinsam einkaufen, kochen und sich täglich<br />

bewegen; sei es beim Walken, im Schwimmbad<br />

oder auf dem Velo. Das The rapieprogramm<br />

übernimmt in der Regel die Grundversicherung<br />

der Krankenkasse. Interessenten sind gebeten,<br />

sich rasch anzumelden: www.minuweb.ch<br />

(Migros-Kulturprozent)<br />

Inselspital lanciert «Präventionspass» für Frauen<br />

Ein Dokument, das den Überblick über sämtliche<br />

Vorsorge-Untersuchungen für Frauen ab 40 bietet:<br />

der Präventionspass.<br />

Sie müssen draussen bleiben: Im Sommerlager des<br />

club minu lernen übergewichtige Kinder, ihre<br />

Ernährungsgewohnheiten umzustellen.<br />

Vorsorge-Untersuchungen gibt es viele, besonders<br />

bei Frauen über 40. Erfolgt ein Teil der Untersuchungen<br />

beim Hausarzt, ein anderer Teil aber im<br />

Spital, so geht schnell der Überblick verloren. Die<br />

Frauenklinik des Inselspitals Bern hat daher den<br />

«Präventionspass» eingeführt. PD Dr. Petra Stute<br />

vom Menopausezentrum sah dringenden Handlungsbedarf:<br />

«Bei den Konsultationen wird viel<br />

Zeit für das Zusammentragen der Vorsorgetermine<br />

und -ergebnisse verwendet. Um diese Zeit besser<br />

für das eigentliche Beratungsgespräch zu nutzen,<br />

hatte ich die Idee, ein Dokument zu entwerfen, in<br />

dem Frauen und Ärzte alle Untersuchungen und<br />

Ergebnisse auf einen Blick sehen können.»<br />

(Inselspital)<br />

Eurokey – la clé pour plus d’autonomie et d’indépendance<br />

Il existe aujourd’hui en Suisse plus de 1200 bâtiments<br />

et installations publiques sans obstacles.<br />

Chaque année, environ 120 nouveaux objets s’y<br />

ajoutent. Ces installations (toilettes, ascenseurs,<br />

monte-escaliers, etc.) sont protégées par le système<br />

eurokey et accessibles gratuitement aux détenteurs<br />

d’une clé de ce type. La nouvelle application<br />

GPS-Tracks pour smartphones permet de localiser<br />

les emplacements eurokey lorsqu’on est en<br />

déplacement. En 2000, pro infirmis a repris la direction<br />

et la coordination de cette prestation destinée<br />

aux personnes handicapées et, depuis, le<br />

nombre d’installations n’a cessé d’augmenter. Sur<br />

le site www.eurokey.ch, on trouve le répertoire des<br />

installations (à consulter ou à télécharger), le formulaire<br />

de commande de la clé et la liste des services<br />

de distribution agréés.<br />

(pro infirmis)<br />

Avec une clé eurokey, les installations publiques<br />

sans obstacles sont accessibles gratuitement aux<br />

handicapés. Avec une nouvelle application pour<br />

smartphones on peut les trouver facilement.<br />

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Begegnung mit …<br />

Horizonte<br />

… Jonathan Spycher, Chefarzt orthopädie am Spital interlaken<br />

«Ja, ich bin ein Knochenschlosser»<br />

Daniel Lüthi<br />

Text und Bilder<br />

danielluethi[at]gmx.ch<br />

«Alpines Notfallzentrum»: So heisst dieses Spital,<br />

und der Name ist Programm. Interlaken ist vom<br />

beschaulichen Ort für betagte Wanderer zum pulsierenden<br />

Zentrum für junge Adrenalin-Junkies<br />

geworden, die hiesige Medizin hat sich den modernen<br />

Freizeitaktivitäten angepasst.<br />

Speed-Sport und die Folgen<br />

Canyoning, Bungee- oder Basejumping, Gleitschirmfliegen<br />

und Extremklettern sind Kicks im<br />

Sommer, jetzt im Winter wird geboardet oder gecarvt,<br />

was das Zeug hält – oder eben nicht hält. Je<br />

schöner das Wochenende für die Touristen aus nah<br />

und fern, je mehr Arbeit für Jonathan Spycher und<br />

seine Crew. «Wir behandeln über 10 000 Notfälle<br />

pro Jahr, in Spitzenzeiten 40 pro Tag, das sind bis<br />

zu 15 Operationen täglich für das gleiche Team.»<br />

Lange Arbeitstage sind das. «80 Wochenstunden<br />

sind gerade in Spitzenzeiten wie jetzt normal.»<br />

Manchmal landen zwei Helikopter gleichzeitig,<br />

zum Teil auch mit Schwerverletzten. «Schwere<br />

Monotraumata sind bei uns häufig. Ein Knie, eine<br />

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Begegnung mit …<br />

Horizonte<br />

Schulter, ein Sprunggelenk – sie sind oft so richtig<br />

kaputt, wenn sie zu uns kommen, ‹Speed-Sport› bedeutet<br />

eben vielfach ‹Hochenergie-Unfall›. Für uns<br />

heisst das: Vieles ist akut, also unplanbar, und das<br />

Resultat ist abhängig von qualitativ hochstehenden<br />

Leistungen.» Mit anderen Worten: Je komplizierter<br />

und komplexer ein Fall, umso herausfordernder und<br />

reizvoller ist er für den Orthopäden.<br />

Jonathan Spycher erinnert sich an einen 28-jährigen<br />

Motorradfahrer: «Eine drittgradig offene Knie-<br />

Luxation und am gleichen Bein eine zweitgradig<br />

offene Unterschenkelfraktur, dazu später ein Infekt –<br />

das bedeutete für uns eine siebenstündige Nachtschicht.<br />

Nach gut einem Jahr sah ich den Mann<br />

wieder. Alles funktionierte super; so etwas macht<br />

extrem Freude.» Seine Arbeit bezeichnet Spycher als<br />

«unglaubliches Privileg» und «grosse Leidenschaft».<br />

«Ich sehe ein Problem und löse es zuerst im Kopf.<br />

Das ist die intellektuelle Herausforderung. Am Tisch<br />

im Operationssaal werden Kopf und Hand dann zu<br />

einer Einheit.»<br />

«80 Wochenstunden sind gerade in<br />

Spitzenzeiten wie jetzt normal.»<br />

Aller Sorgfalt zum Trotz: Fehler können immer<br />

passieren. Spycher steht ohne jegliches Zögern dazu,<br />

dass auch bei ihm nicht immer alles rund läuft.<br />

Rund 500 Hüftprothesen hat er in den vergangenen<br />

5 Jahren eingesetzt, eine davon sprang kurz nach der<br />

Operation aus der Pfanne. «Für mich war das eine<br />

Riesen-Niederlage. Der Hüftschaft war um 20 Grad<br />

verdreht, und ich weiss noch heute nicht, wie das<br />

passieren konnte. Ich habe mich bei der Patientin<br />

sofort entschuldigt, und wir operierten ein zweites<br />

Mal – diesmal ging es problemlos.»<br />

Der Schlosser<br />

Die Faszination für das Technische kommt bei<br />

Spycher nicht von ungefähr. Denn dieser Arzt ist<br />

gelernter Handwerker. Nach der obligatorischen<br />

Schulzeit absolvierte er bei der Von Roll AG in Bern<br />

eine Lehre als Konstruktionsschlosser. Da ging es<br />

um groben Stahlbau: Rohre für Wasserwerke, Krane,<br />

Seilbahnen, Schienen und Weichen. Spycher lernte<br />

schweissen und schmieden, ausbrennen, abkanten<br />

und abwinkeln. «Es war eine schwere und rauhe<br />

Arbeit. Jahrelang studierte ich an meiner Zukunft<br />

herum. Als ich 22-jährig war, setzte ich mich an<br />

einem Samstagmorgen hin und plante mein Leben.<br />

Ich wollte nicht mehr mit Stahl, sondern mit Menschen<br />

arbeiten.» Auf dem zweiten Bildungsweg<br />

machte Spycher die eidgenössische Matura. Dann<br />

studierte er Medizin, wechselte von der toten zur<br />

l ebendigen Materie, wurde vom Konstruktions-<br />

Jonathan Spycher<br />

Dr. med. Jonathan Spycher wurde 1967 im<br />

k leinen Busch-Dorf obura in Papua-neuguinea<br />

geboren. Seine eltern waren dort evangelische<br />

Missionare. Als er 15 war, kam er mit seinem<br />

Bruder zurück in die Schweiz. in Bern besuchte<br />

er die 9. Klasse, dann absolvierte er bei der<br />

Von roll AG – unter anderem im Seilbahn-,<br />

M aschinen- und Schienenbau – eine Lehre als<br />

Konstruktionsschlosser. eine Weltreise führte<br />

ihn dann u. a. nach Australien, wo er das<br />

P rivatpilotenbrevet machte. zurück in der<br />

Schweiz, arbeitete er in Hindelbank in einer<br />

Firma, die Gasverbrennungsanlagen herstellte.<br />

Auf dem zweiten Bildungsweg machte Spycher<br />

die eidgenössische Matura, 1992 bis 1998 studierte<br />

er in zürich Medizin. Seine Weiterbildungsjahre<br />

führten ihn durch die ganze<br />

Schweiz. Wichtige Stationen waren das tiefenauspital<br />

Bern, das Kantonsspital Freiburg und<br />

das Universitätsspital Genf. 2005 legte er die<br />

Facharztprüfung orthopädie und traumatologie<br />

des Bewegungsapparates ab. Seit 2007 ist<br />

er in diesen Disziplinen Chefarzt im Spital interlaken.<br />

zusammen mit seinen zwei Kindern<br />

(8- und 2-jährig) und seiner Frau lebt er in<br />

U nterseen bei interlaken – ganz in der nähe<br />

des Spitals, in dem er arbeitet.<br />

zum Knochenschlosser. Laien brauchen den Begriff<br />

wie selbstverständlich. Ist er für den Spezialisten<br />

eine Beleidigung? «Nein, ganz im Gegenteil, eher<br />

eine Ehre! Ja, ich bin ein Knochenschlosser.»<br />

Der Manager<br />

Aber Spycher ist auch Chefarzt. Und hat damit<br />

noch ganz andere Aufgaben, Personalmanagement<br />

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Begegnung mit …<br />

Horizonte<br />

zum Beispiel. «Ich pflege einen partizipativen Führungsstil<br />

mit flachen Hierarchien, lasse viele mitreden<br />

und höre ihnen zu. Ich glaube, dass ich gutmütig<br />

bin, manchmal vielleicht zu gutmütig. Nur<br />

etwas ärgert mich: der Kostendruck im Gesundheitswesen<br />

und der Machtkampf in den Spitälern<br />

zwischen Verwaltung, Direktion und Ärzteschaft.<br />

Wer die Hauptleistung erbringt, hat am wenigsten<br />

zu sagen. Diese Diskrepanz macht mich grantig.»<br />

Dazu kommt der Druck der Patienten mit ihren Erwartungen.<br />

Und, last but not least, die Familie mit<br />

ihren legitimen Ansprüchen, die allzu oft zu kurz<br />

kommen. Kurz: «Wir Spitalärzte sind wie in einem<br />

Schraubstock.»<br />

Nach all den Stunden am Operationstisch warten<br />

auf dem Tisch im Büro die Papierstapel. Jonathan<br />

Spycher macht keinen Hehl daraus: Dieser Teil<br />

seiner Arbeit gefällt ihm am wenigsten, bringt ihn<br />

manchmal sogar ins Zweifeln. «Es gibt viele Widerwärtigkeiten,<br />

die mit meinem klinischen Hintergrund<br />

nichts zu tun haben. Es weht ein starker Gegenwind.<br />

Die Empathie und die eigentliche ärztliche<br />

Kunst des Heilens drohen verloren zu gehen. Aber<br />

ich will nicht einfach ein Zahnrad in einem Getriebe<br />

sein. Sollte der Druck einmal grösser werden als die<br />

Freude – ja dann müsste ich mir halt etwas Neues<br />

überlegen.»<br />

Fast wehmütig schweift der Blick jetzt nach<br />

draus sen, wo es leise schneit. Und dann auf den<br />

Computerbildschirm, wo ein kleines, exotisches<br />

«Wer die Hauptleistung erbringt, hat am wenigsten<br />

zu sagen. Diese Diskrepanz macht mich grantig.»<br />

Dorf in einer grünen Landschaft zu sehen ist. Dort,<br />

im östlichen Hochland von Papua-Neuguinea, ist<br />

dieser Mann aufgewachsen, hat er die ersten rund<br />

15 Jahre seines Lebens verbracht. Es gab dort eine<br />

Sanitätsstation, geleitet von einer deutschen Krankenschwester.<br />

«Die war super», erinnert sich Spycher,<br />

«sie machte alles, von der Wundversorgung bis<br />

zur Geburtshilfe.» Brandwunden, Arbeitsunfälle und<br />

Verletzungen aus Stammeskriegen waren häufig. Ein<br />

archaischer Ort. Welcher Kontrast zur hiesigen Welt!<br />

«Dort hatten wir nichts – aber konnten alles<br />

machen. Und hier hat man so unglaublich viel, ist<br />

aber gleichzeitig unglaublich eingeschränkt.»<br />

Die Sehnsucht<br />

Pidgin spricht Spycher noch, die Stammessprache<br />

Tairora hat er vergessen. Geblieben ist ihm vor<br />

allem die Sehnsucht. Der Traum, einmal Arzt in<br />

Afrika zu sein. Es ist der Traum vom einfachen<br />

Leben und der einfachen Medizin. Geträumt in<br />

e iner Hightech-Welt, wo junge Menschen von<br />

Felsen springen, um das Leben zu spüren.<br />

Ben kommt ihm in den Sinn, ein junger Base-<br />

Jumper, den er mal zusammengeflickt hat. Später<br />

fand ihn Spycher im Internet, auf der sogenannten<br />

«Fatality-List». «Dort stehen die Namen von denen,<br />

die in den Tod sprangen. Ben war auch darunter. Das<br />

beschäftigt mich schon. Aber ich akzeptiere den<br />

Lauf der Natur.»<br />

Die Adrenalin-Junkies verurteilt Spycher nicht.<br />

Denn im Herzen ist er selber ein Abenteurer. Gross<br />

geworden in einer Gegend, wo sich Häuptlinge mit<br />

Äxten und Pfeilen bekämpften und es einst sogar<br />

Menschenfresser gab. «Als Kind wollte ich Kriegsoder<br />

Katastrophenchirurg werden.» Als Jugendlicher<br />

wollte er auswandern. In Australien machte er das<br />

Privatpilotenbrevet und kam dann, als das Geld ausging,<br />

via China und Russland zurück in die Schweiz.<br />

Im Militär war er bei den Grenadieren. Und auch in<br />

der Freizeit sucht er manchmal die Action, in einer<br />

Felswand zum Beispiel. Interlaken ist für ihn auch<br />

deshalb ein guter Ort, «nur habe ich fast keine Zeit<br />

mehr für Freizeitaktivitäten». Das ist ein roter Faden<br />

im Leben dieses Orthopäden – und etwas auch, was<br />

ihn mit vielen seiner Patienten verbindet: «Ich war<br />

immer risikofreudig, unsichere Situationen faszinieren<br />

mich seit jeher.»<br />

Wobei «unsicher» keineswegs «unruhig» bedeutet.<br />

Im Gegenteil. «Je hektischer es hier wird, desto<br />

ruhiger und fokussierter werde ich. In aller Seelenruhe<br />

geht es besser und meistens auch am schnellsten.»<br />

Die nächste «Begegnung mit …»<br />

Am ende jeden Monats stellt die <strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung eine Persönlichkeit vor, die sich im<br />

Gesundheitswesen engagiert. im April schildert Daniel Lüthi seine Begegnung mit Andreas oesch, Gefäss-Chirurg,<br />

Krampfadern- bzw. Venenspezialist, Berner Chansonnier.<br />

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<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13 519


zu guter letzt<br />

Die Wahrheit an der Wand*<br />

Rouven Porz<br />

Kürzlich habe ich an einer Konferenz teilgenommen.<br />

Siebzehn Power-Point-Präsentationen in fünf<br />

Stunden. Zwischen Stunde vier und fünf begann<br />

mein Nacken zu schmerzen. Ich sass eingekesselt<br />

zwischen 150 Teilnehmern ziemlich weit unten in<br />

einem Hörsaal und musste immer ziemlich weit<br />

hochschauen, um die Präsentationen vorne an der<br />

Wand über den Vortragenden sehen zu können.<br />

Auch die Redner vorn schauten nicht das Publikum<br />

an, sondern drehten sich immer so halb um, weg<br />

vom Publikum, hin zur Wand, um die über ihren<br />

Köpfen thronende Power-Point-Präsentation jeweils<br />

kommentieren zu können. Etwas erschlagen verliess<br />

ich nach den fünf Stunden den Hörsaal, mittlerweile<br />

war der Projektor ausgeschaltet, und die grosse,<br />

weisse Wand vorne wirkte auf einmal ganz friedlich.<br />

Keine Methodik-Slides mehr, keine bahnbrechenden<br />

Resultate, keine Grafiken und Illustrationen, keine<br />

Evidenzen mehr, nur noch einfache, weisse Fläche.<br />

Etwas benebelt von den siebzehn Präsentationen<br />

hatte ich plötzlich das Gefühl, dass die Wand ziemlich<br />

stolz sein müsste, schliesslich hatte sich auf<br />

ihrem Rücken heute Nachmittag die gesamte Wahrheit<br />

der aktuellen medizinischen Forschung abgespielt.<br />

«Sie meinen, an der Wand wäre die Wahrheit zu sehen, das reale leben,<br />

aber in Wirklichkeit sehen sie nur Projektionen der Wirklichkeit.»<br />

* Inspiriert durch das<br />

holländische Buch «De<br />

Waarheid op de Wand» von<br />

Hub Zart, Van Tilt; 2010.<br />

** Dr. phil., dipl. biol. Rouven<br />

Porz ist Leiter der Ethikstelle<br />

des Inselspitals in Bern,<br />

Gastwissenschaftler im<br />

Institut für Biomedizinische<br />

Ethik in Zürich, Generalsekretär<br />

der European<br />

Association of Centres of<br />

Medical Ethics (EACME) und<br />

Mitglied der Redaktion Ethik<br />

der SÄZ.<br />

rouven.porz[at]saez.ch<br />

Am nächsten Tag war ich in einem der umliegenden<br />

Spitäler zu einem Morgenrapport eingeladen.<br />

Die Ethikkommission dort sollte mithelfen, schwierige<br />

Entscheidungsmöglichkeiten für oder gegen<br />

einen Therapieabbruch bei einem jungen Patienten<br />

möglichst fair und transparent mit ethischen Argumenten<br />

zu unterlegen. Die verantwortlichen Ärzte<br />

waren anwesend, das Pflegeteam, Sozialarbeiter und<br />

Psychologen. Grosse Erwartungen lagen auf der<br />

Ethikkommission. Ich selbst war nur als Gast eingeladen,<br />

und ich verfolgte die Ausführungen zu dem<br />

Patientenfall an der weissen Wand rechts über dem<br />

Computer in dem viel zu kleinen Besprechungsraum.<br />

Bildgebende Diagnostik des Gehirns, Labordaten<br />

und Krankheitsverläufe wurden an die Wand<br />

geworfen. Plötzlich entbrannte ein kurzer Disput<br />

über die Bedeutung eines der Gehirnbilder. Wild gestikulierend<br />

zeigten zeitgleich sechs Personen auf die<br />

Wand – und diesmal tat mir die weisse Wand fast<br />

leid, sie konnte die Anwesenden nicht recht überzeugen,<br />

die Wahrheit war heute Morgen scheinbar<br />

nicht auf der Wand zu finden.<br />

Ich verliess das Spital, den Nacken vom Vortag<br />

noch immer schmerzend. Die Sonne schien hell,<br />

und ich schaute etwas schmerzverzerrt nach oben in<br />

den Himmel. Ich musste schmunzeln und an Platon<br />

denken: Der Blick zur Sonne ist nicht immer<br />

schmerzfrei. Einer der Oberärzte sah mich so dastehen,<br />

kam lachend zu mir und fragte: «Herr Porz,<br />

was machen Sie noch hier, geniessen Sie die Sonne?»<br />

«Ich musste gerade an das Höhlengleichnis von<br />

Platon denken», sagte ich und schämte mich gleichzeitig<br />

für diese wohl befremdlich klingende Antwort.<br />

Er schaute etwas verdutzt, antwortete dann aber sehr<br />

schnell und ernsthaft. «Platon? Der alte griechische<br />

Philosoph? Schüler von Sokrates und Lehrer von<br />

Aristoteles?»<br />

«Ja genau. Kennen Sie das Höhlengleichnis?»<br />

«Ja, das habe ich in der Schule gelesen. Das Höhlengleichnis<br />

ist doch eine Metapher, in der es darum<br />

geht, für sich selbst herauszufinden, wo die wirkliche<br />

Wahrheit liegt, die wirkliche Erkenntnis. Es geht<br />

doch um so eine eingekesselte Anzahl von Menschen,<br />

die in einer Höhle sitzen, angebunden, und<br />

immer nach vorne auf eine Wand starren. Sie meinen,<br />

an der Wand wäre die Wahrheit zu sehen,<br />

das reale Leben, aber in Wirklichkeit sehen sie nur<br />

Projektionen der Wirklichkeit. Platon sagt, diese<br />

Leute müssten sich aus ihrer eigenen engen Höhle<br />

befreien und sie müssten die Höhle verlassen, hoch<br />

an die Sonne klettern, um das wirklich Gute – die<br />

wirkliche Realität – erkennen zu können. Die Projektionen<br />

seien nicht die Wirklichkeit. So ungefähr,<br />

oder?»<br />

«Ja, so ungefähr, genauer kann ich mich gerade<br />

auch nicht erinnern.»<br />

«Aber Herr Porz, wie kommen Sie auf das Höhlengleichnis?<br />

Was hat das mit uns hier zu tun?»<br />

«Ich hoffe, nichts, ich hoffe, gar nichts.»<br />

Rouven Porz**<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 13<br />

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ANNA<br />

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Die letzte Seite der SÄZ wird von Anna frei gestaltet, unabhängig von der Redaktion.<br />

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