wechselstrom - Ausgabe No°1 Februar 2014
Deutschsprachiges Schülermagazin der Elektrostrojarska škola Varaždin Ausgabe No°1 Februar 2014 Varaždin, Kroatien
Deutschsprachiges Schülermagazin der Elektrostrojarska škola Varaždin
Ausgabe No°1 Februar 2014
Varaždin, Kroatien
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und das Land ein kommunistisches<br />
Ostblockland war.<br />
All die Schwierigkeiten, die<br />
dazu gehören, habe ich also<br />
am eigenen Leib erfahren.<br />
“Kontakte ins Ausland waren<br />
lebensnotwendig”<br />
Was uns damals Schwierigkeiten<br />
gemacht hat und<br />
uns auch dazu gebracht hat<br />
auszuwandern, war der<br />
Mangel an Bewegungsfreiheit.<br />
Wir durften nicht über<br />
die Grenzen des Landes<br />
hinausschauen und konnten<br />
nicht einmal nach Ungarn<br />
fahren oder in die DDR, die<br />
damals ja auch zum Ostblock<br />
gehörte. Unsere Kontakte ins<br />
deutschsprachige Ausland<br />
waren daher sehr, sehr<br />
wichtig. Meiner Meinung<br />
nach sogar lebensnotwendig<br />
für uns als Minderheit. Wir<br />
hatten zwar vom rumänischen<br />
Staat alle Rechte. Wir<br />
hatten deutsche Schulen<br />
und daher hab ich auch ein<br />
deutsches Abitur gemacht.<br />
Rumänisch habe ich erst als<br />
Fremdsprache gelernt, als ich<br />
in die Schule kam, da ich in<br />
einem Dorf aufgewachsen<br />
bin, wo man in der Dorfgemeinschaft<br />
nur deutsch<br />
sprach.<br />
<strong>wechselstrom</strong>: Und da gab<br />
es keine Probleme? Sie lebten<br />
schließlich in einer Diktatur?<br />
rb: Das war dort alles<br />
möglich. Anders als in<br />
anderen Ostblockstaaten . In<br />
der Hinsicht hatten wir also<br />
große Vorteile gehabt.<br />
“Wir waren halt<br />
abgestempelt”<br />
<strong>wechselstrom</strong>: Es gab also<br />
keine Diskriminierung?<br />
rb: Wir hätten das nie<br />
Diskriminierung genannt.<br />
Wir waren halt abgestempelt.<br />
Überall, wo man hinkam, war<br />
man der oder die Deutsche.<br />
In der Oberschule, am Arbeitsplatz.<br />
Aber wir standen<br />
dazu. Man wäre nicht auf<br />
die Idee gekommen das zu<br />
verleugnen. Einige wenige<br />
haben das getan, um politisch<br />
Karriere zu machen, aber<br />
das war sowieso nicht so gut<br />
angesehen innerhalb der<br />
Minderheit.<br />
<strong>wechselstrom</strong>: Sicherlich gab<br />
es aber auch Nachteile?<br />
rb: Ja das war die eine Seite.<br />
Die deutsche Minderheit<br />
hatte in Rumänien ja eine<br />
jahrhundertealte Geschichte<br />
und wie ich schon erwähnte,<br />
war der Kontakt ins<br />
deutschsprachige Ausland<br />
lebenswichtig. Schon immer<br />
seit dem Mittelalter und<br />
während der Zeit der Aufklärung,<br />
haben die Intellektuellen<br />
der deutschsprachigen<br />
Minderheit in Siebenbürgen<br />
in Deutschland oder Österreich<br />
studiert und immer<br />
Wissen in das Land gebracht<br />
und in dieser Weise das Land<br />
vorangebracht.<br />
- Wappen der<br />
Siebenbürgen Sachsen<br />
Geistige Verkümmerung<br />
Als aber das durch den Eisernen<br />
Vorhang nicht mehr<br />
möglich war und die Grenzen<br />
dicht waren, hat sich vieles<br />
verändert. Im Rückblick<br />
kann ich sagen, dass wir<br />
eine geistige Verkümmerung<br />
gespürt haben, wenn man das<br />
intellektuell betrachtet. Das<br />
hat sich natürlich auch auf<br />
unsere Familie ausgewirkt.<br />
Meine Großväter haben beide<br />
in Deutschland studiert und<br />
haben sich beide Frauen aus<br />
dem Ausland mitgebracht.<br />
Das war auch ganz typisch<br />
für die Intelektuellen. Meine<br />
eine Oma kommt daher aus<br />
Leipzig und die andere aus<br />
Graz in Österreich. Eigentlich<br />
bin ich daher nur zur<br />
Hälfte Siebenbürger Sächsin<br />
(lacht). So nennen wir uns<br />
selber! Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg war der Kontakt<br />
<strong>wechselstrom</strong> / februar <strong>2014</strong> 9