BRENNPUNKT ARZNEI - Kassenärztliche Vereinigung Hamburg
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Seite 4 KVH • aktuell<br />
Nr. 4 / 2010<br />
Beiträge<br />
der<br />
Redaktion<br />
Idiopathische Wadenkrämpfe,<br />
ein lästiges Problem<br />
Dr. med. Klaus Ehrenthal<br />
Der Hausarzt wird nicht gerade selten von Patienten mit Wadenkrämpfen aufgesucht,<br />
die stets als quälend, wenn auch nicht als bedrohlich geschildert werden.<br />
Was tun?<br />
Es zeigt sich, dass es mitunter nicht einfach ist, diese Symptome zu bekämpfen.<br />
Deshalb soll hier dazu Stellung genommen werden.<br />
Ursachen: Meist findet man keine direkten Ursachen. Prädestinierend für nächtliche<br />
Wadenkrämpfe sind Elektrolytstörungen (zum Beispiel durch Diuretika verusacht), gestörte<br />
venöse und arterielle Durchblutung, periphere Neuropathie, Schwangerschaft<br />
mit oder ohne venöse Stauungen sowie manche Medikamente [1]. Wichtig ist es,<br />
andere Krankheitsbilder auszuschließen und ggf. zu behandeln und den Patienten<br />
von der Harmlosigkeit solcher nächtlichen Beinkrämpfe zu überzeugen.<br />
Differentialdiagnose: Idiopathische Beinkrämpfe sollten unterschieden werden<br />
[1] von<br />
Restless leg Syndrom (nicht stillbares Bedürfnis, die Beine zu bewegen mit<br />
Parästhesien und Dysästhesien, meist in Ruhe und nachts),<br />
Periodischen Beinbewegungen im Schlaf („periodic limb movement disorder<br />
in sleep“: wiederholte periodische stereotype Bein- oder Zehenbewegungen im<br />
Schlaf für einige Sekunden bis Minuten mit Schlaflosigkeit und Tagesmüdigkeit),<br />
Akathisie (nicht unterdrückbarer Beinbewegungsdrang, meist im Sitzen oder<br />
Liegen als typische Neuroleptika-Nebenwirkung),<br />
Arterielle Claudicatio (Muskelschmerzen oder -schwäche, die meist beim<br />
Gehen zum Pausieren zwingen, bei schwerer Claudicatio auch in Ruhe, dann<br />
meist mit Hautveränderungen),<br />
Neuropathien, Radiculopathien (anhaltende Schmerzen, die kaum durch<br />
Bewegung oder den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflussbar sind).<br />
Epidemiologie: Viele Erwachsene beklagen schmerzhafte nächtliche Wadenkrämpfe<br />
[2] mit zunehmender Häufigkeit im Alter [1,6]. Dabei betrifft es einerseits jüngere<br />
Patienen (Schwangere, Sportler), andererseits auch ältere Patienten, besonders unter<br />
Diuretikamedikation.<br />
Oft steckt eine<br />
Arzneimittel-<br />
Nebenwirkung<br />
dahinter<br />
Pathophysiologie: Die Pathophysiologie der nächtlichen idiopathischen Beinkrämpfe<br />
ist weitgehend unbekannt [1]. Die in der westlichen Welt häufige Sitzstellung führt im<br />
Vergleich zur Hockstellung zu einer gestreckten Fußstellung, so dass die Wadenmuskulatur<br />
nur unzureichend gedehnt wird [4]. Von anderen Autoren wird eine erhöhte<br />
Reizbarkeit der terminalen motorischen Neuronen vermutet [5]. Schwangerschaft,<br />
Elektrolytstörungen, Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Dialyse mit raschen<br />
Veränderungen von Elektrolytkonzentration und Blutvolumen, arterielle und venöse<br />
Zirkulationsstörungen und periphere Neuropathien können Krämpfe begünstigen.<br />
Dies gilt auch für Medikamentennebenwirkungen durch Diuretika, Nifedipin, Salbutamol,<br />
Terbutalin, ACE-Hemmer, Cisplatin, Steroiden, Statinen, Lithium und anderen.<br />
Therapie<br />
Nichtmedikamentös: Als wirksame nichtmedikamentöse Maßnahme beim Wadenkrampf<br />
ist die Dorsalbeugung des Fußes gegen Widerstand bekannt. Die Dehnung<br />
der verkrampften Wadenmuskulatur durchbricht den Spasmus [1, 2].<br />
Durch geeignete Schlafposition sollten Spitzfußstellungen vermieden