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2. Die indirekten Folgen des L. - Lärm.ch

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<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong><br />

<strong>Folgen</strong> <strong>des</strong> Lärms


Mobilität – ein Tabuthema?<br />

Um den Lärm zu bekämpfen, muss au<strong>ch</strong> seine Ursa<strong>ch</strong>e analysiert werden<br />

Rudolf Muggli<br />

Wir sind uns zuwenig bewusst, dass unser tägli<strong>ch</strong>es Mobilitätsverhalten<br />

breiten Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten zuviel Lärm<br />

zumutet. <strong>Die</strong> Konflikte um den Lärm werden darum in nä<strong>ch</strong>ster<br />

Zeit zunehmen. Neue Ideen sind gefragt!<br />

Aktiv sein, insbesondere mobil sein, ist<br />

meist mit Lärm verbunden. Viellei<strong>ch</strong>t lieben<br />

darum aktive und mobile Leute den Lärm<br />

eines sportli<strong>ch</strong>en Motorrads oder den Ferrari-Auspuffton?<br />

Allerdings trifft es ni<strong>ch</strong>t alle<br />

glei<strong>ch</strong>: Wer am Züri<strong>ch</strong>see oder in Zug wohnt<br />

und berufli<strong>ch</strong> häufig fliegen muss, merkt<br />

wenig von den Problemen, die seine Mobilitätsbedürfnisse<br />

verursa<strong>ch</strong>en. Er ist dann<br />

viellei<strong>ch</strong>t geneigt, das Lärmproblem als<br />

übertriebenes Lamentieren abzutun. Wer<br />

dagegen in Opfikon oder Rümlang unter<br />

den Abflugs<strong>ch</strong>neisen wohnt und viellei<strong>ch</strong>t<br />

au<strong>ch</strong> gerne mal vor elf Uhr zu Bett ginge,<br />

hat dagegen man<strong>ch</strong>mal seine Probleme.<br />

Wie Untersu<strong>ch</strong>ungen zeigen, leben im Flughafengebiet<br />

eher die armen, im Süden der<br />

Stadt und am See dagegen eher die rei<strong>ch</strong>en<br />

Zür<strong>ch</strong>er: Unters<strong>ch</strong>iede in der Lebensqualität<br />

haben eben ihre räumli<strong>ch</strong>en Auswirkungen.<br />

Au<strong>ch</strong> die Bewohnerinnen der Gotthardtransita<strong>ch</strong>se<br />

sind sensibilisiert: Angesi<strong>ch</strong>ts der<br />

heutigen Lärmbelastung sehen sie der<br />

neuen NEAT-Linie ni<strong>ch</strong>t mit so viel positiven<br />

Gefühlen entgegen wie wir anderen<br />

S<strong>ch</strong>weizerinnen und S<strong>ch</strong>weizer. Dass die<br />

Lärmkonflikte eher zunehmen, hat einerseits<br />

mit der vermehrten Sensibilisierung der<br />

Bevölkerung dem Lärm gegenüber zu tun,<br />

si<strong>ch</strong>er aber au<strong>ch</strong> mit dem erstaunli<strong>ch</strong>en<br />

Mobilitätswa<strong>ch</strong>stum.<br />

Mobilitätswa<strong>ch</strong>stum heisst oft<br />

mehr Lärm<br />

<strong>Die</strong> bereits errei<strong>ch</strong>ten und no<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong>en<br />

te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Verbesserungen an der Lärmquelle<br />

gilt es zwar zu würdigen, nur werden<br />

sie allzuoft von der Zunahme der Mobilität<br />

wieder wettgema<strong>ch</strong>t. Was tun? <strong>Die</strong> Mobilitätsbedürfnisse<br />

bekämpfen und die Leute<br />

zu anderem Verhalten erziehen zu wollen,<br />

bringt offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> zu wenig. Mobilität<br />

gehört zum modernen Lebensstil und wer<br />

hier enthaltsam lebt, brau<strong>ch</strong>t ziemli<strong>ch</strong> viel<br />

Selbstbewusstsein. Au<strong>ch</strong> die Europäis<strong>ch</strong>e<br />

Union setzt voll auf Mobilitätswa<strong>ch</strong>stum –<br />

obwohl S<strong>ch</strong>ätzungen zufolge in der EU 20<br />

Prozent, also rund 80 Millionen Mens<strong>ch</strong>en,<br />

Lärmeinwirkungen ausgesetzt sind, die von<br />

der Wissens<strong>ch</strong>aft als untragbar angesehen<br />

werden (S<strong>ch</strong>lafstörungen!). Weitere 170<br />

Millionen sollen darüberhinaus tagsüber<br />

unter starker Lärmbelästigung leiden.<br />

Was könnte die Raumplanung – das Konfliktlösungsinstrument<br />

par exellence – da<br />

tun? Heute wird ja das S<strong>ch</strong>utzniveau na<strong>ch</strong><br />

der Lärms<strong>ch</strong>utzverordnung bereits auf den<br />

Typ der Nutzungszone abgestimmt: Man<br />

will die lärmempfindli<strong>ch</strong>en von den weniger<br />

empfindli<strong>ch</strong>en Zonen trennen. <strong>Die</strong>ses Prinzip<br />

ist natürli<strong>ch</strong> nur so gut wie der Vollzug:<br />

Wenn unbesehen wegen «Lärmvorbelastung»<br />

eine lärmintensivere als die für das<br />

Wohnen vorgesehene Empfindli<strong>ch</strong>keitsstufe<br />

festgesetzt oder wenn zu lei<strong>ch</strong>thin einzelnen<br />

Verkehrsträgern Erlei<strong>ch</strong>terungen eingeräumt<br />

werden, dann funktioniert das ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr.<br />

Au<strong>ch</strong> sollte eine vorauss<strong>ch</strong>auende Raumplanung<br />

Siedlungsentwicklung und lärmige<br />

Verkehrsträger mögli<strong>ch</strong>st entfle<strong>ch</strong>ten:<br />

Früher war es ja ni<strong>ch</strong>t unübli<strong>ch</strong>, direkt an<br />

der Autobahn oder an geplanten neuen<br />

Autobahnen Bauzonen auszus<strong>ch</strong>eiden. Das<br />

ist heute glückli<strong>ch</strong>erweise ni<strong>ch</strong>t mehr mögli<strong>ch</strong>,<br />

weil s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t gesetzwidrig. Neue Autobahnen<br />

kommen ja darum au<strong>ch</strong> so teuer zu<br />

stehen, weil man ni<strong>ch</strong>t mehr einfa<strong>ch</strong> eine<br />

«S<strong>ch</strong>neise» dur<strong>ch</strong> Wohnquartiere s<strong>ch</strong>lagen<br />

kann, sondern Tunnel oder andere aufwendige<br />

Lärms<strong>ch</strong>utzbauwerke erstellen muss.<br />

<strong>Die</strong> Dur<strong>ch</strong>fahrt der Stadt Neuenburg auf der<br />

A5 lässt einen diesen Wandel eindrückli<strong>ch</strong><br />

erleben.<br />

21<br />

<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong><br />

Lärms<br />

Fluglärm als Streitobjekt<br />

Leider ges<strong>ch</strong>ieht die Abstimmung zwis<strong>ch</strong>en<br />

Raumplanung und den Verkehrsinfrastrukturen<br />

zuwenig konsequent, weil die Realität<br />

eben harte Ents<strong>ch</strong>eide nötig ma<strong>ch</strong>en kann.<br />

Hier nur ein Beispiel: Nimmt man an, dass<br />

der Flughafen Züri<strong>ch</strong> für die Wirts<strong>ch</strong>aft<br />

unseres Lan<strong>des</strong> unerlässli<strong>ch</strong> sei, dass er si<strong>ch</strong><br />

den Bedürfnissen <strong>des</strong> internationalen Luftverkehrs<br />

anpassen und dadur<strong>ch</strong> wa<strong>ch</strong>sen<br />

müsse, dann müsste man eigentli<strong>ch</strong> die<br />

weitere Siedlungsentwicklung an den lärmbelasteten<br />

Orten überdenken. Das hätte<br />

eins<strong>ch</strong>neidende <strong>Folgen</strong> für viele Gemeinden:<br />

Sie könnten si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr wie vorgesehen<br />

weiterentwickeln und viel eingezontes Bauland<br />

würde zum Nonvaleur. Und wer sollte<br />

für die Ents<strong>ch</strong>ädigungen aufkommen? <strong>Die</strong><br />

Sa<strong>ch</strong>e aber einfa<strong>ch</strong> ihren Lauf zu lassen, hilft<br />

kaum weiter: Es entstehen dann immer<br />

mehr Siedlungen mit Mens<strong>ch</strong>en, die dem<br />

Flughafen gegenüber ständig kritis<strong>ch</strong>er<br />

werden. Au<strong>ch</strong> andere di<strong>ch</strong>tbesiedelte Länder<br />

wie Holland haben da ihre Probleme:<br />

Man spri<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on davon, den in Stadtnähe<br />

gelegenen zentralen Flughafen S<strong>ch</strong>iphol<br />

aufs Meer hinaus zu verlegen...


Grenzen der Raumplanung<br />

Oft wird au<strong>ch</strong> die These aufgestellt, die<br />

überbordende Mobilität liesse si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on<br />

nur dur<strong>ch</strong> eine ges<strong>ch</strong>ickte Raumplanung in<br />

Grenzen halten. Beispielsweise müsse man<br />

Wohnen und Arbeiten näher zueinander<br />

bringen, denn dadur<strong>ch</strong> entfielen viele<br />

Arbeitswege mit entspre<strong>ch</strong>ender Lärmentwicklung.<br />

Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> sind das aber Illusionen:<br />

In der Regel nehmen die Mens<strong>ch</strong>en<br />

nämli<strong>ch</strong> bei einem Arbeitsplatzwe<strong>ch</strong>sel<br />

lieber längere Arbeitswege in Kauf, als die<br />

Wohnung näher zum Arbeitsort zu verlegen.<br />

Viellei<strong>ch</strong>t hat man ja Wohneigentum,<br />

das man ni<strong>ch</strong>t gerne verkauft oder Ehepartner<br />

und Kinder wüns<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t aus ihren<br />

Beziehungsnetzen herausgerissen zu werden.<br />

<strong>Die</strong> aktuelle Konzentration der ho<strong>ch</strong>qualifizierten<br />

Arbeitsplätze in den grossen<br />

Städten verstärkt diesen Trend natürli<strong>ch</strong><br />

massiv. Kommt dazu, dass das grösste<br />

Mobilitätswa<strong>ch</strong>stum ni<strong>ch</strong>t etwa auf das<br />

Pendeln, sondern auf die Freizeit entfällt.<br />

<strong>Die</strong> beste raumplaneris<strong>ch</strong>e Massnahme<br />

besteht darum in der Vorsorge, dass die<br />

wi<strong>ch</strong>tigen Arbeitsplatzgebiete und die grossen<br />

Einkaufs- und Freizeitanlagen nur an<br />

den zentralsten, mit dem öffentli<strong>ch</strong>en Verkehr<br />

optimal ers<strong>ch</strong>lossenen Orten zugelassen<br />

werden. Das Zür<strong>ch</strong>er S-Bahn-System ist<br />

ein sol<strong>ch</strong>es e<strong>ch</strong>t «bahn-bre<strong>ch</strong>en<strong>des</strong>» Werk,<br />

das eine derartige Politik erlauben würde.<br />

Allerdings nützt das viele dafür aufgeworfene<br />

Geld wenig, wenn die Siedlungen si<strong>ch</strong><br />

dann ni<strong>ch</strong>t in der Nähe der S-Bahn-Stationen<br />

entwickeln, sondern dort, wo man<br />

ohnehin nur mit dem Auto hinkommt. Viellei<strong>ch</strong>t<br />

würde au<strong>ch</strong> einiges für die Lärmbekämpfung<br />

herauss<strong>ch</strong>auen, wenn die<br />

Mobilität ni<strong>ch</strong>t mehr aus der Staatskasse<br />

subventioniert würde, wenn also die «Mobilen»<br />

alle von ihnen verursa<strong>ch</strong>ten Kosten<br />

selbst tragen müssten. Dazu gehören natürli<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> die Lärmkosten.<br />

Zu diesem Prinzip der «Kostenwahrheit»<br />

bekennt si<strong>ch</strong> denn au<strong>ch</strong> die grosse Politik –<br />

auf dem Papier sogar in der Europäis<strong>ch</strong>en<br />

Union. Der Weg dahin ist allerdings no<strong>ch</strong><br />

weit; denn wir haben uns alle daran<br />

gewöhnt, dass Mobilität billig ist. Es würde<br />

vielen von uns s<strong>ch</strong>wer fallen, entweder auf<br />

einen Teil dieser Mobilität zu verzi<strong>ch</strong>ten<br />

oder vom Haushaltbudget mehr für die<br />

Mobilitätsbedürfnisse abzuzweigen. So<br />

werden wir also no<strong>ch</strong> eine Zeit lang beim<br />

Sti<strong>ch</strong>wort «Kostenwahrheit im Verkehr»<br />

statt an uns selbst an ausländis<strong>ch</strong>e Lastwagen<br />

denken.<br />

Neue Ideen sind dringend nötig<br />

Was kann man sonst no<strong>ch</strong> tun? Gefragt<br />

sind gerade für die Lärmbekämpfung au<strong>ch</strong><br />

neue und unkonventionelle Ideen. Vor allem<br />

die Städte werden ihre Lärmprobleme mit<br />

grosser Dringli<strong>ch</strong>keit lösen müssen, wenn<br />

sie die Abwanderung der interessanten<br />

Steuerzahler aufs ruhigere Land abbremsen<br />

wollen. Beispielsweise kann man moderne,<br />

umweltfreundli<strong>ch</strong>e Mobilitätsformen begünstigen:<br />

Warum sollen Leute, die ihr Auto<br />

mit anderen teilen oder Fahrgemeins<strong>ch</strong>aften<br />

bilden, ni<strong>ch</strong>t belohnt werden? Zukunft<br />

haben Mobilitätsformen, die zwis<strong>ch</strong>en Zu-<br />

Fuss-Gehen, Velofahren, öffentli<strong>ch</strong>em Verkehr<br />

und Auto flexibel stets die geeignetsten<br />

Mittel wählen. Gemäss einer Idee aus dem<br />

Nationalen Fors<strong>ch</strong>ungsprogramm 41 könnte<br />

man beispielsweise Fahrgemeins<strong>ch</strong>aften,<br />

die mit voll besetztem Auto zum Fussballstadion<br />

fahren, einen Parkplatz garantieren<br />

– oder die Parkplatzgebühr ermässigen.<br />

Mobilitätswa<strong>ch</strong>stum in der S<strong>ch</strong>weiz 1970-1990<br />

mittlere<br />

Wohnbevölkerung<br />

reale Haushaltseinkommen<br />

pro Kopf<br />

S<strong>ch</strong>ienenverkehr<br />

(Personenkilometer)<br />

öffentli<strong>ch</strong>er Strassenverkehr<br />

(Personenkilometer)<br />

privater Strassenverkehr<br />

(Personenkilometer)<br />

Motorfahrzeugbestand<br />

(Personenwagen)<br />

Flugverkehr<br />

(Personenkilometer)<br />

Gerade für die Spitzenverkehrsaufkommen<br />

im Freizeitberei<strong>ch</strong> könnten sol<strong>ch</strong>e Massnahmen<br />

Entwicklungen in Ri<strong>ch</strong>tung einer<br />

umweltfreundli<strong>ch</strong>eren und damit hoffentli<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> leiseren Mobilität auslösen.<br />

Rudolf Muggli ist Direktor der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />

Vereinigung für Lan<strong>des</strong>planung<br />

1<br />

2<br />

Abb.1 und 2: Autobahn A6 im Osten von Bern:<br />

Versu<strong>ch</strong> einer Reparatur von früheren Planungssünden.<br />

1970<br />

1990<br />

0% 50% 100% 150% 200% 250%<br />

Zunahme in Prozenten


Dasein im Lärm<br />

«Es wird gesagt, an Lärm gewöhne man si<strong>ch</strong> ...»<br />

Lisbeth Herger (Text) und<br />

Hans-Peter Jost (Fotos)<br />

Maria José Pereira, Züri<strong>ch</strong>-<br />

Wollishofen, Seestrasse: 16'300<br />

Fahrzeuge und 330 Züge pro Tag<br />

Der Anfang hier war hart. Puh! <strong>Die</strong> erste<br />

Na<strong>ch</strong>t habe i<strong>ch</strong> überhaupt ni<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>lafen.<br />

Jetzt, na<strong>ch</strong> vier Jahren, gehört der Lärm halt<br />

dazu. <strong>Die</strong> Züge stören mi<strong>ch</strong> mehr als die<br />

Autos. Sie haben mehr Kraft und lassen –<br />

wie au<strong>ch</strong> die Lastwagen – das Haus vibrieren,<br />

wenn sie vorbeifahren. Dann höre i<strong>ch</strong><br />

die Gläser in der Vitrine klirren, ein Geräus<strong>ch</strong>,<br />

das mi<strong>ch</strong> ganz nervös ma<strong>ch</strong>t.<br />

Aber au<strong>ch</strong> die Strassenseite ist sehr laut.<br />

Direkt vor unserem Haus steht eine Ampel,<br />

<strong>des</strong>halb gibt es zusätzli<strong>ch</strong> Lärm vom Bremsen<br />

und Anfahren. Am Morgen stört mi<strong>ch</strong><br />

der Verkehr ni<strong>ch</strong>t, da i<strong>ch</strong> um halb fünf zur<br />

Putzarbeit fahre. Aber mittags und abends<br />

gegen fünf ist es ganz s<strong>ch</strong>limm. Und wenn<br />

i<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>mittags etwas S<strong>ch</strong>laf na<strong>ch</strong>holen<br />

will, werde i<strong>ch</strong> oft von den Autos geweckt.<br />

Man<strong>ch</strong>mal we<strong>ch</strong>sle i<strong>ch</strong> auf die andere Seite,<br />

obwohl i<strong>ch</strong> weiss, dass mi<strong>ch</strong> die Züge au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t ri<strong>ch</strong>tig s<strong>ch</strong>lafen lassen.<br />

Wir müssen die Fenster immer ges<strong>ch</strong>lossen<br />

halten. Im Sommer allerdings wird es hier<br />

im vierten Stock sehr heiss. Dann s<strong>ch</strong>liesse<br />

i<strong>ch</strong> die Fenster nur in dem Zimmer, in dem<br />

i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> gerade aufhalte. Und na<strong>ch</strong>ts lasse<br />

i<strong>ch</strong> das Fenster zuerst offen und s<strong>ch</strong>liesse es<br />

irgendwann vor dem Morgenverkehr. Sonst<br />

hält man es in der Hitze ni<strong>ch</strong>t aus. Meine<br />

Kinder s<strong>ch</strong>lafen auf der Zugseite, der Lärm<br />

s<strong>ch</strong>eint sie ni<strong>ch</strong>t zu stören. Au<strong>ch</strong> mein Mann<br />

hat kein Problem damit. Tagsüber ist er<br />

ni<strong>ch</strong>t da, und abends legt er si<strong>ch</strong> hin und<br />

s<strong>ch</strong>läft.<br />

<strong>Die</strong> Wohnung ist für uns trotz Lärm attraktiv,<br />

weil sie mit einer Teilzeitarbeit verknüpft<br />

ist. I<strong>ch</strong> putze hier im Haus die Büroräumli<strong>ch</strong>keiten<br />

und bin Hauswartin. Zudem ist es<br />

für uns Ausländer sowieso s<strong>ch</strong>wierig, eine<br />

günstige Wohnung zu finden, die ruhig ist.<br />

Astrid Fontana, Winterthur,<br />

Im Winkel: 470 Züge pro Tag<br />

Es wird gesagt, an Zuglärm gewöhne man<br />

si<strong>ch</strong>. Das stimmt und stimmt ni<strong>ch</strong>t. Zuglärm<br />

ist ni<strong>ch</strong>t zu verglei<strong>ch</strong>en mit Autolärm. Er ist<br />

regelmässiger und begrenzt, das heisst, das<br />

Raus<strong>ch</strong>en kommt, s<strong>ch</strong>willt an, und dann ist<br />

es wieder ruhig. Wir haben also ni<strong>ch</strong>t dieses<br />

permanente Brummen und Rumpeln wie<br />

beim Autoverkehr, aber eine Irritation, eine<br />

Störung bleibt trotzdem.<br />

Wenn die Fenster offen sind, können wir im<br />

Wohnzimmer ni<strong>ch</strong>t Musik hören, au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

am Esstis<strong>ch</strong> gemütli<strong>ch</strong> plaudern. Wir haben<br />

23<br />

<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong><br />

Lärms<br />

uns inzwis<strong>ch</strong>en angewöhnt, unsere Gesprä<strong>ch</strong>e<br />

zu unterbre<strong>ch</strong>en, wenn ein Zug<br />

vorbeifährt. Am meisten stört mi<strong>ch</strong> der<br />

Lärm und die Vibration abends, wenn i<strong>ch</strong><br />

Ruhe und Entspannung su<strong>ch</strong>e, oder dann<br />

früh morgens, wenn i<strong>ch</strong> meditiere.<br />

I<strong>ch</strong> glaube, bei einer so hohen Zugsfrequenz<br />

kann si<strong>ch</strong> der Mens<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t an den Lärm<br />

gewöhnen. I<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>lafe ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter als<br />

vorher, aber mein Reizpegel ist eindeutig<br />

niedriger. I<strong>ch</strong> bin überzeugt, dass das Nervensystem<br />

auf diese Störung reagiert.<br />

Man<strong>ch</strong>mal frage i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong>, wie das für<br />

die Kinder ist. Auf jeden Fall fahren wir<br />

regelmässig weg, damit wir uns vom Lärm<br />

erholen können.<br />

I<strong>ch</strong> bin unsi<strong>ch</strong>er, ob i<strong>ch</strong> hier wirkli<strong>ch</strong> wohnen<br />

bleiben will. <strong>Die</strong> Räume gefallen uns<br />

zwar sehr gut. Und man vertröstet uns<br />

damit, dass das Rollmaterial leiser wird.<br />

Aber dafür fahren einfa<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> mehr Züge!<br />

Das S<strong>ch</strong>limmste ist, dass dieser Lärm nie<br />

Wo<strong>ch</strong>enende, nie Ferien ma<strong>ch</strong>t, dass er einfa<strong>ch</strong><br />

nie, nie, nie aufhört.


Ri<strong>ch</strong>ard Kofler,<br />

Wetzikon ZH, Bahnhofstrasse:<br />

19'700 Fahrzeuge pro Tag<br />

I<strong>ch</strong> könnte heute ni<strong>ch</strong>t mehr hier wohnen.<br />

Obwohl i<strong>ch</strong> als Kind in diesem Haus gelebt<br />

habe, obwohl das Ges<strong>ch</strong>äft seit über fünfzig<br />

Jahren unserer Familie gehört. Aber als i<strong>ch</strong><br />

vor gut zwanzig Jahren Kaffee und Konditorei<br />

von meinen Eltern übernahm, su<strong>ch</strong>te<br />

i<strong>ch</strong> mir ein ruhigeres Zuhause. Meine alte<br />

Mutter jedo<strong>ch</strong> wohnt no<strong>ch</strong> immer hier. Sie<br />

hat si<strong>ch</strong> hinter die ges<strong>ch</strong>lossenen Fenster<br />

zurückgezogen, ärgert si<strong>ch</strong> zunehmend<br />

über die Lastwagen, die immer mehr werden<br />

und die ni<strong>ch</strong>t nur poltern, sondern ihr<br />

Haus erzittern lassen. Sie versteht ni<strong>ch</strong>t,<br />

warum man uns hier einfa<strong>ch</strong> in diesem Verkehr<br />

sitzen lässt.<br />

Mi<strong>ch</strong> stört der Lärm während meiner Arbeit<br />

hinten in der Backstube ni<strong>ch</strong>t. Jedenfalls<br />

ni<strong>ch</strong>t, solange die Türen ges<strong>ch</strong>lossen sind.<br />

Au<strong>ch</strong> das Personal hat si<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> nie darüber<br />

beklagt. Bei der Arbeit im Kaffee entsteht ja<br />

viel Eigenlärm, die Kaffeemas<strong>ch</strong>ine, die Tassen,<br />

die Gäste, die reden. Im Sommer allerdings,<br />

bei offener Tür, da nervt mi<strong>ch</strong> das<br />

Gedröhne s<strong>ch</strong>on. Und ri<strong>ch</strong>tig handfest<br />

wurde das Problem mit dem Lärm, weil in<br />

unserem Gärt<strong>ch</strong>en die Gäste mehr und<br />

mehr ausblieben. Der Lärm s<strong>ch</strong>ädigte den<br />

Ges<strong>ch</strong>äftsgang, i<strong>ch</strong> musste handeln. So<br />

baute i<strong>ch</strong> eine S<strong>ch</strong>alls<strong>ch</strong>utzwand aus Glas,<br />

eine Investition von 140’000 Franken. <strong>Die</strong><br />

Wand hält rund 40 Prozent <strong>des</strong> Lärms ab<br />

und s<strong>ch</strong>ützt au<strong>ch</strong> vor Staub. Nun kommen<br />

die Gäste wieder.<br />

Früher hat si<strong>ch</strong> mein Vater engagiert für<br />

eine Umfahrungsstrasse eingesetzt. Heute<br />

ist eine Art Ohnma<strong>ch</strong>t da. Der Kanton hat<br />

bekanntli<strong>ch</strong> kein Geld, muss uns nun aber<br />

immerhin die S<strong>ch</strong>alls<strong>ch</strong>utzfenster finanzieren,<br />

weil wir weit über den Grenzwerten liegen.<br />

Man<strong>ch</strong>mal, wenn i<strong>ch</strong> draussen etwas<br />

zu tun habe, wenn i<strong>ch</strong> den Platz wis<strong>ch</strong>e,<br />

dann packt mi<strong>ch</strong> die Wut, und in meiner<br />

Phantasie sind au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on Steine geflogen.<br />

Obwohl i<strong>ch</strong> selber au<strong>ch</strong> Auto fahre und keineswegs<br />

ein Grüner bin.<br />

Maria Li<strong>ch</strong>tsteiner,<br />

Luzern, Bun<strong>des</strong>strasse:<br />

19'000 Fahrzeuge pro Tag<br />

In der Na<strong>ch</strong>t bin i<strong>ch</strong> dem Lärm am meisten<br />

ausgeliefert, weil i<strong>ch</strong> dann ni<strong>ch</strong>t auswei<strong>ch</strong>en<br />

kann, und weil die ges<strong>ch</strong>lossenen Fenster<br />

und Läden mi<strong>ch</strong> vor dem Lärm ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>ützen<br />

können. I<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>lafe hier sehr, sehr oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>.<br />

So gegen vier Uhr morgens wa<strong>ch</strong>e<br />

i<strong>ch</strong> mit den ersten Autos auf und finde ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr in den Tiefs<strong>ch</strong>laf zurück. Je<strong>des</strong><br />

Geräus<strong>ch</strong> weckt mi<strong>ch</strong> erneut. Am Morgen<br />

fühle i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> nie wirkli<strong>ch</strong> ausgeruht, sondern<br />

eher belämmert und man<strong>ch</strong>mal<br />

gespeedet. S<strong>ch</strong>limm ist es au<strong>ch</strong> immer<br />

dann, wenn i<strong>ch</strong> einige Zeit weg gewesen<br />

bin. Da kann es vorkommen, dass i<strong>ch</strong> die<br />

erste Na<strong>ch</strong>t hier kaum s<strong>ch</strong>lafen kann.<br />

Bei der Arbeit in meinem Atelier stört mi<strong>ch</strong><br />

der Lärm weniger. Da gelingt es mir besser,<br />

ihn einfa<strong>ch</strong> vorbeiziehen zu lassen. Allerdings<br />

kann i<strong>ch</strong> bei der Arbeit keine Musik<br />

hören. I<strong>ch</strong> musste feststellen, dass mir der<br />

Mix von Musik und Verkehrslärm Übelkeit<br />

verursa<strong>ch</strong>t.<br />

I<strong>ch</strong> bin hier eingezogen, weil meine Freundin<br />

bereits hier wohnte, und weil die Wohnung<br />

grosszügig, zentral und billig ist. Aber<br />

der Mangel an Tiefs<strong>ch</strong>laf und Ruhe zerrt<br />

an meinen Nerven. I<strong>ch</strong> werde wieder ausziehen.<br />

Lisbeth Herger und Hans-Peter Jost haben<br />

im Auftrag <strong>des</strong> Cercle Bruit Lärmbetroffene<br />

porträtiert


Wohnen im Lärm<br />

– nein danke<br />

Lärm ist eine wi<strong>ch</strong>tige Einflussgrösse auf<br />

dem Wohnungsmarkt: In der Beurteilung<br />

ihrer Wohnsituation klagt rund ein Viertel<br />

aller Bewohnerinnen und Bewohner über<br />

mangelnde Lärmisolation und zu grosse<br />

Lärmbelastung. No<strong>ch</strong> klarer wir die Bedeutung<br />

der Ruhe, wenn Leute eine Wohnung<br />

su<strong>ch</strong>en. <strong>Die</strong> Kriterien «wenig Lärmbelastung»<br />

und «gute Lärmisolation» werden<br />

an vierter und fünfter Stelle genannt (vgl.<br />

Abb.1). <strong>Die</strong>se Bewertungen zeigen, dass<br />

eine latente Flu<strong>ch</strong>tbewegung aus lärmbelasteten<br />

Wohnungen stattfindet. <strong>Die</strong>ser Umstand<br />

ist von besonderer Bedeutung, weil<br />

si<strong>ch</strong> auf dem Wohnungsmarkt das Gewi<strong>ch</strong>t<br />

auf die Na<strong>ch</strong>frageseite verlagert hat.<br />

Ruhe und akustis<strong>ch</strong>e Privatheit<br />

Ruhe als Teil der Wohnqualität verlangt<br />

na<strong>ch</strong> einem S<strong>ch</strong>utz vor Geräus<strong>ch</strong>en, die in<br />

die eigene Wohnung dringen oder das<br />

unmittelbare Wohnumfeld (z.B. Balkon,<br />

Sitzplatz) bes<strong>ch</strong>allen. «Ruhe» heisst aber<br />

au<strong>ch</strong>, Zeit zu finden für eine selbstgewollte<br />

Tätigkeit. Zu den akustis<strong>ch</strong>en Bedingungen<br />

von Ruhe gehören u.a. geräus<strong>ch</strong>arme Zeiten,<br />

wel<strong>ch</strong>e die lauten Ereignisse voneinander<br />

trennen. Um Ruhe herzustellen genügt<br />

es <strong>des</strong>halb ni<strong>ch</strong>t, den Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittspegel<br />

um einige Dezibel zu senken, sondern es<br />

müssen längere Lärmpausen ges<strong>ch</strong>affen<br />

werden.<br />

Ein anderer Aspekt der Ruhe ist die sogenannte<br />

«akustis<strong>ch</strong>e Privatheit». Darunter<br />

versteht man die persönli<strong>ch</strong>e Kontrolle <strong>des</strong><br />

Mens<strong>ch</strong>en über die in ihn eindringenden<br />

oder von ihm ausgehenden Geräus<strong>ch</strong>e. Sie<br />

wird dann verletzt, wenn die betroffene Person<br />

diese Geräus<strong>ch</strong>e für unerwüns<strong>ch</strong>t hält.<br />

<strong>Die</strong> Qualität besteht ni<strong>ch</strong>t aus der Abwesenheit<br />

von Lärm, sondern aus der Selbstbestimmung<br />

über die Geräus<strong>ch</strong>e bzw. den<br />

Lärm. Im Innern eines Hauses ist der<br />

Anspru<strong>ch</strong> an die akustis<strong>ch</strong>e Privatheit grösser<br />

als im Aussenberei<strong>ch</strong>. <strong>Die</strong>ser Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />

Der na<strong>ch</strong>frageorientierte Wohnungsmarkt ma<strong>ch</strong>t<br />

es lärmigen Lagen s<strong>ch</strong>wer<br />

Ein Blick in die Wohnungsinserate zeigt klar, dass die ruhige<br />

Lage zum Aushänges<strong>ch</strong>ild gehört. Umgekehrt lässt der fehlende<br />

Hinweis auf die Ruhe bereits aufhor<strong>ch</strong>en: Ist hier etwas faul?<br />

Raus<strong>ch</strong>t mir da eine Autobahn dur<strong>ch</strong>s S<strong>ch</strong>lafzimmer? Trotz härter<br />

gewordenem Wohnungsmarkt wird an wenig attraktiven<br />

Lagen no<strong>ch</strong> immer knapp am Lärmgrenzwert gebaut. Man<br />

staunt erst, wenn dort niemand mehr einziehen will.<br />

könnte si<strong>ch</strong> etwa bei der Beurteilung der<br />

Lautheit eines Flugzeugs bestätigen. <strong>Die</strong>se<br />

wird innerhalb <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> als genauglei<strong>ch</strong><br />

beurteilt wie ausserhalb, obwohl das<br />

Geräus<strong>ch</strong> innen physikalis<strong>ch</strong> gesehen<br />

beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> leiser ist.<br />

Immer mehr Na<strong>ch</strong>tlärm<br />

<strong>Die</strong> Bevölkerung legt heute grösseren Wert<br />

auf eine ruhige Wohnlage als no<strong>ch</strong> vor<br />

30 Jahren. Mit ein Grund für diese Entwicklung<br />

ist si<strong>ch</strong>er das erhebli<strong>ch</strong> gewa<strong>ch</strong>sene<br />

Verkehrsaufkommen. <strong>Die</strong> Fahrzeuge und<br />

Flugzeuge sind zwar leiser geworden, do<strong>ch</strong><br />

wird dieser Effekt dur<strong>ch</strong> die gestiegene<br />

Anzahl und die grössere Fahrleistung mehr<br />

als aufgehoben. Unter dem Stri<strong>ch</strong> hat die<br />

Geräus<strong>ch</strong>belastung der Bevölkerung zugenommen.<br />

Vorab die Zunahme <strong>des</strong> Verkehrs in den<br />

Abend- und Na<strong>ch</strong>tstunden und damit die<br />

Verkürzung der nä<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Ruhephase<br />

trägt dazu bei, dass heute sensibler auf Lärmimmissionen<br />

reagiert wird. Um in der Na<strong>ch</strong>t<br />

geweckt zu werden, genügen nämli<strong>ch</strong><br />

bereits wenige laute S<strong>ch</strong>allereignisse. Mit<br />

der geforderten und viellei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> notwendigen<br />

Flexibilisierung der Arbeitszeiten<br />

und der starken Zunahme <strong>des</strong> Freizeitverkehrs<br />

wird si<strong>ch</strong> dieses Problem no<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>ärfen.<br />

Thomas Gastberger<br />

25<br />

<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong><br />

Lärms<br />

Bes<strong>ch</strong>ränkter gesetzli<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>utz<br />

Lärm – im Sinne von unerwüns<strong>ch</strong>tem S<strong>ch</strong>all<br />

– entsteht im Wohnberei<strong>ch</strong> vorab dur<strong>ch</strong><br />

Geräte der Unterhaltungselektronik sowie<br />

dur<strong>ch</strong> andere Aktivitäten der Bewohnerinnen<br />

und Bewohner. Hinzu kommen externe<br />

Quellen wie Verkehrslärm von Strassen,<br />

Bahnen und Flugzeugen sowie Geräus<strong>ch</strong>e<br />

aus der Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft. S<strong>ch</strong>all, der im Hausinnern<br />

entsteht und S<strong>ch</strong>all, der von aussen<br />

ins offene Haus eindringt, verlangen na<strong>ch</strong><br />

grundsätzli<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedenen Formen von<br />

Lärms<strong>ch</strong>utz.<br />

Um den Te<strong>ch</strong>no-Sound <strong>des</strong> Na<strong>ch</strong>barn ni<strong>ch</strong>t<br />

mithören zu müssen, ist eine gute S<strong>ch</strong>allisolation<br />

der Wände und Böden notwendig.<br />

<strong>Die</strong> eins<strong>ch</strong>lägigen Baunormen für den<br />

S<strong>ch</strong>alls<strong>ch</strong>utz im Ho<strong>ch</strong>bau (SIA-Norm 181)<br />

legen für neue Häuser die Min<strong>des</strong>tanforderungen<br />

fest. Ältere Gebäude erfüllen diese<br />

Vorgaben in den meisten Fällen no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t.<br />

Geräus<strong>ch</strong>e aus der Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft und von<br />

Verkehrsa<strong>ch</strong>sen verlangen na<strong>ch</strong> einer S<strong>ch</strong>allisolation<br />

der Aussenhülle. Gute Fenster<br />

s<strong>ch</strong>ützen nur, wenn sie ges<strong>ch</strong>lossen sind.<br />

Wohnqualität verlangt jedo<strong>ch</strong>, dass si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> bei offenem Fenster leben lässt. Aus<br />

diesem Grund dürfen na<strong>ch</strong> Lärms<strong>ch</strong>utzverordnung<br />

(LSV) die massgebenden Grenzwerte<br />

in der Mitte <strong>des</strong> offenen Fensters<br />

ni<strong>ch</strong>t übers<strong>ch</strong>ritten werden.


Immer mehr wird au<strong>ch</strong> der Ruhe im direkten<br />

Wohnungsumfeld ein hoher Stellenwert<br />

beigemessen. <strong>Die</strong> LSV s<strong>ch</strong>ützt jedo<strong>ch</strong> nur<br />

die Wohn- und S<strong>ch</strong>lafzimmer, ni<strong>ch</strong>t aber<br />

den Aussenberei<strong>ch</strong>. Für Gärten, Sitzplätze<br />

und Balkone gelten keine Grenzwerte. <strong>Die</strong><br />

Anforderungen an die offenen Zimmerfenster<br />

garantieren no<strong>ch</strong> kein ruhiges<br />

Wohnumfeld, denn mit einer ges<strong>ch</strong>ickten<br />

Grundrissanordnung kommen die zur Lüftung<br />

notwendigen Fenster zwar lärmabgewandt<br />

zu liegen, während Balkone und<br />

Gartensitzplätze hohen Immissionen ausgesetzt<br />

sind.<br />

Ein aus heutiger Si<strong>ch</strong>t weiterer Mangel der<br />

Gesetzgebung betrifft die Kü<strong>ch</strong>e. <strong>Die</strong>ser<br />

Raum, obwohl häufig einer der meistgenutzten<br />

Wohnungsteile, geniesst keinen<br />

S<strong>ch</strong>utz und ist gemäss LSV einem Badezimmer<br />

glei<strong>ch</strong>gestellt. Während in Betriebsräumen<br />

ohne erhebli<strong>ch</strong>en Eigenlärm (z.B.<br />

Büros, Ladenräume, Ateliers) ein gegenüber<br />

dem Wohnen um 5 dB(A) höherer Belastungsgrenzwert<br />

gilt, hat der Betriebsraum<br />

im Haushalt den Status einer Besenkammer.<br />

Je na<strong>ch</strong> Auslegung ist zumin<strong>des</strong>t die<br />

Wohnkü<strong>ch</strong>e ein lärmempfindli<strong>ch</strong>er Raum.<br />

Lärmsensibles Wo<strong>ch</strong>enende<br />

Lärm stört in der Na<strong>ch</strong>t mehr als am Tag. <strong>Die</strong><br />

Grenzwerte der LSV haben diesen Sa<strong>ch</strong>verhalt<br />

mit einer Differenz von 10 dB(A)<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigt. Untersu<strong>ch</strong>t man, wann der<br />

Lärm vor allem stört, so zeigt si<strong>ch</strong>, dass er<br />

am Wo<strong>ch</strong>enende mehr belastet als an<br />

Werktagen. <strong>Die</strong>ser Aspekt ist nur beim<br />

S<strong>ch</strong>iesslärm berücksi<strong>ch</strong>tigt worden. Zudem<br />

fühlen si<strong>ch</strong> die Betroffenen abends ab<br />

18 Uhr überproportional belästigt. <strong>Die</strong><br />

Grenzen für Industrie- und Gewerbelärm<br />

nehmen Rücksi<strong>ch</strong>t auf die Abendstunden,<br />

indem die Na<strong>ch</strong>t bereits um 19 Uhr beginnt.<br />

Bei den weitaus dominanteren Lärmquellen<br />

Strasse und Bahn kommt die strengere<br />

Na<strong>ch</strong>tbewertung jedo<strong>ch</strong> erst um 22 Uhr zur<br />

Anwendung.<br />

Thomas Gastberger ist Mitarbeiter bei der<br />

Fa<strong>ch</strong>stelle Lärms<strong>ch</strong>utz <strong>des</strong> Kantons Züri<strong>ch</strong><br />

Kriterien bei der Wohnungssu<strong>ch</strong>e<br />

Gewi<strong>ch</strong>tung in %<br />

Originalität der Bauweise<br />

Grösse der Nebenräume<br />

Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aftsverhältnisse<br />

Parkplatz/Garage<br />

Einkaufsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

Kinderfreundli<strong>ch</strong>keit<br />

Komfort von Kü<strong>ch</strong>e und Bad<br />

Steuerfuss<br />

Balkon/Sitzplatz/Garten<br />

kurzer Arbeitsweg<br />

guter ÖV-Ans<strong>ch</strong>luss<br />

Haustiere erlaubt<br />

Wärmeisolation<br />

Lärmisolation<br />

Aussenlärmbelastung<br />

Li<strong>ch</strong>t und Sonne<br />

Platzverhältnisse<br />

Miet- bzw. Hypothekarzins<br />

Lärm und Gebäudezustand<br />

Der Gebäudezustand ist Ausdruck der<br />

Gebäudebewirts<strong>ch</strong>aftung dur<strong>ch</strong> die<br />

Eigentümer. Dabei spielt au<strong>ch</strong> der Lärm<br />

eine Rolle. Empiris<strong>ch</strong>e Untersu<strong>ch</strong>ungen<br />

in Biel haben gezeigt, dass der<br />

Gebäudezustand in lärmigen Gebieten<br />

markant s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter ist als derjenige<br />

in ruhigen Quartieren. Vorab Mehrfamilienhäuser<br />

werden bei intensiver<br />

Lärmbelastung häufig auf Abbru<strong>ch</strong><br />

bewirts<strong>ch</strong>aftet. Gewerbli<strong>ch</strong>e Nutzungen,<br />

vor allem an zentralen und gut<br />

frequentierten Lagen, sind lärmresistenter.<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

1<br />

Abb. 1: Bei der Wohnungssu<strong>ch</strong>e errei<strong>ch</strong>t das<br />

Thema Lärm Platz 4. (Quelle NZZ,1988)<br />

Abb. 2: Balkone und Sitzplätze gehören zu<br />

unserer Wohnkultur wie die gute Stube. Trotzdem<br />

kennt die LSV für diese Aussenräume keine<br />

Grenzwerte.<br />

2


Mi<strong>ch</strong>al Arend<br />

Sozialfall Lärm<br />

Vom Lärm sind wir alle betroffen, aber ni<strong>ch</strong>t alle glei<strong>ch</strong>...<br />

<strong>Die</strong> wi<strong>ch</strong>tigsten sozialen <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong> Lärms<br />

betreffen seine Auswirkungen auf<br />

• das physis<strong>ch</strong>e und psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Wohlbefinden<br />

beziehungsweise auf die Gesundheit,<br />

• die Aktivitäten, die Kommunikation und<br />

die Kontakte innerhalb der Wohnung und<br />

in der Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aft sowie<br />

• die Eingliederung in die Gesells<strong>ch</strong>aft und<br />

die Intensität der Beteiligung an vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten.<br />

«Zirkuläre» Aufs<strong>ch</strong>aukelungsprozesse<br />

und Wirkungsketten<br />

Beispiele für Auswirkungen auf die Gesundheit<br />

sind S<strong>ch</strong>lafstörungen und Erholungsdefizite,<br />

die si<strong>ch</strong> in Form geringerer Leistungsfähigkeit<br />

am Arbeitsplatz oder in der<br />

S<strong>ch</strong>ule nieders<strong>ch</strong>lagen können. Personen,<br />

die an lärmigen Lagen wohnen, haben <strong>des</strong>halb<br />

au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tere Voraussetzungen<br />

zum sozialen Aufstieg oder zur Überwindung<br />

ihrer bestehenden S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en und<br />

Bena<strong>ch</strong>teiligungen.<br />

Im Zusammenhang mit den Aktivitäten sind<br />

Situationen zu nennen, in denen Verkehr<br />

und Strassenlärm die innerfamiliäre Kommunikation<br />

und die Spielmögli<strong>ch</strong>keiten für<br />

Kinder ernsthaft beeinträ<strong>ch</strong>tigen. Stark<br />

befahrene Strassen ers<strong>ch</strong>weren und verunmögli<strong>ch</strong>en<br />

aber au<strong>ch</strong> als physis<strong>ch</strong>e Barriere<br />

Na<strong>ch</strong>bars<strong>ch</strong>aftskontakte und tragen so zur<br />

Isolation und Vereinsamung der Anwohnerinnen<br />

und Anwohner bei.<br />

Das Wohnen in der Nähe von lärmigen Verkehrsa<strong>ch</strong>sen<br />

kann au<strong>ch</strong> Gefühle <strong>des</strong> Ausges<strong>ch</strong>lossenseins<br />

und rastlose kompensatoris<strong>ch</strong>e<br />

Hektik und Mobilität zur Folge haben.<br />

In der di<strong>ch</strong>tbesiedelten S<strong>ch</strong>weiz ist Ruhe zu einem knappen Gut geworden, das unglei<strong>ch</strong> an<br />

die vers<strong>ch</strong>iedenen Bevölkerungsgruppen verteilt ist. Zahlungss<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e und/oder anders<br />

bena<strong>ch</strong>teiligte Gruppen müssen si<strong>ch</strong> mit weniger begehrten – und <strong>des</strong>halb günstigeren –<br />

Wohnungen an belärmten Wohnlagen begnügen. Privilegierte Bevölkerungsteile können<br />

dem von ihnen mitverursa<strong>ch</strong>ten Lärm auswei<strong>ch</strong>en, indem sie si<strong>ch</strong> an ruhigeren Wohnlagen<br />

niederlassen. <strong>Die</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Lärmbelastungen der Haushalte haben wi<strong>ch</strong>tige soziale<br />

<strong>Folgen</strong> und Auswirkungen: Über vers<strong>ch</strong>iedene Wirkungsketten zementiert und verstärkt<br />

der Lärm die bestehenden gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>iede und Unglei<strong>ch</strong>heiten.<br />

<strong>Die</strong>s verdeutli<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong>mals das im Zusammenhang<br />

mit dem Verkehr und Verkehrslärm<br />

wi<strong>ch</strong>tige Phänomen der «zirkulären<br />

Aufs<strong>ch</strong>aukelung», weil der Strassen- bzw.<br />

Verkehrslärm die Betroffenen zur Su<strong>ch</strong>e<br />

na<strong>ch</strong> Ruhe und Erholung in Form weiterer<br />

Autofahrten zwingen kann.<br />

Attraktive und ni<strong>ch</strong>t begehrte<br />

Wohnlagen auf kleinem Raum<br />

Der Lärm beeinträ<strong>ch</strong>tigt die Wohnattraktivität<br />

und verändert na<strong>ch</strong>haltig den<br />

Siedlungsraum. Während früher die Unterteilung<br />

in gute und weniger gute Wohngegenden<br />

in der Regel grössere, zusammenhängende<br />

Stadt- und Agglomerationsteile<br />

betraf, bewirkt heute der fast überall vorhandene<br />

Strassenverkehr und seine Immissionen<br />

ein kleinmassstäbli<strong>ch</strong>es Nebeneinander<br />

guter und s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter Wohnlagen. <strong>Die</strong><br />

Verkehrskanalisierung auf stark befahrene<br />

A<strong>ch</strong>sen und die Verkehrsberuhigung dazwis<strong>ch</strong>en<br />

verstärken zusätzli<strong>ch</strong> diese Entwicklung.<br />

<strong>Die</strong> Bevölkerungsverteilung in den<br />

Städten folgte früher dem grossflä<strong>ch</strong>igen<br />

Muster der «konzentris<strong>ch</strong>en Kreise» mit<br />

starken Massierungen von sozial- und<br />

zahlungs<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en Problemgruppen in<br />

zentrumsnahen Gebieten. Heute gibt es<br />

Anzei<strong>ch</strong>en einer Revitalisierung der Innenstädte.<br />

Glei<strong>ch</strong>zeitig werden Wohngebiete<br />

am Stadtrand und im Stadtumland abgewertet.<br />

Dabei handelt es si<strong>ch</strong> meist um<br />

Gebiete entlang von Korridoren mit starken<br />

Lärmbelastungen, wo häufig au<strong>ch</strong> die<br />

Unterhalts- und Renovationsarbeiten verna<strong>ch</strong>lässigt<br />

werden.<br />

Das di<strong>ch</strong>te Ineinander auf- und abgewerte-<br />

27<br />

<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong><br />

Lärms


ter Wohnlagen wirkt si<strong>ch</strong> auf die soziale<br />

Zusammensetzung der Wohnbevölkerung<br />

aus und hat eine wesentli<strong>ch</strong> grössere soziale<br />

Heterogenität der als Na<strong>ch</strong>barn nebeneinander<br />

wohnenden Personen zur Folge. <strong>Die</strong><br />

stärkere soziale Dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>ung hat neben<br />

vielen Vorteilen au<strong>ch</strong> ihre problematis<strong>ch</strong>en<br />

Seiten: Kollektive Selbstverständnisse müssen<br />

dur<strong>ch</strong> individuelle Identitäten ersetzt<br />

werden, mit deren Aufbau viele überfordert<br />

sind. Ähnli<strong>ch</strong>e Überforderungen – diesmal<br />

finanzieller Art – kann das Kopieren und die<br />

Übernahme abges<strong>ch</strong>auter teurer Lebensund<br />

Konsumstile zahlungsstärkerer sozialer<br />

Gruppen na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> ziehen. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> kann<br />

die kleinräumige soziale Dur<strong>ch</strong>mis<strong>ch</strong>ung<br />

au<strong>ch</strong> im Zusammenhang mit fremdenfeindli<strong>ch</strong>en<br />

und rassistis<strong>ch</strong>en Übergriffen zum<br />

Problem werden, weil si<strong>ch</strong> einzelne fremdartige<br />

Individuen und Haushalte inmitten<br />

einheimis<strong>ch</strong>er Mehrheiten gegen sol<strong>ch</strong>e<br />

Übergriffe weniger gut zur Wehr setzen<br />

können.<br />

An lärmigen Orten dominieren die Ausländerhaushalte.<br />

Von den rund zwanzig Strassenzügen<br />

mit den hö<strong>ch</strong>sten Ausländeranteilen sind die<br />

meisten au<strong>ch</strong> stark befahrene Verkehrsa<strong>ch</strong>sen<br />

oder sie liegen in der Nähe von Transitrouten.<br />

Keine Alternativen für Rentner,<br />

Ausländer und Alleinerziehende<br />

An lärmigen Orten wohnen vor allem Mens<strong>ch</strong>en,<br />

denen aufgrund ihrer niedrigen<br />

Zahlungsfähigkeit und/oder ihrer Diskriminierung<br />

bei der Wohnungsvergabe keine<br />

oder wenige Alternativen offenstehen.<br />

<strong>Die</strong>se Gruppen sind <strong>des</strong>halb au<strong>ch</strong> «Garanten<br />

der Vermietbarkeit» wenig begehrter,<br />

lärmbelasteter Wohnsubstanz. Bevölkerungsgruppen,<br />

die besonders häufig an Wohnlagen<br />

mit starkem Verkehrslärm wohnen,<br />

sind beispielsweise<br />

• zahlungss<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e Rentner- und Betagtenhaushalte,<br />

die unter Umständen s<strong>ch</strong>on<br />

lange in der glei<strong>ch</strong>en Wohnung wohnen<br />

und hier au<strong>ch</strong> dann bleiben, wenn der aufkommende<br />

Verkehr das Wohnumfeld<br />

entwertet. Der Isolationseffekt von Strassenverkehr<br />

und Lärm kann für Betagte<br />

besonders s<strong>ch</strong>werwiegend sein, wenn sie<br />

zusammen mit physis<strong>ch</strong>en Gebre<strong>ch</strong>en und<br />

einer sowieso vorhandenen Rückzugsneigung<br />

auftreten.<br />

• Ausländerhaushalte, deren Anteil an stark<br />

befahrenen Strassen ohne weiteres au<strong>ch</strong> 60<br />

Prozent und mehr ausma<strong>ch</strong>en kann. <strong>Die</strong>ser<br />

vielerorts faktis<strong>ch</strong> errei<strong>ch</strong>te Anteil steht im<br />

s<strong>ch</strong>arfen Kontrast zur normativen Vorstellung<br />

der meisten institutionellen Vermieter<br />

und Eigentümer, die in ihren Liegens<strong>ch</strong>aften<br />

und Überbauungen einen ausgewogenen<br />

«Mietermix» anstreben. Vor dem Hintergrund<br />

der drohenden Leerstände und Mietzinsausfälle<br />

werden aber wenig begehrte<br />

Wohnungen an (fast) jeden Haushalt vermietet,<br />

der regelmässige Mietzahlungen in<br />

Aussi<strong>ch</strong>t stellt.<br />

• Alleinerziehende, die häufig in Krisensituationen<br />

s<strong>ch</strong>nell eine billige Mehrzimmerwohnung<br />

brau<strong>ch</strong>en und zudem besonders<br />

stark auf s<strong>ch</strong>nelle Verkehrsverbindungen<br />

und gute Errei<strong>ch</strong>barkeit ihrer Aktivitäts- und<br />

Kontaktorte angewiesen sind.<br />

Gemeinsam für alle drei Gruppen ist der<br />

Umstand, dass das Wohnen in billigeren<br />

Wohnungen an stark belärmten Lagen das<br />

Haushaltsbudget entlastet, in anderen<br />

Zusammenhängen aber den Zielen ihrer<br />

sozialen Integration, der Beteiligung an<br />

Kontakten sowie gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Aktivitäten und der Überwindung<br />

ihrer S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>en, Defizite und<br />

Bena<strong>ch</strong>teiligungen ni<strong>ch</strong>t gerade förderli<strong>ch</strong> ist.<br />

Strassen mit hö<strong>ch</strong>stem Anteil an ausländis<strong>ch</strong>er Wohnbevölkerung in Züri<strong>ch</strong><br />

Mi<strong>ch</strong>al Arend ist Soziologe und Partner<br />

beim Planungsbüro synergo in Züri<strong>ch</strong><br />

Grünaustrasse<br />

2<br />

Bernerstrasse Nord<br />

Knüslistrasse<br />

2<br />

Ko<strong>ch</strong>strasse<br />

2<br />

Zimmerlistrasse<br />

1<br />

Friesstrasse<br />

Neufrankengasse<br />

Hildastrasse<br />

2<br />

Weststrasse<br />

Manessestrasse<br />

S<strong>ch</strong>wandenwiesen<br />

1<br />

Rosengartenstrasse<br />

Motorenstrasse<br />

Ba<strong>ch</strong>mattweg<br />

1<br />

Gasometerstrasse<br />

Dubsstrasse<br />

1<br />

Hardstrasse<br />

Militärstrasse<br />

Meinrad-Lienertstrasse<br />

2<br />

0<br />

3<br />

25 50 75 100<br />

Lärmbelastung an der Hausfassade (Tagwert) in dB(A)<br />

Ausländeranteil in %<br />

1 nur Quartierverkehr<br />

2 nur Quartierverkehr, aber im Einflussberei<strong>ch</strong> stark befahrener Strassen<br />

3 dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>er Ausländeranteil in der Stadt Züri<strong>ch</strong>


Der Meis hat seinen Preis<br />

Rolf Iten<br />

Der Verkehrslärm produziert Kosten,<br />

wel<strong>ch</strong>e die Verursa<strong>ch</strong>er ni<strong>ch</strong>t selber tragen<br />

Ruhe ist ein Gut, das eine immer grössere Werts<strong>ch</strong>ätzung erfährt.<br />

Das sehen wir daran, dass wir immer mehr unternehmen, um dem<br />

Alltagsstress zu entfliehen und Ruhe an einem stillen Ort zu geniessen.<br />

Oder daran, dass au<strong>ch</strong> immer mehr in Ruhe investiert wird –<br />

etwa in Form von Lärms<strong>ch</strong>utzfenstern oder Lärms<strong>ch</strong>utzwänden. Auf<br />

der andern Seite bedeutet dies, dass die Erzeugung von Lärm zu ökonomis<strong>ch</strong>en<br />

Kosten führt. <strong>Die</strong>se können auf vers<strong>ch</strong>iedene Arten<br />

gemessen oder besser ges<strong>ch</strong>ätzt werden. Da es si<strong>ch</strong> weder bei der<br />

Ruhe no<strong>ch</strong> ihrem negativen Pendant – dem Lärm – um marktmässig<br />

gehandelte Güter handelt, muss man si<strong>ch</strong> etwas einfallen lassen, will<br />

man diese in ökonomis<strong>ch</strong>en Kategorien, das heisst in Geldeinheiten,<br />

erfassen.<br />

Ein mögli<strong>ch</strong>er Weg, den Lärm in Franken<br />

auszudrücken, besteht darin, eine Art Spurensi<strong>ch</strong>erung<br />

zu betreiben. Dabei gilt es,<br />

den Spuren na<strong>ch</strong>zugehen, wel<strong>ch</strong>e Ruhe<br />

bzw. Lärm in der ökonomis<strong>ch</strong>en Sphäre – in<br />

den Marktpreisen oder in den Budgets von<br />

Haushalten und Unternehmen – hinterlassen.<br />

Beispielsweise können die Aufwendungen,<br />

die wir auf uns nehmen, um Ruhe zu<br />

erhalten, als Massstab für die geldmässige<br />

Werts<strong>ch</strong>ätzung für Ruhe interpretiert werden.<br />

Denn mit den Auslagen für Lärms<strong>ch</strong>utzfenster<br />

oder -wände kaufen wir uns<br />

gewissermassen Ruhe. Eine andere Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />

die Kosten <strong>des</strong> Lärms in Franken zu<br />

bewerten besteht darin, die Auswirkungen<br />

von Lärmbelästigungen auf Grundstückspreise<br />

oder Wohnungsmieten zu untersu<strong>ch</strong>en.<br />

Es zeigt si<strong>ch</strong>, dass verglei<strong>ch</strong>bare<br />

Wohnungen mehr kosten, wenn sie an<br />

ruhiger Lage sind. Umgekehrt sind lärmbelastete<br />

Wohnungen verglei<strong>ch</strong>sweise billiger.<br />

<strong>Die</strong> Preisdifferenzen lassen si<strong>ch</strong> wiederum<br />

als Aufpreis für das Gut Ruhe bzw. als Preisabs<strong>ch</strong>lag<br />

für das «Ungut» Lärm interpretieren.<br />

29<br />

<strong>Die</strong> <strong>indirekten</strong> <strong>Folgen</strong> <strong>des</strong><br />

Lärms<br />

Lärmkosten sind beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />

Es liegen heute eine ganze Reihe von Studien<br />

vor, wel<strong>ch</strong>e mit Hilfe von ausgeklügelten<br />

statistis<strong>ch</strong>en Methoden die Folgekosten<br />

der Lärmerzeugung abs<strong>ch</strong>ätzen. Das S<strong>ch</strong>wergewi<strong>ch</strong>t<br />

liegt dabei auf der Bewertung <strong>des</strong><br />

Lärms, den der Verkehr erzeugt. <strong>Die</strong>ser ist<br />

mit Abstand der grösste Lärmverursa<strong>ch</strong>er.<br />

Knapp 30 Prozent der Bevölkerung sind<br />

heute kritis<strong>ch</strong>en Lärmbelästigungen dur<strong>ch</strong><br />

den Strassenverkehr ausgesetzt. Aber au<strong>ch</strong><br />

der Eisenbahnlärm ist bedeutend. Und der<br />

Luftverkehrslärm ist in der Umgebung der<br />

grossen Lan<strong>des</strong>flughäfen bereits vor geraumer<br />

Zeit als grosses Problem erkannt wor-


den. <strong>Die</strong> Bewertung erfolgte in der Regel<br />

mit der Methode der Mietpreisverglei<strong>ch</strong>e.<br />

<strong>Die</strong> Studien (vgl. Literaturliste) kommen auf<br />

verglei<strong>ch</strong>bare Grössenordnungen. In vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Städten der S<strong>ch</strong>weiz (Züri<strong>ch</strong>,<br />

Basel, Neuenburg) sind für die Wohnungen<br />

mit einer Immissionsbelastung über 50 dB(A)<br />

am Tag dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>e Mietpreisunters<strong>ch</strong>iede<br />

von 70 bis 100 Franken pro Monat<br />

zu beoba<strong>ch</strong>ten, wel<strong>ch</strong>e auf die zusätzli<strong>ch</strong>e<br />

Lärmbelastung der Wohnungen zurückzuführen<br />

sind. <strong>Die</strong>se Studien beziehen si<strong>ch</strong> auf<br />

den Strassenverkehr, mit Ausnahme derjenigen<br />

von Pommerehne, wel<strong>ch</strong>e au<strong>ch</strong> den<br />

Luftverkehr einbezieht.<br />

Grundsätzli<strong>ch</strong> lassen si<strong>ch</strong> die Ergebnisse<br />

jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> auf den S<strong>ch</strong>ienenlärm übertragen,<br />

wobei ein dem S<strong>ch</strong>ienenlärm übli<strong>ch</strong>erweise<br />

zugespro<strong>ch</strong>ener «Lärmbonus» von<br />

fünf dB(A) zu berücksi<strong>ch</strong>tigen ist. Ausgehend<br />

von diesen beoba<strong>ch</strong>teten Mietpreisunters<strong>ch</strong>ieden<br />

können die gesamten in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz anfallenden Lärmkosten ges<strong>ch</strong>ätzt<br />

werden. Zu diesem Zweck sind die Mietpreisunters<strong>ch</strong>iede<br />

pro Lärmklasse mit der<br />

entspre<strong>ch</strong>enden Zahl an lärmexponierten<br />

Wohnungen ho<strong>ch</strong>zure<strong>ch</strong>nen. Gemäss den<br />

S<strong>ch</strong>ätzungen <strong>des</strong> <strong>Die</strong>nstes für Gesamtverkehrsfragen<br />

liegen die Kosten für den Strassen-<br />

und S<strong>ch</strong>ienenverkehr in einer Grössenordnung<br />

von über einer Milliarde Franken<br />

pro Jahr. Davon ist der Grossteil der Kosten<br />

– gegen 90 Prozent – auf den Strassenverkehr<br />

zurückzuführen.<br />

... die zu internalisieren sind<br />

Um diese «Übermobilität» zu reduzieren<br />

und das optimale Niveau an Mobilität zu<br />

errei<strong>ch</strong>en, sind die externen Kosten im<br />

allgemeinen und die hier im Vordergrund<br />

stehenden Lärmkosten im speziellen zu<br />

internalisieren. <strong>Die</strong> Kosten sind gemäss<br />

Verursa<strong>ch</strong>erprinzip den Verursa<strong>ch</strong>ern anzulasten<br />

und damit das Postulat der Kostenwahrheit<br />

umzusetzen. Zur Zeit bearbeitet<br />

INFRAS im Rahmen <strong>des</strong> Nationalen Fors<strong>ch</strong>ungsprogramms<br />

Nr. 41, «Verkehr und<br />

Umwelt» ein Projekt mit dem Titel «Faire<br />

und effiziente Preise im Verkehr». In dieser<br />

Studie wird ein Konzept für die Umsetzung<br />

<strong>des</strong> Gedankens der Kostenwahrheit in der<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Verkehrspolitik entwickelt.<br />

Na<strong>ch</strong> vorläufigen Ergebnissen zeigt si<strong>ch</strong>,<br />

dass im Lärmberei<strong>ch</strong> der Grundsatz Kostenwahrheit<br />

mit einem Instrumentenmix –<br />

bestehend aus aktiven und passiven S<strong>ch</strong>alls<strong>ch</strong>utzmassnahmen<br />

und verbunden mit<br />

einer verursa<strong>ch</strong>ergere<strong>ch</strong>ten Finanzierung –<br />

fair und effizient umgesetzt werden kann.<br />

<strong>Die</strong> geldmässige Bewertung der gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Werts<strong>ch</strong>ätzung für Ruhe kann<br />

somit einen Beitrag leisten auf dem Weg in<br />

eine «ruhigere» Zukunft.<br />

Rolf Iten ist Mitglied der Ges<strong>ch</strong>äftsleitung<br />

<strong>des</strong> Wirts<strong>ch</strong>afts- und Umweltberatungsbüros<br />

INFRAS in Züri<strong>ch</strong><br />

Externe jährli<strong>ch</strong>e Lärmkosten für Strassenund<br />

S<strong>ch</strong>ienenverkehr<br />

Güterverkehr<br />

Strasse<br />

274 Mio.<br />

Personenverkehr<br />

S<strong>ch</strong>iene<br />

119 Mio.<br />

Güterverkehr<br />

S<strong>ch</strong>iene<br />

26 Mio.<br />

Personenverkehr<br />

Strasse<br />

601 Mio.<br />

Abb. 1: Insgesamt resultieren jährli<strong>ch</strong>e Lärmkosten<br />

von 1,02 Milliarden Franken (Stand 1993).<br />

Im Gegensatz zu Aufwendungen für Infrastrukur-<br />

und Unfallfolgen gelten alle ermittelten<br />

Lärmkosten als extern. Sie werden vollständig<br />

der Allgemeinheit aufgebürdet.<br />

(Quelle INFRAS 1996)<br />

Abb. 2: Dass in di<strong>ch</strong>ten Siedlungsgebieten au<strong>ch</strong><br />

hohe Lärmkosten anfallen überras<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t.<br />

Erstaunli<strong>ch</strong> sind hingegen die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Anteile von ÖV und IV in Züri<strong>ch</strong> und Bern. Geht<br />

man von einem ähnli<strong>ch</strong>en Modal-Split aus, so<br />

dürften das neue (und leisere) Rollmaterial der<br />

Zür<strong>ch</strong>er S-Bahn und die höherer Auslastung zum<br />

Untersu<strong>ch</strong>ungszeitpunkt für die verglei<strong>ch</strong>sweise<br />

tiefen Lärmkosten verantwortli<strong>ch</strong> sein.<br />

(Quelle Frey 1994)<br />

1<br />

Lärmkosten<br />

sind externe Kosten...<br />

<strong>Die</strong> Kosten der Lärmbelastung sind sogenannte<br />

externe Kosten. Externe Kosten sind<br />

– wie interne Kosten (z.B. Ausgaben für Benzin<br />

oder Fahrzeuge) – Aufwendungen, die<br />

aufgrund einer bestimmten Tätigkeit anfallen.<br />

Im Gegensatz zu den internen (privaten)<br />

Kosten werden diese von den Personen bei<br />

ihren Ents<strong>ch</strong>eidungen ni<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt,<br />

da sie ni<strong>ch</strong>t bei ihnen direkt, sondern bei<br />

der Allgemeinheit anfallen. Jede Autofahrt<br />

führt zu Lärmbelästigungen und damit zu<br />

Lärmkosten bei Dritten. Ebenso werden von<br />

den Autofahrenden in aller Regel die Kosten<br />

ni<strong>ch</strong>t berücksi<strong>ch</strong>tigt, die zum Beispiel aus<br />

Unfallfolgen und für verkehrsbedingte Luftvers<strong>ch</strong>mutzung<br />

und Klimas<strong>ch</strong>äden entstehen.<br />

Externe Kosten führen dazu, dass<br />

gewisse Tätigkeiten in grösserem Ausmass<br />

ausgeführt werden, als dies gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />

wüns<strong>ch</strong>enswert wäre. Da im Verkehrsberei<strong>ch</strong><br />

heute bedeutende externe Kosten<br />

anfallen – insgesamt werden sie auf eine<br />

Grössenordnung von 10 Milliarden Franken<br />

pro Jahr ges<strong>ch</strong>ätzt – ist davon auszugehen,<br />

dass unser gegenwärtiges Mobilitätsniveau<br />

zu ho<strong>ch</strong> ist.<br />

Externe jährli<strong>ch</strong>e Lärmkosten <strong>des</strong> Verkehrs in drei Agglomerationen<br />

Individualverkehr<br />

öffentli<strong>ch</strong>er Verkehr<br />

Agglomeration Züri<strong>ch</strong> 300 Mio Fr. 10 Mio Fr.<br />

Region Bern (VZRB) 70 Mio Fr. 8 Mio Fr.<br />

Stadt Neu<strong>ch</strong>âtel<br />

5 Mio Fr.<br />

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