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Gottesdienst am Sonntag Laetare - Evangelisch-lutherischen ...

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Text: Phil 1,15-21<br />

<strong>Gottesdienst</strong> <strong>am</strong> <strong>Sonntag</strong> <strong>Laetare</strong> – 18. März 2012<br />

Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber<br />

Liebe Gemeinde,<br />

an diesem <strong>Sonntag</strong> stellen sich überall in Niedersachsen Menschen zur Wahl in den<br />

Kirchenvorstand ihrer Gemeinde. Sie sind willig und bereit, in den nächsten sechs<br />

Jahren ihre Gemeinden zu leiten, Verantwortung zu übernehmen, verlässlich dabei<br />

zu sein und mit ihrer Person unserer Kirche Gesicht und Gestalt zu geben.<br />

Davor habe ich tiefen Respekt und bin ungemein dankbar und das nicht nur, weil wir<br />

ein ernsthaftes Problem hätten, wenn unsere Gemeinden als selbständige<br />

Körperschaften öffentlichen Rechts nicht mehr in der Lage wären, ihre eigenen<br />

Vorstände zus<strong>am</strong>menzubringen. Nein, ich bin auch froh und glücklich zu erleben, wie<br />

vielen ganz verschiedene Menschen Kirche so wichtig ist, dass sie sich dafür auch<br />

jenseits der Privatsache, die Glaubensentscheidungen auch immer sind, stark<br />

machen.<br />

Ich fahre an vielen Abenden des Jahres in Kirchenvorstände auf den Dörfern und in<br />

den Städten unserer Landeskirche und oft staune ich, dass Menschen neben allem<br />

anderen, was unsere Kraft, Aufmerks<strong>am</strong>keit, Energie und Zeit braucht, auch noch<br />

Stunde um Stunde in unsere Kirche stecken. Zeit ist ja ein hohes Gut und die<br />

Geschwindigkeit unseres Alltages hat sie so kostbar gemacht, dass sich viele<br />

Menschen bei allem guten Willen nur noch ein projektweises ehren<strong>am</strong>tliches<br />

Engagement vorstellen können.<br />

Dass das Kirchenvorstands<strong>am</strong>t dabei nicht immer ein einfacher Job ist, muss ich<br />

nicht extra betonen. Aber ich will ausdrücklich sagen: Sie machen – wie es in der<br />

K<strong>am</strong>pagne zur Kirchenvorstandswahl 2012 heißt – Gemeinde stark.<br />

Und ich möchte heute, ehe die Wahlergebnisse <strong>am</strong> Abend ausgezählt sind, ganz<br />

ausdrücklich auch sagen: Sie machen unsere Gemeinden nicht nur dann stark, wenn<br />

Sie heute gewählt werden, sondern auch, indem Sie sich für das<br />

Kirchenvorstands<strong>am</strong>t zur Verfügung stellen und kandidieren. Denn es macht fröhlich<br />

und zuversichtlich, ja es sieht regelrecht gut aus, wenn von den Plakaten mit den<br />

Wahlvorschlägen, Frauen und Männer, Junge und Alte, gucken und man das Gefühl<br />

1


hat: ja, die Arbeit ruht auf vielen Schultern, viele Händen fassen an, viele Köpfe<br />

denken mit, viele Herzen nehmen Anteil, viele Münder reden von unserem Gott<br />

mitten in unserer Welt.<br />

Dabei stehen Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorstehers vor echten<br />

Herausforderungen, denn vieles muss miteinander auf den Weg gebracht und<br />

entschieden werden, manches ist mühs<strong>am</strong> zu verstehen und weil wir uns nun einmal<br />

entschieden haben, dass kein Amt über einem Anderen stehen soll und jeder<br />

Getaufte ein unentbehrlicher Stein im Bauplan des Herrn ist, müssen möglichst auch<br />

viele beteiligt und gehört werden, wenn wir miteinander Kirche im Braunschweiger<br />

Land bauen.<br />

Das macht Prozesse manchmal mühs<strong>am</strong> und schwerfällig und nicht immer so kreativ<br />

und erfrischend, wie man es sich vielleicht erhofft hat. Von den Schwächen, die<br />

ohnehin jeder von uns – weil wir ja nun eben alle Menschen sind – in den Pool<br />

einbringt, ganz zu schweigen.<br />

Was braucht es also angesichts dieser Gemengelage, um Gemeinden tatsächlich<br />

stark machen zu können und dieses Amt so ausfüllen zu können, dass es nicht nur<br />

unseren Gemeinden und den Menschen vor Ort zum besten dient, sondern auch<br />

Spass macht?<br />

Ich würde Folgendes benennen:<br />

Bekennermut - ein gerades Kreuz – und ein fröhliches Herz.<br />

Bekennermut, weil es darum geht, für den Glauben an Jesus Christus auch nach<br />

außen hin einzustehen und dass in einer Zeit, in der die Zugehörigkeit zu einer<br />

christlichen Kirche keineswegs mehr selbstverständlich ist und vieles von dem, was<br />

wir für das Allgemeingut und die Grundlage unserer abendländischen Kultur halten<br />

fremd geworden und vergessen ist.<br />

Ein gerades Kreuz – die Menschen in unseren Gemeinden und auch die, die nicht<br />

dazugehören, haben klare und oft auch große Erwartungen daran, wie Kirche<br />

funktioniert und aufgestellt sein soll, wie sie sich zu den gesellschaftlichen Fragen<br />

unserer Zeit verhält und nicht zuletzt, wie ihre Glieder miteinander umgehen. Das<br />

birgt Konfliktpotential. Darum braucht es Aufrichtigkeit und Durchhaltevermögen,<br />

denn wenn wir erkennbar bleiben wollen, muss man uns ins Gesicht und in die<br />

Augen sehen können. Das geht nur, wenn wir uns gerade halten.<br />

2


Und schließlich – aber nicht zuletzt: ein fröhliches Herz, denn all das soll uns ja<br />

nicht erschlagen und erdrücken. Es geht ja um eine wunderbar gute Nachricht, deren<br />

Wahrheit und Kraft wir nicht erzwingen müssen, sondern die uns immer neu<br />

geschenkt wird.<br />

Bekennermut - ein gerades Kreuz – und ein fröhliches Herz.<br />

All das sind, denke ich, nicht Gaben und Eigenschaften, die glücklich<br />

zus<strong>am</strong>menkommen. Nein, ich glaube, sie bedingen einander regelrecht, eines geht<br />

oft nicht ohne das andere – jedenfalls nicht auf so lange Sicht, wie es eine<br />

Kirchenvorstandslegislatur ist und sie sind ganz sicher Gaben des Heiligen Geistes.<br />

Dieser Wahlsonntag heute liegt dabei mitten in der Passionszeit. Es ist die Zeit der<br />

Vorbereitung auf das Leiden und Sterben Jesu. Es ist die Zeit, in der wir die<br />

Geschichte von Petrus hören, der sich nicht zu bekennen traut, sondern seinen<br />

Freund und Lehrer verleugnet. Es ist die Zeit, in der wir von der Eins<strong>am</strong>keit Jesu<br />

hören, weil seine Jünger dem Druck nicht standhalten und einschlafen und in der wir<br />

von Judas hören, der verkauft und verrät, woran er geglaubt hat.<br />

Fröhliche Lieder singen wir später. Jetzt ist die Rede von Schuld und Schmerz.<br />

Und doch heißt dieser <strong>Sonntag</strong>: „<strong>Laetare</strong>“ - freut euch!!!<br />

Etwas schimmert auf, durch alles andere hindurch: es wird Frühling, Ostern steht vor<br />

der Tür, das Leben bricht sich Bahn und auch der Predigttext für diesen Tag erzählt<br />

von der Mischung von Enge und Dunkelheit, von Fesseln und Bedrängnis. Aber<br />

zugleich von Freude und Zuversicht.<br />

Er steht in einem der Paulusbriefe und kommt durchaus sperrig daher, denn dort<br />

heißt es:<br />

„Einige zwar predigen Christus aus Neid und Streitsucht, einige aber auch in<br />

guter Absicht; diese aus Liebe, denn sie wissen, dass ich zur Verteidigung des<br />

Evangeliums hier liege, jene aber verkündigen Christus aus Eigennutz, nicht<br />

lauter, denn sie möchten mit Trübsal bereiten in meiner Gefangenschaft.<br />

Was tut's aber, wenn nur Christus verkündigt wird auf jede Weise, es geschehe<br />

zum Vorwand oder in Wahrheit, so freue ich mich darüber.<br />

Aber ich werde mich auch weiterhin freuen, denn ich weiß, dass mir dies zum<br />

Heil ausgehen wird durch euer Gebet und durch den Beistand Jesu Christi, wie<br />

3


ich sehnlich warte hoffe , dass ich in keinem Stück zuschanden werde,<br />

sondern dass frei und offen wie allezeit so auch jetzt, Christus verherrlicht<br />

werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder Tod.<br />

Denn Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn.“<br />

Dieser Ausschnitt aus dem Philipperbrief ist eine Art Lagebericht des Paulus. Er sitzt<br />

im Gefängnis und es ist ihm wohl bewusst, dass es passieren könnte, dass er hier<br />

nicht mehr lebend rauskommt. Er sitzt dort für seinen Bekennermut und im<br />

Gegensatz zu uns allen hier und heute im Braunschweiger Dom, ist das für ihn<br />

tatsächlich so lebensgefährlich wie für manche unserer Geschwister an anderen<br />

Orten dieser Welt .<br />

Aber seine Stimmung ist deswegen nicht verzweifelt. Im Gegenteil: er spürt, seine<br />

gerade Haltung bringt Dinge in Bewegung, weil sie andere zwingt, sich zu verhalten<br />

und weil sie ansteckend wirkt. Er bewirkt, dass andere sich bekennen und mit ihm<br />

solidarisch erweisen, dass sie sich wagen, aufzustehen und einzureihen. Ja, das sie<br />

vielleicht in diesem Moment in sich selbst entdecken, wie wichtig ihnen die Sache ist,<br />

für die Paulus da einsteht.<br />

Der alte Text zeigt es: nicht bei allen wirkt eine solche Situation das beste – manche<br />

nutzen die freiwerdende Position, um sich selbst zu profilieren. Wo Mut verlangt ist,<br />

kommt es auch zu Neid und Streit. Paulus weiß das, aber er erlebt dabei, dass sein<br />

Lebensthema – die gute Nachricht von Jesus Christus – auf welche Weise auch<br />

immer, auf einmal in aller Munde ist. Das ist für ihn Grund zu uneingeschränkter<br />

Freude.<br />

Was er da tut und erlebt, ist kein Spaziergang.<br />

Er braucht Mut und Gradheit – und dazu wird ihm ein fröhliches Herz geschenkt.<br />

Mitten in das Dunkel von Schuld und Strafe hinein.<br />

Ein Paradebeispiel für dieses Zus<strong>am</strong>menkommen von Tatkraft und<br />

Glaubenszuversicht konnte man vor einigen Tagen im Braunschweiger Dom unter<br />

dem Imervardkreuz erleben. Dort stand Gunda Röstel beim Gespräch „Von<br />

Angesicht zu Angesicht“ Rede und Antwort. Eine Frau mit einem verblüffenden<br />

Lebensweg: geboren in einem evangelischen Haushalt in einer sächsischen<br />

Kleinstadt und dort verwurzelt , erzählte sie, wieviel Bekennermut ein Grundschulkind<br />

brauchte, sich auf die Frage, wer denn zur Christenlehre ginge, aus der Bank zu<br />

quälen. Das hat sie nicht vergessen und auch nicht, wie kostbar Freiheit sich anfühlt,<br />

4


wenn sie ersehnt und errungen werden muss. Wenn man diese Frau erlebt, wird<br />

einem schnell bewusst, dass auf glückliche Weise Optimismus, Energie und eine<br />

feste Verwurzelung im Glauben zus<strong>am</strong>menkommen. An ihr kann man spüren, wie<br />

Fröhlichkeit und Zuversicht anstecken und stark machen. Und genau das habe ich<br />

den zurückliegenden Jahren auch an vielen Kirchenvorsteherinnen und –vorstehern<br />

gespürt. Haben Sie alle Dank dafür, dass Sie Ihren Gemeinden unserer Kirche so<br />

ermutigende und tatkräftige Menschen waren und sind.<br />

Denen, die sich heute zur Wahl stellen, wünsche ich:<br />

Bekennermut - ein gerades Kreuz – und ein fröhliches Herz.<br />

In Jesus Christus.<br />

Amen.<br />

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