Merkblatt für Betreiber von Tatoo- und Piercingstudios - Bayerisches ...
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<strong>Bayerisches</strong> Landesamt <strong>für</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensmittelsicherheit<br />
<strong>Merkblatt</strong> <strong>für</strong> <strong>Betreiber</strong> <strong>von</strong> Tattoo- <strong>und</strong> <strong>Piercingstudios</strong><br />
Anforderungen der Hygiene beim Tätowieren <strong>und</strong> Piercen<br />
Auf Gr<strong>und</strong> Ihrer Tätigkeit unterliegen Tattoo- <strong>und</strong> <strong>Piercingstudios</strong> der Hygieneverordnung.<br />
Dieses <strong>Merkblatt</strong> soll die Anwendung der Hygieneverordnung auf die Tätigkeit<br />
des Tätowierers <strong>und</strong> des Piercens erläutern <strong>und</strong> dazu dienen, dass durch Hygienemängel<br />
verursachte Ges<strong>und</strong>heitsschäden weitgehend verhindert werden. Beim Tätowieren<br />
<strong>und</strong> Piercen werden W<strong>und</strong>en verursacht, aus denen Blut <strong>und</strong> Serum austreten;<br />
schon kleinste, mit dem bloßen Auge oft nicht erkennbare Blut- oder Serumtröpfchen<br />
können bei Infizierten große Mengen gefährlicher Krankheitserreger (z. B. Viren, die<br />
AIDS oder Gelbsucht verursachen) enthalten.<br />
Durch geeignete Desinfektions- bzw. Sterilisationsverfahren <strong>und</strong> hygienisch korrektes<br />
Verhalten beim Arbeiten lässt sich das Risiko einer Übertragung der genannten Erreger<br />
weitgehend ausschalten.<br />
Tätowieren<br />
Wie soll der Arbeitsplatz aussehen?<br />
Der Arbeitsplatz sollte baulich (in einem eigenen Raum) oder funktionell (durch z. B.<br />
Trennwände) abgegrenzt <strong>von</strong> anderen Bereichen des Studios sein. Hier sollten möglichst<br />
nur Gegenstände vorhanden sein, die <strong>für</strong> die Durchführung des Tätowierens erforderlich<br />
sind. Am Arbeitsplatz sollte nicht gegessen oder getrunken werden.<br />
In leicht erreichbarer Nähe des Arbeitsplatzes muss ein hygienegerecht ausgestattetes<br />
Handwaschbecken vorhanden sein. An diesem müssen sich Spender mit Flüssigseife<br />
<strong>und</strong> Händedesinfektionsmittel, Hautpflegemittel, Einmalhandtücher sowie ein Abwurf<br />
<strong>für</strong> gebrauchte Einmalhandtücher befinden. Seifenstücke sind nicht zulässig. Das<br />
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Waschbecken sollte vom Arbeitsplatz mindestens 1 Meter entfernt sein, Um eine Kontamination<br />
durch Wassertröpfchen zu vermeiden.<br />
Die Oberflächen <strong>von</strong> Stühlen, Liegen o.ä. müssen so beschaffen sein, dass eine<br />
Wischdesinfektion sachgerecht möglich ist. Dasselbe gilt <strong>für</strong> den Fußboden <strong>und</strong> die<br />
Wände bis zu einer Höhe <strong>von</strong> 2 Metern.<br />
Die Ablagefläche <strong>für</strong> die Instrumente muss glatt <strong>und</strong> ebenfalls leicht zu reinigen <strong>und</strong> zu<br />
desinfizieren sein. Sie sollte mit Einmal-Unterlagen abgedeckt werden, welche nach<br />
jedem K<strong>und</strong>en gewechselt werden müssen.<br />
Nadel, Nadelhalter <strong>und</strong> Griffstück sollten erst unmittelbar vor Beginn des Tätowierens<br />
aus der Verpackung entnommen <strong>und</strong> zusammengesetzt werden.<br />
Alle während des Tätowiervorgangs anfallenden Abfällen (Tupfer, Papierhandtücher,<br />
Farbkappen, Spatel etc.) müssen – ohne Zwischenlagerung auf der Arbeitsfläche –<br />
direkt in einen bereitstehenden, flüssigkeitsdichten Abfallbehälter entsorgt werden.<br />
Dieser sollte einen Deckel haben, der mit Fußpedal geöffnet werden kann <strong>und</strong> täglich<br />
geleert werden.<br />
Persönliche Hygiene<br />
Vor Arbeitsbeginn <strong>und</strong> nach jedem Toilettengang sollten die Hände gründlich mit Seife<br />
gewaschen werden. Daneben sollten zur Vermeidung <strong>von</strong> Übertragung <strong>von</strong> Erregern<br />
die Hände in folgenden Situationen desinfiziert werden:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Vor Entnahme der Einmalhandschuhe aus dem Handschuhspender<br />
Nach Kontakt mit K<strong>und</strong>en bzw. Kontakt mit dem Bereich der Eintrittsstellen der<br />
Tätowiernadeln.<br />
Nach Kontakt mit Blut, Sekreten oder Exkreten<br />
Nach Kontakt mit kontaminierten Flächen oder Gegenständen<br />
Nach Ablegen <strong>von</strong> Schutzhandschuhen<br />
Bei der Händedesinfektion muss ein vom Verb<strong>und</strong> <strong>für</strong> angewandte Hygiene (VAH,<br />
www.vah-online.de, erhältlich bei mhp-Verlag GmbH, Ostring 13, 65205 Wiesbaden)<br />
gelistetes Händedesinfektionsmittel verwendet werden. Der Spender <strong>für</strong> Händedesinfektionsmittel<br />
sollte ohne Handkontakt, d.h. mit dem Ellenbogen, bedienbar sein. Eine<br />
Hohlhand muss mit dem Mittel befüllt <strong>und</strong> anschließend beide Hände vollständig einge-<br />
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ieben werden. Dabei ist die Einwirkzeit des Händedesinfektionsmittels zu beachten<br />
(meist 30 Sek<strong>und</strong>en). Das Mittel ist unverdünnt zu verwenden, die Hände müssen vor<br />
der Durchführung trocken sein.<br />
Während des Tätowierens müssen Einmalhandschuhe getragen werden; die Einmalhandschuhe<br />
werden aus einem da<strong>für</strong> vorgesehen Spender entnommen.<br />
Nach Händedesinfektion <strong>und</strong> anschließenden Anlegen der Handschuhe sollten nur<br />
noch Gegenstände berührt werden, die <strong>für</strong> die Tätowierung selbst notwendig <strong>und</strong> hier<strong>für</strong><br />
zuvor vorbereitet worden sind. Nach dem Ablegen der Handschuhe ist erneut eine<br />
hygienische Händedesinfektion durchzuführen.<br />
Daneben muss eine Schürze getragen oder Tücher verwendet werden, die eine Kontamination<br />
der Kleidung des Tätowierers verhindern. Diese müssen nach dem Gebrauch<br />
bei 90°C oder bei Verwendung eines geeigneten Wäschedesinfektionsmittels<br />
bei 60°C gewaschen werden.<br />
Desinfektion <strong>und</strong> Sterilisation der Geräte<br />
Gegenstände, die direkt mit Blut oder Serum in Verbindung kommen <strong>und</strong> wiederverwendet<br />
werden sollen, müssen sterilisiert werden. Dazu zählen – sofern keine Einmalprodukte<br />
<strong>und</strong> Einmalgefäße verwendet werden sollen - Nadelhalter <strong>und</strong> Griffstücke<br />
sowie Farbstoffplatten.<br />
Als Nadeln sind gr<strong>und</strong>sätzlich Einmalprodukte zu verwenden, die nach Gebrauch<br />
in handelsüblichen Nadelabwurfbehältern (Technische Regel <strong>für</strong> biologische Arbeitsstoffe<br />
– TRBA 250) nach Herstellerangaben entsorgt werden müssen.<br />
Farben sollten <strong>für</strong> jeden K<strong>und</strong>en einzeln in Farbkappen abgefüllt werden, um eine<br />
Übertragung <strong>von</strong> Erregern über kontaminierte Farben zu verhindern.<br />
Die Instrumente werden vor der Sterilisation in ein in der VAH-Liste aufgeführtes, vom<br />
Hersteller als viruzid deklariertes <strong>und</strong> als wirksam gegen Hepatitis B/C <strong>und</strong> HIV belegtes<br />
Instrumentendesinfektionsmittel eingelegt. Dabei sind die Einwirkzeiten des Herstellers<br />
zu beachten. Die Instrumente müssen so eingelegt werden, dass alle Oberflächen<br />
benetzt sind, d.h. es dürfen keine Luftblasen eingeschlossen sein. Hohlkörper<br />
sind entsprechend durchzuspülen.<br />
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Als sicherstes Verfahren ist die Dampfsterilisation anzusehen. Die Verwendung eines<br />
DIN/EN-konformen Dampf-Kleinsterilisators mit dokumentierter Aufzeichnung der Prozessparameter<br />
ist auch aus rechtlicher Sicht dringend zu empfehlen.<br />
Zur Sterilisation <strong>von</strong> Griffstücken/Nadelhaltern ist die Sterilisation in einem Heißluftsterilisator<br />
ausreichend. Bei diesem Verfahren beträgt die Einwirkzeit bei 180°C 30 Minuten.<br />
Die Sterilisation sollte unbedingt in einer geeigneten Verpackung (zum Beispiel<br />
Metallbehälter oder Sterilisationsfolie) erfolgen. Temperatur <strong>und</strong> Haltezeit sind zu dokumentieren.<br />
Die einwandfreie Funktion ist in Abhängigkeit vom Typ des Sterilisators regelmäßig zu<br />
prüfen. Die Herstellerhinweise sind strikt zu beachten.<br />
Ausführliche Hinweise zur Desinfektion <strong>und</strong> Sterilisation sind der unten stehenden<br />
AWMF-Leitlinie zu entnehmen.<br />
Hautdesinfektion des K<strong>und</strong>en<br />
Die Haut muss an der zu tätowierenden Stelle vor Beginn des Tätowierens sorgfältig<br />
enthaart, ggf. gereinigt <strong>und</strong> anschließend desinfiziert werden. Vor Durchführung der<br />
Desinfektion muss die Haut trocken sein. Es dürfen nur Mittel aus der Desinfektionsmittel-Liste<br />
des VAH, verwendet werden. Das Mittel muss unter Beachtung der vom Hersteller<br />
angegebenen Einwirkzeit aufgesprüht oder mittels eines Tupfers aufgetragen<br />
werden. Das Hautdesinfektionsmittel ist unverdünnt anzuwenden.<br />
Flächendesinfektion<br />
Alle Stellen, die während des Tätowierens mit dem Blut des K<strong>und</strong>en, bzw. mit den behandschuhten<br />
Händen in Berührung gekommen sind, werden nach Beendigung der<br />
Arbeit mit einem Flächendesinfektionsmittel aus der VAH-Liste, das vom Hersteller als<br />
viruzid deklariert <strong>und</strong> deren Wirksamkeit gegen Hepatitis B/C <strong>und</strong> HIV belegt ist, abgewischt.<br />
Entsprechend sind Arbeitsfläche, Maschine, Kabel <strong>und</strong> Steuergerät zu behandeln.<br />
Gegenstände, Instrumente <strong>und</strong> Materialien, die während des Tätowierens berührt<br />
werden <strong>und</strong> nicht wischdesinfiziert werden können, müssen in den Abfall gegeben<br />
werden.<br />
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W<strong>und</strong>versorgung<br />
Nach dem Tätowieren wird die Haut mit W<strong>und</strong>salbe behandelt <strong>und</strong> mit einem sterilen<br />
Verband abgedeckt. Der Tätowierer muss dem K<strong>und</strong>en mündliche <strong>und</strong>/oder schriftliche<br />
Hinweise zur Nachbehandlung geben.<br />
Piercen<br />
Für das Piercen gelten die gleichen Bedingungen <strong>und</strong> Hygieneregeln wie <strong>für</strong> das Tätowieren<br />
beschrieben. Folgende Punkte müssen besonders beachtet werden.<br />
Instrumente (Piercing-Zange, Hohlnadel, Schere) <strong>und</strong> die eingesetzten Materialien<br />
(Ringe, Stecker) müssen steril sein. Zweckmäßigerweise werden sie unmittelbar vor<br />
dem Piercen ohne Handkontakt direkt aus der Verpackung auf eine sterile Papierunterlage<br />
gelegt.<br />
Die Hautdesinfektion wird wie oben beschrieben durchgeführt.<br />
Vor dem Eingriff erfolgt eine Händedesinfektion <strong>von</strong> 30 Sek<strong>und</strong>en Dauer mit einem in<br />
der VAH-Liste aufgeführten Händedesinfektionsmittel. Danach werden sterile Handschuhe<br />
angezogen.<br />
Die nicht mehr benötigten Einwegmaterialien werden sofort in den Abfall gegeben,<br />
spitze Gegenstände müssen in stich- <strong>und</strong> bruchfesten Behältnissen entsorgt werden.<br />
Nach dem Eingriff erfolgt eine Reinigung, Desinfektion <strong>und</strong> sterile Abdeckung der<br />
W<strong>und</strong>e. Die K<strong>und</strong>in/der K<strong>und</strong>e muss stets über die richtige W<strong>und</strong>pflege <strong>und</strong> Nachbehandlung<br />
informiert <strong>und</strong> auf mögliche Komplikationen hingewiesen werden.<br />
Literatur:<br />
Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF: „Anforderungen der Hygiene beim Tätowieren“<br />
HygMed 2010; 35 [11], S. 421ff in der Version 2.1 vom 02.02.2013 abzurufen unter<br />
http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/029-024.html<br />
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