Übungsblatt 6
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PC-Einsatz im Unterricht<br />
<strong>Übungsblatt</strong> 6<br />
Die folgenden Aufgaben betreffen Näherungsverfahren, soweit sie heute als<br />
Unterrichtsstoff der höheren Mittelstufe gelten oder künftig infrage kommen.<br />
Es geht jedes Mal darum, verzwickte Gleichungslösungen oder irrationale<br />
Funktionswerte nach einer mathematischen Standardstrategie zu erhalten.<br />
Die zweiteinfachsten Strategien – nach dem intelligenten Raten – beruhen<br />
auf Verbesserungsversuchen, die als irgendwelche Mittelwerte aus zwei Anfangsschätzungen<br />
stammen und dann wiederholt nach demselben Schema<br />
verbessert werden. Solche wiederholten Verbesserungen heißen in der<br />
Mathematik „Iteration“.<br />
Grundaufgaben [verbindlich: 1 von 1]<br />
Der Vorläufer von Taschenrechner und PC war der „Rechenstab“ oder<br />
„Rechenschieber“. Informieren Sie sich im Internet oder bei einer/einem<br />
älteren Bekannten, wie man damit arbeitete. Er beruhte auf der Idee, die<br />
anstrengenden Punktrechenarten mit größeren Faktoren auf Strichrechenarten<br />
zurückzuführen, indem man die Potenzgesetze ausnutzt:<br />
Sei und . Nach den Potenzgesetzen gilt ∙ ∙ .<br />
Angenommen man hat eine Tabelle, in der (bei fester Basiszahl ) Zahlen mit<br />
ihren zugehörigen Exponenten aufgelistet sind. Dann kann man die Berechnung<br />
des Produkts ∙ auf die Addition zurückführen.<br />
1.) Entnimm der Tabelle die zu und gehörigen Exponenten und . <br />
2.) Addiere und . <br />
3.) Entnimm der Tabelle (durch Rückwärtsablesen) die zum Exponenten <br />
gehörige Zahl. Das ist das gesuchte Ergebnis ∙.<br />
Jost Bürgi wählte um 1588 die Basis 1,0001 und berechnete 1 per Hand (!)<br />
eine umfangreiche Tabelle der Potenzen bis . 10. Das genügte, um<br />
logarithmisch zu rechnen.<br />
Aufgabe 6.G1: [bis So in OLAT einstellen]<br />
Erläutern Sie in einer TKP-Tabelle mithilfe dreier Rechenbeispielen, warum<br />
die von Bürgi gewählte Basis optimal für das Handrechnen war und wie man<br />
mit so einer Tabelle leicht multiplizieren, dividieren und potenzieren konnte.<br />
Literaturhinweis: Joh. Tropfke: Geschichte der Elementarmathematik, Band 1 ( 4 1980), S. 301 f.<br />
1<br />
ohne die spätere Kommaschreibweise für Dezimalbrüche (die überhaupt erst mit den Briggs‘schen<br />
Logarithmen Verbreitung fanden)<br />
Stand: 25.11.13/Ul_Fü
Übungsaufgaben<br />
Aufgabe 6.Ü1:<br />
Entwerfen Sie ein TKP-Blatt mit guter Beschriftung, das zur Eingabe einer<br />
ganzrationalen Funktion ⋯ folgendes liefert:<br />
a) eine Wertetabelle in ganzen Schritten über dem Intervall [–10; 10],<br />
b) ein Funktionsschaubild,<br />
c) eine übersichtliche Nullstellenberechnung nach dem Verfahren der Intervallhalbierung.<br />
Intervallhalbierung 2<br />
Die Nutzerin ermittelt anhand der Wertetabelle bzw. des Schaubildes zwei -Werte <br />
und , zwischen denen sich (nur) die gesuchte Nullstelle befindet. Aus und berechnet<br />
das TKP nun den Mittelwert <br />
und testet, ob (im Rahmen der gewünschten<br />
<br />
Genauigkeit) schon gilt: 0. Falls ja, ist die Berechnung natürlich fertig. Falls nein<br />
und wenn und dasselbe Vorzeichen haben, soll das TKP durch ersetzen<br />
und das Verfahren wiederholen. Andernfalls soll das TKP durch ersetzen und das<br />
Verfahren wiederholen. Durch „Herunterziehen“ ergibt sich der Rest. (Die Wenn-<br />
Funktion ist hier sicher nützlich.)<br />
Aufgabe 6.Ü2:<br />
Auf dem Gedanken der Intervallhalbierung (vgl. Aufgabe 6.Ü1) beruhte auch<br />
die berühmte „dekadische Logarithmentafel“ von Henry Briggs (ab 1615):<br />
Für positive reelle ist der dekadische Logarithmus die Umkehrfunktion der<br />
Exponentialfunktion zur Basis 10. 3 Es gilt also genau dann, wenn<br />
gilt 10 . Weil es für das Rechnen mit Logarithmen genügt, eine hinreichend<br />
feine Tafel für „alle“ zwischen 1 und 10 zu haben 4 , verfeinerte<br />
Briggs folgende Umkehrtabelle für 10 y :<br />
y 0 ...<br />
1<br />
2<br />
... 1<br />
x 1 ... √10 ... 10<br />
Entwickeln Sie die Tabelle mithilfe der Quadratwurzelfunktion in ihrem TKP<br />
weiter.<br />
Historische Notiz: Briggs ging zwecks Arbeitsersparnis etwas raffinierter vor; vgl. Tropfke:<br />
Geschichte der Elementarmathematik, Band 1 (4. Aufl. 1980), S. 317 ff.<br />
2<br />
Unter numerischen Gesichtspunkten ist dieses Verfahren sehr primitives und im Allgemeinen auch<br />
sehr langsam („Newton“ ist da meist viel effektiver). Theoretisch aber ist es äußerst durchschaubar<br />
und für viele wichtige Sätze der exakten Mathematik grundlegend.<br />
3<br />
Logarithmusfunktionen gibt es bekanntlich nicht nur für die Basis 10, sondern für beliebige (positive)<br />
Basen b; sie unterscheiden sich aber nur um je einen konstanten Faktor. Von Bedeutung sind vor<br />
allem der logarithmus dualis (Logarithmus zur Basis 2) in der Informationstheorie und der natürliche<br />
Logarithmus zur Basis e (Eulersche Zahl) in der Analysis. In der Angewandten Mathematik sind<br />
Logarithmusfunktionen die klassischen Muster für stark abklingendes Wachstum (Schalldruck,<br />
Richterskala für Erdbeben, Informationsmaß, usw.).<br />
4<br />
„wissenschaftliche“ Zahldarstellung!<br />
Stand: 25.11.13/Ul_Fü
Aufgabe 6.Ü3:<br />
Die „Methode der (wiederholten) Bogenhalbierung“ geht auf Archimedes‘<br />
-Berechnung zurück. Hier die Fassung als Halbierung „mit Pfeil und Bogen“:<br />
Halbierung „mit Pfeil und Bogen“<br />
Gegeben seien zwei Punkte P, Q (Ortsvektoren) auf dem<br />
Einheitskreis, die nicht „diametral“ liegen sollen.<br />
Über die Sehnenmitte R kann man leicht die Bogenmitte<br />
M = M(P; Q) berechnen: Die Koordinaten von R sind die<br />
arithmetischen Mittelwerte der entsprechenden Koordinaten<br />
von P und Q.<br />
Die gesuchte Bogenmitte M bekommt man dann durch<br />
zentrische Streckung vom Ursprung aus:<br />
: <br />
||<br />
a) Berechnen Sie mit der Methode der fortgesetzten Bogenhalbierung den<br />
Kosinus und den Sinus von 20° auf 10 Nachkommastellen genau. (Dieser<br />
Drittelwinkel von 60° ist nicht klassisch mit Zirkel und Lineal<br />
konstruierbar, also auch nicht mit Quadratwurzelziehungen auf einen<br />
Schlag berechenbar.)<br />
b) Berechnen Sie, ausgehend vom regelmäßigen Sechseck, als Flächeninhalt<br />
des Einheitskreises mithilfe der fortgesetzten Bogenhalbierung –<br />
wie einst Archimedes – bis zum 96-Eck.<br />
c) Wenn man Kreissegmente näherungsweise als Parabelsegmente ansieht,<br />
dann kann man die überstehenden Kreisbogensegmente jeweils zu den<br />
Vielecksflächen addieren, die im Aufgabenteil b anfallen. Nach Archimedes<br />
hat jedes Parabelsegment zu PMQ 2 3 des Flächeninhalts des umbeschriebenen<br />
Rechtecks 5 . Wie genau bekommt man dann mithilfe des 96-Ecks? 6<br />
5<br />
Um das einzusehen und zu beweisen braucht(e) man also gar keine Integralrechnung!<br />
6<br />
Ob Archi’ dieses Ergebnis kannte, ist unsicher; es gibt aber ein historisches Indiz dafür.<br />
Stand: 25.11.13/Ul_Fü