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Funktionalanalysis - Mathematik

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<strong>Funktionalanalysis</strong><br />

Anton Deitmar<br />

WS 2011/12<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Allgemeine Topologie 3<br />

1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.3 Initial- und Final-Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.4 Hausdorff Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.5 Kompakte Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

1.6 Das Zornsche Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

1.7 Der Satz von Tychonov . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

1.8 Das Lemma von Urysohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1.10 Der Satz von Baire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

2 Normierte Räume 25<br />

2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

2.2 Stetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

2.3 Hilbert-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

2.4 Vervollständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

2.6 Nichtstetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

3 Grundprinzipien der <strong>Funktionalanalysis</strong> 41<br />

3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

3.2 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen . . . . . . . . . . 46<br />

3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

4 Schwache Topologie 49<br />

4.1 Dualität bei Banach-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

4.2 Schwache Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

5 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen 58<br />

5.1 Adjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

5.2 Isometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

1


FUNKTIONALANALYSIS 2<br />

5.3 Projektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.4 Normale Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

6 Funktionalkalkül 68<br />

6.1 Spektrum und Resolvente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

6.2 Funktionalkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

6.3 Polarzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

7 Kompakte Operatoren 84<br />

7.1 Spektralsatz für normale kompakte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />

7.2 Hilbert-Schmidt-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

7.3 Spurklasse-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

8 Der Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren 99<br />

8.1 Spektralmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

8.2 Der Spektralsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

9 Topologische Vektorräume 105<br />

9.1 Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />

9.2 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

9.3 Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

10 Vektorwertige Integrale 119<br />

10.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119<br />

10.2 Faltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124<br />

10.3 Cauchy-Integralformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126<br />

11 Distributionen 129<br />

11.1 Definition der Distributionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />

11.2 Träger einer Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

11.3 Die Ableitung einer Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136<br />

11.4 Temperierte Distributionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137


FUNKTIONALANALYSIS 3<br />

1 Allgemeine Topologie<br />

Wir erinnern an die Definition einer Topologie. Eine Topologie auf einer Menge X ist<br />

ein System von Teilmengen O ⊂ P(X), das unter endlichen Schnitten und beliebigen<br />

Vereinigungen abgeschlossen ist. Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, O)<br />

bestehend aus einer Menge X und einer Topologie O auf X. Die Mengen A ∈ O heissen<br />

offene Mengen und ihre Komplemente abgeschlossene Mengen. Zu jeder Menge<br />

A ⊂ X gibt es eine kleinste abgeschlossene Menge A, die A enthält, genauer ist<br />

Beispiele 1.0.1<br />

A =<br />

⋂<br />

C⊃A<br />

C⊂X abgeschlossen<br />

• Auf jeder Menge X gibt es die triviale Topologie O = {∅, X},<br />

sowie die diskrete Topologie O = P(X).<br />

• Ist (X, d) ein metrischer Raum, so ist<br />

C.<br />

O = {U ⊂ X : x ∈ U ⇒ U ε (x) ⊂ U für ein ε > 0}<br />

eine Topologie.<br />

• Sei X eine unendliche Menge, die co-endlich Topologie ist die Topologie<br />

bestehend aus allen Mengen U ⊂ X die endliches Komplement haben,<br />

zusammen mit der leeren Menge.<br />

Sei x ∈ X ein Punkt. Eine offene Umgebung von x ist eine offene Menge U, die x<br />

enthält. Eine Umgebung von x ist eine Menge V ⊂ X, die eine offene Umgebung von x<br />

enthält.<br />

Lemma 1.0.2 Sei A eine Teilmenge des topologischen Raums X. Ein Punkt x ∈ X gehört<br />

genau dann zum Abschluss A von A, wenn A ∩ U ∅ für jede Umgebung U von x gilt.<br />

Beweis: Die Behauptung ist äquivalent dazu, dass x genau dann nicht in A liegt, wenn<br />

es eine Umgebung U von x gibt mit U ∩ A = ∅. Wir können in diesem Fall U als offen<br />

voraussetzen.<br />

Is also U eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅, dann ist A eine Teilmenge der<br />

abgeschlossenen Menge X U, also x Ā. Umgekehrt, nimm an x Ā. Dann ist<br />

U = X Ā eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 4<br />

1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit<br />

Für ein gegebenes System von Teilmengen E ⊂ P(X) existiert eine kleinste Topologie,<br />

die E enthält, nämlich<br />

O E =<br />

⋂<br />

O⊃E<br />

O Topologie<br />

Man nennt O E die von E erzeugte Topologie.<br />

O.<br />

Lemma 1.1.1 Sei E ⊂ P(X) beliebig. Sei dann S ⊂ P(X) das System aller Mengen der Form<br />

A 1 ∩ · · · ∩ A n ,<br />

wobei A 1 , . . . , A n ∈ E. Als nächstes sei T ′ das System aller Mengen der Form<br />

⋃<br />

S i ,<br />

mit S i ∈ S für jedes i ∈ I. Schliesslich setze T = T ′ ∪ {∅, X}. Dann gilt O E = T .<br />

i∈I<br />

Beweis: Jede Topologie, die E enthält, enthält auch S und T , also T ⊂ O E .<br />

Andererseits werden wir sehen, dass T selbst eine Topologie ist, da T den Erzeuger E<br />

enthält, folgt auch T ⊃ O E .<br />

Es bleibt also zu zeigen, dass T eine Topologie ist.<br />

• ∅, X ∈ T gilt nach Definition.<br />

• Beliebige Vereinigungen von Elementen von T sind wieder Elemente von T .<br />

• Wir zeigen A, B ∈ T ⇒ A ∩ B ∈ T . Ist eine der Beiden Mengen gleich ∅ oder X,<br />

so ist die Behauptung klar. Seien also<br />

⋃<br />

⋃<br />

A = S i , B =<br />

i∈I<br />

j∈J<br />

T j<br />

mit S i , T j ∈ S. Dann ist<br />

⋃<br />

A ∩ B = S i ∩ T j .<br />

I∈I<br />

j∈J<br />

Mit S i , T j ∈ S folgt aber S i ∩ T j ∈ S, also ist A ∩ B ∈ T .


FUNKTIONALANALYSIS 5<br />

□<br />

Definition 1.1.2 Eine Umgebungsbasis eines Punktes x ∈ X ist eine Familie (U i ) i∈I<br />

von Umgebungen von x so dass jede Umgebung U eines der U i enthält. Ist jedes U i<br />

offen, so sprechen wir von einer offenen Umgebungsbasis.<br />

Ein topologischer Raum X genügt dem ersten Abzählbarkeitsaxiom, wenn jeder<br />

Punkt x eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt.<br />

Beispiele 1.1.3 • Sei (X, d) einmetrischer Raum. Für jedes x ∈ X ist die Familie der<br />

Bälle (B 1/n (x)) n∈N eine Umgebungsbasis von x. also genügt jeder metrische Raum<br />

dem ersten Abzählbarkeitsaxiom.<br />

• Die Co-endlich Topologie auf einer überabzählbaren Menge X genügt nicht dem<br />

ersten Abzählbarkeitsaxiom.<br />

Definition 1.1.4 Eine Basis der Topologie ist eine Familie (U i ) i∈I von offenen Mengen<br />

so dass jede offene Menge als Vereinigung von Mitgliedern U i der Familie geschrieben<br />

werden kann. Die Familie der offenen Intervalle (a, b), wobei a und b rationale Zahlen<br />

sind, ist eine Topologie-Basis von R.<br />

Definition 1.1.5 Ein topologischer Raum genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom,<br />

wenn er eine abzählbare Topologie-Basis besitzt.<br />

Es ist eine Konsequenz des Lemmas 1.1.1, dass ein Raum genau dann dem zweiten<br />

Abzählbarkeitsaxiom genügt, wenn die Topologie einen abzählbaren Erzeuger besitzt.<br />

Beispiel 1.1.6 Ein Beispiel für einen Raum, der keine abzählbare Topologiebasis<br />

besitzt, ist schnell gegeben: Sei X eine überabzählbare Menge und O = P(X) die<br />

diskrete Topologie. Dann ist die Menge aller Singletons {x} mit x ∈ X die kleinste<br />

Topologiebasis die es gibt. Diese widersetzt sich einer Abzählung.<br />

1.2 Stetigkeit<br />

Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst stetig, wenn für<br />

jede offene Menge U ⊂ Y das Urbild f −1 (U) ⊂ X offen ist.


FUNKTIONALANALYSIS 6<br />

Äquivalent kann man sagen, dass eine Abbildung genau dann stetig ist, wenn für jede<br />

abgeschlossenen Menge C ⊂ Y das Urbild f −1 (C) ⊂ X abgeschlossen ist.<br />

Sind f, g komponierbare stetige Abbildungen, so ist f ◦ g stetig.<br />

Definition 1.2.1 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst<br />

stetig im Punkt x ∈ X, wenn es zu jeder offenen Umgebung V von y = f (x) eine offene<br />

Umgebung U von x gibt mit f (U) ⊂ V.<br />

Proposition 1.2.2 Eine Abbildung f : X → Y ist genau dann stetig, wenn sie in jedem<br />

Punkte stetig ist.<br />

Beweis: Sei f stetig und sei x ∈ X. Sei eine offene Umgebung V von y = f (x) gegeben.<br />

Dann ist U = f −1 (V) offen und enthält x, ist also eine offene Umgebung von x mit<br />

f (U) ⊂ V. Damit ist f stetig im Punkt x.<br />

Sei umgekehrt f in jedem Punkt stetig und sei V ⊂ Y offen. Wir zeigen, dass f −1 (V)<br />

offen ist. Sei dazu x ∈ f −1 (V), dann ist V eine offene Umgebung von y = f (x) und daher<br />

existiert eine offene Umgebung U von x mit f (U) ⊂ V, d.h., U ⊂ f −1 (V). Damit enthält<br />

f −1 (V) zu gegebenem x ∈ f −1 (V) ach eine offene Umgebung U von x, also ist V offen. □<br />

Definition 1.2.3 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst<br />

offene Abbildung, falls f (U) ⊂ Y offen ist für jede offene Menge U ⊂ X und f heisst<br />

abgeschlossene Abbildung, falls f (C) abgeschlossen ist für jedes abgeschlossene<br />

C ⊂ X.<br />

Eine bijektive Abbildung f : X → Y heisst ein Homöomorphismus, falls f stetig und<br />

offen ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn sowohl f als auch ihre Umkehrabbildung<br />

stetig sind.<br />

Beispiele 1.2.4<br />

• Jedes nichtleere offene Intervall (a, b) ⊂ R ist homöomorph zur<br />

reellen Geraden R, denn die Abbildung<br />

x ↦→ 1<br />

a − x + 1<br />

b − x<br />

ist ein Homöomorphismus von (a, b) nach R.<br />

• Ein Rechteck [a, b] × [c, d] ⊂ R 2 mit a < b, c < d ist homöomorph zur<br />

abgeschlossenen Kreisscheibe B 1 (0) = {(x, y) ∈ R 2 : x 2 + y 2 ≤ 1}. Wir überlassen<br />

dem Leser die Konstruktion eines Homöomorphismus.


FUNKTIONALANALYSIS 7<br />

1.3 Initial- und Final-Topologien<br />

Sei X eine Menge und f i : X → Y i eine Familie von Abbildungen, wobei die Y i<br />

topologische Räume sind. Die Initialtopologie auf X induziert durch die Familie ( f i ) i∈I<br />

ist die kleinste Topologie auf X, so dass alle f i stetig sind. Also ist es die Topologie, die<br />

durch alle Urbilder f −1 (U) offener Mengen U ⊂ Y<br />

i<br />

i erzeugt wird.<br />

Sei X eine Menge und sei g i : W i → X, i ∈ I eine Familie von Abbildungen von<br />

topologischen Räumen W i . Die Final-Topologie auf X induziert durch die Familie<br />

(g i ) i∈I ist die grösste Topologie auf X, bezüglich der alle g i stetig sind. Eine Teilmenge<br />

U ⊂ X ist genau dann offen, wenn jedes Urbild g −1 (U) ⊂ W<br />

i<br />

i offen ist. Ein Spezialfall<br />

der Finaltopologie ist die Quotiententopologie auf Z/ ∼, wobei Z ein topologischer<br />

Raum ist und ∼ eine Äquivalenzrelation. Die Quotiententopologie ist dann die<br />

Finaltopologie gegeben durch eine einzige Abbildung, nämlich der Projektion<br />

Z → Z/ ∼.<br />

Beispiele 1.3.1<br />

• Sei A ⊂ X eine Teilmenge des topologischen Raums X. Die<br />

Topologie auf A induziert durch die Inklusionsabbildung i : A ↩→ X heisst die<br />

Teilraumtopologie von A. Die offenen Mengen in A sind genau die Mengen der<br />

Form A ∩ U, wobei U ⊂ X offen ist.<br />

• Sei (X i ) i∈I eine Familie topologischer Räume. Sei X = ∏ i∈I X i das kartesische<br />

Produkt der Räume X i . Die Produkttopologie auf X ist die Initial-Topologie der<br />

Koordinaten-Projektionen p i : X → X i . Sie wird also erzeugt von allen Mengen<br />

der Form<br />

∏<br />

U i × X j ,<br />

wobei U i ⊂ X i eine offene Menge ist. Nach Lemma 1.1.1 ist jede offene Menge in<br />

X eine Vereinigung von Mengen der Gestalt<br />

ij<br />

⎛ ⎛<br />

∏ ∏<br />

⎜⎝ U i<br />

⎞⎟ ⎠ × ⎜⎝<br />

X i<br />

⎞⎟ ⎠<br />

,<br />

wobei E ⊂ I eine endliche Teilmenge der Indexmenge I ist.<br />

i∈E<br />

Als Spezialfall sehen wir, dass die Topologie auf R n genau die Produkttopologie<br />

von R ist.<br />

• Der Raum C c (R n ) wird mit der sogenannten induktiven Limestopologie<br />

versehen, die wie folgt entsteht: Für eine kompakte Teilmenge K ⊂ R n sei C K (R n )<br />

iE


FUNKTIONALANALYSIS 8<br />

die Menge aller stetigen Funktionen auf R n mit Träger in K. Dann ist C c (R n ) die<br />

Vereinigung aller dieser Mengen C K (R n ). Wir versehen C K (R n ) mit der Topologie<br />

gegeben durch die Supremumsnorm:<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣K f = sup | f (x)|<br />

x∈K<br />

und geben C c (R n ) die Final-Topologie aller Inklusionen i K : C K (X) ↩→ C c (X).<br />

Proposition 1.3.2 (Sehr nützlich) (a) Sei X eine Menge versehen mit der Initial-Topologie<br />

induziert durch die Abbildungen f i : X → Y i , i ∈ I. Eine Abbildung α : W → X von<br />

einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen<br />

f i ◦ α : W → Y i stetig sind.<br />

(b) Ebenso, sei X versehen mit der Final-Topologie induziert durch Abbildungen<br />

g i : W i → X. Eine Abbildung β : X → Y ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen<br />

β ◦ g i : W i → Y stetig sind.<br />

Beweis: (a) Sei α stetig, dann ist f i ◦ α als Komposition stetiger Abbildungen selbst<br />

auch stetig. Andersherum, nimm an, dass alle f i ◦ α stetig sind. Sei E das System von<br />

Teilmengen von X der Form f −1 (U) wobei U eine offene Teilmenge von Y<br />

i<br />

i ist. Dann<br />

erzeugt E die Topologie O von X. Sei O α die grösste Topologie auf X, die α stetig sein<br />

lässt, dann, da f i ◦ α stetig ist, folgt E ⊂ O α ; deshalb O ⊂ O α , also ist α stetig.<br />

Teil (b) geht ähnlich.<br />

□<br />

Beispiele 1.3.3 • Sei X = ∏ i∈I X i das Produkt der topologischen Räumen X i mit<br />

der Produkttopologie. Sei p i : X → X i die i-te Projektion. Eine Abbildung<br />

f : W → X von einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle<br />

Abbildungen p i ◦ f : W → X i stetig sind. Dies bedeutet zum Beispiel, dass für<br />

zwei topologische Räume X, Y und y 0 ∈ Y die Abbildung X → X × Y, die x auf<br />

(x, y 0 ) wirft, stetig ist.<br />

• Im Fall der induktiven Limestopologie auf C c (R n ) bedeutet dies zum Beispiel,<br />

dass jedes positive lineare Funktional C c (R n ) → R eine stetige Abbildung ist.<br />

1.4 Hausdorff Räume<br />

Ein topologischer Raum X heisst Hausdorff-Raum, falls je zwei Punkte durch<br />

disjunkte Umgebungen getrennt werden können, also wenn es zu je x y in X offene


FUNKTIONALANALYSIS 9<br />

Mengen U, V ⊂ X gibt mit x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅.<br />

Beispiele 1.4.1<br />

• Jeder metrische Raum ist hausdorffsch.<br />

• Die diskrete Topologie P(X) ist hausdorffsch, aber die triviale Topologie {∅, X} ist<br />

nicht hausdorffsch, falls X mehr als nur ein Element hat.<br />

• Die co-endlich-Topologie auf einer unendlichen Menge ist nicht hausdorffsch.<br />

Lemma 1.4.2 Ein topologischer Raum X ist genau dann hausdorffsch, wenn die Diagonale<br />

∆ = {(x, x) : x ∈ X}<br />

eine abgeschlossene Teilmenge von X × X ist.<br />

Beweis: Der Raum X × X trägt die Produkttopologie, das heisst die Familie aller<br />

offenen Rechtecke: U × V, wobei U, V ⊂ X offene Mengen sind, ist eine<br />

Topologiebasis.<br />

Nimm nun an, X ist hausdorffsch und sei (x, y) in ∆ c = X × X ∆, mit anderen Worten<br />

x y. Es existieren dann offene Mengen U ∋ x und V ∋ y mit U ∩ V = ∅. Dies<br />

bedeutet, dass U × V ∩ ∆ = ∅, also ist U × V eine offene Umgebung von (x, y), die ganz<br />

in ∆ c enthalten ist, damit ist diese Menge offen, also ist ∆ abgeschlossen.<br />

Sei umgekehrt die Diagonale abgeschlossen und x y in X, dann ist (x, y) in der<br />

offenen Menge ∆ c . Diese offene Menge ist ein Produkt von offenen Rechtecken, also<br />

existiert ein offenes Rechteck U × V mit (x, y) ∈ U × V ⊂ ∆ c . Dies bedeutet gerade<br />

x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅.<br />

□<br />

Man nennt einen Hausdorff-Raum auch T 2 -Raum, oder einen separierten<br />

Topologischen Raum.<br />

1.5 Kompakte Räume<br />

Ein topologischer Raum heisst kompakt, falls jede offene Überdeckung eine endliche<br />

Teilüberdeckung besitzt.<br />

In dem man zu den Komplementen übergeht erhält man


FUNKTIONALANALYSIS 10<br />

Lemma 1.5.1 (Endliche Schnitteigenschaft) Ein topologischer Raum X ist genau dann<br />

kompakt, wenn für jede Familie (A i ) i∈I abgeschlossener Mengen in X mit ⋂ i∈F A i ∅ für jede<br />

endliche Teilmenge F ⊂ I, gilt<br />

⋂<br />

A i ∅.<br />

i∈I<br />

Beweis: Die Mengen U i = X A i bilden eine offene Überdeckung von X. Zu dieser<br />

gibt es eine endliche Teilüberdeckung.<br />

□<br />

Lemma 1.5.2 Eine Teilmenge K ⊂ X eines topologischen Raums ist genau dann kompakt (in<br />

der Teilraumtopologie), wenn es zu jeder offenen Überdeckung von K in X eine endliche<br />

Teilüberdeckung gibt, wenn also zu jeder Familie (U i ) i∈I offener Mengen in X mit<br />

⋃<br />

K ⊂<br />

eine endliche Teilmenge E ⊂ I existiert, so dass<br />

⋃<br />

K ⊂ U i .<br />

i∈I<br />

i∈E<br />

U i<br />

Beweis: Dies folgt direkt aus der Anwendung der Definitionen.<br />

□<br />

Lemma 1.5.3 Sei X ein topologischer Raum, dann gilt<br />

(a) Ist X kompakt und ist C ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge, dann ist C kompakt.<br />

(b) Ist X ein Hausdorff-Raum und ist C ⊂ X kompakt, dann ist C abgeschlossen.<br />

(c) Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt. Das heisst, ist f : X → Y stetig und ist<br />

C ⊂ X kompakt, dann ist f (C) ⊂ Y kompakt.<br />

Beweis: (a) Sei (U i ) i∈I eine Überdeckung von C, wobei jedes U i eine offene Teilmenge<br />

von X ist. Dann ist (U i ) i∈I ∪ {X C} eine offene Überdeckung von X. Da X kompakt ist,<br />

existieren Indizes i 1 , . . . , i l so dass X ⊂ (X C) ∪ ⋃ l<br />

j=1 U ij , also C ⊂ ⋃ l<br />

j=1 U ij .<br />

(b) Sei x ∈ X C. Wir müssen zeigen, dass es eine offene Umgebung U von x gibt mit<br />

U ∩ C = ∅. Da X ein Hausdorff-Raum ist, gibt es zu jedem y ∈ C offene Umgebungen<br />

V y von y und U y von x mit V y ∩ U y = ∅. Dann ist (V y ) y∈C eine offene Überdeckung von


FUNKTIONALANALYSIS 11<br />

C, also gibt es y 1 , . . . , y l ∈ C mit C ⊆ ⋃ l<br />

j=1 V yj . Dann ist U = ⋂ l<br />

j=1 U yj eine offene<br />

Umgebung von x mit U ∩ C = ∅.<br />

Die Aussage (c) wurde in Analysis 2 für metrische Räume bewiesen. Derselbe Beweis<br />

geht allerdings für beliebige topologische Räume durch.<br />

Ein topologischer Raum X heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt x ∈ X eine<br />

kompakte Umgebung besitzt.<br />

□<br />

Beispiele 1.5.4<br />

• Die Menge R n ist lokalkompakt, da jeder Punkt x eine kompakte<br />

Umgebung, etwa [x 1 − 1, x 1 + 1] × · · · × [x n − 1, x n + 1] besitzt.<br />

• Sei K ⊂ R n kompakt. Der Raum C(K) aller stetigen Funktionen von K nach R mit<br />

der Supremumsnorm ist nur dann lokalkompakt, wenn K endlich ist.<br />

Beweis: Ist K endlich, so ist C(K) R n , also lokalkompakt. Ist K nicht endlich, so<br />

sei (k j ) j∈N eine Folge in K mit k j k i für i j. Jedes k j hat dann einen positiven<br />

Abstand zu {k 1 , . . . , k j−1 }, also existiert ein f j ∈ C(K) mit f (k 1 ) = · · · = f (k j−1 ) = 0<br />

und f (k j ) = 1. Für i j gilt dann<br />

∣ ∣ ∣ ∣ fi − f j<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣K<br />

≥ 1,<br />

also hat die Folge ( f j ) j keine konvergente Teilfolge, damit ist C c (K) nach dem<br />

Satz von Bolzano-Weierstrass nicht kompakt.<br />

□<br />

1.6 Das Zornsche Lemma<br />

Sei (S, ≤) eine partiell geordnete Menge. Eine Teilmenge L ⊂ S, in der alle Elemente<br />

vergleichbar sind, für die also gilt:<br />

x, y ∈ L ⇒ x ≤ y oder y ≤ x,<br />

heisst linear geordnet. Sei L ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge. Ein Element z ∈ S<br />

heisst obere Schranke zu L, wenn gilt<br />

x ∈ L ⇒ x ≤ z.<br />

Wir schreiben in diesem Fall auch L ≤ z.


FUNKTIONALANALYSIS 12<br />

Ein Element m ∈ S heisst maximales Element, falls gilt<br />

m ≤ y ⇒ y = m.<br />

Das heisst also, m ist maximal, wenn es keine grösseren Elemente gibt.<br />

Lemma 1.6.1 (Lemma von Zorn) Sei S eine partiell geordnete Menge, in der jede linear<br />

geordnete Teilmenge eine obere Schranke besitzt. Dann hat S ein maximales Element.<br />

Beweis: Das Lemma von Zorn ist, auf Grundlage der anderen Axiome der<br />

Mengenlehre, äquivalent zum Auswahlaxiom, welches man am sinnfälligsten wie<br />

folgt ausdrückt:<br />

Auswahlaxiom: (AC) Ist I eine nichtleere Indexmenge und ist für jedes i ∈ I eine nichtleere<br />

Menge M i gegeben, dann ist ∏ i∈I M i eine nichtleere Menge.<br />

Der Beweis des AC aus dem Zornschen Lemma ist einfach, die Rückrichtung<br />

kompliziert. Zu kompliziert für diese Vorlesung.<br />

□<br />

Satz 1.6.2 Jeder Vektorraum hat eine Basis.<br />

Beweis: Dieser Satz wird mit dem Lemma von Zorn bewiesen. Wir klären erstmal die<br />

Notation: Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig, wenn<br />

für alle paarweise verschiedenen Elemente l 1 , . . . , l n von L gilt<br />

n∑<br />

λ j l j = 0 ⇒ λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />

j=1<br />

Mit anderen Worten, L heisst linear unabhängig, wenn jede endliche Teilmenge linear<br />

unabhängig ist.<br />

Eine Basis eines Vektorraums V ist eine linear unabhängige Teilmenge L so dass es zu<br />

jedem v ∈ V Elemente l 1 , . . . , l n von L und Koeffizienten λ 1 , . . . , λ n gibt so dass<br />

n∑<br />

λ j l j = v.<br />

Lemma 1.6.3 Eine maximale linear unabhängige Teilmenge L ⊂ V ist eine Basis.<br />

j=1


FUNKTIONALANALYSIS 13<br />

Beweis: Sei L eine maximale linear unabhängige Teilmenge von V, d.h., es gelte für<br />

jede linear unabhängige Teilmenge L ′ ⊂ V, dass<br />

L ′ ⊃ L ⇒ L ′ = L.<br />

Wir zeigen, dass L eine Basis ist. Sei dazu v ∈ V. Angenommen, v lässt sich nicht als<br />

Linearkombination von Elementen von L darstellen. Sei L ′ = L ∪ {v}. Wir behaupten,<br />

dass L ′ linear unabhängig ist. Es seien dazu l 1 , . . . , l n ∈ L und λ, λ 1 , . . . , λ n<br />

Koeffizienten mit<br />

λv + λ 1 l 1 + · · · + λ n l n = 0.<br />

Erster Fall: λ = 0, dann folgt λ 1 l 1 + · · · + λ n l n = 0 und da L linear unabhängig ist, ist<br />

λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />

Zweiter Fall: λ 0, dann ist<br />

v = (−λ 1 /λ)l 1 + · · · + (−λ n /λ)l n ,<br />

was im Widerspruch zur Annahme steht. Damit lässt sich v also doch als<br />

Linearkombination von Elementen aus L darstellen und L ist eine Basis.<br />

□<br />

Nun beweisen wir den Satz unter Zuhilfenahme des Zornschen Lemmas. Nach<br />

Lemma 1.6.3 brauchen wir nur zu zeigen, dass es eine maximale linear unabhängige<br />

Menge in V gibt. Sei also S die Menge deren Elemente die linear unabhängigen<br />

Teilmengen L von V sind. Sei K ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge und sei<br />

⋃<br />

Z = L<br />

Dann ist sicherlich Z ≥ L für jedes L ∈ K, es bleibt also zu zeigen, dass Z ∈ S gilt, also<br />

mit anderen Worten, wir müssen zeigen, dass Z linear unabhängig ist. Seien dazu<br />

v 1 , . . . v n ∈ Z und λ 1 , . . . , λ n Koeffizienten so dass<br />

L∈K<br />

λ 1 v 1 + · · · + λ n v n = 0<br />

Da K eine linear geordnete Teilmenge ist, gibt es ein L ∈ K so dass v 1 , . . . , v n ∈ L. Da L<br />

linear unabhängig ist, folgt λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 14<br />

1.7 Der Satz von Tychonov<br />

Sei I eine Indexmenge und für jedes i ∈ I sei ein topologischer Raum X i ∅ gegeben.<br />

Die Produkttopologie auf X = ∏ i∈I X i ist die Initialtopologie der Projektionen<br />

p i : X → X i . Sie wird erzeugt von allen Mengen der Form<br />

p −1<br />

i<br />

(U i ) = U i ×<br />

∏<br />

X j ,<br />

wobei U i eine offene Teilmenge von X i ist. Damit ist jede offene Menge eine<br />

Vereinigung von Mengen der Form<br />

U i1 × · · · × U in ×<br />

ji<br />

∏<br />

ii 1 ,...,i n<br />

X i ,<br />

die ja endliche Schnitte von den oben genannten sind.<br />

Satz 1.7.1 (Tychonov) X = ∏ i∈I ist genau dann kompakt ist, wenn alle Faktoren X i<br />

kompakt sind.<br />

Beweis: Da die Projektion p i : X → X i stetig ist, so ist jedes X i kompakt, falls X<br />

kompakt ist. Die schwierige Richtung ist die Umkehrung. Seien also alle X i kompakt.<br />

Sei F = (F ν ) ν∈N eine Familie abgeschlossener Mengen mit der endlichen<br />

Schnitteigenschaft (jeweils endlich viele haben nichtleeren Schnitt). Es gibt dann eine<br />

maximale Familie F ∗ = (F ν ) ν∈N ∗ mit F ∗ ⊃ F , die die endliche Schnitteigenschaft hat.<br />

Dies folgt leicht aus dem Lemma von Zorn, da man aus einer linear geordnete<br />

Mengen von Familien mit endlicher Schnitteigenschaft durch Vereinigung eine obere<br />

Schranke gewinnt, die wieder die endliche Schnitteigenschaft hat.<br />

(A) Sind F 1 , . . . , F n ∈ F ∗ , so ist auch F 1 ∩ · · · ∩ F n in F ∗ wie aus der Maximalität von F ∗<br />

folgt.<br />

(B) Ist S ⊂ X irgendeine Teilmenge mit der Eigenschaft S ∩ F ν ∅ für jedes F ν ∈ F ∗ ,<br />

dann ist S ∈ F ∗ , wie aus der Maximalität folgt.<br />

Sei i ∈ I. Die Familie abgeschlossener Mengen (p i (F ν )) ν∈N ∗ hat die endliche


FUNKTIONALANALYSIS 15<br />

Schnitteigenschaft, also gibt es ein z i in deren Schnitt. Sei<br />

U = U i1 × · · · × U in ×<br />

∏<br />

ii 1 ,...,i n<br />

X i<br />

eine offene Umgebung von z = (z i ) i∈I . Sei k ∈ {1, . . . , n}. So gibt es zu jedem F ν ∈ F ∗ ein<br />

f ∈ F ν mit p ik ( f ) ∈ U ik , also gilt mit S k = p −1<br />

i k<br />

(U ik ), dass S k ∩ F ν ∅ ist. Nach (B) ist<br />

S k ∈ F ∗ . Nach (A) ist dann U = S 1 ∩ · · · ∩ S n ∈ F ∗ . Insbesondere hat U also nichtleeren<br />

Schnitt mit jedem F ∈ F ∗ , also auch mit jedem F ∈ F . Da die Umgebungen U dieser<br />

Form eine Umgebungsbasis bilden, liegt z im Abschluss von F ν also in F ν für jedes<br />

ν ∈ N. Damit ist ⋂ n∈N F n nichtleer und X ist kompakt.<br />

□<br />

1.8 Das Lemma von Urysohn<br />

Ein Hausdorff-Raum heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt eine kompakte<br />

Umgebung besitzt. Beispiel: R n . Eine Teilmenge A ⊂ X eines topologischen Raums<br />

heisst relativ kompakt, falls der Abschluss A ⊂ X kompakt ist.<br />

Lemma 1.8.1 (Lemma von Urysohn) Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Sei<br />

K ⊂ X kompakt und A ⊂ X abgeschlossen mit K ∩ A = ∅.<br />

(i) Es existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U von K so dass<br />

K ⊂ U ⊂ U ⊂ X A.<br />

(ii) Es gibt eine stetige Abbildung mit kompaktem Träger f : X → [0, 1] mit f ≡ 1 auf K<br />

und f ≡ 0 auf A.<br />

Beweis: (a) Sei a ∈ A. Für jedes k ∈ K gibt es eine offene, relativ kompakte Umgebung<br />

U k von k und eine Umgebung U k,a von a mit U k ∩ U k,a = ∅. Die Familie (U k ) k∈K ist eine<br />

offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, reichen endlich viele. Sei V die<br />

Vereinigung dieser endlich vielen offenen Mengen und sei W der Schnitt der<br />

entsprechenden endlich vielen U k,a . Dann sind V und W offene Umgebungen von K<br />

und a und V ist relativ kompakt.


FUNKTIONALANALYSIS 16<br />

V<br />

A<br />

K<br />

W<br />

•<br />

a<br />

Wir wiederholen dieses Argument mit K in Rolle von a und V ∩ A in der Rolle von K<br />

und erhalten disjunkte offene Umgebungen U ′ von K und W ′ von ¯V ∩ A. Die Menge<br />

U = U ′ ∩ V erfüllt Teil (a) des Lemmas.<br />

(b) Wähle ein U das (a) erfüllt und ersetze A durch X U. Hierdurch sieht man, dass<br />

es reicht, (b) zu beweisen ohne die Forderung nach kompaktem Träger.<br />

Wähle also wieder ein U, das Teil (a) erfüllt und benenne diese U mit U 1<br />

2<br />

. Wiederrum<br />

nach (a) existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U 1<br />

4<br />

von U 1<br />

2<br />

so dass<br />

U 1<br />

2<br />

⊂ U 1<br />

2<br />

⊂ U 1<br />

2<br />

⊂ A c . Sei R die Menge aller Zahlen der Gestalt k<br />

2 n im Intervall [0, 1).<br />

Formal setze U 0 = A c . Durch Iteration der obigen Konstruktion erhalten wir offene<br />

Mengen U r , r ∈ R, mit K ⊂ U r ⊂ U r ⊂ U s ⊂ A c für alle r > s in R. Wir definieren nun f .<br />

Für x ∈ A sei f (x) = 0 und sonst setze f (x) = sup{r ∈ R : x ∈ U r }. Dann gilt f ≡ 1 auf K.<br />

Für r > s in R gilt<br />

f −1 (s, r) =<br />

⋃<br />

s


FUNKTIONALANALYSIS 17<br />

1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß<br />

Definition 1.9.1 Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Eine stetige Funktion<br />

f : X → C verschwindet im Unendlichen, falls es zu jedem ε > 0 ein Kompaktum<br />

K ⊂ X gibt so dass | f (x)| < ε für jedes x ∈ X K.<br />

Wir bezeichnen mit C(X) die Menge aller stetigen Funktion von X nach C und mit<br />

C 0 (X) die Menge aller stetigen Funktionen, die im Unendlichen verschwinden. Sie<br />

enthält die Menge C c (X) aller stetigen Funktionen mit kompakten Trägern.<br />

Lemma 1.9.2 Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Jedes f ∈ C 0 (X) ist beschränkt und<br />

die Supremumsnorm<br />

∣ ∣ ∣ ∣ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣X<br />

= sup{| f (x)| : x ∈ X}<br />

macht C 0 (X) zu einem Banach-Raum, also einem vollständigen normierten Vektorraum.<br />

Beweis: Sei f ∈ C 0 (X). Zu ε = 1 gibt es dann ein Kompaktum K ⊂ X mit | f (x)| < ε für<br />

x ∈ X K, also ist f ausserhalb eines Kompaktums K beschränkt. Da f stetig ist, ist<br />

f (K) ⊂ C kompakt, also beschränkt, damit ist f überall beschränkt. Daher ist die<br />

Sup-Norm auf C 0 (X) wohldefiniert. Für die Vollständigkeit sei ( f j ) j∈N eine<br />

Cauchy-Folge. Sei x ∈ X. Wegen | f i (x) − f j (x)| ≤ ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣X fj − f i ist f j (x) eine Cauchy-Folge in<br />

C, also konvergent gegen eine komplexe Zahl, die wir f (x) nennen. Dann ist<br />

f : X → C eine Funktion und die Folge f j konvergiert punktweise gegen f . Wir zeigen,<br />

dass sie gleichmässig konvergiert. Sei ε > 0, dann existiert ein j 0 so dass ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣X fj − f i < ε<br />

für alle i, j ≥ j 0 gilt. Für j ≥ j 0 und x ∈ X gilt dann also<br />

| f j (x) − f (x)| = lim<br />

i<br />

| f j (x) − f i (x)| ≤ ε.<br />

Nehmen wir das Supremum über alle x ∈ X, so sehen wir<br />

∣ ∣ ∣ ∣ fj − f ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣X<br />

≤ ε<br />

für jedes j ≥ j 0 , also konvergiert die Folge in der Norm gegen f .<br />

Wir zeigen, dass f stetig ist. Sei hierzu U ⊂ C eine offene Menge. Wir wollen zeigen,<br />

dass f −1 (U) offen ist. Sei also x 0 ∈ f −1 (U). Dann ist f (x 0 ) ∈ U und es existiert ein ε > 0<br />

so dass U ε ( f (x 0 )) ⊂ U. Es gibt nun ein j mit | f (x) − f j (x)| < ε/3 für jedes x ∈ X. Dann ist<br />

V = f −1 (U<br />

j ε/3 ( f (x 0 ))) offen in X. Wir behaupten<br />

x 0 ∈ V ⊂ f −1 (U).


FUNKTIONALANALYSIS 18<br />

Hieraus folgt die Offenheit von f −1 (U). Zunächst ist | f j (x 0 ) − f (x 0 )| < ε/3, also<br />

f j (x 0 ) ∈ U ε/3 ( f (x 0 )) was nichts anderes heisst als x 0 ∈ V.<br />

Weiter sei x ∈ V, dann ist | f j (x) − f (x 0 )| < ε/3, also<br />

| f (x) − f (x 0 )| ≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f j (x 0 )|<br />

≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f (x 0 )| + | f (x 0 ) − f j (x 0 )|<br />

<<br />

ε<br />

3 + ε 3 + ε 3 = ε.<br />

Das heisst f −1 (x) ∈ f −1 (U ε (x 0 )) ⊂ f −1 (U). Daher ist f −1 (U) offen und also ist f stetig.<br />

Der Beweis, dass f im Unendlichen verschwindet sei dem Leser zur Übung gelassen.<br />

□<br />

Definition 1.9.3 Sei X ein topologischer Raum. Eine Kompaktifizierung ist eine<br />

Abbildung c : X → Z, wobei Z ein kompakter Raum ist, c hat dichtes Bild und c ist ein<br />

Homöomorphismus aufs Bild, das heisst c ist injektiv und stetig und die<br />

Umkehrabbildung ist stetig auf dem Bild von c.<br />

Lemma 1.9.4 Zu jedem nichtkompakten Hausdorff-Raum X gibt es eine Kompaktifizierung<br />

¯X die durch Hinzunahme eines einzigen Punktes entsteht, die sogenannte<br />

Einpunktkompaktifizierung.<br />

Beweis: Sei X ein nichtkompakter topologischer Raum und ∞ sei ein neuer Punkt.<br />

Wir setzen ¯X = X ∪ {∞}. Auf ¯X definieren wir eine Topologie wie folgt: Eine Teilmenge<br />

U ⊂ ¯X ist offen falls<br />

• U ⊂ X und U ist offen in der Topologie von X, oder<br />

• ∞ ∈ U und X U ist kompakt in X.<br />

Man macht sich leicht klar, dass ¯X kompakt ist. Dass die Inklusion c : X ↩→ ¯X ein<br />

Homöomorphismus aufs Bild ist, ist nach Definition klar. Wir zeigen nun, dass X<br />

dicht in ¯X ist. Hierzu reicht es zu zeigen, dass jede Umgebung des Punktes ∞ schon<br />

Punkte aus X enthält. Dies ist aber klar, da X selbst nicht kompakt ist. Schliesslich ist<br />

zu zeigen, dass ¯X auch wirklich kompakt ist. Sei hierzu ¯X = ⋃ i∈I U i eine offene<br />

Überdeckung. Dann existiert ein i 0 mit ∞ ∈ U i0 . Die Menge K = X U i0 muss nach<br />

definition kompakt sein und die U i mit i i 0 bilden eine offene Überdeckung von K


FUNKTIONALANALYSIS 19<br />

(hier wird die Hausdorff-Eigenschaft gebraucht, warum?), daher reichen endlich<br />

viele.<br />

□<br />

Lemma 1.9.5 Sei X ein Hausdorff-Raum.<br />

• Ist X kompakt, so ist C 0 (X) = C(X).<br />

• Ist X nichtkompakt, so ist C 0 (X) die Menge der stetigen Funktionen f , die durch<br />

f (∞) = 0 zu einer stetigen Funktion auf der Einpunktkompaktifizierung ¯X = X ∪ {∞}<br />

fortgesetzt werden können.<br />

Beweis: Klar nach Konstruktion.<br />

□<br />

Die Menge C 0 (X) ist ein komplexer Vektorraum. Mit f, g ∈ C 0 (X) ist aber auch das<br />

punktweise Produkt f g : X → C; x ↦→ f (x)g(x) in C 0 (X). Dieses Produkt ist<br />

• bilinear: ( f, g) ↦→ f g ist linear in jedem Argument, also<br />

(λ f + µ f ′ )g = λ f g + µ f ′ g, sowie f (λg + µg ′ ) = λ f g + µ f g ′<br />

für alle f, f ′ , g, g ′ ∈ C 0 (X) und λ, µ ∈ C, sowie<br />

• assoziativ: f (gh) = ( f g)h für alle f, g, h ∈ C 0 (X).<br />

Ein Vektorraum A zusammen mit einem bilinearen assoziativen Produkt A × A → A<br />

nennt man eine Algebra. Eine Unteralgebra ist ein Unterraum B ⊂ A, der unter dem<br />

Produkt abgeschlossen ist, d.h., der B · B ⊂ B erfüllt. Auch über R definiert man<br />

Algebren in analoger Weise.<br />

Beispiele 1.9.6 • M n (C) ist eine C-Algebra und die Menge der oberen<br />

Dreiecksmatrizen ist eine Unteralgebra.<br />

• Ist X ein nichtkompakter Hausdorff-Raum, so ist C 0 (X) eine Algebra und C c (X)<br />

ist eine Unteralgebra.<br />

Satz 1.9.7 (Satz von Stone-Weierstraß)<br />

Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und sei A ⊂ C 0 (X) eine Unteralgebra so dass


FUNKTIONALANALYSIS 20<br />

(a) A trennt Punkte, d.h. für je zwei x y in X gibt es f ∈ A mit f (x) f (y),<br />

(b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) 0, und<br />

(c) A ist abgeschlossen unter komplexer Konjugation, das heisst f ∈ A ⇒ f ∈ A.<br />

Dann ist A dicht in C 0 (X).<br />

Diese komplexe Version des Satzes ist eine Konsequenz der folgenden reellen Version<br />

in welcher wir C R (X) für den reellen Vektorraum der reellwertigen stetigen Funktion<br />

0<br />

aus C 0 (X) schreiben.<br />

Satz 1.9.8 (Satz von Stone-Weierstraß über R)<br />

Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A ⊂ C R (X) eine reelle Unteralgebra von<br />

0<br />

C R 0<br />

(X) so dass<br />

(a) A trennt Punkte und<br />

(b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) 0.<br />

Dann ist A dicht in C R 0 (X).<br />

Wir zeigen zunächst wie die komplexe Version aus der reellen folgt. Nimm also an,<br />

dass A ⊂ C 0 (X) eine Unteralgebra wie im komplexen Stone-Weierstraß ist. Dann gilt<br />

A = A R + iA R , wobei A R = A ∩ C R (X). Dies folgt aus der Zerlegung f = Re( f ) + i Im( f )<br />

0<br />

mit Re( f ) = 1( f + f ¯ ) und Im( f ) = 1 ( f − f ¯ ) in A R . Da A die Bedingungen des komplexen<br />

2 2i<br />

Satzes erfüllt, erfüllt A R die des reellen. Die Anwendung des reellen Stone-Weierstraß<br />

liefert dann für den topologischen Abschluss: A R = C R 0 (X) und A = AR + iA R = C 0 (X).<br />

Wir brauchen also nur die reelle Version zu zeigen.<br />

Lemma 1.9.9 (Satz von Dini)<br />

Sei X ein kompakter topologischer Raum und sei ( f n ) n∈N eine monoton wachsende Folge<br />

stetiger Funktionen f n : X → R, die punktweise gegen eine stetige Funktion f : X → R<br />

konvergiert. Dann konvergiert die Folge ( f n ) gleichmässig gegen f .


FUNKTIONALANALYSIS 21<br />

Beweis: Sei ε > 0 gegeben. Für jedes x ∈ X existiert ein n x ∈ N mit<br />

f (x) − ε < f n (x) ≤ f (x) für jedes n ≥ n x . Sei U x := {y ∈ K : f (y) − ε < f nx (y)}. Dann ist<br />

{U x : x ∈ X} eine offene Überdeckung von X. Da X kompakt ist, gibt es x 1 , . . . , x l ∈ X<br />

mit X = ⋃ l<br />

j=1 U xj . Dann gilt ‖ f − f n ‖ X < ε für jedes n ≥ N = max{n t1 , . . . , n tl }. □<br />

Lemma 1.9.10 Sei A eine Unteralgebra von C R (X). Liegt f im topologischen Abschluss A<br />

0<br />

von A, dann liegt auch | f | in A.<br />

Sind f, g ∈ A, dann folgt max( f, g), min( f, g) ∈ A.<br />

Beweis: Zunächst machen wir uns klar, dass es reicht, f ∈ A zu betrachten, denn ist<br />

f ∈ A, so existiert eine Folge f n in A mit f = lim n f n . Also auch<br />

| f | = | lim<br />

n<br />

f n | = lim<br />

n<br />

| f n |,<br />

da die Betragsfunktion stetig ist. Sind also alle | f n | in A, so auch | f |.<br />

Es bleibt also der Fall 0 f ∈ A. Indem wir zu 1<br />

‖ f ‖ X<br />

f übergehen, können wir<br />

annehmen, dass f (X) ⊂ [−1, 1], also f (x) 2 ∈ [0, 1] für jedes x ∈ X. Induktiv definieren<br />

wir eine Folge (p n ) von Polynomen auf [0, 1] so dass p 1 ≡ 0 und<br />

p n+1 (t) = p n (t) − 1 2 (p n(t) 2 − t), t ∈ [0, 1].<br />

Wir behaupten dass die Folge (p n (t)) monoton gegen die Wurzelfunktion √ t wächst.<br />

Hierzu zeigen wir per Induktion, dass 0 ≤ p n (t) ≤ √ t und p n (0) = 0 für jedes n ∈ N.<br />

Dies ist klar für n = 1 und für n + 1 folgt es aus<br />

p n+1 (t) − √ t = (p n (t) − √ t) − 1 2 (p n(t) − √ t)(p n (t) + √ t)<br />

= (p n (t) − √ t) ( 1 − 1 2 (p n(t) + √ t) ) ≤ 0,<br />

da p n (t) − √ t ≤ 0 und p n (t) + √ t ≤ 2 √ t ≤ 2. Also, da p n+1 (t) − p n (t) = 1 2 (t − p n(t) 2 ) ≥ 0, ist<br />

die Folge (p n (t)) monoton wachsend und beschränkt durch √ t. Sie konvergiert also<br />

gegen eine Funktion 0 ≤ g(t) ≤ √ t. Dann haben wir<br />

0 = g(t) − g(t) = lim<br />

n<br />

(p n+1 (t) − p n (t)) = lim<br />

n<br />

1<br />

2 (t − p n(t) 2 ) = 1 2 (t − g(t)2 ),<br />

mit anderen Worten g(t) = √ t. Da g stetig ist, konvergiert die Folge (p n ) nach Dinis<br />

Satz gleichmässig auf [0, 1] gegen g.


FUNKTIONALANALYSIS 22<br />

Sei f n (x) = p n ( f (x) 2 ) für x ∈ X. Dann konvergiert ( f n ) gleichmässig gegen √ f 2 = | f | auf<br />

X. Da aber f n eine Linearkombination von Potenzen von f ist, liegt es in A für jedes<br />

n ∈ N. Damit also | f | ∈ A.<br />

Die letzte Aussage folgt, da A ebenfalls eine reelle Algebra ist und<br />

max f, g = 1 2 ( f + g + | f − g|) sowie min( f, g) = 1 2 ( f + g − | f − g|). □<br />

Beweis des Satzes von Stone-Weierstraß. Wir zeigen zunächst, dass es zu jedem Paar<br />

x, y ∈ X mit x y ein g ∈ A gibt mit g(x) g(y) und g(x), g(y) 0. Wähle g 1 ∈ A mit<br />

g 1 (x) g 1 (y). Ist g 1 (x)g 1 (y) 0, so setze g = g 1 und fertig. Andernfalls nimm an, dass<br />

etwa g 1 (y) 0. Dann ist g 1 (x) = 0. Wähle g 2 ∈ A mit g 2 (x) 0. Dann ist g 2 (x) = g 2 (y)<br />

oder g 2 (y) = 0. Im Falle dass g 2 (x) = g 2 (y) definiere g = g 1 + g 2 und falls g 2 (y) = 0 setze<br />

g = g 1 + µg 2 mit µ ∈ R so dass g 1 (y) µg 2 (x) 0. In beiden Fällen sieht man, dass<br />

0 g(x) g(y) 0.<br />

Im nächsten Schritt zeigen wir, dass es zu jedem Paar x, y ∈ X mit x y und je zwei<br />

α, β ∈ R eine Funktion f ∈ A gibt mit f (x) = α und f (y) = β. Zu diesem Zweck wähle<br />

ein g wie oben. Wir machen den Ansatz f = λg + µg 2 mit λ, µ ∈ R. Dann ist<br />

f (x) = α, f (y) = β äquivalent zu<br />

⎛<br />

⎞ ⎞<br />

g(x) g(x) 2 λ<br />

⎜⎝<br />

⎞⎟<br />

g(y) g(y) 2 ⎠<br />

⎛⎜ ⎝<br />

µ<br />

⎟⎠<br />

⎛⎜ = α<br />

⎝<br />

β<br />

⎟⎠ .<br />

⎛<br />

g(x) g(x) 2<br />

Aber wegen 0 g(x) g(y) 0 gilt det ⎜⎝<br />

⎞⎟<br />

g(y) g(y) 2 ⎠ = g(x)g(y) ( g(y) − g(x) ) 0 und<br />

daher hat das Gleichungssystem eine eindeutige Lösung.<br />

Schliesslich sei h ∈ C R (X) gegeben und sei ε > 0. Wir müssen zeigen, dass es ein f ∈ A<br />

0<br />

gibt mit ‖h − f ‖ X < ε. Für jedes Paar x, y ∈ X mit x y wählen wir g x,y ∈ A mit<br />

h(x) = g x,y (x) und h(y) = g x,y (y). Für ein festes y definieren wir<br />

U x := {z ∈ X : h(z) < g x,y (z) + ε}.<br />

Dann ist U x eine offene Umgebung von x und X U x = {z ∈ X : (h − g x,y )(z) ≥ ε} ist<br />

kompakt, da h − g x,y im Unendlichen verschwindet. Also, wenn wir x 1 ∈ X festhalten,<br />

gibt es x 2 , . . . , x l ∈ X U x1 mit X U x1 ⊂ ⋃ l<br />

j=2 U xj , so dass X ⊂ ⋃ l<br />

j=1 U xj . Setze<br />

f y = max(g x1 ,y, . . . , g xl ,y).


FUNKTIONALANALYSIS 23<br />

Nach Lemma 1.9.10 liegt f y in A und nach Konstruktion ist h(z) − f y (z) < ε für jedes<br />

z ∈ X, denn für z ∈ U xj gilt h(z) < g xj ,y(z) + ε ≤ f y (z) + ε.<br />

Für y ∈ X sei<br />

V y = {z ∈ X : f y (z) < h(z) + ε}.<br />

Da f y (y) = h(y), ist dies eine offene Umgebung von y, und wie oben zeigen wir, dass es<br />

y 1 , . . . , y k ∈ X gibt mit X ⊂ ⋃ k<br />

j=1 V yj . Sei<br />

f = min( f y1 , . . . , f yk ).<br />

Dann ist f ∈ A und man sieht leicht, dass f (z) − ε < h(z) < f (z) + ε für jedes z ∈ X.<br />

□<br />

Beispiel 1.9.11 Der komplexe Vektorraum der Laurent-Polynome, also aller<br />

Funktionen der Form<br />

n∑<br />

f (z) = c j z j<br />

liegt dicht im Raum aller stetigen Funktionen auf T = {z ∈ C : |z| = 1}. Wohlgemerkt,<br />

die gleichmässige Konvergenz der Fourier-Reihe haben wir nur für stückweise glatte<br />

Funktionen.<br />

j=−n<br />

1.10 Der Satz von Baire<br />

Eine Teilmenge D eines topologischen Raums X heisst dicht in X, falls X der<br />

Abschluss D von D ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn U ∩ D ∅ für jede offene<br />

Teilmenge U ⊂ X gilt.<br />

Definition 1.10.1 Ein topologischer Raum X heisst Baire-Raum oder von zweiter<br />

Kategorie, falls für jede abzählbare Familie (U n ) n∈N offener dichter Teilmengen von X<br />

der Schnitt D = ∩ n∈N U n wieder eine dichte Teilmenge ist.<br />

Proposition 1.10.2 (a) Ist X ein Baire-Raum, so ist jede offene Teilmenge U wieder ein<br />

Baire-Raum.<br />

(b) Ist X ein Baire-Raum, so existiert für jede abzählbare Familie (A n ) n∈N abgeschlossener<br />

Mengen mit X = ∪ n∈N A n schon ein Index n 0 , so dass A n0 eine nichtleere offene Menge<br />

enthält.


FUNKTIONALANALYSIS 24<br />

Beweis: (a) ist klar indem wir alles mit U schneiden. Wir beweisen (b). Sei X ein<br />

Baire-Raum und X = ∪ n∈N A n wie in der Proposition. Angenommen, keine der<br />

Mengen A n enthält eine nicht-leere offene Menge. Sei U n = A c n das Komplement. Es<br />

folgt U ∩ U n ∅ für jede offene Menge U, also ist U n dicht in X. Da X ein Baire-Raum<br />

ist, ist D = ⋂ n U n dicht in X. Es folgt<br />

⋃ ⋃<br />

X D c = Un c = A n = X.<br />

n<br />

n<br />

Dies ist ein Widerspruch!<br />

□<br />

Satz 1.10.3 (Baire) Jeder lokalkompakte Hausdorff-Raum und jeder vollständige<br />

metrische Raum ist ein Baire-Raum.<br />

Sei X ein lokalkompakter Hausdorffraum oder ein vollständiger metrischer Raum.<br />

Seien V 1 , V 2 , . . . dichte offene Teilmengen von X. Wir definieren eine Folge<br />

B 0 ⊃ B 1 ⊃ . . . offener Mengen wie folgt: Sei B 0 eine beliebige offene Menge in X. Sei<br />

n ≥ 1 und eine offene Menge B n−1 gegeben. Da V n dicht ist, existiert eine offene Menge<br />

B n ∅ mit<br />

B n ⊂ V n ∩ B n−1 .<br />

Ist X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum, kann man B n als kompakt voraussetzen.<br />

Ist X ein vollständiger metrischer Raum, kann man B n als einen Ball vom Radius<br />

< 1/n wählen. Sei K = ⋂ ∞<br />

n=1 B n . Ist X ein lokalkompakter HDR, folgt K ∅ nach der<br />

endlichen Schnitteigenschaft. Ist X ein vollständiger metrischer Raum, dann bilden<br />

die Mittelpunkte der Bälle B n eine Cauchy-Folge, die konvergiert gegen einen Punkt<br />

von K, also gilt K ∅ in jedem Fall. Es ist K ⊂ B 0 und K ⊂ V n für jedes n, damit<br />

B 0 ∩ ⋂ n V n ∅.<br />

□<br />

Korollar 1.10.4 Ein Banach-Raum, der eine abzählbare Basis besitzt, ist endlich-dimensional.<br />

Beweis: Sei V ein Banach-Raum der von v 1 , v 2 , . . . aufgespannt wird. Sei A n der von<br />

v 1 , . . . v n aufgespannte Unterraum. Dieser ist als endlich-dimensionaler normierter<br />

Raum selbst vollständig, also abgeschlossen in V. Ferner gilt V = ⋃ n A n , also enthält<br />

ein A n eine offene Teilmenge von V. Jede offene Teilmenge von V enthält allerdings<br />

eine Basis, also ist V = A n .<br />


FUNKTIONALANALYSIS 25<br />

2 Normierte Räume<br />

2.1 Definition<br />

In dieser Vorlesung werden nur Vektorräume über R oder C betrachtet. Wir schreiben<br />

daher K für den Grundkörper, also<br />

K = R oder C.<br />

Lemma 2.1.1 (a) Ist V ein R-Vektorraum, so ist<br />

V C = V ⊗ R C = V + iV<br />

ein komplexer Vektorraum, der die Komplexifizierung von V genannt wird.<br />

(b) Ist V ein C-Vektorraum und ist f : V → R eine R-lineare Abbildung, dann existiert<br />

genau eine C-lineare Abbildung g : V → C so dass<br />

f = Re(g).<br />

Beweis: (a) ist klar. Für (b) Setze g(v) = f (v) − i f (iv). Wir wollen zeigen, dass g<br />

komplex-linear ist. Da g schon reell-linear ist, reicht es zu zeigen, dass g(iv) = ig(v) für<br />

jedes v ∈ V gilt. Hierzu rechnen wir<br />

g(iv) = f (iv) − i f (iiv) = f (iv) + i f (v)<br />

= i( f (v) − i f (iv)) = ig(v)<br />

Nun zur Eindeutigkeit von g: Sei h eine weitere komplex-lineare Abbildung mit<br />

Re(h) = f . Sei τ = g − h, dann folgt Re(τ) = 0. Ist v ∈ V, so folgt dann Re(τ(v)) = 0 und<br />

da dies auch für iv gilt, folgt<br />

0 = Re(τ(iv)) = Re(iτ(v)) = − Im(τ(v)),<br />

also ist τ(v) = 0.<br />

□<br />

Ein normierter Vektorraum ist ein K-Vektorraum V mit einer Abbildung<br />

||·|| : V → [0, ∞) so dass für v, w ∈ V und α ∈ K gilt:<br />

• ||v|| = 0 ⇔ v = 0<br />

(Definitheit)


FUNKTIONALANALYSIS 26<br />

• ||αv|| = |α| ||v||<br />

• ||v + w|| ≤ ||v|| + ||w||<br />

(Multiplikativität)<br />

(Dreiecksungleichung).<br />

Mit der Metrik<br />

d(v, w) = ||v − w||<br />

wird V dann ein metrischer Raum. Ein normierter Raum, der vollständig ist, in dem<br />

also jede Cauchy-Folge konvergiert, heisst Banach-Raum.<br />

Beispiele 2.1.2<br />

• Ist X ein metrischer Raum, dann ist der Vektorraum C b (X) aller<br />

beschränkten stetigen Funktionen f : X → K ein Banach-Raum mit der Norm<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣X f = sup | f (x)|.<br />

x∈X<br />

Beweis: Die Normeigenschaften sind trivial. Es ist Vollständigkeit zu zeigen. Sei<br />

also ( f j ) eine Cauchy-Folge. Dann gilt für jedes x ∈ X,<br />

| f j (x) − f k (x)| ≤ sup | f j (y) − f k (y)| = ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣X fj − f k .<br />

y∈X<br />

Also ist ( f j (x)) j∈N eine Cauchy-Folge in K, konvergiert also. Nennen wir den<br />

Limes f (x). Sei ε > 0, dann gibt es j 0 so dass für alle j, k ≥ n 0 und alle x ∈ X gilt<br />

| f j (x) − f k (x)| < ε.<br />

Mit k → ∞ folgt, dass für jedes j ≥ j 0 und jedes x ∈ X gilt<br />

| f j (x) − f (x)| ≤ ε.<br />

Das bedeutet aber, dass f j gleichmässig gegen f konvergiert. Damit ist f stetig.<br />

Es ist leicht einzusehen, dass f auch beschränkt ist, also f ∈ C b (X), womit die<br />

Vollständigkeit gezeigt wäre.<br />

□<br />

• Für jedes 1 ≤ p ≤ ∞ und jeden Maßraum (X, µ) ist L p (µ) ein Banach-Raum. Dies<br />

wurde in Analysis 3 gezeigt.


FUNKTIONALANALYSIS 27<br />

2.2 Stetige lineare Abbildungen<br />

Definition 2.2.1 Für lineare Abbildung T : V → W zwischen normierten Räumen sei<br />

||T(v)||<br />

||T|| op = sup ||T(v)|| = sup<br />

||v||=1<br />

v0 ||v||<br />

∈ [0, ∞]<br />

die Operatornorm. Die Abbildung T heisst beschränkte lineare Abbildung, falls<br />

||T|| op < ∞.<br />

Man spricht statt von einer linearen Abbildung auch von einem linearen Operator. Ist<br />

der Zielraum W gleich K, so nennt man T ein lineares Funktional.<br />

Satz 2.2.2 (a) Die Operatornorm ist eine solche, d.h., es gilt<br />

• ||T|| = 0 ⇔ T = 0<br />

• ||λT|| = |λ| ||T||<br />

• ||S + T|| ≤ ||S|| + ||T||<br />

(Definitheit)<br />

(Multiplikativität)<br />

(Dreiecksungleichung).<br />

(b) Sind S, T komponierbar, so gilt<br />

||S ◦ T|| ≤ ||S|| ||T|| .<br />

(c) Für jeden linearen Operator T : V → W zwischen normierten Räumen und jedes<br />

v ∈ V gilt<br />

||T(v)|| ≤ ||T|| op ||v|| .<br />

Ein linearer Operator T ist genau dann stetig, wenn er beschränkt ist.<br />

Beweis: Für die Dreiecksungleichung rechnen wir<br />

||S + T|| = sup<br />

||v||=1<br />

≤ sup<br />

||v||=1<br />

||(S + T)(v)|| = sup ||S(v) + T(v)||<br />

||v||=1<br />

||S(v)|| + ||T(v)|| ≤ sup<br />

||v||=1<br />

||S(v)|| + sup ||T(v)|| = ||S|| + ||T|| .<br />

||v||=1


FUNKTIONALANALYSIS 28<br />

(b) Es sei ohne Einschränkung T 0. Es gilt<br />

||S ◦ T|| = sup<br />

v0<br />

= sup<br />

T(v)0<br />

||S(T(v))||<br />

||v||<br />

||S(T(v))||<br />

||T(v)||<br />

||S(T(v))||<br />

= sup<br />

T(v)0 ||v||<br />

||T(v)||<br />

||v||<br />

≤ sup<br />

w0<br />

||S(w)||<br />

||w||<br />

sup<br />

v0<br />

||Tv||<br />

||v||<br />

= ||S|| ||T|| .<br />

(c) Die Ungleichung ist klar. Wir zeigen zunächst, dass eine lineare Abbildung<br />

T : V → W zwischen normierten Räumen genau dann stetig ist, wenn sie im<br />

Nullpunkt stetig ist. Ist T stetig, dann ist T stetig in Null. Sei umgekehrt T linear und<br />

stetig in Null. Sei v j → v eine in V konvergente Folge, dann konvergiert v j − v gegen<br />

Null, also konvergiert auch T(v j ) − T(v) = T(v j − v) gegen Null, d.h. T(v j ) geht gegen<br />

T(v), somit ist T in v stetig und da v beliebig ist, ist T schlechthin stetig.<br />

Wir zeigen, dass ein stetiger Operator beschränkt ist. Sei also T stetig und nimm an, er<br />

ist nicht beschränkt. Dann existiert eine Folge v j von Vektoren mit ∣ ∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣ ∣∣ = 1 und<br />

∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣T(vj → ∞. Nehmen wir an, dass ) ∣ ∣ ∣∣ 0 für alle j, dann geht die Folge<br />

1<br />

||T(v j )|| v j<br />

gegen Null, also folgt<br />

⎛<br />

1<br />

∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ 1<br />

∣ ∣∣ T(v j ) = T ⎜⎝<br />

∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣∣ v j<br />

⎞⎟ ⎠ → 0.<br />

Diese Vektoren haben aber Norm 1, Widerspruch! Sei umgekehrt T beschränkt und v j<br />

eine Nullfolge, das heisst, dass ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ gegen Null geht. Dann gilt<br />

∣ ∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤ ||T||op<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ → 0.<br />

Also geht T(v j ) gegen Null, T ist also stetig in Null, also stetig.<br />

□<br />

2.3 Hilbert-Räume<br />

Erinnerung: Ein Skalarprodukt auf einem komplexen Vektorraum V ist eine<br />

Abbildung 〈·, ·〉 : V × V → C mit folgenden Eigenschaften:<br />

• Für w ∈ V ist die Abbildung V → K; v ↦→ 〈v, w〉 linear.<br />

• Es gilt 〈w, v〉 = 〈v, w〉 für alle v, w ∈ V.<br />

• Für v ∈ V ist 〈v, v〉 ≥ 0 und 〈v, v〉 = 0 ⇔ v = 0.


FUNKTIONALANALYSIS 29<br />

Definition 2.3.1 Ein Vektorraum V mit einem Skalarprodukt 〈., .〉 heisst<br />

Prä-Hilbert-Raum.<br />

Beispiele 2.3.2 • Das einfachste Beispiel nach dem Nullraum ist V = K mit<br />

〈 〉 α, β = α ¯β. Oder allgemeiner V = C k mit k ∈ N und<br />

〈v, w〉 = v t ¯w,<br />

• Sei I eine Menge und sei l 2 (I) der L 2 -Raum, wenn man I mit dem Zählmaß<br />

ausstattet. Dann ist l 2 (I) die Menge aller Funktionen f : I → C mit<br />

∑<br />

| f (i)| 2 < ∞.<br />

i∈I<br />

Insbesondere ist für jedes f ∈ l 2 (I) die Menge {i ∈ I : f (i) 0} abzählbar. Das<br />

Skalarprodukt ist gegeben durch<br />

〈 〉 ∑<br />

f, g = f (i)g(i).<br />

i∈I<br />

Die Norm auf einem Prä-Hilbert-Raum V ist definiert durch<br />

||v|| = √ 〈v, v〉, v ∈ V.<br />

In der linearen Algebra wird bewiesen, dass dies in der Tat eine Norm ist. Ausserdem<br />

wird dort die Cauchy-Schwarz-Ungleichung<br />

| 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w||<br />

für v, w ∈ V bewiesen.<br />

Lemma 2.3.3 Ist V ein normierter Raum, dann ist die Norm ||.|| : V → R eine stetige<br />

Abbildung.<br />

Ist V ein Prä-Hilbert-Raum, dann ist das Skalarprodukt V × V → C eine stetige Abbildung.<br />

Beweis: Es sei v j → v eine konvergente Folge, dann ist gilt | ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ − ||v|| | ≤<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

− v ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ eine<br />

Nullfolge.


FUNKTIONALANALYSIS 30<br />

Ist V ein Hilbert-Raum und sind v j → v und w j → w konvergent in V, so gilt nach der<br />

Cauchy-Schwarz-Ungleichung,<br />

| 〈 v j , w j<br />

〉<br />

− 〈v, w〉 | ≤ |<br />

〈<br />

vj , w j<br />

〉<br />

−<br />

〈<br />

vj , w 〉 | + | 〈 v j , w 〉 − 〈v, w〉 |<br />

= | 〈 v j , w j − w 〉 | + | 〈 v j − v, w 〉 |<br />

≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣wj<br />

− w ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ +<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

− v ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ||w||<br />

Da ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ konvergent ist, ist diese Folge beschränkt, also geht die rechte Seite (und damit<br />

die linke) gegen Null.<br />

□<br />

Definition 2.3.4 Ein Hilbert-Raum ist ein Prä-Hilbert-Raum, der vollständig bzgl der<br />

induzierten Norm ist.<br />

Proposition 2.3.5 Jeder endlich-dimensionale Prä-Hilbert-Raum ist vollständig.<br />

Beweis: In der Linearen Algebra wird gezeigt, dass jeder endlich-dimensionale<br />

Prä-Hilbert-Raum zu K n isomorph ist, wobei n die Dimension ist. Dieser Raum ist<br />

vollständig.<br />

□<br />

Satz 2.3.6 (Polarisierung) Sei 〈., .〉 ein Skalarprodukt mit Norm ||.||. Im Fall K = R gilt:<br />

〈v, w〉 = 1 2<br />

(<br />

||v + w|| 2 − ||v|| 2 − ||w|| 2) .<br />

Im Fall K = C ist<br />

〈v, w〉 = 1 4<br />

(<br />

||v + w|| 2 − ||v − w|| 2 + i ||v + iw|| 2 − i ||v − iw|| 2) .<br />

Insbesondere ist also das Skalarprodukt durch die Norm eindeutig festgelegt.<br />

Beweis: Man setzt rechts für die Norm ||u|| 2 jeweils 〈u, u〉 ein und nutzt die<br />

Sesquilinearität aus.<br />

□<br />

In der Tat, diese Polarisierungsidentitäten nutzen nur die Sesquilinearität aus und<br />

nicht die Symmetrie, bzw Antisymmetrie. Wir formulieren das folgende Korollar nur<br />

für C.


FUNKTIONALANALYSIS 31<br />

Korollar 2.3.7 Seien V, Z Vektorräume über C und sei<br />

b : V × V → Z<br />

eine sesquilineare Abbildung. Sei D(v) = b(v, v) die Diagonale. dann gilt für alle v, w ∈ V,<br />

b(v, w) = 1 [D(v + w) − D(v − w) + iD(v + iw) − iD(v − iw)] ,<br />

4<br />

also ist b durch D eindeutig festgelegt.<br />

Beweis: Wie im Satz.<br />

□<br />

Definition 2.3.8 Eine lineare Isometrie zwischen zwei normierten Räumen V, W ist<br />

eine lineare Abbildung T : V → W mit<br />

||Tv|| = ||v||<br />

für jeden Vektor v ∈ V. Eine lineare Isometrie ist injektiv und ist sie zusätzlich<br />

surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine lineare Isometrie. In dem Fall<br />

heisst sie isometrischer Isomorphismus<br />

Sind V und W Hilbert-Räume und ist T : V → W eine Isometrie, so folgt<br />

〈Tv, Tw〉 = 〈v, w〉<br />

für alle w, w ∈ V. Dies folgt aus den Polarisierungsidentitäten (Satz 2.3.6).<br />

Definition 2.3.9 Ein Orthonormalsystem oder ONS in einem Hilbert-Raum H ist eine<br />

Familie von Vektoren (e i ) i∈I für die gilt<br />

〈<br />

ei , e j<br />

〉<br />

=<br />

⎧⎪ ⎨<br />

⎪ ⎩<br />

1 falls i = j,<br />

0 sonst.<br />

Ein Orthonormalsystem (e i ) i∈I heisst vollständiges ONS, oder Orthonormalbasis<br />

ONB, falls der Orthogonalraum der e i aufgespannte Untervektorraum dicht liegt in H.


FUNKTIONALANALYSIS 32<br />

Satz 2.3.10 Jeder Hilbert-Raum H hat eine Orthonormalbasis. Für jede ONB (e i ) i∈I und<br />

Vektoren v, w ∈ H gilt: Ist c i (v) = 〈v, e i 〉 , so sind nur abzählbar viele dieser Koeffizienten<br />

ungleich Null und es gilt<br />

∑<br />

v = c i (v)e i ,<br />

wobei die Reihe in jeder Reihenfolge konvergiert. Es gilt<br />

∑<br />

∑<br />

|c i (v)| 2 = ||v|| 2 oder, allgemeiner, 〈v, w〉 = c i (v)c i (w)<br />

i∈I<br />

i∈I<br />

i∈I<br />

Ist umgekehrt v = ∑ i∈I c i e i eine konvergente Reihe, dann folgt c i = c i (v), d.h., die<br />

Koeffizienten sind eindeutig.<br />

Sind ferner beliebige komplexe Koeffizienten (c i ) i∈I gegeben, so dass nur abzählbar viele<br />

ungleich Null sind und ∑ i∈I |c i | 2 < ∞ gilt, dann konvergiert die Reihe ∑ i∈I c i e i in H in<br />

jeder Reihenfolge mit demselben Grenzwert.<br />

Korollar 2.3.11 Man kann die Aussagen des Satzes auch so ausdrücken: Die Abbildung<br />

v ↦→ (i ↦→ c i (v)) ist ein isometrischer Isomorphismus von Hilbert-Räumen H −→ <br />

l 2 (I).<br />

Beweis des Satzes: Mit dem Lemma von Zorn beschafft man sich ein maximales ONS<br />

(e i ) i∈I . Dessen Orthogonalraum<br />

(e i ) ⊥ i∈I = {v ∈ H : 〈v, e i〉 = 0 ∀ i∈I }<br />

muss Null sein, denn ist w 0 im Orthogonalraum, dann ist f = w/ ||w|| ein neuer<br />

Vektor, um den man das ONS erweitern kann, was der Maximalität widerspricht. Sei<br />

also (e i ) i∈I ein ONS mit trivialem Orthogonalraum und sei v ∈ H. Für eine endliche<br />

Teilmenge E ⊂ I setze<br />

∑<br />

v E = c i (v)e i .<br />

Dann gilt 〈v E , v〉 = 〈v E , v E 〉 = ∑ i∈E |c i (v)| 2 , wie man leicht sieht. Also ist<br />

||v − v E || 2 = 〈v − v E , v − v E 〉<br />

∑<br />

= ||v|| 2 − 〈v, v E 〉 − 〈v E , v〉 + 〈v E , v E 〉 = ||v|| 2 − |c i (v)| 2 .<br />

i∈E<br />

i∈E


FUNKTIONALANALYSIS 33<br />

Da dies ≥ 0 ist, folgt ∑ i∈E |c i (v)| 2 ≤ ||v|| 2 . Also ∑ i∈I |c i (v)| 2 ≤ ||v|| 2 . Damit folgt, dass nur<br />

abzählbar viele c i (v) ungleich Null sind und dass die Reihe der |c i (v)| 2 konvergiert. Wir<br />

wollen zeigen, dass die Reihe ∑ i∈I c i (v)e i in jeder Reihenfolge konvergiert. Sei also<br />

c 1 , c 2 , . . . eine Nummerierung der Koeffizienten 0, so gilt für n ≤ m in N,<br />

∣ m∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ 2 c i (v)e i =<br />

∣<br />

n=n<br />

m∑<br />

|c i (v)| 2 ,<br />

woraus folgt, dass ∑ n<br />

i=1 c i (v)e i eine Cauchy-Folge in H ist, also konvergiert. Wir zeigen,<br />

dass der Limes gleich v ist. Für j ∈ I rechne<br />

i=n<br />

〈<br />

∑<br />

〉<br />

e j , v − c i (v)e i = 〈 e j , v 〉 − c j (v) = 0.<br />

i∈I<br />

Also ist der Vektor v − ∑ i∈I c i (v)e i im Orthogonalraum des ONS, also gleich Null, die<br />

Summe konvergiert also in der Tat gegen v. Insbesondere ist der von (e i ) aufgespannte<br />

Unterraum dicht. Es folgt<br />

〈 ∑<br />

〈v, w〉 =<br />

i∈I<br />

∑<br />

〉<br />

∑ ∑<br />

c i (v)e i , c i (w)e i = c i (v)c j (w) 〈 〉 ∑<br />

e i , e j = c i (v)c j (w).<br />

i∈I<br />

i∈I j∈I<br />

i∈I<br />

Ist umgekehrt v = ∑ j∈I c j e j konvergent, so gilt wegen der Linearität und Stetigkeit des<br />

Skalarproduktes,<br />

〈 ∑<br />

c i (v) = 〈v, e i 〉 =<br />

j∈I<br />

〉<br />

∑ 〈 〉<br />

c i e i , e j = c i ei , e j = ci .<br />

j∈I<br />

Ist schliesslich (c i ) i∈I eine Familie von Koeffizienten mit ∑ i∈I |c i | 2 < ∞, so folgt die<br />

Konvergenz von ∑ i c i e i genau wie die oben gezeigte Konvergenz von ∑ i c i (v)e i .<br />

□<br />

Beispiel 2.3.12 In Analysis 1 wurde in dem Abschnitt über Fourier-Reihen gezeigt,<br />

dass die Funktionen e k (x) = e 2πikx für k ∈ Z eine Orthonormalbasis von<br />

L 2 ([0, 1]) L 2 ([0, 1)) L 2 (R/Z) ist.<br />

Satz 2.3.13 Je zwei ONB eines Hilbert-Raumes haben die gleiche Mächtigkeit. Zwei<br />

Hilbert-Räume sind isometrisch-isomorph, falls sie ONBs der gleichen Mächtigkeit haben.


FUNKTIONALANALYSIS 34<br />

Beweis: Sei H ein Hilbert-Raum mit zwei ONBs (e i ) i∈I und ( f j ) j∈J . Ist H<br />

endlich-dimensional, so folgt |I| = |J| nach LinA. Sei also H unendlich-dimensional.<br />

Für i ∈ I sei S(i) die Menge aller j ∈ J mit 〈 〉<br />

e i , f j 0. Da ei = ∑ 〈 〉<br />

j∈J ei , f j fj , ist S(i) stets<br />

abzählbar. Da andererseits auch jedes f j sich in die e i entwickeln lässt, folgt<br />

⋃<br />

S(i) = J.<br />

i∈I<br />

Damit gibt es eine surjektive Abbildung I × N → J. Da I und J beide unendliche<br />

Mengen sind, folgt hieraus |J| ≤ |I|. Aus Symmetriegründen folgt |I| = |J|.<br />

Sind H 1 , H 2 Hilbert-Räume mit ONBs (e i ) i∈I und ( f i ) i∈I , so definiert die Vorschrift<br />

T(e i ) = f i einen isometrische Isomorphismus von H 1 nach H 2 .<br />

□<br />

Satz 2.3.14 (a) Sei H ein Hilbert-Raum und U ein abgeschlossener Unterraum. Dann<br />

gilt<br />

H = U ⊕ U ⊥ ,<br />

wobei U ⊥ = {v ∈ H : 〈v, U〉 = 0} der Orthogonalraum zu U ist.<br />

(b) Sei H ein Hilbert-Raum und sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Dann<br />

existiert ein eindeutig bestimmter Vektor w ∈ H mit<br />

α(v) = 〈v, w〉<br />

für jeden Vektor v ∈ H.<br />

Beweis: (a) Wie in der Linearen Algebra sieht man U ∩ U ⊥ = 0. Da U ein<br />

abgeschlossener Unterraum ist, ist U selbst wieder ein Hilbert-Raum. Sei (e i ) eine<br />

ONB von U und setze für v ∈ H:<br />

∑<br />

P(v) = 〈v, e i 〉 e i .<br />

i∈I<br />

Dann ist P : H → U eine lineare Abbildung mit P(v) = v falls v ∈ U, also P 2 = P, d.h., P<br />

ist eine Projektion. Der Kern von P ist U ⊥ . Sei v ∈ H, dann ist v − P(v) ∈ Ker P = U ⊥ ,<br />

also folgt H = U ⊕ U ⊥ .


FUNKTIONALANALYSIS 35<br />

(b) Sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Ist α = 0, so wähle w = 0. Ist α 0,<br />

dann ist U = Ker(α) ein abgeschlossener Unterraum von V. Daher ist H = U ⊕ U ⊥ und<br />

da U H, ist U ⊥ 0. Sei also w 0 ∈ U ⊥ mit ||w 0 || = 1. Dann ist α(w 0 ) = c 0. Setze<br />

w = cw 0 . Dann ist<br />

α(w 0 ) = c = 〈w 0 , w〉 .<br />

Da α einen Isomorphismus U ⊥ → K induziert, ist U ⊥ = Kw 0 , also insbesondere ist<br />

jedes v ∈ H von der Form v = λw 0 + u mit u ∈ U. Daher ist<br />

α(v) = α(λw 0 + u) = λc = α 〈w 0 , w〉 = 〈v, w〉 .<br />

Dies zeigt die Existenz. Für die Eindeutigkeit nimm an, es gebe einen weiteren Vektor<br />

w ′ mit α(v) = 〈v, w ′ 〉. Dann gilt für jedes v ∈ H, dass 0 = 〈v, w − w ′ 〉. Insbesondere für<br />

v = w − w ′ folgt w − w ′ = 0.<br />

□<br />

2.4 Vervollständigung<br />

Seien X, Y metrische Räume. Eine Isometrie von X nach Y ist eine Abbildung<br />

f : X → Y mit<br />

d( f (x), f (x ′ )) = d(x, x ′ )<br />

für je zwei Elemente x, x ′ ∈ X. Eine Isometrie ist stetig und injektiv. Ist eine Isometrie<br />

surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine Isometrie. Eine bijektive<br />

Isometrie heisst isometrischer Isomorphismus.<br />

Ein metrischer Raum X heisst vollständig, wenn jede Cauchy-Folge konvergiert.<br />

Satz 2.4.1 (Vervollständigung) Sei X ein metrischer Raum. Dann existiert eine<br />

Isometrie ϕ: X → ˆX in einen vollständigen metrischen Raum ˆX, so dass das Bild ϕ(X)<br />

dicht in ˆX liegt. Das Paar ( ˆX, ϕ) nennt man eine Vervollständigung von X.<br />

Die Vervollständigung ist eindeutig bestimmt in folgendem Sinne: Ist ψ : X → Y eine<br />

weitere Isometrie auf einen dichten Teilraum eines vollständige Raumes Y, dann existiert<br />

genau ein isometrischer Isomorphismus α : ˆX → Y so dass ψ = α ◦ ϕ, d.h., das Diagramm<br />

X ϕ <br />

ψ<br />

ˆX<br />

α<br />

<br />

Y


FUNKTIONALANALYSIS 36<br />

kommutiert.<br />

Beweis: Sei (X, d) ein metrischer Raum. Wir konstruieren ˆX. Sei CF(X) die Menge aller<br />

Cauchy-Folgen in X. Wir haben eine natürliche Abbildung ˜ϕ: X → CF(X), die jedes<br />

x ∈ X auf die konstante Folge x n = x wirft.<br />

Auf CF(X) betrachten wir folgende Äquivalenzrelation: Zwei Cauchy-Folgen (x n ) und<br />

(y n ) heissen äquivalent, (x n ) ∼ (y n ), falls die Folge d(x n , y n ) gegen Null geht. Ist (x n )<br />

eine Cauchy-Folge und ist (y n ) eine Teilfolge, so folgt (x n ) ∼ (y n ). Sei<br />

ˆX def<br />

= CF(X)/ ∼ .<br />

Die Abbildung ϕ ist gegeben durch ˜ϕ gefolgt von der Projektion CF(X) → CF(X)/ ∼.<br />

Die Metrik auf ˆX ist gegeben durch d([x n ], [y n ]) = lim n d(x n , y n ), wobei zu zeigen ist,<br />

dass dieser Limes existiert und nicht von der Wahl der Vertreter abhängt. Dies und<br />

den Rest des Beweises überlassen wir dem Leser zur Übung.<br />

□<br />

Satz 2.4.2 Ist (V, ||·||) ein normierter Raum, so kann man die Norm auf die<br />

Vervollständigung ˆV fortsetzen. Dasselbe gilt für die Vektorraumstruktur, so dass ˆV<br />

wieder ein normierter Raum ist und ϕ : V → ˆV ist eine lineare Isometrie.<br />

Beweis: Man definiert ||v|| = d(0, v) für v ∈ ˆV. Es folgt ||v|| = lim j<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ für jede Folge (vj )<br />

in V, die gegen v konvergiert. Aus dieser Tatsache schliesst man leicht die<br />

Normeigenschaft. Die Vektorraumstruktur definiert man durch<br />

v + w = lim<br />

j<br />

(v j + w j ),<br />

wobei v j → v und w j → w Folgen in V sind. Wir zeigen hier beispielhaft die<br />

Wohldefiniertheit. Es ist zu zeigen, dass die Folge (v j + w j ) konvergiert und dass der<br />

Grenzwert nicht von der Wahl der Folgen abhängt. Für j, k ∈ N ist<br />

∣ ∣ ∣ ∣(vj + w j ) − (v k + w k ) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

− v k<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ +<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣wj<br />

− w k<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ,<br />

also ist (v j + w j ) eine Cauchy-Folge, damit konvergent. Sind ṽ j und ˜w j weitere


FUNKTIONALANALYSIS 37<br />

Cauchy-Folgen, die gegen v und w in ˆV konvergieren, dann ist (v j + w j ) − (ṽ j + ˜w j ) eine<br />

Nullfolge, also ist der Grenzwert wohldefiniert. Der Rest geht ähnlich.<br />

□<br />

2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen<br />

Satz 2.5.1 Seien ||·|| a und ||·|| b zwei Normen auf demselben K-Vektorraum V. Dann sind<br />

äquivalent:<br />

(a) Die beiden Normen definieren dieselbe Topologie auf V.<br />

(b) Eine Folge konvergiert genau dann in ||·|| a , wenn sie in ||·|| b konvergiert. In diesem Fall<br />

sind die Limiten gleich.<br />

(c) Es gibt Zahlen C, c > 0 so dass gilt:<br />

c ||·|| a ≤ ||·|| b ≤ C ||·|| a<br />

Beweis: (a)⇒(b): Sei v j in ||·|| a gegen v konvergent. Das bedeutet, dass für jede<br />

||·|| a -Umgebung U von v ein j 0 existiert mit<br />

j ≥ j 0 ⇒ v j ∈ U.<br />

Da jede ||·|| b -Umgebung auch eine ||·|| a -Umgebung ist, folgt, dass v j auch in der<br />

||·|| b -Norm gegen v konvergiert.<br />

(b)⇒(c): Wir zeigen die Existenz von c, die von C folgt dann analog. Angenommen, es<br />

gäbe solches c nicht. Dann existiert zu jedem j ∈ N ein v j ∈ V mit<br />

1<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣vj<br />

∣∣ ∣∣a<br />

> ∣ ∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣ ∣∣b<br />

.<br />

j<br />

Da dieselbe Abschätzung für tv j mit t > 0 gilt, können wir v j so skalieren, dass<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣vj<br />

∣∣ ∣∣a<br />

= 1 gilt. Dann ist ∣ ∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣ ∣∣b<br />

< 1, also geht v j j in der b-Norm gegen Null, also auch in<br />

der a-Norm, was aber der Normierung ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣a<br />

= 1 widerspricht!<br />

(c)⇒(a): Die Abschätzung c ||·|| a ≤ ||·|| b hat zur Folge, dass jeder a-Ball um v ∈ V vom<br />

Radius r > 0 schon einen b-Ball vom Radius cr und gleichen Mittelpunkt enthält, also,


FUNKTIONALANALYSIS 38<br />

dass gilt<br />

B b cr(v) ⊂ B a r(v).<br />

Sei U eine in der a-Norm offene Menge. Wir zeigen, dass sie auch in der b-Norm offen<br />

ist. Die Umkehrung geht analog. Sei also v ∈ U. Da U offen ist bzgl ||·|| a , so gibt es ein<br />

r > 0 mit B a r(v) ⊂ U. Daher ist dann B b cr(v) ⊂ U, also ist U auch b-offen.<br />

□<br />

Definition 2.5.2 Wir nennen zwei Normen auf V äquivalent, wenn sie den<br />

Bedingungen dieses Satzes genügen. In der Tat definiert dies eine Äquivalenzrelation,<br />

wie man aus Punkt (a) des Satzes sieht.<br />

Beispiel 2.5.3 Auf dem Raum C c (R) definieren wir zwei Normen, die L 1 -Norm<br />

und die Supremumsnorm<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∫<br />

∣∣1<br />

f = | f (x)| dx<br />

R<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣R f = sup | f (x)|.<br />

x∈R<br />

Diese beiden Normen sind nicht äquivalent, man bastelt leicht eine Folge f j so dass<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣1 fj = 1 aber ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣R fj → 0 oder auch eine Folge, die das Umgekehrte tut.<br />

Satz 2.5.4 Ist der K-Vektorraum endlich-dimensional, so sind alle Normen äquivalent.<br />

Beweis: Jeder endlich-dimensionale K-Vektorraum ist isomorph zu K n , wobei n die<br />

Dimension ist. Es reicht also, die Behauptung für V = K n zu zeigen. Sei ||·|| eine<br />

beliebige Norm auf K n . Wir zeigen dass sie äquivalent ist zur euklidischen Norm.<br />

Seien e 1 , . . . , e n die Standard-Basisvektoren von K n . Es folgt<br />

∣ n∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣<br />

||v|| =<br />

v j e j ≤<br />

∣<br />

j=1<br />

m∑<br />

|v j | ∣ ) )<br />

∣ ∣∣ej<br />

∣ ∣∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣ej<br />

∣ ∣∣ ∣∣ ≤ n<br />

(max |v j | max ≤ nM ||v|| eukl .<br />

j j<br />

}{{} }{{}<br />

j=1<br />

Das ist ja schon die halbe Miete.<br />

Aus der Dreiecksungleichung von ||·|| folgt<br />

=||v|| max<br />

(<br />

=M<br />

∣<br />

∣||x|| − ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣y<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ≤<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣x − y<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ≤ nM<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣x − y<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣eukl<br />

,


FUNKTIONALANALYSIS 39<br />

das heisst, die Abbildung ||·|| : K n → R ist bezüglich der euklidischen Norm stetig.<br />

Also ist das Bild der Menge S = {v ∈ K n : ||v|| eukl = 1} kompakt. Da 0 S, folgt, dass<br />

dieses Bild in (0, ∞) liegt. Sei c > 0 das Minimum von Bild(S). dann gilt<br />

Für v 0 ist w =<br />

v<br />

||v|| eukl<br />

||w|| eukl = 1 ⇒ ||w|| ≥ c.<br />

∈ S, also folgt<br />

∣ v ∣∣∣ ∣∣∣<br />

∣ ||v|| eukl<br />

≥ c, oder<br />

||v|| ≥ c ||v|| eukl<br />

und die Behauptung ist bewiesen.<br />

□<br />

2.6 Nichtstetige lineare Abbildungen<br />

Nichtstetige lineare Abbildungen sind für diese Vorlesung nicht von Interesse. Der<br />

Vollständigkeit halber wollen wir aber die Frage ihrer Existenz klären. Ja, es gibt sie,<br />

und zwar viele davon. Um dies zu beweisen betrachtet man Hamel-Basen.<br />

Definition 2.6.1 Eine Teilmenge B ⊂ V eines K-Vektorraums V heisst Hamel-Basis,<br />

wenn jeder Vektor v ∈ V sich in eindeutiger weise als Linearkombination von<br />

Vektoren aus B schreiben lässt.<br />

Eine Teilmenge B ist also genau dann eine Hamel-Basis, wenn es zu jedem Vektor<br />

v ∈ V eindeutig bestimmte Koeffizienten c b ∈ K für b ∈ B gibt, so dass fast alle c b gleich<br />

Null sind und v = ∑ b∈B c b b gilt.<br />

Definition 2.6.2 Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig,<br />

wenn für jede endliche Teilmenge E ⊂ L und jede Wahl von Koeffizienten λ v ∈ K,<br />

v ∈ E gilt<br />

∑<br />

λ v v = 0 ⇒ λ v = 0 ∀ v∈E .<br />

v∈E<br />

Eine Teilmenge E ⊂ V heisst Erzeugendensystem, wenn jeder Vektor von V sich als<br />

Linearkombination von Elementen aus E schreiben lässt.


FUNKTIONALANALYSIS 40<br />

Satz 2.6.3 (a) Jeder Vektorraum hat eine Hamel-Basis.<br />

(b) Eine maximale linear unabhängige Teilmenge ist eine Hamel-Basis.<br />

(c) Ein minimales Erzeugendensystem ist eine Hamel-Basis.<br />

(d) Jede linear unabhängige Teilmenge von V lässt sich zu einer Hamel-Basis vergrössern.<br />

(e) Jedes Erzeugendensystem enthält eine Hamel-Basis.<br />

Beweis: Das ist im Wesentlichen Lineare Algebra. Um zu zeigen dass es eine<br />

Hamel-Basis, oder eine maximale linear unabhängige Teilmenge gibt, benutzt man<br />

das Lemma von Zorn.<br />

□<br />

Nun zeigen wir, dass es viele nichtstetige lineare Abbildungen von einem<br />

unendlich-dimensionalen Hilbert-Raum H nach K gibt. Sei hierzu (e j ) j∈J eine<br />

Orthonormalbasis. Schreibe E = {e j : j ∈ J}. Diese ist dann zwar linear unabhängig,<br />

aber keine Hamel-Basis, denn sei F = { f 1 , f 2 , . . . } ⊂ E eine abzählbare Teilmenge, wobei<br />

wir f i f j für i j annehmen. Nach Satz 2.3.10 ist die Reihe v = ∑ ∞<br />

j=1 1 j f j konvergent in<br />

H, aber nicht als endliche Summe von Elementen von E darstellbar. Wir vergrössern E<br />

zu einer Hamel-Basis B ⊃ E, B E. Wir können ein lineares Funktional φ : H → K<br />

definieren, indem wir φ auf der Hamel-Basis vorgeben. Wir setzen also φ(e) = 0 für<br />

jedes e ∈ E und φ(b) für b ∈ B E beliebig, nicht alle Null. Dann ist φ ein lineares<br />

Funktional, das nicht stetig ist, denn jedes stetige lineare Funktional, dass die e j auf<br />

Null wirft, ist schon Null.


FUNKTIONALANALYSIS 41<br />

3 Grundprinzipien der <strong>Funktionalanalysis</strong><br />

3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen<br />

In diesem Abschnitt geht es um folgendes Prinzip: Ein stetiges lineares Funktional<br />

kann von einem beliebigen Teilraum auf den ganzen Raum stetig und linear<br />

fortgesetzt werden.<br />

Satz 3.1.1 Ist V ein Banach-Raum und ist die Menge<br />

¯B = ¯B 1 (0) = {v ∈ V : ||v|| ≤ 1}<br />

kompakt, dann ist V endlich-dimensional.<br />

Beweis: Sei (V, ||.||) ein normierter Raum. Für eine Teilmenge U ⊂ V und v ∈ V definiere<br />

d(v, U) = inf ||v − u|| .<br />

u∈U<br />

Lemma 3.1.2 Ist U V ein abgeschlossener linearer Unterraum, dann existiert ein v ∈ V, so<br />

dass ||v|| = 1 und d(v, U) ≥ 1 2 .<br />

Beweis: Zu w ∈ V U wähle ein u 0 ∈ U, so dass ||w − u 0 || ≤ 2d(w, U). Setze v = w−u 0<br />

||w−u 0 || .<br />

Dann gilt ||v|| = 1 und<br />

( ) ( )<br />

w − u0<br />

d(v, U) = d<br />

||w − u 0 || , U w<br />

= d<br />

||w − u 0 || , U =<br />

1<br />

||w − u 0 || d(w, U) ≥ 1 2 .<br />

□<br />

Zum Beweis des Satzes: Ist V unendlich-dimensional, so gibt es eine Folge von<br />

Unterräumen V 1 ⊂ V 2 ⊂ . . . mit dim V n = n. Nach dem Lemma gibt es v n ∈ V n V n−1<br />

mit v n ∈ ¯B und ||v n − u|| ≥ 1 2 für jedes u ∈ V n−1. Insbesondere folgt ||v n − v m || ≥ 1 2 falls<br />

n m. Also enthält die Folge v n ∈ ¯B keine konvergente Teilfolge, also ist ¯B nicht<br />

kompakt.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 42<br />

Satz 3.1.3 (Hahn-Banach) Sei U ein Unterraum eines reellen Vektorraums V und sei<br />

p : V → [0, ∞) eine Abbildung mit<br />

p(v + w) ≤ p(v) + p(w) und p(λv) = λp(v)<br />

für alle v, w ∈ V, λ ≥ 0. Sei α : U → R linear mit α(u) ≤ p(u) für jedes u ∈ U. Dann<br />

existiert eine lineare Abbildung ˜α : V → R mit<br />

• ˜α(u) = α(u),<br />

u ∈ U und<br />

• −p(−v) ≤ ˜α(v) ≤ p(v), v ∈ V.<br />

Insbesondere folgt: Jedes stetige lineare Funktional auf einem Unterraum eines normierten<br />

Raums kann stetig auf den ganzen Raum fortgesetzt werden.<br />

Beweis: Nimm an U V. Sei v 1 ∈ V U und setze<br />

W = U ⊕ Rv 1 .<br />

Dann ist W ein Untervektorraum von V. Seien u, u ′ ∈ U. Wegen<br />

α(u) + α(u ′ ) = α(u + u ′ ) ≤ p(u + u ′ ) ≤ p(u − v 1 ) + p(v 1 + u ′ )<br />

folgt<br />

α(u) − p(u − v 1 ) ≤ p(u ′ + v 1 ) − α(u ′ ).<br />

Sei M das Supremum über die linke Seite, wobei u in U läuft. Es folgt also<br />

α(u) − p(u − v 1 ) ≤ M ≤ p(u ′ + v 1 ) − α(u ′ )<br />

für alle u, u ′ ∈ U. Setze<br />

˜α(u + tv 1 ) = α(u) + tM.<br />

Dann ist ˜α linear auf W, es setzt α fort und für t > 0 gilt mit y = u/t,<br />

˜α(u + tv 1 ) = α(u) + tM ≤ α(u) + tp(y + v 1 ) − tα(y) = p(u + tv 1 ).


FUNKTIONALANALYSIS 43<br />

und ebenso<br />

˜α(u − tv 1 ) = α(u) − tM ≤ α(u) − t(α(y) − p(y − v 1 )) = tp(y − v 1 ) = p(u − tv 1 ).<br />

Zusammen folgt ˜α(w) ≤ p(w) für alle w ∈ W. Indem man w durch −w ersetzt, folgt<br />

auch −p(w) ≤ α(w), also ist ˜α die gewünschte Fortsetzung nach W. Wir haben damit<br />

gezeigt, dass im Fall U V das Funktional α stets eine Fortsetzung auf einen<br />

Unterraum W U besitzt. Nach dem Lemma von Zorn existiert ein maximaler<br />

Unterraum Ũ ⊂ V, auf den sich α mit −p(−u) ≤ α(u) ≤ p(u) fortsetzen lässt. Ist Ũ V,<br />

so lässt sich aber α noch weiter fortsetzen, was der Maximalität widerspricht! Es folgt<br />

Ũ = V und die Hauptaussage des Satzes ist bewiesen.<br />

Für die Zusatzaussage sei (V, ||.||) ein normierter Raum, U ⊂ V ein Unterraum und<br />

α : U → K ein stetiges lineares Funktional. Dann existiert nach Satz 2.2.2 ein C > 0 so<br />

dass |α(u)| ≤ C ||u|| für jedes u ∈ U. Setze p(v) = C ||v|| und für K = R folgt die Aussage<br />

aus dem ersten Teil des Satzes. Nun sei K = C. Das R-lineare Funktional Re(α) besitzt<br />

eine R-lineare Fortsetzung ˜α R nach V mit | ˜α R (v)| ≤ p(v). Sei ˜α das komplex-lineare<br />

Funktional mit Re( ˜α) = ˜α R . Ist v ∈ V, so existiert ein θ ∈ R, so dass e iθ ˜α(v) = ˜α(e iθ v) ∈ R<br />

gilt. Es folgt<br />

| ˜α(v)| = |e iθ ˜α(v)| = | ˜α R (e iθ v)| ≤ p(e iθ v) = p(v). □<br />

Definition 3.1.4 Sei V ein normierter Vektorraum. Wir bezeichnen mit V ′ die Menge<br />

aller stetigen linearen Funktionale V → K. Wir nennen V ′ den stetigen Dualraum. Er<br />

ist in der Regel ein echter Teilraum des algebraischen Dualraums V ∗ .<br />

Lemma 3.1.5 Ein lineares Funktional α 0 auf einem normierten Raum ist eine offene<br />

Abbildung.<br />

Es braucht in der Tat noch nicht einmal stetig zu sein.<br />

Beweis: Sei 0 α : V → K eine lineare Abbildung und sei U ⊂ V eine offene<br />

Teilmenge. Wir wollen zeigen, dass das Bild α(U) offen ist. Sei also z ∈ α(U), also etwa<br />

z = α(u). Sei v ∈ V mit α(v) 0. Dann ist die Menge M = {λ ∈ K : λv + u ∈ U} offen in<br />

K. Das Bild von α enthält die Menge aller α(λv + u) = λα(v) + z, wobei λ ∈ M ist. Dies<br />

ist gerade das Bild von M unter der affinen Abbildung m ↦→ α(v)m + α(u), also offen.<br />

Damit enthält das Bild von α eine offene Umgebung des Punktes z. Da z beliebig war,<br />

ist das Bild offen.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 44<br />

Erinnerung: eine Teilmenge A ⊂ V eines reellen Vektorraums V heisst konvex, falls A<br />

mit zwei Punkten auch deren Verbindungsstrecke enthält, also wenn für alle v, w ∈ V<br />

und t ∈ [0, 1] gilt<br />

v, w ∈ A ⇒ (1 − t)v + tw ∈ A.<br />

Satz 3.1.6 Konvexe Teilmengen lassen sich durch stetige lineare Funktionale trennen.<br />

Genauer seien A, B nichtleere, konvexe Teilmengen eines normierten Raumes V mit<br />

A ∩ B = ∅.<br />

(a) Ist A offen, dann existiert ein α ∈ V ′ und ein T ∈ R mit<br />

Re(α(a)) < T ≤ Re(α(b))<br />

für alle a ∈ A, b ∈ B.<br />

(b) Ist A kompakt und B abgeschlossen, so existieren α ∈ V ′ und S, T ∈ R mit<br />

Re(α(a)) < S < T < Re(α(b))<br />

für alle a ∈ A, b ∈ B.<br />

Beweis: Nach Lemma 2.1.1 reicht es, K = R anzunehmen. Sei also V ein reeller<br />

normierter Raum. Wähle Fußpunkte a 0 ∈ A und b 0 ∈ B und setze v 0 = b 0 − a 0 . Sei<br />

U = A − B + v 0 = { a − b + v 0 : a ∈ A, b ∈ B }<br />

⋃<br />

= A − b + v 0 .<br />

}{{}<br />

b∈B<br />

offen<br />

Dann ist U eine konvexe offene Nullumgebung in V. Sei<br />

p(v)<br />

def<br />

= inf {<br />

t > 0 : 1 t v ∈ U }<br />

.


FUNKTIONALANALYSIS 45<br />

Es folgt p(λv) = λp(v) für λ > 0. Die Funktion p nimmt endliche Werte an und da U<br />

konvex ist, erfüllt p die Dreiecksungleichung, also es gilt<br />

p(v + w) ≤ p(v) + p(w)<br />

für alle v, w ∈ V. Da v 0 U, folgt p(v 0 ) ≥ 1. Auf dem eindimensionalen Raum Rv 0<br />

definiere ein Funktional α(tv 0 ) = t. Nach Satz 3.1.3 setzt α zu einem Funktional auf V<br />

fort mit −p(−v) ≤ α(v) ≤ p(v). Wir zeigen, dass α stetig ist. Da U offen ist und die Null<br />

enthält, existiert ein r > 0 mit B r (0) ⊂ U. Das bedeutet: ||v|| < r ⇒ v ∈ U ⇒ p(v) < 1.<br />

Ersetzt man v durch rv, so heisst das ||v|| < 1 ⇒ p(v) < 1 und im Grenzwert<br />

r<br />

||v|| ≤ 1 ⇒ p(v) ≤ 1 also insbesondere ||v|| = 1 ⇒ p(v) ≤ 1. Damit<br />

r r<br />

sup<br />

||v||=1<br />

|α(v)| ≤ sup p(v) ≤ 1<br />

||v||=1 r .<br />

Also ist α beschränkt, ergo stetig. Sind nun a ∈ A und b ∈ B, so folgt<br />

α(a) − α(b) + 1 = α(a − b + v 0 ) ≤ p(a − b + v 0 ) < 1,<br />

also α(a) < α(b) Die Bilder α(A) und α(B) sind konvexe Teilmengen von R, also<br />

Intervalle. Da A offen ist, ist α(A) nach Lemma 3.1.5 ein offenes Intervall, damit folgt<br />

(a).<br />

(b) Beh.:Es gibt eine konvexe offene Nullumgebung U, so dass (A + U) ∩ B = ∅ gilt.<br />

Beweis: Angenommen nicht. Sei B n der offene Ball B 1/n (0). Es gilt dann<br />

(A + B n ) ∩ B ∅, also gibt es x n ∈ A + B n , etwa x n = a n + b n mit a n ∈ A und ||b n || < 1/n.<br />

Da A kompakt ist, hat die Folge (a n ) eine konvergente Teilfolge, wir ersetzen sie durch<br />

diese und nehmen an, dass (a n ) gegen ein a 0 in A konvergiert. Da b n → 0, folgt x n → a.<br />

Nun ist aber x n ∈ B und B ist abgeschlossen, also a 0 ∈ A ∩ B, diese Menge war aber als<br />

leer angenommen worden. Widerspruch!<br />

Die Mengen A + U und B können nach Teil (a) durch ein stetiges Funktional α getrennt<br />

werden, dann ist α(A + U) ein offenes Intervall disjunkt zum Intervall α(B). Ferner ist<br />

α(A) ein kompaktes Intervall, das im offenen Intervall α(A + U) enthalten ist. □


FUNKTIONALANALYSIS 46<br />

3.2 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen<br />

Satz 3.2.1 (Satz von der offenen Abbildung) Sei T : V → W eine stetige lineare<br />

Abbildung zwischen Banach-Räumen. T sei surjektiv. Dann ist T eine offene Abbildung.<br />

Insbesondere gilt: Ist T bijektiv und stetig, so ist die Umkehrabbildung T −1 ebenfalls stetig.<br />

Beweis: Sei B ⊂ V offen. Es ist zu zeigen, dass T(B) offen ist. Da T linear ist, reicht es zu<br />

zeigen, dass für jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass T(B ε (0)) die Kugel B δ (0) enthält.<br />

1. Schritt. T(B ε (0)) enthält eine Kugel B δ (0).<br />

Sei B = B ε/2 (0). Aus V = ⋃ n nB folgt W = T(V) = ⋃ n nT(B) = ⋃ n nT(B). Da der<br />

Banach-Raum W ein Baire-Raum ist, gibt es m ∈ N, w ∈ W und α > 0 mit<br />

mT(B) ⊃ B α (w).<br />

Aus B ε (0) ⊃ B − B folgt T(B ε (0)) ⊃ T(B) − T(B), also<br />

T(B ε (0)) ⊃ T(B) − T(B) ⊃ T(B) − T(B)<br />

⊃ 1 m B α(w) − 1 m B α(w)<br />

= B α/m (w/m) − B α/m (w/m) ⊃ B α/m (0).<br />

2. Schritt. T(B ε (0)) enthält eine Kugel B δ (0).<br />

Wähle Zahlen r n > 0 mit ∑ ∞<br />

n=0 r n < ε 2 . Sei V α = B α (0) und W α = B α (0) in W. Nach dem 1.<br />

Schritt gibt es δ n > 0 mit W δn ⊂ T(V rn ). Wir können annehmen, dass δ n eine Nullfolge<br />

ist. Sei w ∈ W δ0 , also w ∈ T(V r0 ). Zu dem gegebenen δ 1 existiert dann ein v 0 ∈ V r0 mit<br />

||w − T(v 0 )|| < δ 1 , das heisst, w − T(v 0 ) ∈ W δ1 ⊂ T(V r1 ). Dann existiert ein v 1 ∈ V r1 mit<br />

||w − T(v 0 ) − T(v 1 )|| < δ 2 . Durch Iteration erhalten wir eine Folge v n ∈ V rn mit<br />

||w − T(v 0 ) − · · · − T(v n )|| < δ n+1 .<br />

Also konvergiert die Reihe ∑ ∞<br />

j=0 T(v j ) gegen w. Wegen<br />

∞∑<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣vj<br />

∣∣ ∞∑ ∣∣ ≤ r j < ε 2 ,<br />

j=0<br />

j=0


FUNKTIONALANALYSIS 47<br />

konvergiert auch die Reihe v = ∑ ∞<br />

j=0 v j und es gilt ||v|| < ε, also v ∈ V ε<br />

2 2<br />

. Es folgt T(v) = w<br />

und somit W δ0 ⊂ T(B ε<br />

2<br />

(0)).<br />

□<br />

Sei T : V → W eine Abbildung, so ist der Graph von T die Menge<br />

G(T) = {(v, T(v)) : v ∈ V} ⊂ V × W.<br />

Satz 3.2.2 (Satz vom abgeschlossenen Graphen) Sei T : V → W eine lineare<br />

Abbildung zwischen Banach-Räumen.<br />

Der Graph G(T) ist genau dann abgeschlossen im Produkt V × W, wenn T stetig ist.<br />

Beweis: Sei T stetig und sei (v j , T(v j )) eine Folge im Graphen, die in V × W gegen (v, w)<br />

konvergiert. Das bedeutet v j → v und T(v j ) → w. Da T stetig ist, konvergiert T(v j )<br />

gegen T(v), also folgt w = T(v), somit liegt (v, w) im Graphen, dieser ist also<br />

abgeschlossen.<br />

Sei umgekehrt der Graph abgeschlossen. Die Abgeschlossenheit des Graphen<br />

bedeutet, dass für jede konvergente Folge v j → v in V gilt: konvergiert T(v j ) gegen<br />

w ∈ W, so gilt T(v) = w. Der Graph ist als abgeschlossener linearer Unterraum des<br />

Produktes selbst ein Banach-Raum. Die Abbildung P : G(T) → V, gegeben durch<br />

P(v, T(v)) = v ist stetig, surjektiv und injektiv, also auch offen. Damit ist die<br />

Umkehrabbildung v ↦→ (v, T(v)) stetig, also auch deren Komposition mit der zweiten<br />

Projektion v ↦→ T(v).<br />

□<br />

Beispiel 3.2.3 Wir geben eine Abbildung f : X → Y zwischen metrischen Räumen,<br />

die einen abgeschlossenen Graphen hat, aber nicht stetig ist. Sei X = { 1 : n ∈ N} ∪ {0}<br />

n<br />

mit der Metrik von R. Sei Y = R und f ( 1 ) = n, sowie f (0) = 0.<br />

n<br />

3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit<br />

Satz 3.3.1 (Banach-Steinhaus) V sei ein Banach-Raum und W ein normierter Raum.<br />

(T i ) i∈I sei eine Familie stetiger linearer Abbildungen V → W. Die Familie sei punktweise


FUNKTIONALANALYSIS 48<br />

beschränkt, d.h. zu jedem v ∈ V existiert ein c v > 0 so dass<br />

||T i (v)|| ≤ c v ||v||<br />

für jedes i ∈ I gilt.<br />

Dann ist die Familie T i gleichmässig beschränkt, d.h. es gilt<br />

sup ||T i || op < ∞.<br />

i∈I<br />

Beweis: Sei A n = {v ∈ V : ||T i (v)|| ≤ n ∀ i∈I }. Dann ist A n abgeschlossen und es gilt<br />

V = ⋃ n A n . Also gibt es nach dem Satz von Baire ein n 0 ∈ N, ein v 0 ∈ V und ein ε > 0<br />

mit<br />

A n0 ⊃ ¯B ε (v 0 ).<br />

Sei w ∈ V mit ||w|| = 1. Dann ist v = v 0 + εw ∈ ¯B ε (v 0 ) ⊂ A n0 , also folgt<br />

( )∣<br />

||T i (w)|| =<br />

v − ∣ T v0 ∣∣∣∣<br />

∣ ∣∣∣∣<br />

i = 1 ε ε ||T i(v) − T i (v 0 )|| ≤ 1 ε (||T i(v)|| + ||T i (v 0 )||) ≤ 2n 0<br />

ε ,<br />

also ist ||T i || op ≤ 2n 0<br />

ε .<br />

□<br />

Korollar 3.3.2 Punktweise Limiten stetiger linearer Operatoren sind stetig.<br />

Genauer sei V ein Banach-Raum, W ein normierter Raum. Eine Folge T j stetiger linearer<br />

Operatoren V → W, die punktweise konvergiert. Sei T(v) = lim j T j (v) für v ∈ V. Dann ist T<br />

ein stetiger linearer Operator von V nach W.<br />

Beweis: Die Linearität von T ist klar. Da die Folge T j punktweise konvergiert, ist sie<br />

punktweise beschränkt. Damit sind die Operatornormen beschränkt nach dem Satz<br />

von Banach-Steinhaus. Sei also etwa ∣ ∣ ∣∣Tj<br />

∣ ∣∣ ∣∣op<br />

≤ C für jedes j. Dann folgt für ||v|| = 1,<br />

||T(v)|| = lim ||T n (v)|| ≤ C,<br />

j<br />

also ||T|| op ≤ C und T ist stetig.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 49<br />

4 Schwache Topologie<br />

4.1 Dualität bei Banach-Räumen<br />

Seien V und W Banach-Räume. Auf dem Raum Hom(V, W) aller stetigen linearen<br />

Operatoren T : V → W installieren wir die Operatornorm.<br />

Lemma 4.1.1 Mit der Operatornorm ist Hom(V, W) wieder ein Banach-Raum.<br />

Beweis: Wir müssen Vollständigkeit zeigen. Sei T j eine Cauchy-Folge in Hom(V, W).<br />

Für v ∈ V ist<br />

∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T k (v) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ =<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣(Tj<br />

− T k )(v) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤ ||v||<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣Tj<br />

− T k<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣op<br />

.<br />

Damit ist T j (v) eine Cauchy-Folge in W, also konvergent. Sei T(v) der Limes. Dann ist<br />

T wieder in Hom(V, W) nach Korollar 3.3.2. Wir müssen uns nur noch überzeugen,<br />

dass die Folge (T j ) auch in der Norm gegen T konvergiert. Hierbei hilft uns die<br />

Cauchy-Eigenschaft. Sei also ε > 0. Dann existiert ein j 0 so dass für alle j, k ≥ j 0 gilt<br />

∣ ∣ ∣ ∣Tj − T k<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ≤ ε.<br />

Für jedes v ∈ V mit ||v|| = 1 gilt dann<br />

∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T k (v) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤ ε<br />

und im Limes k → ∞ also<br />

∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T(v) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤ ε.<br />

Da dies wie gesagt für jedes ||v|| = 1 gilt, folgt ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣Tj<br />

− T ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣op<br />

≤ ε und dies gilt für jedes<br />

j ≥ j 0 , was die verlangte Konvergenz bedeutet.<br />

□<br />

Insbesondere ist also der stetige Dualraum V ′ wieder ein Banach-Raum.<br />

Proposition 4.1.2 Sei V ein Banach-Raum. Die Abbildung δ : V → V ′′ gegeben durch<br />

δ v (α) = α(v)<br />

ist eine lineare Isometrie V ↩→ V ′′ .


FUNKTIONALANALYSIS 50<br />

Beweis: Linearität ist klar. Isometrie zu sein heisst für δ, dass ||δ v || = ||v|| gilt. Wir zeigen<br />

zunächst “≤”. Für v ∈ V ist<br />

||δ v || = sup<br />

||α||=1<br />

|δ v (α)| = sup |α(v)| ≤ ||v|| .<br />

}{{}<br />

||α||=1<br />

≤||α||||v||<br />

Für die andere Abschätzung brauchen wir den Hahn-Banach Satz. Auf dem Raum Kv<br />

betrachte das Funktional β(tv) = t ||v|| und setze es linear fort zu einem Funktional β<br />

mit |β(w)| ≤ ||w||. Da |β(v)| = ||v||, gilt dann ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣β<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ = 1. Also folgt<br />

||δ v || = sup |α(v)| ≥ |β(v)| = ||v|| .<br />

||α||=1<br />

□<br />

Definition 4.1.3 Ein Banach-Raum V heisst reflexiv, falls die obige Abbildung<br />

δ : V → V ′′ auch surjektiv ist.<br />

Eine Paarung zwischen zwei Vektorräumen V und W ist eine bilineare Abbildung<br />

b : V × W → K. Man kann eine Paarung 〈., .〉 auch beschreiben durch die induzierte<br />

lineare Abbildung φ : V → W ∗ ; φ(v)(w) = 〈v, w〉 oder auch durch die entstehende<br />

Abbildung W → V ∗ . Eine Paarung zwischen zwei Banach-Räumen heisst perfekte<br />

Paarung, falls die entstehenden Abbildungen jeweils in die stetigen Duale abbilden<br />

und isometrische Isomorphismen<br />

induzieren.<br />

V<br />

−→ <br />

W ′ , W −→ <br />

V ′<br />

Lemma 4.1.4 Ein Banach-Raum V ist genau dann reflexiv, wenn die natürliche Paarung auf<br />

V × V ′ perfekt ist. Insbesondere ist V ′ dann auch reflexiv.<br />

Eine perfekte Paarung ist stetig.<br />

Beweis: Ist die Paarung perfekt, so ist V reflexiv. Ist umgekehrt V reflexiv, dann ist ja<br />

V → V ′′ definitionsgemäss ein isometrischer Isomorphismus. Es bleibt zu zeigen, dass<br />

auch die induzierte Abbildung V ′ → V ′ ein isometrischer Isomorphismus ist. Diese<br />

Abbildung ist aber die Identität.<br />

Sei 〈., .〉 : V × W → K eine perfekte Paarung. Wir wollen zeigen, dass sie als Abbildung<br />

von V × W nach K stetig ist. Aus der Tatsache, dass V → W ′ isometrisch ist, folgt<br />

| 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w|| ∀ v∈E, w∈F .


FUNKTIONALANALYSIS 51<br />

Sei also (v j , w j ) eine gegen (v, w) konvergente Folge in V × W, d.h. v j → v und w j → w.<br />

Dann gilt<br />

| 〈 〉 〈 〉 〈 〉 〈 〉<br />

v j , w j − 〈v, w〉 | ≤ | vj , w j − v, wj | + | v, wj − 〈v, w〉 |<br />

= | 〈 〉 〈<br />

v j − v, w n | + | v, wj − w 〉 |<br />

≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

− v ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣wj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ + ||v||<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣wj<br />

− w ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ → 0.<br />

□<br />

Beispiele 4.1.5<br />

• Jeder endlich-dimensionale Banach-Raum ist reflexiv.<br />

• Jeder Hilbert-Raum ist reflexiv.<br />

Zum Beweis sei H ein Hilbert-Raum. Wir müssen zeigen, dass δ : H → H ′′<br />

surjektiv ist. Nach dem Satz von Riesz ist jedes α ∈ H ′ von der Form α = α w für<br />

ein w ∈ H, wobei α w (v) = 〈v, w〉 ist. Die Abbildung Φ : w ↦→ α w ist ein R-linearer<br />

isometrischer Isomorphismus H −→ <br />

H ′ . Durch 〈α v , α w 〉 = 〈v, w〉 wird ein<br />

Skalarprodukt auf H ′ installiert, so dass H ′ wieder ein Hilbert-Raum ist. Daher<br />

gibt es auch für H ′ den kanonischen R-linearen Isomorphismus Φ ′ : H ′ → H ′′ .<br />

Wir zeigen Φ ′ ◦ Φ = δ. Hierzu rechne für v, w ∈ H:<br />

Φ ′ ◦ Φ(v)(α w ) = Φ ′ (α v )(α w )<br />

= α αv (α w )<br />

= 〈α w , α v 〉 = 〈v, w〉 = α w (v) = δ v (α w ). □<br />

• Für 1 < p < ∞ sei l p der Banach-Raum aller komplexen Folgen z = (z 1 , z 2 , . . . ) mit<br />

⎛<br />

1<br />

∞∑ p<br />

||z|| p = |z ⎜⎝ j |<br />

⎞⎟ p < ∞. ⎠<br />

j=1<br />

Seien 1 < p, q < ∞ mit 1 p + 1 q<br />

= 1. Wir behaupten, dass die Paarung<br />

〈., .〉 : l p × l q → C<br />

∞∑<br />

(z, w) ↦→ z j w j<br />

perfekt ist. Die Konvergenz der Reihe folgt aus der Hoelder-Ungleichung, die<br />

besagt<br />

| 〈z, w〉 | ≤ ||z|| p ||w|| q .<br />

j=1


FUNKTIONALANALYSIS 52<br />

Für w ∈ l q sei α w : l p → C gegeben durch α w (z) = 〈z, w〉. Dann sagt die<br />

Hoelder-Ungleichung ausserdem, dass α w ∈ (l p ) ′ und dass ||α w || op ≤ ||w|| q gilt. Wir<br />

wollen nun zeigen, dass hier Gleichheit gilt. Sei dazu w ∈ l q mit ||w|| q = 1. Wir<br />

müssen zeigen, dass α w die Operatornorm 1 hat. Definiere z = (z 1 , . . . ) durch<br />

z j = θ j |w j | q p ,<br />

wobei θ j ∈ C mit |θ j | = 1 so gewählt ist, dass w j z j ≥ 0 ist. Dann ist z ∈ l p und es<br />

gilt<br />

||z|| p p = 〈z, w〉 = ||w|| q q = 1.<br />

Wir haben also ein z ∈ l p gefunden mit ||z|| p = 1 und α w (z) = 1, woraus ||α w || op = 1<br />

folgt, so dass w ↦→ α w eine Isometrie ist. Wir müssen zeigen, dass diese Isometrie<br />

surjektiv ist. Sei dazu α ∈ (l p ) ′ . Für n ∈ N sei e n = (0, . . . , 0, 1, 0 . . . ) mit der Eins<br />

an der n-ten Stelle. Setze w n = α(e n ). Wir behaupten, dass die so entstehende<br />

Folge w in l q liegt. Sei z n = (z 1 , . . . , z n , 0, . . . ) die bei n abgeschnittene Folge. Wir<br />

wollen zeigen, dass ∑ ∞<br />

j=1 |w j | q < ∞ ist. Betrachte hierzu<br />

n∑<br />

|w j | q =<br />

n∑<br />

|w j | q−1 |w j | =<br />

n∑<br />

|w j | q p |wj | =<br />

n∑<br />

z j w j = 〈z n , w〉 = |α(z n )| ≤ C ||z n || p ,<br />

j=1<br />

j=1<br />

j=1<br />

j=1<br />

wobei z j = θ j |w j | q p<br />

gewählt wird mit |θj | = 1 und C = ||α|| op ist. Nun ist wieder<br />

〈z n , w〉 = 〈z n , w n 〉 = ||z n || p p = ||w n || q q und daher<br />

C ≥ ||wn || q q<br />

||z n || p<br />

= ||wn || q q<br />

||w n ||<br />

q<br />

p<br />

q<br />

= ||w n || q− q p<br />

q = ||w n || q .<br />

Die Folge ||w n || p ist monoton wachsend, also konvergent und daher ||w|| q < ∞.<br />

Schliesslich gilt für beliebiges z ∈ l p ,<br />

〈z, w〉 =<br />

∞∑<br />

z j w j = lim<br />

n<br />

n∑<br />

z j w j = lim<br />

n<br />

α(z n ) = α(z).<br />

j=1<br />

j=1<br />

Aus Symmetriegründen folgt dasselbe für vertauschte p und q. Insbesondere ist<br />

l p reflexiv.<br />

• Wir liefern nun ein Beispiel eines nicht reflexiven Raums. Sei l ∞ der


FUNKTIONALANALYSIS 53<br />

Banach-Raum aller beschränkten Folgen z = (z 1 , z 2 , . . . ) in C mit der Norm<br />

||z|| ∞ = sup |z j |.<br />

j∈N<br />

Ferner sei l 1 der Banach-Raum der Folgen mit ||z|| 1 = ∑ ∞<br />

j=1 |z j | < ∞. Wir zeigen<br />

zunächst, dass (l 1 ) ′ = l ∞ gilt via der Paarung<br />

〈., .〉 : l 1 × l ∞ → C<br />

∞∑<br />

(z, w) ↦→ z j w j .<br />

Die Isometrie ist klar. Für die Surjektivität sei α ∈ (l 1 ) ′ . Setze w n = α(e n ). Da α<br />

beschränkt ist, liegt w ∈ l ∞ und es gilt α(z) = 〈z, w〉. Wäre nun der Raum l 1<br />

reflexiv, so müsste die Paarung perfekt sein. ist sie aber nicht, denn die<br />

entstehende Abbildung l 1 → (l ∞ ) ′ ist nicht surjektiv. Sei hierzu U ⊂ l ∞ der<br />

abgeschlossene Unterraum der konvergenten Folgen. Sei α : U → C gegeben<br />

durch<br />

j=1<br />

α(z) = lim<br />

j→∞<br />

z j .<br />

Dann ist α ein stetigen lineares Funktional, also gibt es nach Hahn-Banach eine<br />

stetige lineare Fortsetzung, die wir auch als α schreiben. Nun kann aber dieses α<br />

nicht von l 1 kommen.<br />

4.2 Schwache Topologien<br />

Definition 4.2.1 Die schwache Topologie auf einem Banach-Raum V ist definiert als<br />

die Initialtopologie aller α ∈ V ′ .<br />

Es handelt sich also um die Topologie, die erzeugt wird von allen Mengen der Form<br />

α −1 (U),<br />

wobei α ∈ V ′ und U ⊂ K offen ist. da all diese Mengen in der Normtopologie offen<br />

sind, ist die schwache Topologie gröber als die Normtopologie, hat also a priori<br />

weniger offene Mengen.<br />

Beispiele 4.2.2<br />

• Ist V endlich-dimensional, dann ist die schwache Topologie


FUNKTIONALANALYSIS 54<br />

gleich der Normtopologie. Hierzu reicht es, V = C n anzunehmen. Die<br />

Koordinatenabbildungen v ↦→ v j für j = 1, . . . , n sind stetige lineare Funktionale,<br />

also sind alle Mengen der Gestalt U 1 × · · · × U n schwach offen, wenn<br />

U 1 , . . . , U n ⊂ C offene Mengen sind. Diese Mengen erzeugen allerdings die<br />

Topologie von C n , die auch die Normtopologie ist.<br />

• Wir werden später sehen, dass die schwache Topologie bei jedem<br />

unendlich-dimensionalen reflexiven Banach-Raum echt verschieden ist von der<br />

Normtopologie. Hier schon mal ein Beispiel. Sei V = l 2 (N) und sei<br />

e n = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . ) ∈ V mit der 1 an der n-ten Stelle. Dann gilt ||e n || = 1 für jedes<br />

n ∈ N, aber wir zeigen, dass die Folge (e n ) schwach gegen 0 geht. Damit ist die<br />

schwache Topologie echt verschieden von der Normtopologie. Um zu zeigen,<br />

dass e n → 0 gilt, müssen wir zeigen, dass α(e n ) → 0 gilt für jedes α ∈ V ′ . Sei also<br />

α ∈ V ′ . Dann gibt es nach dem Satz von Riesz genau ein w ∈ V mit α(v) = 〈v, w〉<br />

für jedes v ∈ V. Insbesondere also α(e n ) = w n . Nun gilt aber ∑ ∞<br />

j=1 |w j | 2 = ||w|| 2 < ∞,<br />

also geht die Folge w j gegen Null, also geht α(e n ) gegen Null.<br />

Erinnerung: Eine Abbildung f : X → V von einem topologischen Raum X nach V ist<br />

genau dann stetig bezüglich der schwachen Topologie, wenn α ◦ f : X → K für jedes<br />

α ∈ V ′ stetig ist.<br />

Jede schwach offene Menge ist auch offen in der Norm-Topologie, aber nicht<br />

umgekehrt, die Norm-Topologie hat also mehr offene Mengen.<br />

Ist A ⊂ V, so bezeichnet wie bisher A den Abschluss in der Norm-Topologie. Den<br />

Abschluss in der schwachen Topologie bezeichnen wir mit A w . Da die schwache<br />

Topologie weniger offene Mengen hat als die Norm-Topologie, hat sie auch weniger<br />

abgeschlossenen Mengen, also gilt immer<br />

A w ⊃ A.<br />

Satz 4.2.3 Sei K ⊂ V eine konvexe Teilmenge des Banach-Raums V. Dann ist der<br />

schwache Abschluss gleich dem Norm-Abschluss, also<br />

K w = K.


FUNKTIONALANALYSIS 55<br />

Beweis: Die Inklusion K ⊂ K w gilt sowieso. Für die umgekehrte Inklusion sei<br />

v ∈ V K, wir zeigen v K w . Nach Satz 3.1.6 gibt es ein α ∈ V ′ und S, T ∈ R mit<br />

Re(α(v)) < S < T < Re(α(w))<br />

für jedes w ∈ K. Daher ist die Menge {u ∈ V : Re(α(u)) < S eine schwache Umgebung<br />

von v, die K nicht trifft. Also liegt v nicht im schwachen Abschluss von K und also<br />

auch nicht in K w .<br />

□<br />

Satz 4.2.4 Sei V ein Banach-Raum. Sei (v n ) eine Folge in V, die schwach gegen v ∈ V<br />

konvergiert. Dann existiert eine Folge (w j ) in V so dass<br />

• jedes w j ist eine Konvexkombination von endlich vielen v n und<br />

• w j → v in der Norm.<br />

Genauer heisst das, dass es für jedes j ∈ N Zahlen a n,j ≥ 0 gibt, so dass für jedes j nur<br />

endlich viele a n,j 0 sind und so dass gilt<br />

∞∑<br />

a n,j = 1,<br />

n=1<br />

∞∑<br />

a n,j v i = w j .<br />

n=1<br />

Beweis: Sei K die konvexe Hülle aller v n und sei W der schwache Abschluss von K.<br />

Dann liegt v in W. Da K konvex ist, gilt W = K, also gibt es eine Folge in K, die gegen<br />

v konvergiert.<br />

□<br />

Beispiel 4.2.5 Wir wenden dies auf die Folge e n in V = l 2 (N) an. Es gibt demnach eine<br />

Konvexkombination v n der e k so dass ||v n || → 0. In der Tat, sei<br />

v n = 1 n (e 1 + · · · + e n ),<br />

so gilt ||v n || 2 = n n 2 = 1 n → 0.<br />

Lemma 4.2.6 Jede schwach konvergente Folge ist normbeschränkt. Sei also v j eine schwach<br />

konvergente Folge in einem Banach-Raum V. Dann existiert ein C > 0 so dass ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ≤ C für<br />

jedes j ∈ N.


FUNKTIONALANALYSIS 56<br />

Beweis: Sei v j schwach konvergent. Dann ist die Folge linearer Funktionale<br />

δ vj : V ′ → K punktweise konvergent, also punktweise beschränkt, somit nach dem<br />

Satz von Banach-Steinhaus normbeschränkt, also existiert ein C > 0 mit<br />

C ≥ ∣ ∣ ∣∣δvj<br />

∣ ∣∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣ ∣∣ = (siehe Proposition 4.1.2).<br />

□<br />

Definition 4.2.7 Sei V ein Banach-Raum und V ′ sein stetiger Dualraum. Die<br />

schwach-*-Topologie auf V ′ ist die Topologie erzeugt von allen Abbildungen<br />

δ v : V ′ → K, v ∈ V.<br />

Satz 4.2.8 (Banach-Alaoglu) Der abgeschlossene Einheitsball ist schwach-*-kompakt.<br />

Genauer sei V ein Banach-Raum und V ′ sein stetiger Dual. Sei ||·|| die Norm auf V ′ und sei<br />

B ′ = {α ∈ V ′ : ||α|| ≤ 1} .<br />

Dann ist B ′ kompakt in der schwach-*-Topologie.<br />

Beweis: Sei E die Menge aller α ∈ K mit |α| ≤ 1. Betrachte die Abbildung<br />

∏<br />

φ : B ′ → X def<br />

=<br />

||v|| E gegeben durch<br />

v∈V<br />

α ↦→ (α v ) v∈V ,<br />

α v = α(v).<br />

Der Raum X ist nach dem Satz von Tychonov kompakt. Die schwach-*-Topologie ist<br />

die Initialtopologie der Abbildung φ, welche injektiv ist, also B ′ mit einer Teilmenge<br />

von X identifiziert. Wir müssen nur zeigen, dass diese Teilmenge abgeschlossen ist.<br />

Sei F ⊂ X die Teilmenge aller α ∈ X so dass für alle v, w ∈ V und alle λ, µ ∈ K gilt<br />

α λv+µw = λα v + µα w .<br />

Dann ist F abgeschlossen in der Produkttopologie. Nun ist F ⊂ X aber gerade das Bild<br />

von φ, welches damit abgeschlossen ist.<br />

□<br />

Korollar 4.2.9 Ist V ein reflexiver Banach-Raum, dann ist die Einheitskugel B = B 1 (0) in V<br />

schwach kompakt.


FUNKTIONALANALYSIS 57<br />

Beweis: Sei W = V ′ , dann ist B die Einheitskugel in W ′ , also schwach-*-kompakt. Die<br />

schwach-*-Topologie auf W ′ ist aber die Topologie erzeugt von W = V ′ , also gleich der<br />

schwachen Topologie.<br />

□<br />

Beachte, dass bei nicht-reflexiven Banach-Räumen W die schwache Topologie auf W ′<br />

nicht mit der schwach-*-Topologie übereinstimmen muss.<br />

Korollar 4.2.10 Ist V ein unendlich-dimensionaler reflexiver Banach-Raum, dann ist die<br />

Norm-Topologie verschieden von der schwachen.<br />

Beweis: In der Norm-Topologie ist die abgeschlossene Einheitskugel nicht kompakt. □<br />

Satz 4.2.11 Ist (v j ) eine Folge paarweise orthogonaler Vektoren in einem Hilbert-Raum<br />

H, so sind äquivalent:<br />

(a)<br />

(b)<br />

(c)<br />

∞∑<br />

v j konvergiert in der Normtopologie,<br />

j=1<br />

∞∑<br />

v j konvergiert schwach,<br />

j=1<br />

∞∑<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣vj<br />

∣∣ ∣∣ 2<br />

< ∞.<br />

j=1<br />

Beweis: (a)→(b) ist klar.<br />

(b)→(c): Da die v j paarweise orthogonal sind, gilt<br />

||v 1 + · · · + v n || 2 = ||v 1 || 2 + · · · + ||v n || 2 .<br />

Da die Folge v 1 + · · · + v n schwach konvergiert, ist sie normbeschränkt, damit folgt (c).<br />

(c)→(a): Wieder wegen ||v 1 + · · · + v n || 2 = ||v 1 || 2 + · · · + ||v n || 2 ist ∑ n<br />

j=1 v j eine Cauchy-Folge,<br />

also konvergent.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 58<br />

5 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen<br />

Ab jetzt arbeiten wir nur noch über K = C.<br />

5.1 Adjungierte Operatoren<br />

Für einen Hilbert-Raum H schreiben wir B(H) für den Banach-Raum aller stetigen<br />

Operatoren T : H → H.<br />

Satz 5.1.1 Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H).<br />

(a) Es gibt genau einen linearen Operator T ∗ auf H so dass für alle v, w ∈ H gilt<br />

〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 .<br />

Dieser heisst der adjungierte Operator zu T. Ein Operator T heisst<br />

selbstadjungiert, falls T ∗ = T gilt.<br />

(b) Es gilt ||T ∗ || = ||T|| = √ ||T ∗ T||.<br />

(c) Für S, T ∈ B(H) und λ, µ ∈ C gilt<br />

(λS + µT) ∗ = λS ∗ + µT ∗ , (ST) ∗ = T ∗ S ∗ , (T ∗ ) ∗ = T.<br />

Beweis: (a) Sei w ∈ H fest. Das lineare Funktional α(v) = 〈Tv, w〉 ist als Komposition<br />

stetiger Abbildungen stetig, also existiert genau ein Vektor u = T ∗ w so dass für jedes<br />

v ∈ H gilt<br />

〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 .<br />

Die so definierte Abbildung w ↦→ T ∗ w ist schnell als linear erkennt, etwa gilt<br />

〈v, T ∗ (w + w ′ )〉 = 〈Tv, w + w ′ 〉 = 〈Tv, w〉+〈Tv, w ′ 〉 = 〈v, T ∗ w〉+〈v, T ∗ w ′ 〉 = 〈v, T ∗ w + T ∗ w ′ 〉 ,<br />

so dass die Eindeutigkeit im Rieszschen Satz die Gleichung T ∗ (w + w ′ ) = T ∗ w + T ∗ w ′<br />

impliziert. Die Skalarmultiplikation T ∗ (αw) = αT ∗ w für α ∈ C geht ebenso.<br />

(b) Wir zeigen zuerst: T ∗ ist beschränkt und T ∗∗ = T. Sei hierzu für w ∈ H das


FUNKTIONALANALYSIS 59<br />

Funktional α w definiert als α w (v) = 〈v, w〉. Wir stellen nun fest, dass für die Norm<br />

dieses Funktionals gilt<br />

||α w || = ||w|| .<br />

Dies folgt einerseits aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, die besagt<br />

|α w (v)| = | 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w||<br />

und andererseits aus α w (w) = ||w|| 2 . Beachte nun<br />

α T ∗ w(v) = 〈v, T ∗ w〉 = 〈Tv, w〉 = α w ◦ T(v). Daher folgt<br />

||T ∗ w|| = ||α T ∗ w|| = ||α w ◦ T|| ≤ ||w|| ||T|| .<br />

Also gilt ||T ∗ || ≤ ||T||. Weiter ist<br />

〈v, Tw〉 = 〈T ∗ v, w〉 = 〈v, (T ∗ ) ∗ w〉 ,<br />

also T ∗∗ = T und damit folgt aus ||T|| ≥ ||T ∗ || ≥ ||(T ∗ ) ∗ || = ||T|| schon ||T|| = ||T ∗ ||. Es gilt<br />

||Tv|| 2 = 〈Tv, Tv〉 = 〈T ∗ Tv, v〉 = ||T ∗ Tv|| ||v|| ≤ ||T ∗ T|| ||v|| 2 ≤ ||T ∗ || ||T|| ||v|| 2 = (||T|| ||v||) 2 .<br />

Also ||T|| 2 ≤ ||T ∗ T|| ≤ ||T|| 2 , was bedeutet ||T|| = √ ||T ∗ T||. Teil (c) ist leicht nachzurechnen. □<br />

Beispiele 5.1.2 • Sei H = C n mit dem üblichen Skalarprodukt. Dann ist jeder<br />

lineare Operator auf H durch eine Matrix A gegeben und es gilt A ∗ = A t wie man<br />

in der Linearen Algebra sieht.<br />

• Sei H = l 2 (N) und sei k : N × N → C mit C = ∑ i,j∈N |k(i, j)| 2 < ∞. Dann definiert k<br />

einen linearen Operator T k durch<br />

T k ϕ(i) =<br />

∞∑<br />

k(i, j)ϕ(j),<br />

j=1<br />

wobei wir jetzt Elemente von l 2 (N) als Abbildungen ϕ : N → C mit<br />

∑<br />

j |ϕ(j)| 2 < ∞ auffassen. Nach der Hoelder-Ungleichung gilt dann<br />

∣ ∣ ∣Tk ϕ ∣ ∞∑<br />

∣ ∣∣ 2 ∞∑<br />

= k(i, j)ϕ(j)<br />

∣<br />

∣<br />

i=1<br />

j=1<br />

2<br />

≤<br />

∞∑<br />

i=1<br />

∞∑<br />

|k(i, j)| 2<br />

j=1<br />

∞∑<br />

|ϕ(ν)| 2 = C ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />

∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />

.<br />

Damit ist T k wohldefiniert und stetig. Wir behaupten, dass sein adjungierter<br />

ν=1


FUNKTIONALANALYSIS 60<br />

Operator T ∗ gegeben ist durch den Kern<br />

k<br />

k ∗ (i, j) = k(j, i).<br />

Zum Beweis rechnen wir für ϕ, ψ ∈ l 2 (N),<br />

〈 ϕ, Tk ∗ψ 〉 =<br />

=<br />

=<br />

∞∑<br />

∞∑ ∞∑<br />

ϕ(i)T k ∗ψ(i) = ϕ(i) k ∗ (i, j)ψ(j)<br />

i=1<br />

∞∑<br />

ϕ(i)<br />

i=1<br />

i=1<br />

∞∑<br />

k(j, i)ψ(j) =<br />

j=1<br />

∞∑<br />

j=1<br />

j=1 i=1<br />

∞∑<br />

T k ϕ(j)ψ(j) = 〈 T k ϕ, ψ 〉 .<br />

j=1<br />

∞∑<br />

k(j, i)ϕ(i)ψ(j)<br />

5.2 Isometrien<br />

Definition 5.2.1 Der Operator T auf einem Hilbert-Raum heisst unitär, falls<br />

TT ∗ = T ∗ T = Id<br />

gilt.<br />

Satz 5.2.2 Der Operator T : H → H ist genau dann unitär, wenn er ein isometrischer<br />

Isomorphismus ist.<br />

Beweis: Ist T unitär, dann ist er isometrisch, denn es gilt dann<br />

〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ Tv, w〉 = 〈v, w〉 .<br />

Er ist ferner surjektiv, da invertierbar.<br />

Sei nun T isometrisch und surjektiv. Da T isometrisch ist, ist T injektiv, also zusammen<br />

bijektiv. Für v, w ∈ H gilt<br />

〈v, w〉 = 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ Tv, w〉 .<br />

Also folgt T ∗ T = Id, damit ist T ∗ eine Linksinverse zu T. Da T invertierbar ist, ist T ∗


FUNKTIONALANALYSIS 61<br />

auch eine Rechtsinverse, T also unitär.<br />

□<br />

Beispiele 5.2.3<br />

• Auf l 2 (N) sei T definiert durch<br />

T(x 1 , x 2 , . . . ) = (0, x 1 , x 2 , . . . ).<br />

Dann folgt ||Tx|| 2 = ||x|| 2 , also ist T eine Isometrie, aber da e 1 Bild(T), ist T nicht<br />

surjektiv, also nicht unitär. Der Operator T wird der Shiftoperator genannt. Man<br />

sieht leicht, dass<br />

T ∗ (x 1 , x 2 , . . . ) = (x 2 , x 3 , . . . )<br />

und damit folgt T ∗ T = Id. Man sieht also, dass die Identität T ∗ T = Id allein nicht<br />

zur Unitarität ausreicht!<br />

• Auf l 2 (Z) ist der Shiftoperator<br />

T(. . . , x −1 , x 0 , x 1 , . . . ) = (. . . , x −2 , x −1 , x 0 , . . . ),<br />

also (Tx) k = x k−1 unitär.<br />

• Ist f ∈ L 1 (R), so ist die Fourier-Transformierte<br />

∫<br />

f ˆ(x) = f (y)e 2πixy dy<br />

R<br />

definiert. Ist f ∈ L 1 ∩ L 2 , so besagt der Satz von Plancherel:<br />

∣ ∣ ∣ ∣ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣2<br />

= ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ˆ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣2<br />

,<br />

wobei ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />

f = ∫ | f 2 R (x)|2 dx die L 2 -Norm ist. Der Raum L 1 ∩ L 2 liegt dicht in L 2 und<br />

daher setzt die Fourier-Transformation zu einer Isometrie auf dem Hilbert-Raum<br />

L 2 (R) aus. Man zeigt, dass die Fourier-Transformierte in der Tat unitär ist mit<br />

ˆ f (x) = f (−x).<br />

• Eine n × n Matrix A ∈ M n (C) ist als Operator auf C n genau dann unitär, wenn<br />

A ∗ = A −1 , wobei A ∗ = A t .


FUNKTIONALANALYSIS 62<br />

5.3 Projektionen<br />

Erinnerung: Ein stetiger Operator P auf einem Hilbert-Raum H ist eine Projektion<br />

oder ein Projektionsoperator, falls gilt<br />

P 2 = P.<br />

Satz 5.3.1 Sei P ein stetiger Projektionsoperator auf einem Hilbert-Raum H. Dann ist das<br />

Bild Bild(P) abgeschlossen und es gilt<br />

H = Ker(P) ⊕ Bild(P).<br />

Stehen Kern und Bild senkrecht aufeinander, so nennen wir P eine<br />

Orthogonalprojektion.<br />

Eine Projektion P ist genau dann eine Orthogonalprojektion, wenn sie selbstadjungiert ist,<br />

also wenn P = P ∗ .<br />

Beweis: Sei zunächst v ∈ Ker(P) ∩ Bild(P), dann gibt es w mit v = Pw. Es folgt<br />

v = Pw = P 2 w = P(Pw) = P(v) = 0.<br />

Damit ist die Summe direkt. Sei nun v ∈ H, dann ist v = (v − P(v)) + P(v) und<br />

v − P(v) ∈ Ker(P), denn P(v − P(v)) = P(v) − P 2 (v) = P(v) − P(v) = 0. Damit ist die<br />

Summenzerlegung gezeigt. Das Bild ist abgeschlossen, denn für v ∈ H gilt<br />

v ∈ Bild(P) ⇔ v = P(v) ⇔ (P − 1)v = 0,<br />

also gilt Bild(P) = Ker(P − 1) und damit ist Bild(P) abgeschlossen.<br />

Sei nun P eine Orthogonalprojektion, die Summe also orthogonal. Jedes v ∈ H zerlegt<br />

sich dann eindeutig als v = v 0 + P(v) mit v 0 ∈ Ker(P). Für v, w ∈ H gilt<br />

〈Pv, w〉 = 〈Pv, w 0 + Pw〉 = 〈Pv, w 0 〉 + 〈Pv, Pw〉<br />

}{{}<br />

=0<br />

= 〈Pv, Pw〉 + 〈v 0 , Pw〉 = 〈v, Pw〉 .


FUNKTIONALANALYSIS 63<br />

Daher ist P selbstadjungiert.<br />

Für die Umkehrung sei P eine selbstadjungierte Projektion. Sei v ∈ Bild(P) und<br />

w ∈ Ker(P). Dann gilt<br />

〈v, w〉 = 〈Pv, w〉 = 〈v, Pw〉 = 0.<br />

Also ist P eine Orthogonalprojektion.<br />

□<br />

Beispiele 5.3.2<br />

• Ist v 0 ∈ H mit ||v 0 || = 1, dann ist die Abbildung<br />

P(v) = 〈v, v 0 〉 v 0<br />

die Orthogonalprojektion auf den eindimensionalen Unterraum U = Cv 0 .<br />

• Sei H = L 2 ([0, 1]) und sei A ⊂ [0, 1] eine messbare Teilmenge. Die Abbildung<br />

P A : H → H definiert durch<br />

P A ϕ(x) = 1 A (x)ϕ(x)<br />

ist eine Orthogonalprojektion. mit Bild isomorph zu L 2 (A).<br />

• Sei (X, A , µ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, also ein Maßraum mit µ(X) = 1 und<br />

sei B ⊂ A eine Unter-σ-Algebra. Der Raum L 2 (µ| B<br />

) aller B -messbaren<br />

L 2 -Funktionen ist ein abgeschlossener Teilraum von L 2 (µ). Sei P B<br />

die<br />

Orthogonalprojektion mit Bild L 2 (µ| B<br />

). In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist P B<br />

als bedingter Erwartungswert bekannt. Als Beispiel betrachten wir den Fall<br />

B = {∅, X}. Dann ist L 2 (µ| B<br />

) der Raum der konstanten Funktionen und daher ist<br />

P B<br />

(ϕ) = 〈 ϕ, 1 〉 ∫<br />

· 1 =<br />

X<br />

ϕ(x) dµ(x) · 1.<br />

Lemma 5.3.3 Für eine Orthogonalprojektion P gilt ||P(v)|| ≤ ||v|| und<br />

||Pv|| = ||v|| ⇔ Pv = v.<br />

Beweis: klar.<br />

□<br />

Satz 5.3.4 Seien P 1 , P 2 Orthogonalprojektionen auf einem Hilbert-Raum H. Seien V 1 und<br />

V 2 die Bildräume, also P i (H) = V i . Dann sind äquivalent:


FUNKTIONALANALYSIS 64<br />

(a) V 1 ⊥ V 2 ,<br />

(b) P 1 P 2 = 0,<br />

(c) P 1 + P 2 ist eine Projektion.<br />

Ist dies erfüllt, dann ist P 1 + P 2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V 1 ⊕ V 2 .<br />

Beweis: (c)→(b): Es gilt<br />

P 1 + P 2 = (P 1 + P 2 ) 2 = P 2 1 + P2 2 + P 1P 2 + P 2 P 1 = P 1 + P 2 + P 1 P 2 + P 2 P 1 ,<br />

also ist P 1 P 2 + P 2 P 1 = 0. Wir multiplizieren einmal von links und einmal von rechts<br />

mit P 1 und erhalten P 1 P 2 + P 1 P 2 P 1 = 0 = P 2 P 1 + P 1 P 2 P 1 , also P 1 P 2 = P 2 P 1 = 0.<br />

(b)→(a): Die Gleichung P 1 P 2 = 0 bedeutet, dass V 2 , das Bild von P 2 , im Kern von P 1 ,<br />

also in V ⊥ liegt. Daher folgt V 1 1 ⊥ V 2 .<br />

(a)→(c): Es gilt (V 1 ⊕ V 2 ) ⊥ = V ⊥ 1 ∩ V⊥ 2<br />

und also<br />

H = V 1 ⊥ V 2 ⊥ (V ⊥ 1 ∩ V⊥ 2 ).<br />

Sei v = v 1 + v 2 + w ∈ H in dieser Zerlegung geschrieben. Sei Q die<br />

Orthogonalprojektion mit Bild V 1 ⊕ V 2 , so gilt Q(v) = v 1 + v 2 . Andererseits ist auch<br />

(P 1 + P 2 )(v) = v 1 + v 2 . □<br />

Satz 5.3.5 Seien P i , V i wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent:<br />

(a) V 1 ⊂ V 2 ,<br />

(b) P 1 P 2 = P 2 P 1 = P 1 ,<br />

(c) P 2 − P 1 ist eine Projektion.<br />

Ist dies erfüllt, dann ist P 2 − P 1 eine Orthogonalprojektion mit Bild V 2 ∩ V ⊥ 1 .<br />

Beweis: (a)→(b): Sei V 3 = V 2 ∩ V ⊥ 1 . Dann ist V 2 = V 1 ⊥ V 3 und H = V 1 ⊥ V 3 ⊥ V ⊥ 2 .


FUNKTIONALANALYSIS 65<br />

Zerlege ein gegebenes v ∈ H entsprechend v = v 1 + v 3 + v 2 . Dann ist<br />

P 1 P 2 (v) = P 1 (v 1 + v 3 ) = v 1 = P 1 (v) = P 2 P 1 (v).<br />

(b)→(c): Es ist (P 2 − P 1 ) 2 = P 2 + 2 P2 − P 1 1P 2 − P 2 P 1 = P 2 + P 1 − P 1 − P − 1 = P 2 − P 1 .<br />

(c)→(a): Sei v ∈ E 1 . Dann ist<br />

P 2 (v) − v = (P 2 − P 1 )(v) = (P 2 − P 1 ) 2 (v) = P 2 (v) + v − P 2 (v) − P 1 P 2 (v) = v − P 1 P 2 (v),<br />

also (1 + P 1 )P 2 (v) = 2v. Wenden wir hierauf P 1 an, erhalten wir P 1 P 2 (v) = v, woraus<br />

nach Lemma 5.3.3 folgt P 2 (v) = v.<br />

□<br />

Satz 5.3.6 Sein P i , V i wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent:<br />

(a) P 1 P 2 ist Projektion,<br />

(b) P 1 P 2 = P 2 P 1 ,<br />

(c) Es gibt paarweise senkrechte Unterräume W 1 , W 2 , V mit<br />

V 1 = V ⊥ W 1 , V 2 = V ⊥ W 2 .<br />

In diesem Fall ist P 1 P 2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V.<br />

Beweis: Übungsaufgabe.<br />

□<br />

5.4 Normale Operatoren<br />

Definition 5.4.1 Ein Operator T ∈ B(H) heisst normal, falls TT ∗ = T ∗ T.<br />

Beispiele 5.4.2<br />

• Jeder selbstadjungierte Operator ist normal.<br />

• Eine Matrix A ∈ M n (C) ist genau dann normal, wenn es ein k ∈ U(n) und eine<br />

Diagonalmatrix D gibt, so dass A = kDk −1 gilt.


FUNKTIONALANALYSIS 66<br />

Satz 5.4.3 Ein Operator T ∈ B(H) ist genau dann normal, wenn<br />

||Tv|| = ||T ∗ v||<br />

für jedes v ∈ H gilt. Für einen normalen Operator T gilt<br />

(a) Ker(T) = Ker(T ∗ ),<br />

(b) Bild(T) ist genau dann dicht in H, wenn T injektiv ist,<br />

(c) T ist genau dann invertierbar, wenn es ein δ > 0 gibt so dass ||Tv|| ≥ δ ||v|| für jedes<br />

v ∈ H,<br />

(d) gilt Tv = λv für ein v ∈ H und λ ∈ C, dann folgt T ∗ v = λv,<br />

(e) sind λ und µ verschiedene Eigenwerte von T, dann stehen die zugehörigen<br />

Eigenräume senkrecht aufeinander.<br />

Beweis: Ist T normal, so gilt<br />

||Tv|| 2 = 〈Tv, Tv〉 = 〈v, T ∗ Tv〉 = 〈v, TT ∗ v〉 = 〈T ∗ v, T ∗ v〉 = ||T ∗ v|| 2 .<br />

Ist umgekehrt ||Tv|| = ||T ∗ v||, so folgt aus der Polarisierungsidentität, dass für alle<br />

v, w ∈ H die Gleichung 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ v, T ∗ w〉 gilt. Also folgt<br />

〈T ∗ Tv, w〉 = 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ v, T ∗ w〉 = 〈TT ∗ v, w〉 ,<br />

so dass T ∗ T = TT ∗ folgt.<br />

(a) Sei v ∈ Ker(T), so folgt 0 = ||Tv|| = ||T ∗ v||, also v ∈ Ker(T ∗ ). Die Rückrichtung folgt<br />

aus Symmetrie.<br />

(b) Sei das Bild dicht, so ist wegen 〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 der Operator T ∗ injektiv. Wegen<br />

||Tv|| = ||T ∗ v|| ist dann T injektiv. Sei umgekehrt T (und also T ∗ ) injektiv und sei<br />

u ∈ Bild(T) ⊥ . Für jedes w ∈ H folgt 0 = 〈u, Tw〉 = 〈T ∗ u, w〉, also u ∈ Ker(T ∗ ), somit u = 0.<br />

(c) Es existiere solch ein δ. Ist dann (Tv j ) eine Cauchy-Folge im Bild, dann ist (v j ) eine<br />

Cauchy-Folge, also konvergent gegen ein u ∈ H. Dann ist Tu der Limes der Folge<br />

(Tv j ), also ist das Bild abgeschlossen. Da T injektiv ist, folgt nach (b), dass T surjektiv,


FUNKTIONALANALYSIS 67<br />

also bijektiv ist.<br />

Sei umgekehrt T invertierbar, dann folgt ||v|| = ∣ ∣ ∣∣T −1 Tv ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣T ∣ ≤<br />

−1 ∣ ∣∣ ||Tv||, man kann also<br />

δ = 1/ ∣ ∣ ∣∣T ∣ −1 ∣ ∣∣ nehmen.<br />

(d) Es gelte Tv = λv und es sei v 0, so folgt T(T ∗ v) = T ∗ Tv = λT ∗ v, also liegt T ∗ v<br />

wieder im T-Eigenraum zum Eigenwert λ. Sei w ein weiterer Vektor in diesem<br />

Eigenraum, so gilt 〈T ∗ v, w〉 = 〈v, Tw〉 = 〈v, λw〉 = λ 〈v, w〉 = 〈 λv, w 〉 . Da dies für jedes w<br />

aus dem Eigenraum gilt, folgt T ∗ v = λv.<br />

(e) Sind λ und µ zwei verschiedene Eigenwerte. Seien v und w zugehörige<br />

Eigenvektoren, so gilt λ 〈v, w〉 = 〈λv, w〉 = 〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 = 〈 v, µw 〉 = µ 〈v, w〉 , also<br />

〈v, w〉 = 0.<br />

□<br />

Beispiele 5.4.4 • In der Linearen Algebra lernt man, dass jeder normale Operator<br />

auf dem C n diagonalisierbar ist, dass also C n eine Basis von Eigenvektoren<br />

besitzt.<br />

• Jeder Operator T ∈ B(H) kann als Linearkombination von selbstadjungierten<br />

Operatoren geschrieben werden:<br />

T = Re(T) + i Im(T),<br />

wobei Re(T) = 1 2 (T + T∗ ) und Im(T) = 1 2i (T − T∗ ). Es ist dann<br />

T ∗ = Re(T) − i Im(T)<br />

und T ist genau dann normal, wenn je zwei der drei Operatoren T, Re(T), Im(T)<br />

miteinander kommutieren.


FUNKTIONALANALYSIS 68<br />

6 Funktionalkalkül<br />

6.1 Spektrum und Resolvente<br />

Definition 6.1.1 Sei T ein stetiger linearer Operator auf einem Hilbert-Raum H. Die<br />

Resolventenmenge Res(T) von T ist die Menge aller λ ∈ C, für die der Operator<br />

T − λ = T − λId bijektiv ist. Nach dem Satz der offenen Abbildung ist dann die<br />

Umkehrabbildung (T − λ) −1 wieder ein stetiger Operator, der die Resolvente genannt<br />

wird.<br />

Der Name kommt daher, dass die Resolvente es erlaubt, die Gleichung<br />

(T − λ)x = a<br />

zu lösen, es ist dann nämlich<br />

x = (T − λ) −1 a.<br />

Definition 6.1.2 Die Menge σ(T) = C Res(T) heisst das Spektrum von T.<br />

Beispiel 6.1.3 Ist H endlich-dimensional, dann besteht σ(T) genau aus den Nullstellen<br />

des charakteristischen Polynoms, es ist dann also<br />

σ(T) = Menge der Eigenwerte von T.<br />

Definition 6.1.4 Sei T ein stetiger Operator auf einem Hilbert-Raum H. Ist<br />

Ker(T − λ) 0, so heisst λ Eigenwert von T.<br />

Es gibt auch Spektralwerte, die keine Eigenwerte sind. In diesem Fall ist t − λ zwar<br />

injektiv, nicht aber surjektiv.<br />

Beispiel 6.1.5 Multiplikationsoperator Sei H = L 2 (0, 1) und sei T : H → H gegeben<br />

durch<br />

T( f )(t) = t f (t).<br />

Wir behaupten, dass T keine Eigenwerte hat, das Spektrum aber aus dem ganzen<br />

Intervall [0, 1] besteht.<br />

Beweis: Zum ersten sei λ ∈ C und f ∈ H mit (T − λ) f = 0. Das heisst, dass<br />

0 = (T − λ) f (t) = t f (t) − λ f (t) = (t − λ) f (t)


FUNKTIONALANALYSIS 69<br />

fast überall in t ∈ T gilt. Für t λ heisst das aber f (t) = 0, also f = 0 fast überall.<br />

Zum zweiten sei λ ∈ C [0, 1], dann ist T invertierbar, der Inverse Operator ist S mit<br />

S( f )(t) = 1<br />

t − λ f (t).<br />

Schliesslich sei λ ∈ [0, 1]. Angenommen, T − λ wäre surjektiv. Dann gäbe es f ∈ L 2 (0, 1)<br />

mit (T − λ)( f ) = 1 (konstante Funktion). Es wäre also (t − λ) f (t) = 1 fast überall, also<br />

f (t) = 1<br />

t − λ<br />

fast überall. Diese Funktion liegt aber nicht in L 2 . Widerspruch!<br />

□<br />

Lemma 6.1.6 Für einen stetigen Operator T auf einem Hilbert-Raum H gilt<br />

σ(T ∗ ) = σ(T).<br />

Beweis: Ein Operator S ist genau dann invertierbar, wenn S ∗ invertierbar ist. Wegen<br />

(T ∗ − λ) = (T − λ) ∗ folgt, dass λ genau dann in der Resolventenmenge von T ∗ liegt,<br />

wenn λ in der Resolventenmenge von T ist.<br />

□<br />

Die Einheitengruppe von B(H) ist die Gruppe B(H) × aller invertierbaren Operatoren<br />

in B(H).<br />

Satz 6.1.7 (a) Die Einheitengruppe B(H) × ist eine offene Teilmenge von B(H). Die<br />

Inversion T ↦→ T −1 ist eine stetige Abbildung B(H) × → B(H) × .<br />

(b) Die Abbildung φ T : C → B(H) mit<br />

φ T (λ) = T − λ<br />

ist stetig. Die Resolventenmenge Res(T) ist eine offene und das Spektrum eine<br />

abgeschlossene Teilmenge von C.<br />

(c) Das Spektrum von T ∈ B(H) ist eine abgeschlossene Teilmenge der abgeschlossenen<br />

Kreisscheibe B ||T|| (0) ⊂ C.<br />

Beweis: (a) Wir zeigen zunächst, dass B(H) × eine offene Umgebung der Identität


FUNKTIONALANALYSIS 70<br />

enthält. Genauer zeigen wir B 1 (Id) ⊂ B(H) × . Der Einfachheit halber schreiben wir<br />

Id = 1. Es ist<br />

B 1 (1) = {T : ||T − 1|| < 1} = {1 − R : ||R|| < 1}.<br />

Sei also R ∈ B(H) mit ||R|| < 1. Wir müssen zeigen, dass 1 − R invertierbar ist. Die Reihe<br />

∑ ∞<br />

n=0 ||R|| n konvergiert in C. Also konvergiert die geometrische Reihe<br />

S =<br />

∞∑<br />

n=0<br />

R n<br />

absolut in B(H). Es ist<br />

∞∑<br />

(1 − R)S = S(1 − R) = (1 − R) R n =<br />

n=0<br />

∞∑<br />

R n −<br />

n=0<br />

∞∑<br />

R n+1 = 1.<br />

n=0<br />

Ist nun U ∈ B(H) × beliebig, dann ist UB 1 (1) eine offene Umgebung von U, die ganz in<br />

B(H) × liegt, denn es ist<br />

Also ist B(H) × offen.<br />

UB 1 (1) = {U − UR : ||R|| < 1} ⊃ {U − Z : ||Z|| < 1<br />

||U −1 || } = B 1/||U −1 || (U).<br />

Nun zur Stetigkeit der Inversion: Wir zeigen, dass die Inversion die Menge B 1 (1) in<br />

sich wirft und dort stetig ist. Hieraus folgt die Behauptung, denn auf der offenen<br />

Menge B 1 (1)T 0 ist die Inversion eine Komposition stetiger Abbildungen:<br />

T ↦→ TT 1 0 ↦→ T 0T −1 ↦→ T −1 .<br />

Es reicht also zu zeigen, dass die Inversion auf B 1 (1) stetig ist. Seien hierzu S, T ∈ B(H)<br />

mit ||S|| ||T|| < c < 1. Dann folgt für n ∈ N,<br />

∣<br />

||S n − T n ∑n−1<br />

∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ ∑n−1<br />

|| =<br />

∣ (S − T) S k T n−1−k ≤ ||S − T|| ||S|| k ||T|| n−1−k<br />

k=0<br />

∑n−1<br />

≤ ||S − T|| c n−1 = ||S − T|| nc n−1<br />

k=0<br />

k=0


FUNKTIONALANALYSIS 71<br />

und damit<br />

∣ ∣ ∣ ∣(1 − S) −1 − (1 − T) −1∣ ∣<br />

∣ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣<br />

∣<br />

∞∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣ = S n − T n ≤ ||S − T||<br />

n=0<br />

Die ist die verlangte Stetigkeit der Inversion.<br />

∞∑<br />

nc n−1 =<br />

n=0<br />

||S − T||<br />

(1 − c) 2 .<br />

(b) Für λ, µ ∈ C gilt<br />

∣ ∣ ∣ ∣φT (λ) − φ T (µ) ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ =<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣µ − λ<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ = |λ − µ|,<br />

also ist φ T stetig. Die Resolventenmenge ist das Urbild der offenen Menge B(H) × , also<br />

offen in C. Das Spektrum ist das Komplement der offenen Resolventenmenge, also<br />

abgeschlossen.<br />

(c) Sei λ ∈ C mit |λ| > ||T||. Wir müssen zeigen, dass λ σ(T), also dass T − λ<br />

invertierbar ist. Es ist T − λ = λ( 1 λ T − 1) und für den Operator R = 1 λ T gilt<br />

||R|| = 1 ||T|| < 1, also ist R − 1, und damit auch T − λ, invertierbar.<br />

□<br />

|λ|<br />

Sei D ⊂ C offen und sei f : D → V eine Abbildung, wobei V ein Banach-Raum ist. Wir<br />

sagen, f ist holomorph, wenn für jedes z ∈ D der Grenzwert<br />

f ′ (z) = lim ( f (z + h) − f (z))<br />

h<br />

h→0<br />

1<br />

in V existiert. Ist f holomorph und ist α : V → C ein stetiges lineares Funktional, dann<br />

ist die Funktion z ↦→ α( f (z)) eine holomorphe Funktion von D nach C.<br />

Lemma 6.1.8 Sei H ein Hilbert-Raum und sei T ∈ B(H). Dann ist die Abbildung<br />

f : λ ↦→ (T − λ) −1 holomorph auf der Resolventenmenge Res(T).<br />

Beweis: Nach dem Satz ist f stetig. Sei λ ∈ Res(T) und sei h eine kleine komplexe<br />

Zahl. Dann ist 1 ( f (λ + h) − f (λ)) gleich<br />

h<br />

1 (<br />

(T − λ − h) −1 − (T − λ) −1) = 1 h<br />

h ((T − λ) − (T − λ − h)) (λ + h − T)−1 (λ − T) −1<br />

= −(T − λ − h) −1 (T − λ) −1 .<br />

Diese Abbildung ist stetig in h = 0.<br />

□<br />

Definition 6.1.9 Sei H ein Hilbert-Raum. Für T ∈ B(H) sei der Spektralradius r(T)<br />

definiert als<br />

r(T) = sup |λ|.<br />

λ∈σ(T)


FUNKTIONALANALYSIS 72<br />

Satz 6.1.10 (Spektralradiusformel) Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H).<br />

(a) Das Spektrum σ(T) ist nicht-leer.<br />

(b) Es gilt r(T) ≤ ||T|| und<br />

(c) Ist T normal, so gilt<br />

r(T) = lim<br />

n<br />

||T n || 1 n .<br />

r(T) = ||T|| .<br />

Beweis: (a) Angenommen, σ(T) = ∅. Dann ist T − λ stets invertierbar, also die<br />

Abbildung λ ↦→ (T − λ) −1 auf ganz C holomorph. Für |λ| > 2 ||T|| ist<br />

( ∣ ∣<br />

1 T) n ∣∣ ∣∣∣ ≤ ||T||n<br />

λ |λ| n<br />

und daher konvergiert die Reihe<br />

≤ 1 2 n<br />

∞∑ ( ) 1 n<br />

λ T =<br />

n=0<br />

(<br />

1 − 1 λ T ) −1<br />

.<br />

Es ist dann<br />

∣ ∣ ∣ ∣(T − λ)<br />

−1 ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ =<br />

1<br />

|λ|<br />

Also folgt für v, w ∈ H und |λ| > 2 ||T||,<br />

∣ (1 − 1 ∣ ∣∣∣∣ ∣∣∣∣<br />

λ T)−1 ≤ 1<br />

|λ|<br />

∞∑<br />

n=0<br />

2 −n = 2<br />

|λ| .<br />

| 〈 (T − λ) −1 v, w 〉 ≤<br />

2 ||v|| ||w||<br />

.<br />

|λ|<br />

Die holomorphe Abbildung λ ↦→ 〈 (T − λ) −1 v, w 〉 ist auf {|λ| ≤ ||T||} beschränkt, nach<br />

obigem also insgesamt beschränkt, damit konstant, aber nach der obigen<br />

Abschätzung kann diese Konstante nur die Null sein. Wir erhalten also<br />

(T − λ) −1 = 0,<br />

ein Widerspruch! Damit ist die Annahme falsch, also folgt σ(T) ∅.<br />

(b) r(T) ≤ ||T|| folgt aus Satz 6.1.7. Wir beweisen die Ungleichungen<br />

r(T) ≤ lim inf ‖T n ‖ 1 n ≤ lim sup ‖T n ‖ 1 n ≤ r(T),


FUNKTIONALANALYSIS 73<br />

aus denen der Satz folgt.<br />

Für λ ∈ σ(T), gilt<br />

∑n−1<br />

λ n − T n = (λ − T) λ j T n−1−j .<br />

j=0<br />

Also λ n ∈ σ(T n ) und damit |λ| n ≤ ‖T n ‖ für jedes n ∈ N. Also r(T) ≤ ‖T n ‖ 1 n<br />

n ∈ N, so dass die erste Ungleichung folgt.<br />

für jedes<br />

Um lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />

≤ r(T) zu zeigen, betrachte<br />

(λ − T) −1 = λ −1 (1 − T λ )−1 =<br />

∞∑<br />

n=0<br />

T n 1<br />

λ n+1<br />

für |λ| > ‖T‖. Da diese Funktion holomorph ist, konvergiert die Reihe schwach für<br />

jedes |λ| > r(T). Für gegebenes |λ| > r(T) folgt, dass die Folge T n 1 schwach<br />

λ n+1<br />

konvergent, nach Lemma 4.2.6 also normbeschränkt ist. Also existiert ein C ≥ 0 so<br />

dass ‖T n ‖ ≤ C|λ| n+1 für jedes n ∈ N. Nimmt man auf beiden Seiten n-te Wurzeln und<br />

wendet lim sup an, erhält man lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />

lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />

≤ r(T).<br />

(c) Sei T normal, so gilt<br />

≤ |λ|. Da dies für jedes |λ| > r(T) gilt, folgt<br />

∣ ∣ ∣ ∣T 2 v ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ 2<br />

=<br />

〈<br />

T 2 v, T 2 v 〉 = 〈 Tv, T ∗ T 2 v 〉 = 〈T ∗ Tv, T ∗ Tv〉 = ||T ∗ Tv|| 2 .<br />

Also folgt ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣T 2 ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ = ||T ∗ T|| = ||T|| 2 , siehe Satz 5.1.1 (b). Dies gilt ebenso für T k anstelle von<br />

T, also folgt induktiv, dass ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣T 2 n∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ = ||T||<br />

2 n ist. Daher r(T) = lim n<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣T 2 n∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ 2 −n = ||T|| . □<br />

Beispiele 6.1.11 • Der Nulloperator, Tv = 0 für alle v, hat Spektrum {0}.<br />

• Ein Beispiel, dass der Spektralradius nicht mit der Operatornorm<br />

übereinstimmen muss, ist leicht gefunden. Betrachte die Matrix A = ( )<br />

1 1<br />

0 1 als<br />

⎛ ⎞ ⎞<br />

1<br />

Operator auf C 2 . Wegen A ⎜⎝<br />

1<br />

⎟⎠<br />

⎛⎜ = 2<br />

⎝<br />

1<br />

⎟⎠ , folgt ||A|| op > 1 = r(A).<br />

Satz 6.1.12 (a) Ist T ein unitärer Operator und ist λ ∈ σ(T), dann ist |λ| = 1.<br />

(b) Ist S ein selbstadjungierter stetiger Operator und ist λ ∈ σ(S), dann ist λ eine reelle<br />

Zahl.


FUNKTIONALANALYSIS 74<br />

Beweis: (a) Da ||T|| = 1, folgt |λ| ≤ 1. Gilt |λ| < 1, so ist ||λT ∗ || < 1 und also ist<br />

T − λ = T(1 − λT ∗ )<br />

invertierbar, was bedeutet λ σ(T).<br />

(b) Sei S selbstadjungiert und sei λ = σ + it. Setze S λ = S − λ. Dann folgt<br />

||S λ v|| 2 = ||Sv − σv − itv|| 2<br />

= 〈Sv − σv − itv, Sv − σv − itv〉<br />

= 〈Sv − σv, Sv − σv〉 + i 〈Sv − σv, tv〉 − i 〈tv, Sv − tv〉 + 〈tv, tv〉<br />

}{{}<br />

= ||Sv − σv|| 2 + t 2 ||v|| 2 .<br />

Damit ist ||S λ v|| ≥ |t| ||v||. Ist t 0, so ist S λ invertierbar nach Satz 5.4.3 (c), also λ σ(S).<br />

□<br />

Definition 6.1.13 Ein selbstadjungierter Operator T ∈ B(H) heisst positiver Operator,<br />

falls<br />

〈Tv, v〉 ≥ 0 ∀v ∈ H.<br />

Proposition 6.1.14 Ist T ein positiver Operator, dann liegt das Spektrum σ(T) im Intervall<br />

[0, ∞).<br />

Wir werden später sehen, dass auch die Umkehrung richtig ist, d.h.: ist das Spektrum<br />

eines selbstadjungierten Operators T in [0, ∞), dann ist T positiv.<br />

Beweis: Wir können annehmen, dass ‖T‖ = 1. Dann σ(T) ⊆ [−1, 1] da T<br />

=0<br />

selbstadjungiert ist. Wir zeigen dass T µ<br />

Nach Annahme haben wir<br />

def<br />

=<br />

T + µ1 invertierbar ist für jedes µ > 0.<br />

‖T µ v‖‖v‖ ≥ 〈 T µ v, v 〉 = 〈Tv, v〉 + µ 〈v, v〉 ≥ µ‖v‖ 2 ,<br />

also ‖T µ v‖ ≥ µ‖v‖ für jedes v ∈ H. Daher ist T µ invertierbar nach Satz 5.4.3.<br />

□<br />

Definition 6.1.15 Sind A, B ⊂ C nicht-leere, kompakte Teilmengen, so definieren wir<br />

d(A, ˜ B) = sup inf |a − b|<br />

a∈A b∈B


FUNKTIONALANALYSIS 75<br />

und die Hausdorff-Metrik durch<br />

d(A, B) = max ( ˜ d(A, B), ˜ d(B, A)<br />

)<br />

.<br />

Es ist dann<br />

d(A, B) ∈ [0, ∞).<br />

Lemma 6.1.16 Für nicht-leere, kompakte Teilmengen A, B, C ⊂ C gilt<br />

• d(A, B) = 0 ⇔ A = B<br />

• d(A, B) = d(B, A)<br />

• d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B)<br />

Definitheit<br />

Symmetrie<br />

Dreiecksungleichung<br />

Damit ist d in der Tat eine Metrik auf der Menge aller nicht-leeren, kompakten Teilmengen<br />

von C.<br />

Beweis: Die Symmetrie ist klar.<br />

Ist A = B, so folgt d(A, B) = 0. Für die Umkehrung sei d(A, B) = 0. Ist a ∈ A, so muss<br />

inf b∈B |a − b| = 0 sein, es gibt also eine Folge b j ∈ B mit |a − b j | → 0, also a = lim j b j . Da B<br />

abgeschlossen ist, folgt a ∈ B, also A ⊂ B. Aus Symmetriegründen folgt B ⊂ A, also<br />

A = B.<br />

Nun zur Dreiecksungleichung. Sei ε > 0 und sei a ∈ A. Für jedes c ∈ C gilt<br />

inf<br />

b∈B<br />

|a − b| ≤ inf |a − c| + |c − b|.<br />

b∈B<br />

Also können wir rechts noch das Infimum über c ∈ C nehmen und erhalten<br />

inf<br />

b∈B<br />

|a − b| ≤ inf |a − c| + inf<br />

c∈C<br />

inf<br />

c∈C b∈B<br />

|c − b| ≤ inf<br />

c∈C<br />

Nehmen wir nun noch das Supremum über A, so folgt<br />

d(A, ˜ B) ≤ d(A, ˜ C) + d(C, ˜ B)<br />

|a − c| + sup<br />

c∈C<br />

inf |c − b|.<br />

b∈B<br />

As Symmetriegründen folgt<br />

˜ d(B, A) ≤ ˜ d(B, C) + ˜ d(C, A)


FUNKTIONALANALYSIS 76<br />

und damit auch<br />

d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B)<br />

□<br />

Lemma 6.1.17 Sind A j , j ∈ N und A nicht-leere, kompakte Teilmengen von C, so konvergiert<br />

die Folge A j genau dann gegen A, wenn<br />

• zu jedem a ∈ A gibt es eine Folge a j ∈ A j mit a j → a und<br />

• Ist (a j ) eine Folge mit a j ∈ A j , dann hat jede Teilfolge einen Häufungspunkt in A.<br />

Beweis: Übungsaufgabe.<br />

□<br />

Lemma 6.1.18 Ist X ein nicht-leerer kompakter metrischer Raum und ist f j ∈ C(X) eine<br />

Folge stetiger Funktionen, die in der Supremumsnorm<br />

||h|| = sup |h(x)|<br />

x∈X<br />

gegen ein f ∈ C(X) konvergiert. Dann konvergiert die Folge der Bilder<br />

A j = f j (X)<br />

in der Hausdorff-Metrik gegen A = f (X).<br />

Beweis: Sei a ∈ A, etwa a = f (x), dann konvergiert a j = f j (x) ∈ A j gegen a.<br />

Ist andersherum a j ∈ A j eine in C konvergente Folge mit Limes z ∈ C. Wir wollen<br />

zeigen, dass z ∈ A gilt. Sei etwa a j = f (x j ). Die Folge x j in X hat eine konvergente<br />

Teilfolge, wir ersetzen sie durch diese Teilfolge und nehmen an, dass x j → x gilt. Wir<br />

behaupten, dass f (x) = z gilt. Sei ε > 0. Dann gibt es j ∈ N mit ∣ ∣ ∣∣ fj − f ∣ ∣ ∣∣ < ε/3 und<br />

|a j − z| < ε/3, sowie | f (x) − f (x j )| < ε/3. Es folgt<br />

| f (x) − z| = | f (x) − f (x j ) + f (x j ) − f j (x j ) + f j (x j ) − z|<br />

≤ | f (x) − f (x j )| + | f (x j ) − f j (x j )| + | f j (x j ) −z|<br />

}{{}<br />

=a j<br />

< ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε.<br />

Da ε beliebig war, folgt f (x) = z.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 77<br />

Satz 6.1.19 Sind T j , j ∈ N und T normale Operatoren auf dem Hilbert-Raum H und gilt<br />

∣ ∣ ∣Tj − T ∣ ∣ ∣∣ → 0, dann konvergiert σ(Tj ) gegen σ(T) in der Hausdorff-Metrik.<br />

Beweis: Sei λ ∈ σ(T) und nimm an, λ wäre kein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ).<br />

Dann gibt es ein ε > 0 so dass der offene Kreis B ε (λ) für jedes j ganz in der<br />

Resolventenmenge Res(T j ) liegt. Das bedeutet aber r ( (T j − λ) −1) < 1 ε , denn ist |µ| > 1 ε ,<br />

so ist<br />

(T j − λ) −1 − µ = µ(T j − λ) −1 ( 1 µ − T j + λ)<br />

invertierbar. Da T j normal ist, ist auch (T j − λ) −1 normal und daher nach Satz 6.1.10,<br />

Es folgt für i, j ∈ N,<br />

∣ ∣ ∣ ∣(Tj − λ) −1∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ <<br />

1<br />

ε .<br />

∣ ∣ ∣ ∣(Ti − λ) −1 − (T j − λ) −1∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ ≤<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣(Ti<br />

− λ) −1∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣(Tj<br />

− λ) −1∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣Ti<br />

− T j<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ <<br />

1<br />

ε 2 ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣Ti<br />

− T j<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ,<br />

so dass (T j − λ) −1 eine Cauchy-Folge ist und daher konvergent gegen ein S(λ) ∈ B(H).<br />

Es folgt<br />

(T − λ)S(λ) = lim<br />

j<br />

(T j − λ)(T j − λ) −1 = 1<br />

und ebenso S(λ)(T − λ) = 1, so dass λ in der Resolventenmenge von T liegt, im<br />

Widerspruch zur Annahme! Also muss λ ein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ) sein.<br />

Andererseits sei λ Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ). Es gilt dann also<br />

(T j − λ j ) → (T − λ).<br />

Wäre nun λ ∈ Res(T), also (T − λ) ∈ B(H) × , so gäbe es ein j 0 so dass für j ≥ j 0 schon<br />

(T j − λ j ) ∈ B(H) × , da die Einheitengruppe B(H) × offen ist. Dies ist aber nicht der Fall,<br />

also folgt λ ∈ σ(T).<br />


FUNKTIONALANALYSIS 78<br />

6.2 Funktionalkalkül<br />

Erinnerung: eine Algebra über C ist ein komplexer Vektorraum A mit einem<br />

bilinearen und assoziativen Produkt A × A → A, geschrieben (a, b) ↦→ ab. Das heisst<br />

also, es gilt<br />

a(b + c) = ab + ac (b + c)a = ba + ca<br />

λ(ab) = (λa)b = a(λb) (ab)c = a(bc)<br />

für alle a, b, c ∈ A und jedes λ ∈ C.<br />

Beispiele 6.2.1 • Man kann jeden Vektorraum V zu einer Algebra machen, indem<br />

man ab = 0 setzt. Dies ist allerdings nicht das interessanteste Beispiel.<br />

• M n (C) mit der Matrixmultiplikation.<br />

• B(H) für einen Hilbert-Raum H, das Produkt ist hier die<br />

Hintereinanderausführung.<br />

• C 0 (X) für einen lokalkompakten Hausdorffraum.<br />

Eine Algebra A heisst unital, wenn es ein Einselement gibt, das ist ein Element<br />

1 = 1 A so dass für jedes a ∈ A gilt<br />

1a = a1 = a.<br />

Wenn es ein solches gibt, ist es eindeutig bestimmt, denn sei 1 ′ ein zweites, dann gilt<br />

1 = 11 ′ = 1 ′ .<br />

Definition 6.2.2 Eine lineare Abbildung φ : A → B zwischen zwei Algebren heisst<br />

Algebrenhomomorphismus, falls φ(ab) = φ(a)φ(b) für alle a, b ∈ A gilt. Ist A unital, so<br />

verlangt man ausserdem, dass B auch unital ist und dass φ(1) = 1 ist.<br />

Ein Algebrenhomomorphismus φ heiss Algebrenisomorphismus, wenn φ bijektiv ist.<br />

Dann ist die Umkehrabbildung ebenfalls ein Algebrenhomomorphismus.<br />

Beispiel 6.2.3 Ist Y ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge des lokalkompakten<br />

Hausdorffraums Raums X, dann ist die Restriktion C 0 (X) → C 0 (Y); f ↦→ f | Y ein<br />

Algebrenhomomorhismus.


FUNKTIONALANALYSIS 79<br />

Sei C[X] die Algebra der Polynome. Für T ∈ B(H) betrachte den<br />

Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch<br />

P( f (X)) = f (T).<br />

Lemma 6.2.4 (Spektraler Abbildungssatz für Polynome) Sei T ein stetiger normaler<br />

Operator auf einem Hilbert-Raum H. Für ein Polynom f ∈ C[X] ist f (T) ein stetiger<br />

Operator mit<br />

σ( f (T)) = f (σ(T)),<br />

wobei f (σ(T)) = { f (λ) : λ ∈ σ(T)}.<br />

Beweis: Sei der Grad von f grösser Null. Wir schreiben<br />

f (X) − λ = a(X − λ 1 ) · · · (X − λ n ).<br />

Dann ist<br />

f (T) − λ = a(T − λ 1 ) · · · (T − λ n ).<br />

”⊂” Sei λ ∈ σ( f (T)). Dann ist f (T) − λ nicht invertierbar und daher muss ein λ i im<br />

Spektrum von T liegen. Es ist dann λ = f (λ i ) ∈ f (σ(T)).<br />

”⊃“ Sei λ ∈ f (σ(T)), also λ = f (µ) mit µ ∈ σ(T). Dann ist µ = λ i für ein i. Daher ist<br />

f (T) − λ nicht invertierbar, also λ ∈ σ( f (T)).<br />

□<br />

Satz 6.2.5 (Stetiger Funktionalkalkül) Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem<br />

Hilbert-Raum H. Es gibt genau einen isometrischen Algebrenhomomorphismus<br />

φ : C(σ(T)) → B(H) mit φ(Id) = T. Hierbei bezeichnet Id die Abbildung σ(T) → C<br />

gegeben durch z ↦→ z. Dieser Homomorphismus hat die zusätzliche Eigenschaft<br />

φ( f ∗ ) = φ( f ) ∗ ,<br />

wobei wir für f ∈ C(σ(T)) definieren: f ∗ (t) = f (t). Wir schreiben φ( f ) suggestiv als f (T).<br />

Es gilt<br />

σ( f (T)) = f (σ(T)).<br />

Insbesondere ist f (T) selbstadjungiert, falls f reellwertig ist.


FUNKTIONALANALYSIS 80<br />

Beweis: Jedes Polynom p liefert eine stetige Abbildung σ(T) → C. Wir erhalten also<br />

einen Algebrenhomomorphismus ψ : C[X] → C(σ(T)). Andererseits haben wir einen<br />

Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch P( f (X)) = f (T). Wir<br />

wollen den gepunkteten Homomorphismus konstruieren:<br />

C[X]<br />

ψ <br />

C(σ(T))<br />

P<br />

∃!<br />

<br />

B(H)<br />

1. Schritt: Das Bild von ψ ist dicht in C(σ(T)).<br />

Dies folgt aus dem Satz von Stone-Weierstraß.<br />

2. Schritt: Für jedes f ∈ C[X] gilt ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ψ( f )<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ =<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣P( f )<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣.<br />

Es ist<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣ψ(<br />

∣∣ ∣∣ f ) = sup | f (x)|<br />

x∈σ(T)<br />

= sup |z| = sup |z|<br />

z∈ f (σ(T)) z∈σ( f (T))<br />

= r( f (T)) = ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f (T)<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ =<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣P( f )<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ .<br />

3. Schritt: Finale.<br />

Aus dem 2.Schritt folgt, dass der Kern J von ψ gleich dem Kern von P ist, das Bild<br />

Bild(ψ) ist also isomorph C[X]/J und dies ist isomorph zum Bild Bild(P). Ferner ist die<br />

Abbildung<br />

Bild(ψ) → Bild(P) → B(H)<br />

isometrisch, setzt also zu genau einer isometrischen Abbildung φ : C(σ(T)) → B(H)<br />

fort. Auf der dichten Unteralgebra Bild(ψ) ist ψ ein Algebrenhomomorphismus, also<br />

ist φ insgesamt ein Algebrenhomomorphismus. Die Eindeutigkeit ist klar wegen der<br />

Dichtheit der Polynome.<br />

Die Eigenschaften φ( f ∗ ) = φ( f ) ∗ und σ( f (T)) = f (σ(T)) sind klar, wenn f ein Polynom<br />

ist. Die erste folgt sofort allgemein und die zweite wie folgt:<br />

Sei f j eine Folge von Polynomen die in C(σ(T)) gegen f konvergiert. Es gilt<br />

f j (σ(T)) = σ( f j (T)) nach Lemma 6.2.4. Die Folge f j (σ(T)) konvergiert nach Lemma<br />

6.1.18 in der Hausdorff-Metrik gegen f (σ(T)). Die Folge σ( f j (T)) konvergiert nach Satz<br />

6.1.19 in der Hausdorff-Metrik gegen σ( f (T)), so dass insgesamt die Gleichheit folgt. □


FUNKTIONALANALYSIS 81<br />

Proposition 6.2.6 Ein selbstadjungierter Operator ist genau dann positiv, wenn sein<br />

Spektrum positiv ist.<br />

Beweis: Ist T ≥ 0, so ist nach Proposition 6.1.14 σ(T) ≥ 0.<br />

Sei umgekehrt σ(T) ≥ 0. Dann existiert nach dem Funktionalkalkül ein<br />

selbstadjungierter Operator S = √ T so dass T = S 2 . Es folgt für v ∈ H,<br />

〈Tv, v〉 = 〈 S 2 v, v 〉 = 〈Sv, Sv〉 ≥ 0.<br />

□<br />

Korollar 6.2.7 Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es gelte<br />

σ(T) = A ∪ B mit zwei disjunkten abgeschlossenen Teilmengen A, B. Dann existieren<br />

eindeutig bestimmte selbstadjungierte Operatoren T A , T B so dass<br />

• T = T A + T B ,<br />

• σ(T A ) = A, σ(T B ) = B,<br />

• die drei Operatoren T, T A , T B kommutieren miteinander.<br />

Ferner gibt eine Orthogonalzerlegung H = H A ⊕ H B , so dass gilt<br />

T A = P A T = TP A , T B = P B T = TP B ,<br />

wobei P A und P B die entsprechenden Orthogonalprojektionen sind. Man kann diesen letzten<br />

Tatbestand etwas lax so ausdrücken, dass in der Zerlegung H = H A ⊕ H B gilt<br />

⎛<br />

T A 0<br />

T = ⎜⎝<br />

⎞⎟<br />

0 T ⎠ .<br />

B<br />

Beweis: Da A ∪ B = ∅ und beide abgeschlossen sind, liegen die Funktionen 1 A und 1 B<br />

in C(σ(T). Setze f A (t) = t1 A und f B (t) = t1 B und T A = f A (T) sowie T B = f B (T). Wegen<br />

f A + f B = Id σ(T) folgt T = T A + T B , ferner ist σ(T A ) = f A (σ(T)) = A und ebenso für B. Da<br />

alle Operatoren eines Funktionalkalküls miteinander kommutieren sind die ersten<br />

drei Punkte bewiesen.<br />

Für den Rest setze P A = 1 A (T), dann ist P A eine selbstadjungierte Projektion, also eine<br />

Orthogonalprojektion, sei H A das Bild. Wir machen dasselbe für B und stellen fest.<br />

dass P A P B = 1 A 1 B (T) = 0 ist, sowie P A + P B = 1(T) = Id H .<br />


FUNKTIONALANALYSIS 82<br />

Proposition 6.2.8 Sei T = T ∗ ∈ B(H) und f ∈ C(σ(T)) reellwertig. Sei S = f (T), dann ist S<br />

selbstadjungiert. Sei g ∈ C(σ(S)), dann gilt<br />

(g ◦ f )(T) = g( f (T)).<br />

Schreiben wir den Funktionalkalkül alternativ als φ( f, T) = f (T), so heisst das<br />

φ(g ◦ f, T) = φ(g, φ( f, T)).<br />

Beweis: Ist g(x) = x n , dann ist g ◦ f (x) = f (x) n und da h ↦→ h(T) ein<br />

Algebrenhomomorphismus ist, folgt g ◦ f (T) = f (T) n = g( f (T)). Wegen Linearität<br />

beider Seiten folgt die Behauptung für den Fall, dass g ein Polynom ist. Ist allgemein<br />

g j → g eine Folge von Polynomen, die g auf σ(S) approximiert, dann geht g j ◦ f<br />

gleichmässig auf σ(T) gegen g ◦ f , es folgt also<br />

g ◦ f (T) = lim<br />

j<br />

g j ◦ f (T) = lim<br />

j<br />

g j ( f (T)) = g( f (T)). □<br />

6.3 Polarzerlegung<br />

Sei T ein stetiger Operator auf H. Dann ist T ∗ T selbstadjungiert und positiv. Deshalb<br />

ist das Spektrum σ(T ∗ T) eine Teilmenge von [0, ∞), siehe Proposition 6.1.14. Deshalb<br />

ist die Wurzelfunktion x ↦→ √ x eine stetige Funktion auf σ(T ∗ T). Mit Hilfe des<br />

Funktionalkalküls definieren wir |T| = √ T ∗ T ∈ B(H). Dies ist ein selbstadjungierter<br />

Operator mit positivem Spektrum und der Eigenschaft |T| 2 = T ∗ T.<br />

Satz 6.3.1 Sei T ein stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H. Für v ∈ H ist die Norm<br />

von |T|v gleich ||Tv||. Es existiert ein isometrischer Isomorphismus U vom Abschluss von<br />

Bild(|T|) zum Abschluss von Bild(T) so dass T = U|T|. Diese Zerlegung von T heisst<br />

Polarzerlegung. Sie ist eindeutig in folgendem Sinne. Ist T = U ′ P, wobei P<br />

selbst-adjungiert und positiv ist und U ′ : Bild(P) → H ist isometrisch, dann folgt U ′ = U<br />

und P = |T|.<br />

Beweis: Für v ∈ H ist das Quadrat der Norm ||Tv|| 2 gleich<br />

〈Tv, Tv〉 = 〈T ∗ Tv, v〉 = 〈 |T| 2 v, v 〉 = 〈|T|v, |T|v〉 = |||T|v|| 2


FUNKTIONALANALYSIS 83<br />

Für v ∈ H definieren wir U(|T|v) = Tv, dann ist U eine wohldefinierte Isometrie von<br />

Bild(|T|) nach Bild(T), die auf den Abschluss ausdehnt und die Behauptung erfüllt.<br />

Ferner ist U surjektiv, da es nach Definition schon surjektiv von Bild(|T|) → Bild(T) ist<br />

und da es eine Isometrie ist, ist das Bild U(Bild(|T|)) ⊂ Bild(T) vollständig und enthält<br />

Bild(T), also ist U surjektiv.<br />

Für die Eindeutigkeit sei T = U|T| = U ′ P. Erweitere U zu einem beschränkten<br />

Operator auf H durch U ≡ 0 auf Bild(|T|) ⊥ mach dasselbe für U ′ . Dann ist U ∗ U die<br />

Orthogonalprojektion auf Bild(|T|) und (U ′ ) ∗ U ′ ist die Orthogonalprojektion auf<br />

Bild(P), so dass (U ′ ) ∗ U ′ P = P. Es gilt<br />

|T| = √ T ∗ T = √ (U ′ P) ∗ U ′ P = √ P ∗ (U ′ ) ∗ U ′ P = √ P ∗ P = √ P 2 = P.<br />

Hieraus folgt auch U = U ′ .<br />

□<br />

Beispiel 6.3.2 Sei H = L 2 ([0, 1]) und f : [0, 1] → C × eine stetige Funktion. Betrachte<br />

den Operator T f : H → H gegeben durch<br />

T f ϕ(x) = f (x)ϕ(x).<br />

Wir schreiben die Funktion f als f = u| f |, wobei u : [0, 1] → T stetig ist, genauer ist<br />

u(x) = f (x)/| f (x)|. Es gilt dann T f = T | f | T u und dies ist genau die Polarzerlegung.


FUNKTIONALANALYSIS 84<br />

7 Kompakte Operatoren<br />

7.1 Spektralsatz für normale kompakte Operatoren<br />

Ein Operator T auf einem Hilbert-Raum H heisst kompakter Operator, falls T<br />

beschränkte Mengen auf relativ kompakte Mengen abbildet.<br />

Ist T kompakt und S beschränkt, dann sind ST und TS kompakt.<br />

Man kann die Definition wie folgt umformulieren: T ist genau dann kompakt, wenn<br />

zu jeder beschränkten Folge v j ∈ H die Folge Tv j eine konvergente Teilfolge hat.<br />

Liegen die v j alle in einem endlich-dimensionalen Raum, dann gilt dies für jeden<br />

stetigen Operator. Es reicht daher, linear unabhängige Folgen (v j ) zu betrachten.<br />

Eine lineare Abbildung F : H → H auf einem Hilbert-Raum H heisst von endlichem<br />

Rang, falls das Bild F(H) endlich-dimensional ist.<br />

Beispiele 7.1.1<br />

• Jeder Operator von endlichem Rang ist kompakt.<br />

• Der Operator T = Id H ist genau dann kompakt, wenn H endlich-dimensional ist.<br />

• Sei k ∈ l 2 (N × N) und definiere den Operator T : H → H = l 2 (N) durch<br />

∑<br />

Tϕ(i) = k(i, j)ϕ(j).<br />

j∈N<br />

Wir zeigen, dass T kompakt ist. Sei hierzu ϕ n eine beschränkte Folge in H, also<br />

etwa ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />

∣ ∣∣ ∣∣ ≤ C < ∞. Es gilt dann nach der Hoelder-Ungleichung:<br />

1 ∑<br />

∑<br />

2<br />

|Tϕ n (i)| =<br />

k(i, j)ϕ n (j)<br />

∣<br />

⎛⎜<br />

∣ ≤ ∣<br />

|k(i, j)| 2 ∣∣ ∣∣ϕn<br />

∣ ∣∣ ∣∣<br />

⎝<br />

⎞⎟ ≤ ci C.<br />

⎠<br />

j<br />

j<br />

}{{}<br />

=c i<br />

Insbesondere ist für jedes i die Folge Tϕ n (i) beschränkt, hat also eine<br />

konvergente Teilfolge. Es gibt daher eine Teilfolge ϕ 1 n von ϕ n so dass Tϕ 1 n(1)<br />

konvergiert. Diese hat dann wieder eine Teilfolge ϕ 2 n so dass auch Tϕ 2 n(2)<br />

konvergiert. Iterativ finden wir zu jedem j eine Teilfolge ϕ j n so dass die Folgen<br />

Tϕn(1), j . . . , Tϕn(j) j alle konvergieren. Die Folge Tϕ n n konvergiert dann


FUNKTIONALANALYSIS 85<br />

punktweise gegen eine Funktion ψ. Es ist<br />

|ψ(i)| = lim<br />

n<br />

|Tϕ n n(i)| ≤ c i C.<br />

Wegen<br />

∑ ∑<br />

|c i | 2 = |k(i, j)| 2 < ∞.<br />

i∈N i,j∈N<br />

ist dann ψ ∈ l 2 (N). Es bleibt zu zeigen, dass ∣ ∣ ∣∣Tϕ n<br />

n − ψ ∣ ∣ ∣∣ gegen Null geht. Sei<br />

hierzu ε > 0. dann existiert ein i 0 so dass ∑ i≥i 0<br />

|c i | 2 ≤ ε/8. Es existiert ein n 0 so<br />

dass für n ≥ n 0 gilt<br />

Es folgt für n ≥ n 0 ,<br />

∑i 0 −1<br />

|Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2 < ε/2.<br />

i=1<br />

∣ ∣ ∣Tϕ<br />

n<br />

n − ψ ∣ ∑i 0 −1<br />

∣<br />

∣∣ 2<br />

= |Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2 +<br />

i=1<br />

< ε 2 + ∑<br />

i≥i 0<br />

4|c i | 2 < ε.<br />

∞∑<br />

i=i 0<br />

|Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2<br />

Lemma 7.1.2 Ist T kompakt, dann auch |T| und T ∗ .<br />

Beweis: Wir schreiben T = U|T|, wobei U : Bild(|T|) → Bild(T) eine Isometrie ist. Als<br />

solche hat sie eine Umkehrabbildung V, die ebenfalls eine Isometrie ist, also gilt<br />

|T| = VT und V kann durch Null auf Bild(T) ⊥ fortgesetzt werden zu einem stetigen<br />

Operator auf H. Daher ist |T| kompakt. Wir setzten auch U durch Null fort und<br />

erhalten T ∗ = (U|T|) ∗ = |T|U ∗ . damit ist auch T ∗ kompakt.<br />

□<br />

Satz 7.1.3 (Spektralsatz für kompakte normale Operatoren)<br />

Sei T ein kompakter normaler Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es existiert eine Folge<br />

λ j ∈ C × , die entweder endlich ist oder gegen Null geht, so dass der Raum H sich<br />

orthogonal zerlegt:<br />

⊕<br />

H = Ker(T) ⊕ Eig(T, λ j ).<br />

Jeder Eigenraum Eig(T, λ j ) = {v ∈ H : Tv = λ j v} ist endlich-dimensional und die<br />

Eigenräume sind paarweise orthogonal.<br />

j


FUNKTIONALANALYSIS 86<br />

Beweis: Wir zeigen zunächst, dass ein gegebener kompakter normaler Operator T 0<br />

einen Eigenwert λ 0 besitzt. Wir zeigen zunächst, dass es ausreicht, T als<br />

selbstadjungiert anzunehmen, wir nehmen also vorübergehend an, die Behauptung<br />

für selbstadjungierte Operatoren gezeigt zu haben. Es ist<br />

T = 1(T + 2 T∗ ) − i (iT + 2 (iT)∗ ) = T 1 + iT 2 eine Linearkombination von zwei<br />

kommutierenden selbstadjungierten Operatoren. Ist T 2 = 0, dann ist T<br />

selbstadjungiert und wir sind fertig. Andernfalls hat T 2 einen Eigenwert ν ∈ R {0}.<br />

Der entsprechende Eigenraum wird von T 1 in sich überführt, also ist T 1 ein<br />

selbstadjungierter kompakter Operator auf diesem Eigenraum, hat dort also einen<br />

Eigenwert µ ∈ R. Dann ist α = µ + iν ein nichtverschwindender Eigenwert von T.<br />

Es bleibt zu zeigen, dass ein selbstadjungierter Operator T 0 einen Eigenwert λ 0<br />

hat.<br />

Lemma 7.1.4 (a) Für einen beschränkten Operator T auf einem Hilbert-Raum H gilt<br />

sup{〈Tv, w〉 : ||v|| = ||w|| = 1} = ||T||.<br />

(b) Ist T überdies selbstadjungiert, dann ist sogar sup{| 〈Tv, v〉 | : ||v|| = 1} = ||T|| .<br />

Beweis: (a) Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt<br />

| 〈Tv, w〉 | ≤ ||Tv|| ||w|| ≤ ||T|| ||v|| ||w|| = ||T||. Damit folgt “≤”. Für die Umkehrung sei T 0<br />

und ||T|| > ε > 0. Wähle ein v ∈ H mit ||v|| = 1 und ||Tv|| > ||T|| − ε. Sei w = 1 Tv. dann<br />

||Tv||<br />

hat auch w die Norm 1 und es ist<br />

〈Tv, w〉 =<br />

〈Tv, Tv〉<br />

||Tv||<br />

= ||Tv|| > ||T|| − ε.<br />

Damit ist das Supremum über alle v und w stets > ||T|| − ε und da ε beliebig ist, folgt<br />

”≥”.<br />

(b) Sei C die linke Seite der behaupteten Gleichung. Nach der Cauchy-Schwarz


FUNKTIONALANALYSIS 87<br />

Ungleichung ist C ≤ ||T||. Andererseits für v, w ∈ H mit ||v|| , ||w|| ≤ 1 ist<br />

C ≥ 1 2 C(||v||2 + ||w|| 2 ) = 1 4 C(||v + w||2 + ||v − w|| 2 )<br />

≥ 1 | 〈T(v + w), v + w〉 | + | 〈T(v − w), v − w〉 | (Definition von C)<br />

4<br />

≥ 1 | 〈T(v + w), v + w〉 − 〈T(v − w), v − w〉 |<br />

4<br />

= 1 2 | 〈Tv, w〉 + 〈Tw, v〉 | = 1 | 〈Tv, w〉 + 〈w, Tv〉 |<br />

2<br />

= | Re 〈Tv, w〉 |.<br />

Indem wir v durch θv für ein θ ∈ C mit |θ| = 1 ersetzen, erhalten wir C ≥ | 〈Tv, w〉 |für<br />

alle ||v|| , ||w|| ≤ 1 und also C ≥ ||T|| nach Teil (a).<br />

□<br />

Wir setzen den Beweis fort, dass ein kompakter selbstadjungierter Operator T 0<br />

einen Eigenwert λ 0 besitzt. Wir zeigen sogar, dass ‖T‖ oder −‖T‖ ein Eigenwert ist.<br />

Nach dem Lemma existiert eine Folge (v j ) j in H mit ∣ ∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣ ∣ ∣∣ ∣∣∣ 〈 〉∣ ∣∣∣ = 1 und ||T|| = limj Tvj , v j .<br />

Da T kompakt ist, hat Tv j eine normkonvergente Teilfolge. Wir gehen zu dieser über<br />

und nehmen an, dass Tv j → u in der Norm konvergiert. Sei A j der schwache<br />

Abschluss von {v i : i ≥ j} in H. Da die Einheitskugel schwach kompakt ist, und die<br />

Familie (A j ) die endliche Schnitteigenschaft hat, gibt es ein v, das in allen A j liegt.<br />

Dann liegt Tv in allen TA j . Da die Folge Tv j in der Norm gegen u konvergiert,<br />

konvergiert sie auch schwach gegen u und damit folgt Tv = u. Indem wir ggf T durch<br />

−T ersetzen, nehmen wir an 〈Tv, v〉 = ||T||. Es folgt<br />

||Tv − ||T|| v|| 2 = ||Tv|| 2 − 2 Re 〈Tv, ||T|| v〉 + ||T|| 2 ||v|| 2<br />

= ||T|| 2 − 2 ||T|| 2 + ||T|| 2 = 0.<br />

Wir haben also Tv = ||T|| v.<br />

Insgesamt haben wir jetzt gezeigt, dass jeder kompakte normale Operator T 0 einen<br />

Eigenwert λ 0 hat. Sei U ⊂ V der Abschluss der Summe aller Eigenräume von T, die<br />

Eigenwerte 0 haben. Nach Satz 5.4.3 ist jeder Eigenvektor von T auch ein<br />

Eigenvektor von T ∗ . also ist U stabil unter T und T ∗ . Das orthogonale Komplement U ⊥<br />

ist dann ebenfalls stabil unter T und T ∗ . Der Operator T induziert einen kompakten<br />

normalen Operator auf U ⊥ . Dieser kann keinen Eigenwert 0 haben, muss also der<br />

Nulloperator sein. Also ist U ⊥ der Kern von T. Wir haben damit gezeigt, dass H die<br />

direkte Summe von T-Eigenräumen ist.


FUNKTIONALANALYSIS 88<br />

Es bleibt zu zeigen, dass jeder Eigenraum Eig(T, λ) mit λ 0 endlich-dimensional ist<br />

und dass sich die Eigenwerte nicht in C × häufen können. Für λ 0 induziert 1 λ T einen<br />

kompakten Operator auf Eig(T, λ), also ist auf diesem Raum die Identität ein<br />

kompakter Operator, das bedeutet, dass der abgeschlossene Einheitsball ¯B 1 (0)<br />

norm-kompakt ist, damit ist Eig(T, λ) endlich-dimensional nach Satz 3.1.1.<br />

Häufen sich schliesslich die Eigenwerte in einem µ 0, so gibt es ein ε > 0 und<br />

unendlich viele Eigenwerte λ mit |α| ≥ ε. Ersetzen wir T durch 1 T, können wir<br />

ε<br />

annehmen, T habe unendlich viele Eigenwerte |λ| ≥ 1. Sei U der Abschluss der<br />

Summe all dieser Eigenräume. Für u ∈ U gilt ||Tu|| ≥ ||U||. Damit erhalten wir wieder,<br />

dass der abgeschlossene Einheitsball in U kompakt ist, ein Widerspruch. Der Satz ist<br />

bewiesen.<br />

Korollar 7.1.5 (Umformulierung des Spektralsatzes) Sei T ein kompakter Operator auf<br />

einem Hilbert-Raum H. Seien λ j die Eigenwerte wie im Satz und sei P j die<br />

Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ j ), dann gilt<br />

∑<br />

T = λ j P j ,<br />

j<br />

wobei die Reihe in der Operatornorm konvergiert. Ist umgekehrt λ j eine beliebige Nullfolge in<br />

C × und ist (P j ) eine beliebige Folge von paarweise orthogonalen Orthoprojektionen mit<br />

endlich-dimensionalen Bildern, dann ist die Reihe ∑ j α j P j normkonvergent gegen einen<br />

kompakten Operator.<br />

□<br />

Beweis: Klar.<br />

□<br />

Korollar 7.1.6 (Noch eine Umformulierung) Sei T : H → H ein normaler kompakter<br />

Operator. Dann hat H eine Orthonormalbasis (φ j ) j∈I bestehend aus Eigenvektoren von T, d.h.<br />

für jedes j existiert ein λ j ∈ C mit Tφ j = λ j φ j .<br />

Für jedes T > 0 ist die Menge aller j ∈ J mit |λ j | > T endlich.<br />

Beweis: Klar.<br />

□<br />

Satz 7.1.7 Ein stetige Operator T auf einem Hilbert-Raum H ist genau dann kompakt,<br />

wenn es eine Folge F n von stetigen Operatoren von endlichem Rang gibt, so dass<br />

||T − F n || op gegen Null geht, wenn n → ∞.


FUNKTIONALANALYSIS 89<br />

Beweis: Sei T kompakt. Wir schreiben T = S + iR mit selbstadjungierten Operatoren<br />

S = 1 2 (T + T∗ ) und R = 1 2i (T − T∗ ). Mit T ist auch T ∗ kompakt und damit sind R und S<br />

kompakt. Wenn wir R und S durch Operatoren von endlichem Rang approximieren<br />

können, dann auch T. Es reicht also, T als selbstadjungiert anzunehmen. Dann saht<br />

aber der Spektralsatz, dass<br />

∑<br />

T = λ j P j ,<br />

mit einer Nullfolge (λ j und Projektionen P j von endlichem Rang gilt. Sei<br />

F n = ∑ n<br />

j=1 λ j P j . dann folgt<br />

j<br />

||F n − T|| = max{|λ j | : j > n} → 0.<br />

Damit ist T ein Limes von Operatoren von endlichem Rang.<br />

Für die Umkehrung sei v j eine beschränkte Folge und sei T der Norm-Limes einer<br />

Folge F n von stetigen Operatoren von endlichem Rang. Wir können ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣vj<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ , ||T|| ≤ 1<br />

annehmen. Dann hat v j eine Teilfolge v 1 j<br />

so dass F 1 (v 1 j ) konvergiert. Dann hat v1 j<br />

eine<br />

Teilfolge v 2 so dass F<br />

j 2 (v 2) konvergiert und so weiter. Sei w j j = v j . Für jedes n ∈ N<br />

j<br />

konvergiert die Folge (F n (w j )) j∈N . Da T der Norm-Limes der F n ist, konvergiert die<br />

Folge Tw j ebenfalls.<br />

□<br />

Beispiel 7.1.8 (Spektralzerlegung eines Operatorkerns) Sei k ∈ l 2 (N × N). Wir haben<br />

bereits festgestellt, dass der Operator T k mit Kern k kompakt ist. Ferner wissen wir<br />

T ∗ = T k k ∗, wobei k∗ (n, m) = k(m, n). Nehmen wir nun an, dass T k selbstadjungiert ist.<br />

Dies ist genau dann der Fall wenn k = k ∗ gilt. Nach dem Spektralsatz existiert dann<br />

eine ONB aus Eigenvektoren (φ j ) j∈J . Wir behaupten nun, dass gilt<br />

∑<br />

k(n, m) = λ j φ j (n)φ j (m),<br />

j∈J<br />

wobei die Summe in l 2 (N × N) (also insbesondere punktweise) konvergiert.<br />

Beweis: Wir zeigen zunächst dass (φ i φ j ) (i,j)∈J 2 eine ONB von l 2 (N × N) ist. Es gilt<br />

〈 〉 ∑<br />

φi φ j , φ µ φ ν = φ i (n)φ j (m)φ µ (n)φ ν (m)<br />

n,m<br />

⎛<br />

⎞ ⎛<br />

⎞<br />

∑<br />

∑<br />

= ⎜⎝ φ i (n)φ µ (n) ⎟⎠ ⎜⎝ φ j (m)φ ν (m) ⎟⎠<br />

n<br />

m<br />

= 〈 φ i , φ µ<br />

〉 〈<br />

φν , φ j<br />

〉<br />

= δi,µ δ ν,j = δ (i,j),(µ,ν) .


FUNKTIONALANALYSIS 90<br />

Damit ist es ein Orthonormalsystem. Um die Vollständigkeit zu zeigen sei<br />

h ∈ l 2 (N × N) senkrecht auf allen (φ i φ j ). Dann gilt bei absoluter Konvergenz der Reihe,<br />

0 = 〈 ⎛<br />

⎞<br />

〉 ∑<br />

∑ ∑<br />

h, φ i φ j = h(m, n)φ i (m)φ j (n) = ⎜⎝ h(m, n)φ i (m) ⎟⎠ φ j(n).<br />

m,n<br />

n m<br />

Da (φ j ) eine ONB ist, folgt<br />

∑<br />

h(m, n)φ i (m) = 0<br />

m<br />

für jedes n ∈ N, woraus mit derselben Begründung folgt h(m, n) = 0 für alle m, n.<br />

Wir entwickeln k in dieser ONB und erhalten<br />

∑<br />

k(n, m) = c i,j φ i (n)φ j (m),<br />

i,j<br />

wobei<br />

c i,j = 〈 〉 ∑<br />

k, φ i φ j = k(m, n)φ i (m)φ j (n)<br />

m,n<br />

⎛<br />

⎞<br />

∑ ∑<br />

= ⎜⎝ k(m, n)φ j (n) ⎟⎠ φ i(m)<br />

m n<br />

∑ (<br />

= Tk φ j (m) ) ∑<br />

〈 〉<br />

φ i (m) = λ j φ j (m)φ i (m) = λ j φj , φ i = λj δ i,j .<br />

m<br />

m<br />

□<br />

7.2 Hilbert-Schmidt-Operatoren<br />

Sei T ∈ B(H), und sei (e j ) eine Orthonormalbasis von H. Die Hilbert-Schmidt-Norm<br />

||T|| HS von T ist definiert als<br />

||T|| 2 HS<br />

def<br />

=<br />

∑ 〈 〉<br />

Tej , Te j .<br />

j<br />

Diese Zahl ist ≥ 0 und kann den Wert +∞ annehmen. Wir zeigen jetzt, dass diese Zahl<br />

nicht von der Wahl der ONB abhängt.<br />

Zunächst halten wir fest, dass für zwei Vektoren v, w ∈ H und eine beliebige ONB (e j )<br />

gilt<br />

∑ 〈 〉 〈<br />

〈v, w〉 = v, ej ej , w 〉 .<br />

j


FUNKTIONALANALYSIS 91<br />

Sei nun(φ α ) eine zweite ONB. Da wir die Unabhängigkeit noch nicht gezeigt haben,<br />

schreiben wir ||T|| 2 HS (e i) und ||T|| 2 HS (φ α), für die entsprechenden HS-Normen. Wir<br />

rechnen<br />

∑ ∑<br />

||T|| 2 HS (e 〈 〉 〈 〉<br />

j) = Tej , φ α φα , Te j<br />

j<br />

α<br />

∑ ∑ 〈 〉 〈 〉<br />

= ej , T ∗ φ α T ∗ φ α , e j<br />

j<br />

α<br />

∑ ∑ 〈 〉 〈 〉<br />

= ej , T ∗ φ α T ∗ φ α , e j<br />

α j<br />

= ||T ∗ || 2 HS (φ α).<br />

Die Vertauschung ist gerechtfertigt, da alle Summanden positiv sind. Indem wir dies<br />

zunächst für (e j ) = (φ α ) und dann für T ∗ anstelle von T anwenden, erhalten wir<br />

||T|| 2 HS (e j) = ||T ∗ || 2 HS (e j) = ||T|| 2 HS (φ α).<br />

Der Operator T heisst ein Hilbert-Schmidt-Operator, falls<br />

||T|| HS < ∞.<br />

Satz 7.2.1 (a) Die Menge HS aller Hilbert-Schmidt-Operatoren ist ein<br />

Untervektorraum von B(H). Die Vorschrift<br />

∑ 〈 〉<br />

〈S, T〉 HS = Sej , Te j<br />

definiert ein Skalarprodukt auf HS, das nicht von der Wahl der ONB (e j ) abhängt.<br />

Die Abbildung ||.|| HS ist eine Norm auf HS.<br />

(b) Für jeden beschränkten Operator T auf H gilt<br />

j<br />

||T|| ≤ ||T|| HS .<br />

Für jeden unitären Operator U ist ||UT|| HS = ||TU|| HS = ||T|| HS .<br />

(c) Jeder Hilbert-Schmidt-Operator ist kompakt.


FUNKTIONALANALYSIS 92<br />

(d) Sei T ein normaler kompakter Operator und seien λ 1 , λ 2 , . . . die Eigenwerte, wobei<br />

jeder nach seiner Vielfachheit wiederholt wird. Dann ist<br />

∑<br />

|λ j | 2 = ||T|| 2 HS .<br />

j<br />

Das heisst, ein normaler kompakter Operator ist genau dann Hilbert-Schmidt, wenn<br />

seine Eigenwerte eine l 2 -Folge bilden.<br />

Beweis: (a) Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und der Hoelder-Ungleichung<br />

gilt<br />

∑<br />

〉∣<br />

∣ ∣∣∣ ∑<br />

∣〈<br />

Sej , Te j ≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣Sej<br />

∣∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣Tej<br />

∣ ∣∣ ∑ ∣∣ ≤<br />

⎛⎜ ∣ ∣ ⎞ 1 ∣<br />

∣Sej<br />

∣∣ 2<br />

∑ ∣∣ 2<br />

⎝ ⎟⎠<br />

⎛⎜ ∣ ∣ ⎞<br />

∣<br />

∣Tej<br />

∣∣ ∣∣ 2<br />

⎝ ⎟⎠<br />

j<br />

j<br />

j<br />

j<br />

1<br />

2<br />

= ||S|| HS ||T|| HS < ∞,<br />

also konvergiert die Reihe absolut. Für S, T ∈ HS folgt<br />

∞ > | 〈S, S〉 HS + 〈T, T〉 HS + 〈S, T〉 HS + 〈T, S〉 HS | = ||S + T|| HS .<br />

Damit ist auch S + T ∈ HS, die Menge HS also ein Vektorraum. Schließlich ist 〈., .〉 HS<br />

ein Skalarprodukt mit Norm ||.|| HS und die Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7<br />

zeigt, dass 〈., .〉 HS nicht von der Wahl der ONB abhängt. Insbesondere gilt die<br />

Cauchy-Schwarz-Ungleichung und aus dieser erhält man die Dreiecksungleichung<br />

||S + T|| HS ≤ ||S|| HS + ||T|| HS ,<br />

so dass ||.|| HS wirklich eine Norm ist.<br />

(b) Sei v ∈ H mit ||v|| = 1. Dann existiert eine ONB (e j ) mit e 1 = v. Es folgt<br />

∑<br />

||Tv|| 2 = ||Te 1 || 2<br />

≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣Tej<br />

∣∣ ∣∣ 2<br />

= ||T||<br />

2<br />

Da mit (e j ) auch (Ue j ) eine ONB ist, folgt der Rest.<br />

(c) Sei T ein HS-Operator und sei (e j ) j∈N eine orthonormale Folge. Dann konvergiert<br />

die Reihe ∑ ∞<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣Tej<br />

∣∣ ∣∣ 2<br />

, also konvergiert die Folge Tej gegen Null. Damit ist T kompakt.<br />

j=1<br />

j<br />

HS .


FUNKTIONALANALYSIS 93<br />

(d) Es existiert eine ONB (e j ), die aus Eigenvektoren besteht, also Te j = λ j e j . Dann ist<br />

∑ ∑ 〈 〉<br />

|λ j | 2 = Tej , Te j . □<br />

j<br />

j<br />

Beispiel 7.2.2 Sei µ ein σ-endliches Maß auf einer σ-Algebra auf einer Menge X.<br />

Betrachte den Hilbert-Raum L 2 (X). Sei k eine Funktion in L 2 (X × X). Wir nennen k<br />

einen L 2 -Kern.<br />

Sei k(x, y) ein L 2 -Kern auf X. Für ϕ ∈ L 2 (X) definiere<br />

Kϕ(x)<br />

def<br />

=<br />

∫<br />

X<br />

k(x, y)ϕ(y) dµ(y).<br />

Dann existiert dieses Integral fast überall in x. Die Funktion Kϕ liegt in L 2 (X) und K<br />

definiert einen Hilbert-Schmidt-Operator K : L 2 (X) → L 2 (X) mit<br />

||K|| 2 HS = ∫<br />

X<br />

∫<br />

X<br />

|k(x, y)| 2 dµ(x) dµ(y).<br />

Beweis: Um die Existenz des Integrals zu zeigen, sei ψ ein beliebiges Element von<br />

L 2 (X). Dann liegt die Abbildung (x, y) ↦→ ψ(x)ϕ(y) in L 2 (X × X) und daher ist die<br />

Funktion (x, y) → k(x, y)ϕ(y)ψ(x) integrierbar über X × X. Nach dem Satz von Fubini<br />

folgt, dass<br />

∫<br />

X<br />

∫<br />

ψ(x)k(x, y)ϕ(y) dy = ψ(x) k(x, y)ϕ(y) dy<br />

X<br />

für fast alle x ∈ X existiert. Da ψ beliebig ist, folgt die behauptete Existenz des<br />

Integrals.<br />

Mit der Cauchy-Schwarz-Ungleichung schätzen wir ab<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣Kϕ<br />

∣∣ ∫<br />

∣∣ 2<br />

=<br />

∫<br />

≤<br />

∫<br />

=<br />

X<br />

X<br />

X<br />

∫<br />

∫<br />

|Kϕ(x)| 2 dx =<br />

∣ k(x, y)ϕ(y) dy<br />

∣<br />

X X<br />

∫<br />

∫<br />

|k(x, y)| 2 dx dy |ϕ(y)| 2 dy<br />

X<br />

X<br />

∫<br />

|k(x, y)| 2 dx dy ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />

∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />

.<br />

X<br />

2<br />

dx<br />

Also definiert K einen stetigen Operator auf L 2 (X). Sei (e j ) eine ONB von L 2 (X). Dann


FUNKTIONALANALYSIS 94<br />

gilt<br />

∑<br />

||K|| 2 HS = 〈 〉 ∑ ∫<br />

Kej , Ke j = Ke j (x)Ke j (x) dx<br />

j<br />

∑ ∫<br />

=<br />

j<br />

∑ ∫<br />

=<br />

j<br />

∫<br />

=<br />

∫<br />

=<br />

X<br />

X<br />

X<br />

∫<br />

j X<br />

∫<br />

k(x, y)e j (y) dy<br />

X<br />

X<br />

〈<br />

k(x, .), ej<br />

〉 〈<br />

ej , k(x, .) 〉 dx<br />

∑ 〈 〉 〈<br />

k(x, .), ej ej , k(x, .) 〉 dx<br />

j<br />

∫<br />

〈k(x, .), k(x, .)〉 dx =<br />

X<br />

X X<br />

k(x, y)e j (y) dy dx<br />

∫<br />

|k(x, y)| 2 dx dy.<br />

□<br />

7.3 Spurklasse-Operatoren<br />

Definition 7.3.1 Sei T ein kompakter Operator. Nach Lemma 7.1.2 ist |T| = √ T ∗ T<br />

ebenfalls kompakt. Sei s 1 (T) ≥ s 2 (T) ≥ . . . die (möglicherweise endliche) Folge der<br />

nichtverschwindenden Eigenwerte des positiven Operators |T|, wobei jeder Eigenwert<br />

nach Vielfachheit wiederholt auftritt. Die s j = s j (T) werden die singulären Werte von<br />

T genannt.<br />

Ein kompakter Operator heisst Spurklasse-Operator, wenn gilt<br />

||T|| Sp<br />

def<br />

=<br />

∑<br />

s j (T) < ∞.<br />

j<br />

Die Zahl ||T|| Sp ∈ [0, ∞] heisst Spur-Norm von T. Jeder Spurklasse-Operator ist<br />

Hilbert-Schmidt.<br />

Satz 7.3.2 (a) Ist T von Spurklasse und S stetig, so sind die Normen ||ST|| Sp , ||TS|| Sp beide<br />

≤ ||S|| ||T|| Sp .<br />

(b) Für einen kompakten Operator T gilt<br />

∑<br />

||T|| Sp = sup | 〈Te i , h i 〉 |,<br />

(e i ),(h i )<br />

wobei das Supremum über alle ONBs (e i ) und (h i ) läuft.<br />

i


FUNKTIONALANALYSIS 95<br />

(c) Die Menge der Spurklassen-Operatoren ist ein Untervektorraum von B(H) und ||.|| Sp<br />

ist eine Norm.<br />

(d) Für einen kompakten Operator T mit singulären werten (s j ) gilt ∑ j s 2 = ||T|| 2 j HS und<br />

daher ist T genau dann Hilbert-Schmidt, wenn ∑ j s 2 < ∞ ist.<br />

j<br />

(e) T ist genau dann Spurklasse, wenn ∑ j s j < ∞.<br />

(f) T ist genau dann Spurklasse, wenn es zwei Hilbert-Schmidt Operatoren S 1 , S 2 gibt so<br />

dass T = S 1 S 2 .<br />

(g) Für jeden Operator T auf H gilt<br />

||T|| ≤ ||T|| HS ≤ ||T|| Sp .<br />

Beweis: (a) Sei T ein kompakter Operator. Da die singulären werte s j die Eigenwerte<br />

des Operators |T| sind und da stets gilt ||Tv|| = |||T|v||, gilt s 1 (T) = ||T|| und<br />

s j+1 (T) =<br />

inf sup{||Tw|| : w ⊥ v 1, . . . , v j , ||w|| = 1}.<br />

v 1 ,...,v j ∈H<br />

Hieraus folgt sofort, dass für jeden beschränkten Operator S auf H gilt<br />

s j (ST) ≤ ||S|| s j (T) und damit folgt die Ungleichung ||ST|| Sp ≤ ||S|| ||T|| Sp Die Ungleichung<br />

||TS|| Sp ≤ ||S|| ||T|| Sp aus ||T|| = ||T ∗ || und ||T|| Sp = ||T ∗ || Sp .<br />

(b) Wir brauchen ein Lemma.<br />

Lemma 7.3.3 Sei T ein kompakter Operator auf H und seien (s j ) seine singulären Werte. Es<br />

gibt orthonormale Folgen ( f j ), (g j ) von H, so dass für jedes v ∈ H gilt<br />

∑ 〈 〉<br />

Tv = s j v, fj gj .<br />

j<br />

Beweis: Da |T| selbstadjungiert ist, gibt es eine orthonormale Folge ( f j ) mit |T| f j = s j f j .<br />

Da die ( f j ) dann eine ONB von Bild(|T|) sind, gilt für jedes v ∈ H, dass<br />

|T|v = ∑ 〈 〉<br />

j |T|v, fj fj = ∑ 〈 〉<br />

j s j v, fj fj und damit<br />

⎛<br />

∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉<br />

Tv = U|T|v = U s ⎜⎝ j v, fj fj<br />

⎞⎟ = s ⎠ j v, fj U fj .<br />

j<br />

j


FUNKTIONALANALYSIS 96<br />

Setze nun g j = U f j und das Lemma ist bewiesen.<br />

□<br />

Nun beweisen wir (b): Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt für je zwei ONBs<br />

e, h,<br />

∑<br />

∑<br />

∑<br />

〈 〉 〈 〉 ∣ ∣∣∣∣∣<br />

| 〈Te i , h i 〉 | =<br />

s j ei , f j gj , h i<br />

∣<br />

i<br />

i j<br />

∑ ∑<br />

〉 〈 〉∣<br />

≤ s j<br />

∣<br />

∣∣∣<br />

∣〈<br />

ei , f j gj , h i<br />

j i<br />

∑ ∑<br />

≤ s j<br />

⎛⎜ ⎝ | 〈 ⎞ 1<br />

〉 2 ∑<br />

e i , f j |<br />

2<br />

⎟⎠<br />

⎛⎜ ⎝ | 〈 ⎞<br />

〉<br />

g j , h i |<br />

2<br />

⎟⎠<br />

j<br />

i<br />

∑ ∣ ∣∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣gj<br />

∣ ∣∣ ∑ ∣∣<br />

= s j fj = s j .<br />

j<br />

j<br />

Damit folgt der ≥-Teil der Aussage. Die andere Richtung folgt, indem man für e eine<br />

ONB wählt, die die Folge f enthält und für h eine ONB, die die Folge g enthält, dann<br />

ist ∑ i | 〈Te i , h i 〉 | = ∑ j s j .<br />

(c) Der einzige kitzlige Teil ist die Dreiecksungleichung, die aber mit Teil (b) klar ist.<br />

(d) Für eine beliebige ONB gilt<br />

∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉<br />

Tej , Te j = T ∗ Te j , e j = |T| 2 e j , e j = |T|ej , |T|e j .<br />

i<br />

1<br />

2<br />

j<br />

j<br />

j<br />

j<br />

Benutzen wir nun eine ONB ( f j ) bestehend aus Eigenvektoren von |T|, so folgt die<br />

Behauptung.<br />

(e) ist Definition und für (f) sei T Spurklasse und sei T = U|T| die Polarzerlegung von<br />

T. Nach dem Spektralsatz ist das Bild des Operators S 2 = √ |T| gleich dem Bild von|T|<br />

und deshalb können wir den Operator S 1 = U √ |T| definieren. Die Operatoren S 1 und<br />

S 2 sind Hilbert-Schmidt Operatoren und es gilt T = S 1 S 2 .<br />

Für die umgekehrte Richtung müssen wir zeigen, dass für je zwei<br />

Hilbert-Schmidt-Operatoren S und T der Operator TS von Spurklasse ist. Nun hat S ∗<br />

dieselben singulären Werte und es folgt, dass S ∗ S ein Spurklasse Operator ist. Wir<br />

betrachten die sesquilineare Abbildung b : B(H) × B(H) → B(H) gegeben durch<br />

b(S, T) = T ∗ S.


FUNKTIONALANALYSIS 97<br />

Nach der Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7 gilt<br />

b(S, T) = 1 [D(S + T) − D(S − T) + iD(S + iT) − iD(S − iT)] ,<br />

4<br />

wobei D(S) = S ∗ S ist. Die rechte Seite besteht nur aus Spurklasse-Operatoren, also ist<br />

die linke Seite, also T ∗ S ebenfalls Spurklasse. Ersetze nun T durch T ∗ , so folgt (f).<br />

(g) Die erste Abschätzung kommt schon in Satz 7.2.1 vor und die zweite ist die<br />

Abschätzung ||.|| 2 ≤ ||.|| 1 zwischen der l 2 und der l 1 -Norm.<br />

□<br />

Satz 7.3.4 Sei T ein Spurklasse-Operator. Die Spur<br />

Sp(T)<br />

def<br />

=<br />

∑ 〈 〉<br />

Tej , e j<br />

j<br />

hängt nicht von der Wahl der ONB (e j ) ab. Ist T Spurklasse und normal, dann gilt<br />

∑<br />

Sp(T) = λ n dim Eig(T, λ n ),<br />

wobei die Summe über die nichtverschwindenden Eigenwerte λ n läuft.<br />

n<br />

Beweis: Wir wählen zwei Hilbert-Schmidt Operatoren R und S mit T = RS. Dann ist<br />

∑ ∑<br />

〈Te i , e i 〉 = 〈Re i , S ∗ e i 〉 .<br />

i<br />

i<br />

Dies ist gerade das Hilbert-Schmidt Skalarprodukt 〈R, S〉 HS und hängt nach<br />

Proposition 7.2.1 nicht von der ONB ab. Für die zweite Aussage wähle eine ONB, die<br />

aus Eigenvektoren besteht.<br />

□<br />

Sei T kompakt und sei s j die Folge seiner singulären Werte. Es gilt<br />

T ist Spurklasse<br />

<br />

T ist Hilbert-Schmidt<br />

<br />

(s j ) ∈ l 1 (s j ) ∈ l 2 .<br />

Proposition 7.3.5 Sei SP = SP(H) die Menge der Spurklasse-Operatoren auf einem<br />

gegebenen Hilbert-Raum H und K die Menge der kompakten Operatoren, dann sind


FUNKTIONALANALYSIS 98<br />

K, HS, SP Ideale in der Algebra B(H). Es gilt<br />

K ⊃ HS ⊃ HS 2 = SP.<br />

Beweis: Diese Proposition fasst nur einige Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen. □


FUNKTIONALANALYSIS 99<br />

8 Der Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren<br />

8.1 Spektralmaße<br />

Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A die Borel-σ-Algebra auf X und sei H<br />

ein Hilbert-Raum. Ein Spektralmaß ist ein Abbildung µ : A → B(H) mit folgenden<br />

Eigenschaften:<br />

(a) µ(∅) = 0 und µ(X) = Id.<br />

(b) Jedes µ(A) ist eine Orthogonalprojektion.<br />

(c) µ(A ∩ B) = µ(A)µ(B).<br />

(d) Ist A ∩ B = ∅, dann gilt µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B).<br />

(e) Für all v, w ∈ H ist die Funktion<br />

µ v,w (A) = 〈 µ(A)v, w 〉<br />

ein C-wertiges Radon-Maß auf Ω.<br />

Erste Eigenschaften<br />

• Für jedes v ∈ H gilt<br />

µ v,v (A) = 〈 µ(A)v, v 〉 = 〈 µ(A)v, µ(A)v 〉 = ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣µ(A)v<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ 2<br />

,<br />

so dass µ v,v ein positives Radon-Maß ist mit<br />

µ v,v (Ω) = ||v|| 2 .<br />

• Je zwei Projektionen µ(A) und µ(B) kommutieren miteinander.<br />

• Ist A ∩ B = ∅, so stehen die Bilder von µ(A) und µ(B) senkrecht aufeinander, d.h.<br />

es gilt µ(A)µ(B) = 0.<br />

Beispiele 8.1.1<br />

• Sei T : H → H ein selbstadjungierter Operator auf dem<br />

endlich-dimensionalen Hilbert-Raum H. Auf der Borel-σ-Algebra von C


FUNKTIONALANALYSIS 100<br />

definieren wir<br />

∑<br />

µ(A) = Pr λ ,<br />

wobei Pr λ die Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ) ist. Da<br />

verschiedene Eigenräume von T senkrecht aufeinander stehen, ist µ ein<br />

Spektralmaß.<br />

• Sei H = L 2 (R) und für jede messbare Teilmenge A ⊂ R sei µ(A) : H → H gegeben<br />

durch<br />

µ(A)(ϕ) = 1 A ϕ.<br />

Dann ist µ ein Spektralmaß.<br />

Proposition 8.1.2 Ist µ ein Spektralmaß, dann ist für jedes v ∈ H die Abbildung<br />

λ∈A<br />

A ↦→ µ(A)v<br />

ein abzählbar additives, H-wertiges Maß auf Ω. Mit anderen Worten, µ : A → B(H) ist<br />

σ-additiv, wenn wir B(H) mit der starken Topologie versehen.<br />

Man beachte, dass µ als Abbildung von A nach B(H) im Allgemeinen nicht σ-Additiv<br />

ist, wenn B(H) die Normtopologie trägt!<br />

Beweis: Nur die σ-Additivität ist zu zeigen. Seien also A 1 , A 2 , . . . paarweise disjunkte<br />

messbare Mengen und A = ⋃ j A j . Nach Voraussetzung ist für jedes w ∈ H,<br />

∞∑ 〈<br />

µ(Aj )v, w 〉 = 〈 µ(A)v, w 〉 .<br />

j=1<br />

Sei v j = µ(A j )v. Da die A j paarweise disjunkt sind, sind die v j paarweise orthogonal.<br />

Da<br />

∑<br />

∣ ∣ ∣<br />

∣vj<br />

∣∣ ∑ ∣∣ 2 = ∣ ∣ ∣µ(Aj )v ∣ ∑<br />

∣<br />

∣∣ 2<br />

〈<br />

= µ(Aj )v, µ(A j )v 〉<br />

j<br />

j<br />

j<br />

∑ 〈<br />

= µ(Aj )v, v 〉 ∑<br />

= µ v,v (A j ) = µ v,v (A) ≤ µ v,v (X) = ||v|| 2 < ∞<br />

j<br />

j<br />

konvergiert die Reihe ∑ j v j in der Norm gemäss Satz 4.2.11.<br />

□<br />

Beispiel 8.1.3 Ein Beispiel, dass ein Spektralmass als Abbildung nach B(H) nicht<br />

σ-additiv ist: Sei H = L 2 (R) und µ(A)(ϕ) = 1 A ϕ. Sei A j = (j, j + 1) für j ∈ N und sei


FUNKTIONALANALYSIS 101<br />

A = ⋃ j A j . Dann konvergiert die Summe ∑ j µ(A j ) stark gegen µ(A) wie wir in der<br />

Proposition gezeigt haben. Sie konvergiert allerdings nicht in der Norm, denn<br />

µ(A) −<br />

ist eine Projektion 0, hat also stets Norm 1.<br />

⎛<br />

N∑ ⋃<br />

µ(A j ) = µ A ⎜⎝ j<br />

⎞⎟ ⎠<br />

j=1<br />

j>N<br />

Lemma 8.1.4 Sei µ ein Spektralmaß und seien A 1 , A 2 , · · · ∈ A mit µ(A j ) = 0 für jedes j. Sei<br />

A = ⋃ j A j . Dann ist µ(A) = 0.<br />

Beweis: Für v ∈ H gilt µ v,v (A j ) = 0 und daher 0 = µ v,v (A) = 〈 µ(A)v, v 〉 . Daher ist die<br />

Projektion µ(A) gleich Null.<br />

□<br />

8.2 Der Spektralsatz<br />

Satz 8.2.1 Sein T ein selbstadjungierter stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H.<br />

Dann existiert ein eindeutig bestimmtes Spektralmaß µ auf der Borel-σ-Algebra von<br />

σ(T) ⊂ C so dass<br />

∫<br />

f (T) =<br />

σ(T)<br />

f (t) dµ(t)<br />

für jedes f ∈ C(σ(T)). Ferner gilt: Jede Projektion µ(A) kommutiert mit jedem S ∈ B(H),<br />

welches mit T kommutiert. Insbesondere folgt also die Spektraldarstellung von T:<br />

∫<br />

T = t dµ(t).<br />

σ(T)<br />

Beweis: Die Aussage bedeutet<br />

〈 f (T)v, w<br />

〉 =<br />

∫<br />

σ(T)<br />

f (t) dµ v,w (t)<br />

für alle v, w ∈ H und alle f ∈ C(σ(T)). Da diese Integrale ein Spektralmaß eindeutig<br />

festlegen, folgt die Eindeutigkeit.<br />

Zur Existenz: Die Abbildung f ↦→ 〈 f (T)v, v 〉 ist ein positives lineares Funktional,<br />

definiert nach dem Darstellungssatz von Riesz also ein Radon-Maß µ v,v auf σ(T).


FUNKTIONALANALYSIS 102<br />

Dieses Maß nimmt wegen µ v,v (σ(T)) = ||v|| 2 < ∞ nur endliche Werte an. Aus den<br />

Polarisierungsidentitäten erhält man dann komplexwertige Maße µ v,w , durch<br />

µ v,w = 1 [ ]<br />

µv+w − µ v−w + iµ v+iw − iµ v−iw ,<br />

4<br />

wobei wir abkürzend µ v für µ v,v geschrieben haben. Für die Totalvariation |µ v,w | gilt<br />

|µ v,w | ≤ 1 [ ]<br />

µv+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw .<br />

4<br />

Auf Grund der Polarisierungsidentitäten folgt 〈 f (T)v, w 〉 = ∫ σ(T) f (t) dµ v,w(t) für alle<br />

v, w ∈ H und jedes f ∈ C(σ(T)). Ist f reellwertig, so gilt 〈 f (T)v, w 〉 = 〈 f (T)w, v 〉 und<br />

daher folgt µ w,v = µ v,w .<br />

Ist f nur messbar und beschränkt, etwa | f | ≤ C macht die rechte Seite der Gleichung<br />

immer noch Sinn. Wir behaupten, dass die lineare Abbildung w ↦→ ∫ σ(T) f (t) dµ v,w(t)<br />

stetig ist. Hierzu seien ||w|| = ||v|| = 1. Dann gilt<br />

∫<br />

∣<br />

σ(T)<br />

f (t) dµ v,w (t)<br />

∣<br />

∫σ(T)<br />

≤ | f (t)| d|µ v,w |(t)<br />

≤ 1 ∫<br />

4<br />

≤ 1 ∫<br />

4<br />

| f (t)| d [ ]<br />

µ v+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw<br />

σ(T)<br />

C d [ ]<br />

µ v+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw<br />

σ(T)<br />

= C 4<br />

(〈v + w, v + w〉 + 〈v − w, v − w〉 + 〈v + iw, v + iw〉 + 〈v − iw, v − iw〉)<br />

= C(||v|| 2 + ||w|| 2 ) = 2C.<br />

Also ist diese lineare Abbildung stetig. Daher existiert genau ein Vektor φ( f )v so dass<br />

〈 〉<br />

∫<br />

φ( f )v, w = f (t) dµ v,w (t)<br />

für alle w gilt. Nach der obigen Rechnung ist für ||v|| = ||w|| = 1 schon | 〈 φ( f )v, w 〉 | ≤ 2C,<br />

also gilt für beliebige v, w:<br />

| 〈 φ( f )v, w 〉 | ≤ 2C ||v|| ||w|| .<br />

Die Abbildung v ↦→ φ( f )v ist schnell als linear erkannt. Sie ist auch stetig, denn für<br />

σ(T)


FUNKTIONALANALYSIS 103<br />

w = φ( f )v erhalten wir<br />

also ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣φ( f )v<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ≤ 2C ||v||.<br />

∣ ∣ ∣ ∣φ( f )v<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ 2<br />

= |<br />

〈<br />

φ( f )v, φ( f )v<br />

〉<br />

| ≤ 2C ||v||<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣φ( f )v<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ,<br />

Wir behaupten nun, dass φ( f g) = φ( f )φ(g) für alle beschränkten messbaren<br />

Funktionen f, g auf σ(T) gilt. Hierzu beachte, dass diese Gleichung für f, g ∈ C(σ(T))<br />

richtig ist, also<br />

∫<br />

σ(T)<br />

f (t)g(t) dµ v,w (t) = 〈 φ( f g)v, w 〉 = 〈 φ( f )φ(g)v, w 〉 ∫<br />

=<br />

σ(T)<br />

f (t) dµ g(T)v,w .<br />

Die Gleichheit dieser Integrale bleibt erhalten, wenn f durch eine beschränkte<br />

messbare Funktion ersetzt wird. In diesem Fall schreiben wir dann<br />

∫<br />

f (t)g(t) dµ v,w (t) = 〈 φ( f g)v, w 〉 = 〈 φ(g)v, φ( f ) ∗ w 〉 ∫<br />

= g(t) dµ v,φ( f ) ∗ w.<br />

σ(T)<br />

Jetzt können wir auch g durch eine beschränkte messbare Funktion ersetzen, so dass<br />

wir erhalten<br />

〈<br />

φ( f g)v, w<br />

〉<br />

=<br />

∫<br />

σ(T)<br />

∫<br />

f g dµ v,w =<br />

σ(T)<br />

g dµ v,φ( f ) ∗ w<br />

σ(T)<br />

= 〈 φ(g)v, φ( f ) ∗ w 〉 = 〈 φ( f )φ(g)v, w 〉 .<br />

Die Gleichung φ( f ) ∗ = φ( f ∗ ) vererbt sich ebenfalls von C(σ(T)) auf alle beschränkten<br />

messbaren Funktionen. Wir definieren nun µ(A) = φ(1 A ) für eine messbare Teilmenge<br />

A ⊂ σ(T). Dann ist µ(A) eine Orthogonalprojektion. Die Eigenschaften eines<br />

Spektralmaßes sind erfüllt.<br />

□<br />

Beispiel 8.2.2 Sei H = L 2 ([0, 1]) und T : H → H definiert durch<br />

T(ϕ)(x) = xφ(x).<br />

Dann ist das Spektralmaß µ gegeben durch<br />

µ(A)ϕ(x) = 1 A (x)ϕ(x).<br />

Dass dies ein Spektralmaß ist, haben wir uns schon überlegt. Wir beweisen nun, dass


FUNKTIONALANALYSIS 104<br />

es das Spektralmaß zu T ist, indem wir für ϕ, ψ ∈ H und f ∈ C(σ(T)) = C([0, 1])<br />

rechnen:<br />

〈(∫<br />

) 〉 ∫<br />

f (t) dµ(t) ϕ, ψ = f (t)dµ ϕ,ψ .<br />

[0,1]<br />

[0,1]<br />

Sind ϕ = 1 A und ψ = 1 B für messbare Teilmengen A, B ⊂ [0, 1], dann gilt<br />

µ ϕ,ψ (S) = 〈 µ(S)ϕ, ψ 〉 = 〈1 S 1 A , 1 B 〉 = λ(A ∩ B ∩ S),<br />

wobei λ das Lebesgue-Maß auf [0, 1] ist. Daher ist in diesem Fall<br />

〈(∫<br />

[0,1]<br />

) 〉 ∫<br />

f (t) dµ(t) ϕ, ψ =<br />

A∩B<br />

f (t) dλ(t).<br />

Andererseits ist f (T)ϕ(x) = f (x)ϕ(x) und daher<br />

∫<br />

〈 〉 f (T)ϕ, ψ = f (x) dλ(x).<br />

Da die Funktionen der Form 1 A in L 2 ([0, 1]) einen dichten Teilraum erzeugen, folgt die<br />

Gleichheit<br />

〈(∫<br />

) 〉<br />

f (t) dµ(t) ϕ, ψ = 〈 f (T)ϕ, ψ 〉<br />

[0,1]<br />

allgemein.<br />

□<br />

A∩B


FUNKTIONALANALYSIS 105<br />

9 Topologische Vektorräume<br />

9.1 Netze<br />

Sei I eine Menge. Eine partielle Ordnung auf I ist eine Relation ≤, die<br />

• reflexiv ist: x ≤ x,<br />

• anti-symmetrisch ist: x ≤ y und y ≤ x ⇒ x = y,<br />

• transitiv ist: x ≤ y and y ≤ z ⇒ x ≤ z.<br />

Beispiele 9.1.1 • Die natürliche Ordnung ≤ auf R.<br />

• Sei X eine Menge. Auf der Menge P(X) aller Teilmengen von X gibt es eine<br />

natürliche Ordnung durch Inklusion, also fuer A, B ⊂ X,<br />

A ≤ B ⇔ A ⊂ B.<br />

Eine partiell geordnete Menge (I, ≤) heisst gerichtet, falls je zwei Elemente eine obere<br />

Schranke haben, falls also gilt<br />

x, y ∈ I ⇒ ∃ z∈I : x ≤ z, y ≤ z.<br />

Ist I gerichtet, so hat jede endliche Teilmenge eine obere Schranke.<br />

Definition 9.1.2 Ein Netz in einem topologischen Raum X ist eine Abbildung<br />

α : I → X,<br />

wobei I eine gerichtete Menge ist. Man schreibt die Bilder als α i , i ∈ I, anstelle von α(i).<br />

Beispiel 9.1.3 Jede Folge ist ein Netz.<br />

Wir sagen, ein Netz α konvergiert gegen einen Punkt x ∈ X, falls es zu jeder<br />

Umgebung U von x einen Index i 0 ∈ I gibt so dass<br />

i ≥ i 0 ⇒ α i ∈ U.


FUNKTIONALANALYSIS 106<br />

In dem Fall einer Folge, also I = N, stimmt dies mit der Definition der Konvergenz<br />

einer Folge überein.<br />

A priori kann ein Netz gegen mehrere Punkte konvergieren. Der Extremfall ist die<br />

triviale Topologie in der jedes netz gegen jeden Punkt konvergiert. Die Eindeutigkeit<br />

der Limiten ist äquivalent zur Hausdorff-Eigenschaft.<br />

Proposition 9.1.4 Ein topologischer Raum X ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn<br />

Limiten eindeutig sind, d.h., wenn jedes Netz höchstens einen Grenzwert hat.<br />

Beweis: Sei X hausdorffsch und sei (x i ) ein konvergentes Netz. Nimm an, es<br />

konvergiert gegen x und y mit x y. Wegen der Hausdorff-Eigenschaft gibt es offene<br />

Mengen U ∋ x und V ∋ y so dass U ∩ V = ∅. Da (x i ) gegen x und y konvergiert, gibt es<br />

einen Index i so dass x i ∈ U und x i ∈ V, ein Widerspruch!Also ist der Limes eines<br />

Netzes in der Tat eindeutig bestimmt.<br />

Fuer die Rückrichtung nimm an, dass Limiten eindeutig sind. Wir zeigen, dass der<br />

Raum hausdorffsch ist. Seien also x y in X. Sei S die Menge aller Paare (U, V) so dass<br />

U, V offene Teilmengen von X sind mit U ∋ x und V ∋ y. Die Menge S wird partiell<br />

geordnet durch umgekehrte Inklusion, d.h.,<br />

(U, V) ≤ (U ′ , V ′ ) ⇔ U ⊃ U ′ und V ⊃ V ′ .<br />

Die Menge S ist gerichtet, da man Schnitte nehmen kann. Wir zeigen die<br />

Hausdorff-Eigenschaft durch Widerspruch, indem wir also annehmen, dass<br />

U ∩ V ∅ fuer jedes (U, V) ∈ S. Fuer jedes (U, V) ∈ S wähle ein Element z UV in U ∩ V.<br />

Dann ist z UV ein Netz mit Indexmenge S. Da z UV sowohl in U als auch in V liegt,<br />

konvergiert dieses Netz gegen x und gegen y. Wegen der Eindeutigkeit der Limiten ist<br />

x = y, ein Widerspruch!<br />

□<br />

Eine Abbildung ϕ : J → I zwischen zwei gerichteten Mengen heisst streng cofinal,<br />

falls es zu jedem i 0 ∈ I ein j 0 ∈ J gibt, so dass fuer jedes j ≥ j 0 gilt ϕ(j) ≥ i 0 . Das<br />

bedeutet, dass die Abbildung ϕ nicht monoton zu sein braucht, sie kann vor und<br />

zurückspringen, aber sie soll ”im Wesentlichen” monoton sein und die Zielmenge I<br />

”ausschöpfen”.<br />

Definition 9.1.5 Sei α : I → X ein Netz. EinTeilnetz ist ein Netz β : J → X zusammen


FUNKTIONALANALYSIS 107<br />

mit einer Faktorisierung<br />

J<br />

ϕ<br />

I<br />

so dass die Abbildung ϕ streng cofinal ist.<br />

β<br />

α<br />

<br />

X<br />

Mit anderen Worten, Teilnetze werden gegeben durch streng cofinale Abbildungen in<br />

die Indexmenge I.<br />

Konvergiert α gegen x ∈ X, dann konvergiert jedes Teilnetz ebenfalls gegen x ∈ X.<br />

Proposition 9.1.6 Sei X ein topologischer Raum und sei A ⊂ X. Der Abschluss Ā ist gleich<br />

der Menge aller Limiten von Netzen in A.<br />

Mit anderen Worten, ein Punkt x ∈ X liegt genau dann in Ā , wenn es ein Netz (α i ) i∈I gibt mit<br />

α i ∈ A, fuer alle i ∈ I, welches in X gegen x konvergiert.<br />

Beweis: Der Abschluss Ā ist die Menge aller x ∈ X so dass A ∩ U ∅ fuer jede<br />

Umgebung von x gilt. Sei also x ∈ Ā und U eine Umgebung von x. Dann ist A ∩ U<br />

nichtleer. Wähle ein Element α U in A ∩ U. Sei I die Menge aller Umgebungen U von x.<br />

Versieh I mit der partiellen Ordnung:<br />

U ≤ U ′ ⇔ U ⊃ U ′ .<br />

Dann ist der Schnitt zweier Umgebungen eine obere Schranke fuer beide, also ist die<br />

Menge I gerichtet. Das Netz (α U ) U∈I konvergiert nach Konstruktion gegen x.<br />

Fuer die andere Richtung sei x ∈ X und α i ∈ A, i ∈ I ein Netz, das gegen x konvergiert.<br />

Sei U eine Umgebung von x. Dann existiert ein i ∈ I mit α i ∈ U, also ist U ∩ A ∅. Da<br />

U beliebig ist, folgt x ∈ Ā.<br />

□<br />

Proposition 9.1.7 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen ist genau<br />

dann stetig, wenn fuer jedes Netz (x j ) in X, das konvergiert, das Bildnetz f (x j ) ebenfalls<br />

konvergiert. In diesem Falle gilt: konvergiert x j gegen x, so konvergiert f (x j ) gegen f (x).<br />

Beweis: Der folgende Beweis ist fast wörtlich derselbe wie fuer Folgen in R. Sei f<br />

stetig und sei (x i ) i∈I ein gegen x ∈ X konvergentes Netz. Wir müssen zeigen<br />

f (x i ) → f (x). Sei hierzu U eine offene Umgebung von f (x), dann ist V = f −1 (U) eine


FUNKTIONALANALYSIS 108<br />

offene Umgebung von x. Daher existiert ein i 0 so dass x i ∈ V fuer jedes i ≥ i 0 , also<br />

f (x i ) ∈ U fuer jedes i ≥ i 0 , also konvergiert f (x i ) gegen f )x).<br />

Fuer die umgekehrte Richtung nimm an, dass f die Limes-Bedingung erfüllt. Sei<br />

A ⊂ Y abgeschlossen und sei B ⊂ X das Urbild zu A. Wir müssen zeigen, dass B<br />

abgeschlossen ist. Sei hierzu b i ein Netz in B, konvergent gegen x ∈ X. Dann<br />

konvergiert das Netz f (x i ) ∈ A gegen f (x). Da A abgeschlossen ist, folgt f (x) ∈ A, also<br />

x ∈ f −1 (A) = B, damit ist B abgeschlossen.<br />

□<br />

Proposition 9.1.8 Ein topologischer Raum X ist genau dann kompakt, wenn jedes Netz in X<br />

ein konvergentes Teilnetz hat.<br />

Beweis: Sei X kompakt und sei (x i ) i∈I ein Netz in X. Fuer jedes i ∈ I sei A i der<br />

Abschluss der Menge {x j : j ≥ i}. Jeder endliche Schnitt von Mengen der Form A i , i ∈ I<br />

ist nichtleer, also ist nach der endlichen Schnitteigenschaft<br />

⋂<br />

A i ∅.<br />

i∈I<br />

Sei also x in jedem A i . Das bedeutet, dass man zu jeder Umgebung U von x und jedem<br />

Index i ∈ I einen Index i ′ ≥ i findet mit x i ′ = x φ(U,i) ∈ U. Sei J die Menge aller Paare<br />

(U, i), wobei U eine Umgebung von x ist und i ∈ I. Wir ordnen J wie folgt:<br />

(U, i) ≤ (U ′ , i ′ ) ⇔ U ⊃ U ′ und i ≤ i ′ .<br />

Wir haben eine Abbildung φ : J → I konstruiert, von der wir nun zeigen, dass sie<br />

streng cofinal ist. Hierzu sei i ∈ I und wähle ein Element j = (U, i) ∈ J mit i als zweitem<br />

Argument. Nach Konstruktion ist φ(j ′ ) ≥ i fuer jedes j ′ ≥ j, also ist φ streng cofinal.<br />

Wir behaupten, dass das konstruierte Teilnetz φ : J → X konvergiert. Sei hierzu U eine<br />

Umgebung von x und wähle ein Element j 0 = (U, i) ∈ J. Fuer jedes j ≥ j 0 gilt dann<br />

φ(j) ∈ U, also hat (x i ) ein konvergentes Teilnetz.<br />

Fuer die Rückrichtung nimm an, dass jedes Netz ein konvergentes Teilnetz hat. Sei A<br />

ein System abgeschlossener Teilmengen so dass jeder endliche Schnitt nichtleer ist.<br />

Wir müssen zeigen, dass der Schnitt aller Elemente von A nichtleer ist. Hierzu sei B<br />

die Menge aller endlichen Schnitte von Elementen von A. Ordne B via<br />

B 1 ≥ B 2 ⇔ B 1 ⊂ B 2 . Dann ist B gerichtet. Fuer jedes B ∈ B wähle ein x b ∈ B. Dann ist<br />

(x B ) B∈B ein Netz in X und nach der Annahme existiert ein Teilnetz (x Bj ) j∈J das gegen<br />

ein x ∈ X konvergiert. Aber dann gilt x ∈ B fuer jedes B ∈ B, denn fuer festes B können


FUNKTIONALANALYSIS 109<br />

wir j 0 so wählen, dass B j ⊂ B fuer jedes j ≥ j 0 . Hieraus folgt x Bj ∈ B fuer alle j ≥ j 0 . Da<br />

B abgeschlossen ist, liegt der Limes x von (x Bj ) ebenfalls in B.<br />

□<br />

9.2 Definitionen<br />

Definition 9.2.1 Ein topologischer Vektorraum ist ein komplexer Vektorraum V mit<br />

einer Topologie so dass {0} eine abgeschlossene Menge ist und die Abbildungen<br />

V × V → V C × V → V<br />

(v, w) ↦→ v + w (λ, v) ↦→ λv<br />

stetig sind.<br />

Lemma 9.2.2 (a) Jeder topologische Vektorraum ist ein Hausdorff-Raum.<br />

(b) Ist V ein komplexer Vektorraum, so dass Addition und Skalarmultiplikation stetig sind,<br />

Sei dann N = {0} der Abschluss der Null. Dann ist N ein Untervektorraum und V/N ist<br />

ein topologischer Vektorraum. Jede stetige Abbildung f : V → X in einen<br />

Hausdorff-Raum faktorisiert über V/N.<br />

Beweis: (a) Sei V ein topologischer Vektorraum und seien x, y ∈ V mit x y. Dann ist<br />

U = V {x − y} eine offene Umgebung der Null. Wegen der Stetigkeit der Addition<br />

gibt es eine Nullumgebungen W 1 , W 2 mit W 1 + W 2 ⊂ U. Setze W 3 = W 1 ∩ W 2 und<br />

W = W 3 ∩ (−W 3 ), dann ist W eine Nullumgebung mit W = −W und W + W ⊂ U.<br />

Folglich sind x + W und y + W offene Umgebungen von x und y. Wir behaupten, dass<br />

sie disjunkt sind. Angenommen, es gibt w, w ′ ∈ W mit x + w = y + w ′ , dann folgt<br />

x − y = w ′ − w ∈ W + W ⊂ U = V {x − y}, ein Widerspruch!<br />

(b) Seien n 1 , n 2 ∈ N. Dann konvergiert die konstante Folge x j = 0 gegen n 1 und gegen<br />

n 2 . Da die Addition stetig ist, konvergiert die konstante Folge x j + x + j = x j = 0 gegen<br />

n 1 + n 2 , also ist n 1 + n 2 ∈ N. Analog sieht man die Abgeschlossenheit unter Skalarer<br />

Multiplikation. Damit ist N ein Untervektorraum. Sei nun f : V → X stetig, wobei X<br />

ein Hausdorff-Raum ist. Sei x ∈ V und n ∈ N. Wir wollen zeigen, dass f (x) = f (x + n)<br />

ist. Dies folgt aber aus der Stetigkeit, da die konstante Folge x j = x gegen x und gegen<br />

x + n konvergiert, in dem Hausdorff-Raum X eine Folge aber nur einen Limes haben<br />

kann.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 110<br />

Beispiele 9.2.3<br />

• Jeder normierte Raum (V, ||.||) ist ein topologischer Vektorraum,<br />

wobei die offenen Mengen genau die Vereinigungen von offenen Bällen<br />

B r (v) = {w ∈ V : ||v − w|| < r}<br />

mit v ∈ V und r > 0 sind.<br />

• Der Schwartz-Raum S ist ein topologischer Vektorraum, wobei die Topologie<br />

von den offenen Bällen<br />

B r,m,n ( f ) = {g ∈ S : σ m,n ( f − g) < r}<br />

mit f ∈ S, r > 0 und m, n ∈ N 0 erzeugt wird.<br />

• Sei 0 < p < 1. Dann ist der Raum L p (R) aller messbaren Funktionen f auf R mit<br />

∫<br />

R | f (x)|p dp < ∞ modulo Nullfunktionen ein topologischer Vektorraum,<br />

allerdings kein normierter Raum, da ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣p<br />

= (∫ R | f (x)|p dx ) 1 p<br />

ist! (Die Dreiecksungleichung gilt nicht.)<br />

für p < 1 keine Norm<br />

Proposition 9.2.4 Jeder endlich-dimensionale topologische Vektorraum ist isomorph zum C n .<br />

Genauer gilt folgendes: Ist V ein endlich-dimensionaler topologischer Vektorraum und ist<br />

f : C n → V ein Isomorphismus von Vektorräumen, dann sind f und f −1 stetig.<br />

Beweis: Wir zeigen zunächst die Stetigkeit von f . Seien v 1 , . . . , v n die Bilder der<br />

Standard-Basis-Vektoren e 1 , . . . e n des C n . Dann ist f (λ 1 , . . . , λ n ) = λ 1 v 1 + · · · + λ n v n . Die<br />

Stetigkeit von f ist nun eine einfache Konsequenz der Stetigkeit der Skalaren<br />

Multiplikation und der Addition.<br />

Die Stetigkeit von f −1 folgt aus dem Satz der offenen Abbildung.<br />

□<br />

Eine Halbnorm auf einem K-Vektorraum E ist eine Abbildung p : E → [0, ∞) mit<br />

folgenden Eigenschaften:<br />

• p(αx) = |α|p(x) für α ∈ K und x ∈ E,<br />

• p(x + y) ≤ p(x) + p(y)<br />

Multiplikativität<br />

Dreiecksungleichung<br />

Eine Halbnorm ist also wie eine Norm, bis auf die Tatsache, dass sie nicht positiv<br />

definit zu sein braucht.


FUNKTIONALANALYSIS 111<br />

Beispiele 9.2.5<br />

• Jede Norm ist eine Halbnorm.<br />

• Die konstante Null ist eine Halbnorm.<br />

• Auf C ∞ ([0, 1]) ist für k ∈ N die Abbildung<br />

eine Halbnorm.<br />

p k ( f ) = sup | f (k) (x)|<br />

x∈R<br />

• Ist p eine Halbnorm auf E und ist K = {v ∈ V : p(v) = 0}, dann ist K ein<br />

Untervektorraum und p induziert eine Norm auf dem Quotientenraum V/K.<br />

Sei p eine Halbnorm auf E. Sei<br />

B(p) = {v ∈ V : p(v) < 1}.<br />

Dann gilt<br />

• B(p) ist konvex,<br />

• B(p) ist ausgewogen, d.h. ist x ∈ B(p) und ist α ∈ K mit |α| ≤ 1, dann ist αx ∈ B(p),<br />

• B(p) ist absorbierend, d.h., für jedes x ∈ E gibt es ein α ∈ K mit x ∈ αB(p).<br />

Es gilt<br />

p(x) = inf<br />

{t > 0 : 1 }<br />

t x ∈ B(p) .<br />

Beachte, dass in einem topologischen Vektorraum jede Nullumgebung absorbierend<br />

ist.<br />

Proposition 9.2.6 Ist B eine Teilmenge eines Vektorraums E , die konvex, ausgewogen und<br />

absorbierend ist, dann ist<br />

eine Halbnorm auf E.<br />

p(x)<br />

{<br />

def<br />

= inf t > 0 : 1 }<br />

t x ∈ B<br />

Beweis: Da B absorbierend ist, nimmt p endliche Werte an. Da B ausgewogen ist, folgt<br />

p(αx) = |α|p(x). Da B konvex ist, folgt die Dreiecksungleichung.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 112<br />

Definition 9.2.7 Ein topologischer Vektorraum V heisst lokalkonvex, falls er eine<br />

Nullumgebungsbasis von offenen konvexen ausgewogenen Teilmengen besitzt.<br />

Definition 9.2.8 Sei V ein komplexer Vektorraum. Eine Familie (p α ) α∈A von<br />

Halbnormen heisst positiv definit, falls<br />

p α (v) = 0 ∀ α∈A ⇒ v = 0.<br />

Die Topologie, die erzeugt wird von allen offenen Bällen<br />

B r (v, p α ) = {w ∈ V : p α (v − w) < r},<br />

mit r > 0, v ∈ V und α ∈ A, heisst die Topologie, die von der Familie (p α ) erzeugt wird.<br />

Satz 9.2.9 (a) Sei der komplexe Vektorraum V mit der Topologie der Familie von<br />

Halbnormen (p α ) α∈A versehen. Dann konvergiert ein Netz v i in V genau dann gegen<br />

v ∈ V, wenn für jedes α ∈ A das Netz p α (v i − v) in C gegen Null geht.<br />

(b) Die von einer Familie von Halbnormen erzeugte Topologie auf einem Vektorraum V<br />

macht den Raum V genau dann zu einem topologischen Vektorraum, wenn die<br />

Familie positiv definit ist.<br />

(c) Ein topologischer Vektorraum V ist genau dann lokalkonvex, wenn es eine Familie<br />

von Halbnormen gibt, die die Topologie erzeugt.<br />

(d) Ist V lokalkonvex und ist (p i ) eine Familie wie in (b), dann ist jede Halbnorm p i eine<br />

stetige Abbildung. Die Topologie eines lokalkonvexen Raums V wird von allen<br />

stetigen Halbnormen erzeugt.<br />

(e) Ist V ein lokalkonvexer Raum, dann ist die Familie aller Bälle<br />

B p (1) = {v ∈ V : p(v) < 1},<br />

wobei p über alle stetigen Halbnormen läuft, eine Nullumgebungsbasis.<br />

Beweis: (a) Es konvergiere v i → v. Sei α ∈ A und sei ε > 0. Dann ist B ε (v, p α ) eine<br />

Umgebung von v, also gibt es ein i 0 ∈ I so dass i ≥ i 0 ⇒ v i ∈ B ε (v, p α ), was soviel heisst


FUNKTIONALANALYSIS 113<br />

wie p α (v i − v) < ε. Also konvergiert p α (v i − v) gegen Null. Für die Rückrichtung lässt<br />

sich dieser Schluss umkehren.<br />

(b) Sei (p α ) α∈A eine Familie von Halbnormen auf V. Wir versehen V mit der durch die<br />

p α induzierten Topologie und zeigen, dass die Addition auf V stetig ist. Seien hierzu<br />

v i → V und w i → w konvergente Netze. Dies bedeutet, dass für jedes α ∈ A die Netze<br />

p α (v i − v) und p α (w i − w) gegen Null gehen. Dann folgt<br />

p α (v i + w i − (v + w)) ≤ p α (v i − v) + p α (w i − w) → 0.<br />

Also konvergiert v i + w i gegen v + w und die Addition ist also stetig. Die<br />

Skalarmultiplikation ist aus ähnlichen Gründen stetig. Wir zeigen, dass die Menge {0}<br />

genau dann abgeschlossen ist, wenn die Familie von Halbnormen definit ist. Liegt v<br />

im Abschluss der Null, dann geht das konstante Netz 0 gegen v, also ist p α (v) = 0 für<br />

jedes α. Umgekehrt impliziert aber p α (v) = 0 für jedes α auch, dass v im Abschluss der<br />

Null liegt.<br />

(c) Sei V lokalkonvex. Zu jeder offenen konvexen ausgewogenen Nullumgebung E<br />

gibt uns Proposition 9.2.6 eine Halbnorm p E . Es gilt dann<br />

B(p E ) = E.<br />

Ferner ist für v ∈ V und r > 0,<br />

B r (v, p E ) = v + rE,<br />

also ist der Ball B r (v, p E ) offen. Die von der Halbnormen p E erzeugte Topologie liegt<br />

also in der Ursprungs-Topologie von V. Da andererseits die E eine<br />

Nullumgebungsbasis bilden, wird die Topologie von V von allen Mengen der Form<br />

v + rE erzeugt.<br />

Die Umkehrung ist klar.<br />

(d) Sei die Topologie von V durch (p α ) α∈A erzeugt und sei α ∈ A. Sei v i → v ein<br />

konvergentes Netz in V, dann folgt<br />

|p α (v i ) − p α (v)| ≤ p α (v i − v) → 0.<br />

Also ist p α stetig. Der Zusatz ist klar.<br />

(e) folgt aus (a) und der Beobachtung, dann mit p auch Tp eine stetige Halbnorm ist,<br />

wenn T > 0.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 114<br />

Beispiele 9.2.10<br />

• Sei V = C c (R) der Raum aller stetigen Abbildungen mit<br />

kompaktem Träger. Für n ∈ N sei V n = C n (R) die Menge aller stetigen<br />

Abbildungen mit Träger im Intervall [−n, n]. Es gilt dann V = ⋃ n V n . Auf V n<br />

installieren wir die Norm ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ϕ<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣n<br />

= sup |t|≤n<br />

|ϕ(t)|, damit ist V n ein Banach-Raum.<br />

Dem Raum V geben wir die induktive Limestopologie, das heisst die<br />

Finaltopologie der Inklusionen V n ↩→ V. Das bedeutet, dass eine Teilmenge<br />

E ⊂ V genau dann offen ist, wenn für jedes n ∈ N die Menge E ∩ V n offen in V n<br />

ist. Es ist leicht zu sehen, dass V damit ein topologischer Vektorraum ist.<br />

Wir geben nun eine Nullumgebungsbasis aus konvexen ausgewogenen Mengen<br />

an, so dass die zugehörigen Halbnormen die Topologie erzeugen. Sei<br />

η : R → (0, 1) eine stetige Funktion. Sei U η = { f ∈ C c (R) : | f | < η}. Sei n ∈ N. Wir<br />

zeigen, dass U η ∩ V n offen ist. Hierzu sei f ∈ U η ∩ V n . Da | f | < η und f stetig ist<br />

mit kompaktem Träger, gibt es ein ε > 0 so dass | f | + ε < η, das heisst, dass eine<br />

ε-Umgebung von f noch ganz in U η ∩ V n liegt, also ist U η ∩ V n offen. Damit ist die<br />

Menge U η offen in V. Sie ist konvex und ausgewogen. Wir behaupten, dass die<br />

Familie (U η ) η eine Nullumgebungsbasis ist. Sei hierzu W eine Nullumgebung.<br />

Dann ist W ∩ V n offen in V n , enthält also eine ε n -Umgebung der Null für ein<br />

ε n > 0. Wir können die Folge ε n als monoton fallend annehmen. Es gibt eine<br />

stetige Funktion η mit 0 < η < ε n (x) falls n − 1 ≤ |x| ≤ n und also U η ⊂ W. Jedes<br />

U η definiert eine Halbnorm und diese Halbnormen erzeugen die Topologie.<br />

• Hier ein Beispiel für einen topologischen Vektorraum, der nicht lokalkonvex ist.<br />

Sei 0 < p < 1 und sei I = [0, 1] das Einheitsintervall. Setze<br />

∫<br />

L p (I) = { f : I → C : messbar so dass ∆( f ) :=<br />

modulo Nullfunktionen. Für a, b ≥ 0 gilt<br />

X<br />

| f (x)| p dx < ∞}<br />

(a + b) p ≤ a p + b p ,<br />

woraus sofort folgt<br />

∆( f + g) ≤ ∆( f ) + ∆(g).<br />

Hieraus folgt, dass L p (I) ein Vektorraum ist. Ferner ist<br />

d( f, g) = ∆( f − g)<br />

eine Metrik auf L p (I). Dieser metrische Raum ist vollständig, wie man mit


FUNKTIONALANALYSIS 115<br />

demselben Beweis wie für p ≥ 1 zeigt. Wir zeigen, dass es sich um einen<br />

topologischen Vektorraum handelt. Dazu seien f j → f und g j → g konvergente<br />

Folgen. Es gilt<br />

d( f j + g j , f + g) = ∆( f j + g j − f − g)<br />

≤ ∆( f j − f ) + ∆(g j − g)<br />

= d( f j , f ) + d(g j , g) → 0,<br />

also ist die Addition stetig. Für die Skalarmultiplikation sei λ j → λ in C konvergent,<br />

so folgt<br />

d(λ j f j , λ f ) = ∆(λ j f j − λ f )<br />

≤ ∆(λ j f j − λ j f ) + ∆(λ j f − λ f )<br />

= |λ j | p d( f j , f ) + |λ| p d( f j , f ) → 0.<br />

Wir zeigen, dass dieser topologische Vektorraum keine offenen konvexen Mengen enthält<br />

ausser der leeren Menge und dem ganzen Raum.<br />

Sei hierzu V ∅ offen und konvex in L p (I). Wir können 0 ∈ V annehmen. Dann gibt es<br />

ein r > 0 so dass der offene Ball B r (0) um Null vom Radius r ganz in V liegt. Sei f ∈ L p .<br />

Da p < 1, gibt es ein n ∈ N so dass n p−1 ∆( f ) < r. Man kann das Intervall I mit<br />

Trennungspunkten 0 = x 0 < x 1 < · · · < x n = 1 so unterteilen, dass<br />

∫ xj<br />

x j−1<br />

| f (x)| p dx = n −1 ∆( f ).<br />

Sei g j (x) = n f (x) falls x j−1 < x ≤ x j und g j (x) = 0 sonst. Dann ist g j ∈ V, denn<br />

∆(g j ) = n p−1 ∆( f ) < r.<br />

Da nun V konvex ist und da<br />

f = 1 n (g 1 + · · · + g n ),<br />

folgt f ∈ V, also ist V = L p .<br />

Folgerung: L p (I) ′ = 0, denn sei α : L p (I) → C eine stetige lineare Abbildung, Dann ist<br />

α −1 (B ε ) offen, nichtleer und konvex in L p , also gleich L p . Da dies für jedes ε > 0 gilt, ist<br />

α(L p ) = 0.


FUNKTIONALANALYSIS 116<br />

Proposition 9.2.11 (a) Seien (V, (p i ) i∈I ) und (W, (q j ) j∈J ) Vektorräume mit definiten Familien<br />

von Halbnormen. Dann ist eine lineare Abbildung T : V → W genau dann stetig, wenn<br />

es zu jedem j ∈ J eine endliche Teilmenge E ⊂ I gibt, sowie eine Konstante C > 0, so dass<br />

q j (T(v)) ≤ C ∑ i∈E p i (v) für jeden Vektor v ∈ V gilt.<br />

(b) Eine lineare Abbildung T : V → W zwischen lokalkonvexen Räumen ist genau dann<br />

stetig, wenn es zu jeder stetigen Halbnorm q auf W eine stetige Halbnorm p auf V gibt mit<br />

q(T(v)) ≤ p(v) ∀ v∈V .<br />

Beweis: (a) Wie im Fall von normierten Räumen ist eine lineare Abbildung T genau<br />

dann stetig, wenn sie stetig in Null ist. Ein Netz (v α ) geht genau dann gegen Null in V,<br />

wenn für jedes i ∈ I das reellwertige Netz p i (v α ) gegen Null geht.<br />

Sei also T stetig und sei j ∈ J. Angenommen, es gibt kein i ∈ I und C > 0 wie oben,<br />

dann gibt es zu jeder endlichen Teilmenge E ⊂ I und zu jedem k ∈ N ein v = v E,k ∈ V<br />

so dass q j (T(v)) > k ∑ i∈E p i (v) gilt. Nach Multiplikation mit einem Skalar können wir<br />

hierbei q j (T(v)) = 1 annehmen. Die Menge aller Paare (E, k) ist gerichtet durch<br />

(E, k) ≤ (E ′ , k ′ ) ⇔ E ⊂ E ′ und k ≤ k ′ .<br />

Wir erhalten ein Netz (v E,k ) (E,k) in V. Wir behaupten, dass dieses Netz gegen Null geht,<br />

also dass p j (v E,k ) für jedes j ∈ J gegen Null geht. Sei hierzu ε > 0, dann existiert ein k 0<br />

so dass für alle k ≥ k 0 gilt 1 k < ε. Ist dann (E, k) ≥ ({j 0}, k 0 ), dann folgt<br />

∑<br />

p j (v E,k ) < p i (v E,k ) < 1 k < ε,<br />

i∈E<br />

also konvergiert das Netz gegen Null. Da T stetig ist, folgt T(v E,k ) → 0, was aber der<br />

Tatsache q j (T(v E,k )) = 1 widerspricht!<br />

Sei umgekehrt die Bedingung des Lemmas erfüllt. Wir wollen zeigen, dass T stetig ist.<br />

Sei hierzu v α ein gegen Null konvergentes Netz. Ist j ∈ J, so gilt wie oben<br />

q j (T(v α )) ≤ C ∑ i∈E p i (v α ). Die rechte Seite geht gegen Null für α → ∞, also auch die<br />

linke, also geht v α gegen Null.<br />

(b) folgt aus (a), da C ∑ i∈E p i wieder eine stetige Halbnorm ist.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 117<br />

Satz 9.2.12 (Hahn-Banach für lokalkonvexe Räume) Sei V ein lokalkonvexer<br />

topologischer Vektorraum und U ⊂ V ein Teilraum. Dann besitzt jedes stetige lineare<br />

Funktional α : U → K eine stetige lineare Fortsetzung nach V.<br />

Beweis: Sei die Topologie von V erzeugt von der Familie (p i ) i∈I von Halbnormen.<br />

Nach Proposition 9.2.11 gilt<br />

|α(u)| ≤ C<br />

n∑<br />

p iν (u)<br />

für alle v ∈ U. Für v ∈ V setze p(v) = C ∑ n<br />

ν=1 p iν (v). Ist K = R, so folgt, dass α eine<br />

Fortsetzung ˜α nach V hat mit | ˜α(v)| ≤ p(v) für alle v ∈ V, so dass ˜α in der Tat stetig ist.<br />

Der Fall K = C wird nun auf der reellen Fall zurückgeführt wie beim Beweis von Satz<br />

3.1.3: Das R-lineare Funktional Re(α) besitzt eine R-lineare Fortsetzung ˜α R nach V mit<br />

| ˜α R (v)| ≤ p(v). Sei ˜α das komplex-lineare Funktional mit Re( ˜α) = ˜α R . Ist v ∈ V, so<br />

existiert ein θ ∈ R, so dass e iθ ˜α(v) = ˜α(e iθ v) ∈ R gilt. Es folgt<br />

ν=1<br />

| ˜α(v)| = |e iθ ˜α(v)| = | ˜α R (e iθ v)| ≤ p(e iθ v) = p(v). □<br />

9.3 Vollständigkeit<br />

Definition 9.3.1 Ein Netz (v i ) i∈I in einem topologischen Vektorraum V heisst<br />

Cauchy-Netz, falls es zu jeder Nullumgebung U ⊂ V einen Index i 0 ∈ I gibt so dass<br />

i, j ≥ i 0 ⇒ v i − v j ∈ U.<br />

Definition 9.3.2 Ein topologischer Vektorraum V heisst vollständig, falls jedes<br />

Cauchy-Netz konvergiert.<br />

Beispiel 9.3.3 Der Raum S der Schwartz-Funktionen auf R ist vollständig.<br />

Beweis: Sei ( f i ) i∈I ein Cauchy-Netz. Insbesondere ist ( f i ) ein Cauchy-Netz in der Norm<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣R f = sup | f (x)|.<br />

x∈R<br />

Da der Raum der beschränkten stetigen Funktionen vollständig ist, konvergiert das<br />

Netz gleichmässig gegen eine stetige Funktion f . Da für jedes k die Ableitungen f (k)<br />

i


FUNKTIONALANALYSIS 118<br />

ebenfalls ein Cauchy-Netz bilden, konvergieren alle Ableitungen. Da der<br />

Ableitungsoperator stetig ist, konvergieren die Ableitungen des Netzes gegen die<br />

Ableitungen von f . Es folgt nun leicht, dass f i → f in S gilt.<br />

□<br />

Beispiel 9.3.4 Der Raum C c (R) mit der induktiven Limestopologie (Beispiel 9.2.10) ist<br />

vollständig. Sei hierzu ( f i ) i∈I ein Cauchy-Netz. Das heisst, dass es zu jeder stetigen<br />

Funktion η : R → (0, 1) ein i 0 ∈ I gibt so dass f i − f j ∈ U η für alle i, j ≥ i 0 gilt. Sei C 0 (R)<br />

der Raum aller stetigen Funktionen f : R → C mit lim |x|→∞ f (x) = 0. Dieser Raum ist<br />

ein Banach-Raum mit der Supremumsnorm. Es folgt, dass ( f i ) ein Cauchy-Netz in<br />

C 0 (R) ist, also konvergiert das Netz gleichmässig gegen eine stetige Funktion f . Wir<br />

zeigen, dass f kompakten Träger hat. Angenommen, dies ist nicht der Fall. Dann gibt<br />

es eine stetige Funktion η : R → (0, 1), so dass es zu jedem m ∈ N ein n ≥ m und ein<br />

x n ∈ R mit n ≤ |x| ≤ n + 1 gibt so dass | f (x n )| = sup n≤|x|≤n+1<br />

| f (x)| ≥ 2η(x n ). Sei nun i 0 ∈ I<br />

so dass für alle i, j ≥ i 0 gilt f i − f j ∈ U η . Sei i ≥ i 0 . Dann ist für jedes n wie oben<br />

| f i (x n ) − f (x n )| = lim<br />

j<br />

| f i (x n ) − f j (x n )| ≤ η(x n ).<br />

Da aber | f (x n )| ≥ 2η(x n ), ist f i (x n ) 0, also hat f i keinen kompakten Träger.<br />

Widerspruch!<br />

Damit liegt f in C c (R). Sei nun η : R → (0, 1) eine stetige Funktion und sei i 0 ∈ I so dass<br />

f i − f j ∈ U η/2 für alle i, j ≥ i 0 gilt. Da f der punktweise Limes der f j ist, folgt f i − f ∈ U η .<br />

Da dies für jedes i ≥ i 0 gilt, folgt, dass das Netz f i in C c (R) gegen f konvergiert.


FUNKTIONALANALYSIS 119<br />

10 Vektorwertige Integrale<br />

10.1 Definition<br />

Das hier eingeführte vektorwertige Integral wird nach seinem Erfinder auch<br />

Bochner-Integral genannt. Sei (X, A , µ) ein Maßraum und sei V ein vollständiger<br />

lokalkonvexer topologischer Vektorraum. Für eine Funktion f : X → V mit Werten in<br />

V wollen wir ein Integral ∫ f dµ ∈ V definieren, so dass für jedes stetige lineare<br />

X<br />

Funktional α auf V die Formel<br />

(∫ ) ∫<br />

α f dµ = α( f ) dµ<br />

X<br />

X<br />

gilt, wobei α( f ) als α ◦ f zu lesen ist.<br />

Eine einfache Funktion ist eine Funktion s : X → V, die sich in der Form<br />

s =<br />

n∑<br />

1 Aj b j<br />

j=1<br />

schreiben lässt, wobei A 1 , . . . , A n paarweise disjunkte messbare Mengen endlichen<br />

Maßes sind, also µ(A j ) < ∞, und b j ∈ V. Wir definieren das Integral der einfachen<br />

Funktion s als<br />

∫<br />

X<br />

s dµ def<br />

=<br />

n∑<br />

µ(A j )b j ∈ V.<br />

j=1<br />

Beachte, dass p (∫ s dµ) ≤ ∫ p(s) dµ für jede stetige Halbnorm p gilt und dass für jede<br />

X X<br />

lineare Abbildung T : V → W für einen Banach-Raum W gilt T (∫ s dµ) = ∫ T(s) dµ,<br />

X X<br />

wobei T(s) als T ◦ s zu lesen ist.<br />

Wir versehen V mit der Borel-σ-Algebra. Eine messbare Funktion f : X → V heißt<br />

integrabel, falls es ein Netz s n einfacher Funktionen gibt, so dass<br />

lim<br />

n<br />

∫<br />

X<br />

p( f − s n ) dµ = 0<br />

für jede stetige Halbnorm p gilt. In diesem Fall nennen wir (s n ) ein approximierendes<br />

Netz.<br />

Lemma 10.1.1 (netzfreie Formulierung) Eine messbare Funktion f : X → V ist genau


FUNKTIONALANALYSIS 120<br />

dann integrabel, wenn es zu jeder stetige Halbnorm p eine einfache Funktion s p gibt, so dass<br />

∫<br />

X<br />

p( f − s p ) dµ < 1.<br />

Beweis: Gibt es ein approximierendes Netz, so ist die Bedingung aus dem Lemma<br />

offensichtlich. Sei nun umgekehrt die Bedingung erfüllt. Auf der menge aller stetigen<br />

Halbnormen gibt es eine natürliche partielle Ordnung Es ist p ≤ q äquivalent zu<br />

U p ⊃ U q . Da jede Nullumgebung eine konvexe ausgeglichene Umgebung enthält, ist<br />

die Menge aller stetigen Halbnormen gerichtet. Die einfachen Funktionen (s p ) p bilden<br />

also ein Netz und dieses Netz approximiert f . Dies folgt aus der Tatsache, dass für<br />

jede stetige Halbnorm p und jedes ε > 0 die Funktion 1 p wieder eine stetige Halbnorm<br />

ε<br />

ist und es gilt<br />

∫<br />

X<br />

p( f − s 1<br />

ε p ) dµ < ε. □<br />

Satz 10.1.2 (a) Ist f integrabel und ist (s n ) ein approximierendes Netz, dann konvergiert<br />

das Netz von Vektoren ∫ X s n dµ in V. Der Grenzwert dieses Netzes hängt nicht von<br />

der Wahl des approximierenden Netzes ab. Wir definieren das Integral von f als<br />

diesen Grenzwert:<br />

∫<br />

X<br />

f dµ def<br />

= lim n<br />

∫<br />

X<br />

s n dµ.<br />

(b) Für jede integrable Funktion f und jede stetige Halbnorm p gilt<br />

p<br />

(∫<br />

X<br />

) ∫<br />

f dµ ≤<br />

X<br />

p( f ) dµ < ∞.<br />

(c) Sei f integrabel. Für jeden stetigen linearen Operator T : V → W in einen<br />

lokalkonvexen Raum W gilt<br />

T<br />

(∫<br />

X<br />

) ∫<br />

f dµ =<br />

X<br />

T( f ) dµ.<br />

(d) Im Falle V = C stimmt das so definierte Bochner-Integral mit dem üblichen Integral<br />

überein.


FUNKTIONALANALYSIS 121<br />

Beweis: Es reicht zu zeigen, dass für jedes approximierende Netz (s n ) n∈N das Netz<br />

∫<br />

X s n dµ konvergiert, denn ist (t m ) m∈M ein weiteres approximierendes Netz, dann ist<br />

auch jedes Netz der Form (r n,m ) N×M mit r n,m ∈ {s n , t m } ein approximierendes Netz,<br />

wobei wir auf N × N die Produktordnung installieren.<br />

Da dann stets ∫ X r n,m dµ konvergiert, sind die Grenzwerte von ∫ X s n dµ und ∫ X t n dµ<br />

gleich.<br />

Um die Konvergenz zu zeigen, reicht es, zu zeigen, dass ∫ X s n dµ ein Cauchy-Netz ist.<br />

Für m, n ∈ N und eine stetige Halbnorm p beachte<br />

p<br />

(∫<br />

X<br />

∫<br />

s m dµ −<br />

X<br />

s n dµ<br />

)<br />

(∫ ) ∫<br />

= p s m − s n dµ ≤ p (s m − s n ) dµ<br />

X<br />

X<br />

∫<br />

∫<br />

≤ p(s m − f ) dµ + p( f − s n ) dµ,<br />

X<br />

wobei die rechte Seite gegen Null geht für m, n → ∞. Daher ist ∫ X s n dµ tatsächlich ein<br />

Cauchy-Netz. Hieraus folgt (a).<br />

Für (b) betrachte die Ungleichung ∣ ∣ ∣ p( f ) − p(sn ) ∣ ∣ ∣ ≤ p( f − sn ), welche impliziert, dass die<br />

C-wertige Funktion p( f ) integrabel ist und dass das Netz p(s n ) gegen p( f ) in L 1 (X)<br />

konvergiert. Es folgt<br />

p<br />

(∫<br />

X<br />

f dµ<br />

)<br />

= lim<br />

n<br />

p<br />

(∫<br />

X<br />

s n dµ<br />

)<br />

≤ lim<br />

n<br />

∫<br />

X<br />

X<br />

∫<br />

p(s n ) dµ =<br />

Schließlich zu Teil (c). Die Stetigkeit und Linearität von T impliziert<br />

T<br />

(∫<br />

X<br />

f dµ<br />

)<br />

= lim<br />

n<br />

∫<br />

X<br />

T(s n ) dµ.<br />

X<br />

p( f ) dµ.<br />

Wir wollen zeigen, dass T( f ) integrierbar ist und dass die rechte Seite gleich ∫ T( f ) dµ<br />

X<br />

ist. Da T stetig ist, gibt es zu jeder stetigen Halbnorm q auf W eine stetige Halbnorm p<br />

auf V so dass q(T(v)) ≤ p(v) für alle v ∈ V gilt. Wir können daher abschätzen:<br />

∫<br />

X<br />

q(T( f ) − T(s n )) dµ =<br />

∫<br />

X<br />

q(T( f − s n )) dµ ≤<br />

∫<br />

X<br />

p( f − s n ) dµ.<br />

Da die rechte Seite gegen Null geht, folgt die Behauptung. Teil (d) ist klar, da eine<br />

approximierende Folge in der L 1 -Topologie gegen f konvergiert und das Integral ein<br />

stetiges lineares Funktional auf L 1 ist.<br />


FUNKTIONALANALYSIS 122<br />

Definition 10.1.3 Ein topologischer Raum Y heißt separabel, falls Y eine abzählbare<br />

dichte Teilmenge enthält.<br />

Eine Abbildung f : X → Y in einen topologischen Raum Y heißt separable<br />

Abbildung, falls es eine abzählbare Menge C ⊂ Y gibt so dass f (X) ⊂ C gilt.<br />

Lemma 10.1.4 Jede Teilmenge eines separablen metrischen Raums ist separabel, also ist jede<br />

Abbildung in einen separablen metrischen Raum eine separable Abbildung.<br />

Beweis: Sei (X, d) ein separabler metrischer Raum und C ⊂ X eine abzählbare dichte<br />

Teilmenge. Sei A ⊂ X eine beliebige Teilmenge, die wir als überabzählbar<br />

voraussetzen können. Wir wollen zeigen, dass A selbst separabel ist. Sei B ⊂ A × n die<br />

Menge aller Paare (c, n) so dass B 1/n (c) ∩ A ∅. Zu jedem b = (c, n) ∈ B wählen wir<br />

einen Punkt a b ∈ A mit d(a b , c) < 1. Wir behaupten, dass die Menge aller a n b mit b ∈ B<br />

dicht in A liegt. Dazu sei a ∈ A und ε > 0. Sei n ∈ N mit 1 n<br />

c ∈ C mit d(a, c) < 1 n < ε/2, also ist b = (c, n) ∈ B, also d(a b, c) < 1 n<br />

< ε/2. Dann existiert ein<br />

< ε/2. Es folgt<br />

d(a, a b ) ≤ d(a, c) + d(c, a b ) < ε 2 + ε 2 = ε.<br />

□<br />

Beispiele 10.1.5 • Die Menge R der reellen Zahlen enthält die abzählbare dichte<br />

Teilmenge Q, ist also separabel.<br />

• Ist (V, d) ein metrischer Raum, so ist jede kompakte Teilmenge K ⊂ V separabel.<br />

Dies sieht man ein, indem man K durch offene Bälle vom Radius 1/n überdeckt,<br />

wobei n in N läuft. Die Mittelpunkte all dieser Bälle ist eine abzählbare dichte<br />

Teilmenge.<br />

• Ein Hilbert-Raum H ist genau dann separabel, wenn er eine abzählbare<br />

Orthonormalbasis (e i ) i∈N besitzt. In diesem Fall ist die Menge aller<br />

Q-Linearkombinationen der Basisvektoren e i eine abzählbare dichte Teilmenge.<br />

• Ist X ein topologischer Raum und (V, d) ein metrischer Raum, so ist jede stetige<br />

Funktion f : X → V mit kompaktem Träger separabel, denn sei K der Träger,<br />

dann ist f (X) = {0} ∪ f (K), also ist das Bild kompakt und damit separabel.<br />

Definition 10.1.6 Ist X ein Maßraum, so heißt eine Abbildung f : X → V in einen<br />

topologischen Raum V wesentlich separabel, falls es zu jeder stetigen Halbnorm p<br />

eine Nullmenge N p ⊂ X und eine abzählbare Menge C p ⊂ V gibt, so dass<br />

(p)<br />

f (X N p ) ⊂ C p , wobei der Abschluss der p-Abschluss ist.


FUNKTIONALANALYSIS 123<br />

Satz 10.1.7 Sei V ein vollständiger lokalkonvexer Raum. Für eine messbare Funktion<br />

f : X → V sind äquivalent:<br />

• f ist integrabel.<br />

• f ist wesentlich separabel und ∫ p( f ) dµ < ∞ für jede stetige Halbnorm p auf V.<br />

X<br />

Beweis: Ist f integrabel, dann ist nach Satz 10.1.2 (b) die Funktion p( f ) ebenfalls<br />

integrabel. Wir müssen zeigen, dass f wesentlich separabel ist. Sei p eine stetige<br />

Halbnorm. Für gegebenes n ∈ N gibt es eine einfache Funktion s n : X → V mit<br />

∫<br />

X p( f − s n) dµ < 1 n . Sei E p der p-Abschluss des Vektorraums aufgespannt von der<br />

Vereinigung aller Bilder der s n , n ∈ N. Dann ist E p der p-Abschluss einer abzählbaren<br />

Menge C p , z.B. man kann den Q(i)-Vektorraum nehmen, der von den Bildern aller s n<br />

aufgespannt wird. Für jedes n ∈ N ist die Menge<br />

N n =<br />

{<br />

x ∈ X : p( f (x), E p ) > 1 }<br />

n<br />

eine Nullmenge, wobei<br />

p(v, E p ) = inf{p(v − e) : e ∈ E p }.<br />

Das Komplement in X von f −1 (E p ) ist die Vereinigung aller N n , also eine Nullmenge,<br />

damit ist f wesentlich separabel.<br />

Für die umgekehrte Richtung nimm an, f ist wesentlich separabel und p( f ) integrabel<br />

für jedes stetige Halbnorm p. Wir konstruieren zu jeder stetigen Halbnorm p eine<br />

einfache Funktion s p mit ∫ X p( f − s p) dµ < 1. Dann ist f integrabel nach Lemma 10.1.1.<br />

Um s p zu konstruieren, sei C p = {c 1 , c 2 , . . . } die abzählbare Menge und sei N p ⊂ X die<br />

Nullmenge zu p. Schreibe X p = X N p . Für n ∈ N und δ > 0 sei A δ n die Menge aller<br />

x ∈ X p so dass p( f (x)) > δ und p( f (x) − c n ) < δ. Wir machen diese Folge paarweise<br />

disjunkt:<br />

⋃<br />

D δ n = A δ m A δ k .<br />

Die Menge ⋃ ⋃<br />

n A δ n = ·<br />

n D δ n ist gleich f −1 ( f (X p ) δU p ). Da p( f ) integrabel ist, hat die<br />

⋃<br />

Menge · D<br />

δ<br />

n endliches Maß. Sei s p,n = ∑ n<br />

c j . Dies ist eine einfache Funktion. Die<br />

k


FUNKTIONALANALYSIS 124<br />

nach dem Satz über dominierte Konvergenz ist<br />

∫<br />

p( f − s p,n ) dµ → 0.<br />

X<br />

Insbesondere existiert ein n 0 ∈ N, so dass für s p = s p,n0 gilt ∫ X p( f − s p) dµ < 1.<br />

□<br />

Korollar 10.1.8 Sei V ein vollständiger, lokalkonvexer topologischer Vektorraum. Sei X ein<br />

lokalkompakter Raum und µ ein Radon-Maß auf X. Dann ist jede stetige Funktion f : X → V<br />

mit kompaktem Träger integrabel.<br />

Beweis: Sei K ⊂ X der Träger von f . Dann ist das Bild von f gleich f (K) oder gleich<br />

f (K) ∪ {0}. In jedem Fall ist das Bild kompakt.<br />

Sei p eine stetige Halbnorm auf V und sei V p der normierte Raum V/{0}. Sei<br />

π : V → V p die Projektion. Dann ist die induzierte Funktion f p : X → V p stetig und hat<br />

kompaktes Bild, ist<br />

(<br />

also separabel. Sei C p ⊂ V abzählbar, so dass<br />

π( f (X)) ⊂ π(C) = π C (p)) . Es folgt f (X) ⊂ C (p) , so dass f wesentlich separabel ist.<br />

Die C-wertige Funktion p( f ) ist ebenfalls stetig und hat kompakten Träger, ist also<br />

integrabel. Damit folgt die Behauptung aus Satz 10.1.7.<br />

□<br />

10.2 Faltung<br />

Satz 10.2.1 Seien f, g ∈ L 1 (R n ). Dann existiert das Integral<br />

∫<br />

f ∗ g(x) =<br />

R n<br />

f (y)g(x − y)dy<br />

fast überall in x ∈ R n und definiert eine Funktion f ∗ g ∈ L 1 (R n ) mit<br />

Für f, g, h ∈ L 1 (R n ) gilt:<br />

∣ ∣ ∣ ∣ f ∗ g<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣1<br />

≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣1<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣g<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣1<br />

.<br />

f ∗ g = g ∗ f, f ∗ (g ∗ h) = ( f ∗ g) ∗ h, und f ∗ (g + h) = f ∗ g + f ∗ h.<br />

Man nennt f ∗ g das Faltungsprodukt von f und g.


FUNKTIONALANALYSIS 125<br />

Beweis: Wir rechnen zunächst formal<br />

∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣<br />

∣∣1<br />

∣∣∣∣<br />

∫<br />

∫<br />

f ∗ g = f (y)g(x − y) dy<br />

∣<br />

∫R dx ≤ n<br />

R<br />

∫ ∫R n<br />

n<br />

∫<br />

R<br />

∫R n ∫<br />

n<br />

R n | f (y)g(x − y)| dy dx<br />

= | f (y)g(x − y)| dx dy = | f (y)g(x)| dx dy<br />

R n R<br />

∫ ∫<br />

n<br />

= | f (y)| dy |g(x)| dx = ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣1<br />

∣ ∣∣ ∣∣g<br />

∣ ∣∣ ∣∣1 f .<br />

R n R n<br />

Da die letzte Zeile existiert, existiert die davor und schliesslich folgt die Behauptung<br />

aus dem Satz von Fubini. Die behaupteten Identitäten rechnet man leicht nach.<br />

Wir zeigen nun, dass das Faltungsintegral als Bochner-Integral in L 1 (R n ) existiert.<br />

Für x ∈ R n und f : R n → C sei L x f (y) = f (y − x).<br />

Lemma 10.2.2 Sei 1 ≤ p < ∞.<br />

(a) Der Raum C c (R n ) liegt dicht in L p (R n ).<br />

(b) Sei g ∈ L p (R n ). Die Abbildung x ↦→ L x g ist eine stetige Abbildung von R n nach L p (R n ).<br />

Beweis: (a) Sei f ∈ L p (R n ). Wir wollen zeigen, dass f ein L p -Limes von Funktionen aus<br />

C c (R n ) ist. Indem wir f in Real- und Imaginärteil und dann weiter in Positiv- und<br />

Negativteil zerlegen, sehen wir, dass es ausreicht, f ≥ 0 anzunehmen. Dann ist f ein<br />

punktweiser Limes einer monoton wachsenden Folge von Lebesgueschen<br />

Treppenfunktionen. Es reicht als aus, f selbst als Treppenfunktion anzunehmen, bzw<br />

wegen Linearität kann man gleich f = 1 A voraussetzen, wobei A endliches Maß hat.<br />

Wegen der äusseren Regularität des Lebesgue-Maßes, gibt es eine Folge U n offener<br />

Mengen mit U n ⊃ U n+1 ⊃ A so dass µ(U n ) → µ(A), d.h., ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣1A<br />

− 1 Un<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣p<br />

→ 0. Wir können<br />

also annehmen, dass A selbst offen ist. Wegen der inneren Regularität existiert eine<br />

Folge kompakter Mengen K n ⊂ K n+1 ⊂ A so dass ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣1A<br />

− 1 Kn<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣p<br />

→ 0. Nach dem Lemma<br />

von Urysohn gibt es zu jedem n ∈ N eine Funktion ϕ n ∈ C c (R n ) mit 1 Kn ≤ ϕ n ≤ 1 A .<br />

Dann folgt ϕ n → 1 A in der L p -Norm.<br />

(b) Wir zeigen, dass es zu jedem ε > 0 eine Nullumgebung U in R n gibt, so dass<br />

□<br />

y ∈ U ⇒ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣Ly<br />

g − g ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣p<br />

< ε.<br />

Hierzu nehmen wir zunächst an, dass g ∈ C c (R n ) ist. Wähle ε > 0 und sei K der Träger<br />

von g. Der Träger von L y g ist dann y + K. Sei U 0 eine kompakte Nullumgebung in R n .<br />

Für y ∈ U 0 gilt supp L y g ⊂ U 0 + K.


FUNKTIONALANALYSIS 126<br />

Sei δ > 0. Da g gleichmässig stetig ist, gibt es eine Nullumgebung U ⊂ U 0 so dass für<br />

y ∈ U die Supremumsnorm ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣Ly<br />

g − g ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣G<br />

kleiner als δ ist. Insbesondere hat man für<br />

y ∈ U:<br />

∣ ∣ ∣Ly g − g ∣ (∫<br />

) 1<br />

p<br />

∣<br />

∣∣p<br />

= |g(x − y) − g(x)| p dx < δ vol(U 0 + K)<br />

p 1 .<br />

R n<br />

Setzt man δ gleich ε/vol(U 0 + K) 1/p , so erhält man die Behauptung für g ∈ C c (R n ).<br />

Für ein beliebiges g ∈ L p (R n ), wähle f ∈ C c (R n ) so dass ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f − g<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣p<br />

< ε/3. Wähle eine<br />

Nullumgebung U mit ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f − Ly f ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣p<br />

< ε/3 für jedes y ∈ U. Für y ∈ U hat man dann<br />

∣ ∣ ∣ ∣g − Ly g ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣p<br />

≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣g − f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣p<br />

+ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f − Ly f ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣p<br />

+ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣Ly<br />

f − L y g ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣p<br />

< ε 3 + ε 3 + ε 3 = ε.<br />

Hierbei wurde die Invarianz des Lebesgue-Maßes in der Gleichheit<br />

∣ ∣ ∣Ly f − L y g ∣ ∣ ∣∣p<br />

= ∣ ∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣ ∣∣p f − g benutzt.<br />

□<br />

Proposition 10.2.3 Sind f, g ∈ L 1 (R n ), so ist die Funktion φ : R n → L 1 (R n ); x ↦→ (L x f )g<br />

Bochner-integrabel und es gilt ∫ R n φ = f ∗ g.<br />

Beweis: Die Funktion ist stetig, also separabel und messbar und es gilt<br />

∫<br />

∣ ∣∣ ∣∣φ(x)<br />

∣ ∣∣ ∣∣1<br />

dx =<br />

R n<br />

∫R n ∫<br />

R n | f (y − x)g(y)| dy dx ≤ ∣ ∣ ∣<br />

∣ ∣∣ f<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣1<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣g<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣1<br />

< ∞.<br />

□<br />

10.3 Cauchy-Integralformel<br />

Als Anwendung des Bochner-Integrals beweisen wir die Cauchy-Integralformel für<br />

Banach-Raum-wertige Funktionen. Sei D ⊂ C eine offene Teilmenge und sei f : D → V<br />

eine holomorphe Funktion. Ferner sei γ : [0, 1] → D ein Weg, also eine stetige<br />

Abbildung, die stückweise stetig differenzierbar ist. Das Wegintegral über γ ist dann<br />

definiert als<br />

∫<br />

γ<br />

f (z) dz def<br />

=<br />

∫<br />

γ ′ (t) f (γ(t)) dt.<br />

[0,1]<br />

(Bochner-Integral)<br />

Sei a ∈ D, und sei B = B r (a) eine Kreisscheibe, deren Abschluss in der Menge D<br />

enthalten ist. Wir schreiben ∫ f (z) dz für das Integral über den positiv orientierten<br />

∂B


FUNKTIONALANALYSIS 127<br />

Rand von B, also ∫ f (z) dz = ∫ ∂B γ<br />

gegeben ist.<br />

f (z) dz, wobei γ : [0, 1] → D durch γ(t) = a + re2πit<br />

Satz 10.3.1 (Cauchy-Integralformel)<br />

Sei D ⊂ C eine offenen Menge und f : D → V eine holomorphe Funktion mit Werten im<br />

Banach-Raum V.<br />

Sei B ⊂ C eine offene Kreisscheibe, deren Abschluss in D enthalten ist. Für jedes z ∈ B gilt<br />

f (z) = 1 ∫<br />

f (ξ)<br />

2πi ∂B ξ − z dξ.<br />

Beweis: Sei α : V → C ein stetiges lineares Funktional. Dann gilt<br />

α<br />

( ∫ )<br />

1 f (ξ)<br />

2πi ∂B ξ − z dξ = 1 ∫<br />

α( f (ξ))<br />

dξ = α( f (z)),<br />

2πi ∂B ξ − z<br />

wobei wir Cauchys Integralformel für C-wertige Funktionen verwendet haben. Also<br />

stimmen die beiden Seiten der behaupteten Gleichheit überein, wenn man ein<br />

beliebiges stetiges lineares Funktional anwendet. Da nach dem Hahn-Banach-Satz die<br />

stetigen linearen Funktionale die Punkte von V trennen, folgt die behauptete<br />

Gleichheit.<br />

□<br />

Korollar 10.3.2 In der Situation des Satzes sei B eine offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt a,<br />

deren Abschluss in D enthalten ist. Dann gibt es Vektoren v n ∈ V so dass<br />

f (z) =<br />

∞∑<br />

(z − a) n v n<br />

n=0<br />

für jedes z ∈ B gilt, wobei die Summe kompakt-gleichmässig auf B konvergiert.<br />

Beweis: Es reicht, a = 0 anzunehmen. Ist z ∈ B und ξ ∈ ∂B, dann gilt |z/ξ| < 1, also<br />

konvergiert die geometrische Reihe<br />

∞∑<br />

(z/ξ) n =<br />

n=0<br />

1<br />

1 − z/ξ


FUNKTIONALANALYSIS 128<br />

gleichmässig für (z, ξ) in einer gegebenen abgeschlossenen Teilmenge von B × ∂B. Wir<br />

wenden Cauchys Formel an und erhalten<br />

f (z) =<br />

=<br />

=<br />

=<br />

∫<br />

1 f (ξ)<br />

2πi ∂B ξ − z dξ<br />

∫<br />

1 1 f (ξ)<br />

2πi ∂B ξ 1 − z/ξ dξ<br />

∫<br />

1 f (ξ)<br />

∞∑<br />

(z/ξ) n dξ<br />

2πi ∂B ξ<br />

n=0<br />

1<br />

∞∑ ∫<br />

f (ξ)<br />

z n dξ.<br />

2πi ξn+1 n=0<br />

∂B<br />

Die Vertauschung von Summation und Integration ist wegen gleichmässiger<br />

∫<br />

Konvergenz gerechtfertigt. Mit v n = 1 f (ξ)<br />

dξ folgt die Behauptung.<br />

2πi ξ n+1<br />

∂B<br />


FUNKTIONALANALYSIS 129<br />

11 Distributionen<br />

11.1 Definition der Distributionen<br />

Sei C ∞ (R n ) der Vektorraum der unendlich oft differenzierbaren Funktionen auf R n . Ist<br />

α ∈ N n ein Multi-Index, so schreiben wir<br />

0<br />

∂ α f (x) = ∂α 1<br />

∂x α 1<br />

1<br />

· · ·<br />

∂ α n<br />

∂x α f (x),<br />

n<br />

n<br />

sowie<br />

x α = x α 1<br />

1 · · · xα n<br />

n .<br />

Weiter schreiben wir |x| für die euklidische Norm, also<br />

Für x, y ∈ R n schreiben wir ferner<br />

|x| =<br />

√<br />

x 2 1 + · · · + x2 n.<br />

x · y = x 1 y 1 + · · · + x n y n .<br />

Wir versehen C ∞ (R n ) mit der Topologie erzeugt durch die Halbnormen<br />

σ K,α ( f ) = sup |∂ α f (x)|,<br />

x∈K<br />

wobei K ⊂ R kompakt ist und α ∈ N n 0 . damit ist C∞ (R n ) ein topologischer Vektorraum.<br />

Sei C ∞ c (R n ) der Unterraum aller Funktion mit kompakten Trägern. Es ist nicht a priori<br />

klar, dass dies nicht der Nullraum ist. Wir betrachten zunächst den Fall n = 1,<br />

konstruieren also Funktionen in C ∞ c (R n ). Sei<br />

Diese Funktion liegt in der Tat in C ∞ c (R n ).<br />

⎧<br />

0, x ≤ 0,<br />

⎪⎨<br />

f (x) = e − x 1 e<br />

− 1−x 1<br />

, 0 < x < 1,<br />

⎪⎩ 0, x ≥ 1.<br />

Da wir nun eine nichtverschwindende Funktion f in C ∞ c (R n ) haben, können wir nun<br />

Linearkombinationen von Funktionen der Form h(x) f (ax + b), a 0, h ∈ C ∞ (R),


FUNKTIONALANALYSIS 130<br />

nehmen und wir sehen, dass der Raum C ∞ c (R n ) in der Tat ein sehr grosser Raum ist.<br />

Für beliebiges n können wir h 1 , . . . , h n ∈ C ∞ c (R n ) wählen, dann ist<br />

h(x) = h 1 (x 1 ) · · · h n (x n )<br />

ein Element von C ∞ c (R n ).<br />

Wir könnten C ∞ c (R n ) die Teilraumtopologie von C ∞ (R n ) geben. Die ist für unsere<br />

Zwecke aber nicht geeignet, denn wir wollen zB dass das Integral<br />

I : C ∞ c (R n ) → C<br />

∫<br />

f ↦→ f (x) dx (Lebesgue-Maß)<br />

R n<br />

eine stetige Linearform wird. In der Teilraumtopologie von C ∞ (R n ) ist es das aber<br />

nicht, sei zB f ∈ C ∞ c (R n ) mit ∫ R n<br />

C ∞ (R), aber<br />

I( f j ) = 1 j<br />

f (x) dx 0. Die Folge f j (x) = 1 f (x/j) geht gegen Null in<br />

j<br />

∫<br />

R<br />

f (x/j) dx = j n−1 ∫<br />

R<br />

f (x) dx<br />

geht nicht gegen Null. Wir wissen, dass das Integral mit Limiten vertauscht, wenn die<br />

Träger einer Funktionenfolge alle in einem festen Kompaktum bleiben. Also müssen<br />

wir C ∞ c (R n ) mit einer Topologie versehen, die dies berücksichtigt.<br />

Für N ∈ N sei C ∞ N (Rn ) die Menge aller f ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger im abgeschlossenen Ball<br />

B N (0). Wir versehen C ∞ N (Rn ) mit der Teilraumtopologie von C ∞ (R n ), also der Topologie<br />

induziert durch die Halbnormen<br />

σ α ( f ) = sup |∂ α f (x)|, α ∈ N n 0 .<br />

x∈B N (0)<br />

Es gilt dann<br />

C ∞ c (R n ) =<br />

⋃<br />

C ∞ N (Rn ).<br />

N∈N<br />

Wir versehen C ∞ c (R n ) nun mit der sogenannten induktiven Limes-Topologie, das ist<br />

die Finaltopologie der Abbildungen C ∞ N (Rn ) → C ∞ c (R n ). Es gilt dann, dass eine<br />

Abbildung ψ : C ∞ c (R n ) → Y in irgendeinen topologischen Raum Y genau dann stetig<br />

ist, wenn die Einschränkung ψ| C ∞<br />

N (Rn ) für jedes N ∈ N stetig ist.<br />

Lemma 11.1.1 (a) Eine Folge (g j ) in C ∞ c (R n ) konvergiert genau dann gegen g ∈ C ∞ c (R n ).<br />

wenn es ein N ∈ N gibt, so dass alle g j in C ∞ N (Rn ) liegen und jede Ableitung ∂ α g j


FUNKTIONALANALYSIS 131<br />

gleichmässig gegen die entsprechende Ableitung ∂ α g konvergiert.<br />

(b) Eine Abbildung ψ : C ∞ c (R n ) → X in einen metrischen Raum X ist genau dann stetig,<br />

wenn für jede in C ∞ c (R n ) konvergente Folge Folge g j → g gilt<br />

lim<br />

j<br />

ψ(g j ) = ψ(g).<br />

Beweis: (a) Eine Teilmenge U von C ∞ c (R n ) ist genau dann offen, wenn für jedes N ∈ N<br />

die Menge U ∩ C ∞ N (Rn ) in C ∞ N (Rn ) offen ist. Für eine stetige Funktion η : R n → (0, 1) sei<br />

U η die Menge aller f ∈ C ∞ c (R n ) mit | f | < η. Dann ist U η eine offene Nullumgebung in<br />

C ∞ c (R n ), siehe Beispiel 9.2.10. Sei g j → g in C ∞ c (R n ) konvergent. Ohne Einschränkung<br />

kann g = 0 angenommen werden. Es ist zu zeigen, dass die Träger der g j beschränkt<br />

sind. Angenommen, dies ist nicht der Fall. Dann existiert zu jedem Kompaktum<br />

K ⊂ R n ein j so dass supp(g j ) keine Teilmenge von K ist. Sukzessive basteln wir eine<br />

Teilfolge g jk und eine Folge von Kompakta K k ⊂ K k+1 so dass supp(g jk ) ⊂ K k aber<br />

supp(g jk+1 ) liegt nicht in K k . Es existiert daher eine stetige Funktion η > 0 so dass kein<br />

|g j | überall < η ist. Also gilt g j U η für alle j, was der Tatsache g j → 0 widerspricht.<br />

Damit folgt (a).<br />

Nun zu (b). Da die Topologie von C ∞ c (R n ) eine Finaltopologie ist, ist ψ genau dann<br />

stetig, wenn jede Einschränkung Ψ N = Ψ| C ∞<br />

N (Rn ) stetig ist. Wir müssen also zeigen, dass<br />

ψ N bereits stetig ist, wenn es folgenstetig ist, d.h., wenn es konvergente Folgen in<br />

konvergente Folgen überführt. Dies ist eine Konsequenz aus der Tatsache, dass die<br />

Topologie von C ∞ N (Rn ) durch abzählbar viele Halbnormen erzeugt wird. Für j ∈ N sei<br />

U j = { f ∈ C ∞ N (Rn ) : σ 0 ( f ), . . . , σ n ( f ) < 1 j }.<br />

Dann ist die Familie (U j ) eine offene Nullumgebungsbasis in C ∞ N (Rn ). Sei ψ N<br />

folgenstetig und sei (g µ ) µ∈I ein Netz, das gegen ein g ∈ C ∞ N (Rn ) konvergiert. Für j ∈ N<br />

existiert dann ein µ j ∈ I so dass<br />

µ ≥ µ j ⇒ g µ ∈ g + U j .<br />

Angenommen, das Netz ψ N (g µ ) konvergiert nicht gegen ψ(g). Dann gibt es ein ε > 0<br />

und zu jedem j ∈ N ein β j ∈ I so dass β j ≥ µ j und d(ψ N (g βj ), ψ N (g)) > ε. Wegen β j ≥ µ j<br />

ist g βj ∈ U j , das heisst die Folge (g βj ) j konvergiert gegen g und damit konvergiert<br />

ψ N (g βj ) gegen ψ N (g), Widerspruch!<br />


FUNKTIONALANALYSIS 132<br />

Definition 11.1.2 Eine Distribution auf R n ist eine stetige lineare Abbildung<br />

T : C ∞ c (R n ) → C.<br />

Beispiele 11.1.3<br />

• Die Delta-Distribution<br />

δ( f )<br />

def<br />

= f (0),<br />

die auch Dirac-Distribution genannt wird.<br />

• Das Integral<br />

I( f )<br />

def<br />

=<br />

∫<br />

R n<br />

f (x) dx.<br />

• Eine Funktion φ auf R n heisst lokal integrierbar, falls jede Punkt x ∈ R n eine<br />

Umgebung U besitzt, auf der φ integrierbar ist. Dies ist äquivalent dazu, dass φ<br />

auf jedem Kompaktum integrierbar ist. Jede lokal integrierbare Funktion φ<br />

definiert eine Distribution I φ durch<br />

I φ ( f )<br />

def<br />

=<br />

∫<br />

R n<br />

f (x) φ(x) dx.<br />

Der komplexe Vektorraum der Distributionen wird mit C ∞ c (R n ) ′ bezeichnet. Eine<br />

Distribution T ist im allgemeinen keine Funktion, also macht es keinen Sinn, T(x) zu<br />

schreiben, es ist aber dennoch suggestiv zu schreiben<br />

∫<br />

T( f ) = T(x) f (x) dx.<br />

R n<br />

Zum Beispiel, ist T eine Distribution, so ist die Distribution T(x − a), a ∈ R n , definiert<br />

durch<br />

∫<br />

R n T(x − a) f (x) dx def<br />

=<br />

∫<br />

R n T(x) f (x + a) dx.<br />

Also T(x − a) angewendet auf f ist dasselbe wie T angewendet auf x ↦→ f (x + a). So ist<br />

also<br />

∫<br />

∫<br />

δ(x − a) f (x) dx = δ(x) f (x + a) dx = f (a).<br />

R n R n<br />

Proposition 11.1.4 Sei L 1 lok (Rn ) der Raum der lokal-integrierbaren Funktionen modulo


FUNKTIONALANALYSIS 133<br />

Nullfunktionen. Für jedes 1 ≤ p ≤ ∞ gilt<br />

L p (R n ) ⊂ L 1 lok (Rn )<br />

und die Abbildung L 1 lok (Rn ) → C ∞ c (R n ) ′ die φ auf I φ abbildet, ist injektiv.<br />

Insbesondere kann also jeder L p -Raum als Teilraum des Distributionenraums aufgefasst<br />

werden.<br />

Beweis: Sei φ ∈ L p (R n ) bzw. in L p (R n ) und sei zunächst p < ∞. Sei A ⊂ R n die Menge<br />

aller x ∈ R n mit |φ(x)| ≤ 1, sowie B = R n A. Für jedes Kompaktum K ist<br />

∫<br />

A∩K |φ(x)| dx < ∞ und ∫ B∩K |φ(x)| dx ≤ ∫ B∩K |φ(x)|p dx < ∞, also ist φ lokal integrierbar.<br />

Der Fall p = ∞ ist ohnehin klar.<br />

Sei nun φ ∈ L 1 lok (R) mit I φ = 0. Sei K ⊂ R n ein Kompaktum und f j eine Folge in C ∞ c (R n )<br />

mit f j ≥ f j+1 ≥ 1 K , die punktweise gegen 1 K konvergiert. Es folgt<br />

∫<br />

K<br />

φ(x) dx = lim<br />

j<br />

∫<br />

R<br />

f j (x)φ(x) dx = 0.<br />

Also enthält das System A aller Lebesgue-messbaren A ⊂ R n für die gilt ∫ φ(x) dx = 0<br />

A<br />

alle kompakten Teilmengen. Das Mengensystem A ist eine σ-Algebra. Da die<br />

kompakten Teilmengen und die Teilmengen von Nullmengen die Lebesgue-σ-Algebra<br />

erzeugen, ist A gleich der Lebesgue-σ-Algebra. Sei nun A ⊂ R n die Teilmenge aller x<br />

mit Re φ(x) > 0. Dann ist 0 = Re ∫ φ(x) dx = ∫ Re φ(x) dx. Dasselbe gilt für die Menge<br />

A A<br />

aller x mit Re φ(x) < 0. Es folgt, dass Re φ eine Nullfunktion ist. Analog für Im φ. □<br />

11.2 Träger einer Distribution<br />

Sei T eine Distribution. Für x ∈ R n sagen wir T(x) = 0, falls es eine Umgebung U von x<br />

gibt mit T(C ∞ c (U)) = 0. Der Träger der Distribution T, geschrieben supp(T), ist die<br />

Menge aller x ∈ R mit T(x) 0.<br />

Beispiel 11.2.1 Sei φ eine stetige Funktion auf R. Dann gilt<br />

supp(I φ ) = supp(φ) = {x ∈ R : φ(x) 0}.<br />

Sei C ∞ (R n ) ′ die Menge der stetigen linearen Abbildungen L : C ∞ (R n ) → C.


FUNKTIONALANALYSIS 134<br />

Satz 11.2.2 Ist S ∈ C ∞ (R n ) ′ , so ist die Einschränkung auf C ∞ c (R n ) eine Distribution mit<br />

kompaktem Träger. Die Einschränkung definiert eine lineare Bijektion<br />

Also kann man sagen:<br />

res : C ∞ (R n ) ′<br />

<br />

−→ {T ∈ C ∞ c (R n ) ′ : supp(T) ist kompakt}.<br />

C ∞ (R n ) ′<br />

ist der Raum der Distributionen mit kompaktem Träger.<br />

Beweis: Sei S eine stetige Linearform auf C ∞ (R n ). Durch Einschränkung auf<br />

C ∞ c (R n ) ⊂ C ∞ (R n ) definiert S eine lineare Abbildung, die mit Lemma 11.1.1 als stetig<br />

erkannt wird. Wir wollen zeigen, dass diese Distribution kompakten Träger hat.<br />

Angenommen, S habe keinen kompakten Träger, d.h., wir nehmen an, dass es zu<br />

jedem Kompaktum K ⊂ R ein f ∈ C ∞ c (R n ) gibt mit Träger in R K so dass S( f ) 0, also<br />

indem man f mit einem Skalar multipliziert, S( f ) = 1. Wir definieren nun induktiv<br />

eine Folge von Funktionen. Sei f 1 ∈ C ∞ c (R n ) eine beliebige Funktion mit S( f 1 ) = 1. Sei f j<br />

bereits konstruiert und sei f j+1 ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger ausserhalb der 1-Umgebung von<br />

supp f 1 ∪ supp f 2 ∪ · · · ∪ supp f j<br />

und S( f j+1 ) = 1. Sei h j = f 1 + · · · + f j . Da die Träger der f j paarweise Abstand ≥ 1<br />

voneinander haben, konvergiert die Folge h j lokal gleichmässig gegen eine Funktion<br />

h = ∑ ∞<br />

j=1 f j . Andererseits ist aber S(h j ) = S( f 1 ) + · · · + S( f j ) = j und diese Folge<br />

konvergiert nicht, was der Stetigkeit von S widerspricht! Damit ist die Annahme<br />

falsch, S hat also kompakten Träger.<br />

Injektivität von res: Sei S im kern der Restriktionsabbildung, also S( f ) = 0 falls f<br />

kompakten Träger hat. Sei nun h ∈ C ∞ (R n ) und für jedes j ∈ N sei χ j ∈ C ∞ c (R n ) so dass<br />

⎧<br />

⎪⎨ 1 falls |x| ≤ j,<br />

χ j (x) =<br />

⎪⎩ 0 falls |x| ≥ j + 1.<br />

Dann konvergiert die Folge h j = χ j h in C ∞ (R n ) gegen h. Daher ist S(h) = lim j S(h j ) = 0.<br />

Also ist S = 0 und res injektiv.


FUNKTIONALANALYSIS 135<br />

Surjektivität: Sei T eine Distribution mit kompaktem Träger. Sei χ ∈ C ∞ c (R n ) so dass<br />

χ ≡ 1 in einer Umgebung von supp T. Für f ∈ C ∞ (R n ) definieren wir ˜T( f ) = T(χ f ).<br />

Dann gilt<br />

(i) ˜T( f ) = T( f ) falls f kompakten Träger hat,<br />

(ii) ˜T liegt in C ∞ (R n ) ′ und hängt nicht von der Wahl von χ ab.<br />

Zum Beweis habe die Funktion f kompakten Träger, dann gilt<br />

˜T( f ) − T( f ) = T((χ − 1) f ) = 0,<br />

da (χ − 1) f Träger ausserhalb von supp T hat. Für die zweite Aussage sei χ ′ eine<br />

weitere Wahl, dann ist<br />

T(χ f ) − T(χ ′ f ) = T((χ − χ ′ ) f ) = 0,<br />

da (χ − χ ′ ) Träger ausserhalb von supp T hat. Die Stetigkeit von ˜T ist klar, denn<br />

konvergiert eine Folge f j in C ∞ (R) gegen f ∈ C ∞ (R), dann konvergiert χ f j in C ∞ c (R n )<br />

gegen χ f .<br />

□<br />

Definition 11.2.3 Für N ∈ N und φ ∈ C ∞ c (R n ) sei<br />

∣ ∣ ∣ ∣φ<br />

∣ ∣∣<br />

∣ ∣∣N<br />

= sup { |∂ α φ(x)| : |α| ≤ N, x ∈ R n} .<br />

Satz 11.2.4 Für eine lineare Abbildung T : C ∞ c (R n ) → C sind äquivalent:<br />

(a) Sei T eine Distribution.<br />

(b) Zu jedem Kompaktum K ⊂ R n gibt es ein N ∈ N und eine Konstante C > 0 so dass<br />

für jedes φ ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger in K gilt<br />

|T(φ)| ≤ C ∣ ∣ ∣∣φ<br />

∣ ∣∣ ∣∣N<br />

.<br />

Beweis: Für ein Kompaktum K ⊂ R n sei C ∞ K<br />

die Menge aller glatten Funktionen auf Rn<br />

mit Träger in K. Ein lineares T ist genau dann eine Distribution, wenn für jedes K die


FUNKTIONALANALYSIS 136<br />

Abbildung<br />

C ∞ K ↩→ C∞ c (R n )<br />

T<br />

−→ C<br />

stetig ist. Die Topologie auf C ∞ K wird aber gerade von der Halbnormen ||.|| N erzeugt. □<br />

Falls es ein N gibt, dass die obige Abschätzung (mit verschiedenen C) für alle K<br />

erfüllt, so sagen wir, T hat endliche Ordnung. Das kleinste solche N heißt Ordnung<br />

der Distribution T. Andernfalls hat T unendliche Ordnung.<br />

Beachte, dass jede Distribution mit kompaktem Träger endliche Ordnung hat.<br />

11.3 Die Ableitung einer Distribution<br />

Sei φ eine glatte Funktion auf R n und sei α ∈ N n ein Multi-Index. Durch partielle<br />

0<br />

Integration sieht man, dass für g ∈ C ∞ c (R n ) gilt<br />

∫<br />

I ∂ α φ(g) = ∂<br />

∫R α φ(x)g(x) dx = (−1) |α| φ(x)∂ α g(x) dx = (−1) |α| I φ (∂ α g),<br />

n R n<br />

wobei<br />

|α| = α 1 + · · · + α n .<br />

Dies motiviert die definition der Ableitung einer Distribution wie folgt. Sei T eine<br />

Distribution und α ∈ N n 0 . Wir definieren die Ableitung ∂α T ∈ C ∞ c (R n ) ′ durch<br />

∂ α T(g)<br />

def<br />

= (−1)|α| T(∂ α g).<br />

Beispiele 11.3.1 • Ist die Funktion φ glatt, so gilt ∂ α I φ = I ∂ α φ.<br />

• Sei n = 1 und φ die Indikatorfunktion des Intervalls [0, 1]. Für g ∈ C ∞ c (R) folgt<br />

∫ 1<br />

I ′ φ (g) = −T φ(g ′ ) = − g ′ (x) dx = g(0) − g(1),<br />

0<br />

wir können also schreiben I ′ (x) = δ(x) − δ(x − 1).<br />

φ


FUNKTIONALANALYSIS 137<br />

11.4 Temperierte Distributionen<br />

Sei S = S(R n ) der Raum der Schwartz-Funktionen auf R n , also der Raum aller<br />

f ∈ C ∞ (R n ) so dass σ α,β ( f ) < ∞ für alle α, β ∈ N n gilt, wobei<br />

0<br />

σ α,β ( f ) = sup<br />

x∈R n |x α ∂ β f (x)|.<br />

Wir sagen dass eine Folge ( f j ) j∈N in S gegen ein f ∈ S konvergiert, falls für je zwei<br />

gegebene α, β ∈ N n 0 die Folge σ α,β( f j − f ) für j → ∞ gegen Null geht.<br />

Lemma 11.4.1 Der Raum S ist ein Unterraum von L 2 (R n ). Die Inklusionsabbildung<br />

S ↩→ L 2 (R n ) ist stetig, d.h. konvergiert die Folge ( f j ) in S gegen f , dann gilt<br />

∣ ∣∣ ∣∣<br />

lim j fj − f ∣ ∣ ∣∣<br />

= 0.<br />

2<br />

Beweis: Es gelte f j → f in S. Insbesondere geht dann sup x∈R<br />

| f j (x) − f (x)|(1 + |x| n )<br />

gegen Null. Sei C = ∫ R n 1<br />

(1+|x| n ) 2 dx und ε > 0. Es gilt dann C < ∞ und es gibt j 0 ∈ N so<br />

dass für alle j ≥ j 0 gilt<br />

Sei j ≥ j 0 . Dann gilt | f j (x) − f (x)| <<br />

sup | f j (x) − f (x)|(1 + |x| n ) < √ ε/C.<br />

x∈R<br />

√<br />

ε/C<br />

1+|x| n<br />

für jedes x ∈ R n . Damit<br />

∣ ∣ fj − f ∣ ∫<br />

∫<br />

∣<br />

∣∣ 2<br />

= | f j (x) − f (x)| 2 dx <<br />

2<br />

R n<br />

Eine temperierte Distribution ist eine lineare Abbildung<br />

R n<br />

ε/C<br />

dx = ε. □<br />

(1 + |x| n )<br />

2<br />

T : S → C<br />

so dass<br />

lim T( f k) = T( f )<br />

k→∞<br />

für jede gegen f konvergente Folge ( f k ) in S gilt. Es ist leicht zu sehen, dass jede in<br />

C ∞ c (R n ) konvergente Folge g j → g ebenfalls in S gegen g konvergiert, so dass jede<br />

temperierte Distribution T durch Einschränkung auf C ∞ c (R n ) auch eine Distribution<br />

definiert. Wir schreiben S ′ für den Raum aller Distributionen.


FUNKTIONALANALYSIS 138<br />

Proposition 11.4.2 Die Menge der Testfunktionen C ∞ c (R n ) ist dicht in S. Also ist die<br />

Restriktionsabbildung<br />

S ′ → C ∞ c (R n ) ′ ,<br />

T ↦→ T| C ∞ c (R n ),<br />

injektiv. Wir können also den Raum der temperierten Distributionen als einen Teilraum des<br />

Raums der Distributionen auffassen. Die Inklusionskette C ∞ c (R n ) ⊂ S ⊂ C ∞ (R n ) dualisiert<br />

sich damit zu<br />

C ∞ (R n ) ′ ⊂ S ′ ⊂ C ∞ c (R n ) ′ .<br />

Beweis: Sei η : R n → [0, 1] eine glatte Funktion mit η(x) = 1 für x ≤ 0 und η(x) = 0 für<br />

x ≥ 1. Für j ∈ N setze<br />

χ j (x)<br />

def<br />

=<br />

η(|x| − j).<br />

Die Funktion χ j ist glatt, hat kompakten Träger und es gilt χ j (x) = 1 für |x| ≤ j. Setze<br />

f j (x) = χ j (x) f (x). Dann liegt f j in C ∞ c (R n ) und die Folge f j konvergiert in S gegen f , wie<br />

man leicht sieht. Also T( f ) = lim j T( f j ) = 0.<br />

Eine lokal integrierbare Funktion φ. Dann ist unter gewissen Bedingungen die<br />

Distribution I φ temperiert.<br />

Lemma 11.4.3 Sei φ eine lokal integrierbare Funktion auf R und nimm an, dass ein k ∈ N<br />

existiert mit<br />

∫<br />

1<br />

|φ(x)| dx < ∞.<br />

R 1 + x n 2k<br />

Dann konvergiert das Integral I φ ( f ) = ∫ R n φ(x) f (x) dx für jedes f ∈ S und definiert eine<br />

temperierte Distribution f ↦→ I φ ( f ).<br />

Beweis: Die Konvergenz ist klar, so dass I φ eine lineare Abbildung S → C definiert.<br />

Wir müssen zeigen, dass diese stetig ist. Sei k wie im Lemma und sei<br />

C = ∫ 1<br />

|φ(x)| dx. Wir können C > 0 annehmen. Die Folge ( f<br />

R n 1+x 2k j ) konvergiere gegen f<br />

in S. Sei ε > 0. Dann existiert ein j 0 so dass für j ≥ j 0 gilt sup x∈R<br />

| f j (x) − f (x)| <<br />

Für j ≥ j 0 folgt<br />

ε<br />

. C(1+x 2k )<br />

∫<br />

|I φ ( f j ) − I φ ( f )| ≤ |φ(x)| | f j (x) − f (x)| dx<br />

R n<br />

< ε ∫<br />

|φ(x)|<br />

dx = ε. □<br />

C 1 + x2k R n<br />


FUNKTIONALANALYSIS 139<br />

Proposition 11.4.4 Ist φ ∈ L 2 (R), dann ist die Distribution I φ temperiert. Wir erhalten eine<br />

kanonische Einbettung L 2 (R) ↩→ S ′ .<br />

Beweis: Klar nach dem letzten Lemma.<br />


Inhaltsverzeichnis<br />

140


Index<br />

C ∞ (R n ), 125<br />

L 2 -Kern, 93<br />

äquivalent, 38<br />

abgeschlossene Abbildung, 6<br />

abgeschlossene Mengen, 3<br />

Ableitung einer Distribution, 132<br />

absorbierend, 107<br />

adjungierte Operator, 58<br />

Algebra, 19, 78<br />

Algebrenhomomorphismus, 78<br />

Algebrenisomorphismus, 78<br />

ausgewogen, 107<br />

Baire-Raum, 23<br />

Banach-Raum, 17, 26<br />

Basis, 12<br />

Basis der Topologie, 5<br />

bedingter Erwartungswert, 63<br />

beschränkte lineare Abbildung, 27<br />

Bochner-Integral, 115<br />

Cauchy-Netz, 113<br />

Cauchy-Schwarz-Ungleichung, 29<br />

Cauchys Integralformel, 123<br />

co-endlich Topologie, 3<br />

Delta-Distribution, 128<br />

dicht, 23<br />

Dirac-Distribution, 128<br />

diskrete Topologie, 3<br />

Distribution, 128<br />

Eigenraum, 85<br />

Eigenwert, 68<br />

einfache Funktion, 115<br />

Einheitengruppe, 69<br />

Einpunktkompaktifizierung, 18<br />

Einselement, 78<br />

endliche Ordnung, 132<br />

ersten Abzählbarkeitsaxiom, 5<br />

Erzeugendensystem, 39<br />

erzeugte Topologie, 4<br />

Faltungsprodukt, 120<br />

Final-Topologie, 7<br />

folgenstetig, 127<br />

Fourier-Transformierte, 61<br />

geometrische Reihe, 70<br />

Graph, 47<br />

Halbnorm, 106<br />

Hamel-Basis, 39<br />

Hausdorff-Metrik, 75<br />

Hausdorff-Raum, 8<br />

Hilbert-Raum, 30<br />

Hilbert-Schmidt-Norm, 90<br />

Hilbert-Schmidt-Operator, 91<br />

holomorph, 71<br />

Homöomorphismus, 6<br />

induktive Limestopologie, 110<br />

induktiven Limes-Topologie, 126<br />

induktiven Limestopologie, 7<br />

Initialtopologie, 7<br />

integrabel, 115<br />

Integral, 116<br />

Isometrie, 35<br />

isometrischer Isomorphismus, 31, 35<br />

kompakter Operator, 84<br />

141


FUNKTIONALANALYSIS 142<br />

Kompaktifizierung, 18<br />

Komplexifizierung, 25<br />

konvex, 44<br />

Laurent-Polynome, 23<br />

linear geordnet, 11<br />

linear unabhängig, 12, 39<br />

lineare Isometrie, 31<br />

linearen Operator, 27<br />

lineares Funktional, 27<br />

lokal integrierbar, 128<br />

lokalkompakt, 11, 15<br />

lokalkonvex, 107<br />

maximales Element, 12<br />

Norm, 29<br />

normal, 65<br />

normierter Vektorraum, 25<br />

obere Schranke, 11<br />

offene Abbildung, 6<br />

offene Mengen, 3<br />

offene Umgebung, 3<br />

offenen Rechtecke, 9<br />

offenen Umgebungsbasis, 5<br />

ONB, 31<br />

ONS, 31<br />

Operatornorm, 27<br />

Ordnung der Distribution, 132<br />

Orthogonalprojektion, 62<br />

Orthogonalraum, 34<br />

Orthonormalbasis, 31<br />

Orthonormalsystem, 31<br />

Paarung, 50<br />

perfekte Paarung, 50<br />

Polarzerlegung, 82<br />

positiv definit, 108<br />

positiver Operator, 74<br />

Prä-Hilbert-Raum, 29<br />

Produkttopologie, 7<br />

Projektion, 34, 62<br />

Projektionsoperator, 62<br />

Quotiententopologie, 7<br />

reflexiv, 50<br />

relativ kompakt, 15<br />

Resolvente, 68<br />

Resolventenmenge, 68<br />

Satz von Plancherel, 61<br />

schwach-*-Topologie, 56<br />

schwache Topologie, 53<br />

Schwartz-Funktionen, 133<br />

selbstadjungiert, 58<br />

separabel, 118<br />

separable Abbildung, 118<br />

separierten Topologischen Raum, 9<br />

Shiftoperator, 61<br />

singulären Werte, 94<br />

Skalarprodukt, 28<br />

Spektraldarstellung, 101<br />

Spektralmaß, 99<br />

Spektralradius, 71<br />

Spektrum, 68<br />

Spur, 97<br />

Spur-Norm, 94<br />

Spurklasse-Operator, 94<br />

stetig, 5<br />

stetig im Punkt, 6<br />

stetigen Dualraum, 43<br />

Teilraumtopologie, 7<br />

temperierte Distribution, 133<br />

Topologie, 3


FUNKTIONALANALYSIS 143<br />

topologischer Raum, 3<br />

topologischer Vektorraum, 105<br />

Träger, 129<br />

triviale Topologie, 3<br />

Umgebung, 3<br />

Umgebungsbasis, 5<br />

unitär, 60<br />

unital, 78<br />

Unteralgebra, 19<br />

Urysohn’s Lemma, 15<br />

verschwindet im Unendlichen, 17<br />

Vervollständigung, 35<br />

vollständig, 35, 113<br />

vollständiges ONS, 31<br />

von endlichem Rang, 84<br />

von zweiter Kategorie, 23<br />

Wegintegral, 122<br />

wesentlich separabel, 118<br />

zweiten Abzählbarkeitsaxiom, 5

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