Funktionalanalysis - Mathematik
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<strong>Funktionalanalysis</strong><br />
Anton Deitmar<br />
WS 2011/12<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Allgemeine Topologie 3<br />
1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
1.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
1.3 Initial- und Final-Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.4 Hausdorff Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
1.5 Kompakte Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
1.6 Das Zornsche Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
1.7 Der Satz von Tychonov . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
1.8 Das Lemma von Urysohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
1.10 Der Satz von Baire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
2 Normierte Räume 25<br />
2.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
2.2 Stetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
2.3 Hilbert-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
2.4 Vervollständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />
2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
2.6 Nichtstetige lineare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
3 Grundprinzipien der <strong>Funktionalanalysis</strong> 41<br />
3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
3.2 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen . . . . . . . . . . 46<br />
3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
4 Schwache Topologie 49<br />
4.1 Dualität bei Banach-Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
4.2 Schwache Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
5 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen 58<br />
5.1 Adjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />
5.2 Isometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
1
FUNKTIONALANALYSIS 2<br />
5.3 Projektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
5.4 Normale Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
6 Funktionalkalkül 68<br />
6.1 Spektrum und Resolvente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />
6.2 Funktionalkalkül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />
6.3 Polarzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82<br />
7 Kompakte Operatoren 84<br />
7.1 Spektralsatz für normale kompakte Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84<br />
7.2 Hilbert-Schmidt-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />
7.3 Spurklasse-Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />
8 Der Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren 99<br />
8.1 Spektralmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />
8.2 Der Spektralsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />
9 Topologische Vektorräume 105<br />
9.1 Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />
9.2 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />
9.3 Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />
10 Vektorwertige Integrale 119<br />
10.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119<br />
10.2 Faltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124<br />
10.3 Cauchy-Integralformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126<br />
11 Distributionen 129<br />
11.1 Definition der Distributionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129<br />
11.2 Träger einer Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />
11.3 Die Ableitung einer Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136<br />
11.4 Temperierte Distributionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
FUNKTIONALANALYSIS 3<br />
1 Allgemeine Topologie<br />
Wir erinnern an die Definition einer Topologie. Eine Topologie auf einer Menge X ist<br />
ein System von Teilmengen O ⊂ P(X), das unter endlichen Schnitten und beliebigen<br />
Vereinigungen abgeschlossen ist. Ein topologischer Raum ist ein Paar (X, O)<br />
bestehend aus einer Menge X und einer Topologie O auf X. Die Mengen A ∈ O heissen<br />
offene Mengen und ihre Komplemente abgeschlossene Mengen. Zu jeder Menge<br />
A ⊂ X gibt es eine kleinste abgeschlossene Menge A, die A enthält, genauer ist<br />
Beispiele 1.0.1<br />
A =<br />
⋂<br />
C⊃A<br />
C⊂X abgeschlossen<br />
• Auf jeder Menge X gibt es die triviale Topologie O = {∅, X},<br />
sowie die diskrete Topologie O = P(X).<br />
• Ist (X, d) ein metrischer Raum, so ist<br />
C.<br />
O = {U ⊂ X : x ∈ U ⇒ U ε (x) ⊂ U für ein ε > 0}<br />
eine Topologie.<br />
• Sei X eine unendliche Menge, die co-endlich Topologie ist die Topologie<br />
bestehend aus allen Mengen U ⊂ X die endliches Komplement haben,<br />
zusammen mit der leeren Menge.<br />
Sei x ∈ X ein Punkt. Eine offene Umgebung von x ist eine offene Menge U, die x<br />
enthält. Eine Umgebung von x ist eine Menge V ⊂ X, die eine offene Umgebung von x<br />
enthält.<br />
Lemma 1.0.2 Sei A eine Teilmenge des topologischen Raums X. Ein Punkt x ∈ X gehört<br />
genau dann zum Abschluss A von A, wenn A ∩ U ∅ für jede Umgebung U von x gilt.<br />
Beweis: Die Behauptung ist äquivalent dazu, dass x genau dann nicht in A liegt, wenn<br />
es eine Umgebung U von x gibt mit U ∩ A = ∅. Wir können in diesem Fall U als offen<br />
voraussetzen.<br />
Is also U eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅, dann ist A eine Teilmenge der<br />
abgeschlossenen Menge X U, also x Ā. Umgekehrt, nimm an x Ā. Dann ist<br />
U = X Ā eine offene Umgebung von x mit A ∩ U = ∅.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 4<br />
1.1 Erzeuger und Abzählbarkeit<br />
Für ein gegebenes System von Teilmengen E ⊂ P(X) existiert eine kleinste Topologie,<br />
die E enthält, nämlich<br />
O E =<br />
⋂<br />
O⊃E<br />
O Topologie<br />
Man nennt O E die von E erzeugte Topologie.<br />
O.<br />
Lemma 1.1.1 Sei E ⊂ P(X) beliebig. Sei dann S ⊂ P(X) das System aller Mengen der Form<br />
A 1 ∩ · · · ∩ A n ,<br />
wobei A 1 , . . . , A n ∈ E. Als nächstes sei T ′ das System aller Mengen der Form<br />
⋃<br />
S i ,<br />
mit S i ∈ S für jedes i ∈ I. Schliesslich setze T = T ′ ∪ {∅, X}. Dann gilt O E = T .<br />
i∈I<br />
Beweis: Jede Topologie, die E enthält, enthält auch S und T , also T ⊂ O E .<br />
Andererseits werden wir sehen, dass T selbst eine Topologie ist, da T den Erzeuger E<br />
enthält, folgt auch T ⊃ O E .<br />
Es bleibt also zu zeigen, dass T eine Topologie ist.<br />
• ∅, X ∈ T gilt nach Definition.<br />
• Beliebige Vereinigungen von Elementen von T sind wieder Elemente von T .<br />
• Wir zeigen A, B ∈ T ⇒ A ∩ B ∈ T . Ist eine der Beiden Mengen gleich ∅ oder X,<br />
so ist die Behauptung klar. Seien also<br />
⋃<br />
⋃<br />
A = S i , B =<br />
i∈I<br />
j∈J<br />
T j<br />
mit S i , T j ∈ S. Dann ist<br />
⋃<br />
A ∩ B = S i ∩ T j .<br />
I∈I<br />
j∈J<br />
Mit S i , T j ∈ S folgt aber S i ∩ T j ∈ S, also ist A ∩ B ∈ T .
FUNKTIONALANALYSIS 5<br />
□<br />
Definition 1.1.2 Eine Umgebungsbasis eines Punktes x ∈ X ist eine Familie (U i ) i∈I<br />
von Umgebungen von x so dass jede Umgebung U eines der U i enthält. Ist jedes U i<br />
offen, so sprechen wir von einer offenen Umgebungsbasis.<br />
Ein topologischer Raum X genügt dem ersten Abzählbarkeitsaxiom, wenn jeder<br />
Punkt x eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt.<br />
Beispiele 1.1.3 • Sei (X, d) einmetrischer Raum. Für jedes x ∈ X ist die Familie der<br />
Bälle (B 1/n (x)) n∈N eine Umgebungsbasis von x. also genügt jeder metrische Raum<br />
dem ersten Abzählbarkeitsaxiom.<br />
• Die Co-endlich Topologie auf einer überabzählbaren Menge X genügt nicht dem<br />
ersten Abzählbarkeitsaxiom.<br />
Definition 1.1.4 Eine Basis der Topologie ist eine Familie (U i ) i∈I von offenen Mengen<br />
so dass jede offene Menge als Vereinigung von Mitgliedern U i der Familie geschrieben<br />
werden kann. Die Familie der offenen Intervalle (a, b), wobei a und b rationale Zahlen<br />
sind, ist eine Topologie-Basis von R.<br />
Definition 1.1.5 Ein topologischer Raum genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom,<br />
wenn er eine abzählbare Topologie-Basis besitzt.<br />
Es ist eine Konsequenz des Lemmas 1.1.1, dass ein Raum genau dann dem zweiten<br />
Abzählbarkeitsaxiom genügt, wenn die Topologie einen abzählbaren Erzeuger besitzt.<br />
Beispiel 1.1.6 Ein Beispiel für einen Raum, der keine abzählbare Topologiebasis<br />
besitzt, ist schnell gegeben: Sei X eine überabzählbare Menge und O = P(X) die<br />
diskrete Topologie. Dann ist die Menge aller Singletons {x} mit x ∈ X die kleinste<br />
Topologiebasis die es gibt. Diese widersetzt sich einer Abzählung.<br />
1.2 Stetigkeit<br />
Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst stetig, wenn für<br />
jede offene Menge U ⊂ Y das Urbild f −1 (U) ⊂ X offen ist.
FUNKTIONALANALYSIS 6<br />
Äquivalent kann man sagen, dass eine Abbildung genau dann stetig ist, wenn für jede<br />
abgeschlossenen Menge C ⊂ Y das Urbild f −1 (C) ⊂ X abgeschlossen ist.<br />
Sind f, g komponierbare stetige Abbildungen, so ist f ◦ g stetig.<br />
Definition 1.2.1 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst<br />
stetig im Punkt x ∈ X, wenn es zu jeder offenen Umgebung V von y = f (x) eine offene<br />
Umgebung U von x gibt mit f (U) ⊂ V.<br />
Proposition 1.2.2 Eine Abbildung f : X → Y ist genau dann stetig, wenn sie in jedem<br />
Punkte stetig ist.<br />
Beweis: Sei f stetig und sei x ∈ X. Sei eine offene Umgebung V von y = f (x) gegeben.<br />
Dann ist U = f −1 (V) offen und enthält x, ist also eine offene Umgebung von x mit<br />
f (U) ⊂ V. Damit ist f stetig im Punkt x.<br />
Sei umgekehrt f in jedem Punkt stetig und sei V ⊂ Y offen. Wir zeigen, dass f −1 (V)<br />
offen ist. Sei dazu x ∈ f −1 (V), dann ist V eine offene Umgebung von y = f (x) und daher<br />
existiert eine offene Umgebung U von x mit f (U) ⊂ V, d.h., U ⊂ f −1 (V). Damit enthält<br />
f −1 (V) zu gegebenem x ∈ f −1 (V) ach eine offene Umgebung U von x, also ist V offen. □<br />
Definition 1.2.3 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen heisst<br />
offene Abbildung, falls f (U) ⊂ Y offen ist für jede offene Menge U ⊂ X und f heisst<br />
abgeschlossene Abbildung, falls f (C) abgeschlossen ist für jedes abgeschlossene<br />
C ⊂ X.<br />
Eine bijektive Abbildung f : X → Y heisst ein Homöomorphismus, falls f stetig und<br />
offen ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn sowohl f als auch ihre Umkehrabbildung<br />
stetig sind.<br />
Beispiele 1.2.4<br />
• Jedes nichtleere offene Intervall (a, b) ⊂ R ist homöomorph zur<br />
reellen Geraden R, denn die Abbildung<br />
x ↦→ 1<br />
a − x + 1<br />
b − x<br />
ist ein Homöomorphismus von (a, b) nach R.<br />
• Ein Rechteck [a, b] × [c, d] ⊂ R 2 mit a < b, c < d ist homöomorph zur<br />
abgeschlossenen Kreisscheibe B 1 (0) = {(x, y) ∈ R 2 : x 2 + y 2 ≤ 1}. Wir überlassen<br />
dem Leser die Konstruktion eines Homöomorphismus.
FUNKTIONALANALYSIS 7<br />
1.3 Initial- und Final-Topologien<br />
Sei X eine Menge und f i : X → Y i eine Familie von Abbildungen, wobei die Y i<br />
topologische Räume sind. Die Initialtopologie auf X induziert durch die Familie ( f i ) i∈I<br />
ist die kleinste Topologie auf X, so dass alle f i stetig sind. Also ist es die Topologie, die<br />
durch alle Urbilder f −1 (U) offener Mengen U ⊂ Y<br />
i<br />
i erzeugt wird.<br />
Sei X eine Menge und sei g i : W i → X, i ∈ I eine Familie von Abbildungen von<br />
topologischen Räumen W i . Die Final-Topologie auf X induziert durch die Familie<br />
(g i ) i∈I ist die grösste Topologie auf X, bezüglich der alle g i stetig sind. Eine Teilmenge<br />
U ⊂ X ist genau dann offen, wenn jedes Urbild g −1 (U) ⊂ W<br />
i<br />
i offen ist. Ein Spezialfall<br />
der Finaltopologie ist die Quotiententopologie auf Z/ ∼, wobei Z ein topologischer<br />
Raum ist und ∼ eine Äquivalenzrelation. Die Quotiententopologie ist dann die<br />
Finaltopologie gegeben durch eine einzige Abbildung, nämlich der Projektion<br />
Z → Z/ ∼.<br />
Beispiele 1.3.1<br />
• Sei A ⊂ X eine Teilmenge des topologischen Raums X. Die<br />
Topologie auf A induziert durch die Inklusionsabbildung i : A ↩→ X heisst die<br />
Teilraumtopologie von A. Die offenen Mengen in A sind genau die Mengen der<br />
Form A ∩ U, wobei U ⊂ X offen ist.<br />
• Sei (X i ) i∈I eine Familie topologischer Räume. Sei X = ∏ i∈I X i das kartesische<br />
Produkt der Räume X i . Die Produkttopologie auf X ist die Initial-Topologie der<br />
Koordinaten-Projektionen p i : X → X i . Sie wird also erzeugt von allen Mengen<br />
der Form<br />
∏<br />
U i × X j ,<br />
wobei U i ⊂ X i eine offene Menge ist. Nach Lemma 1.1.1 ist jede offene Menge in<br />
X eine Vereinigung von Mengen der Gestalt<br />
ij<br />
⎛ ⎛<br />
∏ ∏<br />
⎜⎝ U i<br />
⎞⎟ ⎠ × ⎜⎝<br />
X i<br />
⎞⎟ ⎠<br />
,<br />
wobei E ⊂ I eine endliche Teilmenge der Indexmenge I ist.<br />
i∈E<br />
Als Spezialfall sehen wir, dass die Topologie auf R n genau die Produkttopologie<br />
von R ist.<br />
• Der Raum C c (R n ) wird mit der sogenannten induktiven Limestopologie<br />
versehen, die wie folgt entsteht: Für eine kompakte Teilmenge K ⊂ R n sei C K (R n )<br />
iE
FUNKTIONALANALYSIS 8<br />
die Menge aller stetigen Funktionen auf R n mit Träger in K. Dann ist C c (R n ) die<br />
Vereinigung aller dieser Mengen C K (R n ). Wir versehen C K (R n ) mit der Topologie<br />
gegeben durch die Supremumsnorm:<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣K f = sup | f (x)|<br />
x∈K<br />
und geben C c (R n ) die Final-Topologie aller Inklusionen i K : C K (X) ↩→ C c (X).<br />
Proposition 1.3.2 (Sehr nützlich) (a) Sei X eine Menge versehen mit der Initial-Topologie<br />
induziert durch die Abbildungen f i : X → Y i , i ∈ I. Eine Abbildung α : W → X von<br />
einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen<br />
f i ◦ α : W → Y i stetig sind.<br />
(b) Ebenso, sei X versehen mit der Final-Topologie induziert durch Abbildungen<br />
g i : W i → X. Eine Abbildung β : X → Y ist genau dann stetig, wenn alle Abbildungen<br />
β ◦ g i : W i → Y stetig sind.<br />
Beweis: (a) Sei α stetig, dann ist f i ◦ α als Komposition stetiger Abbildungen selbst<br />
auch stetig. Andersherum, nimm an, dass alle f i ◦ α stetig sind. Sei E das System von<br />
Teilmengen von X der Form f −1 (U) wobei U eine offene Teilmenge von Y<br />
i<br />
i ist. Dann<br />
erzeugt E die Topologie O von X. Sei O α die grösste Topologie auf X, die α stetig sein<br />
lässt, dann, da f i ◦ α stetig ist, folgt E ⊂ O α ; deshalb O ⊂ O α , also ist α stetig.<br />
Teil (b) geht ähnlich.<br />
□<br />
Beispiele 1.3.3 • Sei X = ∏ i∈I X i das Produkt der topologischen Räumen X i mit<br />
der Produkttopologie. Sei p i : X → X i die i-te Projektion. Eine Abbildung<br />
f : W → X von einem topologischen Raum W ist genau dann stetig, wenn alle<br />
Abbildungen p i ◦ f : W → X i stetig sind. Dies bedeutet zum Beispiel, dass für<br />
zwei topologische Räume X, Y und y 0 ∈ Y die Abbildung X → X × Y, die x auf<br />
(x, y 0 ) wirft, stetig ist.<br />
• Im Fall der induktiven Limestopologie auf C c (R n ) bedeutet dies zum Beispiel,<br />
dass jedes positive lineare Funktional C c (R n ) → R eine stetige Abbildung ist.<br />
1.4 Hausdorff Räume<br />
Ein topologischer Raum X heisst Hausdorff-Raum, falls je zwei Punkte durch<br />
disjunkte Umgebungen getrennt werden können, also wenn es zu je x y in X offene
FUNKTIONALANALYSIS 9<br />
Mengen U, V ⊂ X gibt mit x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅.<br />
Beispiele 1.4.1<br />
• Jeder metrische Raum ist hausdorffsch.<br />
• Die diskrete Topologie P(X) ist hausdorffsch, aber die triviale Topologie {∅, X} ist<br />
nicht hausdorffsch, falls X mehr als nur ein Element hat.<br />
• Die co-endlich-Topologie auf einer unendlichen Menge ist nicht hausdorffsch.<br />
Lemma 1.4.2 Ein topologischer Raum X ist genau dann hausdorffsch, wenn die Diagonale<br />
∆ = {(x, x) : x ∈ X}<br />
eine abgeschlossene Teilmenge von X × X ist.<br />
Beweis: Der Raum X × X trägt die Produkttopologie, das heisst die Familie aller<br />
offenen Rechtecke: U × V, wobei U, V ⊂ X offene Mengen sind, ist eine<br />
Topologiebasis.<br />
Nimm nun an, X ist hausdorffsch und sei (x, y) in ∆ c = X × X ∆, mit anderen Worten<br />
x y. Es existieren dann offene Mengen U ∋ x und V ∋ y mit U ∩ V = ∅. Dies<br />
bedeutet, dass U × V ∩ ∆ = ∅, also ist U × V eine offene Umgebung von (x, y), die ganz<br />
in ∆ c enthalten ist, damit ist diese Menge offen, also ist ∆ abgeschlossen.<br />
Sei umgekehrt die Diagonale abgeschlossen und x y in X, dann ist (x, y) in der<br />
offenen Menge ∆ c . Diese offene Menge ist ein Produkt von offenen Rechtecken, also<br />
existiert ein offenes Rechteck U × V mit (x, y) ∈ U × V ⊂ ∆ c . Dies bedeutet gerade<br />
x ∈ U, y ∈ V und U ∩ V = ∅.<br />
□<br />
Man nennt einen Hausdorff-Raum auch T 2 -Raum, oder einen separierten<br />
Topologischen Raum.<br />
1.5 Kompakte Räume<br />
Ein topologischer Raum heisst kompakt, falls jede offene Überdeckung eine endliche<br />
Teilüberdeckung besitzt.<br />
In dem man zu den Komplementen übergeht erhält man
FUNKTIONALANALYSIS 10<br />
Lemma 1.5.1 (Endliche Schnitteigenschaft) Ein topologischer Raum X ist genau dann<br />
kompakt, wenn für jede Familie (A i ) i∈I abgeschlossener Mengen in X mit ⋂ i∈F A i ∅ für jede<br />
endliche Teilmenge F ⊂ I, gilt<br />
⋂<br />
A i ∅.<br />
i∈I<br />
Beweis: Die Mengen U i = X A i bilden eine offene Überdeckung von X. Zu dieser<br />
gibt es eine endliche Teilüberdeckung.<br />
□<br />
Lemma 1.5.2 Eine Teilmenge K ⊂ X eines topologischen Raums ist genau dann kompakt (in<br />
der Teilraumtopologie), wenn es zu jeder offenen Überdeckung von K in X eine endliche<br />
Teilüberdeckung gibt, wenn also zu jeder Familie (U i ) i∈I offener Mengen in X mit<br />
⋃<br />
K ⊂<br />
eine endliche Teilmenge E ⊂ I existiert, so dass<br />
⋃<br />
K ⊂ U i .<br />
i∈I<br />
i∈E<br />
U i<br />
Beweis: Dies folgt direkt aus der Anwendung der Definitionen.<br />
□<br />
Lemma 1.5.3 Sei X ein topologischer Raum, dann gilt<br />
(a) Ist X kompakt und ist C ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge, dann ist C kompakt.<br />
(b) Ist X ein Hausdorff-Raum und ist C ⊂ X kompakt, dann ist C abgeschlossen.<br />
(c) Stetige Bilder kompakter Mengen sind kompakt. Das heisst, ist f : X → Y stetig und ist<br />
C ⊂ X kompakt, dann ist f (C) ⊂ Y kompakt.<br />
Beweis: (a) Sei (U i ) i∈I eine Überdeckung von C, wobei jedes U i eine offene Teilmenge<br />
von X ist. Dann ist (U i ) i∈I ∪ {X C} eine offene Überdeckung von X. Da X kompakt ist,<br />
existieren Indizes i 1 , . . . , i l so dass X ⊂ (X C) ∪ ⋃ l<br />
j=1 U ij , also C ⊂ ⋃ l<br />
j=1 U ij .<br />
(b) Sei x ∈ X C. Wir müssen zeigen, dass es eine offene Umgebung U von x gibt mit<br />
U ∩ C = ∅. Da X ein Hausdorff-Raum ist, gibt es zu jedem y ∈ C offene Umgebungen<br />
V y von y und U y von x mit V y ∩ U y = ∅. Dann ist (V y ) y∈C eine offene Überdeckung von
FUNKTIONALANALYSIS 11<br />
C, also gibt es y 1 , . . . , y l ∈ C mit C ⊆ ⋃ l<br />
j=1 V yj . Dann ist U = ⋂ l<br />
j=1 U yj eine offene<br />
Umgebung von x mit U ∩ C = ∅.<br />
Die Aussage (c) wurde in Analysis 2 für metrische Räume bewiesen. Derselbe Beweis<br />
geht allerdings für beliebige topologische Räume durch.<br />
Ein topologischer Raum X heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt x ∈ X eine<br />
kompakte Umgebung besitzt.<br />
□<br />
Beispiele 1.5.4<br />
• Die Menge R n ist lokalkompakt, da jeder Punkt x eine kompakte<br />
Umgebung, etwa [x 1 − 1, x 1 + 1] × · · · × [x n − 1, x n + 1] besitzt.<br />
• Sei K ⊂ R n kompakt. Der Raum C(K) aller stetigen Funktionen von K nach R mit<br />
der Supremumsnorm ist nur dann lokalkompakt, wenn K endlich ist.<br />
Beweis: Ist K endlich, so ist C(K) R n , also lokalkompakt. Ist K nicht endlich, so<br />
sei (k j ) j∈N eine Folge in K mit k j k i für i j. Jedes k j hat dann einen positiven<br />
Abstand zu {k 1 , . . . , k j−1 }, also existiert ein f j ∈ C(K) mit f (k 1 ) = · · · = f (k j−1 ) = 0<br />
und f (k j ) = 1. Für i j gilt dann<br />
∣ ∣ ∣ ∣ fi − f j<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣K<br />
≥ 1,<br />
also hat die Folge ( f j ) j keine konvergente Teilfolge, damit ist C c (K) nach dem<br />
Satz von Bolzano-Weierstrass nicht kompakt.<br />
□<br />
1.6 Das Zornsche Lemma<br />
Sei (S, ≤) eine partiell geordnete Menge. Eine Teilmenge L ⊂ S, in der alle Elemente<br />
vergleichbar sind, für die also gilt:<br />
x, y ∈ L ⇒ x ≤ y oder y ≤ x,<br />
heisst linear geordnet. Sei L ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge. Ein Element z ∈ S<br />
heisst obere Schranke zu L, wenn gilt<br />
x ∈ L ⇒ x ≤ z.<br />
Wir schreiben in diesem Fall auch L ≤ z.
FUNKTIONALANALYSIS 12<br />
Ein Element m ∈ S heisst maximales Element, falls gilt<br />
m ≤ y ⇒ y = m.<br />
Das heisst also, m ist maximal, wenn es keine grösseren Elemente gibt.<br />
Lemma 1.6.1 (Lemma von Zorn) Sei S eine partiell geordnete Menge, in der jede linear<br />
geordnete Teilmenge eine obere Schranke besitzt. Dann hat S ein maximales Element.<br />
Beweis: Das Lemma von Zorn ist, auf Grundlage der anderen Axiome der<br />
Mengenlehre, äquivalent zum Auswahlaxiom, welches man am sinnfälligsten wie<br />
folgt ausdrückt:<br />
Auswahlaxiom: (AC) Ist I eine nichtleere Indexmenge und ist für jedes i ∈ I eine nichtleere<br />
Menge M i gegeben, dann ist ∏ i∈I M i eine nichtleere Menge.<br />
Der Beweis des AC aus dem Zornschen Lemma ist einfach, die Rückrichtung<br />
kompliziert. Zu kompliziert für diese Vorlesung.<br />
□<br />
Satz 1.6.2 Jeder Vektorraum hat eine Basis.<br />
Beweis: Dieser Satz wird mit dem Lemma von Zorn bewiesen. Wir klären erstmal die<br />
Notation: Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig, wenn<br />
für alle paarweise verschiedenen Elemente l 1 , . . . , l n von L gilt<br />
n∑<br />
λ j l j = 0 ⇒ λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />
j=1<br />
Mit anderen Worten, L heisst linear unabhängig, wenn jede endliche Teilmenge linear<br />
unabhängig ist.<br />
Eine Basis eines Vektorraums V ist eine linear unabhängige Teilmenge L so dass es zu<br />
jedem v ∈ V Elemente l 1 , . . . , l n von L und Koeffizienten λ 1 , . . . , λ n gibt so dass<br />
n∑<br />
λ j l j = v.<br />
Lemma 1.6.3 Eine maximale linear unabhängige Teilmenge L ⊂ V ist eine Basis.<br />
j=1
FUNKTIONALANALYSIS 13<br />
Beweis: Sei L eine maximale linear unabhängige Teilmenge von V, d.h., es gelte für<br />
jede linear unabhängige Teilmenge L ′ ⊂ V, dass<br />
L ′ ⊃ L ⇒ L ′ = L.<br />
Wir zeigen, dass L eine Basis ist. Sei dazu v ∈ V. Angenommen, v lässt sich nicht als<br />
Linearkombination von Elementen von L darstellen. Sei L ′ = L ∪ {v}. Wir behaupten,<br />
dass L ′ linear unabhängig ist. Es seien dazu l 1 , . . . , l n ∈ L und λ, λ 1 , . . . , λ n<br />
Koeffizienten mit<br />
λv + λ 1 l 1 + · · · + λ n l n = 0.<br />
Erster Fall: λ = 0, dann folgt λ 1 l 1 + · · · + λ n l n = 0 und da L linear unabhängig ist, ist<br />
λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />
Zweiter Fall: λ 0, dann ist<br />
v = (−λ 1 /λ)l 1 + · · · + (−λ n /λ)l n ,<br />
was im Widerspruch zur Annahme steht. Damit lässt sich v also doch als<br />
Linearkombination von Elementen aus L darstellen und L ist eine Basis.<br />
□<br />
Nun beweisen wir den Satz unter Zuhilfenahme des Zornschen Lemmas. Nach<br />
Lemma 1.6.3 brauchen wir nur zu zeigen, dass es eine maximale linear unabhängige<br />
Menge in V gibt. Sei also S die Menge deren Elemente die linear unabhängigen<br />
Teilmengen L von V sind. Sei K ⊂ S eine linear geordnete Teilmenge und sei<br />
⋃<br />
Z = L<br />
Dann ist sicherlich Z ≥ L für jedes L ∈ K, es bleibt also zu zeigen, dass Z ∈ S gilt, also<br />
mit anderen Worten, wir müssen zeigen, dass Z linear unabhängig ist. Seien dazu<br />
v 1 , . . . v n ∈ Z und λ 1 , . . . , λ n Koeffizienten so dass<br />
L∈K<br />
λ 1 v 1 + · · · + λ n v n = 0<br />
Da K eine linear geordnete Teilmenge ist, gibt es ein L ∈ K so dass v 1 , . . . , v n ∈ L. Da L<br />
linear unabhängig ist, folgt λ 1 = · · · = λ n = 0.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 14<br />
1.7 Der Satz von Tychonov<br />
Sei I eine Indexmenge und für jedes i ∈ I sei ein topologischer Raum X i ∅ gegeben.<br />
Die Produkttopologie auf X = ∏ i∈I X i ist die Initialtopologie der Projektionen<br />
p i : X → X i . Sie wird erzeugt von allen Mengen der Form<br />
p −1<br />
i<br />
(U i ) = U i ×<br />
∏<br />
X j ,<br />
wobei U i eine offene Teilmenge von X i ist. Damit ist jede offene Menge eine<br />
Vereinigung von Mengen der Form<br />
U i1 × · · · × U in ×<br />
ji<br />
∏<br />
ii 1 ,...,i n<br />
X i ,<br />
die ja endliche Schnitte von den oben genannten sind.<br />
Satz 1.7.1 (Tychonov) X = ∏ i∈I ist genau dann kompakt ist, wenn alle Faktoren X i<br />
kompakt sind.<br />
Beweis: Da die Projektion p i : X → X i stetig ist, so ist jedes X i kompakt, falls X<br />
kompakt ist. Die schwierige Richtung ist die Umkehrung. Seien also alle X i kompakt.<br />
Sei F = (F ν ) ν∈N eine Familie abgeschlossener Mengen mit der endlichen<br />
Schnitteigenschaft (jeweils endlich viele haben nichtleeren Schnitt). Es gibt dann eine<br />
maximale Familie F ∗ = (F ν ) ν∈N ∗ mit F ∗ ⊃ F , die die endliche Schnitteigenschaft hat.<br />
Dies folgt leicht aus dem Lemma von Zorn, da man aus einer linear geordnete<br />
Mengen von Familien mit endlicher Schnitteigenschaft durch Vereinigung eine obere<br />
Schranke gewinnt, die wieder die endliche Schnitteigenschaft hat.<br />
(A) Sind F 1 , . . . , F n ∈ F ∗ , so ist auch F 1 ∩ · · · ∩ F n in F ∗ wie aus der Maximalität von F ∗<br />
folgt.<br />
(B) Ist S ⊂ X irgendeine Teilmenge mit der Eigenschaft S ∩ F ν ∅ für jedes F ν ∈ F ∗ ,<br />
dann ist S ∈ F ∗ , wie aus der Maximalität folgt.<br />
Sei i ∈ I. Die Familie abgeschlossener Mengen (p i (F ν )) ν∈N ∗ hat die endliche
FUNKTIONALANALYSIS 15<br />
Schnitteigenschaft, also gibt es ein z i in deren Schnitt. Sei<br />
U = U i1 × · · · × U in ×<br />
∏<br />
ii 1 ,...,i n<br />
X i<br />
eine offene Umgebung von z = (z i ) i∈I . Sei k ∈ {1, . . . , n}. So gibt es zu jedem F ν ∈ F ∗ ein<br />
f ∈ F ν mit p ik ( f ) ∈ U ik , also gilt mit S k = p −1<br />
i k<br />
(U ik ), dass S k ∩ F ν ∅ ist. Nach (B) ist<br />
S k ∈ F ∗ . Nach (A) ist dann U = S 1 ∩ · · · ∩ S n ∈ F ∗ . Insbesondere hat U also nichtleeren<br />
Schnitt mit jedem F ∈ F ∗ , also auch mit jedem F ∈ F . Da die Umgebungen U dieser<br />
Form eine Umgebungsbasis bilden, liegt z im Abschluss von F ν also in F ν für jedes<br />
ν ∈ N. Damit ist ⋂ n∈N F n nichtleer und X ist kompakt.<br />
□<br />
1.8 Das Lemma von Urysohn<br />
Ein Hausdorff-Raum heisst lokalkompakt, falls jeder Punkt eine kompakte<br />
Umgebung besitzt. Beispiel: R n . Eine Teilmenge A ⊂ X eines topologischen Raums<br />
heisst relativ kompakt, falls der Abschluss A ⊂ X kompakt ist.<br />
Lemma 1.8.1 (Lemma von Urysohn) Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Sei<br />
K ⊂ X kompakt und A ⊂ X abgeschlossen mit K ∩ A = ∅.<br />
(i) Es existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U von K so dass<br />
K ⊂ U ⊂ U ⊂ X A.<br />
(ii) Es gibt eine stetige Abbildung mit kompaktem Träger f : X → [0, 1] mit f ≡ 1 auf K<br />
und f ≡ 0 auf A.<br />
Beweis: (a) Sei a ∈ A. Für jedes k ∈ K gibt es eine offene, relativ kompakte Umgebung<br />
U k von k und eine Umgebung U k,a von a mit U k ∩ U k,a = ∅. Die Familie (U k ) k∈K ist eine<br />
offene Überdeckung von K. Da K kompakt ist, reichen endlich viele. Sei V die<br />
Vereinigung dieser endlich vielen offenen Mengen und sei W der Schnitt der<br />
entsprechenden endlich vielen U k,a . Dann sind V und W offene Umgebungen von K<br />
und a und V ist relativ kompakt.
FUNKTIONALANALYSIS 16<br />
V<br />
A<br />
K<br />
W<br />
•<br />
a<br />
Wir wiederholen dieses Argument mit K in Rolle von a und V ∩ A in der Rolle von K<br />
und erhalten disjunkte offene Umgebungen U ′ von K und W ′ von ¯V ∩ A. Die Menge<br />
U = U ′ ∩ V erfüllt Teil (a) des Lemmas.<br />
(b) Wähle ein U das (a) erfüllt und ersetze A durch X U. Hierdurch sieht man, dass<br />
es reicht, (b) zu beweisen ohne die Forderung nach kompaktem Träger.<br />
Wähle also wieder ein U, das Teil (a) erfüllt und benenne diese U mit U 1<br />
2<br />
. Wiederrum<br />
nach (a) existiert eine relativ kompakte offene Umgebung U 1<br />
4<br />
von U 1<br />
2<br />
so dass<br />
U 1<br />
2<br />
⊂ U 1<br />
2<br />
⊂ U 1<br />
2<br />
⊂ A c . Sei R die Menge aller Zahlen der Gestalt k<br />
2 n im Intervall [0, 1).<br />
Formal setze U 0 = A c . Durch Iteration der obigen Konstruktion erhalten wir offene<br />
Mengen U r , r ∈ R, mit K ⊂ U r ⊂ U r ⊂ U s ⊂ A c für alle r > s in R. Wir definieren nun f .<br />
Für x ∈ A sei f (x) = 0 und sonst setze f (x) = sup{r ∈ R : x ∈ U r }. Dann gilt f ≡ 1 auf K.<br />
Für r > s in R gilt<br />
f −1 (s, r) =<br />
⋃<br />
s
FUNKTIONALANALYSIS 17<br />
1.9 Der Satz von Stone-Weierstraß<br />
Definition 1.9.1 Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Eine stetige Funktion<br />
f : X → C verschwindet im Unendlichen, falls es zu jedem ε > 0 ein Kompaktum<br />
K ⊂ X gibt so dass | f (x)| < ε für jedes x ∈ X K.<br />
Wir bezeichnen mit C(X) die Menge aller stetigen Funktion von X nach C und mit<br />
C 0 (X) die Menge aller stetigen Funktionen, die im Unendlichen verschwinden. Sie<br />
enthält die Menge C c (X) aller stetigen Funktionen mit kompakten Trägern.<br />
Lemma 1.9.2 Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum. Jedes f ∈ C 0 (X) ist beschränkt und<br />
die Supremumsnorm<br />
∣ ∣ ∣ ∣ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣X<br />
= sup{| f (x)| : x ∈ X}<br />
macht C 0 (X) zu einem Banach-Raum, also einem vollständigen normierten Vektorraum.<br />
Beweis: Sei f ∈ C 0 (X). Zu ε = 1 gibt es dann ein Kompaktum K ⊂ X mit | f (x)| < ε für<br />
x ∈ X K, also ist f ausserhalb eines Kompaktums K beschränkt. Da f stetig ist, ist<br />
f (K) ⊂ C kompakt, also beschränkt, damit ist f überall beschränkt. Daher ist die<br />
Sup-Norm auf C 0 (X) wohldefiniert. Für die Vollständigkeit sei ( f j ) j∈N eine<br />
Cauchy-Folge. Sei x ∈ X. Wegen | f i (x) − f j (x)| ≤ ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣X fj − f i ist f j (x) eine Cauchy-Folge in<br />
C, also konvergent gegen eine komplexe Zahl, die wir f (x) nennen. Dann ist<br />
f : X → C eine Funktion und die Folge f j konvergiert punktweise gegen f . Wir zeigen,<br />
dass sie gleichmässig konvergiert. Sei ε > 0, dann existiert ein j 0 so dass ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣X fj − f i < ε<br />
für alle i, j ≥ j 0 gilt. Für j ≥ j 0 und x ∈ X gilt dann also<br />
| f j (x) − f (x)| = lim<br />
i<br />
| f j (x) − f i (x)| ≤ ε.<br />
Nehmen wir das Supremum über alle x ∈ X, so sehen wir<br />
∣ ∣ ∣ ∣ fj − f ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣X<br />
≤ ε<br />
für jedes j ≥ j 0 , also konvergiert die Folge in der Norm gegen f .<br />
Wir zeigen, dass f stetig ist. Sei hierzu U ⊂ C eine offene Menge. Wir wollen zeigen,<br />
dass f −1 (U) offen ist. Sei also x 0 ∈ f −1 (U). Dann ist f (x 0 ) ∈ U und es existiert ein ε > 0<br />
so dass U ε ( f (x 0 )) ⊂ U. Es gibt nun ein j mit | f (x) − f j (x)| < ε/3 für jedes x ∈ X. Dann ist<br />
V = f −1 (U<br />
j ε/3 ( f (x 0 ))) offen in X. Wir behaupten<br />
x 0 ∈ V ⊂ f −1 (U).
FUNKTIONALANALYSIS 18<br />
Hieraus folgt die Offenheit von f −1 (U). Zunächst ist | f j (x 0 ) − f (x 0 )| < ε/3, also<br />
f j (x 0 ) ∈ U ε/3 ( f (x 0 )) was nichts anderes heisst als x 0 ∈ V.<br />
Weiter sei x ∈ V, dann ist | f j (x) − f (x 0 )| < ε/3, also<br />
| f (x) − f (x 0 )| ≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f j (x 0 )|<br />
≤ | f (x) − f j (x)| + | f j (x) − f (x 0 )| + | f (x 0 ) − f j (x 0 )|<br />
<<br />
ε<br />
3 + ε 3 + ε 3 = ε.<br />
Das heisst f −1 (x) ∈ f −1 (U ε (x 0 )) ⊂ f −1 (U). Daher ist f −1 (U) offen und also ist f stetig.<br />
Der Beweis, dass f im Unendlichen verschwindet sei dem Leser zur Übung gelassen.<br />
□<br />
Definition 1.9.3 Sei X ein topologischer Raum. Eine Kompaktifizierung ist eine<br />
Abbildung c : X → Z, wobei Z ein kompakter Raum ist, c hat dichtes Bild und c ist ein<br />
Homöomorphismus aufs Bild, das heisst c ist injektiv und stetig und die<br />
Umkehrabbildung ist stetig auf dem Bild von c.<br />
Lemma 1.9.4 Zu jedem nichtkompakten Hausdorff-Raum X gibt es eine Kompaktifizierung<br />
¯X die durch Hinzunahme eines einzigen Punktes entsteht, die sogenannte<br />
Einpunktkompaktifizierung.<br />
Beweis: Sei X ein nichtkompakter topologischer Raum und ∞ sei ein neuer Punkt.<br />
Wir setzen ¯X = X ∪ {∞}. Auf ¯X definieren wir eine Topologie wie folgt: Eine Teilmenge<br />
U ⊂ ¯X ist offen falls<br />
• U ⊂ X und U ist offen in der Topologie von X, oder<br />
• ∞ ∈ U und X U ist kompakt in X.<br />
Man macht sich leicht klar, dass ¯X kompakt ist. Dass die Inklusion c : X ↩→ ¯X ein<br />
Homöomorphismus aufs Bild ist, ist nach Definition klar. Wir zeigen nun, dass X<br />
dicht in ¯X ist. Hierzu reicht es zu zeigen, dass jede Umgebung des Punktes ∞ schon<br />
Punkte aus X enthält. Dies ist aber klar, da X selbst nicht kompakt ist. Schliesslich ist<br />
zu zeigen, dass ¯X auch wirklich kompakt ist. Sei hierzu ¯X = ⋃ i∈I U i eine offene<br />
Überdeckung. Dann existiert ein i 0 mit ∞ ∈ U i0 . Die Menge K = X U i0 muss nach<br />
definition kompakt sein und die U i mit i i 0 bilden eine offene Überdeckung von K
FUNKTIONALANALYSIS 19<br />
(hier wird die Hausdorff-Eigenschaft gebraucht, warum?), daher reichen endlich<br />
viele.<br />
□<br />
Lemma 1.9.5 Sei X ein Hausdorff-Raum.<br />
• Ist X kompakt, so ist C 0 (X) = C(X).<br />
• Ist X nichtkompakt, so ist C 0 (X) die Menge der stetigen Funktionen f , die durch<br />
f (∞) = 0 zu einer stetigen Funktion auf der Einpunktkompaktifizierung ¯X = X ∪ {∞}<br />
fortgesetzt werden können.<br />
Beweis: Klar nach Konstruktion.<br />
□<br />
Die Menge C 0 (X) ist ein komplexer Vektorraum. Mit f, g ∈ C 0 (X) ist aber auch das<br />
punktweise Produkt f g : X → C; x ↦→ f (x)g(x) in C 0 (X). Dieses Produkt ist<br />
• bilinear: ( f, g) ↦→ f g ist linear in jedem Argument, also<br />
(λ f + µ f ′ )g = λ f g + µ f ′ g, sowie f (λg + µg ′ ) = λ f g + µ f g ′<br />
für alle f, f ′ , g, g ′ ∈ C 0 (X) und λ, µ ∈ C, sowie<br />
• assoziativ: f (gh) = ( f g)h für alle f, g, h ∈ C 0 (X).<br />
Ein Vektorraum A zusammen mit einem bilinearen assoziativen Produkt A × A → A<br />
nennt man eine Algebra. Eine Unteralgebra ist ein Unterraum B ⊂ A, der unter dem<br />
Produkt abgeschlossen ist, d.h., der B · B ⊂ B erfüllt. Auch über R definiert man<br />
Algebren in analoger Weise.<br />
Beispiele 1.9.6 • M n (C) ist eine C-Algebra und die Menge der oberen<br />
Dreiecksmatrizen ist eine Unteralgebra.<br />
• Ist X ein nichtkompakter Hausdorff-Raum, so ist C 0 (X) eine Algebra und C c (X)<br />
ist eine Unteralgebra.<br />
Satz 1.9.7 (Satz von Stone-Weierstraß)<br />
Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und sei A ⊂ C 0 (X) eine Unteralgebra so dass
FUNKTIONALANALYSIS 20<br />
(a) A trennt Punkte, d.h. für je zwei x y in X gibt es f ∈ A mit f (x) f (y),<br />
(b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) 0, und<br />
(c) A ist abgeschlossen unter komplexer Konjugation, das heisst f ∈ A ⇒ f ∈ A.<br />
Dann ist A dicht in C 0 (X).<br />
Diese komplexe Version des Satzes ist eine Konsequenz der folgenden reellen Version<br />
in welcher wir C R (X) für den reellen Vektorraum der reellwertigen stetigen Funktion<br />
0<br />
aus C 0 (X) schreiben.<br />
Satz 1.9.8 (Satz von Stone-Weierstraß über R)<br />
Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A ⊂ C R (X) eine reelle Unteralgebra von<br />
0<br />
C R 0<br />
(X) so dass<br />
(a) A trennt Punkte und<br />
(b) für jedes x ∈ X gibt es ein f ∈ A so dass f (x) 0.<br />
Dann ist A dicht in C R 0 (X).<br />
Wir zeigen zunächst wie die komplexe Version aus der reellen folgt. Nimm also an,<br />
dass A ⊂ C 0 (X) eine Unteralgebra wie im komplexen Stone-Weierstraß ist. Dann gilt<br />
A = A R + iA R , wobei A R = A ∩ C R (X). Dies folgt aus der Zerlegung f = Re( f ) + i Im( f )<br />
0<br />
mit Re( f ) = 1( f + f ¯ ) und Im( f ) = 1 ( f − f ¯ ) in A R . Da A die Bedingungen des komplexen<br />
2 2i<br />
Satzes erfüllt, erfüllt A R die des reellen. Die Anwendung des reellen Stone-Weierstraß<br />
liefert dann für den topologischen Abschluss: A R = C R 0 (X) und A = AR + iA R = C 0 (X).<br />
Wir brauchen also nur die reelle Version zu zeigen.<br />
Lemma 1.9.9 (Satz von Dini)<br />
Sei X ein kompakter topologischer Raum und sei ( f n ) n∈N eine monoton wachsende Folge<br />
stetiger Funktionen f n : X → R, die punktweise gegen eine stetige Funktion f : X → R<br />
konvergiert. Dann konvergiert die Folge ( f n ) gleichmässig gegen f .
FUNKTIONALANALYSIS 21<br />
Beweis: Sei ε > 0 gegeben. Für jedes x ∈ X existiert ein n x ∈ N mit<br />
f (x) − ε < f n (x) ≤ f (x) für jedes n ≥ n x . Sei U x := {y ∈ K : f (y) − ε < f nx (y)}. Dann ist<br />
{U x : x ∈ X} eine offene Überdeckung von X. Da X kompakt ist, gibt es x 1 , . . . , x l ∈ X<br />
mit X = ⋃ l<br />
j=1 U xj . Dann gilt ‖ f − f n ‖ X < ε für jedes n ≥ N = max{n t1 , . . . , n tl }. □<br />
Lemma 1.9.10 Sei A eine Unteralgebra von C R (X). Liegt f im topologischen Abschluss A<br />
0<br />
von A, dann liegt auch | f | in A.<br />
Sind f, g ∈ A, dann folgt max( f, g), min( f, g) ∈ A.<br />
Beweis: Zunächst machen wir uns klar, dass es reicht, f ∈ A zu betrachten, denn ist<br />
f ∈ A, so existiert eine Folge f n in A mit f = lim n f n . Also auch<br />
| f | = | lim<br />
n<br />
f n | = lim<br />
n<br />
| f n |,<br />
da die Betragsfunktion stetig ist. Sind also alle | f n | in A, so auch | f |.<br />
Es bleibt also der Fall 0 f ∈ A. Indem wir zu 1<br />
‖ f ‖ X<br />
f übergehen, können wir<br />
annehmen, dass f (X) ⊂ [−1, 1], also f (x) 2 ∈ [0, 1] für jedes x ∈ X. Induktiv definieren<br />
wir eine Folge (p n ) von Polynomen auf [0, 1] so dass p 1 ≡ 0 und<br />
p n+1 (t) = p n (t) − 1 2 (p n(t) 2 − t), t ∈ [0, 1].<br />
Wir behaupten dass die Folge (p n (t)) monoton gegen die Wurzelfunktion √ t wächst.<br />
Hierzu zeigen wir per Induktion, dass 0 ≤ p n (t) ≤ √ t und p n (0) = 0 für jedes n ∈ N.<br />
Dies ist klar für n = 1 und für n + 1 folgt es aus<br />
p n+1 (t) − √ t = (p n (t) − √ t) − 1 2 (p n(t) − √ t)(p n (t) + √ t)<br />
= (p n (t) − √ t) ( 1 − 1 2 (p n(t) + √ t) ) ≤ 0,<br />
da p n (t) − √ t ≤ 0 und p n (t) + √ t ≤ 2 √ t ≤ 2. Also, da p n+1 (t) − p n (t) = 1 2 (t − p n(t) 2 ) ≥ 0, ist<br />
die Folge (p n (t)) monoton wachsend und beschränkt durch √ t. Sie konvergiert also<br />
gegen eine Funktion 0 ≤ g(t) ≤ √ t. Dann haben wir<br />
0 = g(t) − g(t) = lim<br />
n<br />
(p n+1 (t) − p n (t)) = lim<br />
n<br />
1<br />
2 (t − p n(t) 2 ) = 1 2 (t − g(t)2 ),<br />
mit anderen Worten g(t) = √ t. Da g stetig ist, konvergiert die Folge (p n ) nach Dinis<br />
Satz gleichmässig auf [0, 1] gegen g.
FUNKTIONALANALYSIS 22<br />
Sei f n (x) = p n ( f (x) 2 ) für x ∈ X. Dann konvergiert ( f n ) gleichmässig gegen √ f 2 = | f | auf<br />
X. Da aber f n eine Linearkombination von Potenzen von f ist, liegt es in A für jedes<br />
n ∈ N. Damit also | f | ∈ A.<br />
Die letzte Aussage folgt, da A ebenfalls eine reelle Algebra ist und<br />
max f, g = 1 2 ( f + g + | f − g|) sowie min( f, g) = 1 2 ( f + g − | f − g|). □<br />
Beweis des Satzes von Stone-Weierstraß. Wir zeigen zunächst, dass es zu jedem Paar<br />
x, y ∈ X mit x y ein g ∈ A gibt mit g(x) g(y) und g(x), g(y) 0. Wähle g 1 ∈ A mit<br />
g 1 (x) g 1 (y). Ist g 1 (x)g 1 (y) 0, so setze g = g 1 und fertig. Andernfalls nimm an, dass<br />
etwa g 1 (y) 0. Dann ist g 1 (x) = 0. Wähle g 2 ∈ A mit g 2 (x) 0. Dann ist g 2 (x) = g 2 (y)<br />
oder g 2 (y) = 0. Im Falle dass g 2 (x) = g 2 (y) definiere g = g 1 + g 2 und falls g 2 (y) = 0 setze<br />
g = g 1 + µg 2 mit µ ∈ R so dass g 1 (y) µg 2 (x) 0. In beiden Fällen sieht man, dass<br />
0 g(x) g(y) 0.<br />
Im nächsten Schritt zeigen wir, dass es zu jedem Paar x, y ∈ X mit x y und je zwei<br />
α, β ∈ R eine Funktion f ∈ A gibt mit f (x) = α und f (y) = β. Zu diesem Zweck wähle<br />
ein g wie oben. Wir machen den Ansatz f = λg + µg 2 mit λ, µ ∈ R. Dann ist<br />
f (x) = α, f (y) = β äquivalent zu<br />
⎛<br />
⎞ ⎞<br />
g(x) g(x) 2 λ<br />
⎜⎝<br />
⎞⎟<br />
g(y) g(y) 2 ⎠<br />
⎛⎜ ⎝<br />
µ<br />
⎟⎠<br />
⎛⎜ = α<br />
⎝<br />
β<br />
⎟⎠ .<br />
⎛<br />
g(x) g(x) 2<br />
Aber wegen 0 g(x) g(y) 0 gilt det ⎜⎝<br />
⎞⎟<br />
g(y) g(y) 2 ⎠ = g(x)g(y) ( g(y) − g(x) ) 0 und<br />
daher hat das Gleichungssystem eine eindeutige Lösung.<br />
Schliesslich sei h ∈ C R (X) gegeben und sei ε > 0. Wir müssen zeigen, dass es ein f ∈ A<br />
0<br />
gibt mit ‖h − f ‖ X < ε. Für jedes Paar x, y ∈ X mit x y wählen wir g x,y ∈ A mit<br />
h(x) = g x,y (x) und h(y) = g x,y (y). Für ein festes y definieren wir<br />
U x := {z ∈ X : h(z) < g x,y (z) + ε}.<br />
Dann ist U x eine offene Umgebung von x und X U x = {z ∈ X : (h − g x,y )(z) ≥ ε} ist<br />
kompakt, da h − g x,y im Unendlichen verschwindet. Also, wenn wir x 1 ∈ X festhalten,<br />
gibt es x 2 , . . . , x l ∈ X U x1 mit X U x1 ⊂ ⋃ l<br />
j=2 U xj , so dass X ⊂ ⋃ l<br />
j=1 U xj . Setze<br />
f y = max(g x1 ,y, . . . , g xl ,y).
FUNKTIONALANALYSIS 23<br />
Nach Lemma 1.9.10 liegt f y in A und nach Konstruktion ist h(z) − f y (z) < ε für jedes<br />
z ∈ X, denn für z ∈ U xj gilt h(z) < g xj ,y(z) + ε ≤ f y (z) + ε.<br />
Für y ∈ X sei<br />
V y = {z ∈ X : f y (z) < h(z) + ε}.<br />
Da f y (y) = h(y), ist dies eine offene Umgebung von y, und wie oben zeigen wir, dass es<br />
y 1 , . . . , y k ∈ X gibt mit X ⊂ ⋃ k<br />
j=1 V yj . Sei<br />
f = min( f y1 , . . . , f yk ).<br />
Dann ist f ∈ A und man sieht leicht, dass f (z) − ε < h(z) < f (z) + ε für jedes z ∈ X.<br />
□<br />
Beispiel 1.9.11 Der komplexe Vektorraum der Laurent-Polynome, also aller<br />
Funktionen der Form<br />
n∑<br />
f (z) = c j z j<br />
liegt dicht im Raum aller stetigen Funktionen auf T = {z ∈ C : |z| = 1}. Wohlgemerkt,<br />
die gleichmässige Konvergenz der Fourier-Reihe haben wir nur für stückweise glatte<br />
Funktionen.<br />
j=−n<br />
1.10 Der Satz von Baire<br />
Eine Teilmenge D eines topologischen Raums X heisst dicht in X, falls X der<br />
Abschluss D von D ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn U ∩ D ∅ für jede offene<br />
Teilmenge U ⊂ X gilt.<br />
Definition 1.10.1 Ein topologischer Raum X heisst Baire-Raum oder von zweiter<br />
Kategorie, falls für jede abzählbare Familie (U n ) n∈N offener dichter Teilmengen von X<br />
der Schnitt D = ∩ n∈N U n wieder eine dichte Teilmenge ist.<br />
Proposition 1.10.2 (a) Ist X ein Baire-Raum, so ist jede offene Teilmenge U wieder ein<br />
Baire-Raum.<br />
(b) Ist X ein Baire-Raum, so existiert für jede abzählbare Familie (A n ) n∈N abgeschlossener<br />
Mengen mit X = ∪ n∈N A n schon ein Index n 0 , so dass A n0 eine nichtleere offene Menge<br />
enthält.
FUNKTIONALANALYSIS 24<br />
Beweis: (a) ist klar indem wir alles mit U schneiden. Wir beweisen (b). Sei X ein<br />
Baire-Raum und X = ∪ n∈N A n wie in der Proposition. Angenommen, keine der<br />
Mengen A n enthält eine nicht-leere offene Menge. Sei U n = A c n das Komplement. Es<br />
folgt U ∩ U n ∅ für jede offene Menge U, also ist U n dicht in X. Da X ein Baire-Raum<br />
ist, ist D = ⋂ n U n dicht in X. Es folgt<br />
⋃ ⋃<br />
X D c = Un c = A n = X.<br />
n<br />
n<br />
Dies ist ein Widerspruch!<br />
□<br />
Satz 1.10.3 (Baire) Jeder lokalkompakte Hausdorff-Raum und jeder vollständige<br />
metrische Raum ist ein Baire-Raum.<br />
Sei X ein lokalkompakter Hausdorffraum oder ein vollständiger metrischer Raum.<br />
Seien V 1 , V 2 , . . . dichte offene Teilmengen von X. Wir definieren eine Folge<br />
B 0 ⊃ B 1 ⊃ . . . offener Mengen wie folgt: Sei B 0 eine beliebige offene Menge in X. Sei<br />
n ≥ 1 und eine offene Menge B n−1 gegeben. Da V n dicht ist, existiert eine offene Menge<br />
B n ∅ mit<br />
B n ⊂ V n ∩ B n−1 .<br />
Ist X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum, kann man B n als kompakt voraussetzen.<br />
Ist X ein vollständiger metrischer Raum, kann man B n als einen Ball vom Radius<br />
< 1/n wählen. Sei K = ⋂ ∞<br />
n=1 B n . Ist X ein lokalkompakter HDR, folgt K ∅ nach der<br />
endlichen Schnitteigenschaft. Ist X ein vollständiger metrischer Raum, dann bilden<br />
die Mittelpunkte der Bälle B n eine Cauchy-Folge, die konvergiert gegen einen Punkt<br />
von K, also gilt K ∅ in jedem Fall. Es ist K ⊂ B 0 und K ⊂ V n für jedes n, damit<br />
B 0 ∩ ⋂ n V n ∅.<br />
□<br />
Korollar 1.10.4 Ein Banach-Raum, der eine abzählbare Basis besitzt, ist endlich-dimensional.<br />
Beweis: Sei V ein Banach-Raum der von v 1 , v 2 , . . . aufgespannt wird. Sei A n der von<br />
v 1 , . . . v n aufgespannte Unterraum. Dieser ist als endlich-dimensionaler normierter<br />
Raum selbst vollständig, also abgeschlossen in V. Ferner gilt V = ⋃ n A n , also enthält<br />
ein A n eine offene Teilmenge von V. Jede offene Teilmenge von V enthält allerdings<br />
eine Basis, also ist V = A n .<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 25<br />
2 Normierte Räume<br />
2.1 Definition<br />
In dieser Vorlesung werden nur Vektorräume über R oder C betrachtet. Wir schreiben<br />
daher K für den Grundkörper, also<br />
K = R oder C.<br />
Lemma 2.1.1 (a) Ist V ein R-Vektorraum, so ist<br />
V C = V ⊗ R C = V + iV<br />
ein komplexer Vektorraum, der die Komplexifizierung von V genannt wird.<br />
(b) Ist V ein C-Vektorraum und ist f : V → R eine R-lineare Abbildung, dann existiert<br />
genau eine C-lineare Abbildung g : V → C so dass<br />
f = Re(g).<br />
Beweis: (a) ist klar. Für (b) Setze g(v) = f (v) − i f (iv). Wir wollen zeigen, dass g<br />
komplex-linear ist. Da g schon reell-linear ist, reicht es zu zeigen, dass g(iv) = ig(v) für<br />
jedes v ∈ V gilt. Hierzu rechnen wir<br />
g(iv) = f (iv) − i f (iiv) = f (iv) + i f (v)<br />
= i( f (v) − i f (iv)) = ig(v)<br />
Nun zur Eindeutigkeit von g: Sei h eine weitere komplex-lineare Abbildung mit<br />
Re(h) = f . Sei τ = g − h, dann folgt Re(τ) = 0. Ist v ∈ V, so folgt dann Re(τ(v)) = 0 und<br />
da dies auch für iv gilt, folgt<br />
0 = Re(τ(iv)) = Re(iτ(v)) = − Im(τ(v)),<br />
also ist τ(v) = 0.<br />
□<br />
Ein normierter Vektorraum ist ein K-Vektorraum V mit einer Abbildung<br />
||·|| : V → [0, ∞) so dass für v, w ∈ V und α ∈ K gilt:<br />
• ||v|| = 0 ⇔ v = 0<br />
(Definitheit)
FUNKTIONALANALYSIS 26<br />
• ||αv|| = |α| ||v||<br />
• ||v + w|| ≤ ||v|| + ||w||<br />
(Multiplikativität)<br />
(Dreiecksungleichung).<br />
Mit der Metrik<br />
d(v, w) = ||v − w||<br />
wird V dann ein metrischer Raum. Ein normierter Raum, der vollständig ist, in dem<br />
also jede Cauchy-Folge konvergiert, heisst Banach-Raum.<br />
Beispiele 2.1.2<br />
• Ist X ein metrischer Raum, dann ist der Vektorraum C b (X) aller<br />
beschränkten stetigen Funktionen f : X → K ein Banach-Raum mit der Norm<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣X f = sup | f (x)|.<br />
x∈X<br />
Beweis: Die Normeigenschaften sind trivial. Es ist Vollständigkeit zu zeigen. Sei<br />
also ( f j ) eine Cauchy-Folge. Dann gilt für jedes x ∈ X,<br />
| f j (x) − f k (x)| ≤ sup | f j (y) − f k (y)| = ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣X fj − f k .<br />
y∈X<br />
Also ist ( f j (x)) j∈N eine Cauchy-Folge in K, konvergiert also. Nennen wir den<br />
Limes f (x). Sei ε > 0, dann gibt es j 0 so dass für alle j, k ≥ n 0 und alle x ∈ X gilt<br />
| f j (x) − f k (x)| < ε.<br />
Mit k → ∞ folgt, dass für jedes j ≥ j 0 und jedes x ∈ X gilt<br />
| f j (x) − f (x)| ≤ ε.<br />
Das bedeutet aber, dass f j gleichmässig gegen f konvergiert. Damit ist f stetig.<br />
Es ist leicht einzusehen, dass f auch beschränkt ist, also f ∈ C b (X), womit die<br />
Vollständigkeit gezeigt wäre.<br />
□<br />
• Für jedes 1 ≤ p ≤ ∞ und jeden Maßraum (X, µ) ist L p (µ) ein Banach-Raum. Dies<br />
wurde in Analysis 3 gezeigt.
FUNKTIONALANALYSIS 27<br />
2.2 Stetige lineare Abbildungen<br />
Definition 2.2.1 Für lineare Abbildung T : V → W zwischen normierten Räumen sei<br />
||T(v)||<br />
||T|| op = sup ||T(v)|| = sup<br />
||v||=1<br />
v0 ||v||<br />
∈ [0, ∞]<br />
die Operatornorm. Die Abbildung T heisst beschränkte lineare Abbildung, falls<br />
||T|| op < ∞.<br />
Man spricht statt von einer linearen Abbildung auch von einem linearen Operator. Ist<br />
der Zielraum W gleich K, so nennt man T ein lineares Funktional.<br />
Satz 2.2.2 (a) Die Operatornorm ist eine solche, d.h., es gilt<br />
• ||T|| = 0 ⇔ T = 0<br />
• ||λT|| = |λ| ||T||<br />
• ||S + T|| ≤ ||S|| + ||T||<br />
(Definitheit)<br />
(Multiplikativität)<br />
(Dreiecksungleichung).<br />
(b) Sind S, T komponierbar, so gilt<br />
||S ◦ T|| ≤ ||S|| ||T|| .<br />
(c) Für jeden linearen Operator T : V → W zwischen normierten Räumen und jedes<br />
v ∈ V gilt<br />
||T(v)|| ≤ ||T|| op ||v|| .<br />
Ein linearer Operator T ist genau dann stetig, wenn er beschränkt ist.<br />
Beweis: Für die Dreiecksungleichung rechnen wir<br />
||S + T|| = sup<br />
||v||=1<br />
≤ sup<br />
||v||=1<br />
||(S + T)(v)|| = sup ||S(v) + T(v)||<br />
||v||=1<br />
||S(v)|| + ||T(v)|| ≤ sup<br />
||v||=1<br />
||S(v)|| + sup ||T(v)|| = ||S|| + ||T|| .<br />
||v||=1
FUNKTIONALANALYSIS 28<br />
(b) Es sei ohne Einschränkung T 0. Es gilt<br />
||S ◦ T|| = sup<br />
v0<br />
= sup<br />
T(v)0<br />
||S(T(v))||<br />
||v||<br />
||S(T(v))||<br />
||T(v)||<br />
||S(T(v))||<br />
= sup<br />
T(v)0 ||v||<br />
||T(v)||<br />
||v||<br />
≤ sup<br />
w0<br />
||S(w)||<br />
||w||<br />
sup<br />
v0<br />
||Tv||<br />
||v||<br />
= ||S|| ||T|| .<br />
(c) Die Ungleichung ist klar. Wir zeigen zunächst, dass eine lineare Abbildung<br />
T : V → W zwischen normierten Räumen genau dann stetig ist, wenn sie im<br />
Nullpunkt stetig ist. Ist T stetig, dann ist T stetig in Null. Sei umgekehrt T linear und<br />
stetig in Null. Sei v j → v eine in V konvergente Folge, dann konvergiert v j − v gegen<br />
Null, also konvergiert auch T(v j ) − T(v) = T(v j − v) gegen Null, d.h. T(v j ) geht gegen<br />
T(v), somit ist T in v stetig und da v beliebig ist, ist T schlechthin stetig.<br />
Wir zeigen, dass ein stetiger Operator beschränkt ist. Sei also T stetig und nimm an, er<br />
ist nicht beschränkt. Dann existiert eine Folge v j von Vektoren mit ∣ ∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣ ∣∣ = 1 und<br />
∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣T(vj → ∞. Nehmen wir an, dass ) ∣ ∣ ∣∣ 0 für alle j, dann geht die Folge<br />
1<br />
||T(v j )|| v j<br />
gegen Null, also folgt<br />
⎛<br />
1<br />
∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ 1<br />
∣ ∣∣ T(v j ) = T ⎜⎝<br />
∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣∣ v j<br />
⎞⎟ ⎠ → 0.<br />
Diese Vektoren haben aber Norm 1, Widerspruch! Sei umgekehrt T beschränkt und v j<br />
eine Nullfolge, das heisst, dass ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ gegen Null geht. Dann gilt<br />
∣ ∣ ∣ ∣T(vj ) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤ ||T||op<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ → 0.<br />
Also geht T(v j ) gegen Null, T ist also stetig in Null, also stetig.<br />
□<br />
2.3 Hilbert-Räume<br />
Erinnerung: Ein Skalarprodukt auf einem komplexen Vektorraum V ist eine<br />
Abbildung 〈·, ·〉 : V × V → C mit folgenden Eigenschaften:<br />
• Für w ∈ V ist die Abbildung V → K; v ↦→ 〈v, w〉 linear.<br />
• Es gilt 〈w, v〉 = 〈v, w〉 für alle v, w ∈ V.<br />
• Für v ∈ V ist 〈v, v〉 ≥ 0 und 〈v, v〉 = 0 ⇔ v = 0.
FUNKTIONALANALYSIS 29<br />
Definition 2.3.1 Ein Vektorraum V mit einem Skalarprodukt 〈., .〉 heisst<br />
Prä-Hilbert-Raum.<br />
Beispiele 2.3.2 • Das einfachste Beispiel nach dem Nullraum ist V = K mit<br />
〈 〉 α, β = α ¯β. Oder allgemeiner V = C k mit k ∈ N und<br />
〈v, w〉 = v t ¯w,<br />
• Sei I eine Menge und sei l 2 (I) der L 2 -Raum, wenn man I mit dem Zählmaß<br />
ausstattet. Dann ist l 2 (I) die Menge aller Funktionen f : I → C mit<br />
∑<br />
| f (i)| 2 < ∞.<br />
i∈I<br />
Insbesondere ist für jedes f ∈ l 2 (I) die Menge {i ∈ I : f (i) 0} abzählbar. Das<br />
Skalarprodukt ist gegeben durch<br />
〈 〉 ∑<br />
f, g = f (i)g(i).<br />
i∈I<br />
Die Norm auf einem Prä-Hilbert-Raum V ist definiert durch<br />
||v|| = √ 〈v, v〉, v ∈ V.<br />
In der linearen Algebra wird bewiesen, dass dies in der Tat eine Norm ist. Ausserdem<br />
wird dort die Cauchy-Schwarz-Ungleichung<br />
| 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w||<br />
für v, w ∈ V bewiesen.<br />
Lemma 2.3.3 Ist V ein normierter Raum, dann ist die Norm ||.|| : V → R eine stetige<br />
Abbildung.<br />
Ist V ein Prä-Hilbert-Raum, dann ist das Skalarprodukt V × V → C eine stetige Abbildung.<br />
Beweis: Es sei v j → v eine konvergente Folge, dann ist gilt | ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ − ||v|| | ≤<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
− v ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ eine<br />
Nullfolge.
FUNKTIONALANALYSIS 30<br />
Ist V ein Hilbert-Raum und sind v j → v und w j → w konvergent in V, so gilt nach der<br />
Cauchy-Schwarz-Ungleichung,<br />
| 〈 v j , w j<br />
〉<br />
− 〈v, w〉 | ≤ |<br />
〈<br />
vj , w j<br />
〉<br />
−<br />
〈<br />
vj , w 〉 | + | 〈 v j , w 〉 − 〈v, w〉 |<br />
= | 〈 v j , w j − w 〉 | + | 〈 v j − v, w 〉 |<br />
≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣wj<br />
− w ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ +<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
− v ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ||w||<br />
Da ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ konvergent ist, ist diese Folge beschränkt, also geht die rechte Seite (und damit<br />
die linke) gegen Null.<br />
□<br />
Definition 2.3.4 Ein Hilbert-Raum ist ein Prä-Hilbert-Raum, der vollständig bzgl der<br />
induzierten Norm ist.<br />
Proposition 2.3.5 Jeder endlich-dimensionale Prä-Hilbert-Raum ist vollständig.<br />
Beweis: In der Linearen Algebra wird gezeigt, dass jeder endlich-dimensionale<br />
Prä-Hilbert-Raum zu K n isomorph ist, wobei n die Dimension ist. Dieser Raum ist<br />
vollständig.<br />
□<br />
Satz 2.3.6 (Polarisierung) Sei 〈., .〉 ein Skalarprodukt mit Norm ||.||. Im Fall K = R gilt:<br />
〈v, w〉 = 1 2<br />
(<br />
||v + w|| 2 − ||v|| 2 − ||w|| 2) .<br />
Im Fall K = C ist<br />
〈v, w〉 = 1 4<br />
(<br />
||v + w|| 2 − ||v − w|| 2 + i ||v + iw|| 2 − i ||v − iw|| 2) .<br />
Insbesondere ist also das Skalarprodukt durch die Norm eindeutig festgelegt.<br />
Beweis: Man setzt rechts für die Norm ||u|| 2 jeweils 〈u, u〉 ein und nutzt die<br />
Sesquilinearität aus.<br />
□<br />
In der Tat, diese Polarisierungsidentitäten nutzen nur die Sesquilinearität aus und<br />
nicht die Symmetrie, bzw Antisymmetrie. Wir formulieren das folgende Korollar nur<br />
für C.
FUNKTIONALANALYSIS 31<br />
Korollar 2.3.7 Seien V, Z Vektorräume über C und sei<br />
b : V × V → Z<br />
eine sesquilineare Abbildung. Sei D(v) = b(v, v) die Diagonale. dann gilt für alle v, w ∈ V,<br />
b(v, w) = 1 [D(v + w) − D(v − w) + iD(v + iw) − iD(v − iw)] ,<br />
4<br />
also ist b durch D eindeutig festgelegt.<br />
Beweis: Wie im Satz.<br />
□<br />
Definition 2.3.8 Eine lineare Isometrie zwischen zwei normierten Räumen V, W ist<br />
eine lineare Abbildung T : V → W mit<br />
||Tv|| = ||v||<br />
für jeden Vektor v ∈ V. Eine lineare Isometrie ist injektiv und ist sie zusätzlich<br />
surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine lineare Isometrie. In dem Fall<br />
heisst sie isometrischer Isomorphismus<br />
Sind V und W Hilbert-Räume und ist T : V → W eine Isometrie, so folgt<br />
〈Tv, Tw〉 = 〈v, w〉<br />
für alle w, w ∈ V. Dies folgt aus den Polarisierungsidentitäten (Satz 2.3.6).<br />
Definition 2.3.9 Ein Orthonormalsystem oder ONS in einem Hilbert-Raum H ist eine<br />
Familie von Vektoren (e i ) i∈I für die gilt<br />
〈<br />
ei , e j<br />
〉<br />
=<br />
⎧⎪ ⎨<br />
⎪ ⎩<br />
1 falls i = j,<br />
0 sonst.<br />
Ein Orthonormalsystem (e i ) i∈I heisst vollständiges ONS, oder Orthonormalbasis<br />
ONB, falls der Orthogonalraum der e i aufgespannte Untervektorraum dicht liegt in H.
FUNKTIONALANALYSIS 32<br />
Satz 2.3.10 Jeder Hilbert-Raum H hat eine Orthonormalbasis. Für jede ONB (e i ) i∈I und<br />
Vektoren v, w ∈ H gilt: Ist c i (v) = 〈v, e i 〉 , so sind nur abzählbar viele dieser Koeffizienten<br />
ungleich Null und es gilt<br />
∑<br />
v = c i (v)e i ,<br />
wobei die Reihe in jeder Reihenfolge konvergiert. Es gilt<br />
∑<br />
∑<br />
|c i (v)| 2 = ||v|| 2 oder, allgemeiner, 〈v, w〉 = c i (v)c i (w)<br />
i∈I<br />
i∈I<br />
i∈I<br />
Ist umgekehrt v = ∑ i∈I c i e i eine konvergente Reihe, dann folgt c i = c i (v), d.h., die<br />
Koeffizienten sind eindeutig.<br />
Sind ferner beliebige komplexe Koeffizienten (c i ) i∈I gegeben, so dass nur abzählbar viele<br />
ungleich Null sind und ∑ i∈I |c i | 2 < ∞ gilt, dann konvergiert die Reihe ∑ i∈I c i e i in H in<br />
jeder Reihenfolge mit demselben Grenzwert.<br />
Korollar 2.3.11 Man kann die Aussagen des Satzes auch so ausdrücken: Die Abbildung<br />
v ↦→ (i ↦→ c i (v)) ist ein isometrischer Isomorphismus von Hilbert-Räumen H −→ <br />
l 2 (I).<br />
Beweis des Satzes: Mit dem Lemma von Zorn beschafft man sich ein maximales ONS<br />
(e i ) i∈I . Dessen Orthogonalraum<br />
(e i ) ⊥ i∈I = {v ∈ H : 〈v, e i〉 = 0 ∀ i∈I }<br />
muss Null sein, denn ist w 0 im Orthogonalraum, dann ist f = w/ ||w|| ein neuer<br />
Vektor, um den man das ONS erweitern kann, was der Maximalität widerspricht. Sei<br />
also (e i ) i∈I ein ONS mit trivialem Orthogonalraum und sei v ∈ H. Für eine endliche<br />
Teilmenge E ⊂ I setze<br />
∑<br />
v E = c i (v)e i .<br />
Dann gilt 〈v E , v〉 = 〈v E , v E 〉 = ∑ i∈E |c i (v)| 2 , wie man leicht sieht. Also ist<br />
||v − v E || 2 = 〈v − v E , v − v E 〉<br />
∑<br />
= ||v|| 2 − 〈v, v E 〉 − 〈v E , v〉 + 〈v E , v E 〉 = ||v|| 2 − |c i (v)| 2 .<br />
i∈E<br />
i∈E
FUNKTIONALANALYSIS 33<br />
Da dies ≥ 0 ist, folgt ∑ i∈E |c i (v)| 2 ≤ ||v|| 2 . Also ∑ i∈I |c i (v)| 2 ≤ ||v|| 2 . Damit folgt, dass nur<br />
abzählbar viele c i (v) ungleich Null sind und dass die Reihe der |c i (v)| 2 konvergiert. Wir<br />
wollen zeigen, dass die Reihe ∑ i∈I c i (v)e i in jeder Reihenfolge konvergiert. Sei also<br />
c 1 , c 2 , . . . eine Nummerierung der Koeffizienten 0, so gilt für n ≤ m in N,<br />
∣ m∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ 2 c i (v)e i =<br />
∣<br />
n=n<br />
m∑<br />
|c i (v)| 2 ,<br />
woraus folgt, dass ∑ n<br />
i=1 c i (v)e i eine Cauchy-Folge in H ist, also konvergiert. Wir zeigen,<br />
dass der Limes gleich v ist. Für j ∈ I rechne<br />
i=n<br />
〈<br />
∑<br />
〉<br />
e j , v − c i (v)e i = 〈 e j , v 〉 − c j (v) = 0.<br />
i∈I<br />
Also ist der Vektor v − ∑ i∈I c i (v)e i im Orthogonalraum des ONS, also gleich Null, die<br />
Summe konvergiert also in der Tat gegen v. Insbesondere ist der von (e i ) aufgespannte<br />
Unterraum dicht. Es folgt<br />
〈 ∑<br />
〈v, w〉 =<br />
i∈I<br />
∑<br />
〉<br />
∑ ∑<br />
c i (v)e i , c i (w)e i = c i (v)c j (w) 〈 〉 ∑<br />
e i , e j = c i (v)c j (w).<br />
i∈I<br />
i∈I j∈I<br />
i∈I<br />
Ist umgekehrt v = ∑ j∈I c j e j konvergent, so gilt wegen der Linearität und Stetigkeit des<br />
Skalarproduktes,<br />
〈 ∑<br />
c i (v) = 〈v, e i 〉 =<br />
j∈I<br />
〉<br />
∑ 〈 〉<br />
c i e i , e j = c i ei , e j = ci .<br />
j∈I<br />
Ist schliesslich (c i ) i∈I eine Familie von Koeffizienten mit ∑ i∈I |c i | 2 < ∞, so folgt die<br />
Konvergenz von ∑ i c i e i genau wie die oben gezeigte Konvergenz von ∑ i c i (v)e i .<br />
□<br />
Beispiel 2.3.12 In Analysis 1 wurde in dem Abschnitt über Fourier-Reihen gezeigt,<br />
dass die Funktionen e k (x) = e 2πikx für k ∈ Z eine Orthonormalbasis von<br />
L 2 ([0, 1]) L 2 ([0, 1)) L 2 (R/Z) ist.<br />
Satz 2.3.13 Je zwei ONB eines Hilbert-Raumes haben die gleiche Mächtigkeit. Zwei<br />
Hilbert-Räume sind isometrisch-isomorph, falls sie ONBs der gleichen Mächtigkeit haben.
FUNKTIONALANALYSIS 34<br />
Beweis: Sei H ein Hilbert-Raum mit zwei ONBs (e i ) i∈I und ( f j ) j∈J . Ist H<br />
endlich-dimensional, so folgt |I| = |J| nach LinA. Sei also H unendlich-dimensional.<br />
Für i ∈ I sei S(i) die Menge aller j ∈ J mit 〈 〉<br />
e i , f j 0. Da ei = ∑ 〈 〉<br />
j∈J ei , f j fj , ist S(i) stets<br />
abzählbar. Da andererseits auch jedes f j sich in die e i entwickeln lässt, folgt<br />
⋃<br />
S(i) = J.<br />
i∈I<br />
Damit gibt es eine surjektive Abbildung I × N → J. Da I und J beide unendliche<br />
Mengen sind, folgt hieraus |J| ≤ |I|. Aus Symmetriegründen folgt |I| = |J|.<br />
Sind H 1 , H 2 Hilbert-Räume mit ONBs (e i ) i∈I und ( f i ) i∈I , so definiert die Vorschrift<br />
T(e i ) = f i einen isometrische Isomorphismus von H 1 nach H 2 .<br />
□<br />
Satz 2.3.14 (a) Sei H ein Hilbert-Raum und U ein abgeschlossener Unterraum. Dann<br />
gilt<br />
H = U ⊕ U ⊥ ,<br />
wobei U ⊥ = {v ∈ H : 〈v, U〉 = 0} der Orthogonalraum zu U ist.<br />
(b) Sei H ein Hilbert-Raum und sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Dann<br />
existiert ein eindeutig bestimmter Vektor w ∈ H mit<br />
α(v) = 〈v, w〉<br />
für jeden Vektor v ∈ H.<br />
Beweis: (a) Wie in der Linearen Algebra sieht man U ∩ U ⊥ = 0. Da U ein<br />
abgeschlossener Unterraum ist, ist U selbst wieder ein Hilbert-Raum. Sei (e i ) eine<br />
ONB von U und setze für v ∈ H:<br />
∑<br />
P(v) = 〈v, e i 〉 e i .<br />
i∈I<br />
Dann ist P : H → U eine lineare Abbildung mit P(v) = v falls v ∈ U, also P 2 = P, d.h., P<br />
ist eine Projektion. Der Kern von P ist U ⊥ . Sei v ∈ H, dann ist v − P(v) ∈ Ker P = U ⊥ ,<br />
also folgt H = U ⊕ U ⊥ .
FUNKTIONALANALYSIS 35<br />
(b) Sei α : H → K ein stetiges lineares Funktional. Ist α = 0, so wähle w = 0. Ist α 0,<br />
dann ist U = Ker(α) ein abgeschlossener Unterraum von V. Daher ist H = U ⊕ U ⊥ und<br />
da U H, ist U ⊥ 0. Sei also w 0 ∈ U ⊥ mit ||w 0 || = 1. Dann ist α(w 0 ) = c 0. Setze<br />
w = cw 0 . Dann ist<br />
α(w 0 ) = c = 〈w 0 , w〉 .<br />
Da α einen Isomorphismus U ⊥ → K induziert, ist U ⊥ = Kw 0 , also insbesondere ist<br />
jedes v ∈ H von der Form v = λw 0 + u mit u ∈ U. Daher ist<br />
α(v) = α(λw 0 + u) = λc = α 〈w 0 , w〉 = 〈v, w〉 .<br />
Dies zeigt die Existenz. Für die Eindeutigkeit nimm an, es gebe einen weiteren Vektor<br />
w ′ mit α(v) = 〈v, w ′ 〉. Dann gilt für jedes v ∈ H, dass 0 = 〈v, w − w ′ 〉. Insbesondere für<br />
v = w − w ′ folgt w − w ′ = 0.<br />
□<br />
2.4 Vervollständigung<br />
Seien X, Y metrische Räume. Eine Isometrie von X nach Y ist eine Abbildung<br />
f : X → Y mit<br />
d( f (x), f (x ′ )) = d(x, x ′ )<br />
für je zwei Elemente x, x ′ ∈ X. Eine Isometrie ist stetig und injektiv. Ist eine Isometrie<br />
surjektiv, so ist ihre Umkehrabbildung ebenfalls eine Isometrie. Eine bijektive<br />
Isometrie heisst isometrischer Isomorphismus.<br />
Ein metrischer Raum X heisst vollständig, wenn jede Cauchy-Folge konvergiert.<br />
Satz 2.4.1 (Vervollständigung) Sei X ein metrischer Raum. Dann existiert eine<br />
Isometrie ϕ: X → ˆX in einen vollständigen metrischen Raum ˆX, so dass das Bild ϕ(X)<br />
dicht in ˆX liegt. Das Paar ( ˆX, ϕ) nennt man eine Vervollständigung von X.<br />
Die Vervollständigung ist eindeutig bestimmt in folgendem Sinne: Ist ψ : X → Y eine<br />
weitere Isometrie auf einen dichten Teilraum eines vollständige Raumes Y, dann existiert<br />
genau ein isometrischer Isomorphismus α : ˆX → Y so dass ψ = α ◦ ϕ, d.h., das Diagramm<br />
X ϕ <br />
ψ<br />
ˆX<br />
α<br />
<br />
Y
FUNKTIONALANALYSIS 36<br />
kommutiert.<br />
Beweis: Sei (X, d) ein metrischer Raum. Wir konstruieren ˆX. Sei CF(X) die Menge aller<br />
Cauchy-Folgen in X. Wir haben eine natürliche Abbildung ˜ϕ: X → CF(X), die jedes<br />
x ∈ X auf die konstante Folge x n = x wirft.<br />
Auf CF(X) betrachten wir folgende Äquivalenzrelation: Zwei Cauchy-Folgen (x n ) und<br />
(y n ) heissen äquivalent, (x n ) ∼ (y n ), falls die Folge d(x n , y n ) gegen Null geht. Ist (x n )<br />
eine Cauchy-Folge und ist (y n ) eine Teilfolge, so folgt (x n ) ∼ (y n ). Sei<br />
ˆX def<br />
= CF(X)/ ∼ .<br />
Die Abbildung ϕ ist gegeben durch ˜ϕ gefolgt von der Projektion CF(X) → CF(X)/ ∼.<br />
Die Metrik auf ˆX ist gegeben durch d([x n ], [y n ]) = lim n d(x n , y n ), wobei zu zeigen ist,<br />
dass dieser Limes existiert und nicht von der Wahl der Vertreter abhängt. Dies und<br />
den Rest des Beweises überlassen wir dem Leser zur Übung.<br />
□<br />
Satz 2.4.2 Ist (V, ||·||) ein normierter Raum, so kann man die Norm auf die<br />
Vervollständigung ˆV fortsetzen. Dasselbe gilt für die Vektorraumstruktur, so dass ˆV<br />
wieder ein normierter Raum ist und ϕ : V → ˆV ist eine lineare Isometrie.<br />
Beweis: Man definiert ||v|| = d(0, v) für v ∈ ˆV. Es folgt ||v|| = lim j<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ für jede Folge (vj )<br />
in V, die gegen v konvergiert. Aus dieser Tatsache schliesst man leicht die<br />
Normeigenschaft. Die Vektorraumstruktur definiert man durch<br />
v + w = lim<br />
j<br />
(v j + w j ),<br />
wobei v j → v und w j → w Folgen in V sind. Wir zeigen hier beispielhaft die<br />
Wohldefiniertheit. Es ist zu zeigen, dass die Folge (v j + w j ) konvergiert und dass der<br />
Grenzwert nicht von der Wahl der Folgen abhängt. Für j, k ∈ N ist<br />
∣ ∣ ∣ ∣(vj + w j ) − (v k + w k ) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
− v k<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ +<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣wj<br />
− w k<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ,<br />
also ist (v j + w j ) eine Cauchy-Folge, damit konvergent. Sind ṽ j und ˜w j weitere
FUNKTIONALANALYSIS 37<br />
Cauchy-Folgen, die gegen v und w in ˆV konvergieren, dann ist (v j + w j ) − (ṽ j + ˜w j ) eine<br />
Nullfolge, also ist der Grenzwert wohldefiniert. Der Rest geht ähnlich.<br />
□<br />
2.5 Äquivalenz der Normen im endlich-dimensionalen<br />
Satz 2.5.1 Seien ||·|| a und ||·|| b zwei Normen auf demselben K-Vektorraum V. Dann sind<br />
äquivalent:<br />
(a) Die beiden Normen definieren dieselbe Topologie auf V.<br />
(b) Eine Folge konvergiert genau dann in ||·|| a , wenn sie in ||·|| b konvergiert. In diesem Fall<br />
sind die Limiten gleich.<br />
(c) Es gibt Zahlen C, c > 0 so dass gilt:<br />
c ||·|| a ≤ ||·|| b ≤ C ||·|| a<br />
Beweis: (a)⇒(b): Sei v j in ||·|| a gegen v konvergent. Das bedeutet, dass für jede<br />
||·|| a -Umgebung U von v ein j 0 existiert mit<br />
j ≥ j 0 ⇒ v j ∈ U.<br />
Da jede ||·|| b -Umgebung auch eine ||·|| a -Umgebung ist, folgt, dass v j auch in der<br />
||·|| b -Norm gegen v konvergiert.<br />
(b)⇒(c): Wir zeigen die Existenz von c, die von C folgt dann analog. Angenommen, es<br />
gäbe solches c nicht. Dann existiert zu jedem j ∈ N ein v j ∈ V mit<br />
1<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣vj<br />
∣∣ ∣∣a<br />
> ∣ ∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣ ∣∣b<br />
.<br />
j<br />
Da dieselbe Abschätzung für tv j mit t > 0 gilt, können wir v j so skalieren, dass<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣vj<br />
∣∣ ∣∣a<br />
= 1 gilt. Dann ist ∣ ∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣ ∣∣b<br />
< 1, also geht v j j in der b-Norm gegen Null, also auch in<br />
der a-Norm, was aber der Normierung ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣a<br />
= 1 widerspricht!<br />
(c)⇒(a): Die Abschätzung c ||·|| a ≤ ||·|| b hat zur Folge, dass jeder a-Ball um v ∈ V vom<br />
Radius r > 0 schon einen b-Ball vom Radius cr und gleichen Mittelpunkt enthält, also,
FUNKTIONALANALYSIS 38<br />
dass gilt<br />
B b cr(v) ⊂ B a r(v).<br />
Sei U eine in der a-Norm offene Menge. Wir zeigen, dass sie auch in der b-Norm offen<br />
ist. Die Umkehrung geht analog. Sei also v ∈ U. Da U offen ist bzgl ||·|| a , so gibt es ein<br />
r > 0 mit B a r(v) ⊂ U. Daher ist dann B b cr(v) ⊂ U, also ist U auch b-offen.<br />
□<br />
Definition 2.5.2 Wir nennen zwei Normen auf V äquivalent, wenn sie den<br />
Bedingungen dieses Satzes genügen. In der Tat definiert dies eine Äquivalenzrelation,<br />
wie man aus Punkt (a) des Satzes sieht.<br />
Beispiel 2.5.3 Auf dem Raum C c (R) definieren wir zwei Normen, die L 1 -Norm<br />
und die Supremumsnorm<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∫<br />
∣∣1<br />
f = | f (x)| dx<br />
R<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣R f = sup | f (x)|.<br />
x∈R<br />
Diese beiden Normen sind nicht äquivalent, man bastelt leicht eine Folge f j so dass<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣1 fj = 1 aber ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣R fj → 0 oder auch eine Folge, die das Umgekehrte tut.<br />
Satz 2.5.4 Ist der K-Vektorraum endlich-dimensional, so sind alle Normen äquivalent.<br />
Beweis: Jeder endlich-dimensionale K-Vektorraum ist isomorph zu K n , wobei n die<br />
Dimension ist. Es reicht also, die Behauptung für V = K n zu zeigen. Sei ||·|| eine<br />
beliebige Norm auf K n . Wir zeigen dass sie äquivalent ist zur euklidischen Norm.<br />
Seien e 1 , . . . , e n die Standard-Basisvektoren von K n . Es folgt<br />
∣ n∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣<br />
||v|| =<br />
v j e j ≤<br />
∣<br />
j=1<br />
m∑<br />
|v j | ∣ ) )<br />
∣ ∣∣ej<br />
∣ ∣∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣ej<br />
∣ ∣∣ ∣∣ ≤ n<br />
(max |v j | max ≤ nM ||v|| eukl .<br />
j j<br />
}{{} }{{}<br />
j=1<br />
Das ist ja schon die halbe Miete.<br />
Aus der Dreiecksungleichung von ||·|| folgt<br />
=||v|| max<br />
(<br />
=M<br />
∣<br />
∣||x|| − ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣y<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ≤<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣x − y<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ≤ nM<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣x − y<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣eukl<br />
,
FUNKTIONALANALYSIS 39<br />
das heisst, die Abbildung ||·|| : K n → R ist bezüglich der euklidischen Norm stetig.<br />
Also ist das Bild der Menge S = {v ∈ K n : ||v|| eukl = 1} kompakt. Da 0 S, folgt, dass<br />
dieses Bild in (0, ∞) liegt. Sei c > 0 das Minimum von Bild(S). dann gilt<br />
Für v 0 ist w =<br />
v<br />
||v|| eukl<br />
||w|| eukl = 1 ⇒ ||w|| ≥ c.<br />
∈ S, also folgt<br />
∣ v ∣∣∣ ∣∣∣<br />
∣ ||v|| eukl<br />
≥ c, oder<br />
||v|| ≥ c ||v|| eukl<br />
und die Behauptung ist bewiesen.<br />
□<br />
2.6 Nichtstetige lineare Abbildungen<br />
Nichtstetige lineare Abbildungen sind für diese Vorlesung nicht von Interesse. Der<br />
Vollständigkeit halber wollen wir aber die Frage ihrer Existenz klären. Ja, es gibt sie,<br />
und zwar viele davon. Um dies zu beweisen betrachtet man Hamel-Basen.<br />
Definition 2.6.1 Eine Teilmenge B ⊂ V eines K-Vektorraums V heisst Hamel-Basis,<br />
wenn jeder Vektor v ∈ V sich in eindeutiger weise als Linearkombination von<br />
Vektoren aus B schreiben lässt.<br />
Eine Teilmenge B ist also genau dann eine Hamel-Basis, wenn es zu jedem Vektor<br />
v ∈ V eindeutig bestimmte Koeffizienten c b ∈ K für b ∈ B gibt, so dass fast alle c b gleich<br />
Null sind und v = ∑ b∈B c b b gilt.<br />
Definition 2.6.2 Eine Teilmenge L ⊂ V eines Vektorraums heisst linear unabhängig,<br />
wenn für jede endliche Teilmenge E ⊂ L und jede Wahl von Koeffizienten λ v ∈ K,<br />
v ∈ E gilt<br />
∑<br />
λ v v = 0 ⇒ λ v = 0 ∀ v∈E .<br />
v∈E<br />
Eine Teilmenge E ⊂ V heisst Erzeugendensystem, wenn jeder Vektor von V sich als<br />
Linearkombination von Elementen aus E schreiben lässt.
FUNKTIONALANALYSIS 40<br />
Satz 2.6.3 (a) Jeder Vektorraum hat eine Hamel-Basis.<br />
(b) Eine maximale linear unabhängige Teilmenge ist eine Hamel-Basis.<br />
(c) Ein minimales Erzeugendensystem ist eine Hamel-Basis.<br />
(d) Jede linear unabhängige Teilmenge von V lässt sich zu einer Hamel-Basis vergrössern.<br />
(e) Jedes Erzeugendensystem enthält eine Hamel-Basis.<br />
Beweis: Das ist im Wesentlichen Lineare Algebra. Um zu zeigen dass es eine<br />
Hamel-Basis, oder eine maximale linear unabhängige Teilmenge gibt, benutzt man<br />
das Lemma von Zorn.<br />
□<br />
Nun zeigen wir, dass es viele nichtstetige lineare Abbildungen von einem<br />
unendlich-dimensionalen Hilbert-Raum H nach K gibt. Sei hierzu (e j ) j∈J eine<br />
Orthonormalbasis. Schreibe E = {e j : j ∈ J}. Diese ist dann zwar linear unabhängig,<br />
aber keine Hamel-Basis, denn sei F = { f 1 , f 2 , . . . } ⊂ E eine abzählbare Teilmenge, wobei<br />
wir f i f j für i j annehmen. Nach Satz 2.3.10 ist die Reihe v = ∑ ∞<br />
j=1 1 j f j konvergent in<br />
H, aber nicht als endliche Summe von Elementen von E darstellbar. Wir vergrössern E<br />
zu einer Hamel-Basis B ⊃ E, B E. Wir können ein lineares Funktional φ : H → K<br />
definieren, indem wir φ auf der Hamel-Basis vorgeben. Wir setzen also φ(e) = 0 für<br />
jedes e ∈ E und φ(b) für b ∈ B E beliebig, nicht alle Null. Dann ist φ ein lineares<br />
Funktional, das nicht stetig ist, denn jedes stetige lineare Funktional, dass die e j auf<br />
Null wirft, ist schon Null.
FUNKTIONALANALYSIS 41<br />
3 Grundprinzipien der <strong>Funktionalanalysis</strong><br />
3.1 Fortsetzung von linearen Funktionalen<br />
In diesem Abschnitt geht es um folgendes Prinzip: Ein stetiges lineares Funktional<br />
kann von einem beliebigen Teilraum auf den ganzen Raum stetig und linear<br />
fortgesetzt werden.<br />
Satz 3.1.1 Ist V ein Banach-Raum und ist die Menge<br />
¯B = ¯B 1 (0) = {v ∈ V : ||v|| ≤ 1}<br />
kompakt, dann ist V endlich-dimensional.<br />
Beweis: Sei (V, ||.||) ein normierter Raum. Für eine Teilmenge U ⊂ V und v ∈ V definiere<br />
d(v, U) = inf ||v − u|| .<br />
u∈U<br />
Lemma 3.1.2 Ist U V ein abgeschlossener linearer Unterraum, dann existiert ein v ∈ V, so<br />
dass ||v|| = 1 und d(v, U) ≥ 1 2 .<br />
Beweis: Zu w ∈ V U wähle ein u 0 ∈ U, so dass ||w − u 0 || ≤ 2d(w, U). Setze v = w−u 0<br />
||w−u 0 || .<br />
Dann gilt ||v|| = 1 und<br />
( ) ( )<br />
w − u0<br />
d(v, U) = d<br />
||w − u 0 || , U w<br />
= d<br />
||w − u 0 || , U =<br />
1<br />
||w − u 0 || d(w, U) ≥ 1 2 .<br />
□<br />
Zum Beweis des Satzes: Ist V unendlich-dimensional, so gibt es eine Folge von<br />
Unterräumen V 1 ⊂ V 2 ⊂ . . . mit dim V n = n. Nach dem Lemma gibt es v n ∈ V n V n−1<br />
mit v n ∈ ¯B und ||v n − u|| ≥ 1 2 für jedes u ∈ V n−1. Insbesondere folgt ||v n − v m || ≥ 1 2 falls<br />
n m. Also enthält die Folge v n ∈ ¯B keine konvergente Teilfolge, also ist ¯B nicht<br />
kompakt.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 42<br />
Satz 3.1.3 (Hahn-Banach) Sei U ein Unterraum eines reellen Vektorraums V und sei<br />
p : V → [0, ∞) eine Abbildung mit<br />
p(v + w) ≤ p(v) + p(w) und p(λv) = λp(v)<br />
für alle v, w ∈ V, λ ≥ 0. Sei α : U → R linear mit α(u) ≤ p(u) für jedes u ∈ U. Dann<br />
existiert eine lineare Abbildung ˜α : V → R mit<br />
• ˜α(u) = α(u),<br />
u ∈ U und<br />
• −p(−v) ≤ ˜α(v) ≤ p(v), v ∈ V.<br />
Insbesondere folgt: Jedes stetige lineare Funktional auf einem Unterraum eines normierten<br />
Raums kann stetig auf den ganzen Raum fortgesetzt werden.<br />
Beweis: Nimm an U V. Sei v 1 ∈ V U und setze<br />
W = U ⊕ Rv 1 .<br />
Dann ist W ein Untervektorraum von V. Seien u, u ′ ∈ U. Wegen<br />
α(u) + α(u ′ ) = α(u + u ′ ) ≤ p(u + u ′ ) ≤ p(u − v 1 ) + p(v 1 + u ′ )<br />
folgt<br />
α(u) − p(u − v 1 ) ≤ p(u ′ + v 1 ) − α(u ′ ).<br />
Sei M das Supremum über die linke Seite, wobei u in U läuft. Es folgt also<br />
α(u) − p(u − v 1 ) ≤ M ≤ p(u ′ + v 1 ) − α(u ′ )<br />
für alle u, u ′ ∈ U. Setze<br />
˜α(u + tv 1 ) = α(u) + tM.<br />
Dann ist ˜α linear auf W, es setzt α fort und für t > 0 gilt mit y = u/t,<br />
˜α(u + tv 1 ) = α(u) + tM ≤ α(u) + tp(y + v 1 ) − tα(y) = p(u + tv 1 ).
FUNKTIONALANALYSIS 43<br />
und ebenso<br />
˜α(u − tv 1 ) = α(u) − tM ≤ α(u) − t(α(y) − p(y − v 1 )) = tp(y − v 1 ) = p(u − tv 1 ).<br />
Zusammen folgt ˜α(w) ≤ p(w) für alle w ∈ W. Indem man w durch −w ersetzt, folgt<br />
auch −p(w) ≤ α(w), also ist ˜α die gewünschte Fortsetzung nach W. Wir haben damit<br />
gezeigt, dass im Fall U V das Funktional α stets eine Fortsetzung auf einen<br />
Unterraum W U besitzt. Nach dem Lemma von Zorn existiert ein maximaler<br />
Unterraum Ũ ⊂ V, auf den sich α mit −p(−u) ≤ α(u) ≤ p(u) fortsetzen lässt. Ist Ũ V,<br />
so lässt sich aber α noch weiter fortsetzen, was der Maximalität widerspricht! Es folgt<br />
Ũ = V und die Hauptaussage des Satzes ist bewiesen.<br />
Für die Zusatzaussage sei (V, ||.||) ein normierter Raum, U ⊂ V ein Unterraum und<br />
α : U → K ein stetiges lineares Funktional. Dann existiert nach Satz 2.2.2 ein C > 0 so<br />
dass |α(u)| ≤ C ||u|| für jedes u ∈ U. Setze p(v) = C ||v|| und für K = R folgt die Aussage<br />
aus dem ersten Teil des Satzes. Nun sei K = C. Das R-lineare Funktional Re(α) besitzt<br />
eine R-lineare Fortsetzung ˜α R nach V mit | ˜α R (v)| ≤ p(v). Sei ˜α das komplex-lineare<br />
Funktional mit Re( ˜α) = ˜α R . Ist v ∈ V, so existiert ein θ ∈ R, so dass e iθ ˜α(v) = ˜α(e iθ v) ∈ R<br />
gilt. Es folgt<br />
| ˜α(v)| = |e iθ ˜α(v)| = | ˜α R (e iθ v)| ≤ p(e iθ v) = p(v). □<br />
Definition 3.1.4 Sei V ein normierter Vektorraum. Wir bezeichnen mit V ′ die Menge<br />
aller stetigen linearen Funktionale V → K. Wir nennen V ′ den stetigen Dualraum. Er<br />
ist in der Regel ein echter Teilraum des algebraischen Dualraums V ∗ .<br />
Lemma 3.1.5 Ein lineares Funktional α 0 auf einem normierten Raum ist eine offene<br />
Abbildung.<br />
Es braucht in der Tat noch nicht einmal stetig zu sein.<br />
Beweis: Sei 0 α : V → K eine lineare Abbildung und sei U ⊂ V eine offene<br />
Teilmenge. Wir wollen zeigen, dass das Bild α(U) offen ist. Sei also z ∈ α(U), also etwa<br />
z = α(u). Sei v ∈ V mit α(v) 0. Dann ist die Menge M = {λ ∈ K : λv + u ∈ U} offen in<br />
K. Das Bild von α enthält die Menge aller α(λv + u) = λα(v) + z, wobei λ ∈ M ist. Dies<br />
ist gerade das Bild von M unter der affinen Abbildung m ↦→ α(v)m + α(u), also offen.<br />
Damit enthält das Bild von α eine offene Umgebung des Punktes z. Da z beliebig war,<br />
ist das Bild offen.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 44<br />
Erinnerung: eine Teilmenge A ⊂ V eines reellen Vektorraums V heisst konvex, falls A<br />
mit zwei Punkten auch deren Verbindungsstrecke enthält, also wenn für alle v, w ∈ V<br />
und t ∈ [0, 1] gilt<br />
v, w ∈ A ⇒ (1 − t)v + tw ∈ A.<br />
Satz 3.1.6 Konvexe Teilmengen lassen sich durch stetige lineare Funktionale trennen.<br />
Genauer seien A, B nichtleere, konvexe Teilmengen eines normierten Raumes V mit<br />
A ∩ B = ∅.<br />
(a) Ist A offen, dann existiert ein α ∈ V ′ und ein T ∈ R mit<br />
Re(α(a)) < T ≤ Re(α(b))<br />
für alle a ∈ A, b ∈ B.<br />
(b) Ist A kompakt und B abgeschlossen, so existieren α ∈ V ′ und S, T ∈ R mit<br />
Re(α(a)) < S < T < Re(α(b))<br />
für alle a ∈ A, b ∈ B.<br />
Beweis: Nach Lemma 2.1.1 reicht es, K = R anzunehmen. Sei also V ein reeller<br />
normierter Raum. Wähle Fußpunkte a 0 ∈ A und b 0 ∈ B und setze v 0 = b 0 − a 0 . Sei<br />
U = A − B + v 0 = { a − b + v 0 : a ∈ A, b ∈ B }<br />
⋃<br />
= A − b + v 0 .<br />
}{{}<br />
b∈B<br />
offen<br />
Dann ist U eine konvexe offene Nullumgebung in V. Sei<br />
p(v)<br />
def<br />
= inf {<br />
t > 0 : 1 t v ∈ U }<br />
.
FUNKTIONALANALYSIS 45<br />
Es folgt p(λv) = λp(v) für λ > 0. Die Funktion p nimmt endliche Werte an und da U<br />
konvex ist, erfüllt p die Dreiecksungleichung, also es gilt<br />
p(v + w) ≤ p(v) + p(w)<br />
für alle v, w ∈ V. Da v 0 U, folgt p(v 0 ) ≥ 1. Auf dem eindimensionalen Raum Rv 0<br />
definiere ein Funktional α(tv 0 ) = t. Nach Satz 3.1.3 setzt α zu einem Funktional auf V<br />
fort mit −p(−v) ≤ α(v) ≤ p(v). Wir zeigen, dass α stetig ist. Da U offen ist und die Null<br />
enthält, existiert ein r > 0 mit B r (0) ⊂ U. Das bedeutet: ||v|| < r ⇒ v ∈ U ⇒ p(v) < 1.<br />
Ersetzt man v durch rv, so heisst das ||v|| < 1 ⇒ p(v) < 1 und im Grenzwert<br />
r<br />
||v|| ≤ 1 ⇒ p(v) ≤ 1 also insbesondere ||v|| = 1 ⇒ p(v) ≤ 1. Damit<br />
r r<br />
sup<br />
||v||=1<br />
|α(v)| ≤ sup p(v) ≤ 1<br />
||v||=1 r .<br />
Also ist α beschränkt, ergo stetig. Sind nun a ∈ A und b ∈ B, so folgt<br />
α(a) − α(b) + 1 = α(a − b + v 0 ) ≤ p(a − b + v 0 ) < 1,<br />
also α(a) < α(b) Die Bilder α(A) und α(B) sind konvexe Teilmengen von R, also<br />
Intervalle. Da A offen ist, ist α(A) nach Lemma 3.1.5 ein offenes Intervall, damit folgt<br />
(a).<br />
(b) Beh.:Es gibt eine konvexe offene Nullumgebung U, so dass (A + U) ∩ B = ∅ gilt.<br />
Beweis: Angenommen nicht. Sei B n der offene Ball B 1/n (0). Es gilt dann<br />
(A + B n ) ∩ B ∅, also gibt es x n ∈ A + B n , etwa x n = a n + b n mit a n ∈ A und ||b n || < 1/n.<br />
Da A kompakt ist, hat die Folge (a n ) eine konvergente Teilfolge, wir ersetzen sie durch<br />
diese und nehmen an, dass (a n ) gegen ein a 0 in A konvergiert. Da b n → 0, folgt x n → a.<br />
Nun ist aber x n ∈ B und B ist abgeschlossen, also a 0 ∈ A ∩ B, diese Menge war aber als<br />
leer angenommen worden. Widerspruch!<br />
Die Mengen A + U und B können nach Teil (a) durch ein stetiges Funktional α getrennt<br />
werden, dann ist α(A + U) ein offenes Intervall disjunkt zum Intervall α(B). Ferner ist<br />
α(A) ein kompaktes Intervall, das im offenen Intervall α(A + U) enthalten ist. □
FUNKTIONALANALYSIS 46<br />
3.2 Von der offenen Abbildung und vom abgeschlossenen Graphen<br />
Satz 3.2.1 (Satz von der offenen Abbildung) Sei T : V → W eine stetige lineare<br />
Abbildung zwischen Banach-Räumen. T sei surjektiv. Dann ist T eine offene Abbildung.<br />
Insbesondere gilt: Ist T bijektiv und stetig, so ist die Umkehrabbildung T −1 ebenfalls stetig.<br />
Beweis: Sei B ⊂ V offen. Es ist zu zeigen, dass T(B) offen ist. Da T linear ist, reicht es zu<br />
zeigen, dass für jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass T(B ε (0)) die Kugel B δ (0) enthält.<br />
1. Schritt. T(B ε (0)) enthält eine Kugel B δ (0).<br />
Sei B = B ε/2 (0). Aus V = ⋃ n nB folgt W = T(V) = ⋃ n nT(B) = ⋃ n nT(B). Da der<br />
Banach-Raum W ein Baire-Raum ist, gibt es m ∈ N, w ∈ W und α > 0 mit<br />
mT(B) ⊃ B α (w).<br />
Aus B ε (0) ⊃ B − B folgt T(B ε (0)) ⊃ T(B) − T(B), also<br />
T(B ε (0)) ⊃ T(B) − T(B) ⊃ T(B) − T(B)<br />
⊃ 1 m B α(w) − 1 m B α(w)<br />
= B α/m (w/m) − B α/m (w/m) ⊃ B α/m (0).<br />
2. Schritt. T(B ε (0)) enthält eine Kugel B δ (0).<br />
Wähle Zahlen r n > 0 mit ∑ ∞<br />
n=0 r n < ε 2 . Sei V α = B α (0) und W α = B α (0) in W. Nach dem 1.<br />
Schritt gibt es δ n > 0 mit W δn ⊂ T(V rn ). Wir können annehmen, dass δ n eine Nullfolge<br />
ist. Sei w ∈ W δ0 , also w ∈ T(V r0 ). Zu dem gegebenen δ 1 existiert dann ein v 0 ∈ V r0 mit<br />
||w − T(v 0 )|| < δ 1 , das heisst, w − T(v 0 ) ∈ W δ1 ⊂ T(V r1 ). Dann existiert ein v 1 ∈ V r1 mit<br />
||w − T(v 0 ) − T(v 1 )|| < δ 2 . Durch Iteration erhalten wir eine Folge v n ∈ V rn mit<br />
||w − T(v 0 ) − · · · − T(v n )|| < δ n+1 .<br />
Also konvergiert die Reihe ∑ ∞<br />
j=0 T(v j ) gegen w. Wegen<br />
∞∑<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣vj<br />
∣∣ ∞∑ ∣∣ ≤ r j < ε 2 ,<br />
j=0<br />
j=0
FUNKTIONALANALYSIS 47<br />
konvergiert auch die Reihe v = ∑ ∞<br />
j=0 v j und es gilt ||v|| < ε, also v ∈ V ε<br />
2 2<br />
. Es folgt T(v) = w<br />
und somit W δ0 ⊂ T(B ε<br />
2<br />
(0)).<br />
□<br />
Sei T : V → W eine Abbildung, so ist der Graph von T die Menge<br />
G(T) = {(v, T(v)) : v ∈ V} ⊂ V × W.<br />
Satz 3.2.2 (Satz vom abgeschlossenen Graphen) Sei T : V → W eine lineare<br />
Abbildung zwischen Banach-Räumen.<br />
Der Graph G(T) ist genau dann abgeschlossen im Produkt V × W, wenn T stetig ist.<br />
Beweis: Sei T stetig und sei (v j , T(v j )) eine Folge im Graphen, die in V × W gegen (v, w)<br />
konvergiert. Das bedeutet v j → v und T(v j ) → w. Da T stetig ist, konvergiert T(v j )<br />
gegen T(v), also folgt w = T(v), somit liegt (v, w) im Graphen, dieser ist also<br />
abgeschlossen.<br />
Sei umgekehrt der Graph abgeschlossen. Die Abgeschlossenheit des Graphen<br />
bedeutet, dass für jede konvergente Folge v j → v in V gilt: konvergiert T(v j ) gegen<br />
w ∈ W, so gilt T(v) = w. Der Graph ist als abgeschlossener linearer Unterraum des<br />
Produktes selbst ein Banach-Raum. Die Abbildung P : G(T) → V, gegeben durch<br />
P(v, T(v)) = v ist stetig, surjektiv und injektiv, also auch offen. Damit ist die<br />
Umkehrabbildung v ↦→ (v, T(v)) stetig, also auch deren Komposition mit der zweiten<br />
Projektion v ↦→ T(v).<br />
□<br />
Beispiel 3.2.3 Wir geben eine Abbildung f : X → Y zwischen metrischen Räumen,<br />
die einen abgeschlossenen Graphen hat, aber nicht stetig ist. Sei X = { 1 : n ∈ N} ∪ {0}<br />
n<br />
mit der Metrik von R. Sei Y = R und f ( 1 ) = n, sowie f (0) = 0.<br />
n<br />
3.3 Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit<br />
Satz 3.3.1 (Banach-Steinhaus) V sei ein Banach-Raum und W ein normierter Raum.<br />
(T i ) i∈I sei eine Familie stetiger linearer Abbildungen V → W. Die Familie sei punktweise
FUNKTIONALANALYSIS 48<br />
beschränkt, d.h. zu jedem v ∈ V existiert ein c v > 0 so dass<br />
||T i (v)|| ≤ c v ||v||<br />
für jedes i ∈ I gilt.<br />
Dann ist die Familie T i gleichmässig beschränkt, d.h. es gilt<br />
sup ||T i || op < ∞.<br />
i∈I<br />
Beweis: Sei A n = {v ∈ V : ||T i (v)|| ≤ n ∀ i∈I }. Dann ist A n abgeschlossen und es gilt<br />
V = ⋃ n A n . Also gibt es nach dem Satz von Baire ein n 0 ∈ N, ein v 0 ∈ V und ein ε > 0<br />
mit<br />
A n0 ⊃ ¯B ε (v 0 ).<br />
Sei w ∈ V mit ||w|| = 1. Dann ist v = v 0 + εw ∈ ¯B ε (v 0 ) ⊂ A n0 , also folgt<br />
( )∣<br />
||T i (w)|| =<br />
v − ∣ T v0 ∣∣∣∣<br />
∣ ∣∣∣∣<br />
i = 1 ε ε ||T i(v) − T i (v 0 )|| ≤ 1 ε (||T i(v)|| + ||T i (v 0 )||) ≤ 2n 0<br />
ε ,<br />
also ist ||T i || op ≤ 2n 0<br />
ε .<br />
□<br />
Korollar 3.3.2 Punktweise Limiten stetiger linearer Operatoren sind stetig.<br />
Genauer sei V ein Banach-Raum, W ein normierter Raum. Eine Folge T j stetiger linearer<br />
Operatoren V → W, die punktweise konvergiert. Sei T(v) = lim j T j (v) für v ∈ V. Dann ist T<br />
ein stetiger linearer Operator von V nach W.<br />
Beweis: Die Linearität von T ist klar. Da die Folge T j punktweise konvergiert, ist sie<br />
punktweise beschränkt. Damit sind die Operatornormen beschränkt nach dem Satz<br />
von Banach-Steinhaus. Sei also etwa ∣ ∣ ∣∣Tj<br />
∣ ∣∣ ∣∣op<br />
≤ C für jedes j. Dann folgt für ||v|| = 1,<br />
||T(v)|| = lim ||T n (v)|| ≤ C,<br />
j<br />
also ||T|| op ≤ C und T ist stetig.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 49<br />
4 Schwache Topologie<br />
4.1 Dualität bei Banach-Räumen<br />
Seien V und W Banach-Räume. Auf dem Raum Hom(V, W) aller stetigen linearen<br />
Operatoren T : V → W installieren wir die Operatornorm.<br />
Lemma 4.1.1 Mit der Operatornorm ist Hom(V, W) wieder ein Banach-Raum.<br />
Beweis: Wir müssen Vollständigkeit zeigen. Sei T j eine Cauchy-Folge in Hom(V, W).<br />
Für v ∈ V ist<br />
∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T k (v) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ =<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣(Tj<br />
− T k )(v) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤ ||v||<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣Tj<br />
− T k<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣op<br />
.<br />
Damit ist T j (v) eine Cauchy-Folge in W, also konvergent. Sei T(v) der Limes. Dann ist<br />
T wieder in Hom(V, W) nach Korollar 3.3.2. Wir müssen uns nur noch überzeugen,<br />
dass die Folge (T j ) auch in der Norm gegen T konvergiert. Hierbei hilft uns die<br />
Cauchy-Eigenschaft. Sei also ε > 0. Dann existiert ein j 0 so dass für alle j, k ≥ j 0 gilt<br />
∣ ∣ ∣ ∣Tj − T k<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ≤ ε.<br />
Für jedes v ∈ V mit ||v|| = 1 gilt dann<br />
∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T k (v) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤ ε<br />
und im Limes k → ∞ also<br />
∣ ∣ ∣ ∣Tj (v) − T(v) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤ ε.<br />
Da dies wie gesagt für jedes ||v|| = 1 gilt, folgt ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣Tj<br />
− T ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣op<br />
≤ ε und dies gilt für jedes<br />
j ≥ j 0 , was die verlangte Konvergenz bedeutet.<br />
□<br />
Insbesondere ist also der stetige Dualraum V ′ wieder ein Banach-Raum.<br />
Proposition 4.1.2 Sei V ein Banach-Raum. Die Abbildung δ : V → V ′′ gegeben durch<br />
δ v (α) = α(v)<br />
ist eine lineare Isometrie V ↩→ V ′′ .
FUNKTIONALANALYSIS 50<br />
Beweis: Linearität ist klar. Isometrie zu sein heisst für δ, dass ||δ v || = ||v|| gilt. Wir zeigen<br />
zunächst “≤”. Für v ∈ V ist<br />
||δ v || = sup<br />
||α||=1<br />
|δ v (α)| = sup |α(v)| ≤ ||v|| .<br />
}{{}<br />
||α||=1<br />
≤||α||||v||<br />
Für die andere Abschätzung brauchen wir den Hahn-Banach Satz. Auf dem Raum Kv<br />
betrachte das Funktional β(tv) = t ||v|| und setze es linear fort zu einem Funktional β<br />
mit |β(w)| ≤ ||w||. Da |β(v)| = ||v||, gilt dann ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣β<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ = 1. Also folgt<br />
||δ v || = sup |α(v)| ≥ |β(v)| = ||v|| .<br />
||α||=1<br />
□<br />
Definition 4.1.3 Ein Banach-Raum V heisst reflexiv, falls die obige Abbildung<br />
δ : V → V ′′ auch surjektiv ist.<br />
Eine Paarung zwischen zwei Vektorräumen V und W ist eine bilineare Abbildung<br />
b : V × W → K. Man kann eine Paarung 〈., .〉 auch beschreiben durch die induzierte<br />
lineare Abbildung φ : V → W ∗ ; φ(v)(w) = 〈v, w〉 oder auch durch die entstehende<br />
Abbildung W → V ∗ . Eine Paarung zwischen zwei Banach-Räumen heisst perfekte<br />
Paarung, falls die entstehenden Abbildungen jeweils in die stetigen Duale abbilden<br />
und isometrische Isomorphismen<br />
induzieren.<br />
V<br />
−→ <br />
W ′ , W −→ <br />
V ′<br />
Lemma 4.1.4 Ein Banach-Raum V ist genau dann reflexiv, wenn die natürliche Paarung auf<br />
V × V ′ perfekt ist. Insbesondere ist V ′ dann auch reflexiv.<br />
Eine perfekte Paarung ist stetig.<br />
Beweis: Ist die Paarung perfekt, so ist V reflexiv. Ist umgekehrt V reflexiv, dann ist ja<br />
V → V ′′ definitionsgemäss ein isometrischer Isomorphismus. Es bleibt zu zeigen, dass<br />
auch die induzierte Abbildung V ′ → V ′ ein isometrischer Isomorphismus ist. Diese<br />
Abbildung ist aber die Identität.<br />
Sei 〈., .〉 : V × W → K eine perfekte Paarung. Wir wollen zeigen, dass sie als Abbildung<br />
von V × W nach K stetig ist. Aus der Tatsache, dass V → W ′ isometrisch ist, folgt<br />
| 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w|| ∀ v∈E, w∈F .
FUNKTIONALANALYSIS 51<br />
Sei also (v j , w j ) eine gegen (v, w) konvergente Folge in V × W, d.h. v j → v und w j → w.<br />
Dann gilt<br />
| 〈 〉 〈 〉 〈 〉 〈 〉<br />
v j , w j − 〈v, w〉 | ≤ | vj , w j − v, wj | + | v, wj − 〈v, w〉 |<br />
= | 〈 〉 〈<br />
v j − v, w n | + | v, wj − w 〉 |<br />
≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
− v ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣wj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ + ||v||<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣wj<br />
− w ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ → 0.<br />
□<br />
Beispiele 4.1.5<br />
• Jeder endlich-dimensionale Banach-Raum ist reflexiv.<br />
• Jeder Hilbert-Raum ist reflexiv.<br />
Zum Beweis sei H ein Hilbert-Raum. Wir müssen zeigen, dass δ : H → H ′′<br />
surjektiv ist. Nach dem Satz von Riesz ist jedes α ∈ H ′ von der Form α = α w für<br />
ein w ∈ H, wobei α w (v) = 〈v, w〉 ist. Die Abbildung Φ : w ↦→ α w ist ein R-linearer<br />
isometrischer Isomorphismus H −→ <br />
H ′ . Durch 〈α v , α w 〉 = 〈v, w〉 wird ein<br />
Skalarprodukt auf H ′ installiert, so dass H ′ wieder ein Hilbert-Raum ist. Daher<br />
gibt es auch für H ′ den kanonischen R-linearen Isomorphismus Φ ′ : H ′ → H ′′ .<br />
Wir zeigen Φ ′ ◦ Φ = δ. Hierzu rechne für v, w ∈ H:<br />
Φ ′ ◦ Φ(v)(α w ) = Φ ′ (α v )(α w )<br />
= α αv (α w )<br />
= 〈α w , α v 〉 = 〈v, w〉 = α w (v) = δ v (α w ). □<br />
• Für 1 < p < ∞ sei l p der Banach-Raum aller komplexen Folgen z = (z 1 , z 2 , . . . ) mit<br />
⎛<br />
1<br />
∞∑ p<br />
||z|| p = |z ⎜⎝ j |<br />
⎞⎟ p < ∞. ⎠<br />
j=1<br />
Seien 1 < p, q < ∞ mit 1 p + 1 q<br />
= 1. Wir behaupten, dass die Paarung<br />
〈., .〉 : l p × l q → C<br />
∞∑<br />
(z, w) ↦→ z j w j<br />
perfekt ist. Die Konvergenz der Reihe folgt aus der Hoelder-Ungleichung, die<br />
besagt<br />
| 〈z, w〉 | ≤ ||z|| p ||w|| q .<br />
j=1
FUNKTIONALANALYSIS 52<br />
Für w ∈ l q sei α w : l p → C gegeben durch α w (z) = 〈z, w〉. Dann sagt die<br />
Hoelder-Ungleichung ausserdem, dass α w ∈ (l p ) ′ und dass ||α w || op ≤ ||w|| q gilt. Wir<br />
wollen nun zeigen, dass hier Gleichheit gilt. Sei dazu w ∈ l q mit ||w|| q = 1. Wir<br />
müssen zeigen, dass α w die Operatornorm 1 hat. Definiere z = (z 1 , . . . ) durch<br />
z j = θ j |w j | q p ,<br />
wobei θ j ∈ C mit |θ j | = 1 so gewählt ist, dass w j z j ≥ 0 ist. Dann ist z ∈ l p und es<br />
gilt<br />
||z|| p p = 〈z, w〉 = ||w|| q q = 1.<br />
Wir haben also ein z ∈ l p gefunden mit ||z|| p = 1 und α w (z) = 1, woraus ||α w || op = 1<br />
folgt, so dass w ↦→ α w eine Isometrie ist. Wir müssen zeigen, dass diese Isometrie<br />
surjektiv ist. Sei dazu α ∈ (l p ) ′ . Für n ∈ N sei e n = (0, . . . , 0, 1, 0 . . . ) mit der Eins<br />
an der n-ten Stelle. Setze w n = α(e n ). Wir behaupten, dass die so entstehende<br />
Folge w in l q liegt. Sei z n = (z 1 , . . . , z n , 0, . . . ) die bei n abgeschnittene Folge. Wir<br />
wollen zeigen, dass ∑ ∞<br />
j=1 |w j | q < ∞ ist. Betrachte hierzu<br />
n∑<br />
|w j | q =<br />
n∑<br />
|w j | q−1 |w j | =<br />
n∑<br />
|w j | q p |wj | =<br />
n∑<br />
z j w j = 〈z n , w〉 = |α(z n )| ≤ C ||z n || p ,<br />
j=1<br />
j=1<br />
j=1<br />
j=1<br />
wobei z j = θ j |w j | q p<br />
gewählt wird mit |θj | = 1 und C = ||α|| op ist. Nun ist wieder<br />
〈z n , w〉 = 〈z n , w n 〉 = ||z n || p p = ||w n || q q und daher<br />
C ≥ ||wn || q q<br />
||z n || p<br />
= ||wn || q q<br />
||w n ||<br />
q<br />
p<br />
q<br />
= ||w n || q− q p<br />
q = ||w n || q .<br />
Die Folge ||w n || p ist monoton wachsend, also konvergent und daher ||w|| q < ∞.<br />
Schliesslich gilt für beliebiges z ∈ l p ,<br />
〈z, w〉 =<br />
∞∑<br />
z j w j = lim<br />
n<br />
n∑<br />
z j w j = lim<br />
n<br />
α(z n ) = α(z).<br />
j=1<br />
j=1<br />
Aus Symmetriegründen folgt dasselbe für vertauschte p und q. Insbesondere ist<br />
l p reflexiv.<br />
• Wir liefern nun ein Beispiel eines nicht reflexiven Raums. Sei l ∞ der
FUNKTIONALANALYSIS 53<br />
Banach-Raum aller beschränkten Folgen z = (z 1 , z 2 , . . . ) in C mit der Norm<br />
||z|| ∞ = sup |z j |.<br />
j∈N<br />
Ferner sei l 1 der Banach-Raum der Folgen mit ||z|| 1 = ∑ ∞<br />
j=1 |z j | < ∞. Wir zeigen<br />
zunächst, dass (l 1 ) ′ = l ∞ gilt via der Paarung<br />
〈., .〉 : l 1 × l ∞ → C<br />
∞∑<br />
(z, w) ↦→ z j w j .<br />
Die Isometrie ist klar. Für die Surjektivität sei α ∈ (l 1 ) ′ . Setze w n = α(e n ). Da α<br />
beschränkt ist, liegt w ∈ l ∞ und es gilt α(z) = 〈z, w〉. Wäre nun der Raum l 1<br />
reflexiv, so müsste die Paarung perfekt sein. ist sie aber nicht, denn die<br />
entstehende Abbildung l 1 → (l ∞ ) ′ ist nicht surjektiv. Sei hierzu U ⊂ l ∞ der<br />
abgeschlossene Unterraum der konvergenten Folgen. Sei α : U → C gegeben<br />
durch<br />
j=1<br />
α(z) = lim<br />
j→∞<br />
z j .<br />
Dann ist α ein stetigen lineares Funktional, also gibt es nach Hahn-Banach eine<br />
stetige lineare Fortsetzung, die wir auch als α schreiben. Nun kann aber dieses α<br />
nicht von l 1 kommen.<br />
4.2 Schwache Topologien<br />
Definition 4.2.1 Die schwache Topologie auf einem Banach-Raum V ist definiert als<br />
die Initialtopologie aller α ∈ V ′ .<br />
Es handelt sich also um die Topologie, die erzeugt wird von allen Mengen der Form<br />
α −1 (U),<br />
wobei α ∈ V ′ und U ⊂ K offen ist. da all diese Mengen in der Normtopologie offen<br />
sind, ist die schwache Topologie gröber als die Normtopologie, hat also a priori<br />
weniger offene Mengen.<br />
Beispiele 4.2.2<br />
• Ist V endlich-dimensional, dann ist die schwache Topologie
FUNKTIONALANALYSIS 54<br />
gleich der Normtopologie. Hierzu reicht es, V = C n anzunehmen. Die<br />
Koordinatenabbildungen v ↦→ v j für j = 1, . . . , n sind stetige lineare Funktionale,<br />
also sind alle Mengen der Gestalt U 1 × · · · × U n schwach offen, wenn<br />
U 1 , . . . , U n ⊂ C offene Mengen sind. Diese Mengen erzeugen allerdings die<br />
Topologie von C n , die auch die Normtopologie ist.<br />
• Wir werden später sehen, dass die schwache Topologie bei jedem<br />
unendlich-dimensionalen reflexiven Banach-Raum echt verschieden ist von der<br />
Normtopologie. Hier schon mal ein Beispiel. Sei V = l 2 (N) und sei<br />
e n = (0, . . . , 0, 1, 0, . . . ) ∈ V mit der 1 an der n-ten Stelle. Dann gilt ||e n || = 1 für jedes<br />
n ∈ N, aber wir zeigen, dass die Folge (e n ) schwach gegen 0 geht. Damit ist die<br />
schwache Topologie echt verschieden von der Normtopologie. Um zu zeigen,<br />
dass e n → 0 gilt, müssen wir zeigen, dass α(e n ) → 0 gilt für jedes α ∈ V ′ . Sei also<br />
α ∈ V ′ . Dann gibt es nach dem Satz von Riesz genau ein w ∈ V mit α(v) = 〈v, w〉<br />
für jedes v ∈ V. Insbesondere also α(e n ) = w n . Nun gilt aber ∑ ∞<br />
j=1 |w j | 2 = ||w|| 2 < ∞,<br />
also geht die Folge w j gegen Null, also geht α(e n ) gegen Null.<br />
Erinnerung: Eine Abbildung f : X → V von einem topologischen Raum X nach V ist<br />
genau dann stetig bezüglich der schwachen Topologie, wenn α ◦ f : X → K für jedes<br />
α ∈ V ′ stetig ist.<br />
Jede schwach offene Menge ist auch offen in der Norm-Topologie, aber nicht<br />
umgekehrt, die Norm-Topologie hat also mehr offene Mengen.<br />
Ist A ⊂ V, so bezeichnet wie bisher A den Abschluss in der Norm-Topologie. Den<br />
Abschluss in der schwachen Topologie bezeichnen wir mit A w . Da die schwache<br />
Topologie weniger offene Mengen hat als die Norm-Topologie, hat sie auch weniger<br />
abgeschlossenen Mengen, also gilt immer<br />
A w ⊃ A.<br />
Satz 4.2.3 Sei K ⊂ V eine konvexe Teilmenge des Banach-Raums V. Dann ist der<br />
schwache Abschluss gleich dem Norm-Abschluss, also<br />
K w = K.
FUNKTIONALANALYSIS 55<br />
Beweis: Die Inklusion K ⊂ K w gilt sowieso. Für die umgekehrte Inklusion sei<br />
v ∈ V K, wir zeigen v K w . Nach Satz 3.1.6 gibt es ein α ∈ V ′ und S, T ∈ R mit<br />
Re(α(v)) < S < T < Re(α(w))<br />
für jedes w ∈ K. Daher ist die Menge {u ∈ V : Re(α(u)) < S eine schwache Umgebung<br />
von v, die K nicht trifft. Also liegt v nicht im schwachen Abschluss von K und also<br />
auch nicht in K w .<br />
□<br />
Satz 4.2.4 Sei V ein Banach-Raum. Sei (v n ) eine Folge in V, die schwach gegen v ∈ V<br />
konvergiert. Dann existiert eine Folge (w j ) in V so dass<br />
• jedes w j ist eine Konvexkombination von endlich vielen v n und<br />
• w j → v in der Norm.<br />
Genauer heisst das, dass es für jedes j ∈ N Zahlen a n,j ≥ 0 gibt, so dass für jedes j nur<br />
endlich viele a n,j 0 sind und so dass gilt<br />
∞∑<br />
a n,j = 1,<br />
n=1<br />
∞∑<br />
a n,j v i = w j .<br />
n=1<br />
Beweis: Sei K die konvexe Hülle aller v n und sei W der schwache Abschluss von K.<br />
Dann liegt v in W. Da K konvex ist, gilt W = K, also gibt es eine Folge in K, die gegen<br />
v konvergiert.<br />
□<br />
Beispiel 4.2.5 Wir wenden dies auf die Folge e n in V = l 2 (N) an. Es gibt demnach eine<br />
Konvexkombination v n der e k so dass ||v n || → 0. In der Tat, sei<br />
v n = 1 n (e 1 + · · · + e n ),<br />
so gilt ||v n || 2 = n n 2 = 1 n → 0.<br />
Lemma 4.2.6 Jede schwach konvergente Folge ist normbeschränkt. Sei also v j eine schwach<br />
konvergente Folge in einem Banach-Raum V. Dann existiert ein C > 0 so dass ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ≤ C für<br />
jedes j ∈ N.
FUNKTIONALANALYSIS 56<br />
Beweis: Sei v j schwach konvergent. Dann ist die Folge linearer Funktionale<br />
δ vj : V ′ → K punktweise konvergent, also punktweise beschränkt, somit nach dem<br />
Satz von Banach-Steinhaus normbeschränkt, also existiert ein C > 0 mit<br />
C ≥ ∣ ∣ ∣∣δvj<br />
∣ ∣∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣ ∣∣ = (siehe Proposition 4.1.2).<br />
□<br />
Definition 4.2.7 Sei V ein Banach-Raum und V ′ sein stetiger Dualraum. Die<br />
schwach-*-Topologie auf V ′ ist die Topologie erzeugt von allen Abbildungen<br />
δ v : V ′ → K, v ∈ V.<br />
Satz 4.2.8 (Banach-Alaoglu) Der abgeschlossene Einheitsball ist schwach-*-kompakt.<br />
Genauer sei V ein Banach-Raum und V ′ sein stetiger Dual. Sei ||·|| die Norm auf V ′ und sei<br />
B ′ = {α ∈ V ′ : ||α|| ≤ 1} .<br />
Dann ist B ′ kompakt in der schwach-*-Topologie.<br />
Beweis: Sei E die Menge aller α ∈ K mit |α| ≤ 1. Betrachte die Abbildung<br />
∏<br />
φ : B ′ → X def<br />
=<br />
||v|| E gegeben durch<br />
v∈V<br />
α ↦→ (α v ) v∈V ,<br />
α v = α(v).<br />
Der Raum X ist nach dem Satz von Tychonov kompakt. Die schwach-*-Topologie ist<br />
die Initialtopologie der Abbildung φ, welche injektiv ist, also B ′ mit einer Teilmenge<br />
von X identifiziert. Wir müssen nur zeigen, dass diese Teilmenge abgeschlossen ist.<br />
Sei F ⊂ X die Teilmenge aller α ∈ X so dass für alle v, w ∈ V und alle λ, µ ∈ K gilt<br />
α λv+µw = λα v + µα w .<br />
Dann ist F abgeschlossen in der Produkttopologie. Nun ist F ⊂ X aber gerade das Bild<br />
von φ, welches damit abgeschlossen ist.<br />
□<br />
Korollar 4.2.9 Ist V ein reflexiver Banach-Raum, dann ist die Einheitskugel B = B 1 (0) in V<br />
schwach kompakt.
FUNKTIONALANALYSIS 57<br />
Beweis: Sei W = V ′ , dann ist B die Einheitskugel in W ′ , also schwach-*-kompakt. Die<br />
schwach-*-Topologie auf W ′ ist aber die Topologie erzeugt von W = V ′ , also gleich der<br />
schwachen Topologie.<br />
□<br />
Beachte, dass bei nicht-reflexiven Banach-Räumen W die schwache Topologie auf W ′<br />
nicht mit der schwach-*-Topologie übereinstimmen muss.<br />
Korollar 4.2.10 Ist V ein unendlich-dimensionaler reflexiver Banach-Raum, dann ist die<br />
Norm-Topologie verschieden von der schwachen.<br />
Beweis: In der Norm-Topologie ist die abgeschlossene Einheitskugel nicht kompakt. □<br />
Satz 4.2.11 Ist (v j ) eine Folge paarweise orthogonaler Vektoren in einem Hilbert-Raum<br />
H, so sind äquivalent:<br />
(a)<br />
(b)<br />
(c)<br />
∞∑<br />
v j konvergiert in der Normtopologie,<br />
j=1<br />
∞∑<br />
v j konvergiert schwach,<br />
j=1<br />
∞∑<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣vj<br />
∣∣ ∣∣ 2<br />
< ∞.<br />
j=1<br />
Beweis: (a)→(b) ist klar.<br />
(b)→(c): Da die v j paarweise orthogonal sind, gilt<br />
||v 1 + · · · + v n || 2 = ||v 1 || 2 + · · · + ||v n || 2 .<br />
Da die Folge v 1 + · · · + v n schwach konvergiert, ist sie normbeschränkt, damit folgt (c).<br />
(c)→(a): Wieder wegen ||v 1 + · · · + v n || 2 = ||v 1 || 2 + · · · + ||v n || 2 ist ∑ n<br />
j=1 v j eine Cauchy-Folge,<br />
also konvergent.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 58<br />
5 Stetige Operatoren auf Hilbert-Räumen<br />
Ab jetzt arbeiten wir nur noch über K = C.<br />
5.1 Adjungierte Operatoren<br />
Für einen Hilbert-Raum H schreiben wir B(H) für den Banach-Raum aller stetigen<br />
Operatoren T : H → H.<br />
Satz 5.1.1 Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H).<br />
(a) Es gibt genau einen linearen Operator T ∗ auf H so dass für alle v, w ∈ H gilt<br />
〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 .<br />
Dieser heisst der adjungierte Operator zu T. Ein Operator T heisst<br />
selbstadjungiert, falls T ∗ = T gilt.<br />
(b) Es gilt ||T ∗ || = ||T|| = √ ||T ∗ T||.<br />
(c) Für S, T ∈ B(H) und λ, µ ∈ C gilt<br />
(λS + µT) ∗ = λS ∗ + µT ∗ , (ST) ∗ = T ∗ S ∗ , (T ∗ ) ∗ = T.<br />
Beweis: (a) Sei w ∈ H fest. Das lineare Funktional α(v) = 〈Tv, w〉 ist als Komposition<br />
stetiger Abbildungen stetig, also existiert genau ein Vektor u = T ∗ w so dass für jedes<br />
v ∈ H gilt<br />
〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 .<br />
Die so definierte Abbildung w ↦→ T ∗ w ist schnell als linear erkennt, etwa gilt<br />
〈v, T ∗ (w + w ′ )〉 = 〈Tv, w + w ′ 〉 = 〈Tv, w〉+〈Tv, w ′ 〉 = 〈v, T ∗ w〉+〈v, T ∗ w ′ 〉 = 〈v, T ∗ w + T ∗ w ′ 〉 ,<br />
so dass die Eindeutigkeit im Rieszschen Satz die Gleichung T ∗ (w + w ′ ) = T ∗ w + T ∗ w ′<br />
impliziert. Die Skalarmultiplikation T ∗ (αw) = αT ∗ w für α ∈ C geht ebenso.<br />
(b) Wir zeigen zuerst: T ∗ ist beschränkt und T ∗∗ = T. Sei hierzu für w ∈ H das
FUNKTIONALANALYSIS 59<br />
Funktional α w definiert als α w (v) = 〈v, w〉. Wir stellen nun fest, dass für die Norm<br />
dieses Funktionals gilt<br />
||α w || = ||w|| .<br />
Dies folgt einerseits aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung, die besagt<br />
|α w (v)| = | 〈v, w〉 | ≤ ||v|| ||w||<br />
und andererseits aus α w (w) = ||w|| 2 . Beachte nun<br />
α T ∗ w(v) = 〈v, T ∗ w〉 = 〈Tv, w〉 = α w ◦ T(v). Daher folgt<br />
||T ∗ w|| = ||α T ∗ w|| = ||α w ◦ T|| ≤ ||w|| ||T|| .<br />
Also gilt ||T ∗ || ≤ ||T||. Weiter ist<br />
〈v, Tw〉 = 〈T ∗ v, w〉 = 〈v, (T ∗ ) ∗ w〉 ,<br />
also T ∗∗ = T und damit folgt aus ||T|| ≥ ||T ∗ || ≥ ||(T ∗ ) ∗ || = ||T|| schon ||T|| = ||T ∗ ||. Es gilt<br />
||Tv|| 2 = 〈Tv, Tv〉 = 〈T ∗ Tv, v〉 = ||T ∗ Tv|| ||v|| ≤ ||T ∗ T|| ||v|| 2 ≤ ||T ∗ || ||T|| ||v|| 2 = (||T|| ||v||) 2 .<br />
Also ||T|| 2 ≤ ||T ∗ T|| ≤ ||T|| 2 , was bedeutet ||T|| = √ ||T ∗ T||. Teil (c) ist leicht nachzurechnen. □<br />
Beispiele 5.1.2 • Sei H = C n mit dem üblichen Skalarprodukt. Dann ist jeder<br />
lineare Operator auf H durch eine Matrix A gegeben und es gilt A ∗ = A t wie man<br />
in der Linearen Algebra sieht.<br />
• Sei H = l 2 (N) und sei k : N × N → C mit C = ∑ i,j∈N |k(i, j)| 2 < ∞. Dann definiert k<br />
einen linearen Operator T k durch<br />
T k ϕ(i) =<br />
∞∑<br />
k(i, j)ϕ(j),<br />
j=1<br />
wobei wir jetzt Elemente von l 2 (N) als Abbildungen ϕ : N → C mit<br />
∑<br />
j |ϕ(j)| 2 < ∞ auffassen. Nach der Hoelder-Ungleichung gilt dann<br />
∣ ∣ ∣Tk ϕ ∣ ∞∑<br />
∣ ∣∣ 2 ∞∑<br />
= k(i, j)ϕ(j)<br />
∣<br />
∣<br />
i=1<br />
j=1<br />
2<br />
≤<br />
∞∑<br />
i=1<br />
∞∑<br />
|k(i, j)| 2<br />
j=1<br />
∞∑<br />
|ϕ(ν)| 2 = C ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />
∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />
.<br />
Damit ist T k wohldefiniert und stetig. Wir behaupten, dass sein adjungierter<br />
ν=1
FUNKTIONALANALYSIS 60<br />
Operator T ∗ gegeben ist durch den Kern<br />
k<br />
k ∗ (i, j) = k(j, i).<br />
Zum Beweis rechnen wir für ϕ, ψ ∈ l 2 (N),<br />
〈 ϕ, Tk ∗ψ 〉 =<br />
=<br />
=<br />
∞∑<br />
∞∑ ∞∑<br />
ϕ(i)T k ∗ψ(i) = ϕ(i) k ∗ (i, j)ψ(j)<br />
i=1<br />
∞∑<br />
ϕ(i)<br />
i=1<br />
i=1<br />
∞∑<br />
k(j, i)ψ(j) =<br />
j=1<br />
∞∑<br />
j=1<br />
j=1 i=1<br />
∞∑<br />
T k ϕ(j)ψ(j) = 〈 T k ϕ, ψ 〉 .<br />
j=1<br />
∞∑<br />
k(j, i)ϕ(i)ψ(j)<br />
5.2 Isometrien<br />
Definition 5.2.1 Der Operator T auf einem Hilbert-Raum heisst unitär, falls<br />
TT ∗ = T ∗ T = Id<br />
gilt.<br />
Satz 5.2.2 Der Operator T : H → H ist genau dann unitär, wenn er ein isometrischer<br />
Isomorphismus ist.<br />
Beweis: Ist T unitär, dann ist er isometrisch, denn es gilt dann<br />
〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ Tv, w〉 = 〈v, w〉 .<br />
Er ist ferner surjektiv, da invertierbar.<br />
Sei nun T isometrisch und surjektiv. Da T isometrisch ist, ist T injektiv, also zusammen<br />
bijektiv. Für v, w ∈ H gilt<br />
〈v, w〉 = 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ Tv, w〉 .<br />
Also folgt T ∗ T = Id, damit ist T ∗ eine Linksinverse zu T. Da T invertierbar ist, ist T ∗
FUNKTIONALANALYSIS 61<br />
auch eine Rechtsinverse, T also unitär.<br />
□<br />
Beispiele 5.2.3<br />
• Auf l 2 (N) sei T definiert durch<br />
T(x 1 , x 2 , . . . ) = (0, x 1 , x 2 , . . . ).<br />
Dann folgt ||Tx|| 2 = ||x|| 2 , also ist T eine Isometrie, aber da e 1 Bild(T), ist T nicht<br />
surjektiv, also nicht unitär. Der Operator T wird der Shiftoperator genannt. Man<br />
sieht leicht, dass<br />
T ∗ (x 1 , x 2 , . . . ) = (x 2 , x 3 , . . . )<br />
und damit folgt T ∗ T = Id. Man sieht also, dass die Identität T ∗ T = Id allein nicht<br />
zur Unitarität ausreicht!<br />
• Auf l 2 (Z) ist der Shiftoperator<br />
T(. . . , x −1 , x 0 , x 1 , . . . ) = (. . . , x −2 , x −1 , x 0 , . . . ),<br />
also (Tx) k = x k−1 unitär.<br />
• Ist f ∈ L 1 (R), so ist die Fourier-Transformierte<br />
∫<br />
f ˆ(x) = f (y)e 2πixy dy<br />
R<br />
definiert. Ist f ∈ L 1 ∩ L 2 , so besagt der Satz von Plancherel:<br />
∣ ∣ ∣ ∣ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣2<br />
= ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ˆ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣2<br />
,<br />
wobei ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />
f = ∫ | f 2 R (x)|2 dx die L 2 -Norm ist. Der Raum L 1 ∩ L 2 liegt dicht in L 2 und<br />
daher setzt die Fourier-Transformation zu einer Isometrie auf dem Hilbert-Raum<br />
L 2 (R) aus. Man zeigt, dass die Fourier-Transformierte in der Tat unitär ist mit<br />
ˆ f (x) = f (−x).<br />
• Eine n × n Matrix A ∈ M n (C) ist als Operator auf C n genau dann unitär, wenn<br />
A ∗ = A −1 , wobei A ∗ = A t .
FUNKTIONALANALYSIS 62<br />
5.3 Projektionen<br />
Erinnerung: Ein stetiger Operator P auf einem Hilbert-Raum H ist eine Projektion<br />
oder ein Projektionsoperator, falls gilt<br />
P 2 = P.<br />
Satz 5.3.1 Sei P ein stetiger Projektionsoperator auf einem Hilbert-Raum H. Dann ist das<br />
Bild Bild(P) abgeschlossen und es gilt<br />
H = Ker(P) ⊕ Bild(P).<br />
Stehen Kern und Bild senkrecht aufeinander, so nennen wir P eine<br />
Orthogonalprojektion.<br />
Eine Projektion P ist genau dann eine Orthogonalprojektion, wenn sie selbstadjungiert ist,<br />
also wenn P = P ∗ .<br />
Beweis: Sei zunächst v ∈ Ker(P) ∩ Bild(P), dann gibt es w mit v = Pw. Es folgt<br />
v = Pw = P 2 w = P(Pw) = P(v) = 0.<br />
Damit ist die Summe direkt. Sei nun v ∈ H, dann ist v = (v − P(v)) + P(v) und<br />
v − P(v) ∈ Ker(P), denn P(v − P(v)) = P(v) − P 2 (v) = P(v) − P(v) = 0. Damit ist die<br />
Summenzerlegung gezeigt. Das Bild ist abgeschlossen, denn für v ∈ H gilt<br />
v ∈ Bild(P) ⇔ v = P(v) ⇔ (P − 1)v = 0,<br />
also gilt Bild(P) = Ker(P − 1) und damit ist Bild(P) abgeschlossen.<br />
Sei nun P eine Orthogonalprojektion, die Summe also orthogonal. Jedes v ∈ H zerlegt<br />
sich dann eindeutig als v = v 0 + P(v) mit v 0 ∈ Ker(P). Für v, w ∈ H gilt<br />
〈Pv, w〉 = 〈Pv, w 0 + Pw〉 = 〈Pv, w 0 〉 + 〈Pv, Pw〉<br />
}{{}<br />
=0<br />
= 〈Pv, Pw〉 + 〈v 0 , Pw〉 = 〈v, Pw〉 .
FUNKTIONALANALYSIS 63<br />
Daher ist P selbstadjungiert.<br />
Für die Umkehrung sei P eine selbstadjungierte Projektion. Sei v ∈ Bild(P) und<br />
w ∈ Ker(P). Dann gilt<br />
〈v, w〉 = 〈Pv, w〉 = 〈v, Pw〉 = 0.<br />
Also ist P eine Orthogonalprojektion.<br />
□<br />
Beispiele 5.3.2<br />
• Ist v 0 ∈ H mit ||v 0 || = 1, dann ist die Abbildung<br />
P(v) = 〈v, v 0 〉 v 0<br />
die Orthogonalprojektion auf den eindimensionalen Unterraum U = Cv 0 .<br />
• Sei H = L 2 ([0, 1]) und sei A ⊂ [0, 1] eine messbare Teilmenge. Die Abbildung<br />
P A : H → H definiert durch<br />
P A ϕ(x) = 1 A (x)ϕ(x)<br />
ist eine Orthogonalprojektion. mit Bild isomorph zu L 2 (A).<br />
• Sei (X, A , µ) ein Wahrscheinlichkeitsraum, also ein Maßraum mit µ(X) = 1 und<br />
sei B ⊂ A eine Unter-σ-Algebra. Der Raum L 2 (µ| B<br />
) aller B -messbaren<br />
L 2 -Funktionen ist ein abgeschlossener Teilraum von L 2 (µ). Sei P B<br />
die<br />
Orthogonalprojektion mit Bild L 2 (µ| B<br />
). In der Wahrscheinlichkeitstheorie ist P B<br />
als bedingter Erwartungswert bekannt. Als Beispiel betrachten wir den Fall<br />
B = {∅, X}. Dann ist L 2 (µ| B<br />
) der Raum der konstanten Funktionen und daher ist<br />
P B<br />
(ϕ) = 〈 ϕ, 1 〉 ∫<br />
· 1 =<br />
X<br />
ϕ(x) dµ(x) · 1.<br />
Lemma 5.3.3 Für eine Orthogonalprojektion P gilt ||P(v)|| ≤ ||v|| und<br />
||Pv|| = ||v|| ⇔ Pv = v.<br />
Beweis: klar.<br />
□<br />
Satz 5.3.4 Seien P 1 , P 2 Orthogonalprojektionen auf einem Hilbert-Raum H. Seien V 1 und<br />
V 2 die Bildräume, also P i (H) = V i . Dann sind äquivalent:
FUNKTIONALANALYSIS 64<br />
(a) V 1 ⊥ V 2 ,<br />
(b) P 1 P 2 = 0,<br />
(c) P 1 + P 2 ist eine Projektion.<br />
Ist dies erfüllt, dann ist P 1 + P 2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V 1 ⊕ V 2 .<br />
Beweis: (c)→(b): Es gilt<br />
P 1 + P 2 = (P 1 + P 2 ) 2 = P 2 1 + P2 2 + P 1P 2 + P 2 P 1 = P 1 + P 2 + P 1 P 2 + P 2 P 1 ,<br />
also ist P 1 P 2 + P 2 P 1 = 0. Wir multiplizieren einmal von links und einmal von rechts<br />
mit P 1 und erhalten P 1 P 2 + P 1 P 2 P 1 = 0 = P 2 P 1 + P 1 P 2 P 1 , also P 1 P 2 = P 2 P 1 = 0.<br />
(b)→(a): Die Gleichung P 1 P 2 = 0 bedeutet, dass V 2 , das Bild von P 2 , im Kern von P 1 ,<br />
also in V ⊥ liegt. Daher folgt V 1 1 ⊥ V 2 .<br />
(a)→(c): Es gilt (V 1 ⊕ V 2 ) ⊥ = V ⊥ 1 ∩ V⊥ 2<br />
und also<br />
H = V 1 ⊥ V 2 ⊥ (V ⊥ 1 ∩ V⊥ 2 ).<br />
Sei v = v 1 + v 2 + w ∈ H in dieser Zerlegung geschrieben. Sei Q die<br />
Orthogonalprojektion mit Bild V 1 ⊕ V 2 , so gilt Q(v) = v 1 + v 2 . Andererseits ist auch<br />
(P 1 + P 2 )(v) = v 1 + v 2 . □<br />
Satz 5.3.5 Seien P i , V i wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent:<br />
(a) V 1 ⊂ V 2 ,<br />
(b) P 1 P 2 = P 2 P 1 = P 1 ,<br />
(c) P 2 − P 1 ist eine Projektion.<br />
Ist dies erfüllt, dann ist P 2 − P 1 eine Orthogonalprojektion mit Bild V 2 ∩ V ⊥ 1 .<br />
Beweis: (a)→(b): Sei V 3 = V 2 ∩ V ⊥ 1 . Dann ist V 2 = V 1 ⊥ V 3 und H = V 1 ⊥ V 3 ⊥ V ⊥ 2 .
FUNKTIONALANALYSIS 65<br />
Zerlege ein gegebenes v ∈ H entsprechend v = v 1 + v 3 + v 2 . Dann ist<br />
P 1 P 2 (v) = P 1 (v 1 + v 3 ) = v 1 = P 1 (v) = P 2 P 1 (v).<br />
(b)→(c): Es ist (P 2 − P 1 ) 2 = P 2 + 2 P2 − P 1 1P 2 − P 2 P 1 = P 2 + P 1 − P 1 − P − 1 = P 2 − P 1 .<br />
(c)→(a): Sei v ∈ E 1 . Dann ist<br />
P 2 (v) − v = (P 2 − P 1 )(v) = (P 2 − P 1 ) 2 (v) = P 2 (v) + v − P 2 (v) − P 1 P 2 (v) = v − P 1 P 2 (v),<br />
also (1 + P 1 )P 2 (v) = 2v. Wenden wir hierauf P 1 an, erhalten wir P 1 P 2 (v) = v, woraus<br />
nach Lemma 5.3.3 folgt P 2 (v) = v.<br />
□<br />
Satz 5.3.6 Sein P i , V i wie im letzten Satz. Dann sind äquivalent:<br />
(a) P 1 P 2 ist Projektion,<br />
(b) P 1 P 2 = P 2 P 1 ,<br />
(c) Es gibt paarweise senkrechte Unterräume W 1 , W 2 , V mit<br />
V 1 = V ⊥ W 1 , V 2 = V ⊥ W 2 .<br />
In diesem Fall ist P 1 P 2 eine Orthogonalprojektion mit Bild V.<br />
Beweis: Übungsaufgabe.<br />
□<br />
5.4 Normale Operatoren<br />
Definition 5.4.1 Ein Operator T ∈ B(H) heisst normal, falls TT ∗ = T ∗ T.<br />
Beispiele 5.4.2<br />
• Jeder selbstadjungierte Operator ist normal.<br />
• Eine Matrix A ∈ M n (C) ist genau dann normal, wenn es ein k ∈ U(n) und eine<br />
Diagonalmatrix D gibt, so dass A = kDk −1 gilt.
FUNKTIONALANALYSIS 66<br />
Satz 5.4.3 Ein Operator T ∈ B(H) ist genau dann normal, wenn<br />
||Tv|| = ||T ∗ v||<br />
für jedes v ∈ H gilt. Für einen normalen Operator T gilt<br />
(a) Ker(T) = Ker(T ∗ ),<br />
(b) Bild(T) ist genau dann dicht in H, wenn T injektiv ist,<br />
(c) T ist genau dann invertierbar, wenn es ein δ > 0 gibt so dass ||Tv|| ≥ δ ||v|| für jedes<br />
v ∈ H,<br />
(d) gilt Tv = λv für ein v ∈ H und λ ∈ C, dann folgt T ∗ v = λv,<br />
(e) sind λ und µ verschiedene Eigenwerte von T, dann stehen die zugehörigen<br />
Eigenräume senkrecht aufeinander.<br />
Beweis: Ist T normal, so gilt<br />
||Tv|| 2 = 〈Tv, Tv〉 = 〈v, T ∗ Tv〉 = 〈v, TT ∗ v〉 = 〈T ∗ v, T ∗ v〉 = ||T ∗ v|| 2 .<br />
Ist umgekehrt ||Tv|| = ||T ∗ v||, so folgt aus der Polarisierungsidentität, dass für alle<br />
v, w ∈ H die Gleichung 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ v, T ∗ w〉 gilt. Also folgt<br />
〈T ∗ Tv, w〉 = 〈Tv, Tw〉 = 〈T ∗ v, T ∗ w〉 = 〈TT ∗ v, w〉 ,<br />
so dass T ∗ T = TT ∗ folgt.<br />
(a) Sei v ∈ Ker(T), so folgt 0 = ||Tv|| = ||T ∗ v||, also v ∈ Ker(T ∗ ). Die Rückrichtung folgt<br />
aus Symmetrie.<br />
(b) Sei das Bild dicht, so ist wegen 〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 der Operator T ∗ injektiv. Wegen<br />
||Tv|| = ||T ∗ v|| ist dann T injektiv. Sei umgekehrt T (und also T ∗ ) injektiv und sei<br />
u ∈ Bild(T) ⊥ . Für jedes w ∈ H folgt 0 = 〈u, Tw〉 = 〈T ∗ u, w〉, also u ∈ Ker(T ∗ ), somit u = 0.<br />
(c) Es existiere solch ein δ. Ist dann (Tv j ) eine Cauchy-Folge im Bild, dann ist (v j ) eine<br />
Cauchy-Folge, also konvergent gegen ein u ∈ H. Dann ist Tu der Limes der Folge<br />
(Tv j ), also ist das Bild abgeschlossen. Da T injektiv ist, folgt nach (b), dass T surjektiv,
FUNKTIONALANALYSIS 67<br />
also bijektiv ist.<br />
Sei umgekehrt T invertierbar, dann folgt ||v|| = ∣ ∣ ∣∣T −1 Tv ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣T ∣ ≤<br />
−1 ∣ ∣∣ ||Tv||, man kann also<br />
δ = 1/ ∣ ∣ ∣∣T ∣ −1 ∣ ∣∣ nehmen.<br />
(d) Es gelte Tv = λv und es sei v 0, so folgt T(T ∗ v) = T ∗ Tv = λT ∗ v, also liegt T ∗ v<br />
wieder im T-Eigenraum zum Eigenwert λ. Sei w ein weiterer Vektor in diesem<br />
Eigenraum, so gilt 〈T ∗ v, w〉 = 〈v, Tw〉 = 〈v, λw〉 = λ 〈v, w〉 = 〈 λv, w 〉 . Da dies für jedes w<br />
aus dem Eigenraum gilt, folgt T ∗ v = λv.<br />
(e) Sind λ und µ zwei verschiedene Eigenwerte. Seien v und w zugehörige<br />
Eigenvektoren, so gilt λ 〈v, w〉 = 〈λv, w〉 = 〈Tv, w〉 = 〈v, T ∗ w〉 = 〈 v, µw 〉 = µ 〈v, w〉 , also<br />
〈v, w〉 = 0.<br />
□<br />
Beispiele 5.4.4 • In der Linearen Algebra lernt man, dass jeder normale Operator<br />
auf dem C n diagonalisierbar ist, dass also C n eine Basis von Eigenvektoren<br />
besitzt.<br />
• Jeder Operator T ∈ B(H) kann als Linearkombination von selbstadjungierten<br />
Operatoren geschrieben werden:<br />
T = Re(T) + i Im(T),<br />
wobei Re(T) = 1 2 (T + T∗ ) und Im(T) = 1 2i (T − T∗ ). Es ist dann<br />
T ∗ = Re(T) − i Im(T)<br />
und T ist genau dann normal, wenn je zwei der drei Operatoren T, Re(T), Im(T)<br />
miteinander kommutieren.
FUNKTIONALANALYSIS 68<br />
6 Funktionalkalkül<br />
6.1 Spektrum und Resolvente<br />
Definition 6.1.1 Sei T ein stetiger linearer Operator auf einem Hilbert-Raum H. Die<br />
Resolventenmenge Res(T) von T ist die Menge aller λ ∈ C, für die der Operator<br />
T − λ = T − λId bijektiv ist. Nach dem Satz der offenen Abbildung ist dann die<br />
Umkehrabbildung (T − λ) −1 wieder ein stetiger Operator, der die Resolvente genannt<br />
wird.<br />
Der Name kommt daher, dass die Resolvente es erlaubt, die Gleichung<br />
(T − λ)x = a<br />
zu lösen, es ist dann nämlich<br />
x = (T − λ) −1 a.<br />
Definition 6.1.2 Die Menge σ(T) = C Res(T) heisst das Spektrum von T.<br />
Beispiel 6.1.3 Ist H endlich-dimensional, dann besteht σ(T) genau aus den Nullstellen<br />
des charakteristischen Polynoms, es ist dann also<br />
σ(T) = Menge der Eigenwerte von T.<br />
Definition 6.1.4 Sei T ein stetiger Operator auf einem Hilbert-Raum H. Ist<br />
Ker(T − λ) 0, so heisst λ Eigenwert von T.<br />
Es gibt auch Spektralwerte, die keine Eigenwerte sind. In diesem Fall ist t − λ zwar<br />
injektiv, nicht aber surjektiv.<br />
Beispiel 6.1.5 Multiplikationsoperator Sei H = L 2 (0, 1) und sei T : H → H gegeben<br />
durch<br />
T( f )(t) = t f (t).<br />
Wir behaupten, dass T keine Eigenwerte hat, das Spektrum aber aus dem ganzen<br />
Intervall [0, 1] besteht.<br />
Beweis: Zum ersten sei λ ∈ C und f ∈ H mit (T − λ) f = 0. Das heisst, dass<br />
0 = (T − λ) f (t) = t f (t) − λ f (t) = (t − λ) f (t)
FUNKTIONALANALYSIS 69<br />
fast überall in t ∈ T gilt. Für t λ heisst das aber f (t) = 0, also f = 0 fast überall.<br />
Zum zweiten sei λ ∈ C [0, 1], dann ist T invertierbar, der Inverse Operator ist S mit<br />
S( f )(t) = 1<br />
t − λ f (t).<br />
Schliesslich sei λ ∈ [0, 1]. Angenommen, T − λ wäre surjektiv. Dann gäbe es f ∈ L 2 (0, 1)<br />
mit (T − λ)( f ) = 1 (konstante Funktion). Es wäre also (t − λ) f (t) = 1 fast überall, also<br />
f (t) = 1<br />
t − λ<br />
fast überall. Diese Funktion liegt aber nicht in L 2 . Widerspruch!<br />
□<br />
Lemma 6.1.6 Für einen stetigen Operator T auf einem Hilbert-Raum H gilt<br />
σ(T ∗ ) = σ(T).<br />
Beweis: Ein Operator S ist genau dann invertierbar, wenn S ∗ invertierbar ist. Wegen<br />
(T ∗ − λ) = (T − λ) ∗ folgt, dass λ genau dann in der Resolventenmenge von T ∗ liegt,<br />
wenn λ in der Resolventenmenge von T ist.<br />
□<br />
Die Einheitengruppe von B(H) ist die Gruppe B(H) × aller invertierbaren Operatoren<br />
in B(H).<br />
Satz 6.1.7 (a) Die Einheitengruppe B(H) × ist eine offene Teilmenge von B(H). Die<br />
Inversion T ↦→ T −1 ist eine stetige Abbildung B(H) × → B(H) × .<br />
(b) Die Abbildung φ T : C → B(H) mit<br />
φ T (λ) = T − λ<br />
ist stetig. Die Resolventenmenge Res(T) ist eine offene und das Spektrum eine<br />
abgeschlossene Teilmenge von C.<br />
(c) Das Spektrum von T ∈ B(H) ist eine abgeschlossene Teilmenge der abgeschlossenen<br />
Kreisscheibe B ||T|| (0) ⊂ C.<br />
Beweis: (a) Wir zeigen zunächst, dass B(H) × eine offene Umgebung der Identität
FUNKTIONALANALYSIS 70<br />
enthält. Genauer zeigen wir B 1 (Id) ⊂ B(H) × . Der Einfachheit halber schreiben wir<br />
Id = 1. Es ist<br />
B 1 (1) = {T : ||T − 1|| < 1} = {1 − R : ||R|| < 1}.<br />
Sei also R ∈ B(H) mit ||R|| < 1. Wir müssen zeigen, dass 1 − R invertierbar ist. Die Reihe<br />
∑ ∞<br />
n=0 ||R|| n konvergiert in C. Also konvergiert die geometrische Reihe<br />
S =<br />
∞∑<br />
n=0<br />
R n<br />
absolut in B(H). Es ist<br />
∞∑<br />
(1 − R)S = S(1 − R) = (1 − R) R n =<br />
n=0<br />
∞∑<br />
R n −<br />
n=0<br />
∞∑<br />
R n+1 = 1.<br />
n=0<br />
Ist nun U ∈ B(H) × beliebig, dann ist UB 1 (1) eine offene Umgebung von U, die ganz in<br />
B(H) × liegt, denn es ist<br />
Also ist B(H) × offen.<br />
UB 1 (1) = {U − UR : ||R|| < 1} ⊃ {U − Z : ||Z|| < 1<br />
||U −1 || } = B 1/||U −1 || (U).<br />
Nun zur Stetigkeit der Inversion: Wir zeigen, dass die Inversion die Menge B 1 (1) in<br />
sich wirft und dort stetig ist. Hieraus folgt die Behauptung, denn auf der offenen<br />
Menge B 1 (1)T 0 ist die Inversion eine Komposition stetiger Abbildungen:<br />
T ↦→ TT 1 0 ↦→ T 0T −1 ↦→ T −1 .<br />
Es reicht also zu zeigen, dass die Inversion auf B 1 (1) stetig ist. Seien hierzu S, T ∈ B(H)<br />
mit ||S|| ||T|| < c < 1. Dann folgt für n ∈ N,<br />
∣<br />
||S n − T n ∑n−1<br />
∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ ∑n−1<br />
|| =<br />
∣ (S − T) S k T n−1−k ≤ ||S − T|| ||S|| k ||T|| n−1−k<br />
k=0<br />
∑n−1<br />
≤ ||S − T|| c n−1 = ||S − T|| nc n−1<br />
k=0<br />
k=0
FUNKTIONALANALYSIS 71<br />
und damit<br />
∣ ∣ ∣ ∣(1 − S) −1 − (1 − T) −1∣ ∣<br />
∣ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣<br />
∣<br />
∞∑ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣∣∣∣∣ ∣∣ = S n − T n ≤ ||S − T||<br />
n=0<br />
Die ist die verlangte Stetigkeit der Inversion.<br />
∞∑<br />
nc n−1 =<br />
n=0<br />
||S − T||<br />
(1 − c) 2 .<br />
(b) Für λ, µ ∈ C gilt<br />
∣ ∣ ∣ ∣φT (λ) − φ T (µ) ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ =<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣µ − λ<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ = |λ − µ|,<br />
also ist φ T stetig. Die Resolventenmenge ist das Urbild der offenen Menge B(H) × , also<br />
offen in C. Das Spektrum ist das Komplement der offenen Resolventenmenge, also<br />
abgeschlossen.<br />
(c) Sei λ ∈ C mit |λ| > ||T||. Wir müssen zeigen, dass λ σ(T), also dass T − λ<br />
invertierbar ist. Es ist T − λ = λ( 1 λ T − 1) und für den Operator R = 1 λ T gilt<br />
||R|| = 1 ||T|| < 1, also ist R − 1, und damit auch T − λ, invertierbar.<br />
□<br />
|λ|<br />
Sei D ⊂ C offen und sei f : D → V eine Abbildung, wobei V ein Banach-Raum ist. Wir<br />
sagen, f ist holomorph, wenn für jedes z ∈ D der Grenzwert<br />
f ′ (z) = lim ( f (z + h) − f (z))<br />
h<br />
h→0<br />
1<br />
in V existiert. Ist f holomorph und ist α : V → C ein stetiges lineares Funktional, dann<br />
ist die Funktion z ↦→ α( f (z)) eine holomorphe Funktion von D nach C.<br />
Lemma 6.1.8 Sei H ein Hilbert-Raum und sei T ∈ B(H). Dann ist die Abbildung<br />
f : λ ↦→ (T − λ) −1 holomorph auf der Resolventenmenge Res(T).<br />
Beweis: Nach dem Satz ist f stetig. Sei λ ∈ Res(T) und sei h eine kleine komplexe<br />
Zahl. Dann ist 1 ( f (λ + h) − f (λ)) gleich<br />
h<br />
1 (<br />
(T − λ − h) −1 − (T − λ) −1) = 1 h<br />
h ((T − λ) − (T − λ − h)) (λ + h − T)−1 (λ − T) −1<br />
= −(T − λ − h) −1 (T − λ) −1 .<br />
Diese Abbildung ist stetig in h = 0.<br />
□<br />
Definition 6.1.9 Sei H ein Hilbert-Raum. Für T ∈ B(H) sei der Spektralradius r(T)<br />
definiert als<br />
r(T) = sup |λ|.<br />
λ∈σ(T)
FUNKTIONALANALYSIS 72<br />
Satz 6.1.10 (Spektralradiusformel) Sei H ein Hilbert-Raum und T ∈ B(H).<br />
(a) Das Spektrum σ(T) ist nicht-leer.<br />
(b) Es gilt r(T) ≤ ||T|| und<br />
(c) Ist T normal, so gilt<br />
r(T) = lim<br />
n<br />
||T n || 1 n .<br />
r(T) = ||T|| .<br />
Beweis: (a) Angenommen, σ(T) = ∅. Dann ist T − λ stets invertierbar, also die<br />
Abbildung λ ↦→ (T − λ) −1 auf ganz C holomorph. Für |λ| > 2 ||T|| ist<br />
( ∣ ∣<br />
1 T) n ∣∣ ∣∣∣ ≤ ||T||n<br />
λ |λ| n<br />
und daher konvergiert die Reihe<br />
≤ 1 2 n<br />
∞∑ ( ) 1 n<br />
λ T =<br />
n=0<br />
(<br />
1 − 1 λ T ) −1<br />
.<br />
Es ist dann<br />
∣ ∣ ∣ ∣(T − λ)<br />
−1 ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ =<br />
1<br />
|λ|<br />
Also folgt für v, w ∈ H und |λ| > 2 ||T||,<br />
∣ (1 − 1 ∣ ∣∣∣∣ ∣∣∣∣<br />
λ T)−1 ≤ 1<br />
|λ|<br />
∞∑<br />
n=0<br />
2 −n = 2<br />
|λ| .<br />
| 〈 (T − λ) −1 v, w 〉 ≤<br />
2 ||v|| ||w||<br />
.<br />
|λ|<br />
Die holomorphe Abbildung λ ↦→ 〈 (T − λ) −1 v, w 〉 ist auf {|λ| ≤ ||T||} beschränkt, nach<br />
obigem also insgesamt beschränkt, damit konstant, aber nach der obigen<br />
Abschätzung kann diese Konstante nur die Null sein. Wir erhalten also<br />
(T − λ) −1 = 0,<br />
ein Widerspruch! Damit ist die Annahme falsch, also folgt σ(T) ∅.<br />
(b) r(T) ≤ ||T|| folgt aus Satz 6.1.7. Wir beweisen die Ungleichungen<br />
r(T) ≤ lim inf ‖T n ‖ 1 n ≤ lim sup ‖T n ‖ 1 n ≤ r(T),
FUNKTIONALANALYSIS 73<br />
aus denen der Satz folgt.<br />
Für λ ∈ σ(T), gilt<br />
∑n−1<br />
λ n − T n = (λ − T) λ j T n−1−j .<br />
j=0<br />
Also λ n ∈ σ(T n ) und damit |λ| n ≤ ‖T n ‖ für jedes n ∈ N. Also r(T) ≤ ‖T n ‖ 1 n<br />
n ∈ N, so dass die erste Ungleichung folgt.<br />
für jedes<br />
Um lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />
≤ r(T) zu zeigen, betrachte<br />
(λ − T) −1 = λ −1 (1 − T λ )−1 =<br />
∞∑<br />
n=0<br />
T n 1<br />
λ n+1<br />
für |λ| > ‖T‖. Da diese Funktion holomorph ist, konvergiert die Reihe schwach für<br />
jedes |λ| > r(T). Für gegebenes |λ| > r(T) folgt, dass die Folge T n 1 schwach<br />
λ n+1<br />
konvergent, nach Lemma 4.2.6 also normbeschränkt ist. Also existiert ein C ≥ 0 so<br />
dass ‖T n ‖ ≤ C|λ| n+1 für jedes n ∈ N. Nimmt man auf beiden Seiten n-te Wurzeln und<br />
wendet lim sup an, erhält man lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />
lim sup ‖T n ‖ 1 n<br />
≤ r(T).<br />
(c) Sei T normal, so gilt<br />
≤ |λ|. Da dies für jedes |λ| > r(T) gilt, folgt<br />
∣ ∣ ∣ ∣T 2 v ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ 2<br />
=<br />
〈<br />
T 2 v, T 2 v 〉 = 〈 Tv, T ∗ T 2 v 〉 = 〈T ∗ Tv, T ∗ Tv〉 = ||T ∗ Tv|| 2 .<br />
Also folgt ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣T 2 ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ = ||T ∗ T|| = ||T|| 2 , siehe Satz 5.1.1 (b). Dies gilt ebenso für T k anstelle von<br />
T, also folgt induktiv, dass ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣T 2 n∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ = ||T||<br />
2 n ist. Daher r(T) = lim n<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣T 2 n∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ 2 −n = ||T|| . □<br />
Beispiele 6.1.11 • Der Nulloperator, Tv = 0 für alle v, hat Spektrum {0}.<br />
• Ein Beispiel, dass der Spektralradius nicht mit der Operatornorm<br />
übereinstimmen muss, ist leicht gefunden. Betrachte die Matrix A = ( )<br />
1 1<br />
0 1 als<br />
⎛ ⎞ ⎞<br />
1<br />
Operator auf C 2 . Wegen A ⎜⎝<br />
1<br />
⎟⎠<br />
⎛⎜ = 2<br />
⎝<br />
1<br />
⎟⎠ , folgt ||A|| op > 1 = r(A).<br />
Satz 6.1.12 (a) Ist T ein unitärer Operator und ist λ ∈ σ(T), dann ist |λ| = 1.<br />
(b) Ist S ein selbstadjungierter stetiger Operator und ist λ ∈ σ(S), dann ist λ eine reelle<br />
Zahl.
FUNKTIONALANALYSIS 74<br />
Beweis: (a) Da ||T|| = 1, folgt |λ| ≤ 1. Gilt |λ| < 1, so ist ||λT ∗ || < 1 und also ist<br />
T − λ = T(1 − λT ∗ )<br />
invertierbar, was bedeutet λ σ(T).<br />
(b) Sei S selbstadjungiert und sei λ = σ + it. Setze S λ = S − λ. Dann folgt<br />
||S λ v|| 2 = ||Sv − σv − itv|| 2<br />
= 〈Sv − σv − itv, Sv − σv − itv〉<br />
= 〈Sv − σv, Sv − σv〉 + i 〈Sv − σv, tv〉 − i 〈tv, Sv − tv〉 + 〈tv, tv〉<br />
}{{}<br />
= ||Sv − σv|| 2 + t 2 ||v|| 2 .<br />
Damit ist ||S λ v|| ≥ |t| ||v||. Ist t 0, so ist S λ invertierbar nach Satz 5.4.3 (c), also λ σ(S).<br />
□<br />
Definition 6.1.13 Ein selbstadjungierter Operator T ∈ B(H) heisst positiver Operator,<br />
falls<br />
〈Tv, v〉 ≥ 0 ∀v ∈ H.<br />
Proposition 6.1.14 Ist T ein positiver Operator, dann liegt das Spektrum σ(T) im Intervall<br />
[0, ∞).<br />
Wir werden später sehen, dass auch die Umkehrung richtig ist, d.h.: ist das Spektrum<br />
eines selbstadjungierten Operators T in [0, ∞), dann ist T positiv.<br />
Beweis: Wir können annehmen, dass ‖T‖ = 1. Dann σ(T) ⊆ [−1, 1] da T<br />
=0<br />
selbstadjungiert ist. Wir zeigen dass T µ<br />
Nach Annahme haben wir<br />
def<br />
=<br />
T + µ1 invertierbar ist für jedes µ > 0.<br />
‖T µ v‖‖v‖ ≥ 〈 T µ v, v 〉 = 〈Tv, v〉 + µ 〈v, v〉 ≥ µ‖v‖ 2 ,<br />
also ‖T µ v‖ ≥ µ‖v‖ für jedes v ∈ H. Daher ist T µ invertierbar nach Satz 5.4.3.<br />
□<br />
Definition 6.1.15 Sind A, B ⊂ C nicht-leere, kompakte Teilmengen, so definieren wir<br />
d(A, ˜ B) = sup inf |a − b|<br />
a∈A b∈B
FUNKTIONALANALYSIS 75<br />
und die Hausdorff-Metrik durch<br />
d(A, B) = max ( ˜ d(A, B), ˜ d(B, A)<br />
)<br />
.<br />
Es ist dann<br />
d(A, B) ∈ [0, ∞).<br />
Lemma 6.1.16 Für nicht-leere, kompakte Teilmengen A, B, C ⊂ C gilt<br />
• d(A, B) = 0 ⇔ A = B<br />
• d(A, B) = d(B, A)<br />
• d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B)<br />
Definitheit<br />
Symmetrie<br />
Dreiecksungleichung<br />
Damit ist d in der Tat eine Metrik auf der Menge aller nicht-leeren, kompakten Teilmengen<br />
von C.<br />
Beweis: Die Symmetrie ist klar.<br />
Ist A = B, so folgt d(A, B) = 0. Für die Umkehrung sei d(A, B) = 0. Ist a ∈ A, so muss<br />
inf b∈B |a − b| = 0 sein, es gibt also eine Folge b j ∈ B mit |a − b j | → 0, also a = lim j b j . Da B<br />
abgeschlossen ist, folgt a ∈ B, also A ⊂ B. Aus Symmetriegründen folgt B ⊂ A, also<br />
A = B.<br />
Nun zur Dreiecksungleichung. Sei ε > 0 und sei a ∈ A. Für jedes c ∈ C gilt<br />
inf<br />
b∈B<br />
|a − b| ≤ inf |a − c| + |c − b|.<br />
b∈B<br />
Also können wir rechts noch das Infimum über c ∈ C nehmen und erhalten<br />
inf<br />
b∈B<br />
|a − b| ≤ inf |a − c| + inf<br />
c∈C<br />
inf<br />
c∈C b∈B<br />
|c − b| ≤ inf<br />
c∈C<br />
Nehmen wir nun noch das Supremum über A, so folgt<br />
d(A, ˜ B) ≤ d(A, ˜ C) + d(C, ˜ B)<br />
|a − c| + sup<br />
c∈C<br />
inf |c − b|.<br />
b∈B<br />
As Symmetriegründen folgt<br />
˜ d(B, A) ≤ ˜ d(B, C) + ˜ d(C, A)
FUNKTIONALANALYSIS 76<br />
und damit auch<br />
d(A, B) ≤ d(A, C) + d(C, B)<br />
□<br />
Lemma 6.1.17 Sind A j , j ∈ N und A nicht-leere, kompakte Teilmengen von C, so konvergiert<br />
die Folge A j genau dann gegen A, wenn<br />
• zu jedem a ∈ A gibt es eine Folge a j ∈ A j mit a j → a und<br />
• Ist (a j ) eine Folge mit a j ∈ A j , dann hat jede Teilfolge einen Häufungspunkt in A.<br />
Beweis: Übungsaufgabe.<br />
□<br />
Lemma 6.1.18 Ist X ein nicht-leerer kompakter metrischer Raum und ist f j ∈ C(X) eine<br />
Folge stetiger Funktionen, die in der Supremumsnorm<br />
||h|| = sup |h(x)|<br />
x∈X<br />
gegen ein f ∈ C(X) konvergiert. Dann konvergiert die Folge der Bilder<br />
A j = f j (X)<br />
in der Hausdorff-Metrik gegen A = f (X).<br />
Beweis: Sei a ∈ A, etwa a = f (x), dann konvergiert a j = f j (x) ∈ A j gegen a.<br />
Ist andersherum a j ∈ A j eine in C konvergente Folge mit Limes z ∈ C. Wir wollen<br />
zeigen, dass z ∈ A gilt. Sei etwa a j = f (x j ). Die Folge x j in X hat eine konvergente<br />
Teilfolge, wir ersetzen sie durch diese Teilfolge und nehmen an, dass x j → x gilt. Wir<br />
behaupten, dass f (x) = z gilt. Sei ε > 0. Dann gibt es j ∈ N mit ∣ ∣ ∣∣ fj − f ∣ ∣ ∣∣ < ε/3 und<br />
|a j − z| < ε/3, sowie | f (x) − f (x j )| < ε/3. Es folgt<br />
| f (x) − z| = | f (x) − f (x j ) + f (x j ) − f j (x j ) + f j (x j ) − z|<br />
≤ | f (x) − f (x j )| + | f (x j ) − f j (x j )| + | f j (x j ) −z|<br />
}{{}<br />
=a j<br />
< ε/3 + ε/3 + ε/3 = ε.<br />
Da ε beliebig war, folgt f (x) = z.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 77<br />
Satz 6.1.19 Sind T j , j ∈ N und T normale Operatoren auf dem Hilbert-Raum H und gilt<br />
∣ ∣ ∣Tj − T ∣ ∣ ∣∣ → 0, dann konvergiert σ(Tj ) gegen σ(T) in der Hausdorff-Metrik.<br />
Beweis: Sei λ ∈ σ(T) und nimm an, λ wäre kein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ).<br />
Dann gibt es ein ε > 0 so dass der offene Kreis B ε (λ) für jedes j ganz in der<br />
Resolventenmenge Res(T j ) liegt. Das bedeutet aber r ( (T j − λ) −1) < 1 ε , denn ist |µ| > 1 ε ,<br />
so ist<br />
(T j − λ) −1 − µ = µ(T j − λ) −1 ( 1 µ − T j + λ)<br />
invertierbar. Da T j normal ist, ist auch (T j − λ) −1 normal und daher nach Satz 6.1.10,<br />
Es folgt für i, j ∈ N,<br />
∣ ∣ ∣ ∣(Tj − λ) −1∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ <<br />
1<br />
ε .<br />
∣ ∣ ∣ ∣(Ti − λ) −1 − (T j − λ) −1∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ ≤<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣(Ti<br />
− λ) −1∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣(Tj<br />
− λ) −1∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣Ti<br />
− T j<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ <<br />
1<br />
ε 2 ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣Ti<br />
− T j<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ,<br />
so dass (T j − λ) −1 eine Cauchy-Folge ist und daher konvergent gegen ein S(λ) ∈ B(H).<br />
Es folgt<br />
(T − λ)S(λ) = lim<br />
j<br />
(T j − λ)(T j − λ) −1 = 1<br />
und ebenso S(λ)(T − λ) = 1, so dass λ in der Resolventenmenge von T liegt, im<br />
Widerspruch zur Annahme! Also muss λ ein Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ) sein.<br />
Andererseits sei λ Limespunkt einer Folge λ j ∈ σ(T j ). Es gilt dann also<br />
(T j − λ j ) → (T − λ).<br />
Wäre nun λ ∈ Res(T), also (T − λ) ∈ B(H) × , so gäbe es ein j 0 so dass für j ≥ j 0 schon<br />
(T j − λ j ) ∈ B(H) × , da die Einheitengruppe B(H) × offen ist. Dies ist aber nicht der Fall,<br />
also folgt λ ∈ σ(T).<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 78<br />
6.2 Funktionalkalkül<br />
Erinnerung: eine Algebra über C ist ein komplexer Vektorraum A mit einem<br />
bilinearen und assoziativen Produkt A × A → A, geschrieben (a, b) ↦→ ab. Das heisst<br />
also, es gilt<br />
a(b + c) = ab + ac (b + c)a = ba + ca<br />
λ(ab) = (λa)b = a(λb) (ab)c = a(bc)<br />
für alle a, b, c ∈ A und jedes λ ∈ C.<br />
Beispiele 6.2.1 • Man kann jeden Vektorraum V zu einer Algebra machen, indem<br />
man ab = 0 setzt. Dies ist allerdings nicht das interessanteste Beispiel.<br />
• M n (C) mit der Matrixmultiplikation.<br />
• B(H) für einen Hilbert-Raum H, das Produkt ist hier die<br />
Hintereinanderausführung.<br />
• C 0 (X) für einen lokalkompakten Hausdorffraum.<br />
Eine Algebra A heisst unital, wenn es ein Einselement gibt, das ist ein Element<br />
1 = 1 A so dass für jedes a ∈ A gilt<br />
1a = a1 = a.<br />
Wenn es ein solches gibt, ist es eindeutig bestimmt, denn sei 1 ′ ein zweites, dann gilt<br />
1 = 11 ′ = 1 ′ .<br />
Definition 6.2.2 Eine lineare Abbildung φ : A → B zwischen zwei Algebren heisst<br />
Algebrenhomomorphismus, falls φ(ab) = φ(a)φ(b) für alle a, b ∈ A gilt. Ist A unital, so<br />
verlangt man ausserdem, dass B auch unital ist und dass φ(1) = 1 ist.<br />
Ein Algebrenhomomorphismus φ heiss Algebrenisomorphismus, wenn φ bijektiv ist.<br />
Dann ist die Umkehrabbildung ebenfalls ein Algebrenhomomorphismus.<br />
Beispiel 6.2.3 Ist Y ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge des lokalkompakten<br />
Hausdorffraums Raums X, dann ist die Restriktion C 0 (X) → C 0 (Y); f ↦→ f | Y ein<br />
Algebrenhomomorhismus.
FUNKTIONALANALYSIS 79<br />
Sei C[X] die Algebra der Polynome. Für T ∈ B(H) betrachte den<br />
Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch<br />
P( f (X)) = f (T).<br />
Lemma 6.2.4 (Spektraler Abbildungssatz für Polynome) Sei T ein stetiger normaler<br />
Operator auf einem Hilbert-Raum H. Für ein Polynom f ∈ C[X] ist f (T) ein stetiger<br />
Operator mit<br />
σ( f (T)) = f (σ(T)),<br />
wobei f (σ(T)) = { f (λ) : λ ∈ σ(T)}.<br />
Beweis: Sei der Grad von f grösser Null. Wir schreiben<br />
f (X) − λ = a(X − λ 1 ) · · · (X − λ n ).<br />
Dann ist<br />
f (T) − λ = a(T − λ 1 ) · · · (T − λ n ).<br />
”⊂” Sei λ ∈ σ( f (T)). Dann ist f (T) − λ nicht invertierbar und daher muss ein λ i im<br />
Spektrum von T liegen. Es ist dann λ = f (λ i ) ∈ f (σ(T)).<br />
”⊃“ Sei λ ∈ f (σ(T)), also λ = f (µ) mit µ ∈ σ(T). Dann ist µ = λ i für ein i. Daher ist<br />
f (T) − λ nicht invertierbar, also λ ∈ σ( f (T)).<br />
□<br />
Satz 6.2.5 (Stetiger Funktionalkalkül) Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem<br />
Hilbert-Raum H. Es gibt genau einen isometrischen Algebrenhomomorphismus<br />
φ : C(σ(T)) → B(H) mit φ(Id) = T. Hierbei bezeichnet Id die Abbildung σ(T) → C<br />
gegeben durch z ↦→ z. Dieser Homomorphismus hat die zusätzliche Eigenschaft<br />
φ( f ∗ ) = φ( f ) ∗ ,<br />
wobei wir für f ∈ C(σ(T)) definieren: f ∗ (t) = f (t). Wir schreiben φ( f ) suggestiv als f (T).<br />
Es gilt<br />
σ( f (T)) = f (σ(T)).<br />
Insbesondere ist f (T) selbstadjungiert, falls f reellwertig ist.
FUNKTIONALANALYSIS 80<br />
Beweis: Jedes Polynom p liefert eine stetige Abbildung σ(T) → C. Wir erhalten also<br />
einen Algebrenhomomorphismus ψ : C[X] → C(σ(T)). Andererseits haben wir einen<br />
Algebrenhomomorphismus P : C[X] → B(H) gegeben durch P( f (X)) = f (T). Wir<br />
wollen den gepunkteten Homomorphismus konstruieren:<br />
C[X]<br />
ψ <br />
C(σ(T))<br />
P<br />
∃!<br />
<br />
B(H)<br />
1. Schritt: Das Bild von ψ ist dicht in C(σ(T)).<br />
Dies folgt aus dem Satz von Stone-Weierstraß.<br />
2. Schritt: Für jedes f ∈ C[X] gilt ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ψ( f )<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ =<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣P( f )<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣.<br />
Es ist<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣ψ(<br />
∣∣ ∣∣ f ) = sup | f (x)|<br />
x∈σ(T)<br />
= sup |z| = sup |z|<br />
z∈ f (σ(T)) z∈σ( f (T))<br />
= r( f (T)) = ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f (T)<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ =<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣P( f )<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ .<br />
3. Schritt: Finale.<br />
Aus dem 2.Schritt folgt, dass der Kern J von ψ gleich dem Kern von P ist, das Bild<br />
Bild(ψ) ist also isomorph C[X]/J und dies ist isomorph zum Bild Bild(P). Ferner ist die<br />
Abbildung<br />
Bild(ψ) → Bild(P) → B(H)<br />
isometrisch, setzt also zu genau einer isometrischen Abbildung φ : C(σ(T)) → B(H)<br />
fort. Auf der dichten Unteralgebra Bild(ψ) ist ψ ein Algebrenhomomorphismus, also<br />
ist φ insgesamt ein Algebrenhomomorphismus. Die Eindeutigkeit ist klar wegen der<br />
Dichtheit der Polynome.<br />
Die Eigenschaften φ( f ∗ ) = φ( f ) ∗ und σ( f (T)) = f (σ(T)) sind klar, wenn f ein Polynom<br />
ist. Die erste folgt sofort allgemein und die zweite wie folgt:<br />
Sei f j eine Folge von Polynomen die in C(σ(T)) gegen f konvergiert. Es gilt<br />
f j (σ(T)) = σ( f j (T)) nach Lemma 6.2.4. Die Folge f j (σ(T)) konvergiert nach Lemma<br />
6.1.18 in der Hausdorff-Metrik gegen f (σ(T)). Die Folge σ( f j (T)) konvergiert nach Satz<br />
6.1.19 in der Hausdorff-Metrik gegen σ( f (T)), so dass insgesamt die Gleichheit folgt. □
FUNKTIONALANALYSIS 81<br />
Proposition 6.2.6 Ein selbstadjungierter Operator ist genau dann positiv, wenn sein<br />
Spektrum positiv ist.<br />
Beweis: Ist T ≥ 0, so ist nach Proposition 6.1.14 σ(T) ≥ 0.<br />
Sei umgekehrt σ(T) ≥ 0. Dann existiert nach dem Funktionalkalkül ein<br />
selbstadjungierter Operator S = √ T so dass T = S 2 . Es folgt für v ∈ H,<br />
〈Tv, v〉 = 〈 S 2 v, v 〉 = 〈Sv, Sv〉 ≥ 0.<br />
□<br />
Korollar 6.2.7 Sei T ein selbstadjungierter Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es gelte<br />
σ(T) = A ∪ B mit zwei disjunkten abgeschlossenen Teilmengen A, B. Dann existieren<br />
eindeutig bestimmte selbstadjungierte Operatoren T A , T B so dass<br />
• T = T A + T B ,<br />
• σ(T A ) = A, σ(T B ) = B,<br />
• die drei Operatoren T, T A , T B kommutieren miteinander.<br />
Ferner gibt eine Orthogonalzerlegung H = H A ⊕ H B , so dass gilt<br />
T A = P A T = TP A , T B = P B T = TP B ,<br />
wobei P A und P B die entsprechenden Orthogonalprojektionen sind. Man kann diesen letzten<br />
Tatbestand etwas lax so ausdrücken, dass in der Zerlegung H = H A ⊕ H B gilt<br />
⎛<br />
T A 0<br />
T = ⎜⎝<br />
⎞⎟<br />
0 T ⎠ .<br />
B<br />
Beweis: Da A ∪ B = ∅ und beide abgeschlossen sind, liegen die Funktionen 1 A und 1 B<br />
in C(σ(T). Setze f A (t) = t1 A und f B (t) = t1 B und T A = f A (T) sowie T B = f B (T). Wegen<br />
f A + f B = Id σ(T) folgt T = T A + T B , ferner ist σ(T A ) = f A (σ(T)) = A und ebenso für B. Da<br />
alle Operatoren eines Funktionalkalküls miteinander kommutieren sind die ersten<br />
drei Punkte bewiesen.<br />
Für den Rest setze P A = 1 A (T), dann ist P A eine selbstadjungierte Projektion, also eine<br />
Orthogonalprojektion, sei H A das Bild. Wir machen dasselbe für B und stellen fest.<br />
dass P A P B = 1 A 1 B (T) = 0 ist, sowie P A + P B = 1(T) = Id H .<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 82<br />
Proposition 6.2.8 Sei T = T ∗ ∈ B(H) und f ∈ C(σ(T)) reellwertig. Sei S = f (T), dann ist S<br />
selbstadjungiert. Sei g ∈ C(σ(S)), dann gilt<br />
(g ◦ f )(T) = g( f (T)).<br />
Schreiben wir den Funktionalkalkül alternativ als φ( f, T) = f (T), so heisst das<br />
φ(g ◦ f, T) = φ(g, φ( f, T)).<br />
Beweis: Ist g(x) = x n , dann ist g ◦ f (x) = f (x) n und da h ↦→ h(T) ein<br />
Algebrenhomomorphismus ist, folgt g ◦ f (T) = f (T) n = g( f (T)). Wegen Linearität<br />
beider Seiten folgt die Behauptung für den Fall, dass g ein Polynom ist. Ist allgemein<br />
g j → g eine Folge von Polynomen, die g auf σ(S) approximiert, dann geht g j ◦ f<br />
gleichmässig auf σ(T) gegen g ◦ f , es folgt also<br />
g ◦ f (T) = lim<br />
j<br />
g j ◦ f (T) = lim<br />
j<br />
g j ( f (T)) = g( f (T)). □<br />
6.3 Polarzerlegung<br />
Sei T ein stetiger Operator auf H. Dann ist T ∗ T selbstadjungiert und positiv. Deshalb<br />
ist das Spektrum σ(T ∗ T) eine Teilmenge von [0, ∞), siehe Proposition 6.1.14. Deshalb<br />
ist die Wurzelfunktion x ↦→ √ x eine stetige Funktion auf σ(T ∗ T). Mit Hilfe des<br />
Funktionalkalküls definieren wir |T| = √ T ∗ T ∈ B(H). Dies ist ein selbstadjungierter<br />
Operator mit positivem Spektrum und der Eigenschaft |T| 2 = T ∗ T.<br />
Satz 6.3.1 Sei T ein stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H. Für v ∈ H ist die Norm<br />
von |T|v gleich ||Tv||. Es existiert ein isometrischer Isomorphismus U vom Abschluss von<br />
Bild(|T|) zum Abschluss von Bild(T) so dass T = U|T|. Diese Zerlegung von T heisst<br />
Polarzerlegung. Sie ist eindeutig in folgendem Sinne. Ist T = U ′ P, wobei P<br />
selbst-adjungiert und positiv ist und U ′ : Bild(P) → H ist isometrisch, dann folgt U ′ = U<br />
und P = |T|.<br />
Beweis: Für v ∈ H ist das Quadrat der Norm ||Tv|| 2 gleich<br />
〈Tv, Tv〉 = 〈T ∗ Tv, v〉 = 〈 |T| 2 v, v 〉 = 〈|T|v, |T|v〉 = |||T|v|| 2
FUNKTIONALANALYSIS 83<br />
Für v ∈ H definieren wir U(|T|v) = Tv, dann ist U eine wohldefinierte Isometrie von<br />
Bild(|T|) nach Bild(T), die auf den Abschluss ausdehnt und die Behauptung erfüllt.<br />
Ferner ist U surjektiv, da es nach Definition schon surjektiv von Bild(|T|) → Bild(T) ist<br />
und da es eine Isometrie ist, ist das Bild U(Bild(|T|)) ⊂ Bild(T) vollständig und enthält<br />
Bild(T), also ist U surjektiv.<br />
Für die Eindeutigkeit sei T = U|T| = U ′ P. Erweitere U zu einem beschränkten<br />
Operator auf H durch U ≡ 0 auf Bild(|T|) ⊥ mach dasselbe für U ′ . Dann ist U ∗ U die<br />
Orthogonalprojektion auf Bild(|T|) und (U ′ ) ∗ U ′ ist die Orthogonalprojektion auf<br />
Bild(P), so dass (U ′ ) ∗ U ′ P = P. Es gilt<br />
|T| = √ T ∗ T = √ (U ′ P) ∗ U ′ P = √ P ∗ (U ′ ) ∗ U ′ P = √ P ∗ P = √ P 2 = P.<br />
Hieraus folgt auch U = U ′ .<br />
□<br />
Beispiel 6.3.2 Sei H = L 2 ([0, 1]) und f : [0, 1] → C × eine stetige Funktion. Betrachte<br />
den Operator T f : H → H gegeben durch<br />
T f ϕ(x) = f (x)ϕ(x).<br />
Wir schreiben die Funktion f als f = u| f |, wobei u : [0, 1] → T stetig ist, genauer ist<br />
u(x) = f (x)/| f (x)|. Es gilt dann T f = T | f | T u und dies ist genau die Polarzerlegung.
FUNKTIONALANALYSIS 84<br />
7 Kompakte Operatoren<br />
7.1 Spektralsatz für normale kompakte Operatoren<br />
Ein Operator T auf einem Hilbert-Raum H heisst kompakter Operator, falls T<br />
beschränkte Mengen auf relativ kompakte Mengen abbildet.<br />
Ist T kompakt und S beschränkt, dann sind ST und TS kompakt.<br />
Man kann die Definition wie folgt umformulieren: T ist genau dann kompakt, wenn<br />
zu jeder beschränkten Folge v j ∈ H die Folge Tv j eine konvergente Teilfolge hat.<br />
Liegen die v j alle in einem endlich-dimensionalen Raum, dann gilt dies für jeden<br />
stetigen Operator. Es reicht daher, linear unabhängige Folgen (v j ) zu betrachten.<br />
Eine lineare Abbildung F : H → H auf einem Hilbert-Raum H heisst von endlichem<br />
Rang, falls das Bild F(H) endlich-dimensional ist.<br />
Beispiele 7.1.1<br />
• Jeder Operator von endlichem Rang ist kompakt.<br />
• Der Operator T = Id H ist genau dann kompakt, wenn H endlich-dimensional ist.<br />
• Sei k ∈ l 2 (N × N) und definiere den Operator T : H → H = l 2 (N) durch<br />
∑<br />
Tϕ(i) = k(i, j)ϕ(j).<br />
j∈N<br />
Wir zeigen, dass T kompakt ist. Sei hierzu ϕ n eine beschränkte Folge in H, also<br />
etwa ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />
∣ ∣∣ ∣∣ ≤ C < ∞. Es gilt dann nach der Hoelder-Ungleichung:<br />
1 ∑<br />
∑<br />
2<br />
|Tϕ n (i)| =<br />
k(i, j)ϕ n (j)<br />
∣<br />
⎛⎜<br />
∣ ≤ ∣<br />
|k(i, j)| 2 ∣∣ ∣∣ϕn<br />
∣ ∣∣ ∣∣<br />
⎝<br />
⎞⎟ ≤ ci C.<br />
⎠<br />
j<br />
j<br />
}{{}<br />
=c i<br />
Insbesondere ist für jedes i die Folge Tϕ n (i) beschränkt, hat also eine<br />
konvergente Teilfolge. Es gibt daher eine Teilfolge ϕ 1 n von ϕ n so dass Tϕ 1 n(1)<br />
konvergiert. Diese hat dann wieder eine Teilfolge ϕ 2 n so dass auch Tϕ 2 n(2)<br />
konvergiert. Iterativ finden wir zu jedem j eine Teilfolge ϕ j n so dass die Folgen<br />
Tϕn(1), j . . . , Tϕn(j) j alle konvergieren. Die Folge Tϕ n n konvergiert dann
FUNKTIONALANALYSIS 85<br />
punktweise gegen eine Funktion ψ. Es ist<br />
|ψ(i)| = lim<br />
n<br />
|Tϕ n n(i)| ≤ c i C.<br />
Wegen<br />
∑ ∑<br />
|c i | 2 = |k(i, j)| 2 < ∞.<br />
i∈N i,j∈N<br />
ist dann ψ ∈ l 2 (N). Es bleibt zu zeigen, dass ∣ ∣ ∣∣Tϕ n<br />
n − ψ ∣ ∣ ∣∣ gegen Null geht. Sei<br />
hierzu ε > 0. dann existiert ein i 0 so dass ∑ i≥i 0<br />
|c i | 2 ≤ ε/8. Es existiert ein n 0 so<br />
dass für n ≥ n 0 gilt<br />
Es folgt für n ≥ n 0 ,<br />
∑i 0 −1<br />
|Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2 < ε/2.<br />
i=1<br />
∣ ∣ ∣Tϕ<br />
n<br />
n − ψ ∣ ∑i 0 −1<br />
∣<br />
∣∣ 2<br />
= |Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2 +<br />
i=1<br />
< ε 2 + ∑<br />
i≥i 0<br />
4|c i | 2 < ε.<br />
∞∑<br />
i=i 0<br />
|Tϕ n n(i) − ψ(i)| 2<br />
Lemma 7.1.2 Ist T kompakt, dann auch |T| und T ∗ .<br />
Beweis: Wir schreiben T = U|T|, wobei U : Bild(|T|) → Bild(T) eine Isometrie ist. Als<br />
solche hat sie eine Umkehrabbildung V, die ebenfalls eine Isometrie ist, also gilt<br />
|T| = VT und V kann durch Null auf Bild(T) ⊥ fortgesetzt werden zu einem stetigen<br />
Operator auf H. Daher ist |T| kompakt. Wir setzten auch U durch Null fort und<br />
erhalten T ∗ = (U|T|) ∗ = |T|U ∗ . damit ist auch T ∗ kompakt.<br />
□<br />
Satz 7.1.3 (Spektralsatz für kompakte normale Operatoren)<br />
Sei T ein kompakter normaler Operator auf dem Hilbert-Raum H. Es existiert eine Folge<br />
λ j ∈ C × , die entweder endlich ist oder gegen Null geht, so dass der Raum H sich<br />
orthogonal zerlegt:<br />
⊕<br />
H = Ker(T) ⊕ Eig(T, λ j ).<br />
Jeder Eigenraum Eig(T, λ j ) = {v ∈ H : Tv = λ j v} ist endlich-dimensional und die<br />
Eigenräume sind paarweise orthogonal.<br />
j
FUNKTIONALANALYSIS 86<br />
Beweis: Wir zeigen zunächst, dass ein gegebener kompakter normaler Operator T 0<br />
einen Eigenwert λ 0 besitzt. Wir zeigen zunächst, dass es ausreicht, T als<br />
selbstadjungiert anzunehmen, wir nehmen also vorübergehend an, die Behauptung<br />
für selbstadjungierte Operatoren gezeigt zu haben. Es ist<br />
T = 1(T + 2 T∗ ) − i (iT + 2 (iT)∗ ) = T 1 + iT 2 eine Linearkombination von zwei<br />
kommutierenden selbstadjungierten Operatoren. Ist T 2 = 0, dann ist T<br />
selbstadjungiert und wir sind fertig. Andernfalls hat T 2 einen Eigenwert ν ∈ R {0}.<br />
Der entsprechende Eigenraum wird von T 1 in sich überführt, also ist T 1 ein<br />
selbstadjungierter kompakter Operator auf diesem Eigenraum, hat dort also einen<br />
Eigenwert µ ∈ R. Dann ist α = µ + iν ein nichtverschwindender Eigenwert von T.<br />
Es bleibt zu zeigen, dass ein selbstadjungierter Operator T 0 einen Eigenwert λ 0<br />
hat.<br />
Lemma 7.1.4 (a) Für einen beschränkten Operator T auf einem Hilbert-Raum H gilt<br />
sup{〈Tv, w〉 : ||v|| = ||w|| = 1} = ||T||.<br />
(b) Ist T überdies selbstadjungiert, dann ist sogar sup{| 〈Tv, v〉 | : ||v|| = 1} = ||T|| .<br />
Beweis: (a) Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt<br />
| 〈Tv, w〉 | ≤ ||Tv|| ||w|| ≤ ||T|| ||v|| ||w|| = ||T||. Damit folgt “≤”. Für die Umkehrung sei T 0<br />
und ||T|| > ε > 0. Wähle ein v ∈ H mit ||v|| = 1 und ||Tv|| > ||T|| − ε. Sei w = 1 Tv. dann<br />
||Tv||<br />
hat auch w die Norm 1 und es ist<br />
〈Tv, w〉 =<br />
〈Tv, Tv〉<br />
||Tv||<br />
= ||Tv|| > ||T|| − ε.<br />
Damit ist das Supremum über alle v und w stets > ||T|| − ε und da ε beliebig ist, folgt<br />
”≥”.<br />
(b) Sei C die linke Seite der behaupteten Gleichung. Nach der Cauchy-Schwarz
FUNKTIONALANALYSIS 87<br />
Ungleichung ist C ≤ ||T||. Andererseits für v, w ∈ H mit ||v|| , ||w|| ≤ 1 ist<br />
C ≥ 1 2 C(||v||2 + ||w|| 2 ) = 1 4 C(||v + w||2 + ||v − w|| 2 )<br />
≥ 1 | 〈T(v + w), v + w〉 | + | 〈T(v − w), v − w〉 | (Definition von C)<br />
4<br />
≥ 1 | 〈T(v + w), v + w〉 − 〈T(v − w), v − w〉 |<br />
4<br />
= 1 2 | 〈Tv, w〉 + 〈Tw, v〉 | = 1 | 〈Tv, w〉 + 〈w, Tv〉 |<br />
2<br />
= | Re 〈Tv, w〉 |.<br />
Indem wir v durch θv für ein θ ∈ C mit |θ| = 1 ersetzen, erhalten wir C ≥ | 〈Tv, w〉 |für<br />
alle ||v|| , ||w|| ≤ 1 und also C ≥ ||T|| nach Teil (a).<br />
□<br />
Wir setzen den Beweis fort, dass ein kompakter selbstadjungierter Operator T 0<br />
einen Eigenwert λ 0 besitzt. Wir zeigen sogar, dass ‖T‖ oder −‖T‖ ein Eigenwert ist.<br />
Nach dem Lemma existiert eine Folge (v j ) j in H mit ∣ ∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣ ∣ ∣∣ ∣∣∣ 〈 〉∣ ∣∣∣ = 1 und ||T|| = limj Tvj , v j .<br />
Da T kompakt ist, hat Tv j eine normkonvergente Teilfolge. Wir gehen zu dieser über<br />
und nehmen an, dass Tv j → u in der Norm konvergiert. Sei A j der schwache<br />
Abschluss von {v i : i ≥ j} in H. Da die Einheitskugel schwach kompakt ist, und die<br />
Familie (A j ) die endliche Schnitteigenschaft hat, gibt es ein v, das in allen A j liegt.<br />
Dann liegt Tv in allen TA j . Da die Folge Tv j in der Norm gegen u konvergiert,<br />
konvergiert sie auch schwach gegen u und damit folgt Tv = u. Indem wir ggf T durch<br />
−T ersetzen, nehmen wir an 〈Tv, v〉 = ||T||. Es folgt<br />
||Tv − ||T|| v|| 2 = ||Tv|| 2 − 2 Re 〈Tv, ||T|| v〉 + ||T|| 2 ||v|| 2<br />
= ||T|| 2 − 2 ||T|| 2 + ||T|| 2 = 0.<br />
Wir haben also Tv = ||T|| v.<br />
Insgesamt haben wir jetzt gezeigt, dass jeder kompakte normale Operator T 0 einen<br />
Eigenwert λ 0 hat. Sei U ⊂ V der Abschluss der Summe aller Eigenräume von T, die<br />
Eigenwerte 0 haben. Nach Satz 5.4.3 ist jeder Eigenvektor von T auch ein<br />
Eigenvektor von T ∗ . also ist U stabil unter T und T ∗ . Das orthogonale Komplement U ⊥<br />
ist dann ebenfalls stabil unter T und T ∗ . Der Operator T induziert einen kompakten<br />
normalen Operator auf U ⊥ . Dieser kann keinen Eigenwert 0 haben, muss also der<br />
Nulloperator sein. Also ist U ⊥ der Kern von T. Wir haben damit gezeigt, dass H die<br />
direkte Summe von T-Eigenräumen ist.
FUNKTIONALANALYSIS 88<br />
Es bleibt zu zeigen, dass jeder Eigenraum Eig(T, λ) mit λ 0 endlich-dimensional ist<br />
und dass sich die Eigenwerte nicht in C × häufen können. Für λ 0 induziert 1 λ T einen<br />
kompakten Operator auf Eig(T, λ), also ist auf diesem Raum die Identität ein<br />
kompakter Operator, das bedeutet, dass der abgeschlossene Einheitsball ¯B 1 (0)<br />
norm-kompakt ist, damit ist Eig(T, λ) endlich-dimensional nach Satz 3.1.1.<br />
Häufen sich schliesslich die Eigenwerte in einem µ 0, so gibt es ein ε > 0 und<br />
unendlich viele Eigenwerte λ mit |α| ≥ ε. Ersetzen wir T durch 1 T, können wir<br />
ε<br />
annehmen, T habe unendlich viele Eigenwerte |λ| ≥ 1. Sei U der Abschluss der<br />
Summe all dieser Eigenräume. Für u ∈ U gilt ||Tu|| ≥ ||U||. Damit erhalten wir wieder,<br />
dass der abgeschlossene Einheitsball in U kompakt ist, ein Widerspruch. Der Satz ist<br />
bewiesen.<br />
Korollar 7.1.5 (Umformulierung des Spektralsatzes) Sei T ein kompakter Operator auf<br />
einem Hilbert-Raum H. Seien λ j die Eigenwerte wie im Satz und sei P j die<br />
Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ j ), dann gilt<br />
∑<br />
T = λ j P j ,<br />
j<br />
wobei die Reihe in der Operatornorm konvergiert. Ist umgekehrt λ j eine beliebige Nullfolge in<br />
C × und ist (P j ) eine beliebige Folge von paarweise orthogonalen Orthoprojektionen mit<br />
endlich-dimensionalen Bildern, dann ist die Reihe ∑ j α j P j normkonvergent gegen einen<br />
kompakten Operator.<br />
□<br />
Beweis: Klar.<br />
□<br />
Korollar 7.1.6 (Noch eine Umformulierung) Sei T : H → H ein normaler kompakter<br />
Operator. Dann hat H eine Orthonormalbasis (φ j ) j∈I bestehend aus Eigenvektoren von T, d.h.<br />
für jedes j existiert ein λ j ∈ C mit Tφ j = λ j φ j .<br />
Für jedes T > 0 ist die Menge aller j ∈ J mit |λ j | > T endlich.<br />
Beweis: Klar.<br />
□<br />
Satz 7.1.7 Ein stetige Operator T auf einem Hilbert-Raum H ist genau dann kompakt,<br />
wenn es eine Folge F n von stetigen Operatoren von endlichem Rang gibt, so dass<br />
||T − F n || op gegen Null geht, wenn n → ∞.
FUNKTIONALANALYSIS 89<br />
Beweis: Sei T kompakt. Wir schreiben T = S + iR mit selbstadjungierten Operatoren<br />
S = 1 2 (T + T∗ ) und R = 1 2i (T − T∗ ). Mit T ist auch T ∗ kompakt und damit sind R und S<br />
kompakt. Wenn wir R und S durch Operatoren von endlichem Rang approximieren<br />
können, dann auch T. Es reicht also, T als selbstadjungiert anzunehmen. Dann saht<br />
aber der Spektralsatz, dass<br />
∑<br />
T = λ j P j ,<br />
mit einer Nullfolge (λ j und Projektionen P j von endlichem Rang gilt. Sei<br />
F n = ∑ n<br />
j=1 λ j P j . dann folgt<br />
j<br />
||F n − T|| = max{|λ j | : j > n} → 0.<br />
Damit ist T ein Limes von Operatoren von endlichem Rang.<br />
Für die Umkehrung sei v j eine beschränkte Folge und sei T der Norm-Limes einer<br />
Folge F n von stetigen Operatoren von endlichem Rang. Wir können ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣vj<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ , ||T|| ≤ 1<br />
annehmen. Dann hat v j eine Teilfolge v 1 j<br />
so dass F 1 (v 1 j ) konvergiert. Dann hat v1 j<br />
eine<br />
Teilfolge v 2 so dass F<br />
j 2 (v 2) konvergiert und so weiter. Sei w j j = v j . Für jedes n ∈ N<br />
j<br />
konvergiert die Folge (F n (w j )) j∈N . Da T der Norm-Limes der F n ist, konvergiert die<br />
Folge Tw j ebenfalls.<br />
□<br />
Beispiel 7.1.8 (Spektralzerlegung eines Operatorkerns) Sei k ∈ l 2 (N × N). Wir haben<br />
bereits festgestellt, dass der Operator T k mit Kern k kompakt ist. Ferner wissen wir<br />
T ∗ = T k k ∗, wobei k∗ (n, m) = k(m, n). Nehmen wir nun an, dass T k selbstadjungiert ist.<br />
Dies ist genau dann der Fall wenn k = k ∗ gilt. Nach dem Spektralsatz existiert dann<br />
eine ONB aus Eigenvektoren (φ j ) j∈J . Wir behaupten nun, dass gilt<br />
∑<br />
k(n, m) = λ j φ j (n)φ j (m),<br />
j∈J<br />
wobei die Summe in l 2 (N × N) (also insbesondere punktweise) konvergiert.<br />
Beweis: Wir zeigen zunächst dass (φ i φ j ) (i,j)∈J 2 eine ONB von l 2 (N × N) ist. Es gilt<br />
〈 〉 ∑<br />
φi φ j , φ µ φ ν = φ i (n)φ j (m)φ µ (n)φ ν (m)<br />
n,m<br />
⎛<br />
⎞ ⎛<br />
⎞<br />
∑<br />
∑<br />
= ⎜⎝ φ i (n)φ µ (n) ⎟⎠ ⎜⎝ φ j (m)φ ν (m) ⎟⎠<br />
n<br />
m<br />
= 〈 φ i , φ µ<br />
〉 〈<br />
φν , φ j<br />
〉<br />
= δi,µ δ ν,j = δ (i,j),(µ,ν) .
FUNKTIONALANALYSIS 90<br />
Damit ist es ein Orthonormalsystem. Um die Vollständigkeit zu zeigen sei<br />
h ∈ l 2 (N × N) senkrecht auf allen (φ i φ j ). Dann gilt bei absoluter Konvergenz der Reihe,<br />
0 = 〈 ⎛<br />
⎞<br />
〉 ∑<br />
∑ ∑<br />
h, φ i φ j = h(m, n)φ i (m)φ j (n) = ⎜⎝ h(m, n)φ i (m) ⎟⎠ φ j(n).<br />
m,n<br />
n m<br />
Da (φ j ) eine ONB ist, folgt<br />
∑<br />
h(m, n)φ i (m) = 0<br />
m<br />
für jedes n ∈ N, woraus mit derselben Begründung folgt h(m, n) = 0 für alle m, n.<br />
Wir entwickeln k in dieser ONB und erhalten<br />
∑<br />
k(n, m) = c i,j φ i (n)φ j (m),<br />
i,j<br />
wobei<br />
c i,j = 〈 〉 ∑<br />
k, φ i φ j = k(m, n)φ i (m)φ j (n)<br />
m,n<br />
⎛<br />
⎞<br />
∑ ∑<br />
= ⎜⎝ k(m, n)φ j (n) ⎟⎠ φ i(m)<br />
m n<br />
∑ (<br />
= Tk φ j (m) ) ∑<br />
〈 〉<br />
φ i (m) = λ j φ j (m)φ i (m) = λ j φj , φ i = λj δ i,j .<br />
m<br />
m<br />
□<br />
7.2 Hilbert-Schmidt-Operatoren<br />
Sei T ∈ B(H), und sei (e j ) eine Orthonormalbasis von H. Die Hilbert-Schmidt-Norm<br />
||T|| HS von T ist definiert als<br />
||T|| 2 HS<br />
def<br />
=<br />
∑ 〈 〉<br />
Tej , Te j .<br />
j<br />
Diese Zahl ist ≥ 0 und kann den Wert +∞ annehmen. Wir zeigen jetzt, dass diese Zahl<br />
nicht von der Wahl der ONB abhängt.<br />
Zunächst halten wir fest, dass für zwei Vektoren v, w ∈ H und eine beliebige ONB (e j )<br />
gilt<br />
∑ 〈 〉 〈<br />
〈v, w〉 = v, ej ej , w 〉 .<br />
j
FUNKTIONALANALYSIS 91<br />
Sei nun(φ α ) eine zweite ONB. Da wir die Unabhängigkeit noch nicht gezeigt haben,<br />
schreiben wir ||T|| 2 HS (e i) und ||T|| 2 HS (φ α), für die entsprechenden HS-Normen. Wir<br />
rechnen<br />
∑ ∑<br />
||T|| 2 HS (e 〈 〉 〈 〉<br />
j) = Tej , φ α φα , Te j<br />
j<br />
α<br />
∑ ∑ 〈 〉 〈 〉<br />
= ej , T ∗ φ α T ∗ φ α , e j<br />
j<br />
α<br />
∑ ∑ 〈 〉 〈 〉<br />
= ej , T ∗ φ α T ∗ φ α , e j<br />
α j<br />
= ||T ∗ || 2 HS (φ α).<br />
Die Vertauschung ist gerechtfertigt, da alle Summanden positiv sind. Indem wir dies<br />
zunächst für (e j ) = (φ α ) und dann für T ∗ anstelle von T anwenden, erhalten wir<br />
||T|| 2 HS (e j) = ||T ∗ || 2 HS (e j) = ||T|| 2 HS (φ α).<br />
Der Operator T heisst ein Hilbert-Schmidt-Operator, falls<br />
||T|| HS < ∞.<br />
Satz 7.2.1 (a) Die Menge HS aller Hilbert-Schmidt-Operatoren ist ein<br />
Untervektorraum von B(H). Die Vorschrift<br />
∑ 〈 〉<br />
〈S, T〉 HS = Sej , Te j<br />
definiert ein Skalarprodukt auf HS, das nicht von der Wahl der ONB (e j ) abhängt.<br />
Die Abbildung ||.|| HS ist eine Norm auf HS.<br />
(b) Für jeden beschränkten Operator T auf H gilt<br />
j<br />
||T|| ≤ ||T|| HS .<br />
Für jeden unitären Operator U ist ||UT|| HS = ||TU|| HS = ||T|| HS .<br />
(c) Jeder Hilbert-Schmidt-Operator ist kompakt.
FUNKTIONALANALYSIS 92<br />
(d) Sei T ein normaler kompakter Operator und seien λ 1 , λ 2 , . . . die Eigenwerte, wobei<br />
jeder nach seiner Vielfachheit wiederholt wird. Dann ist<br />
∑<br />
|λ j | 2 = ||T|| 2 HS .<br />
j<br />
Das heisst, ein normaler kompakter Operator ist genau dann Hilbert-Schmidt, wenn<br />
seine Eigenwerte eine l 2 -Folge bilden.<br />
Beweis: (a) Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung und der Hoelder-Ungleichung<br />
gilt<br />
∑<br />
〉∣<br />
∣ ∣∣∣ ∑<br />
∣〈<br />
Sej , Te j ≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣Sej<br />
∣∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣Tej<br />
∣ ∣∣ ∑ ∣∣ ≤<br />
⎛⎜ ∣ ∣ ⎞ 1 ∣<br />
∣Sej<br />
∣∣ 2<br />
∑ ∣∣ 2<br />
⎝ ⎟⎠<br />
⎛⎜ ∣ ∣ ⎞<br />
∣<br />
∣Tej<br />
∣∣ ∣∣ 2<br />
⎝ ⎟⎠<br />
j<br />
j<br />
j<br />
j<br />
1<br />
2<br />
= ||S|| HS ||T|| HS < ∞,<br />
also konvergiert die Reihe absolut. Für S, T ∈ HS folgt<br />
∞ > | 〈S, S〉 HS + 〈T, T〉 HS + 〈S, T〉 HS + 〈T, S〉 HS | = ||S + T|| HS .<br />
Damit ist auch S + T ∈ HS, die Menge HS also ein Vektorraum. Schließlich ist 〈., .〉 HS<br />
ein Skalarprodukt mit Norm ||.|| HS und die Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7<br />
zeigt, dass 〈., .〉 HS nicht von der Wahl der ONB abhängt. Insbesondere gilt die<br />
Cauchy-Schwarz-Ungleichung und aus dieser erhält man die Dreiecksungleichung<br />
||S + T|| HS ≤ ||S|| HS + ||T|| HS ,<br />
so dass ||.|| HS wirklich eine Norm ist.<br />
(b) Sei v ∈ H mit ||v|| = 1. Dann existiert eine ONB (e j ) mit e 1 = v. Es folgt<br />
∑<br />
||Tv|| 2 = ||Te 1 || 2<br />
≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣Tej<br />
∣∣ ∣∣ 2<br />
= ||T||<br />
2<br />
Da mit (e j ) auch (Ue j ) eine ONB ist, folgt der Rest.<br />
(c) Sei T ein HS-Operator und sei (e j ) j∈N eine orthonormale Folge. Dann konvergiert<br />
die Reihe ∑ ∞<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣Tej<br />
∣∣ ∣∣ 2<br />
, also konvergiert die Folge Tej gegen Null. Damit ist T kompakt.<br />
j=1<br />
j<br />
HS .
FUNKTIONALANALYSIS 93<br />
(d) Es existiert eine ONB (e j ), die aus Eigenvektoren besteht, also Te j = λ j e j . Dann ist<br />
∑ ∑ 〈 〉<br />
|λ j | 2 = Tej , Te j . □<br />
j<br />
j<br />
Beispiel 7.2.2 Sei µ ein σ-endliches Maß auf einer σ-Algebra auf einer Menge X.<br />
Betrachte den Hilbert-Raum L 2 (X). Sei k eine Funktion in L 2 (X × X). Wir nennen k<br />
einen L 2 -Kern.<br />
Sei k(x, y) ein L 2 -Kern auf X. Für ϕ ∈ L 2 (X) definiere<br />
Kϕ(x)<br />
def<br />
=<br />
∫<br />
X<br />
k(x, y)ϕ(y) dµ(y).<br />
Dann existiert dieses Integral fast überall in x. Die Funktion Kϕ liegt in L 2 (X) und K<br />
definiert einen Hilbert-Schmidt-Operator K : L 2 (X) → L 2 (X) mit<br />
||K|| 2 HS = ∫<br />
X<br />
∫<br />
X<br />
|k(x, y)| 2 dµ(x) dµ(y).<br />
Beweis: Um die Existenz des Integrals zu zeigen, sei ψ ein beliebiges Element von<br />
L 2 (X). Dann liegt die Abbildung (x, y) ↦→ ψ(x)ϕ(y) in L 2 (X × X) und daher ist die<br />
Funktion (x, y) → k(x, y)ϕ(y)ψ(x) integrierbar über X × X. Nach dem Satz von Fubini<br />
folgt, dass<br />
∫<br />
X<br />
∫<br />
ψ(x)k(x, y)ϕ(y) dy = ψ(x) k(x, y)ϕ(y) dy<br />
X<br />
für fast alle x ∈ X existiert. Da ψ beliebig ist, folgt die behauptete Existenz des<br />
Integrals.<br />
Mit der Cauchy-Schwarz-Ungleichung schätzen wir ab<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣Kϕ<br />
∣∣ ∫<br />
∣∣ 2<br />
=<br />
∫<br />
≤<br />
∫<br />
=<br />
X<br />
X<br />
X<br />
∫<br />
∫<br />
|Kϕ(x)| 2 dx =<br />
∣ k(x, y)ϕ(y) dy<br />
∣<br />
X X<br />
∫<br />
∫<br />
|k(x, y)| 2 dx dy |ϕ(y)| 2 dy<br />
X<br />
X<br />
∫<br />
|k(x, y)| 2 dx dy ∣ ∣ ∣∣ϕ<br />
∣ ∣∣ ∣∣ 2<br />
.<br />
X<br />
2<br />
dx<br />
Also definiert K einen stetigen Operator auf L 2 (X). Sei (e j ) eine ONB von L 2 (X). Dann
FUNKTIONALANALYSIS 94<br />
gilt<br />
∑<br />
||K|| 2 HS = 〈 〉 ∑ ∫<br />
Kej , Ke j = Ke j (x)Ke j (x) dx<br />
j<br />
∑ ∫<br />
=<br />
j<br />
∑ ∫<br />
=<br />
j<br />
∫<br />
=<br />
∫<br />
=<br />
X<br />
X<br />
X<br />
∫<br />
j X<br />
∫<br />
k(x, y)e j (y) dy<br />
X<br />
X<br />
〈<br />
k(x, .), ej<br />
〉 〈<br />
ej , k(x, .) 〉 dx<br />
∑ 〈 〉 〈<br />
k(x, .), ej ej , k(x, .) 〉 dx<br />
j<br />
∫<br />
〈k(x, .), k(x, .)〉 dx =<br />
X<br />
X X<br />
k(x, y)e j (y) dy dx<br />
∫<br />
|k(x, y)| 2 dx dy.<br />
□<br />
7.3 Spurklasse-Operatoren<br />
Definition 7.3.1 Sei T ein kompakter Operator. Nach Lemma 7.1.2 ist |T| = √ T ∗ T<br />
ebenfalls kompakt. Sei s 1 (T) ≥ s 2 (T) ≥ . . . die (möglicherweise endliche) Folge der<br />
nichtverschwindenden Eigenwerte des positiven Operators |T|, wobei jeder Eigenwert<br />
nach Vielfachheit wiederholt auftritt. Die s j = s j (T) werden die singulären Werte von<br />
T genannt.<br />
Ein kompakter Operator heisst Spurklasse-Operator, wenn gilt<br />
||T|| Sp<br />
def<br />
=<br />
∑<br />
s j (T) < ∞.<br />
j<br />
Die Zahl ||T|| Sp ∈ [0, ∞] heisst Spur-Norm von T. Jeder Spurklasse-Operator ist<br />
Hilbert-Schmidt.<br />
Satz 7.3.2 (a) Ist T von Spurklasse und S stetig, so sind die Normen ||ST|| Sp , ||TS|| Sp beide<br />
≤ ||S|| ||T|| Sp .<br />
(b) Für einen kompakten Operator T gilt<br />
∑<br />
||T|| Sp = sup | 〈Te i , h i 〉 |,<br />
(e i ),(h i )<br />
wobei das Supremum über alle ONBs (e i ) und (h i ) läuft.<br />
i
FUNKTIONALANALYSIS 95<br />
(c) Die Menge der Spurklassen-Operatoren ist ein Untervektorraum von B(H) und ||.|| Sp<br />
ist eine Norm.<br />
(d) Für einen kompakten Operator T mit singulären werten (s j ) gilt ∑ j s 2 = ||T|| 2 j HS und<br />
daher ist T genau dann Hilbert-Schmidt, wenn ∑ j s 2 < ∞ ist.<br />
j<br />
(e) T ist genau dann Spurklasse, wenn ∑ j s j < ∞.<br />
(f) T ist genau dann Spurklasse, wenn es zwei Hilbert-Schmidt Operatoren S 1 , S 2 gibt so<br />
dass T = S 1 S 2 .<br />
(g) Für jeden Operator T auf H gilt<br />
||T|| ≤ ||T|| HS ≤ ||T|| Sp .<br />
Beweis: (a) Sei T ein kompakter Operator. Da die singulären werte s j die Eigenwerte<br />
des Operators |T| sind und da stets gilt ||Tv|| = |||T|v||, gilt s 1 (T) = ||T|| und<br />
s j+1 (T) =<br />
inf sup{||Tw|| : w ⊥ v 1, . . . , v j , ||w|| = 1}.<br />
v 1 ,...,v j ∈H<br />
Hieraus folgt sofort, dass für jeden beschränkten Operator S auf H gilt<br />
s j (ST) ≤ ||S|| s j (T) und damit folgt die Ungleichung ||ST|| Sp ≤ ||S|| ||T|| Sp Die Ungleichung<br />
||TS|| Sp ≤ ||S|| ||T|| Sp aus ||T|| = ||T ∗ || und ||T|| Sp = ||T ∗ || Sp .<br />
(b) Wir brauchen ein Lemma.<br />
Lemma 7.3.3 Sei T ein kompakter Operator auf H und seien (s j ) seine singulären Werte. Es<br />
gibt orthonormale Folgen ( f j ), (g j ) von H, so dass für jedes v ∈ H gilt<br />
∑ 〈 〉<br />
Tv = s j v, fj gj .<br />
j<br />
Beweis: Da |T| selbstadjungiert ist, gibt es eine orthonormale Folge ( f j ) mit |T| f j = s j f j .<br />
Da die ( f j ) dann eine ONB von Bild(|T|) sind, gilt für jedes v ∈ H, dass<br />
|T|v = ∑ 〈 〉<br />
j |T|v, fj fj = ∑ 〈 〉<br />
j s j v, fj fj und damit<br />
⎛<br />
∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉<br />
Tv = U|T|v = U s ⎜⎝ j v, fj fj<br />
⎞⎟ = s ⎠ j v, fj U fj .<br />
j<br />
j
FUNKTIONALANALYSIS 96<br />
Setze nun g j = U f j und das Lemma ist bewiesen.<br />
□<br />
Nun beweisen wir (b): Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt für je zwei ONBs<br />
e, h,<br />
∑<br />
∑<br />
∑<br />
〈 〉 〈 〉 ∣ ∣∣∣∣∣<br />
| 〈Te i , h i 〉 | =<br />
s j ei , f j gj , h i<br />
∣<br />
i<br />
i j<br />
∑ ∑<br />
〉 〈 〉∣<br />
≤ s j<br />
∣<br />
∣∣∣<br />
∣〈<br />
ei , f j gj , h i<br />
j i<br />
∑ ∑<br />
≤ s j<br />
⎛⎜ ⎝ | 〈 ⎞ 1<br />
〉 2 ∑<br />
e i , f j |<br />
2<br />
⎟⎠<br />
⎛⎜ ⎝ | 〈 ⎞<br />
〉<br />
g j , h i |<br />
2<br />
⎟⎠<br />
j<br />
i<br />
∑ ∣ ∣∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣gj<br />
∣ ∣∣ ∑ ∣∣<br />
= s j fj = s j .<br />
j<br />
j<br />
Damit folgt der ≥-Teil der Aussage. Die andere Richtung folgt, indem man für e eine<br />
ONB wählt, die die Folge f enthält und für h eine ONB, die die Folge g enthält, dann<br />
ist ∑ i | 〈Te i , h i 〉 | = ∑ j s j .<br />
(c) Der einzige kitzlige Teil ist die Dreiecksungleichung, die aber mit Teil (b) klar ist.<br />
(d) Für eine beliebige ONB gilt<br />
∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉 ∑ 〈 〉<br />
Tej , Te j = T ∗ Te j , e j = |T| 2 e j , e j = |T|ej , |T|e j .<br />
i<br />
1<br />
2<br />
j<br />
j<br />
j<br />
j<br />
Benutzen wir nun eine ONB ( f j ) bestehend aus Eigenvektoren von |T|, so folgt die<br />
Behauptung.<br />
(e) ist Definition und für (f) sei T Spurklasse und sei T = U|T| die Polarzerlegung von<br />
T. Nach dem Spektralsatz ist das Bild des Operators S 2 = √ |T| gleich dem Bild von|T|<br />
und deshalb können wir den Operator S 1 = U √ |T| definieren. Die Operatoren S 1 und<br />
S 2 sind Hilbert-Schmidt Operatoren und es gilt T = S 1 S 2 .<br />
Für die umgekehrte Richtung müssen wir zeigen, dass für je zwei<br />
Hilbert-Schmidt-Operatoren S und T der Operator TS von Spurklasse ist. Nun hat S ∗<br />
dieselben singulären Werte und es folgt, dass S ∗ S ein Spurklasse Operator ist. Wir<br />
betrachten die sesquilineare Abbildung b : B(H) × B(H) → B(H) gegeben durch<br />
b(S, T) = T ∗ S.
FUNKTIONALANALYSIS 97<br />
Nach der Polarisierungsidentität aus Korollar 2.3.7 gilt<br />
b(S, T) = 1 [D(S + T) − D(S − T) + iD(S + iT) − iD(S − iT)] ,<br />
4<br />
wobei D(S) = S ∗ S ist. Die rechte Seite besteht nur aus Spurklasse-Operatoren, also ist<br />
die linke Seite, also T ∗ S ebenfalls Spurklasse. Ersetze nun T durch T ∗ , so folgt (f).<br />
(g) Die erste Abschätzung kommt schon in Satz 7.2.1 vor und die zweite ist die<br />
Abschätzung ||.|| 2 ≤ ||.|| 1 zwischen der l 2 und der l 1 -Norm.<br />
□<br />
Satz 7.3.4 Sei T ein Spurklasse-Operator. Die Spur<br />
Sp(T)<br />
def<br />
=<br />
∑ 〈 〉<br />
Tej , e j<br />
j<br />
hängt nicht von der Wahl der ONB (e j ) ab. Ist T Spurklasse und normal, dann gilt<br />
∑<br />
Sp(T) = λ n dim Eig(T, λ n ),<br />
wobei die Summe über die nichtverschwindenden Eigenwerte λ n läuft.<br />
n<br />
Beweis: Wir wählen zwei Hilbert-Schmidt Operatoren R und S mit T = RS. Dann ist<br />
∑ ∑<br />
〈Te i , e i 〉 = 〈Re i , S ∗ e i 〉 .<br />
i<br />
i<br />
Dies ist gerade das Hilbert-Schmidt Skalarprodukt 〈R, S〉 HS und hängt nach<br />
Proposition 7.2.1 nicht von der ONB ab. Für die zweite Aussage wähle eine ONB, die<br />
aus Eigenvektoren besteht.<br />
□<br />
Sei T kompakt und sei s j die Folge seiner singulären Werte. Es gilt<br />
T ist Spurklasse<br />
<br />
T ist Hilbert-Schmidt<br />
<br />
(s j ) ∈ l 1 (s j ) ∈ l 2 .<br />
Proposition 7.3.5 Sei SP = SP(H) die Menge der Spurklasse-Operatoren auf einem<br />
gegebenen Hilbert-Raum H und K die Menge der kompakten Operatoren, dann sind
FUNKTIONALANALYSIS 98<br />
K, HS, SP Ideale in der Algebra B(H). Es gilt<br />
K ⊃ HS ⊃ HS 2 = SP.<br />
Beweis: Diese Proposition fasst nur einige Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen. □
FUNKTIONALANALYSIS 99<br />
8 Der Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren<br />
8.1 Spektralmaße<br />
Sei X ein lokalkompakter Hausdorff-Raum und A die Borel-σ-Algebra auf X und sei H<br />
ein Hilbert-Raum. Ein Spektralmaß ist ein Abbildung µ : A → B(H) mit folgenden<br />
Eigenschaften:<br />
(a) µ(∅) = 0 und µ(X) = Id.<br />
(b) Jedes µ(A) ist eine Orthogonalprojektion.<br />
(c) µ(A ∩ B) = µ(A)µ(B).<br />
(d) Ist A ∩ B = ∅, dann gilt µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B).<br />
(e) Für all v, w ∈ H ist die Funktion<br />
µ v,w (A) = 〈 µ(A)v, w 〉<br />
ein C-wertiges Radon-Maß auf Ω.<br />
Erste Eigenschaften<br />
• Für jedes v ∈ H gilt<br />
µ v,v (A) = 〈 µ(A)v, v 〉 = 〈 µ(A)v, µ(A)v 〉 = ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣µ(A)v<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ 2<br />
,<br />
so dass µ v,v ein positives Radon-Maß ist mit<br />
µ v,v (Ω) = ||v|| 2 .<br />
• Je zwei Projektionen µ(A) und µ(B) kommutieren miteinander.<br />
• Ist A ∩ B = ∅, so stehen die Bilder von µ(A) und µ(B) senkrecht aufeinander, d.h.<br />
es gilt µ(A)µ(B) = 0.<br />
Beispiele 8.1.1<br />
• Sei T : H → H ein selbstadjungierter Operator auf dem<br />
endlich-dimensionalen Hilbert-Raum H. Auf der Borel-σ-Algebra von C
FUNKTIONALANALYSIS 100<br />
definieren wir<br />
∑<br />
µ(A) = Pr λ ,<br />
wobei Pr λ die Orthogonalprojektion auf den Eigenraum Eig(T, λ) ist. Da<br />
verschiedene Eigenräume von T senkrecht aufeinander stehen, ist µ ein<br />
Spektralmaß.<br />
• Sei H = L 2 (R) und für jede messbare Teilmenge A ⊂ R sei µ(A) : H → H gegeben<br />
durch<br />
µ(A)(ϕ) = 1 A ϕ.<br />
Dann ist µ ein Spektralmaß.<br />
Proposition 8.1.2 Ist µ ein Spektralmaß, dann ist für jedes v ∈ H die Abbildung<br />
λ∈A<br />
A ↦→ µ(A)v<br />
ein abzählbar additives, H-wertiges Maß auf Ω. Mit anderen Worten, µ : A → B(H) ist<br />
σ-additiv, wenn wir B(H) mit der starken Topologie versehen.<br />
Man beachte, dass µ als Abbildung von A nach B(H) im Allgemeinen nicht σ-Additiv<br />
ist, wenn B(H) die Normtopologie trägt!<br />
Beweis: Nur die σ-Additivität ist zu zeigen. Seien also A 1 , A 2 , . . . paarweise disjunkte<br />
messbare Mengen und A = ⋃ j A j . Nach Voraussetzung ist für jedes w ∈ H,<br />
∞∑ 〈<br />
µ(Aj )v, w 〉 = 〈 µ(A)v, w 〉 .<br />
j=1<br />
Sei v j = µ(A j )v. Da die A j paarweise disjunkt sind, sind die v j paarweise orthogonal.<br />
Da<br />
∑<br />
∣ ∣ ∣<br />
∣vj<br />
∣∣ ∑ ∣∣ 2 = ∣ ∣ ∣µ(Aj )v ∣ ∑<br />
∣<br />
∣∣ 2<br />
〈<br />
= µ(Aj )v, µ(A j )v 〉<br />
j<br />
j<br />
j<br />
∑ 〈<br />
= µ(Aj )v, v 〉 ∑<br />
= µ v,v (A j ) = µ v,v (A) ≤ µ v,v (X) = ||v|| 2 < ∞<br />
j<br />
j<br />
konvergiert die Reihe ∑ j v j in der Norm gemäss Satz 4.2.11.<br />
□<br />
Beispiel 8.1.3 Ein Beispiel, dass ein Spektralmass als Abbildung nach B(H) nicht<br />
σ-additiv ist: Sei H = L 2 (R) und µ(A)(ϕ) = 1 A ϕ. Sei A j = (j, j + 1) für j ∈ N und sei
FUNKTIONALANALYSIS 101<br />
A = ⋃ j A j . Dann konvergiert die Summe ∑ j µ(A j ) stark gegen µ(A) wie wir in der<br />
Proposition gezeigt haben. Sie konvergiert allerdings nicht in der Norm, denn<br />
µ(A) −<br />
ist eine Projektion 0, hat also stets Norm 1.<br />
⎛<br />
N∑ ⋃<br />
µ(A j ) = µ A ⎜⎝ j<br />
⎞⎟ ⎠<br />
j=1<br />
j>N<br />
Lemma 8.1.4 Sei µ ein Spektralmaß und seien A 1 , A 2 , · · · ∈ A mit µ(A j ) = 0 für jedes j. Sei<br />
A = ⋃ j A j . Dann ist µ(A) = 0.<br />
Beweis: Für v ∈ H gilt µ v,v (A j ) = 0 und daher 0 = µ v,v (A) = 〈 µ(A)v, v 〉 . Daher ist die<br />
Projektion µ(A) gleich Null.<br />
□<br />
8.2 Der Spektralsatz<br />
Satz 8.2.1 Sein T ein selbstadjungierter stetiger Operator auf dem Hilbert-Raum H.<br />
Dann existiert ein eindeutig bestimmtes Spektralmaß µ auf der Borel-σ-Algebra von<br />
σ(T) ⊂ C so dass<br />
∫<br />
f (T) =<br />
σ(T)<br />
f (t) dµ(t)<br />
für jedes f ∈ C(σ(T)). Ferner gilt: Jede Projektion µ(A) kommutiert mit jedem S ∈ B(H),<br />
welches mit T kommutiert. Insbesondere folgt also die Spektraldarstellung von T:<br />
∫<br />
T = t dµ(t).<br />
σ(T)<br />
Beweis: Die Aussage bedeutet<br />
〈 f (T)v, w<br />
〉 =<br />
∫<br />
σ(T)<br />
f (t) dµ v,w (t)<br />
für alle v, w ∈ H und alle f ∈ C(σ(T)). Da diese Integrale ein Spektralmaß eindeutig<br />
festlegen, folgt die Eindeutigkeit.<br />
Zur Existenz: Die Abbildung f ↦→ 〈 f (T)v, v 〉 ist ein positives lineares Funktional,<br />
definiert nach dem Darstellungssatz von Riesz also ein Radon-Maß µ v,v auf σ(T).
FUNKTIONALANALYSIS 102<br />
Dieses Maß nimmt wegen µ v,v (σ(T)) = ||v|| 2 < ∞ nur endliche Werte an. Aus den<br />
Polarisierungsidentitäten erhält man dann komplexwertige Maße µ v,w , durch<br />
µ v,w = 1 [ ]<br />
µv+w − µ v−w + iµ v+iw − iµ v−iw ,<br />
4<br />
wobei wir abkürzend µ v für µ v,v geschrieben haben. Für die Totalvariation |µ v,w | gilt<br />
|µ v,w | ≤ 1 [ ]<br />
µv+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw .<br />
4<br />
Auf Grund der Polarisierungsidentitäten folgt 〈 f (T)v, w 〉 = ∫ σ(T) f (t) dµ v,w(t) für alle<br />
v, w ∈ H und jedes f ∈ C(σ(T)). Ist f reellwertig, so gilt 〈 f (T)v, w 〉 = 〈 f (T)w, v 〉 und<br />
daher folgt µ w,v = µ v,w .<br />
Ist f nur messbar und beschränkt, etwa | f | ≤ C macht die rechte Seite der Gleichung<br />
immer noch Sinn. Wir behaupten, dass die lineare Abbildung w ↦→ ∫ σ(T) f (t) dµ v,w(t)<br />
stetig ist. Hierzu seien ||w|| = ||v|| = 1. Dann gilt<br />
∫<br />
∣<br />
σ(T)<br />
f (t) dµ v,w (t)<br />
∣<br />
∫σ(T)<br />
≤ | f (t)| d|µ v,w |(t)<br />
≤ 1 ∫<br />
4<br />
≤ 1 ∫<br />
4<br />
| f (t)| d [ ]<br />
µ v+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw<br />
σ(T)<br />
C d [ ]<br />
µ v+w + µ v−w + µ v+iw + µ v−iw<br />
σ(T)<br />
= C 4<br />
(〈v + w, v + w〉 + 〈v − w, v − w〉 + 〈v + iw, v + iw〉 + 〈v − iw, v − iw〉)<br />
= C(||v|| 2 + ||w|| 2 ) = 2C.<br />
Also ist diese lineare Abbildung stetig. Daher existiert genau ein Vektor φ( f )v so dass<br />
〈 〉<br />
∫<br />
φ( f )v, w = f (t) dµ v,w (t)<br />
für alle w gilt. Nach der obigen Rechnung ist für ||v|| = ||w|| = 1 schon | 〈 φ( f )v, w 〉 | ≤ 2C,<br />
also gilt für beliebige v, w:<br />
| 〈 φ( f )v, w 〉 | ≤ 2C ||v|| ||w|| .<br />
Die Abbildung v ↦→ φ( f )v ist schnell als linear erkannt. Sie ist auch stetig, denn für<br />
σ(T)
FUNKTIONALANALYSIS 103<br />
w = φ( f )v erhalten wir<br />
also ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣φ( f )v<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ≤ 2C ||v||.<br />
∣ ∣ ∣ ∣φ( f )v<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ 2<br />
= |<br />
〈<br />
φ( f )v, φ( f )v<br />
〉<br />
| ≤ 2C ||v||<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣φ( f )v<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ,<br />
Wir behaupten nun, dass φ( f g) = φ( f )φ(g) für alle beschränkten messbaren<br />
Funktionen f, g auf σ(T) gilt. Hierzu beachte, dass diese Gleichung für f, g ∈ C(σ(T))<br />
richtig ist, also<br />
∫<br />
σ(T)<br />
f (t)g(t) dµ v,w (t) = 〈 φ( f g)v, w 〉 = 〈 φ( f )φ(g)v, w 〉 ∫<br />
=<br />
σ(T)<br />
f (t) dµ g(T)v,w .<br />
Die Gleichheit dieser Integrale bleibt erhalten, wenn f durch eine beschränkte<br />
messbare Funktion ersetzt wird. In diesem Fall schreiben wir dann<br />
∫<br />
f (t)g(t) dµ v,w (t) = 〈 φ( f g)v, w 〉 = 〈 φ(g)v, φ( f ) ∗ w 〉 ∫<br />
= g(t) dµ v,φ( f ) ∗ w.<br />
σ(T)<br />
Jetzt können wir auch g durch eine beschränkte messbare Funktion ersetzen, so dass<br />
wir erhalten<br />
〈<br />
φ( f g)v, w<br />
〉<br />
=<br />
∫<br />
σ(T)<br />
∫<br />
f g dµ v,w =<br />
σ(T)<br />
g dµ v,φ( f ) ∗ w<br />
σ(T)<br />
= 〈 φ(g)v, φ( f ) ∗ w 〉 = 〈 φ( f )φ(g)v, w 〉 .<br />
Die Gleichung φ( f ) ∗ = φ( f ∗ ) vererbt sich ebenfalls von C(σ(T)) auf alle beschränkten<br />
messbaren Funktionen. Wir definieren nun µ(A) = φ(1 A ) für eine messbare Teilmenge<br />
A ⊂ σ(T). Dann ist µ(A) eine Orthogonalprojektion. Die Eigenschaften eines<br />
Spektralmaßes sind erfüllt.<br />
□<br />
Beispiel 8.2.2 Sei H = L 2 ([0, 1]) und T : H → H definiert durch<br />
T(ϕ)(x) = xφ(x).<br />
Dann ist das Spektralmaß µ gegeben durch<br />
µ(A)ϕ(x) = 1 A (x)ϕ(x).<br />
Dass dies ein Spektralmaß ist, haben wir uns schon überlegt. Wir beweisen nun, dass
FUNKTIONALANALYSIS 104<br />
es das Spektralmaß zu T ist, indem wir für ϕ, ψ ∈ H und f ∈ C(σ(T)) = C([0, 1])<br />
rechnen:<br />
〈(∫<br />
) 〉 ∫<br />
f (t) dµ(t) ϕ, ψ = f (t)dµ ϕ,ψ .<br />
[0,1]<br />
[0,1]<br />
Sind ϕ = 1 A und ψ = 1 B für messbare Teilmengen A, B ⊂ [0, 1], dann gilt<br />
µ ϕ,ψ (S) = 〈 µ(S)ϕ, ψ 〉 = 〈1 S 1 A , 1 B 〉 = λ(A ∩ B ∩ S),<br />
wobei λ das Lebesgue-Maß auf [0, 1] ist. Daher ist in diesem Fall<br />
〈(∫<br />
[0,1]<br />
) 〉 ∫<br />
f (t) dµ(t) ϕ, ψ =<br />
A∩B<br />
f (t) dλ(t).<br />
Andererseits ist f (T)ϕ(x) = f (x)ϕ(x) und daher<br />
∫<br />
〈 〉 f (T)ϕ, ψ = f (x) dλ(x).<br />
Da die Funktionen der Form 1 A in L 2 ([0, 1]) einen dichten Teilraum erzeugen, folgt die<br />
Gleichheit<br />
〈(∫<br />
) 〉<br />
f (t) dµ(t) ϕ, ψ = 〈 f (T)ϕ, ψ 〉<br />
[0,1]<br />
allgemein.<br />
□<br />
A∩B
FUNKTIONALANALYSIS 105<br />
9 Topologische Vektorräume<br />
9.1 Netze<br />
Sei I eine Menge. Eine partielle Ordnung auf I ist eine Relation ≤, die<br />
• reflexiv ist: x ≤ x,<br />
• anti-symmetrisch ist: x ≤ y und y ≤ x ⇒ x = y,<br />
• transitiv ist: x ≤ y and y ≤ z ⇒ x ≤ z.<br />
Beispiele 9.1.1 • Die natürliche Ordnung ≤ auf R.<br />
• Sei X eine Menge. Auf der Menge P(X) aller Teilmengen von X gibt es eine<br />
natürliche Ordnung durch Inklusion, also fuer A, B ⊂ X,<br />
A ≤ B ⇔ A ⊂ B.<br />
Eine partiell geordnete Menge (I, ≤) heisst gerichtet, falls je zwei Elemente eine obere<br />
Schranke haben, falls also gilt<br />
x, y ∈ I ⇒ ∃ z∈I : x ≤ z, y ≤ z.<br />
Ist I gerichtet, so hat jede endliche Teilmenge eine obere Schranke.<br />
Definition 9.1.2 Ein Netz in einem topologischen Raum X ist eine Abbildung<br />
α : I → X,<br />
wobei I eine gerichtete Menge ist. Man schreibt die Bilder als α i , i ∈ I, anstelle von α(i).<br />
Beispiel 9.1.3 Jede Folge ist ein Netz.<br />
Wir sagen, ein Netz α konvergiert gegen einen Punkt x ∈ X, falls es zu jeder<br />
Umgebung U von x einen Index i 0 ∈ I gibt so dass<br />
i ≥ i 0 ⇒ α i ∈ U.
FUNKTIONALANALYSIS 106<br />
In dem Fall einer Folge, also I = N, stimmt dies mit der Definition der Konvergenz<br />
einer Folge überein.<br />
A priori kann ein Netz gegen mehrere Punkte konvergieren. Der Extremfall ist die<br />
triviale Topologie in der jedes netz gegen jeden Punkt konvergiert. Die Eindeutigkeit<br />
der Limiten ist äquivalent zur Hausdorff-Eigenschaft.<br />
Proposition 9.1.4 Ein topologischer Raum X ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn<br />
Limiten eindeutig sind, d.h., wenn jedes Netz höchstens einen Grenzwert hat.<br />
Beweis: Sei X hausdorffsch und sei (x i ) ein konvergentes Netz. Nimm an, es<br />
konvergiert gegen x und y mit x y. Wegen der Hausdorff-Eigenschaft gibt es offene<br />
Mengen U ∋ x und V ∋ y so dass U ∩ V = ∅. Da (x i ) gegen x und y konvergiert, gibt es<br />
einen Index i so dass x i ∈ U und x i ∈ V, ein Widerspruch!Also ist der Limes eines<br />
Netzes in der Tat eindeutig bestimmt.<br />
Fuer die Rückrichtung nimm an, dass Limiten eindeutig sind. Wir zeigen, dass der<br />
Raum hausdorffsch ist. Seien also x y in X. Sei S die Menge aller Paare (U, V) so dass<br />
U, V offene Teilmengen von X sind mit U ∋ x und V ∋ y. Die Menge S wird partiell<br />
geordnet durch umgekehrte Inklusion, d.h.,<br />
(U, V) ≤ (U ′ , V ′ ) ⇔ U ⊃ U ′ und V ⊃ V ′ .<br />
Die Menge S ist gerichtet, da man Schnitte nehmen kann. Wir zeigen die<br />
Hausdorff-Eigenschaft durch Widerspruch, indem wir also annehmen, dass<br />
U ∩ V ∅ fuer jedes (U, V) ∈ S. Fuer jedes (U, V) ∈ S wähle ein Element z UV in U ∩ V.<br />
Dann ist z UV ein Netz mit Indexmenge S. Da z UV sowohl in U als auch in V liegt,<br />
konvergiert dieses Netz gegen x und gegen y. Wegen der Eindeutigkeit der Limiten ist<br />
x = y, ein Widerspruch!<br />
□<br />
Eine Abbildung ϕ : J → I zwischen zwei gerichteten Mengen heisst streng cofinal,<br />
falls es zu jedem i 0 ∈ I ein j 0 ∈ J gibt, so dass fuer jedes j ≥ j 0 gilt ϕ(j) ≥ i 0 . Das<br />
bedeutet, dass die Abbildung ϕ nicht monoton zu sein braucht, sie kann vor und<br />
zurückspringen, aber sie soll ”im Wesentlichen” monoton sein und die Zielmenge I<br />
”ausschöpfen”.<br />
Definition 9.1.5 Sei α : I → X ein Netz. EinTeilnetz ist ein Netz β : J → X zusammen
FUNKTIONALANALYSIS 107<br />
mit einer Faktorisierung<br />
J<br />
ϕ<br />
I<br />
so dass die Abbildung ϕ streng cofinal ist.<br />
β<br />
α<br />
<br />
X<br />
Mit anderen Worten, Teilnetze werden gegeben durch streng cofinale Abbildungen in<br />
die Indexmenge I.<br />
Konvergiert α gegen x ∈ X, dann konvergiert jedes Teilnetz ebenfalls gegen x ∈ X.<br />
Proposition 9.1.6 Sei X ein topologischer Raum und sei A ⊂ X. Der Abschluss Ā ist gleich<br />
der Menge aller Limiten von Netzen in A.<br />
Mit anderen Worten, ein Punkt x ∈ X liegt genau dann in Ā , wenn es ein Netz (α i ) i∈I gibt mit<br />
α i ∈ A, fuer alle i ∈ I, welches in X gegen x konvergiert.<br />
Beweis: Der Abschluss Ā ist die Menge aller x ∈ X so dass A ∩ U ∅ fuer jede<br />
Umgebung von x gilt. Sei also x ∈ Ā und U eine Umgebung von x. Dann ist A ∩ U<br />
nichtleer. Wähle ein Element α U in A ∩ U. Sei I die Menge aller Umgebungen U von x.<br />
Versieh I mit der partiellen Ordnung:<br />
U ≤ U ′ ⇔ U ⊃ U ′ .<br />
Dann ist der Schnitt zweier Umgebungen eine obere Schranke fuer beide, also ist die<br />
Menge I gerichtet. Das Netz (α U ) U∈I konvergiert nach Konstruktion gegen x.<br />
Fuer die andere Richtung sei x ∈ X und α i ∈ A, i ∈ I ein Netz, das gegen x konvergiert.<br />
Sei U eine Umgebung von x. Dann existiert ein i ∈ I mit α i ∈ U, also ist U ∩ A ∅. Da<br />
U beliebig ist, folgt x ∈ Ā.<br />
□<br />
Proposition 9.1.7 Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen Räumen ist genau<br />
dann stetig, wenn fuer jedes Netz (x j ) in X, das konvergiert, das Bildnetz f (x j ) ebenfalls<br />
konvergiert. In diesem Falle gilt: konvergiert x j gegen x, so konvergiert f (x j ) gegen f (x).<br />
Beweis: Der folgende Beweis ist fast wörtlich derselbe wie fuer Folgen in R. Sei f<br />
stetig und sei (x i ) i∈I ein gegen x ∈ X konvergentes Netz. Wir müssen zeigen<br />
f (x i ) → f (x). Sei hierzu U eine offene Umgebung von f (x), dann ist V = f −1 (U) eine
FUNKTIONALANALYSIS 108<br />
offene Umgebung von x. Daher existiert ein i 0 so dass x i ∈ V fuer jedes i ≥ i 0 , also<br />
f (x i ) ∈ U fuer jedes i ≥ i 0 , also konvergiert f (x i ) gegen f )x).<br />
Fuer die umgekehrte Richtung nimm an, dass f die Limes-Bedingung erfüllt. Sei<br />
A ⊂ Y abgeschlossen und sei B ⊂ X das Urbild zu A. Wir müssen zeigen, dass B<br />
abgeschlossen ist. Sei hierzu b i ein Netz in B, konvergent gegen x ∈ X. Dann<br />
konvergiert das Netz f (x i ) ∈ A gegen f (x). Da A abgeschlossen ist, folgt f (x) ∈ A, also<br />
x ∈ f −1 (A) = B, damit ist B abgeschlossen.<br />
□<br />
Proposition 9.1.8 Ein topologischer Raum X ist genau dann kompakt, wenn jedes Netz in X<br />
ein konvergentes Teilnetz hat.<br />
Beweis: Sei X kompakt und sei (x i ) i∈I ein Netz in X. Fuer jedes i ∈ I sei A i der<br />
Abschluss der Menge {x j : j ≥ i}. Jeder endliche Schnitt von Mengen der Form A i , i ∈ I<br />
ist nichtleer, also ist nach der endlichen Schnitteigenschaft<br />
⋂<br />
A i ∅.<br />
i∈I<br />
Sei also x in jedem A i . Das bedeutet, dass man zu jeder Umgebung U von x und jedem<br />
Index i ∈ I einen Index i ′ ≥ i findet mit x i ′ = x φ(U,i) ∈ U. Sei J die Menge aller Paare<br />
(U, i), wobei U eine Umgebung von x ist und i ∈ I. Wir ordnen J wie folgt:<br />
(U, i) ≤ (U ′ , i ′ ) ⇔ U ⊃ U ′ und i ≤ i ′ .<br />
Wir haben eine Abbildung φ : J → I konstruiert, von der wir nun zeigen, dass sie<br />
streng cofinal ist. Hierzu sei i ∈ I und wähle ein Element j = (U, i) ∈ J mit i als zweitem<br />
Argument. Nach Konstruktion ist φ(j ′ ) ≥ i fuer jedes j ′ ≥ j, also ist φ streng cofinal.<br />
Wir behaupten, dass das konstruierte Teilnetz φ : J → X konvergiert. Sei hierzu U eine<br />
Umgebung von x und wähle ein Element j 0 = (U, i) ∈ J. Fuer jedes j ≥ j 0 gilt dann<br />
φ(j) ∈ U, also hat (x i ) ein konvergentes Teilnetz.<br />
Fuer die Rückrichtung nimm an, dass jedes Netz ein konvergentes Teilnetz hat. Sei A<br />
ein System abgeschlossener Teilmengen so dass jeder endliche Schnitt nichtleer ist.<br />
Wir müssen zeigen, dass der Schnitt aller Elemente von A nichtleer ist. Hierzu sei B<br />
die Menge aller endlichen Schnitte von Elementen von A. Ordne B via<br />
B 1 ≥ B 2 ⇔ B 1 ⊂ B 2 . Dann ist B gerichtet. Fuer jedes B ∈ B wähle ein x b ∈ B. Dann ist<br />
(x B ) B∈B ein Netz in X und nach der Annahme existiert ein Teilnetz (x Bj ) j∈J das gegen<br />
ein x ∈ X konvergiert. Aber dann gilt x ∈ B fuer jedes B ∈ B, denn fuer festes B können
FUNKTIONALANALYSIS 109<br />
wir j 0 so wählen, dass B j ⊂ B fuer jedes j ≥ j 0 . Hieraus folgt x Bj ∈ B fuer alle j ≥ j 0 . Da<br />
B abgeschlossen ist, liegt der Limes x von (x Bj ) ebenfalls in B.<br />
□<br />
9.2 Definitionen<br />
Definition 9.2.1 Ein topologischer Vektorraum ist ein komplexer Vektorraum V mit<br />
einer Topologie so dass {0} eine abgeschlossene Menge ist und die Abbildungen<br />
V × V → V C × V → V<br />
(v, w) ↦→ v + w (λ, v) ↦→ λv<br />
stetig sind.<br />
Lemma 9.2.2 (a) Jeder topologische Vektorraum ist ein Hausdorff-Raum.<br />
(b) Ist V ein komplexer Vektorraum, so dass Addition und Skalarmultiplikation stetig sind,<br />
Sei dann N = {0} der Abschluss der Null. Dann ist N ein Untervektorraum und V/N ist<br />
ein topologischer Vektorraum. Jede stetige Abbildung f : V → X in einen<br />
Hausdorff-Raum faktorisiert über V/N.<br />
Beweis: (a) Sei V ein topologischer Vektorraum und seien x, y ∈ V mit x y. Dann ist<br />
U = V {x − y} eine offene Umgebung der Null. Wegen der Stetigkeit der Addition<br />
gibt es eine Nullumgebungen W 1 , W 2 mit W 1 + W 2 ⊂ U. Setze W 3 = W 1 ∩ W 2 und<br />
W = W 3 ∩ (−W 3 ), dann ist W eine Nullumgebung mit W = −W und W + W ⊂ U.<br />
Folglich sind x + W und y + W offene Umgebungen von x und y. Wir behaupten, dass<br />
sie disjunkt sind. Angenommen, es gibt w, w ′ ∈ W mit x + w = y + w ′ , dann folgt<br />
x − y = w ′ − w ∈ W + W ⊂ U = V {x − y}, ein Widerspruch!<br />
(b) Seien n 1 , n 2 ∈ N. Dann konvergiert die konstante Folge x j = 0 gegen n 1 und gegen<br />
n 2 . Da die Addition stetig ist, konvergiert die konstante Folge x j + x + j = x j = 0 gegen<br />
n 1 + n 2 , also ist n 1 + n 2 ∈ N. Analog sieht man die Abgeschlossenheit unter Skalarer<br />
Multiplikation. Damit ist N ein Untervektorraum. Sei nun f : V → X stetig, wobei X<br />
ein Hausdorff-Raum ist. Sei x ∈ V und n ∈ N. Wir wollen zeigen, dass f (x) = f (x + n)<br />
ist. Dies folgt aber aus der Stetigkeit, da die konstante Folge x j = x gegen x und gegen<br />
x + n konvergiert, in dem Hausdorff-Raum X eine Folge aber nur einen Limes haben<br />
kann.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 110<br />
Beispiele 9.2.3<br />
• Jeder normierte Raum (V, ||.||) ist ein topologischer Vektorraum,<br />
wobei die offenen Mengen genau die Vereinigungen von offenen Bällen<br />
B r (v) = {w ∈ V : ||v − w|| < r}<br />
mit v ∈ V und r > 0 sind.<br />
• Der Schwartz-Raum S ist ein topologischer Vektorraum, wobei die Topologie<br />
von den offenen Bällen<br />
B r,m,n ( f ) = {g ∈ S : σ m,n ( f − g) < r}<br />
mit f ∈ S, r > 0 und m, n ∈ N 0 erzeugt wird.<br />
• Sei 0 < p < 1. Dann ist der Raum L p (R) aller messbaren Funktionen f auf R mit<br />
∫<br />
R | f (x)|p dp < ∞ modulo Nullfunktionen ein topologischer Vektorraum,<br />
allerdings kein normierter Raum, da ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣p<br />
= (∫ R | f (x)|p dx ) 1 p<br />
ist! (Die Dreiecksungleichung gilt nicht.)<br />
für p < 1 keine Norm<br />
Proposition 9.2.4 Jeder endlich-dimensionale topologische Vektorraum ist isomorph zum C n .<br />
Genauer gilt folgendes: Ist V ein endlich-dimensionaler topologischer Vektorraum und ist<br />
f : C n → V ein Isomorphismus von Vektorräumen, dann sind f und f −1 stetig.<br />
Beweis: Wir zeigen zunächst die Stetigkeit von f . Seien v 1 , . . . , v n die Bilder der<br />
Standard-Basis-Vektoren e 1 , . . . e n des C n . Dann ist f (λ 1 , . . . , λ n ) = λ 1 v 1 + · · · + λ n v n . Die<br />
Stetigkeit von f ist nun eine einfache Konsequenz der Stetigkeit der Skalaren<br />
Multiplikation und der Addition.<br />
Die Stetigkeit von f −1 folgt aus dem Satz der offenen Abbildung.<br />
□<br />
Eine Halbnorm auf einem K-Vektorraum E ist eine Abbildung p : E → [0, ∞) mit<br />
folgenden Eigenschaften:<br />
• p(αx) = |α|p(x) für α ∈ K und x ∈ E,<br />
• p(x + y) ≤ p(x) + p(y)<br />
Multiplikativität<br />
Dreiecksungleichung<br />
Eine Halbnorm ist also wie eine Norm, bis auf die Tatsache, dass sie nicht positiv<br />
definit zu sein braucht.
FUNKTIONALANALYSIS 111<br />
Beispiele 9.2.5<br />
• Jede Norm ist eine Halbnorm.<br />
• Die konstante Null ist eine Halbnorm.<br />
• Auf C ∞ ([0, 1]) ist für k ∈ N die Abbildung<br />
eine Halbnorm.<br />
p k ( f ) = sup | f (k) (x)|<br />
x∈R<br />
• Ist p eine Halbnorm auf E und ist K = {v ∈ V : p(v) = 0}, dann ist K ein<br />
Untervektorraum und p induziert eine Norm auf dem Quotientenraum V/K.<br />
Sei p eine Halbnorm auf E. Sei<br />
B(p) = {v ∈ V : p(v) < 1}.<br />
Dann gilt<br />
• B(p) ist konvex,<br />
• B(p) ist ausgewogen, d.h. ist x ∈ B(p) und ist α ∈ K mit |α| ≤ 1, dann ist αx ∈ B(p),<br />
• B(p) ist absorbierend, d.h., für jedes x ∈ E gibt es ein α ∈ K mit x ∈ αB(p).<br />
Es gilt<br />
p(x) = inf<br />
{t > 0 : 1 }<br />
t x ∈ B(p) .<br />
Beachte, dass in einem topologischen Vektorraum jede Nullumgebung absorbierend<br />
ist.<br />
Proposition 9.2.6 Ist B eine Teilmenge eines Vektorraums E , die konvex, ausgewogen und<br />
absorbierend ist, dann ist<br />
eine Halbnorm auf E.<br />
p(x)<br />
{<br />
def<br />
= inf t > 0 : 1 }<br />
t x ∈ B<br />
Beweis: Da B absorbierend ist, nimmt p endliche Werte an. Da B ausgewogen ist, folgt<br />
p(αx) = |α|p(x). Da B konvex ist, folgt die Dreiecksungleichung.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 112<br />
Definition 9.2.7 Ein topologischer Vektorraum V heisst lokalkonvex, falls er eine<br />
Nullumgebungsbasis von offenen konvexen ausgewogenen Teilmengen besitzt.<br />
Definition 9.2.8 Sei V ein komplexer Vektorraum. Eine Familie (p α ) α∈A von<br />
Halbnormen heisst positiv definit, falls<br />
p α (v) = 0 ∀ α∈A ⇒ v = 0.<br />
Die Topologie, die erzeugt wird von allen offenen Bällen<br />
B r (v, p α ) = {w ∈ V : p α (v − w) < r},<br />
mit r > 0, v ∈ V und α ∈ A, heisst die Topologie, die von der Familie (p α ) erzeugt wird.<br />
Satz 9.2.9 (a) Sei der komplexe Vektorraum V mit der Topologie der Familie von<br />
Halbnormen (p α ) α∈A versehen. Dann konvergiert ein Netz v i in V genau dann gegen<br />
v ∈ V, wenn für jedes α ∈ A das Netz p α (v i − v) in C gegen Null geht.<br />
(b) Die von einer Familie von Halbnormen erzeugte Topologie auf einem Vektorraum V<br />
macht den Raum V genau dann zu einem topologischen Vektorraum, wenn die<br />
Familie positiv definit ist.<br />
(c) Ein topologischer Vektorraum V ist genau dann lokalkonvex, wenn es eine Familie<br />
von Halbnormen gibt, die die Topologie erzeugt.<br />
(d) Ist V lokalkonvex und ist (p i ) eine Familie wie in (b), dann ist jede Halbnorm p i eine<br />
stetige Abbildung. Die Topologie eines lokalkonvexen Raums V wird von allen<br />
stetigen Halbnormen erzeugt.<br />
(e) Ist V ein lokalkonvexer Raum, dann ist die Familie aller Bälle<br />
B p (1) = {v ∈ V : p(v) < 1},<br />
wobei p über alle stetigen Halbnormen läuft, eine Nullumgebungsbasis.<br />
Beweis: (a) Es konvergiere v i → v. Sei α ∈ A und sei ε > 0. Dann ist B ε (v, p α ) eine<br />
Umgebung von v, also gibt es ein i 0 ∈ I so dass i ≥ i 0 ⇒ v i ∈ B ε (v, p α ), was soviel heisst
FUNKTIONALANALYSIS 113<br />
wie p α (v i − v) < ε. Also konvergiert p α (v i − v) gegen Null. Für die Rückrichtung lässt<br />
sich dieser Schluss umkehren.<br />
(b) Sei (p α ) α∈A eine Familie von Halbnormen auf V. Wir versehen V mit der durch die<br />
p α induzierten Topologie und zeigen, dass die Addition auf V stetig ist. Seien hierzu<br />
v i → V und w i → w konvergente Netze. Dies bedeutet, dass für jedes α ∈ A die Netze<br />
p α (v i − v) und p α (w i − w) gegen Null gehen. Dann folgt<br />
p α (v i + w i − (v + w)) ≤ p α (v i − v) + p α (w i − w) → 0.<br />
Also konvergiert v i + w i gegen v + w und die Addition ist also stetig. Die<br />
Skalarmultiplikation ist aus ähnlichen Gründen stetig. Wir zeigen, dass die Menge {0}<br />
genau dann abgeschlossen ist, wenn die Familie von Halbnormen definit ist. Liegt v<br />
im Abschluss der Null, dann geht das konstante Netz 0 gegen v, also ist p α (v) = 0 für<br />
jedes α. Umgekehrt impliziert aber p α (v) = 0 für jedes α auch, dass v im Abschluss der<br />
Null liegt.<br />
(c) Sei V lokalkonvex. Zu jeder offenen konvexen ausgewogenen Nullumgebung E<br />
gibt uns Proposition 9.2.6 eine Halbnorm p E . Es gilt dann<br />
B(p E ) = E.<br />
Ferner ist für v ∈ V und r > 0,<br />
B r (v, p E ) = v + rE,<br />
also ist der Ball B r (v, p E ) offen. Die von der Halbnormen p E erzeugte Topologie liegt<br />
also in der Ursprungs-Topologie von V. Da andererseits die E eine<br />
Nullumgebungsbasis bilden, wird die Topologie von V von allen Mengen der Form<br />
v + rE erzeugt.<br />
Die Umkehrung ist klar.<br />
(d) Sei die Topologie von V durch (p α ) α∈A erzeugt und sei α ∈ A. Sei v i → v ein<br />
konvergentes Netz in V, dann folgt<br />
|p α (v i ) − p α (v)| ≤ p α (v i − v) → 0.<br />
Also ist p α stetig. Der Zusatz ist klar.<br />
(e) folgt aus (a) und der Beobachtung, dann mit p auch Tp eine stetige Halbnorm ist,<br />
wenn T > 0.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 114<br />
Beispiele 9.2.10<br />
• Sei V = C c (R) der Raum aller stetigen Abbildungen mit<br />
kompaktem Träger. Für n ∈ N sei V n = C n (R) die Menge aller stetigen<br />
Abbildungen mit Träger im Intervall [−n, n]. Es gilt dann V = ⋃ n V n . Auf V n<br />
installieren wir die Norm ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ϕ<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣n<br />
= sup |t|≤n<br />
|ϕ(t)|, damit ist V n ein Banach-Raum.<br />
Dem Raum V geben wir die induktive Limestopologie, das heisst die<br />
Finaltopologie der Inklusionen V n ↩→ V. Das bedeutet, dass eine Teilmenge<br />
E ⊂ V genau dann offen ist, wenn für jedes n ∈ N die Menge E ∩ V n offen in V n<br />
ist. Es ist leicht zu sehen, dass V damit ein topologischer Vektorraum ist.<br />
Wir geben nun eine Nullumgebungsbasis aus konvexen ausgewogenen Mengen<br />
an, so dass die zugehörigen Halbnormen die Topologie erzeugen. Sei<br />
η : R → (0, 1) eine stetige Funktion. Sei U η = { f ∈ C c (R) : | f | < η}. Sei n ∈ N. Wir<br />
zeigen, dass U η ∩ V n offen ist. Hierzu sei f ∈ U η ∩ V n . Da | f | < η und f stetig ist<br />
mit kompaktem Träger, gibt es ein ε > 0 so dass | f | + ε < η, das heisst, dass eine<br />
ε-Umgebung von f noch ganz in U η ∩ V n liegt, also ist U η ∩ V n offen. Damit ist die<br />
Menge U η offen in V. Sie ist konvex und ausgewogen. Wir behaupten, dass die<br />
Familie (U η ) η eine Nullumgebungsbasis ist. Sei hierzu W eine Nullumgebung.<br />
Dann ist W ∩ V n offen in V n , enthält also eine ε n -Umgebung der Null für ein<br />
ε n > 0. Wir können die Folge ε n als monoton fallend annehmen. Es gibt eine<br />
stetige Funktion η mit 0 < η < ε n (x) falls n − 1 ≤ |x| ≤ n und also U η ⊂ W. Jedes<br />
U η definiert eine Halbnorm und diese Halbnormen erzeugen die Topologie.<br />
• Hier ein Beispiel für einen topologischen Vektorraum, der nicht lokalkonvex ist.<br />
Sei 0 < p < 1 und sei I = [0, 1] das Einheitsintervall. Setze<br />
∫<br />
L p (I) = { f : I → C : messbar so dass ∆( f ) :=<br />
modulo Nullfunktionen. Für a, b ≥ 0 gilt<br />
X<br />
| f (x)| p dx < ∞}<br />
(a + b) p ≤ a p + b p ,<br />
woraus sofort folgt<br />
∆( f + g) ≤ ∆( f ) + ∆(g).<br />
Hieraus folgt, dass L p (I) ein Vektorraum ist. Ferner ist<br />
d( f, g) = ∆( f − g)<br />
eine Metrik auf L p (I). Dieser metrische Raum ist vollständig, wie man mit
FUNKTIONALANALYSIS 115<br />
demselben Beweis wie für p ≥ 1 zeigt. Wir zeigen, dass es sich um einen<br />
topologischen Vektorraum handelt. Dazu seien f j → f und g j → g konvergente<br />
Folgen. Es gilt<br />
d( f j + g j , f + g) = ∆( f j + g j − f − g)<br />
≤ ∆( f j − f ) + ∆(g j − g)<br />
= d( f j , f ) + d(g j , g) → 0,<br />
also ist die Addition stetig. Für die Skalarmultiplikation sei λ j → λ in C konvergent,<br />
so folgt<br />
d(λ j f j , λ f ) = ∆(λ j f j − λ f )<br />
≤ ∆(λ j f j − λ j f ) + ∆(λ j f − λ f )<br />
= |λ j | p d( f j , f ) + |λ| p d( f j , f ) → 0.<br />
Wir zeigen, dass dieser topologische Vektorraum keine offenen konvexen Mengen enthält<br />
ausser der leeren Menge und dem ganzen Raum.<br />
Sei hierzu V ∅ offen und konvex in L p (I). Wir können 0 ∈ V annehmen. Dann gibt es<br />
ein r > 0 so dass der offene Ball B r (0) um Null vom Radius r ganz in V liegt. Sei f ∈ L p .<br />
Da p < 1, gibt es ein n ∈ N so dass n p−1 ∆( f ) < r. Man kann das Intervall I mit<br />
Trennungspunkten 0 = x 0 < x 1 < · · · < x n = 1 so unterteilen, dass<br />
∫ xj<br />
x j−1<br />
| f (x)| p dx = n −1 ∆( f ).<br />
Sei g j (x) = n f (x) falls x j−1 < x ≤ x j und g j (x) = 0 sonst. Dann ist g j ∈ V, denn<br />
∆(g j ) = n p−1 ∆( f ) < r.<br />
Da nun V konvex ist und da<br />
f = 1 n (g 1 + · · · + g n ),<br />
folgt f ∈ V, also ist V = L p .<br />
Folgerung: L p (I) ′ = 0, denn sei α : L p (I) → C eine stetige lineare Abbildung, Dann ist<br />
α −1 (B ε ) offen, nichtleer und konvex in L p , also gleich L p . Da dies für jedes ε > 0 gilt, ist<br />
α(L p ) = 0.
FUNKTIONALANALYSIS 116<br />
Proposition 9.2.11 (a) Seien (V, (p i ) i∈I ) und (W, (q j ) j∈J ) Vektorräume mit definiten Familien<br />
von Halbnormen. Dann ist eine lineare Abbildung T : V → W genau dann stetig, wenn<br />
es zu jedem j ∈ J eine endliche Teilmenge E ⊂ I gibt, sowie eine Konstante C > 0, so dass<br />
q j (T(v)) ≤ C ∑ i∈E p i (v) für jeden Vektor v ∈ V gilt.<br />
(b) Eine lineare Abbildung T : V → W zwischen lokalkonvexen Räumen ist genau dann<br />
stetig, wenn es zu jeder stetigen Halbnorm q auf W eine stetige Halbnorm p auf V gibt mit<br />
q(T(v)) ≤ p(v) ∀ v∈V .<br />
Beweis: (a) Wie im Fall von normierten Räumen ist eine lineare Abbildung T genau<br />
dann stetig, wenn sie stetig in Null ist. Ein Netz (v α ) geht genau dann gegen Null in V,<br />
wenn für jedes i ∈ I das reellwertige Netz p i (v α ) gegen Null geht.<br />
Sei also T stetig und sei j ∈ J. Angenommen, es gibt kein i ∈ I und C > 0 wie oben,<br />
dann gibt es zu jeder endlichen Teilmenge E ⊂ I und zu jedem k ∈ N ein v = v E,k ∈ V<br />
so dass q j (T(v)) > k ∑ i∈E p i (v) gilt. Nach Multiplikation mit einem Skalar können wir<br />
hierbei q j (T(v)) = 1 annehmen. Die Menge aller Paare (E, k) ist gerichtet durch<br />
(E, k) ≤ (E ′ , k ′ ) ⇔ E ⊂ E ′ und k ≤ k ′ .<br />
Wir erhalten ein Netz (v E,k ) (E,k) in V. Wir behaupten, dass dieses Netz gegen Null geht,<br />
also dass p j (v E,k ) für jedes j ∈ J gegen Null geht. Sei hierzu ε > 0, dann existiert ein k 0<br />
so dass für alle k ≥ k 0 gilt 1 k < ε. Ist dann (E, k) ≥ ({j 0}, k 0 ), dann folgt<br />
∑<br />
p j (v E,k ) < p i (v E,k ) < 1 k < ε,<br />
i∈E<br />
also konvergiert das Netz gegen Null. Da T stetig ist, folgt T(v E,k ) → 0, was aber der<br />
Tatsache q j (T(v E,k )) = 1 widerspricht!<br />
Sei umgekehrt die Bedingung des Lemmas erfüllt. Wir wollen zeigen, dass T stetig ist.<br />
Sei hierzu v α ein gegen Null konvergentes Netz. Ist j ∈ J, so gilt wie oben<br />
q j (T(v α )) ≤ C ∑ i∈E p i (v α ). Die rechte Seite geht gegen Null für α → ∞, also auch die<br />
linke, also geht v α gegen Null.<br />
(b) folgt aus (a), da C ∑ i∈E p i wieder eine stetige Halbnorm ist.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 117<br />
Satz 9.2.12 (Hahn-Banach für lokalkonvexe Räume) Sei V ein lokalkonvexer<br />
topologischer Vektorraum und U ⊂ V ein Teilraum. Dann besitzt jedes stetige lineare<br />
Funktional α : U → K eine stetige lineare Fortsetzung nach V.<br />
Beweis: Sei die Topologie von V erzeugt von der Familie (p i ) i∈I von Halbnormen.<br />
Nach Proposition 9.2.11 gilt<br />
|α(u)| ≤ C<br />
n∑<br />
p iν (u)<br />
für alle v ∈ U. Für v ∈ V setze p(v) = C ∑ n<br />
ν=1 p iν (v). Ist K = R, so folgt, dass α eine<br />
Fortsetzung ˜α nach V hat mit | ˜α(v)| ≤ p(v) für alle v ∈ V, so dass ˜α in der Tat stetig ist.<br />
Der Fall K = C wird nun auf der reellen Fall zurückgeführt wie beim Beweis von Satz<br />
3.1.3: Das R-lineare Funktional Re(α) besitzt eine R-lineare Fortsetzung ˜α R nach V mit<br />
| ˜α R (v)| ≤ p(v). Sei ˜α das komplex-lineare Funktional mit Re( ˜α) = ˜α R . Ist v ∈ V, so<br />
existiert ein θ ∈ R, so dass e iθ ˜α(v) = ˜α(e iθ v) ∈ R gilt. Es folgt<br />
ν=1<br />
| ˜α(v)| = |e iθ ˜α(v)| = | ˜α R (e iθ v)| ≤ p(e iθ v) = p(v). □<br />
9.3 Vollständigkeit<br />
Definition 9.3.1 Ein Netz (v i ) i∈I in einem topologischen Vektorraum V heisst<br />
Cauchy-Netz, falls es zu jeder Nullumgebung U ⊂ V einen Index i 0 ∈ I gibt so dass<br />
i, j ≥ i 0 ⇒ v i − v j ∈ U.<br />
Definition 9.3.2 Ein topologischer Vektorraum V heisst vollständig, falls jedes<br />
Cauchy-Netz konvergiert.<br />
Beispiel 9.3.3 Der Raum S der Schwartz-Funktionen auf R ist vollständig.<br />
Beweis: Sei ( f i ) i∈I ein Cauchy-Netz. Insbesondere ist ( f i ) ein Cauchy-Netz in der Norm<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣∣R f = sup | f (x)|.<br />
x∈R<br />
Da der Raum der beschränkten stetigen Funktionen vollständig ist, konvergiert das<br />
Netz gleichmässig gegen eine stetige Funktion f . Da für jedes k die Ableitungen f (k)<br />
i
FUNKTIONALANALYSIS 118<br />
ebenfalls ein Cauchy-Netz bilden, konvergieren alle Ableitungen. Da der<br />
Ableitungsoperator stetig ist, konvergieren die Ableitungen des Netzes gegen die<br />
Ableitungen von f . Es folgt nun leicht, dass f i → f in S gilt.<br />
□<br />
Beispiel 9.3.4 Der Raum C c (R) mit der induktiven Limestopologie (Beispiel 9.2.10) ist<br />
vollständig. Sei hierzu ( f i ) i∈I ein Cauchy-Netz. Das heisst, dass es zu jeder stetigen<br />
Funktion η : R → (0, 1) ein i 0 ∈ I gibt so dass f i − f j ∈ U η für alle i, j ≥ i 0 gilt. Sei C 0 (R)<br />
der Raum aller stetigen Funktionen f : R → C mit lim |x|→∞ f (x) = 0. Dieser Raum ist<br />
ein Banach-Raum mit der Supremumsnorm. Es folgt, dass ( f i ) ein Cauchy-Netz in<br />
C 0 (R) ist, also konvergiert das Netz gleichmässig gegen eine stetige Funktion f . Wir<br />
zeigen, dass f kompakten Träger hat. Angenommen, dies ist nicht der Fall. Dann gibt<br />
es eine stetige Funktion η : R → (0, 1), so dass es zu jedem m ∈ N ein n ≥ m und ein<br />
x n ∈ R mit n ≤ |x| ≤ n + 1 gibt so dass | f (x n )| = sup n≤|x|≤n+1<br />
| f (x)| ≥ 2η(x n ). Sei nun i 0 ∈ I<br />
so dass für alle i, j ≥ i 0 gilt f i − f j ∈ U η . Sei i ≥ i 0 . Dann ist für jedes n wie oben<br />
| f i (x n ) − f (x n )| = lim<br />
j<br />
| f i (x n ) − f j (x n )| ≤ η(x n ).<br />
Da aber | f (x n )| ≥ 2η(x n ), ist f i (x n ) 0, also hat f i keinen kompakten Träger.<br />
Widerspruch!<br />
Damit liegt f in C c (R). Sei nun η : R → (0, 1) eine stetige Funktion und sei i 0 ∈ I so dass<br />
f i − f j ∈ U η/2 für alle i, j ≥ i 0 gilt. Da f der punktweise Limes der f j ist, folgt f i − f ∈ U η .<br />
Da dies für jedes i ≥ i 0 gilt, folgt, dass das Netz f i in C c (R) gegen f konvergiert.
FUNKTIONALANALYSIS 119<br />
10 Vektorwertige Integrale<br />
10.1 Definition<br />
Das hier eingeführte vektorwertige Integral wird nach seinem Erfinder auch<br />
Bochner-Integral genannt. Sei (X, A , µ) ein Maßraum und sei V ein vollständiger<br />
lokalkonvexer topologischer Vektorraum. Für eine Funktion f : X → V mit Werten in<br />
V wollen wir ein Integral ∫ f dµ ∈ V definieren, so dass für jedes stetige lineare<br />
X<br />
Funktional α auf V die Formel<br />
(∫ ) ∫<br />
α f dµ = α( f ) dµ<br />
X<br />
X<br />
gilt, wobei α( f ) als α ◦ f zu lesen ist.<br />
Eine einfache Funktion ist eine Funktion s : X → V, die sich in der Form<br />
s =<br />
n∑<br />
1 Aj b j<br />
j=1<br />
schreiben lässt, wobei A 1 , . . . , A n paarweise disjunkte messbare Mengen endlichen<br />
Maßes sind, also µ(A j ) < ∞, und b j ∈ V. Wir definieren das Integral der einfachen<br />
Funktion s als<br />
∫<br />
X<br />
s dµ def<br />
=<br />
n∑<br />
µ(A j )b j ∈ V.<br />
j=1<br />
Beachte, dass p (∫ s dµ) ≤ ∫ p(s) dµ für jede stetige Halbnorm p gilt und dass für jede<br />
X X<br />
lineare Abbildung T : V → W für einen Banach-Raum W gilt T (∫ s dµ) = ∫ T(s) dµ,<br />
X X<br />
wobei T(s) als T ◦ s zu lesen ist.<br />
Wir versehen V mit der Borel-σ-Algebra. Eine messbare Funktion f : X → V heißt<br />
integrabel, falls es ein Netz s n einfacher Funktionen gibt, so dass<br />
lim<br />
n<br />
∫<br />
X<br />
p( f − s n ) dµ = 0<br />
für jede stetige Halbnorm p gilt. In diesem Fall nennen wir (s n ) ein approximierendes<br />
Netz.<br />
Lemma 10.1.1 (netzfreie Formulierung) Eine messbare Funktion f : X → V ist genau
FUNKTIONALANALYSIS 120<br />
dann integrabel, wenn es zu jeder stetige Halbnorm p eine einfache Funktion s p gibt, so dass<br />
∫<br />
X<br />
p( f − s p ) dµ < 1.<br />
Beweis: Gibt es ein approximierendes Netz, so ist die Bedingung aus dem Lemma<br />
offensichtlich. Sei nun umgekehrt die Bedingung erfüllt. Auf der menge aller stetigen<br />
Halbnormen gibt es eine natürliche partielle Ordnung Es ist p ≤ q äquivalent zu<br />
U p ⊃ U q . Da jede Nullumgebung eine konvexe ausgeglichene Umgebung enthält, ist<br />
die Menge aller stetigen Halbnormen gerichtet. Die einfachen Funktionen (s p ) p bilden<br />
also ein Netz und dieses Netz approximiert f . Dies folgt aus der Tatsache, dass für<br />
jede stetige Halbnorm p und jedes ε > 0 die Funktion 1 p wieder eine stetige Halbnorm<br />
ε<br />
ist und es gilt<br />
∫<br />
X<br />
p( f − s 1<br />
ε p ) dµ < ε. □<br />
Satz 10.1.2 (a) Ist f integrabel und ist (s n ) ein approximierendes Netz, dann konvergiert<br />
das Netz von Vektoren ∫ X s n dµ in V. Der Grenzwert dieses Netzes hängt nicht von<br />
der Wahl des approximierenden Netzes ab. Wir definieren das Integral von f als<br />
diesen Grenzwert:<br />
∫<br />
X<br />
f dµ def<br />
= lim n<br />
∫<br />
X<br />
s n dµ.<br />
(b) Für jede integrable Funktion f und jede stetige Halbnorm p gilt<br />
p<br />
(∫<br />
X<br />
) ∫<br />
f dµ ≤<br />
X<br />
p( f ) dµ < ∞.<br />
(c) Sei f integrabel. Für jeden stetigen linearen Operator T : V → W in einen<br />
lokalkonvexen Raum W gilt<br />
T<br />
(∫<br />
X<br />
) ∫<br />
f dµ =<br />
X<br />
T( f ) dµ.<br />
(d) Im Falle V = C stimmt das so definierte Bochner-Integral mit dem üblichen Integral<br />
überein.
FUNKTIONALANALYSIS 121<br />
Beweis: Es reicht zu zeigen, dass für jedes approximierende Netz (s n ) n∈N das Netz<br />
∫<br />
X s n dµ konvergiert, denn ist (t m ) m∈M ein weiteres approximierendes Netz, dann ist<br />
auch jedes Netz der Form (r n,m ) N×M mit r n,m ∈ {s n , t m } ein approximierendes Netz,<br />
wobei wir auf N × N die Produktordnung installieren.<br />
Da dann stets ∫ X r n,m dµ konvergiert, sind die Grenzwerte von ∫ X s n dµ und ∫ X t n dµ<br />
gleich.<br />
Um die Konvergenz zu zeigen, reicht es, zu zeigen, dass ∫ X s n dµ ein Cauchy-Netz ist.<br />
Für m, n ∈ N und eine stetige Halbnorm p beachte<br />
p<br />
(∫<br />
X<br />
∫<br />
s m dµ −<br />
X<br />
s n dµ<br />
)<br />
(∫ ) ∫<br />
= p s m − s n dµ ≤ p (s m − s n ) dµ<br />
X<br />
X<br />
∫<br />
∫<br />
≤ p(s m − f ) dµ + p( f − s n ) dµ,<br />
X<br />
wobei die rechte Seite gegen Null geht für m, n → ∞. Daher ist ∫ X s n dµ tatsächlich ein<br />
Cauchy-Netz. Hieraus folgt (a).<br />
Für (b) betrachte die Ungleichung ∣ ∣ ∣ p( f ) − p(sn ) ∣ ∣ ∣ ≤ p( f − sn ), welche impliziert, dass die<br />
C-wertige Funktion p( f ) integrabel ist und dass das Netz p(s n ) gegen p( f ) in L 1 (X)<br />
konvergiert. Es folgt<br />
p<br />
(∫<br />
X<br />
f dµ<br />
)<br />
= lim<br />
n<br />
p<br />
(∫<br />
X<br />
s n dµ<br />
)<br />
≤ lim<br />
n<br />
∫<br />
X<br />
X<br />
∫<br />
p(s n ) dµ =<br />
Schließlich zu Teil (c). Die Stetigkeit und Linearität von T impliziert<br />
T<br />
(∫<br />
X<br />
f dµ<br />
)<br />
= lim<br />
n<br />
∫<br />
X<br />
T(s n ) dµ.<br />
X<br />
p( f ) dµ.<br />
Wir wollen zeigen, dass T( f ) integrierbar ist und dass die rechte Seite gleich ∫ T( f ) dµ<br />
X<br />
ist. Da T stetig ist, gibt es zu jeder stetigen Halbnorm q auf W eine stetige Halbnorm p<br />
auf V so dass q(T(v)) ≤ p(v) für alle v ∈ V gilt. Wir können daher abschätzen:<br />
∫<br />
X<br />
q(T( f ) − T(s n )) dµ =<br />
∫<br />
X<br />
q(T( f − s n )) dµ ≤<br />
∫<br />
X<br />
p( f − s n ) dµ.<br />
Da die rechte Seite gegen Null geht, folgt die Behauptung. Teil (d) ist klar, da eine<br />
approximierende Folge in der L 1 -Topologie gegen f konvergiert und das Integral ein<br />
stetiges lineares Funktional auf L 1 ist.<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 122<br />
Definition 10.1.3 Ein topologischer Raum Y heißt separabel, falls Y eine abzählbare<br />
dichte Teilmenge enthält.<br />
Eine Abbildung f : X → Y in einen topologischen Raum Y heißt separable<br />
Abbildung, falls es eine abzählbare Menge C ⊂ Y gibt so dass f (X) ⊂ C gilt.<br />
Lemma 10.1.4 Jede Teilmenge eines separablen metrischen Raums ist separabel, also ist jede<br />
Abbildung in einen separablen metrischen Raum eine separable Abbildung.<br />
Beweis: Sei (X, d) ein separabler metrischer Raum und C ⊂ X eine abzählbare dichte<br />
Teilmenge. Sei A ⊂ X eine beliebige Teilmenge, die wir als überabzählbar<br />
voraussetzen können. Wir wollen zeigen, dass A selbst separabel ist. Sei B ⊂ A × n die<br />
Menge aller Paare (c, n) so dass B 1/n (c) ∩ A ∅. Zu jedem b = (c, n) ∈ B wählen wir<br />
einen Punkt a b ∈ A mit d(a b , c) < 1. Wir behaupten, dass die Menge aller a n b mit b ∈ B<br />
dicht in A liegt. Dazu sei a ∈ A und ε > 0. Sei n ∈ N mit 1 n<br />
c ∈ C mit d(a, c) < 1 n < ε/2, also ist b = (c, n) ∈ B, also d(a b, c) < 1 n<br />
< ε/2. Dann existiert ein<br />
< ε/2. Es folgt<br />
d(a, a b ) ≤ d(a, c) + d(c, a b ) < ε 2 + ε 2 = ε.<br />
□<br />
Beispiele 10.1.5 • Die Menge R der reellen Zahlen enthält die abzählbare dichte<br />
Teilmenge Q, ist also separabel.<br />
• Ist (V, d) ein metrischer Raum, so ist jede kompakte Teilmenge K ⊂ V separabel.<br />
Dies sieht man ein, indem man K durch offene Bälle vom Radius 1/n überdeckt,<br />
wobei n in N läuft. Die Mittelpunkte all dieser Bälle ist eine abzählbare dichte<br />
Teilmenge.<br />
• Ein Hilbert-Raum H ist genau dann separabel, wenn er eine abzählbare<br />
Orthonormalbasis (e i ) i∈N besitzt. In diesem Fall ist die Menge aller<br />
Q-Linearkombinationen der Basisvektoren e i eine abzählbare dichte Teilmenge.<br />
• Ist X ein topologischer Raum und (V, d) ein metrischer Raum, so ist jede stetige<br />
Funktion f : X → V mit kompaktem Träger separabel, denn sei K der Träger,<br />
dann ist f (X) = {0} ∪ f (K), also ist das Bild kompakt und damit separabel.<br />
Definition 10.1.6 Ist X ein Maßraum, so heißt eine Abbildung f : X → V in einen<br />
topologischen Raum V wesentlich separabel, falls es zu jeder stetigen Halbnorm p<br />
eine Nullmenge N p ⊂ X und eine abzählbare Menge C p ⊂ V gibt, so dass<br />
(p)<br />
f (X N p ) ⊂ C p , wobei der Abschluss der p-Abschluss ist.
FUNKTIONALANALYSIS 123<br />
Satz 10.1.7 Sei V ein vollständiger lokalkonvexer Raum. Für eine messbare Funktion<br />
f : X → V sind äquivalent:<br />
• f ist integrabel.<br />
• f ist wesentlich separabel und ∫ p( f ) dµ < ∞ für jede stetige Halbnorm p auf V.<br />
X<br />
Beweis: Ist f integrabel, dann ist nach Satz 10.1.2 (b) die Funktion p( f ) ebenfalls<br />
integrabel. Wir müssen zeigen, dass f wesentlich separabel ist. Sei p eine stetige<br />
Halbnorm. Für gegebenes n ∈ N gibt es eine einfache Funktion s n : X → V mit<br />
∫<br />
X p( f − s n) dµ < 1 n . Sei E p der p-Abschluss des Vektorraums aufgespannt von der<br />
Vereinigung aller Bilder der s n , n ∈ N. Dann ist E p der p-Abschluss einer abzählbaren<br />
Menge C p , z.B. man kann den Q(i)-Vektorraum nehmen, der von den Bildern aller s n<br />
aufgespannt wird. Für jedes n ∈ N ist die Menge<br />
N n =<br />
{<br />
x ∈ X : p( f (x), E p ) > 1 }<br />
n<br />
eine Nullmenge, wobei<br />
p(v, E p ) = inf{p(v − e) : e ∈ E p }.<br />
Das Komplement in X von f −1 (E p ) ist die Vereinigung aller N n , also eine Nullmenge,<br />
damit ist f wesentlich separabel.<br />
Für die umgekehrte Richtung nimm an, f ist wesentlich separabel und p( f ) integrabel<br />
für jedes stetige Halbnorm p. Wir konstruieren zu jeder stetigen Halbnorm p eine<br />
einfache Funktion s p mit ∫ X p( f − s p) dµ < 1. Dann ist f integrabel nach Lemma 10.1.1.<br />
Um s p zu konstruieren, sei C p = {c 1 , c 2 , . . . } die abzählbare Menge und sei N p ⊂ X die<br />
Nullmenge zu p. Schreibe X p = X N p . Für n ∈ N und δ > 0 sei A δ n die Menge aller<br />
x ∈ X p so dass p( f (x)) > δ und p( f (x) − c n ) < δ. Wir machen diese Folge paarweise<br />
disjunkt:<br />
⋃<br />
D δ n = A δ m A δ k .<br />
Die Menge ⋃ ⋃<br />
n A δ n = ·<br />
n D δ n ist gleich f −1 ( f (X p ) δU p ). Da p( f ) integrabel ist, hat die<br />
⋃<br />
Menge · D<br />
δ<br />
n endliches Maß. Sei s p,n = ∑ n<br />
c j . Dies ist eine einfache Funktion. Die<br />
k
FUNKTIONALANALYSIS 124<br />
nach dem Satz über dominierte Konvergenz ist<br />
∫<br />
p( f − s p,n ) dµ → 0.<br />
X<br />
Insbesondere existiert ein n 0 ∈ N, so dass für s p = s p,n0 gilt ∫ X p( f − s p) dµ < 1.<br />
□<br />
Korollar 10.1.8 Sei V ein vollständiger, lokalkonvexer topologischer Vektorraum. Sei X ein<br />
lokalkompakter Raum und µ ein Radon-Maß auf X. Dann ist jede stetige Funktion f : X → V<br />
mit kompaktem Träger integrabel.<br />
Beweis: Sei K ⊂ X der Träger von f . Dann ist das Bild von f gleich f (K) oder gleich<br />
f (K) ∪ {0}. In jedem Fall ist das Bild kompakt.<br />
Sei p eine stetige Halbnorm auf V und sei V p der normierte Raum V/{0}. Sei<br />
π : V → V p die Projektion. Dann ist die induzierte Funktion f p : X → V p stetig und hat<br />
kompaktes Bild, ist<br />
(<br />
also separabel. Sei C p ⊂ V abzählbar, so dass<br />
π( f (X)) ⊂ π(C) = π C (p)) . Es folgt f (X) ⊂ C (p) , so dass f wesentlich separabel ist.<br />
Die C-wertige Funktion p( f ) ist ebenfalls stetig und hat kompakten Träger, ist also<br />
integrabel. Damit folgt die Behauptung aus Satz 10.1.7.<br />
□<br />
10.2 Faltung<br />
Satz 10.2.1 Seien f, g ∈ L 1 (R n ). Dann existiert das Integral<br />
∫<br />
f ∗ g(x) =<br />
R n<br />
f (y)g(x − y)dy<br />
fast überall in x ∈ R n und definiert eine Funktion f ∗ g ∈ L 1 (R n ) mit<br />
Für f, g, h ∈ L 1 (R n ) gilt:<br />
∣ ∣ ∣ ∣ f ∗ g<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣1<br />
≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣1<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣g<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣1<br />
.<br />
f ∗ g = g ∗ f, f ∗ (g ∗ h) = ( f ∗ g) ∗ h, und f ∗ (g + h) = f ∗ g + f ∗ h.<br />
Man nennt f ∗ g das Faltungsprodukt von f und g.
FUNKTIONALANALYSIS 125<br />
Beweis: Wir rechnen zunächst formal<br />
∣ ∣ ∣ ∣∣ ∣<br />
∣∣1<br />
∣∣∣∣<br />
∫<br />
∫<br />
f ∗ g = f (y)g(x − y) dy<br />
∣<br />
∫R dx ≤ n<br />
R<br />
∫ ∫R n<br />
n<br />
∫<br />
R<br />
∫R n ∫<br />
n<br />
R n | f (y)g(x − y)| dy dx<br />
= | f (y)g(x − y)| dx dy = | f (y)g(x)| dx dy<br />
R n R<br />
∫ ∫<br />
n<br />
= | f (y)| dy |g(x)| dx = ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣1<br />
∣ ∣∣ ∣∣g<br />
∣ ∣∣ ∣∣1 f .<br />
R n R n<br />
Da die letzte Zeile existiert, existiert die davor und schliesslich folgt die Behauptung<br />
aus dem Satz von Fubini. Die behaupteten Identitäten rechnet man leicht nach.<br />
Wir zeigen nun, dass das Faltungsintegral als Bochner-Integral in L 1 (R n ) existiert.<br />
Für x ∈ R n und f : R n → C sei L x f (y) = f (y − x).<br />
Lemma 10.2.2 Sei 1 ≤ p < ∞.<br />
(a) Der Raum C c (R n ) liegt dicht in L p (R n ).<br />
(b) Sei g ∈ L p (R n ). Die Abbildung x ↦→ L x g ist eine stetige Abbildung von R n nach L p (R n ).<br />
Beweis: (a) Sei f ∈ L p (R n ). Wir wollen zeigen, dass f ein L p -Limes von Funktionen aus<br />
C c (R n ) ist. Indem wir f in Real- und Imaginärteil und dann weiter in Positiv- und<br />
Negativteil zerlegen, sehen wir, dass es ausreicht, f ≥ 0 anzunehmen. Dann ist f ein<br />
punktweiser Limes einer monoton wachsenden Folge von Lebesgueschen<br />
Treppenfunktionen. Es reicht als aus, f selbst als Treppenfunktion anzunehmen, bzw<br />
wegen Linearität kann man gleich f = 1 A voraussetzen, wobei A endliches Maß hat.<br />
Wegen der äusseren Regularität des Lebesgue-Maßes, gibt es eine Folge U n offener<br />
Mengen mit U n ⊃ U n+1 ⊃ A so dass µ(U n ) → µ(A), d.h., ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣1A<br />
− 1 Un<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣p<br />
→ 0. Wir können<br />
also annehmen, dass A selbst offen ist. Wegen der inneren Regularität existiert eine<br />
Folge kompakter Mengen K n ⊂ K n+1 ⊂ A so dass ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣1A<br />
− 1 Kn<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣p<br />
→ 0. Nach dem Lemma<br />
von Urysohn gibt es zu jedem n ∈ N eine Funktion ϕ n ∈ C c (R n ) mit 1 Kn ≤ ϕ n ≤ 1 A .<br />
Dann folgt ϕ n → 1 A in der L p -Norm.<br />
(b) Wir zeigen, dass es zu jedem ε > 0 eine Nullumgebung U in R n gibt, so dass<br />
□<br />
y ∈ U ⇒ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣Ly<br />
g − g ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣p<br />
< ε.<br />
Hierzu nehmen wir zunächst an, dass g ∈ C c (R n ) ist. Wähle ε > 0 und sei K der Träger<br />
von g. Der Träger von L y g ist dann y + K. Sei U 0 eine kompakte Nullumgebung in R n .<br />
Für y ∈ U 0 gilt supp L y g ⊂ U 0 + K.
FUNKTIONALANALYSIS 126<br />
Sei δ > 0. Da g gleichmässig stetig ist, gibt es eine Nullumgebung U ⊂ U 0 so dass für<br />
y ∈ U die Supremumsnorm ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣Ly<br />
g − g ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣G<br />
kleiner als δ ist. Insbesondere hat man für<br />
y ∈ U:<br />
∣ ∣ ∣Ly g − g ∣ (∫<br />
) 1<br />
p<br />
∣<br />
∣∣p<br />
= |g(x − y) − g(x)| p dx < δ vol(U 0 + K)<br />
p 1 .<br />
R n<br />
Setzt man δ gleich ε/vol(U 0 + K) 1/p , so erhält man die Behauptung für g ∈ C c (R n ).<br />
Für ein beliebiges g ∈ L p (R n ), wähle f ∈ C c (R n ) so dass ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f − g<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣p<br />
< ε/3. Wähle eine<br />
Nullumgebung U mit ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f − Ly f ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣p<br />
< ε/3 für jedes y ∈ U. Für y ∈ U hat man dann<br />
∣ ∣ ∣ ∣g − Ly g ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣p<br />
≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣g − f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣p<br />
+ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f − Ly f ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣p<br />
+ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣Ly<br />
f − L y g ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣p<br />
< ε 3 + ε 3 + ε 3 = ε.<br />
Hierbei wurde die Invarianz des Lebesgue-Maßes in der Gleichheit<br />
∣ ∣ ∣Ly f − L y g ∣ ∣ ∣∣p<br />
= ∣ ∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣ ∣∣p f − g benutzt.<br />
□<br />
Proposition 10.2.3 Sind f, g ∈ L 1 (R n ), so ist die Funktion φ : R n → L 1 (R n ); x ↦→ (L x f )g<br />
Bochner-integrabel und es gilt ∫ R n φ = f ∗ g.<br />
Beweis: Die Funktion ist stetig, also separabel und messbar und es gilt<br />
∫<br />
∣ ∣∣ ∣∣φ(x)<br />
∣ ∣∣ ∣∣1<br />
dx =<br />
R n<br />
∫R n ∫<br />
R n | f (y − x)g(y)| dy dx ≤ ∣ ∣ ∣<br />
∣ ∣∣ f<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣1<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣g<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣1<br />
< ∞.<br />
□<br />
10.3 Cauchy-Integralformel<br />
Als Anwendung des Bochner-Integrals beweisen wir die Cauchy-Integralformel für<br />
Banach-Raum-wertige Funktionen. Sei D ⊂ C eine offene Teilmenge und sei f : D → V<br />
eine holomorphe Funktion. Ferner sei γ : [0, 1] → D ein Weg, also eine stetige<br />
Abbildung, die stückweise stetig differenzierbar ist. Das Wegintegral über γ ist dann<br />
definiert als<br />
∫<br />
γ<br />
f (z) dz def<br />
=<br />
∫<br />
γ ′ (t) f (γ(t)) dt.<br />
[0,1]<br />
(Bochner-Integral)<br />
Sei a ∈ D, und sei B = B r (a) eine Kreisscheibe, deren Abschluss in der Menge D<br />
enthalten ist. Wir schreiben ∫ f (z) dz für das Integral über den positiv orientierten<br />
∂B
FUNKTIONALANALYSIS 127<br />
Rand von B, also ∫ f (z) dz = ∫ ∂B γ<br />
gegeben ist.<br />
f (z) dz, wobei γ : [0, 1] → D durch γ(t) = a + re2πit<br />
Satz 10.3.1 (Cauchy-Integralformel)<br />
Sei D ⊂ C eine offenen Menge und f : D → V eine holomorphe Funktion mit Werten im<br />
Banach-Raum V.<br />
Sei B ⊂ C eine offene Kreisscheibe, deren Abschluss in D enthalten ist. Für jedes z ∈ B gilt<br />
f (z) = 1 ∫<br />
f (ξ)<br />
2πi ∂B ξ − z dξ.<br />
Beweis: Sei α : V → C ein stetiges lineares Funktional. Dann gilt<br />
α<br />
( ∫ )<br />
1 f (ξ)<br />
2πi ∂B ξ − z dξ = 1 ∫<br />
α( f (ξ))<br />
dξ = α( f (z)),<br />
2πi ∂B ξ − z<br />
wobei wir Cauchys Integralformel für C-wertige Funktionen verwendet haben. Also<br />
stimmen die beiden Seiten der behaupteten Gleichheit überein, wenn man ein<br />
beliebiges stetiges lineares Funktional anwendet. Da nach dem Hahn-Banach-Satz die<br />
stetigen linearen Funktionale die Punkte von V trennen, folgt die behauptete<br />
Gleichheit.<br />
□<br />
Korollar 10.3.2 In der Situation des Satzes sei B eine offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt a,<br />
deren Abschluss in D enthalten ist. Dann gibt es Vektoren v n ∈ V so dass<br />
f (z) =<br />
∞∑<br />
(z − a) n v n<br />
n=0<br />
für jedes z ∈ B gilt, wobei die Summe kompakt-gleichmässig auf B konvergiert.<br />
Beweis: Es reicht, a = 0 anzunehmen. Ist z ∈ B und ξ ∈ ∂B, dann gilt |z/ξ| < 1, also<br />
konvergiert die geometrische Reihe<br />
∞∑<br />
(z/ξ) n =<br />
n=0<br />
1<br />
1 − z/ξ
FUNKTIONALANALYSIS 128<br />
gleichmässig für (z, ξ) in einer gegebenen abgeschlossenen Teilmenge von B × ∂B. Wir<br />
wenden Cauchys Formel an und erhalten<br />
f (z) =<br />
=<br />
=<br />
=<br />
∫<br />
1 f (ξ)<br />
2πi ∂B ξ − z dξ<br />
∫<br />
1 1 f (ξ)<br />
2πi ∂B ξ 1 − z/ξ dξ<br />
∫<br />
1 f (ξ)<br />
∞∑<br />
(z/ξ) n dξ<br />
2πi ∂B ξ<br />
n=0<br />
1<br />
∞∑ ∫<br />
f (ξ)<br />
z n dξ.<br />
2πi ξn+1 n=0<br />
∂B<br />
Die Vertauschung von Summation und Integration ist wegen gleichmässiger<br />
∫<br />
Konvergenz gerechtfertigt. Mit v n = 1 f (ξ)<br />
dξ folgt die Behauptung.<br />
2πi ξ n+1<br />
∂B<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 129<br />
11 Distributionen<br />
11.1 Definition der Distributionen<br />
Sei C ∞ (R n ) der Vektorraum der unendlich oft differenzierbaren Funktionen auf R n . Ist<br />
α ∈ N n ein Multi-Index, so schreiben wir<br />
0<br />
∂ α f (x) = ∂α 1<br />
∂x α 1<br />
1<br />
· · ·<br />
∂ α n<br />
∂x α f (x),<br />
n<br />
n<br />
sowie<br />
x α = x α 1<br />
1 · · · xα n<br />
n .<br />
Weiter schreiben wir |x| für die euklidische Norm, also<br />
Für x, y ∈ R n schreiben wir ferner<br />
|x| =<br />
√<br />
x 2 1 + · · · + x2 n.<br />
x · y = x 1 y 1 + · · · + x n y n .<br />
Wir versehen C ∞ (R n ) mit der Topologie erzeugt durch die Halbnormen<br />
σ K,α ( f ) = sup |∂ α f (x)|,<br />
x∈K<br />
wobei K ⊂ R kompakt ist und α ∈ N n 0 . damit ist C∞ (R n ) ein topologischer Vektorraum.<br />
Sei C ∞ c (R n ) der Unterraum aller Funktion mit kompakten Trägern. Es ist nicht a priori<br />
klar, dass dies nicht der Nullraum ist. Wir betrachten zunächst den Fall n = 1,<br />
konstruieren also Funktionen in C ∞ c (R n ). Sei<br />
Diese Funktion liegt in der Tat in C ∞ c (R n ).<br />
⎧<br />
0, x ≤ 0,<br />
⎪⎨<br />
f (x) = e − x 1 e<br />
− 1−x 1<br />
, 0 < x < 1,<br />
⎪⎩ 0, x ≥ 1.<br />
Da wir nun eine nichtverschwindende Funktion f in C ∞ c (R n ) haben, können wir nun<br />
Linearkombinationen von Funktionen der Form h(x) f (ax + b), a 0, h ∈ C ∞ (R),
FUNKTIONALANALYSIS 130<br />
nehmen und wir sehen, dass der Raum C ∞ c (R n ) in der Tat ein sehr grosser Raum ist.<br />
Für beliebiges n können wir h 1 , . . . , h n ∈ C ∞ c (R n ) wählen, dann ist<br />
h(x) = h 1 (x 1 ) · · · h n (x n )<br />
ein Element von C ∞ c (R n ).<br />
Wir könnten C ∞ c (R n ) die Teilraumtopologie von C ∞ (R n ) geben. Die ist für unsere<br />
Zwecke aber nicht geeignet, denn wir wollen zB dass das Integral<br />
I : C ∞ c (R n ) → C<br />
∫<br />
f ↦→ f (x) dx (Lebesgue-Maß)<br />
R n<br />
eine stetige Linearform wird. In der Teilraumtopologie von C ∞ (R n ) ist es das aber<br />
nicht, sei zB f ∈ C ∞ c (R n ) mit ∫ R n<br />
C ∞ (R), aber<br />
I( f j ) = 1 j<br />
f (x) dx 0. Die Folge f j (x) = 1 f (x/j) geht gegen Null in<br />
j<br />
∫<br />
R<br />
f (x/j) dx = j n−1 ∫<br />
R<br />
f (x) dx<br />
geht nicht gegen Null. Wir wissen, dass das Integral mit Limiten vertauscht, wenn die<br />
Träger einer Funktionenfolge alle in einem festen Kompaktum bleiben. Also müssen<br />
wir C ∞ c (R n ) mit einer Topologie versehen, die dies berücksichtigt.<br />
Für N ∈ N sei C ∞ N (Rn ) die Menge aller f ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger im abgeschlossenen Ball<br />
B N (0). Wir versehen C ∞ N (Rn ) mit der Teilraumtopologie von C ∞ (R n ), also der Topologie<br />
induziert durch die Halbnormen<br />
σ α ( f ) = sup |∂ α f (x)|, α ∈ N n 0 .<br />
x∈B N (0)<br />
Es gilt dann<br />
C ∞ c (R n ) =<br />
⋃<br />
C ∞ N (Rn ).<br />
N∈N<br />
Wir versehen C ∞ c (R n ) nun mit der sogenannten induktiven Limes-Topologie, das ist<br />
die Finaltopologie der Abbildungen C ∞ N (Rn ) → C ∞ c (R n ). Es gilt dann, dass eine<br />
Abbildung ψ : C ∞ c (R n ) → Y in irgendeinen topologischen Raum Y genau dann stetig<br />
ist, wenn die Einschränkung ψ| C ∞<br />
N (Rn ) für jedes N ∈ N stetig ist.<br />
Lemma 11.1.1 (a) Eine Folge (g j ) in C ∞ c (R n ) konvergiert genau dann gegen g ∈ C ∞ c (R n ).<br />
wenn es ein N ∈ N gibt, so dass alle g j in C ∞ N (Rn ) liegen und jede Ableitung ∂ α g j
FUNKTIONALANALYSIS 131<br />
gleichmässig gegen die entsprechende Ableitung ∂ α g konvergiert.<br />
(b) Eine Abbildung ψ : C ∞ c (R n ) → X in einen metrischen Raum X ist genau dann stetig,<br />
wenn für jede in C ∞ c (R n ) konvergente Folge Folge g j → g gilt<br />
lim<br />
j<br />
ψ(g j ) = ψ(g).<br />
Beweis: (a) Eine Teilmenge U von C ∞ c (R n ) ist genau dann offen, wenn für jedes N ∈ N<br />
die Menge U ∩ C ∞ N (Rn ) in C ∞ N (Rn ) offen ist. Für eine stetige Funktion η : R n → (0, 1) sei<br />
U η die Menge aller f ∈ C ∞ c (R n ) mit | f | < η. Dann ist U η eine offene Nullumgebung in<br />
C ∞ c (R n ), siehe Beispiel 9.2.10. Sei g j → g in C ∞ c (R n ) konvergent. Ohne Einschränkung<br />
kann g = 0 angenommen werden. Es ist zu zeigen, dass die Träger der g j beschränkt<br />
sind. Angenommen, dies ist nicht der Fall. Dann existiert zu jedem Kompaktum<br />
K ⊂ R n ein j so dass supp(g j ) keine Teilmenge von K ist. Sukzessive basteln wir eine<br />
Teilfolge g jk und eine Folge von Kompakta K k ⊂ K k+1 so dass supp(g jk ) ⊂ K k aber<br />
supp(g jk+1 ) liegt nicht in K k . Es existiert daher eine stetige Funktion η > 0 so dass kein<br />
|g j | überall < η ist. Also gilt g j U η für alle j, was der Tatsache g j → 0 widerspricht.<br />
Damit folgt (a).<br />
Nun zu (b). Da die Topologie von C ∞ c (R n ) eine Finaltopologie ist, ist ψ genau dann<br />
stetig, wenn jede Einschränkung Ψ N = Ψ| C ∞<br />
N (Rn ) stetig ist. Wir müssen also zeigen, dass<br />
ψ N bereits stetig ist, wenn es folgenstetig ist, d.h., wenn es konvergente Folgen in<br />
konvergente Folgen überführt. Dies ist eine Konsequenz aus der Tatsache, dass die<br />
Topologie von C ∞ N (Rn ) durch abzählbar viele Halbnormen erzeugt wird. Für j ∈ N sei<br />
U j = { f ∈ C ∞ N (Rn ) : σ 0 ( f ), . . . , σ n ( f ) < 1 j }.<br />
Dann ist die Familie (U j ) eine offene Nullumgebungsbasis in C ∞ N (Rn ). Sei ψ N<br />
folgenstetig und sei (g µ ) µ∈I ein Netz, das gegen ein g ∈ C ∞ N (Rn ) konvergiert. Für j ∈ N<br />
existiert dann ein µ j ∈ I so dass<br />
µ ≥ µ j ⇒ g µ ∈ g + U j .<br />
Angenommen, das Netz ψ N (g µ ) konvergiert nicht gegen ψ(g). Dann gibt es ein ε > 0<br />
und zu jedem j ∈ N ein β j ∈ I so dass β j ≥ µ j und d(ψ N (g βj ), ψ N (g)) > ε. Wegen β j ≥ µ j<br />
ist g βj ∈ U j , das heisst die Folge (g βj ) j konvergiert gegen g und damit konvergiert<br />
ψ N (g βj ) gegen ψ N (g), Widerspruch!<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 132<br />
Definition 11.1.2 Eine Distribution auf R n ist eine stetige lineare Abbildung<br />
T : C ∞ c (R n ) → C.<br />
Beispiele 11.1.3<br />
• Die Delta-Distribution<br />
δ( f )<br />
def<br />
= f (0),<br />
die auch Dirac-Distribution genannt wird.<br />
• Das Integral<br />
I( f )<br />
def<br />
=<br />
∫<br />
R n<br />
f (x) dx.<br />
• Eine Funktion φ auf R n heisst lokal integrierbar, falls jede Punkt x ∈ R n eine<br />
Umgebung U besitzt, auf der φ integrierbar ist. Dies ist äquivalent dazu, dass φ<br />
auf jedem Kompaktum integrierbar ist. Jede lokal integrierbare Funktion φ<br />
definiert eine Distribution I φ durch<br />
I φ ( f )<br />
def<br />
=<br />
∫<br />
R n<br />
f (x) φ(x) dx.<br />
Der komplexe Vektorraum der Distributionen wird mit C ∞ c (R n ) ′ bezeichnet. Eine<br />
Distribution T ist im allgemeinen keine Funktion, also macht es keinen Sinn, T(x) zu<br />
schreiben, es ist aber dennoch suggestiv zu schreiben<br />
∫<br />
T( f ) = T(x) f (x) dx.<br />
R n<br />
Zum Beispiel, ist T eine Distribution, so ist die Distribution T(x − a), a ∈ R n , definiert<br />
durch<br />
∫<br />
R n T(x − a) f (x) dx def<br />
=<br />
∫<br />
R n T(x) f (x + a) dx.<br />
Also T(x − a) angewendet auf f ist dasselbe wie T angewendet auf x ↦→ f (x + a). So ist<br />
also<br />
∫<br />
∫<br />
δ(x − a) f (x) dx = δ(x) f (x + a) dx = f (a).<br />
R n R n<br />
Proposition 11.1.4 Sei L 1 lok (Rn ) der Raum der lokal-integrierbaren Funktionen modulo
FUNKTIONALANALYSIS 133<br />
Nullfunktionen. Für jedes 1 ≤ p ≤ ∞ gilt<br />
L p (R n ) ⊂ L 1 lok (Rn )<br />
und die Abbildung L 1 lok (Rn ) → C ∞ c (R n ) ′ die φ auf I φ abbildet, ist injektiv.<br />
Insbesondere kann also jeder L p -Raum als Teilraum des Distributionenraums aufgefasst<br />
werden.<br />
Beweis: Sei φ ∈ L p (R n ) bzw. in L p (R n ) und sei zunächst p < ∞. Sei A ⊂ R n die Menge<br />
aller x ∈ R n mit |φ(x)| ≤ 1, sowie B = R n A. Für jedes Kompaktum K ist<br />
∫<br />
A∩K |φ(x)| dx < ∞ und ∫ B∩K |φ(x)| dx ≤ ∫ B∩K |φ(x)|p dx < ∞, also ist φ lokal integrierbar.<br />
Der Fall p = ∞ ist ohnehin klar.<br />
Sei nun φ ∈ L 1 lok (R) mit I φ = 0. Sei K ⊂ R n ein Kompaktum und f j eine Folge in C ∞ c (R n )<br />
mit f j ≥ f j+1 ≥ 1 K , die punktweise gegen 1 K konvergiert. Es folgt<br />
∫<br />
K<br />
φ(x) dx = lim<br />
j<br />
∫<br />
R<br />
f j (x)φ(x) dx = 0.<br />
Also enthält das System A aller Lebesgue-messbaren A ⊂ R n für die gilt ∫ φ(x) dx = 0<br />
A<br />
alle kompakten Teilmengen. Das Mengensystem A ist eine σ-Algebra. Da die<br />
kompakten Teilmengen und die Teilmengen von Nullmengen die Lebesgue-σ-Algebra<br />
erzeugen, ist A gleich der Lebesgue-σ-Algebra. Sei nun A ⊂ R n die Teilmenge aller x<br />
mit Re φ(x) > 0. Dann ist 0 = Re ∫ φ(x) dx = ∫ Re φ(x) dx. Dasselbe gilt für die Menge<br />
A A<br />
aller x mit Re φ(x) < 0. Es folgt, dass Re φ eine Nullfunktion ist. Analog für Im φ. □<br />
11.2 Träger einer Distribution<br />
Sei T eine Distribution. Für x ∈ R n sagen wir T(x) = 0, falls es eine Umgebung U von x<br />
gibt mit T(C ∞ c (U)) = 0. Der Träger der Distribution T, geschrieben supp(T), ist die<br />
Menge aller x ∈ R mit T(x) 0.<br />
Beispiel 11.2.1 Sei φ eine stetige Funktion auf R. Dann gilt<br />
supp(I φ ) = supp(φ) = {x ∈ R : φ(x) 0}.<br />
Sei C ∞ (R n ) ′ die Menge der stetigen linearen Abbildungen L : C ∞ (R n ) → C.
FUNKTIONALANALYSIS 134<br />
Satz 11.2.2 Ist S ∈ C ∞ (R n ) ′ , so ist die Einschränkung auf C ∞ c (R n ) eine Distribution mit<br />
kompaktem Träger. Die Einschränkung definiert eine lineare Bijektion<br />
Also kann man sagen:<br />
res : C ∞ (R n ) ′<br />
<br />
−→ {T ∈ C ∞ c (R n ) ′ : supp(T) ist kompakt}.<br />
C ∞ (R n ) ′<br />
ist der Raum der Distributionen mit kompaktem Träger.<br />
Beweis: Sei S eine stetige Linearform auf C ∞ (R n ). Durch Einschränkung auf<br />
C ∞ c (R n ) ⊂ C ∞ (R n ) definiert S eine lineare Abbildung, die mit Lemma 11.1.1 als stetig<br />
erkannt wird. Wir wollen zeigen, dass diese Distribution kompakten Träger hat.<br />
Angenommen, S habe keinen kompakten Träger, d.h., wir nehmen an, dass es zu<br />
jedem Kompaktum K ⊂ R ein f ∈ C ∞ c (R n ) gibt mit Träger in R K so dass S( f ) 0, also<br />
indem man f mit einem Skalar multipliziert, S( f ) = 1. Wir definieren nun induktiv<br />
eine Folge von Funktionen. Sei f 1 ∈ C ∞ c (R n ) eine beliebige Funktion mit S( f 1 ) = 1. Sei f j<br />
bereits konstruiert und sei f j+1 ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger ausserhalb der 1-Umgebung von<br />
supp f 1 ∪ supp f 2 ∪ · · · ∪ supp f j<br />
und S( f j+1 ) = 1. Sei h j = f 1 + · · · + f j . Da die Träger der f j paarweise Abstand ≥ 1<br />
voneinander haben, konvergiert die Folge h j lokal gleichmässig gegen eine Funktion<br />
h = ∑ ∞<br />
j=1 f j . Andererseits ist aber S(h j ) = S( f 1 ) + · · · + S( f j ) = j und diese Folge<br />
konvergiert nicht, was der Stetigkeit von S widerspricht! Damit ist die Annahme<br />
falsch, S hat also kompakten Träger.<br />
Injektivität von res: Sei S im kern der Restriktionsabbildung, also S( f ) = 0 falls f<br />
kompakten Träger hat. Sei nun h ∈ C ∞ (R n ) und für jedes j ∈ N sei χ j ∈ C ∞ c (R n ) so dass<br />
⎧<br />
⎪⎨ 1 falls |x| ≤ j,<br />
χ j (x) =<br />
⎪⎩ 0 falls |x| ≥ j + 1.<br />
Dann konvergiert die Folge h j = χ j h in C ∞ (R n ) gegen h. Daher ist S(h) = lim j S(h j ) = 0.<br />
Also ist S = 0 und res injektiv.
FUNKTIONALANALYSIS 135<br />
Surjektivität: Sei T eine Distribution mit kompaktem Träger. Sei χ ∈ C ∞ c (R n ) so dass<br />
χ ≡ 1 in einer Umgebung von supp T. Für f ∈ C ∞ (R n ) definieren wir ˜T( f ) = T(χ f ).<br />
Dann gilt<br />
(i) ˜T( f ) = T( f ) falls f kompakten Träger hat,<br />
(ii) ˜T liegt in C ∞ (R n ) ′ und hängt nicht von der Wahl von χ ab.<br />
Zum Beweis habe die Funktion f kompakten Träger, dann gilt<br />
˜T( f ) − T( f ) = T((χ − 1) f ) = 0,<br />
da (χ − 1) f Träger ausserhalb von supp T hat. Für die zweite Aussage sei χ ′ eine<br />
weitere Wahl, dann ist<br />
T(χ f ) − T(χ ′ f ) = T((χ − χ ′ ) f ) = 0,<br />
da (χ − χ ′ ) Träger ausserhalb von supp T hat. Die Stetigkeit von ˜T ist klar, denn<br />
konvergiert eine Folge f j in C ∞ (R) gegen f ∈ C ∞ (R), dann konvergiert χ f j in C ∞ c (R n )<br />
gegen χ f .<br />
□<br />
Definition 11.2.3 Für N ∈ N und φ ∈ C ∞ c (R n ) sei<br />
∣ ∣ ∣ ∣φ<br />
∣ ∣∣<br />
∣ ∣∣N<br />
= sup { |∂ α φ(x)| : |α| ≤ N, x ∈ R n} .<br />
Satz 11.2.4 Für eine lineare Abbildung T : C ∞ c (R n ) → C sind äquivalent:<br />
(a) Sei T eine Distribution.<br />
(b) Zu jedem Kompaktum K ⊂ R n gibt es ein N ∈ N und eine Konstante C > 0 so dass<br />
für jedes φ ∈ C ∞ c (R n ) mit Träger in K gilt<br />
|T(φ)| ≤ C ∣ ∣ ∣∣φ<br />
∣ ∣∣ ∣∣N<br />
.<br />
Beweis: Für ein Kompaktum K ⊂ R n sei C ∞ K<br />
die Menge aller glatten Funktionen auf Rn<br />
mit Träger in K. Ein lineares T ist genau dann eine Distribution, wenn für jedes K die
FUNKTIONALANALYSIS 136<br />
Abbildung<br />
C ∞ K ↩→ C∞ c (R n )<br />
T<br />
−→ C<br />
stetig ist. Die Topologie auf C ∞ K wird aber gerade von der Halbnormen ||.|| N erzeugt. □<br />
Falls es ein N gibt, dass die obige Abschätzung (mit verschiedenen C) für alle K<br />
erfüllt, so sagen wir, T hat endliche Ordnung. Das kleinste solche N heißt Ordnung<br />
der Distribution T. Andernfalls hat T unendliche Ordnung.<br />
Beachte, dass jede Distribution mit kompaktem Träger endliche Ordnung hat.<br />
11.3 Die Ableitung einer Distribution<br />
Sei φ eine glatte Funktion auf R n und sei α ∈ N n ein Multi-Index. Durch partielle<br />
0<br />
Integration sieht man, dass für g ∈ C ∞ c (R n ) gilt<br />
∫<br />
I ∂ α φ(g) = ∂<br />
∫R α φ(x)g(x) dx = (−1) |α| φ(x)∂ α g(x) dx = (−1) |α| I φ (∂ α g),<br />
n R n<br />
wobei<br />
|α| = α 1 + · · · + α n .<br />
Dies motiviert die definition der Ableitung einer Distribution wie folgt. Sei T eine<br />
Distribution und α ∈ N n 0 . Wir definieren die Ableitung ∂α T ∈ C ∞ c (R n ) ′ durch<br />
∂ α T(g)<br />
def<br />
= (−1)|α| T(∂ α g).<br />
Beispiele 11.3.1 • Ist die Funktion φ glatt, so gilt ∂ α I φ = I ∂ α φ.<br />
• Sei n = 1 und φ die Indikatorfunktion des Intervalls [0, 1]. Für g ∈ C ∞ c (R) folgt<br />
∫ 1<br />
I ′ φ (g) = −T φ(g ′ ) = − g ′ (x) dx = g(0) − g(1),<br />
0<br />
wir können also schreiben I ′ (x) = δ(x) − δ(x − 1).<br />
φ
FUNKTIONALANALYSIS 137<br />
11.4 Temperierte Distributionen<br />
Sei S = S(R n ) der Raum der Schwartz-Funktionen auf R n , also der Raum aller<br />
f ∈ C ∞ (R n ) so dass σ α,β ( f ) < ∞ für alle α, β ∈ N n gilt, wobei<br />
0<br />
σ α,β ( f ) = sup<br />
x∈R n |x α ∂ β f (x)|.<br />
Wir sagen dass eine Folge ( f j ) j∈N in S gegen ein f ∈ S konvergiert, falls für je zwei<br />
gegebene α, β ∈ N n 0 die Folge σ α,β( f j − f ) für j → ∞ gegen Null geht.<br />
Lemma 11.4.1 Der Raum S ist ein Unterraum von L 2 (R n ). Die Inklusionsabbildung<br />
S ↩→ L 2 (R n ) ist stetig, d.h. konvergiert die Folge ( f j ) in S gegen f , dann gilt<br />
∣ ∣∣ ∣∣<br />
lim j fj − f ∣ ∣ ∣∣<br />
= 0.<br />
2<br />
Beweis: Es gelte f j → f in S. Insbesondere geht dann sup x∈R<br />
| f j (x) − f (x)|(1 + |x| n )<br />
gegen Null. Sei C = ∫ R n 1<br />
(1+|x| n ) 2 dx und ε > 0. Es gilt dann C < ∞ und es gibt j 0 ∈ N so<br />
dass für alle j ≥ j 0 gilt<br />
Sei j ≥ j 0 . Dann gilt | f j (x) − f (x)| <<br />
sup | f j (x) − f (x)|(1 + |x| n ) < √ ε/C.<br />
x∈R<br />
√<br />
ε/C<br />
1+|x| n<br />
für jedes x ∈ R n . Damit<br />
∣ ∣ fj − f ∣ ∫<br />
∫<br />
∣<br />
∣∣ 2<br />
= | f j (x) − f (x)| 2 dx <<br />
2<br />
R n<br />
Eine temperierte Distribution ist eine lineare Abbildung<br />
R n<br />
ε/C<br />
dx = ε. □<br />
(1 + |x| n )<br />
2<br />
T : S → C<br />
so dass<br />
lim T( f k) = T( f )<br />
k→∞<br />
für jede gegen f konvergente Folge ( f k ) in S gilt. Es ist leicht zu sehen, dass jede in<br />
C ∞ c (R n ) konvergente Folge g j → g ebenfalls in S gegen g konvergiert, so dass jede<br />
temperierte Distribution T durch Einschränkung auf C ∞ c (R n ) auch eine Distribution<br />
definiert. Wir schreiben S ′ für den Raum aller Distributionen.
FUNKTIONALANALYSIS 138<br />
Proposition 11.4.2 Die Menge der Testfunktionen C ∞ c (R n ) ist dicht in S. Also ist die<br />
Restriktionsabbildung<br />
S ′ → C ∞ c (R n ) ′ ,<br />
T ↦→ T| C ∞ c (R n ),<br />
injektiv. Wir können also den Raum der temperierten Distributionen als einen Teilraum des<br />
Raums der Distributionen auffassen. Die Inklusionskette C ∞ c (R n ) ⊂ S ⊂ C ∞ (R n ) dualisiert<br />
sich damit zu<br />
C ∞ (R n ) ′ ⊂ S ′ ⊂ C ∞ c (R n ) ′ .<br />
Beweis: Sei η : R n → [0, 1] eine glatte Funktion mit η(x) = 1 für x ≤ 0 und η(x) = 0 für<br />
x ≥ 1. Für j ∈ N setze<br />
χ j (x)<br />
def<br />
=<br />
η(|x| − j).<br />
Die Funktion χ j ist glatt, hat kompakten Träger und es gilt χ j (x) = 1 für |x| ≤ j. Setze<br />
f j (x) = χ j (x) f (x). Dann liegt f j in C ∞ c (R n ) und die Folge f j konvergiert in S gegen f , wie<br />
man leicht sieht. Also T( f ) = lim j T( f j ) = 0.<br />
Eine lokal integrierbare Funktion φ. Dann ist unter gewissen Bedingungen die<br />
Distribution I φ temperiert.<br />
Lemma 11.4.3 Sei φ eine lokal integrierbare Funktion auf R und nimm an, dass ein k ∈ N<br />
existiert mit<br />
∫<br />
1<br />
|φ(x)| dx < ∞.<br />
R 1 + x n 2k<br />
Dann konvergiert das Integral I φ ( f ) = ∫ R n φ(x) f (x) dx für jedes f ∈ S und definiert eine<br />
temperierte Distribution f ↦→ I φ ( f ).<br />
Beweis: Die Konvergenz ist klar, so dass I φ eine lineare Abbildung S → C definiert.<br />
Wir müssen zeigen, dass diese stetig ist. Sei k wie im Lemma und sei<br />
C = ∫ 1<br />
|φ(x)| dx. Wir können C > 0 annehmen. Die Folge ( f<br />
R n 1+x 2k j ) konvergiere gegen f<br />
in S. Sei ε > 0. Dann existiert ein j 0 so dass für j ≥ j 0 gilt sup x∈R<br />
| f j (x) − f (x)| <<br />
Für j ≥ j 0 folgt<br />
ε<br />
. C(1+x 2k )<br />
∫<br />
|I φ ( f j ) − I φ ( f )| ≤ |φ(x)| | f j (x) − f (x)| dx<br />
R n<br />
< ε ∫<br />
|φ(x)|<br />
dx = ε. □<br />
C 1 + x2k R n<br />
□
FUNKTIONALANALYSIS 139<br />
Proposition 11.4.4 Ist φ ∈ L 2 (R), dann ist die Distribution I φ temperiert. Wir erhalten eine<br />
kanonische Einbettung L 2 (R) ↩→ S ′ .<br />
Beweis: Klar nach dem letzten Lemma.<br />
□
Inhaltsverzeichnis<br />
140
Index<br />
C ∞ (R n ), 125<br />
L 2 -Kern, 93<br />
äquivalent, 38<br />
abgeschlossene Abbildung, 6<br />
abgeschlossene Mengen, 3<br />
Ableitung einer Distribution, 132<br />
absorbierend, 107<br />
adjungierte Operator, 58<br />
Algebra, 19, 78<br />
Algebrenhomomorphismus, 78<br />
Algebrenisomorphismus, 78<br />
ausgewogen, 107<br />
Baire-Raum, 23<br />
Banach-Raum, 17, 26<br />
Basis, 12<br />
Basis der Topologie, 5<br />
bedingter Erwartungswert, 63<br />
beschränkte lineare Abbildung, 27<br />
Bochner-Integral, 115<br />
Cauchy-Netz, 113<br />
Cauchy-Schwarz-Ungleichung, 29<br />
Cauchys Integralformel, 123<br />
co-endlich Topologie, 3<br />
Delta-Distribution, 128<br />
dicht, 23<br />
Dirac-Distribution, 128<br />
diskrete Topologie, 3<br />
Distribution, 128<br />
Eigenraum, 85<br />
Eigenwert, 68<br />
einfache Funktion, 115<br />
Einheitengruppe, 69<br />
Einpunktkompaktifizierung, 18<br />
Einselement, 78<br />
endliche Ordnung, 132<br />
ersten Abzählbarkeitsaxiom, 5<br />
Erzeugendensystem, 39<br />
erzeugte Topologie, 4<br />
Faltungsprodukt, 120<br />
Final-Topologie, 7<br />
folgenstetig, 127<br />
Fourier-Transformierte, 61<br />
geometrische Reihe, 70<br />
Graph, 47<br />
Halbnorm, 106<br />
Hamel-Basis, 39<br />
Hausdorff-Metrik, 75<br />
Hausdorff-Raum, 8<br />
Hilbert-Raum, 30<br />
Hilbert-Schmidt-Norm, 90<br />
Hilbert-Schmidt-Operator, 91<br />
holomorph, 71<br />
Homöomorphismus, 6<br />
induktive Limestopologie, 110<br />
induktiven Limes-Topologie, 126<br />
induktiven Limestopologie, 7<br />
Initialtopologie, 7<br />
integrabel, 115<br />
Integral, 116<br />
Isometrie, 35<br />
isometrischer Isomorphismus, 31, 35<br />
kompakter Operator, 84<br />
141
FUNKTIONALANALYSIS 142<br />
Kompaktifizierung, 18<br />
Komplexifizierung, 25<br />
konvex, 44<br />
Laurent-Polynome, 23<br />
linear geordnet, 11<br />
linear unabhängig, 12, 39<br />
lineare Isometrie, 31<br />
linearen Operator, 27<br />
lineares Funktional, 27<br />
lokal integrierbar, 128<br />
lokalkompakt, 11, 15<br />
lokalkonvex, 107<br />
maximales Element, 12<br />
Norm, 29<br />
normal, 65<br />
normierter Vektorraum, 25<br />
obere Schranke, 11<br />
offene Abbildung, 6<br />
offene Mengen, 3<br />
offene Umgebung, 3<br />
offenen Rechtecke, 9<br />
offenen Umgebungsbasis, 5<br />
ONB, 31<br />
ONS, 31<br />
Operatornorm, 27<br />
Ordnung der Distribution, 132<br />
Orthogonalprojektion, 62<br />
Orthogonalraum, 34<br />
Orthonormalbasis, 31<br />
Orthonormalsystem, 31<br />
Paarung, 50<br />
perfekte Paarung, 50<br />
Polarzerlegung, 82<br />
positiv definit, 108<br />
positiver Operator, 74<br />
Prä-Hilbert-Raum, 29<br />
Produkttopologie, 7<br />
Projektion, 34, 62<br />
Projektionsoperator, 62<br />
Quotiententopologie, 7<br />
reflexiv, 50<br />
relativ kompakt, 15<br />
Resolvente, 68<br />
Resolventenmenge, 68<br />
Satz von Plancherel, 61<br />
schwach-*-Topologie, 56<br />
schwache Topologie, 53<br />
Schwartz-Funktionen, 133<br />
selbstadjungiert, 58<br />
separabel, 118<br />
separable Abbildung, 118<br />
separierten Topologischen Raum, 9<br />
Shiftoperator, 61<br />
singulären Werte, 94<br />
Skalarprodukt, 28<br />
Spektraldarstellung, 101<br />
Spektralmaß, 99<br />
Spektralradius, 71<br />
Spektrum, 68<br />
Spur, 97<br />
Spur-Norm, 94<br />
Spurklasse-Operator, 94<br />
stetig, 5<br />
stetig im Punkt, 6<br />
stetigen Dualraum, 43<br />
Teilraumtopologie, 7<br />
temperierte Distribution, 133<br />
Topologie, 3
FUNKTIONALANALYSIS 143<br />
topologischer Raum, 3<br />
topologischer Vektorraum, 105<br />
Träger, 129<br />
triviale Topologie, 3<br />
Umgebung, 3<br />
Umgebungsbasis, 5<br />
unitär, 60<br />
unital, 78<br />
Unteralgebra, 19<br />
Urysohn’s Lemma, 15<br />
verschwindet im Unendlichen, 17<br />
Vervollständigung, 35<br />
vollständig, 35, 113<br />
vollständiges ONS, 31<br />
von endlichem Rang, 84<br />
von zweiter Kategorie, 23<br />
Wegintegral, 122<br />
wesentlich separabel, 118<br />
zweiten Abzählbarkeitsaxiom, 5