VOORTREKKING UTOPIA - Disputationsrede - Sven Merzbach
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<strong>Sven</strong> <strong>Merzbach</strong>: Voortrekking Utopia (<strong>Disputationsrede</strong>) 2<br />
Welche Bilder eignen sich dazu, um die junge Generation in Zeiten großer Wertunsicherheit<br />
und scheinbarer Ausweglosigkeit für einen individuellen und gesellschaftlichen Einsatz<br />
zu motivieren? Ich meine hier die Forderung zur Etablierung eines alternativen Gegenbildes<br />
hinsichtlich des technologischen Fortschritts, persönlicher Entwicklungschancen und zukünftiger<br />
sozialer Formen des Zusammenlebens, insbesondere im Hinblick auf multikulturelle Phänomene,<br />
wie sie sowohl in unserem Land als auch im sog. „globalen Dorf“ anzutreffen sein werden.<br />
Wie können die Orte des Pädagogischen in der Zukunft aussehen, und was können sie leisten?<br />
Ich möchte hier vor allem den Versuch machen, mögliche Antworten auf die Frage nach<br />
erziehungswissenschaftlicher Verantwortung und neuen Orten der Pädagogik (hinsichtlich der<br />
neuen Medien wie Fernsehen, Kino und Internet) zu finden.<br />
Welche Werte und Normen sollen fürderhin gelten? Ich spreche hier von normativen Zielsetzungen<br />
und ihre Problematik im Sinne westlicher Verantwortungsethik; aktuelle und zukünftige<br />
Wertigkeit von Ritualen, z.B. in Form der Einführung in die Gesellschaft und individuellen Positionierungen<br />
als prozeßhaftem Lernen (Identitätsgenese). Weiterhin erscheint mir eine Darstellung<br />
der Probleme und Gefahren wichtig, die sich möglicherweise auch bei ausgesprochen<br />
positiven Weltsicht ergeben (z.B. im Hinblick auf missionarisches Eiferertum und Aspekten des<br />
Kulturimperialismus).<br />
Wie kann man der Etablierung inhaltlicher und sprachlicher Stereotypen begegnen? Ich<br />
sehe in der Art der Darstellung medialer Bilder, wie sie uns vor allem durch das Fernsehen<br />
(Nachrichten, Talkshows, Dokudramen und Werbung), aber auch in Kinofilmen präsentiert werden,<br />
eine große Gefahr gesellschaftlicher Beeinflussung mittels fragwürdiger Stereotypen, besonders<br />
im Hinblick auf das gegenwärtige Bild von „Gut und Böse“ : z.B. „the evil doers“<br />
(Bush), „Hitler – Aufstieg des Bösen“ (Fernsehfilm bei VOX), „Der Manger des Bösen“ (aktueller<br />
Spiegel-Titel). Ich halte eine gesteigert Aufmerksamkeit dieser Art der Darstellung gegenüber<br />
für zwingend erforderlich.<br />
Der eingangs gezeigte Filmausschnitt steht im Kontext einer Gerichtsverhandlung (wie der Titel<br />
„The Drumhead“ andeutet, handelt es sich dabei eindeutig um ein sog. „Standgericht“), in der<br />
einer virtuellen Figur im wesentlichen aufgrund seiner Abstammung der Prozeß gemacht werden<br />
soll. Aufgrund eines Vorfalls, der zunächst als Sabotage-Akt interpretiert wird und sich erst im<br />
nachhinein als technischer Defekt herausstellt, benötigt die Gesellschaft offenbar einen Sündenbock.<br />
Alle Personen, welche sich im Laufe der Handlung zu seiner moralischen Unterstützung<br />
bekennen, geraten dabei ebenfalls auf die Anklagebank. Dieses heute mehr denn je aktuelle<br />
Thema veranschaulicht die Gefahren und Folgen einer Vor-Urteil behafteten Schein-Logik bis<br />
hin zu offenen rassistischen Anfeindungen, die sich heute wieder überall ereignen. Eben deshalb<br />
und weil die Serie in diesem Punkt immer wieder eine klare Position gegen Intoleranz, a priori<br />
Ablehnung des „Fremden“ und polemischen Ethnozentrismus und für Weltoffenheit, ideelle<br />
demokratische Umgangsformen und Menschenrechte, sowie antirassistische Erziehung bezieht,<br />
stelle ich meine Überlegungen in den Kontext der „Dialektik der Aufklärung“, wie sie von<br />
HORKHEIMER und ADORNO bereits in den sechziger Jahren aufgestellt wurde: