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184 Klinischer Fall<br />

<strong>Ein</strong> <strong>typischer</strong> <strong>Ort</strong><br />

Sturz auf die Hand<br />

Wenn es drauûen kalt und vereist ist, wagt sich<br />

Frauke B. kaum aus <strong>de</strong>m Haus. Die 84-Jåhrige ist<br />

normalerweise gut zu Fuû, doch sie hat Angst vor<br />

einem Schenkelhalsbruch. Ihre Freundin lag nach<br />

einer solchen Fraktur wochenlang in <strong>de</strong>r Klinik und<br />

musste anschlieûend ins Altersheim ziehen. Doch<br />

an Allerheiligen mæchte Frauke B. das Grab ihres<br />

Mannes besuchen. Der Fuûweg zum Friedhofist<br />

abschçssig und mit Laub be<strong>de</strong>ckt. Kurz vor <strong>de</strong>m<br />

Friedhofstor rutscht Frauke B. auf<strong>de</strong>nnassenBlåttern<br />

aus. Sie versucht noch, sich mit <strong>de</strong>r rechten<br />

Hand abzustçtzen, dann hært sie ein lautes Knacken<br />

und bleibt auf <strong>de</strong>m kalten Bo<strong>de</strong>n liegen. <strong>Ein</strong> Friedhofsgårtner<br />

alarmiert <strong>de</strong>n Notarzt.<br />

Distale Radiusfraktur loco typico in <strong>de</strong>r seitlichen Projektion<br />

Pfeil).<br />

Wenn man ausrutscht und hinfållt, versucht man<br />

reflexartig, sich mit <strong>de</strong>r Hand abzustçtzen, um<br />

nicht schutzlos auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n zu fallen. Nicht selten<br />

kommt es dabei zu einem Bruch <strong>de</strong>s Unterarms.<br />

<strong>Ein</strong>e solche Radiusextensionsfraktur, d. h.<br />

ein Bruch <strong>de</strong>r Speiche bei nach hinten angewinkelter<br />

Hand, macht etwa ein Viertel aller Knochenbrçche<br />

aus. Meist bricht <strong>de</strong>r Radius am<br />

¹loco typicoª, am dafçr typischen <strong>Ort</strong> etwa 2-3<br />

cm vom Handgelenk entfernt. Nerven o<strong>de</strong>r Gefåûe<br />

kænnen mit verletzt wer<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Seiten lernen Sie Knochen, Muskulatur, Gefåûe<br />

und Nerven <strong>de</strong>r oberen Extremitåt kennen.<br />

Gebrochene Speiche<br />

Im Krankenhaus wird Frauke B. untersucht. <strong>Ein</strong>e<br />

Schenkelhalsfraktur hat sie zum Glçck nicht, aber<br />

<strong>de</strong>r rechte Unterarm ist geschwollen und druckschmerzhaft.<br />

Auûer<strong>de</strong>m scheinen die Knochen gegeneinan<strong>de</strong>r<br />

verschoben zu sein. Der Arzt stellt auûer<strong>de</strong>m<br />

fest, dass Frau B. in Daumen, Zeigefinger,<br />

Mittelfinger und <strong>de</strong>m medialen Teil <strong>de</strong>s Ringfingers<br />

keine Berçhrungsreize wahrnimmt: Die Sensibilitåt<br />

im Versorgungsgebiet <strong>de</strong>s N. medianus ist gestært.<br />

Die Ræntgenaufnahmen in zwei Ebenen nåmlich<br />

von vorne und von <strong>de</strong>r Seite) zeigen ein<strong>de</strong>utig:<br />

Frauke B. hat sich die Speiche gebrochen. Eshan<strong>de</strong>lt<br />

sich um eine distale Radiusfraktur am ¹loco typicoª.<br />

Da die Knochen stark disloziert sind und Frauke B.<br />

sensible Ausfålle hat, entschlieûen sich die Ørzte<br />

zur Operation.<br />

Behandlung im Mådchenfånger<br />

Bei <strong>de</strong>r Operation in Vollnarkose reponieren die<br />

Ørzte die Fraktur, d. h., sie bringen die Knochen in<br />

ihre ursprçngliche Stellung zurçck. Dann fixieren<br />

sie die Knochenfragmente mit einer Metallplatte.<br />

Prinzipiell kann man Radiusfrakturen auch mit<br />

einem Gips versorgen. Auch dann muss man die<br />

Knochen vorher reponieren. Dazu spritzt man zunåchst<br />

ein Lokalanåsthetikum in <strong>de</strong>n Bruchspalt,<br />

um die Schmerzen zu lin<strong>de</strong>rn. Dann fixiert man die<br />

Finger <strong>de</strong>s betroffenen Armes in einem Netz, <strong>de</strong>m<br />

sog. Mådchenfånger, und bringt am Arm ein Gewicht<br />

an, so dass die Fraktur auseinan<strong>de</strong>r gezogen<br />

wird und vom Arzt reponiert wer<strong>de</strong>n kann. Anschlieûend<br />

muss <strong>de</strong>r Arm etwa sechs Wochen im Gipsverband<br />

ruhig gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Krankengymnastik ± und wie<strong>de</strong>r in die Klinik!<br />

Frau B. kann das Krankenhaus schon nach wenigen<br />

Tagen verlassen. Sie ist froh, dass sie keinen låstigen<br />

Gips tragen muss. In <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Wochen<br />

muss sie regelmåûig zur Physiotherapie. Aus Angst<br />

vor einem erneuten Sturz låsst sie sich mit <strong>de</strong>m<br />

Taxi dorthin bringen. Der nåchste Krankenhausaufenthalt<br />

ist allerdings schon vorprogrammiert: In<br />

etwa einem Jahr sollte das Metallteil wie<strong>de</strong>r aus<br />

<strong>de</strong>m Arm entfernt wer<strong>de</strong>n.<br />

Bommas-Ebert, Anatomie und Embryologie ISBN 3131355328), c 2006 Georg Thieme Verlag KG


5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

185<br />

5 Obere Extremitåt<br />

5.1 Die Knochen<br />

Lerncoach<br />

In diesem Kapitel lohnt es sich, die Namen<br />

<strong>de</strong>r Knochenvorsprçnge und -fortsåtze zu<br />

lernen, da hier die Muskeln ihren Ursprung<br />

bzw. Ansatz haben.<br />

5.1.1 Der Ûberblick<br />

Die obere Extremitåt umfasst <strong>de</strong>n Schultergçrtel,<br />

bestehend aus <strong>de</strong>m Schulterblatt Scapula) und<br />

<strong>de</strong>m Schlçsselbein Clavicula), sowie die freie<br />

obere Extremitåt mit Oberarm, Unterarm und<br />

Hand. Die Hand setzt sich aus Handwurzel Carpus<br />

mit Ossa carpi), Mittelhand Metacarpus mit Ossa<br />

metacarpi) und Fingern Digiti manus mit Ossa<br />

digitorum) zusammen.<br />

5.1.2 Die Entwicklung vgl. S. 52)<br />

Die obere und untere Extremitåt entwickeln sich<br />

aus <strong>de</strong>n sog. Extremitåtenknospen als laterale Verdickung<br />

<strong>de</strong>r Leibeswand, bestehend aus Mesenchym,<br />

welches von Ekto<strong>de</strong>rm çberzogen wird und<br />

an <strong>de</strong>r Scheitelspitze zu einer Randleiste verdickt<br />

ist, die Wachstumsfaktoren produziert. Der Arm<br />

entwickelt sich zeitlich vor <strong>de</strong>m Bein. Dann<br />

schnçren sich von <strong>de</strong>n Knospen die sog. Handbzw.<br />

Fuûplatte ab, die sich im weiteren Verlauf in<br />

fçnf Segmente an <strong>de</strong>r jeweiligen Hand- und Fuûplatte<br />

aufteilen.<br />

MERKE<br />

Der Arm entwickelt sich vor <strong>de</strong>mBein.<br />

5.1.2.1 Die Verknæcherungszeiten<br />

Wåhrend sich die åuûere Form ausbil<strong>de</strong>t, kommt es<br />

im Inneren <strong>de</strong>r Knochenanlagen zur Verdichtung<br />

<strong>de</strong>s Mesenchyms. Es entstehen Mo<strong>de</strong>lle aus hyalinem<br />

Knorpel, die <strong>de</strong>n <strong>de</strong>finitiven Knochen als Muster<br />

bereits erkennen lassen. Im Inneren beginnt<br />

dann die Knochenbildung chondrale Ossifikation,<br />

s. S. 11), es entstehen sog. Knochenkerne. Das Auftreten<br />

dieser Knochenkerne kann man ræntgenologisch<br />

nutzen, um das tatsåchliche Knochenalter<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zu bestimmen.<br />

Das Lebensalter wird bestimmt durch das Auftreten<br />

und die Anzahl <strong>de</strong>r Knochenkerne vor allem in <strong>de</strong>n<br />

Handwurzelknochen, z.B.:<br />

Os capitatum: 3. Lebensmonat<br />

Os hamatum: 4. Lebensmonat<br />

Os triquetrum: 3. Lebensjahr<br />

Os lunatum: 4. Lebensjahr<br />

Os pisiforme: 10. Lebensjahr.<br />

Die an<strong>de</strong>ren Knochen <strong>de</strong>r oberen Extremitåt sind<br />

vollståndig verknæchert in folgen<strong>de</strong>n Lebensjahren:<br />

Clavicula: 16.±20. Lebensjahr<br />

Scapula: 16.±22. Lebensjahr<br />

Humerus: ab <strong>de</strong>m 14. Lebensjahr<br />

Radius: 20.±25. Lebensjahr<br />

Ulna: 9.±11. Lebensjahr.<br />

5.1.3 Der Schultergçrtel<br />

5.1.3.1 Das Schlçsselbein Clavicula)<br />

Das Schlçsselbein ist ein 12±14 cm, s-færmig gebogener<br />

Knochen, <strong>de</strong>r annåhernd waagerecht zwischen<br />

<strong>de</strong>m Brustbein medial) und <strong>de</strong>m Schultergelenkbereich<br />

lateral) liegt. Die jeweiligen Knochenen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Clavicula sind <strong>de</strong>mnach am Sternum<br />

die Extremitas sternalis mit ihrer Gelenkflåche<br />

Facies articularis sternalis) und in Richtung Scapula<br />

die Extremitas acromialis mit ihrer Gelenkflåche<br />

Facies articularis acromialis) Abb. 5.1c).<br />

An <strong>de</strong>r Unterseite <strong>de</strong>r Clavicula liegt medial die Impressio<br />

ligamenti costoclavicularis und lateral die<br />

Tuberositas ligamenti coracoclavicularis; mit <strong>de</strong>m<br />

Tuberculum conoi<strong>de</strong>um als Hæcker nahe <strong>de</strong>m akromialen<br />

En<strong>de</strong> und lateral davon die Linea trapezoi<strong>de</strong>a.<br />

Diese Knochenvorsprçnge <strong>de</strong>s Schlçsselbeins<br />

sind Ansatzstellen von Bån<strong>de</strong>rn. In<strong>de</strong>rMitte <strong>de</strong>r<br />

Knochenunterseite fin<strong>de</strong>t sich eine <strong>Ein</strong>kerbung als<br />

Ansatzstelle fçr <strong>de</strong>n M. subclavius Sulcus m. subclavii)<br />

s. S. 200).<br />

5.1.3.2 Das Schulterblatt Scapula)<br />

Das Schulterblatt ist ein platter Knochen und hat<br />

die Form eines Dreiecks. Seine Rån<strong>de</strong>r heiûen<br />

Margo medialis, Margo lateralis und Margo superior,<br />

diedazugehærigen Winkel sind <strong>de</strong>r Angulus superior<br />

oben medial), <strong>de</strong>r Angulus lateralis oben<br />

seitlich) und <strong>de</strong>r Angulus inferior unten). Die Scapula<br />

hat auûer<strong>de</strong>m zwei Seiten: Die Facies costalis<br />

ist flach und <strong>de</strong>r Rçckwand <strong>de</strong>s Brustkorbs aufgela-<br />

5<br />

Bommas-Ebert, Anatomie und Embryologie ISBN 3131355328), c 2006 Georg Thieme Verlag KG


186 5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

Margo superior<br />

Processus coracoi<strong>de</strong>us<br />

Facies articularis acromii<br />

Processus coracoi<strong>de</strong>us<br />

Angulus superior<br />

Acromion<br />

Fossa<br />

supraspinata<br />

5<br />

Spina<br />

scapulae<br />

Trigonum<br />

spinae<br />

Fossa<br />

infraspinata<br />

Angulus lateralis<br />

Tuberculum<br />

infraglenoidale<br />

Tuberculum<br />

supraglenoidale<br />

Cavitas<br />

glenoidalis<br />

Margo<br />

medialis<br />

Margo lateralis<br />

Angulus inferior<br />

a<br />

b<br />

Corpus claviculae<br />

Extremitas sternalis<br />

Facies articularis acromialis<br />

Extremitas acromalis<br />

Linea trapezoi<strong>de</strong>a<br />

Impressio ligamenti costoclavicularis<br />

Facies articularis sternalis<br />

c<br />

Tuberculum conoi<strong>de</strong>um<br />

Sulcus m. subclavii<br />

Abb. 5.1<br />

Scapula von dorsal a) und lateral b); Clavicula c)<br />

gert. Sie besitzt eine konkave Fossa subscapularis<br />

fçr <strong>de</strong>n M. subscapularis s. S. 196).<br />

Die sichtbare Seite <strong>de</strong>s Schulterblatts bei am Skelett<br />

fixierter Scapula) ist die hintere Seite und<br />

wird durch einen Knochenkamm, die Spina scapulae,<br />

inzwei Bereiche geteilt. Sie steigt medial vom<br />

Trigonum spinae nach lateral auf und en<strong>de</strong>t als<br />

sog. Schulterhæhe Akromion). Oberhalb <strong>de</strong>r Spina<br />

scapula befin<strong>de</strong>t sich die kleinere Fossa supraspinata<br />

und unterhalb eine græûere Fossa infraspinata<br />

fçr <strong>de</strong>n M. supraspinatus und M. infraspinatus.<br />

Lateral vom Akromion befin<strong>de</strong>t sich die Gelenkflåche<br />

fçr das Schlçsselbein, sowie am Hals <strong>de</strong>r Scapula<br />

aufgelagert die Schultergelenkpfanne Cavitas<br />

glenoidalis) fçr <strong>de</strong>n Humeruskopf. Die Cavitas glenoidalis<br />

hat oben und unten jeweils einen kleinen<br />

Hæcker, das Tuberculum supraglenoidale oben)<br />

und das Tuberculum infraglenoidale unten). Oberhalb<br />

<strong>de</strong>r Cavitas glenoidalis erhebt sich nach ventral<br />

lateral <strong>de</strong>r Processus coracoi<strong>de</strong>us Rabenschnabelfortsatz).<br />

Er dient als Schutz fçr das darunterliegen<strong>de</strong> Schultergelenk<br />

und knickt nach ventral lateral um fast<br />

90h ab. Gleichzeitig ist er auch Ansatzstelle fçr<br />

Muskeln und Bån<strong>de</strong>r. Medial <strong>de</strong>s Processus coracoi<strong>de</strong>us<br />

fin<strong>de</strong>t sich am Oberrand <strong>de</strong>r Scapula eine <strong>Ein</strong>kerbung,<br />

die Incisura scapulae. Ûber diese Kerbe<br />

zieht das Lig. transversum scapulae superius çber<br />

das Band zieht die A. suprascapularis, darunter<br />

<strong>de</strong>r N. suprascapularis).<br />

Als zweiter <strong>de</strong>utlicher Knochenvorsprung fin<strong>de</strong>t<br />

sich das oben schon erwåhnte, lateral gelegene<br />

Akromion. Zusammen mit <strong>de</strong>m Proc. coracoi<strong>de</strong>us<br />

und <strong>de</strong>m gemeinsamen Lig. coracoacromiale ± wel-<br />

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5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

187<br />

ches vom Processus coracoi<strong>de</strong>us zum Akromion<br />

zieht Ð wird das Schultergelenkdach gebil<strong>de</strong>t<br />

Abb. 5.1a, b).<br />

5.1.4 Der Oberarmknochen Humerus)<br />

Der Humerus ist ein langer Ræhrenknochen. Er<br />

wird aufgeteilt in <strong>de</strong>n Corpus humeri mit <strong>de</strong>m torquierten<br />

Humeruskopf Caput humeri, Drehung um<br />

20h nach hinten) und <strong>de</strong>m Gelenkflåchenteil Condylus<br />

humeri). Lateralundmedial davon befin<strong>de</strong>n<br />

sich zwei Epikondylen als Ansatzstellen fçr Muskeln.<br />

An das Caput humeri schlieût sich das sog. Collum<br />

anatomicum an. Hier ist die Gelenkkapsel verankert.<br />

Caput humeri<br />

Tuberculum<br />

majus<br />

Tuberculum<br />

minus<br />

Collum<br />

anatomicum<br />

Collum chirurgicum<br />

Sulcus<br />

intertubercularis<br />

Tuberositas <strong>de</strong>ltoi<strong>de</strong>a<br />

Corpus humeri<br />

Sulcus n. radialis<br />

5<br />

Klinischer Bezug<br />

Collum chrirugicum: Bewegt man sich vom<br />

proximalen En<strong>de</strong> ausgehend am Schaft <strong>de</strong>s<br />

Oberarmknochens weiter entlang nach distal,<br />

erreicht man die Region, in <strong>de</strong>r die meisten<br />

Oberarmbrçche auftreten. Daher wird dieser<br />

Abschnitt klinisch als Collum chirurgicum<br />

bezeichnet.<br />

Bei <strong>de</strong>r Ansicht <strong>de</strong>s Oberarmknochens von vorne<br />

fin<strong>de</strong>n sich unterhalb <strong>de</strong>s Caput humeri zwei<br />

Knochenhæcker: das lateral gelegene Tuberculum<br />

majus mit <strong>de</strong>r weiter nach distal verlaufen<strong>de</strong>n<br />

Crista tuberculis majoris, sowie medial das Tuberculum<br />

minus mit Crista tuberculis minoris). Zwischen<br />

<strong>de</strong>n Knochenkåmmen liegt eine Rinne, <strong>de</strong>r<br />

Sulcus intertubercularis, fçr die Sehne <strong>de</strong>s langen<br />

Bizepskopfes s. S. 200). Lateral am Humerusschaft<br />

befin<strong>de</strong>t sich eine aufgeraute Knochenflåche, die<br />

als Ansatzstelle <strong>de</strong>s M. <strong>de</strong>ltoi<strong>de</strong>us dient Tuberositas<br />

<strong>de</strong>ltoi<strong>de</strong>a).<br />

Der Schaft <strong>de</strong>s Humerus hat im Wesentlichen zwei<br />

Flåchen, eine Facies anteromedialis, begrenzt durch<br />

die Margo medialis, un<strong>de</strong>ine Facies anterolateralis,<br />

die durch die Margo lateralis abgesetzt wird<br />

Abb. 5.2). Bei<strong>de</strong> Knochenrån<strong>de</strong>r verlaufen nach distal<br />

als Knochenkåmme weiter Crista supraepicondylaris<br />

medialis und Crista supraepicondylaris lateralis).<br />

Diese laufen dann jeweils distal aus und<br />

gehen çber in <strong>de</strong>n Epicondylus medialis und Epicondylus<br />

lateralis.<br />

a<br />

Abb. 5.2<br />

Fossa radialis<br />

Fossa coronoi<strong>de</strong>a<br />

Fossa olecrani<br />

Sulcus<br />

n. ulnaris<br />

Epicondylus<br />

medialis<br />

Trochlea humeri<br />

Capitulum humeri<br />

Epicondylus lateralis<br />

Humerus: a) von vorne und b) von hinten<br />

An <strong>de</strong>r Hinterflåche <strong>de</strong>s Humerus fin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r<br />

Sulcus n. radialis, in<strong>de</strong>m<strong>de</strong>rN.radialis s. S. 213)<br />

verlåuft und sich um <strong>de</strong>n Schaft win<strong>de</strong>t.<br />

Das distale En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Oberarmknochens, <strong>de</strong>r Condylus<br />

humeri, wird gebil<strong>de</strong>t durch eine Knochenrolle,<br />

die Trochlea humeri mit <strong>de</strong>r Fossa coronoi<strong>de</strong>a<br />

medial davon fin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Sulcus n. ulnaris fçr<br />

<strong>de</strong>n N. ulnaris, s. S. 212) und das Capitulum humeri<br />

mit Fossa radialis. An<strong>de</strong>rHinterflåche <strong>de</strong>s distalen<br />

En<strong>de</strong>s befin<strong>de</strong>t sich die Fossa olecrani oberhalb <strong>de</strong>r<br />

Trochlea).<br />

b<br />

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188 5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

5<br />

5.1.5 Die Unterarmknochen<br />

5.1.5.1 Die Elle Ulna)<br />

Die Ulna besteht aus <strong>de</strong>m Corpus ulnae Schaft)<br />

sowie <strong>de</strong>r Extremitas proximalis in Richtung Ellenbogengelenk<br />

und <strong>de</strong>r Extremitas distalis zu <strong>de</strong>n<br />

Handwurzelknochen hin Caput ulnae). Mittig am<br />

Corpus ulnae fin<strong>de</strong>t sich das Foramen nutricium<br />

Úffnung im Knochen fçr ernåhren<strong>de</strong> Gefåûe).<br />

An <strong>de</strong>r Ulna kænnen Sie das Foramen<br />

nutricum beson<strong>de</strong>rs schæn erkennen.<br />

Das proximale Ellenen<strong>de</strong> wird durch das Olecranon<br />

gebil<strong>de</strong>t. Das Olecranon ist <strong>de</strong>r Hakenfortsatz <strong>de</strong>r<br />

Ulna, <strong>de</strong>r das typische Scharniergelenk im Ellenbogen<br />

bil<strong>de</strong>t s. S. 192). Ventral am Olecranon befin<strong>de</strong>t<br />

sich die konkave Incisura trochlearis mit<br />

<strong>de</strong>m vorne aufsitzen<strong>de</strong>n Processus coronoi<strong>de</strong>us<br />

und <strong>de</strong>r lateral zum Radius hin gelegenen Incisura<br />

radialis als Gelenkflåche fçr die Zirkumferenz <strong>de</strong>s<br />

Speichenkopfes s. u.).<br />

Auf <strong>de</strong>r Ventralflåche <strong>de</strong>s Ulnaschafts befin<strong>de</strong>t sich<br />

eine raue Flåche, die Tuberositas ulnae, dieals Ansatzstelle<br />

fçr <strong>de</strong>n M. brachialis dient s. S. 201).<br />

Nach lateral zum Radius hin fin<strong>de</strong>t sich zu<strong>de</strong>m ein<br />

Knochenkamm Crista m. supinatoris) fçr <strong>de</strong>n<br />

M. supinator.<br />

Das distale En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ulna wird durch das Caput<br />

ulnae gebil<strong>de</strong>t. Hier befin<strong>de</strong>t sich die Circumferentia<br />

articularis fçr das distale Radioulnargelenk,<br />

Circumferentia<br />

articularis<br />

Collum radii<br />

Caput radii<br />

Incisura<br />

trochlearis<br />

Processus<br />

coronoi<strong>de</strong>us<br />

Incisura<br />

radialis<br />

Olecranon<br />

Caput<br />

radii<br />

Fovea<br />

articularis<br />

Circumferentia<br />

articularis<br />

Collum radii<br />

Tuberositas radii<br />

Tuberositas<br />

ulnae<br />

Tuberositas radii<br />

Margo interosseus<br />

Margo<br />

interosseus<br />

Margo<br />

interosseus<br />

Corpus radii<br />

Corpus<br />

ulnae<br />

Margo<br />

interosseus<br />

Corpus<br />

ulnae<br />

Corpus radii<br />

Incisura ulnaris<br />

Processus<br />

styloi<strong>de</strong>us<br />

radii<br />

a<br />

Caput<br />

ulnae<br />

Facies articularis<br />

carpalis<br />

Circumferentia<br />

articularis<br />

Caput<br />

ulnae<br />

Processus<br />

styloi<strong>de</strong>us<br />

b<br />

Incisura<br />

ulnaris<br />

Processus<br />

styloi<strong>de</strong>us<br />

radii<br />

Abb. 5.3<br />

Ulna und Radius: a) von vorne und b) von hinten<br />

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5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

189<br />

sowie ein kleiner Knochenvorsprung, <strong>de</strong>r Processus<br />

styloi<strong>de</strong>us ulnae.<br />

Die Ulna hat drei Seiten, die voneinan<strong>de</strong>r mit drei<br />

Rån<strong>de</strong>rn abgegrenzt wer<strong>de</strong>n: Margo anterior, Facies<br />

anterior, Margo interosseus lateral), Facies medialis,<br />

Margo posterior, Facies posterior Abb. 5.3).<br />

5.1.5.2 Die Speiche Radius)<br />

Der Radius hat eine proximale, walzenfærmige Extremitas,<br />

das sog. Caput radii. Anseiner Oberseite<br />

besteht eine leichte Vertiefung, die Fovea articularis<br />

artikuliert mit <strong>de</strong>m Humeruskæpfchen), die<br />

sich fortsetzt indieCircumferentia articularis radii.<br />

Daran schlieût sich <strong>de</strong>r Radiushals Collum radii),<br />

und schlieûlich <strong>de</strong>r Knochenkærper Corpus radii)<br />

mit ebenfalls drei Seiten und <strong>de</strong>n dazugehærigen<br />

drei Kanten an: Margo anterior, Facies anterior,<br />

Margo interosseus medial), Facies lateralis, Margo<br />

posterior, Facies posterior.<br />

<strong>Ein</strong> weiterer Knochenvorsprung ± die Tuberositas<br />

radii ± fin<strong>de</strong>t sich am Ûbergang vom Knochenhals<br />

zum -kærper. Hier setzt <strong>de</strong>r M. biceps brachii an<br />

s. S. 200).<br />

Auf Schaftmitte fin<strong>de</strong>t sich eine raue Flåche, die<br />

Tuberositas pronatoria. Hiersetzt <strong>de</strong>r M. pronator<br />

teres an.<br />

Das distale En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Radius ist verdickt und bil<strong>de</strong>t<br />

die Crista suprastyloi<strong>de</strong>a, die sich fortsetzt in <strong>de</strong>n<br />

Processus styloi<strong>de</strong>us radii. Medial liegt die Incisura<br />

ulnaris fçr die distale Gelenkverbindung zur Ulna,<br />

nach distal gerichtet befin<strong>de</strong>t sich die Facies articularis<br />

carpalis fçr das Handgelenk Abb. 5.3). Auf <strong>de</strong>r<br />

Rçckseite <strong>de</strong>s Radius tastet man durch die Haut<br />

ein Knochenhæckerchen, das Tuberculum dorsale<br />

Umlenkrolle fçr Sehne lateral <strong>de</strong>s 3. Sulcus, s. u.),<br />

sowie verschie<strong>de</strong>n stark ausgeprågte knæcherne<br />

Furchen Sulci) fçr die Sehnen <strong>de</strong>r langen Strecker<br />

s. S. 205). Von lateral radial) nach medial ulnar)<br />

sind dies:<br />

1. Sulcus: Sehne <strong>de</strong>s M. abductor pollicis longus<br />

und M. extensor pollicis brevis<br />

2. Sulcus: Sehne <strong>de</strong>s M. extensor carpi radialis<br />

longus et brevis<br />

3. Sulcus: Sehne <strong>de</strong>s M. extensor pollicis longus<br />

4. Sulcus: Sehne <strong>de</strong>s M. extensor digitorum und<br />

M. extensor indicis.<br />

5.1.6 Die Knochen <strong>de</strong>r Hand<br />

5.1.6.1 Die Handwurzelknochen Ossa carpi)<br />

Die acht Handwurzelknochen Ossa carpi) wer<strong>de</strong>n<br />

eingeteilt in eine proximale und eine distale Reihe<br />

Abb. 5.4)<br />

5<br />

Tuberositas<br />

phalangis distalis<br />

Phalanx distalis<br />

Phalanx media<br />

Caput phalangis<br />

Corpus phalangis<br />

Phalanx proximalis<br />

Basis phalangis<br />

Ossa<br />

digitorum<br />

Caput<br />

Ossa<br />

sesamoi<strong>de</strong>a<br />

Corpus<br />

Basis<br />

Ossa<br />

metacarpi<br />

Os trapezium<br />

Os trapezoi<strong>de</strong>um<br />

Os capitatum<br />

Os scaphoi<strong>de</strong>um<br />

Os hamatum<br />

Os pisiforme<br />

Os triquetrum<br />

Os lunatum<br />

Ossa carpi<br />

Abb. 5.4<br />

Handskelett: Ansicht von palmar<br />

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190 5 Obere Extremitåt Die Knochen<br />

5<br />

Die proximale Reihe<br />

Die proximale Reihe besteht aus folgen<strong>de</strong>n Knochen:<br />

Os scaphoi<strong>de</strong>um Kahnbein)<br />

Os lunatum Mondbein)<br />

Os triquetrum Dreieckbein)<br />

Os pisiforme Erbsenbein): kleinster Knochen<br />

<strong>de</strong>r Handwurzel, eingebettet in die Sehne <strong>de</strong>s<br />

M. flexor carpi ulnaris. Dieser kleine Knochen<br />

ist ein sog. Sesambein und dient als ¹Umlenkrolleª<br />

Hypomochlion) fçr die Muskelzugrichtung<br />

<strong>de</strong>s M. flexor carpi ulnaris, wodurch ein græûerer<br />

Hebelarm entsteht.<br />

Klinischer Bezug<br />

Kahnbeinfraktur: Die Fraktur <strong>de</strong>s Kahnbeins<br />

Os scaphoi<strong>de</strong>um) ist die håufigste Karpalknochenfraktur.<br />

Unfallursache ist meist ein Sturz<br />

aufdie ausgestreckte Hand. Fçr die Prognose ist<br />

die Lokalisation <strong>de</strong>r Fraktur von groûer Be<strong>de</strong>utung.<br />

Das distale und mittlere Drittel <strong>de</strong>s<br />

Kahnbeins sind gut durchblutet, hier erfolgt<br />

meist eine folgenlose Ausheilung <strong>de</strong>r Fraktur.<br />

Das proximale Drittel hat eine schlechtere Blutversorgung,<br />

Frakturen in diesem Bereich benætigen<br />

daher eine <strong>de</strong>utlich långere Ruhigstellung,<br />

auûer<strong>de</strong>m besteht die Gefahr einer Knochennekrose.<br />

In <strong>de</strong>r Regel dauert die konservative<br />

Therapie Ruhigstellung im Gips) 8 bis 12,<br />

manchmal sogar bis zu 16 Wochen.<br />

Die distale Reihe<br />

Die distale Reihe <strong>de</strong>r Handwurzelknochen setzt<br />

sich zusammen aus:<br />

Os trapezium groûes Vieleckbein): mit einer<br />

knæchernen Furche fçr M. flexor carpi radialis<br />

Os trapezoi<strong>de</strong>um kleines Vieleckbein)<br />

Os capitatum Kopfbein): <strong>de</strong>r græûte Knochen<br />

<strong>de</strong>r Handwurzel<br />

Os hamatum Hakenbein): mit <strong>de</strong>m Hamulus<br />

ossis hamati, palmar hervortretend.<br />

Die Handwurzelknochen bil<strong>de</strong>n eine nach palmar<br />

konkave Senke, die von einem Band, <strong>de</strong>m Retinaculum<br />

musculi flexorum, çberspannt wird. Knochen<br />

und Band bil<strong>de</strong>n so einen osteofibræsen Kanal, <strong>de</strong>n<br />

Karpalkanal Canalis carpi, s. S. 222).<br />

MERKE<br />

Reihenfolge <strong>de</strong>r Handwurzelknochen:<br />

¹<strong>Ein</strong> Kahn <strong>de</strong>r fuhr im Mon<strong>de</strong>nschein im Dreieck<br />

um das Erbsenbein. Vieleck groû, Vieleck klein,<br />

am Kopfdas muss <strong>de</strong>r Haken sein!ª<br />

5.1.6.2 Mittelhandknochen Ossa metacarpi)<br />

Es gibt an je<strong>de</strong>r Hand fçnf Mittelhandknochen, die<br />

Ossa metacarpi = Ossa metacarpalia I±V), die<br />

jeweils nach folgen<strong>de</strong>m Bauprinzip von proximal<br />

nach distal geglie<strong>de</strong>rt sind s. Abb. 5.4):<br />

Basis ossis metacarpi: fçr die gelenkige Verbindung<br />

mit <strong>de</strong>n Handwurzelknochen<br />

Corpus ossis metacarpi: lang gestreckter Knochenkærper<br />

<strong>de</strong>s Mittelhandknochens<br />

Caput ossis metacarpi Knæchel <strong>de</strong>r Hand, auf<br />

<strong>de</strong>r Rçckseite <strong>de</strong>r Hand sichtbar): <strong>de</strong>r Knochenkopf,<br />

<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Fingerknochen artikuliert<br />

s. u.).<br />

Zu<strong>de</strong>m kommen am Daumen noch zwei Sesambeine<br />

vor, die in ihrer Funktion <strong>de</strong>n Hebelarm vergræûern<br />

und <strong>de</strong>n Muskelzug auf das Gelenk umleiten.<br />

5.1.6.3 Die Fingerknochen<br />

Ossa digitorum manus = Phalangen)<br />

Die Hand hat 5 Finger Digiti manus): Daumen<br />

Pollex), Zeigefinger In<strong>de</strong>x), Mittelfinger Digitus<br />

medius), Ringfinger Digitus anularis) und Kleinfinger<br />

Digitus minimus). Je<strong>de</strong>r dieser Finger auûer<br />

<strong>de</strong>m Daumen besteht aus drei Fingerknochen Daumen:<br />

nur zwei Fingerknochen)<br />

Phalanx proximalis Fingergrundglied): långster<br />

Knochen <strong>de</strong>s Fingerglie<strong>de</strong>s<br />

Phalanx media Fingermittelglied) ± fehlt beim<br />

Daumen<br />

Phalanx distalis Fingerendglied).<br />

Je<strong>de</strong>r Fingerknochen besteht zu<strong>de</strong>m aus Basis,<br />

Corpus und Caput.<br />

Check-up<br />

4 Vergegenwårtigen Sie sich systematisch<br />

von proximal nach distal die Knochen mit<br />

ihren Knochenvorsprçngen.<br />

4 Wie<strong>de</strong>rholen Sie die Knochen <strong>de</strong>r Handwurzel<br />

und ihre Anordnung.<br />

Bommas-Ebert, Anatomie und Embryologie ISBN 3131355328), c 2006 Georg Thieme Verlag KG

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