Jahresbericht - NAV-Virchow-Bund
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<strong>Jahresbericht</strong><br />
Der<br />
des <strong>NAV</strong>-<strong>Virchow</strong>-<strong>Bund</strong>es<br />
2013<br />
ein glaubhafter Selbstreinigungsprozess ist<br />
gelebte Selbstverwaltung“, sagte der <strong>NAV</strong>-<br />
<strong>Virchow</strong>-<strong>Bund</strong>-Vorsitzende.<br />
Auf eine stärkere Einbeziehung der Selbstverwaltung<br />
zielen auch die derzeit diskutierten<br />
Gesetzesänderungen ab. So sollen<br />
die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig<br />
Fälle von Abrechnungsbetrug oder anderes<br />
Fehlverhalten an Behörden und Ärztekammern<br />
melden, wofür derzeit die rechtliche<br />
Grundlage fehlt. So würden nach Meinung<br />
der Initiatoren aus der Politik nicht nur<br />
berufsrechtliche Verstöße, sondern auch<br />
Qualitätsmängel leichter geahndet werden<br />
können. Allerdings mehren sich bereits die<br />
Stimmen von Verbraucherschützern und<br />
anderen Experten des Gesundheitswesen,<br />
die davor warnen, allein auf die Selbstverwaltung<br />
zu setzen. Dabei können sich<br />
deren Vorstöße, gegen Korruption vorzugehen,<br />
bereits jetzt durchaus sehen lassen.<br />
In den vergangenen Jahren haben die<br />
Ärztekammern in fast 1.000 Fällen Ermittlungsverfahren<br />
gegen Mediziner wegen<br />
Korruptionsverdachts in Gang gesetzt. 163<br />
dieser Fälle endeten mit einer Strafe. Den<br />
Kassen ist das zu wenig. Sie sehen eine<br />
grobe Gesetzeslücke. Auch die von Professor<br />
Frank Ulrich Montgomery geforderten<br />
größeren Ermittlungsrechte für die ärztliche<br />
Selbstverwaltung stießen auf Kritik. In<br />
der „Frankfurter Rundschau“ erklärte Uwe<br />
Dolata vom <strong>Bund</strong> Deutscher Kriminalbeamter,<br />
dass damit das Rechtssystem untergraben<br />
werde. Er forderte die Einführung<br />
von konkreten Straftatbeständen, die<br />
staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ermöglichen.<br />
Ähnlich äußerte sich auch<br />
Professor Gerd Glaeske vom Bremer Zentrum<br />
für Sozialpolitik.<br />
Faktum ist, dass Korruption im Gesundheitswesen<br />
– wie in allen anderen Bereichen<br />
des gesellschaftlichen Lebens – wohl<br />
nie ganz ausgeschlossen werden kann. Die<br />
derzeitige Diskussion verschweigt aber die<br />
erheblichen Fortschritte, die von allen<br />
Beteiligten schon erzielt worden sind. So<br />
haben sich zahlreiche pharmazeutische Unternehmungen<br />
bereits eigene Anti-Korruptionsrichtlinien<br />
gegeben, bei deren Zuwiderhandlung<br />
den betreffenden Mitarbeitern<br />
sogar die fristlose Kündigung droht.<br />
Schon seit Jahren ist es Ärzten im Berufsrecht<br />
explizit verboten, Vorteile für Gegenleistungen<br />
anzunehmen. Nicht zuletzt aber<br />
sind die Ärztekammern, die für die Überwachung<br />
des Berufsrechts zuständig sind,<br />
Körperschaften des öffentlichen Rechts, die<br />
allesamt der Rechtsaufsicht durch die jeweiligen<br />
Landesministerien unterstehen.<br />
Sie haben damit den gleichen Status wie<br />
die gesetzlichen Krankenkassen. Die Diskussion<br />
ist nicht zuletzt so aufgeflammt,<br />
weil die Zeit zwischen Weihnachten und<br />
dem Jahresanfang traditionell eher nachrichtenarm<br />
ist. Alle Beteiligten sollten sich<br />
aber davor hüten, sie zu überziehen – ein<br />
Generalverdacht gegen Ärzte darf nicht<br />
geschürt werden. Niemand zweifelt daran,<br />
dass der mit Abstand größte Teil der deutschen<br />
Ärzte unanfällig gegen Korruption<br />
ist und seine Tätigkeit ausschließlich am<br />
Wohl des Patienten ausrichtet. Für sie steht<br />
das Vertrauensverhältnis mit den Patienten<br />
an erster Stelle. Wenn dieses jetzt ausgerechnet<br />
durch eine Diskussion über einzelne<br />
konkrete und viel mehr noch über unterstellte<br />
Bestechungsvorwürfe leidet, wäre<br />
keinem geholfen. Am wenigsten den Patienten<br />
selbst.<br />
Praxisgebühr<br />
Das kurze Leben einer<br />
Ungeliebten<br />
Seit Beginn der Einführung der Praxisgebühr<br />
hat der <strong>NAV</strong>-<strong>Virchow</strong>-<strong>Bund</strong> gegen sie<br />
angekämpft. In sage und schreibe 28 Veröffentlichungen<br />
forderte der Verband die<br />
Abschaffung der Kassengebühr, da sie als<br />
reines Zuzahlungsinstrument systemfremd<br />
in der Arztpraxis erhoben wird und dort zu<br />
nicht unerheblichem bürokratischem Aufwand<br />
führt.<br />
Ursprünglich von der rot-grünen Koalition<br />
2004 als Steuerungsinstrument bei Arztbesuchen<br />
eingeführt (Gesetz zur Modernisierung<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
– GMG), stellten sich <strong>Bund</strong>espolitiker von<br />
SPD und Grünen sowie die Länder mit<br />
gleichfarbigen Regierungskoalitionen<br />
schnell an die Spitze der Bewegung, die<br />
dieses wenig geliebte Instrument wieder<br />
abschaffen will.<br />
Die Geschichte der Praxisgebühr ist konfliktbeladen,<br />
die Diskussionen darüber<br />
weitestgehend emotional und damit oft<br />
irrational. Das begann schon mit ihrer<br />
Einführung. Während die damaligen Oppositionsparteien<br />
CDU/CSU und FDP immer<br />
wieder eine stärkere Eigenverantwortung<br />
der Versicherten forderten, war es ausgerechnet<br />
das rot-grüne Regierungsbündnis,<br />
das diesen Schritt mit dem GMG vollzog.<br />
Neben der Entlastung der Krankenkassen<br />
um geplante 2,5 Milliarden Euro hatte die<br />
<strong>Bund</strong>esregierung damals nach eigener<br />
Aussage zwei Ziele. Zum einen sollte die<br />
„Eigenverantwortung der Versicherten für<br />
ihre Gesundheit“ gestärkt werden. Man<br />
wollte verhindern, dass Patienten auch mit<br />
Bagatellerkrankungen gleich den Arzt<br />
aufsuchten. Zum anderen wollte man aber<br />
auch die Selbstüberweisungen reduzieren.<br />
Der für die Kassen oft teure Gang zum<br />
Facharzt sollte nur nach Überweisung<br />
durch den Hausarzt stattfinden. Denn legt<br />
der Patient in der Fachpraxis einen Überweisungsschein<br />
vor, muss er die bereits<br />
beim Allgemeinarzt gezahlten zehn Euro<br />
nicht noch einmal entrichten.<br />
Gegen diese Neuregelung liefen die Ärzte<br />
seinerzeit Sturm. Sie warnten vor der Gefahr,<br />
dass die Gebühr bei sozialschwachen<br />
Patienten dazu führen könne, notwendige<br />
Arztbesuche nur aus Geldmangel zu unterlassen.<br />
Zudem wollten sich Deutschlands<br />
niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nicht<br />
zu Inkasso-Büros für die gesetzliche<br />
Krankversicherung degradieren lassen.<br />
Genutzt hat ihnen das wenig. Bis zum<br />
Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V. 47