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dressler/fo 134/reportage/freunek<br />
verschlungene Gebäude mit kleinen Zinnen<br />
oben drauf, orientalischer Basar, Henna-Kurs<br />
für die moderne, europäische Frau und natürlich<br />
Internet-Terminals und Gewinnspiel<br />
mit Verlosung. Zu gewinnen: eine Woche<br />
Luxus-Urlaub.<br />
Auf dem weiteren Weg nordwärts lassen<br />
wir den rumänischen Pavillon links liegen.<br />
Dort singt ein einsamer Sänger rumänische<br />
Volksweisen (vielleicht auch osteuropäische<br />
Schlager) in solcher Schönheit, daß die Besucher<br />
einen kreisförmigen Flucht-Bogen um<br />
diesen Pavillon einschlagen. Von dieser<br />
Fluchtroute profitiert Italien. Unmittelbar stehen<br />
wir vor dem Eingang des italienischen<br />
Pavillons. Warum nicht?<br />
Gesagt, getan. Dieser Pavillon bekam von<br />
mir im Anschluß das Etikett „Der Geschäftstüchtigste!“<br />
Die Ausstellung, die uns das italienische<br />
Dolce Vita vermittelt, beinhaltet einen<br />
Maserati sowie einen Maserati-Motorblock,<br />
einen Ferrari (und natürlich auch einen<br />
Ferrari-Motorblock), einen Fiat (jedoch<br />
keinen Fiat-Motor) einen Schiffs-Diesel und<br />
einige Ölgemälde, italienische Fresken, einige<br />
Skulpturen und Vasen sowie zwei hübsche<br />
Hostessen des italienischen Fremdenverkehrsbüros,<br />
die uns die Vorzüge des Italien-Urlaubes<br />
erläutern. „Oh, how<br />
interesting“, entgegne ich. Das wiederum verwirrt<br />
die beiden Damen, die sich zum Glück<br />
auf Englisch nicht einstellen können (oder<br />
wollen). Das erspart mir weitere Erläuterungen.<br />
Gegenüber schaut uns der litauische Pavillon<br />
entgegen. Er sieht aus wie ein auf den<br />
Kopf gestellter Handstaubsauger in gelber<br />
Signalfarbe. „Das ist doch Grund genug“, lokke<br />
ich meine beiden Begleiter. Sie willigen<br />
ein. Zumal, er liegt eh auf dem Weg nordwärts.<br />
Nein, nichts besonderes zu vermelden.<br />
Litauen ist ein kleines Land. Da ist nicht<br />
Pompöses. Es gibt einen Filmsaal mit einer<br />
12-Minuten-Schau und einige Exponate im<br />
Halbdunkel. Liebevoll gestaltet sind die<br />
Touchscreen-Terminals, die eine virtuelle<br />
Kamerafahrt durch die Hauptstadt ermöglichen<br />
oder ein Geschicklichkeits-Puzzle, um<br />
aus neun Puzzleteilen, die drei Richtigen zu<br />
einer Rakete zusammenzufügen. Hat man<br />
das bewältigt gibt es ein drolliges „Herzlichen<br />
Glueckwunch, sie haben ein schwierige<br />
Aufgabe gelöst. Bereit für ein komplizierte<br />
nächste Aktion?“<br />
Sympathie-Pavillon<br />
Da Silke mir am Vortag noch den Finnischen<br />
Pavillon anempfohlen hatte, schlage<br />
ich einen weiteren Stopp vor. Es stauen sich<br />
schon einige Besucher davor. Wir sind etwas<br />
verblüfft, als wir den Grund für die Verzögerung<br />
sehen. Eine nette Hostess in Landestracht<br />
steht am Pavillon-Eingang und begrüßt<br />
jeden einzelnen Besucher per Handschlag.<br />
Der sympathische Ersteindruck hält<br />
an. Der Eingangsbereich ist derart unkonventionell<br />
gestaltet, daß die Besucher auf-<br />
FO 134 · 8/00<br />
geregt tuscheln. Ein gelungener Spagat vom<br />
Elch bis zum Handy. Etwas Ruhe und Zeit<br />
sollte man jedoch mitbringen, um diesen<br />
Pavillon wirken zu lassen. Es lohnt sich!<br />
Ein Blick auf die Uhr und wir erkennen,<br />
daß es kurz nach 17 Uhr ist. In knapp zweieinhalb<br />
Stunden wird der Sonderzug nach<br />
Osnabrück abdüsen. „Ach du Sch... „ entfährt<br />
es mir da. Und es gibt noch dermaßen<br />
viel zu sehen. So lassen wir den ungarischen<br />
Pavillon, der aus zwei nach oben offenen<br />
Schalen besteht und in dessen Rund sich<br />
Klappen mit „Ereignissen aus der ungarischen<br />
Geschichte“ öffnen, schweren Herzens<br />
beiseite und streben Richtung Postbox. Einer<br />
der höchsten Pavillons des Ausstellungsgeländes<br />
mit einer Aussichtsplattform. Dort<br />
wollten wir sowieso hin, außerdem hat man<br />
von oben einen ungestörten Rundblick und<br />
kann auf dem Rückweg nach Westen noch<br />
einige Highlights auswählen. Der Blick ist<br />
fantastisch. Lediglich die etwas unmotivierte<br />
Briefkasten-Ausstellung im Eingangsbereich<br />
nervt. Mit gelben Klebebändern ist der<br />
Rundgangweg markiert, so daß man<br />
zwangsweise die drei Reihen à acht Briefkästen<br />
abschreiten muß, um den Fahrstuhl<br />
zur Aussichtsplattform zu erreichen. Hingegen<br />
ist die Teilnahme an der „längsten Postkarte<br />
der Welt“ (jeder Besucher füllt ein Kärtchen<br />
aus, und gibt in einem Satz an, was er<br />
sich von der Zukunft erwartet). Die<br />
Teilnahmekärtchen, natürlich an einem Gewinnspiel<br />
für eine Moutainbike, werden<br />
dann zu einer Postkarte zusammengefügt.<br />
Na, schaun mer mal.<br />
Hirse statt Bundeslade<br />
Eine digitale Anzeigentafel belehrt uns<br />
darüber, daß die Türkei nach wie vor geschlossen<br />
hat, am Bertelsmann-Ei die Wartezeit<br />
im Laufe des Tages noch länger geworden<br />
ist, Island und Norwegen mit kräftigem<br />
Besucher-Andrang kämpfen. Da fällt<br />
unser Blick auf etwas das aussieht, wie ein<br />
Ameisenhügel.<br />
„Äthiopien!“, belehrt mich Jürgen, „die verwahren<br />
angeblich auch die Bundeslade.“<br />
„Iss nicht wahr!“, entfährt es mir. „Haben<br />
die das Ding etwa ausgestellt?“<br />
Ein strafender Blick trifft mich. „Das größte<br />
Nationalheiligtum? Also hör mal!“<br />
„Auf jeden Fall sind keine Leute davor!“,<br />
gebe ich zu bedenken, „reingucken können<br />
wir doch zumindest mal.“<br />
Wir zuckeln los. „Kennt eigentlich einer<br />
die National-Hymne von Eritrea?“ frage ich<br />
harmlos.<br />
Angesichts dieser Bemerkung beschließt<br />
Angelika, daß wir eine letztes Foto vor dem<br />
Eingang des äthiopischen Pavillons machen.<br />
Man kann ja nie wissen. In der Tat. Eine<br />
Bundeslade gab es nicht. Der äthiopische<br />
Pavillon zeigt zwar etwas Historie, auch Lucy,<br />
eines der ältesten Skelette der Menschheitsgeschichte,<br />
anknüpfend an den Beginn der<br />
Menschwerdung, wird gezeigt. Doch dann<br />
wird sehr schnell auf die Gegenwart, die<br />
Landwirtschaft und Ernährungsproblematik<br />
im Osten Afrikas Bezug genommen. Zurück<br />
bleibt ein nachdenklicher Besucher.<br />
Den Schweizer Pavillon streifen wir auf<br />
unserem Rückweg nur noch kurz. Was auf<br />
dem Foto des Ausstellungskataloges span-<br />
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