neurologisch - Ãsterreichische Gesellschaft für Neurologie
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P.b.b. 07Z037411M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien, ISSN 2223-0629<br />
<strong>neurologisch</strong><br />
Fachmagazin für <strong>Neurologie</strong> AUSGABE 1/12<br />
Offizielles Organ<br />
der Österreichischen<br />
<strong>Gesellschaft</strong> für<br />
<strong>Neurologie</strong><br />
Neuroimaging<br />
Möglichkeiten und Grenzen<br />
MedMedia<br />
Verlags Ges.m.b.H.<br />
Kongresshighlights<br />
3. Tag der Epilepsie, Linz<br />
American Epilepsy Society<br />
ÖGSF-Jahrestagung<br />
<strong>Neurologie</strong> aktuell<br />
Biomarker der<br />
Alzheimer-Erkrankung<br />
<strong>Neurologie</strong> aktuell<br />
Autonome Komplikationen<br />
nach Schlaganfall
Editorial<br />
Sehr geehrte Frau Kollegin,<br />
sehr geehrter Herr Kollege!<br />
Die Jahrestagung 2012 der Österreichischen<br />
<strong>Gesellschaft</strong> für <strong>Neurologie</strong> findet – nach der<br />
3. Jahrestagung 2005 – wieder in Graz statt.<br />
Die Hauptthemen, die heuer gewählt wurden,<br />
stellen wichtige Bereiche der <strong>Neurologie</strong><br />
in den Mittelpunkt: einerseits die Grauzone<br />
zwischen normalem und pathologischem Altern<br />
und andererseits Innovationen in der<br />
Diagnostik <strong>neurologisch</strong>er Erkrankungen. Ich<br />
bin überzeugt, dass sowohl die Vorträge zu<br />
den Hauptthemen als auch die bewährten<br />
Beiträge „Mein interessantester Fall“ wieder<br />
großes Interesse finden werden. Auch die<br />
letztes Jahr erstmals durchgeführte und sehr<br />
erfolgreiche „Neuromillionenshow“ wird es<br />
wieder geben. Nutzen Sie die Möglichkeit<br />
des persönlichen Gesprächs mit Kolleginnen<br />
und Kollegen, und tragen Sie Ihre Wünsche<br />
auch an mich und die übrigen ÖGN-Vorstandsmitglieder<br />
persönlich heran. Ich freue<br />
mich darauf!<br />
Der Hauptteil dieser Ausgabe von neuro -<br />
logisch gilt dem Schwerpunktthema<br />
„Neuro imaging“. Dabei sollen einerseits die<br />
Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der<br />
bildgebenden Diagnostik aufgezeigt werden.<br />
Die Beiträge behandeln das Thema einerseits<br />
geordnet nach einzelnen <strong>neurologisch</strong>en Erkrankungen<br />
(Schlaganfall, multiple Sklerose,<br />
Demenz, Epilepsie, Parkinson, ALS) und andererseits<br />
nach technisch-funktionellen Gesichtspunkten<br />
(funktionelle MRT, Hochfeld-<br />
MRT und technische Weiterentwicklungen).<br />
Den AutorInnen ist es hervorragend gelungen,<br />
nach diesen Gesichtspunkten einen sys -<br />
tematischen und höchst aktuellen Überblick<br />
über das für die <strong>Neurologie</strong> so wichtige<br />
Thema zu geben.<br />
Die Kongressberichte in diesem Heft um -<br />
fassen Beiträge zu den Jahrestagungen der<br />
Österreichischen <strong>Gesellschaft</strong> für Schlaganfallforschung<br />
im Jänner in Innsbruck und der<br />
American Epilepsy Society sowie zum Tag<br />
der Epilepsie.<br />
Ich darf Ihnen an dieser Stelle auch über einige<br />
wichtige Punkte der Tätigkeit des Vorstands<br />
der ÖGN berichten:<br />
Die Österreichische Ärztekammer beabsichtigt<br />
eine Neuordnung der Facharztausbildung<br />
(geplant schon ab 2014). Durch Änderungen<br />
im Studium der Humanmedizin an<br />
den österreichischen Medizin-Universitäten<br />
(Einführung eines klinisch-praktischen Jahres<br />
als 6. Studienjahr) soll für alle Sonderfächer<br />
ein gemeinsamer Ausbildungspfad (Innere<br />
Medizin und Chirurgie) in der Dauer von 9<br />
Monaten verpflichtend werden. Auch für die<br />
übrige Ausbildungszeit im Sonderfach sollen<br />
die Ausbildungsinhalte überprüft und angepasst<br />
werden. Neben einer für alle in Ausbildung<br />
Stehenden verpflichtenden Zeit sollen<br />
bis zu 3 – noch zu definierende – Spezialbereiche<br />
innerhalb der Ausbildungszeit<br />
von insgesamt 6 Jahren absolviert werden<br />
können. Die Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für<br />
<strong>Neurologie</strong> ist als assoziierte wissenschaftliche<br />
<strong>Gesellschaft</strong> von der Österreichischen<br />
Ärztekammer beauftragt, hier entsprechende<br />
Vorschläge vorzulegen. Wir werden Sie<br />
diesbezüglich auf dem Laufenden halten.<br />
In einem Informationsgespräch mit VertreterInnen<br />
des Hauptverbands der österreichischen<br />
Sozialversicherungsträger wurden im<br />
Jänner 2012 aktuelle Entwicklungen zur Erstattung<br />
von Medikamentenkosten diskutiert.<br />
Dabei konnten einige Probleme geklärt<br />
werden. Besonders wichtig waren auch die<br />
wechselseitigen Informationen zur Verordnung<br />
von Generika (siehe auch Seite 6, <strong>Gesellschaft</strong>snachrichten).<br />
Wie immer darf ich Ihnen bei der Lektüre<br />
der Beiträge viel Vergnügen wünschen. Ich<br />
hoffe auf Ihre Anregungen und bitte Sie,<br />
diese per E-Mail an unser Sekretariat<br />
(weinhart@admicos.com) oder während der<br />
Jahrestagung in Graz auch gerne an mich<br />
persönlich heranzutragen.<br />
Mit kollegialen Grüßen<br />
Ihr<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff<br />
Vorstand der Universitätsklinik für<br />
<strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Wien,<br />
Präsident der ÖGN<br />
Wollen Sie mit uns<br />
in Kontakt treten?<br />
Leserbriefe erwünscht:<br />
<strong>neurologisch</strong>@medmedia.at oder<br />
Seidengasse 9/Top1.1,<br />
1070 Wien<br />
Chefredaktion<br />
<strong>neurologisch</strong><br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />
SMZ Ost, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />
Generalsekretär der ÖGN<br />
FOTO: MEDCOMMUNICATIONS<br />
3
Wissenschaftlicher<br />
Beirat<br />
Bewegungsstörungen<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe, Innsbruck<br />
Epilepsie<br />
Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner, Wien<br />
Priv.-Doz. Dr. Michael Feichtinger, Graz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Eugen Trinka, Salzburg<br />
Schlafstörungen<br />
Univ.-Prof. Dr. Birgit Högl, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. DDr. Josef Zeitlhofer, Wien<br />
Neurorehabilitation<br />
Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Wien<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Binder, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Leopold Saltuari, Hochzirl<br />
Schlaganfall<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Aichner, Linz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Brainin, Tulln<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wilfried Lang, Wien<br />
Schmerz<br />
Dr. Gerhard Franz, Telfs<br />
Prim. Priv.-Doz. Dr. Christian Lampl, Linz<br />
Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic, Vöcklabruck<br />
Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Grisold, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Quasthoff, Graz<br />
Multiple Sklerose<br />
Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, Graz<br />
Univ.-Prof. Dr. Karl Vass, Wien<br />
Demenz<br />
Univ.-Prof. Dr. Thomas Benke, Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Peter Dal-Bianco, Wien<br />
Univ.-Prof. Dr. Reinhold Schmidt, Graz<br />
Autonome Störungen<br />
DI Dr. Heinz Lahrmann, Wien<br />
Dr. Walter Struhal, Linz<br />
Univ.-Prof. Dr. Gregor Wenning, Innsbruck<br />
Neurogeriatrie<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr, Linz<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Josef Spatt, Wien<br />
Neurochirurgie<br />
Univ.-Prof. Dr. Engelbert Knosp, Wien<br />
Prim. Univ.-Doz. Dr. Manfred Mühlbauer, Wien<br />
Prim. Doz. Dr. Gabriele Wurm, Linz<br />
Neuroimaging<br />
Prim. Univ.-Prof. DDr. Susanne Asenbaum-Nan, Amstetten<br />
Assoz. Prof. Dr. Christian Enzinger, Graz<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Kapeller, Villach<br />
Leitmotiv der<br />
aktuellen Ausgabe <strong>neurologisch</strong><br />
Die 1981 in Eisenstadt geborene und in Wiesen, Burgenland, aufgewachsenen Künstlerin<br />
Kathrin Keinrath absolvierte von 2000 bis 2002 das Kolleg für Grafik Design, New<br />
Design Centre, St. Pölten.<br />
Anschließend war sie mehrere Jahre als Grafikerin in diversen Werbeagenturen tätig.<br />
Seit 2007 studiert Keinrath an der Akademie der Bildenden Künste Wien künstlerisches<br />
Lehramt.<br />
„Durchstrahlen – Durchleuchten – Durchblicken. Der menschliche Körper wird durch -<br />
gecheckt: einerseits zur Stellung und Bestätigung einer Diagnose, andererseits zur Verlaufskontrolle.<br />
Einzelne Areale werden räumlich wahrnehmbar, Schnittbilder offenbaren<br />
unsere Zukunft.“<br />
Kathrin Keinrath<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Österreichische <strong>Gesellschaft</strong> für <strong>Neurologie</strong>, Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Präsident der ÖGN. Chefredaktion: Univ.-Prof. Dr. Bruno<br />
Mamoli, Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager. Medieninhaber und Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407 31 11-0,<br />
E-Mail: office@medmedia.at. Verlagsleitung: Mag. Gabriele Jerlich. Redaktion: Maria Uhl. Lektorat: onlinelektorat@aon.at. Layout/DTP: Martin Grill. Projektbetreuung: Natascha<br />
Fial. Coverbild: Kathrin Keinrath. Print: „agensketterl“ Druckerei GmbH, Mauerbach. Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift ist zum Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu beziehen.<br />
Druckauflage: 8.140 Stück im 2. Halbjahr 2011, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle. Grundsätze und Ziele von <strong>neurologisch</strong>: Kontinuierliche medizinische<br />
Fortbildung für Neuro logen, Psychi ater und Allgemeinmediziner. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche<br />
Meinung des jeweiligen Autors wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen<br />
von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung übernehmen Medieninhaber<br />
und Herausgeber keinerlei Haftung für drucktechnische und inhaltliche Fehler. Ausgewählte Artikel dieser Ausgabe finden Sie auch unter<br />
www.medmedia.at zum Download. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil<br />
des Werkes darf in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter<br />
Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden.<br />
OFFENLEGUNG gemäß §25 Mediengesetz:<br />
Verlag: MedMedia Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien. Geschäftsführer: Mag. Wolfgang Maierhofer. Inhaber: 50 % P&V Holding AG, 45 %<br />
Wolfgang Maierhofer Privatstiftung, 5 % Mag. Gabriele Jerlich. Gegenstand des Unternehmens: Herstellung und Vertrieb von Medien aller Art. Medieninhaber: MedMedia<br />
Verlag und Media service Ges.m.b.H. Redaktion: Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien. Hersteller: „agensketterl“ Druckerei GmbH, Mauerbach.<br />
4
Inhalt 1/2012<br />
GESELLSCHAFTSNACHRICHTEN<br />
8 Neuigkeiten aus der ÖGN<br />
98 Veranstaltungskalender<br />
SCHWERPUNKT:<br />
Neuroimaging: Möglichkeiten und Grenzen<br />
11 Vorwort<br />
C. Enzinger, Graz<br />
12 Schlaganfall<br />
F. Fazekas, Graz; J. Fiebach, Berlin<br />
18 Multiple Sklerose<br />
M. Khalil, Graz; P. Kapeller, Villach<br />
25 Demenzerkrankungen<br />
S. Asenbaum-Nan, Amstetten; W. Staffen, Salzburg<br />
29 Epilepsie<br />
G. Kuchukhidze, Innsbruck; E. Pataraia, Wien<br />
36 Parkinson-Syndrome<br />
K. Seppi, M. Schocke, C. Müller, Innsbruck;<br />
W. Pirker, Wien<br />
51 Amyotrophe Lateralsklerose<br />
J. Kassubek, Ulm; C. Langkammer, Graz<br />
60 Ultrahochfeld-MRT (7 Tesla) bei<br />
<strong>neurologisch</strong>en Fragestellungen und<br />
technische Weiterentwicklungen<br />
S. Trattnig, Wien; S. Ropele, Graz<br />
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
80 Schlafstörungen<br />
B. Frauscher, B. Högl, Innsbruck<br />
80 Schlaganfall<br />
K. Matz, Krems<br />
84 Schmerz<br />
C. Lampl, C. Schweiger, Linz<br />
86 Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
G. Kovacs, E. Dassler, I. Leisser, Wien<br />
88 Autonome Störungen<br />
M. Hilz, Erlangen-Nürnberg<br />
92 Neurogeriatrie<br />
B. Iglseder, Salzburg<br />
95 Pharma-News<br />
54 Funktionelle Magnetresonanztomographie<br />
(fMRT)<br />
C. Enzinger, Graz; R. Beisteiner, Wien<br />
KONGRESS-HIGHLIGHTS<br />
FOTOS: OPENLENS, JSTOCK, DAVIDUNDDERRIESE - FOTOLIA.COM<br />
66 3. Tag der Epilepsie,<br />
Linz<br />
C. Tilz, Regensburg<br />
68 65. Jahrestagung der<br />
American Epilepsy<br />
Society 2011<br />
M. Feucht, Wien<br />
70 15. Jahrestagung<br />
der Österreichischen<br />
Schlaganfall-<strong>Gesellschaft</strong><br />
(ÖGSF)<br />
J. Willeit, Innsbruck<br />
5
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Wichtiges aus der Österreichischen Ärztekammer, den<br />
Bundesministerien und Sozialversicherungen<br />
Änderungen bei Arzneispezialitäten<br />
Am 26. Jänner 2012 fand ein Gedankenaustausch zwischen Vertretern<br />
der ÖGN (Dr. Michael Ackerl, Prof. Eduard Auff, Doz. Regina<br />
Katzenschlager, Prof. Bruno Mamoli) und dem Hauptverband statt.<br />
Wir dürfen auf die neuen Regeltexte mit Gültigkeitsbeginn 1. Feb ruar<br />
2012 für nachfolgende Arzneispezialitäten aufmerksam machen:<br />
Pradaxa ®<br />
Pradaxa ® 150-mg-Hartkapseln 30/60 St. + Pradaxa ® 110-mg-Hartkapseln<br />
60 St.: Gelber Bereich, RE1<br />
Zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei<br />
erwachsenen PatientInnen mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern mit<br />
einem oder mehreren der folgenden Risikofaktoren:<br />
• vorausgegangener Schlaganfall, transitorische ischämische<br />
Attacke oder systemische Embolie<br />
• linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40 %<br />
• symptomatische Herzinsuffizienz New York Heart Association<br />
(NYHA) Klasse 2<br />
• Alter 75 Jahre<br />
• Alter 65 Jahre einhergehend mit einer der folgenden<br />
Erkrankungen: Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung oder<br />
arterielle Hypertonie.<br />
Cave Nierenfunktion: Vor dem Beginn einer Behandlung mit<br />
Pradaxa ® ist die Nierenfunktion durch Bestimmung der Kreatinin-<br />
Clearance (CrCl) zu überprüfen, um PatientInnen mit schwerer<br />
Beeinträchtigung der Nierenfunktion (= CrCl < 30 ml/min) von der<br />
Behandlung auszuschließen. Während der Behandlung ist die<br />
Nierenfunktion in bestimmten klinischen Situationen, in denen<br />
eine mögliche Abnahme oder Verschlechterung der Nierenfunktion<br />
zu vermuten ist (z. B. Hypovolämie, Dehydratation und Verwendung<br />
bestimmter Begleitmedikamente), zu überprüfen. Bei PatientInnen<br />
über 75 Jahren oder bei PatientInnen mit Beeinträchtigung<br />
der Nierenfunktion ist die Nierenfunktion mindestens einmal<br />
jährlich zu überprüfen.<br />
Pradaxa ® eignet sich für eine chef(kontroll)ärztliche Langzeitbe wil -<br />
ligung für 6 Monate (L6).<br />
Info zu Pradaxa ® : die 30-Stk.-Packung Pradaxa ® 110-mg-Hart -<br />
kapseln ist nicht in dieser Indikation im EKO angeführt; sollte<br />
diese Pa ckungsgröße jedoch zur Einstellung für PatientInnen mit<br />
Vorhofflimmern benötigt werden, kann diese nach Einholung<br />
einer chefärztlichen Bewilligung auf Kosten der Kasse verordnet<br />
werden.<br />
Trobalt ®<br />
Trobalt ® 50-mg-/100-mg-Filmtabletten 63 Stk. (Starterpackung) +<br />
Trobalt ® 50-mg-/100-mg-/200-mg-/300-mg- und 400-mg-Filmtabletten<br />
jeweils zu 84 Stk.: Gelber Bereich, RE1<br />
Zusatztherapie von therapieresistenten fokalen Anfällen mit oder<br />
ohne sekundäre Generalisierung bei EpilepsiepatientInnen ab 18 Ja h -<br />
ren.<br />
Diagnosestellung, Erstverordnung und regelmäßige Kontrollen<br />
durch den Facharzt/die Fachärztin.<br />
Trobalt ® eignet sich für eine chef(kontroll)ärztliche Langzeitbewil -<br />
ligung für 12 Monate (L12).<br />
Topiramat<br />
Hinsichtlich der Verschreibbarkeit von Topiramat wird uns vom<br />
Hauptverband mitgeteilt, dass Topiramat G.L. (alle Stärken, alle Formen)<br />
nicht mehr lieferbar ist. Topiramat easypharm 25-mg-Filmtabletten<br />
60 St. wurde aus dem Erstattungskodex gestrichen.<br />
Galantamin<br />
Hinsichtlich Galantamin konnte uns seitens des HV noch keine<br />
Informationen mitgeteilt werden, da es sich um ein laufendes Verfahren<br />
handelt und der Hauptverband bei Vorliegen eines laufenden<br />
Verfahrens nicht in Diskussion eintritt.<br />
Mit 1. Februar 2012 tritt die 86. Änderung des Erstattungskodex<br />
(EKO) in Kraft.<br />
Link: https://intra-avi.sozvers.at/avi/allgemein/startseite.xhtml<br />
6
Zusammengestellt von:<br />
Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager<br />
und Univ.-Prof. Dr. Bruno Mamoli<br />
Jobbörse<br />
Die Privatklinik Rudolfinerhaus, Wien sucht eine/einen<br />
engagierte/engagierten Fachärztin/Facharzt<br />
für <strong>Neurologie</strong> bzw. <strong>Neurologie</strong> und Psychiatrie zum Aufbau des Zentrums für <strong>Neurologie</strong> in der Privatklinik Rudolfinerhaus, 1190 Wien.<br />
Tätigkeitsprofil: Stationsführung, Ambulanzbetrieb, Zusatzdiagnostik: NLG, EMG, EEG, 25 Std./Woche plus Rufbereitschaft.<br />
KV-Gehalt ohne Vordienstzeiten € 2.178,20 brutto pro Monat für 25 Std./Woche.<br />
Überzahlung qualifikationsbedingt möglich.<br />
Bewerbung an: jobs@rudolfinerhaus.at<br />
Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H.<br />
Das Landeskrankenhaus Bruck a. d. Mur, Abteilung für <strong>Neurologie</strong>, sucht eine/einen<br />
1. Oberärztin/Oberarzt für <strong>Neurologie</strong><br />
Unsere Neurologische Abteilung hat 72 Betten, bestehend aus zwei Bettenstationen, einer Stroke Unit und einer Neuro Rehab B.<br />
Das Einzugsgebiet für unsere Abteilung hat ca. 300.000 EinwohnerInnen. Der Abteilung stehen alle technischen und strukturellen Ressourcen<br />
zur Verfügung. Wir sind auch Lehrabteilung der Med.-Uni Graz.<br />
Unser Angebot:<br />
Wir würden gerne eine Kollegin oder einen Kollegen mit Kompetenz in unser Team aufnehmen und ihre/seine persönliche Zufriedenheit<br />
und fachliche Weiterentwicklung aktiv unterstützen.<br />
Beschäftigungsausmaß: 100 %<br />
Dienstantritt: ab 01. 05. 2012<br />
Ende der Bewerbungsfrist: 15. 04. 2012<br />
Das Dienstverhältnis erfolgt mit dem Land Steiermark in Österreich.<br />
Das Land Steiermark und wir als Unternehmen im Alleineigentum des Landes Steiermark streben eine weitere Erhöhung des Frauenanteils an<br />
und laden daher besonders Frauen zur Bewerbung ein.<br />
FOTO: PERO-DESIGN - FOTOLIA.COM<br />
Informationen und Bewerbungen:<br />
Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. Bruck a. d. Mur,<br />
LKH Bruck/Mur, Abteilung für <strong>Neurologie</strong>,<br />
z. Hd. Herrn Prim. Dr. Stjepan Varosanec,<br />
Tragösserstraße 1, 8600 Bruck/Mur<br />
Tel.: +43 3862/895-2601, Fax: +43 3862/895-2640<br />
E-Mail: stjepan.varosanec@lkh-bruck.at<br />
7
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!<br />
Der vorliegenden Ausgabe von<br />
<strong>neurologisch</strong> liegen die aktuellen<br />
„PUNKTE“ <strong>Neurologie</strong> bei.<br />
Der DFP-Beitrag von Prim. Univ.-<br />
Prof. Dr. Wolfgang Grisold,<br />
Wien, widmet sich den Tumoren<br />
des ZNS. In dem Artikel werden<br />
praxisnah die verschiedenen therapeutischen<br />
Möglichkeiten bei<br />
primären Hirntumoren – insbesondere<br />
malignen Gliomen –<br />
und Gehirnmetastasen bis hin zu<br />
palliativen Maßnahmen dargestellt.<br />
Nicht weniger praxisrelevant ist der DFP-Beitrag von Univ.-Prof. Dr.<br />
Gerald Wiest, Wien, der sich mit dem Schwindel befasst. In dem<br />
Artikel werden die wichtigsten Manifestationsformen und Ätiologien<br />
von Gleichgewichtsstörungen zusammengefasst und die entsprechenden<br />
diagnostischen und therapeutischen Interventionen<br />
erläutert.<br />
Sollte Ihrer <strong>neurologisch</strong>-Ausgabe keine aktuelle Ausgabe von<br />
„die PUNKTE“ beiliegen, besteht die Möglichkeit, diese unter<br />
<strong>neurologisch</strong>@medmedia.at anzufordern.<br />
Diese Möglichkeit besteht ebenso für bereits erschienene Ausgaben:<br />
Die PUNKTE NEUROLOGIE 2/11<br />
• Multiple Sklerose – von der Immunpathogenese zur Therapie<br />
• Schlafstörungen – Diagnose und Therapie<br />
die PUNKTE NEUROLOGIE 1/11<br />
• Migräne – Klinik, Diagnostik, Akuttherapie und Prophylaxe<br />
die PUNKTE NEUROLOGIE 2/10<br />
• Morbus Parkinson: Diagnose und Therapie<br />
• Neuroborreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis<br />
Änderungen im LKF-System 2012<br />
Im Vergleich zum Vorjahr ergeben sich zwar keine Veränderungen mit großer Auswirkung, jedoch sind einige Punkte erwähnenswert:<br />
1. Es wurde eine vorübergehende MEL zur Thrombektomie bei Schlaganfall genehmigt, diese wird jedoch üblicherweise seitens der<br />
Radiologie abgerechnet.<br />
2. Die Neuberechungen der Belagsdauer führt zu geringfügiger Abwertung bei 7 HDG. Dies dürfte jedoch keine großen Auswirkungen<br />
haben.<br />
3. Bei der Intensivdokumentation ergab sich folgende Neuerung: Einstufungen sind nunmehr nach SAPS 3 und TISS-A zu dokumentieren.<br />
Diese ersetzt SPAS II und TISS-28. Die TRISS-Dokumentation entfällt.<br />
4. Kurzzeitige Unterbrechungen längerer stationärer Aufenthalte, welche bisher nur im Rahmen psychiatrischer Therapien möglich waren,<br />
sind nun auch für PatientInnen der „akuten <strong>neurologisch</strong>en Nachbehandlung“ an Stelle von Entlassungen und Wiederaufnahmen<br />
möglich und müssen verpflichtend dokumentiert werden. Die Dokumentationsrichtlinien sind unter Punkt „6.2 Dokumentation von<br />
Unterbrechungen“ nachzulesen.<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Kapeller, LKH Villach, Abt. für <strong>Neurologie</strong> und Psychosomatik<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Kiechl, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong> Innsbruck<br />
8
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging: Was ist möglich,<br />
und wo sind die Grenzen der Bildgebung?<br />
Neuroimaging-Methoden sind in der Diagnose, Differenzialdiagnose und Verlaufsbeurteilung <strong>neurologisch</strong>er<br />
Erkrankungen unverzichtbar und haben auch zunehmend Gewicht bei Therapieentscheidungen. Ein sinnvoller<br />
Einsatz erfordert jedoch umfassende Kenntnisse der Möglichkeiten und Limitationen dieser Methoden.<br />
F<br />
Für die Weiterentwicklung der MRT erhielten<br />
der Amerikaner Paul Lauterbur und der Brite<br />
Sir Peter Mansfield 2003 den Medizinnobelpreis<br />
basierend auf Arbeiten zu Beginn der<br />
70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts.<br />
Der Begründung der Akademie nach hätten<br />
sie die medizinische Diagnostik erneuert.<br />
Damit wurde diese Auszeichnung bereits viermal<br />
auf dem Gebiet der Kernresonanz vergeben<br />
(für die Entdeckung an die beiden US-<br />
Amerikaner Felix Bloch und Edward M. Purcell<br />
1952 für Physik, 1991 für den Schweizer Richard<br />
Ernst für Chemie).<br />
2012 ist die MRT im Management von <strong>neurologisch</strong>en<br />
Erkrankungen nicht mehr wegzudenken,<br />
wobei dies sicher auch für andere<br />
Neuroimaging-Techniken gilt. Ein wesentliches<br />
Kennzeichen der MRT ist ihre hohe Sensitivität,<br />
was neben diagnostischen Vorteilen<br />
auch die Gefahr von Zufallsbefunden oder<br />
Befunden mit fraglicher klinischer Relevanz<br />
birgt. Die Methode ist mittlerweile weit verfügbar:<br />
In OECD-Statistiken liegt Österreich<br />
in Europa bei der Zahl von Großgeräten deutlich<br />
an der Spitze (nur Island, USA und Japan<br />
haben mehr Geräte). So gab es 2006 in Österreich<br />
16,8 MRTs pro 1 Million Einwohner,<br />
verglichen mit 7,7 in Deutschland.<br />
Mit dem Ziele optimierten Versorgung von<br />
PatientInnen mit <strong>neurologisch</strong>en Erkrankungen<br />
im Fokus nimmt die <strong>Neurologie</strong> eine<br />
Schlüsselposition in der Indikationsstellung<br />
ein. Ein verantwortungsvoller und zielgerichteter<br />
Einsatz von Neuroimaging setzt jedoch<br />
umfangreiches Wissen um deren Möglichkeiten,<br />
aber auch Grenzen und Limitationen voraus.<br />
Folglich stellt die Ausbildung in diesen<br />
Bereichen auch einen wichtigen Schwerpunkt<br />
der Bemühungen der ÖGN dar.<br />
In diesem Sinne wurde auch das vorliegende<br />
Themenheft gestaltet, welches eindrucksvoll<br />
die Breite, aber auch Tiefe der Methoden<br />
demonstriert und zugleich deren klinischen<br />
Stellenwert kritisch beleuchtet.<br />
Mit Schlaganfall wird gleich zu Beginn ein<br />
medizinisch dringliches Thema von Univ.-Prof.<br />
Dr. Franz Fazekas, Medizinische Universität<br />
Graz, und Priv.-Doz. Dr. Jochen B. Fiebach,<br />
Center for Stroke Research Berlin (CSB) Charité<br />
Berlin, bearbeitet.<br />
Mit multipler Sklerose beschäftigt sich der<br />
Artikel von Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Kapeller,<br />
Abteilung für <strong>Neurologie</strong> und Psychosomatik,<br />
LKH Villach, und Dr. Michael Khalil, Medizinische<br />
Universität Graz.<br />
Bewährtes und Neues zum Neuroimaging bei<br />
Demenzen berichten Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Susanne Asenbaum-Nan, Landesklinikum<br />
Amstetten und Amstetten-Mauer, und Univ.-<br />
Doz. Dr. Wolfgang Staffen, Medizinische<br />
Privatuniversität Salzburg.<br />
Der Stellenwert des Neuroimaging in der<br />
Epilepsie wird von Dr. Giorgi Kuchukhidze,<br />
Medizinische Universität Innsbruck, und<br />
Univ.-Prof. Dr. Ekaterina Pataraia, Medizi -<br />
nische Universität Wien, erörtert.<br />
Möglichkeiten der Bildgebung auf dem Gebiet<br />
der Parkinson-Syndrome werden umfassend<br />
von Univ.-Prof. Dr. Klaus Seppi, Univ.-<br />
Prof. Dr. Michael Schocke und Dr. Christoph<br />
Müller, Medizinische Universität Innsbruck,<br />
sowie Univ.-Prof. Walter Pirker, Medizinische<br />
Universität Wien, diskutiert.<br />
Was die Methoden gegenwärtig und künftig<br />
Assoz.-Prof. Dr. Christian Enzinger<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong><br />
Medizinische Universität Graz<br />
für den Beirat Neuroimaging der ÖGN<br />
(Prim. Univ.-Prof. Dr. Susanne Asenbaum-Nan,<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Kapeller)<br />
auf dem Gebiet der amyotrophen Lateral -<br />
sklerose zu leisten imstande wären, wird von<br />
Prof. Dr. Jan Kassubek, Universität Ulm, und<br />
DI Christian Langkammer, Medizinische Universität<br />
Graz, skizziert.<br />
Mit der funktionellen MRT beschäftigen sich<br />
Assoz.-Prof. Christian Enzinger, Medizinische<br />
Universität Graz, und Univ.-Prof. Roland Beisteiner,<br />
Medizinische Universität Wien, in<br />
ihrem Beitrag.<br />
Univ.-Prof. Siegfried Trattnig, Medizinische<br />
Universität Wien und Assoz.-Prof. Stefan Ropele,<br />
Medizinische Universität Graz, vermitteln<br />
uns schließlich mit ihrem Artikel „Hochfeld-MRT<br />
und technische Weiterentwicklungen“<br />
den Eindruck „die Zukunft ist jetzt“<br />
und geben Ausblicke auf Entwicklungen, die<br />
uns künftig weiter faszinieren, aber auch fordern<br />
werden.<br />
Abschließend sei allen AutorInnen für Ihre<br />
wertvollen Beiträge gedankt. Wir hoffen dass<br />
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit<br />
ein für Ihre Arbeit sinnvolles Kompendium in<br />
Händen halten.<br />
n<br />
11
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Schlaganfall<br />
Die zunehmend breite Verfügbarkeit der Magnetresonanztomographie (MRT) verbunden mit den<br />
Weiterentwicklungen dieser Technologie in Hinblick auf Feldstärke und Gerätekonfiguration, Spulensysteme,<br />
Pulssequenzen sowie Darstellungs- und Auswertungssoftware erlauben ein immer genaueres und detaillierteres<br />
Erfassen von morphologischen und funktionellen Veränderungen des Gehirns und seiner Gefäße. Dies hat für<br />
den Einsatz beim Schlaganfall zu einer Fülle neuer Erkenntnisse und Möglichkeiten geführt, die einen wichtigen<br />
Beitrag in der Diagnosesicherung liefern, unser pathophysiologisches Verständnis in Bezug auf verschiedene<br />
Aspekte des Schlaganfalls vertiefen und immer mehr auch Eingang in das therapeutische Management dieses<br />
höchst variablen Krankheitsbildes finden.<br />
IIn der akuten Phase des Schlaganfalls mit<br />
Blickpunkt Thrombolyse, d. h. innerhalb der<br />
ersten 4,5 Stunden, tritt die Bedeutung der<br />
detaillierten morphologischen oder funktionellen<br />
Information heute noch eindeutig hinter<br />
den möglichst raschen Behandlungsbeginn<br />
zurück. Der für die Thrombolyse geforderte<br />
Ausschluss einer subarachnoidalen oder<br />
intrazerebralen Blutung als Ursache des<br />
Schlaganfalls oder einer anderen augenfälligen<br />
morphologischen Veränderung, welche<br />
als Kontraindikation für eine derartige Behandlung<br />
anzusehen wäre, kann auch mit<br />
der kranialen Computertomographie (CT)<br />
rasch und sicher erfolgen.<br />
Auch der Nachweis von Hauptstammverschlüssen<br />
der größeren hirnversorgenden<br />
bzw. intrakraniellen Gefäße, die immer mehr<br />
als Indikation für eine zusätzliche interventionelle<br />
Behandlung gesehen werden, ist<br />
über eine CT-Angiographie (CTA) heute mit<br />
den meisten Geräten problemlos möglich.<br />
Aus diesen Gründen, aufgrund der nach wie vor<br />
größeren Verbreitung und Zugänglichkeit<br />
sowie nicht zuletzt infolge der insgesamt einfacheren<br />
Untersuchungsführung stellt die CT<br />
derzeit noch immer die zumindest in den ersten<br />
Stunden nach einem Schlaganfall am häufigsten<br />
eingesetzte bildgebende Methode dar.<br />
Eine größere Informationsvielfalt vermitteln<br />
aber zweifellos die verschiedenen MRT-<br />
1<br />
Untersuchungstechniken. Diese sind daher<br />
schon jetzt für eine differenzierte Diagnostik<br />
der verschiedenen Schlaganfallursachen und<br />
nicht zuletzt für den direkten Nachweis des<br />
Schlaganfalls selbst von großer Bedeutung.<br />
Daneben kommt ihnen auch in der Selektion<br />
der SchlaganfallpatientInnen für bestimmte<br />
Behandlungsformen immer größere Bedeutung<br />
zu.<br />
Während wir also in die Lage versetzt werden,<br />
immer mehr Details im vom Schlaganfall<br />
betroffenen Gehirn abbilden zu können, so<br />
sehen wir offensichtlich noch lange nicht<br />
alles. Sowohl in der Akutphase als auch mehrere<br />
Monate nach einem Schlaganfall können<br />
entsprechende Veränderungen – eventuell<br />
noch nicht oder auch nicht mehr – erkennbar<br />
sein.<br />
Genaues Wissen um die Möglichkeiten und<br />
Grenzen der derzeit verfügbaren Magnetresonanztechniken<br />
kann deshalb helfen, diese<br />
noch gezielter und effizienter einzusetzen<br />
und die Ergebnisse auch ausreichend kritisch<br />
zu bewerten. Die nachfolgenden Ausführungen<br />
sollen dabei eine gewisse Hilfestellung<br />
liefern.<br />
2<br />
Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas 1 ,<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität Graz<br />
Priv.-Doz. Dr. med. Jochen B. Fiebach 2<br />
Radiologe und Neuroradiologe,<br />
Leiter Akademische Neuroradiologie<br />
Center for Stroke Research Berlin (CSB)<br />
Charité – Universitätsmedizin Berlin,<br />
Campus Benjamin Franklin, Klinik für <strong>Neurologie</strong><br />
MRT-Parenchymveränderungen<br />
beim Schlaganfall<br />
Die Überlegenheit der MRT im Nachweis zerebraler<br />
ischämischer Läsionen gegenüber<br />
der CT steht außer Zweifel. Hyperintense Signalveränderungen<br />
des Gehirngewebes infolge<br />
eines Infarktes sind schon in der konventionellen<br />
MRT mit T2-gewichteten Sequenzen<br />
insbesondere in Hirnstamm und<br />
Kleinhirn rascher und leichter abzugrenzen<br />
als die einer Ischämie folgende Hypodensität<br />
des betroffenen Gehirngewebes in der CT.<br />
Diese „Augenfälligkeit“ wird durch den Einsatz<br />
von Pulssequenzen, welche das Signal<br />
von Liquor unterdrücken – wie etwa von<br />
FLAIR (fluid-attenuated inversion recovery) –<br />
weiter gesteigert.<br />
Diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI):<br />
Ein überragender Vorteil im Vergleich zur CT<br />
hat sich jedoch erst mit Einführung des DWI<br />
(Diffusion-weighted Imaging) ergeben, das<br />
auf der Abbildung der Mobilität der Wasserstoffprotonen<br />
im Gewebe beruht. Die Diffusivität<br />
der Wasserstoffprotonen nimmt bei<br />
12
akuter Ischämie sehr rasch ab, sodass Gewebeveränderungen<br />
mittels DWI bereits nach<br />
20 Minuten als Areale hoher Signalintensität<br />
und damit früher eindeutig zu detektieren<br />
sind als dies mit konventioneller MRT oder<br />
CT möglich ist (Abb. 1).<br />
Eine Hyperintensität in der DWI ist nur in<br />
Ausnahmefällen reversibel und mündet somit<br />
meist in einen Infarkt. Zudem ist die Reduktion<br />
der Diffusivität, die anhand der Kartierung<br />
der Diffusionskoeffizienten überprüft<br />
werden kann, fast exklusiv bei akuten ischämischen<br />
Veränderungen zu finden und damit<br />
ein recht spezifischer Befund, der insbesondere<br />
auch hilft, akute von alten Infarkten abzugrenzen<br />
(Abb. 2). Dies hat die DWI zu einer<br />
Routinesequenz in der Abklärung des akuten<br />
Schlaganfalls gemacht.<br />
In gewissen Gehirnarealen wie etwa dem<br />
Hirnstamm kann es allerdings teilweise deutlich<br />
länger (bis zu mehrere Stunden) dauern,<br />
bis selbst bei Einsatz der konventionellen DWI<br />
Signalveränderungen auftreten. Als mögliche<br />
Ursache werden Unterschiede in der Gewebestruktur<br />
diskutiert. Investiert man in solchen<br />
Fällen Untersuchungszeit in Sequenzen<br />
mit wiederholten Diffusionsmessungen und<br />
reduziert die Aufnahmeschichtdicke auf 2 bis<br />
3 mm, so entgehen einem Hirnstamminfarkte<br />
seltener. Man muss also wissen, dass in diesen<br />
Regionen eine negative MRT einen akuten<br />
Schlaganfall nicht ausschließt, falls die<br />
Untersuchung sehr rasch nach dem Akutereignis<br />
durchgeführt worden ist.<br />
DWI-Veränderungen sind zu 30–70 % auch<br />
bei PatientInnen mit einer transienten ischämischen<br />
Attacke zu finden. Die Häufigkeit<br />
des Nachweises derartiger Signalveränderungen<br />
ist hier ebenfalls stark vom Zeitpunkt der<br />
MRT-Untersuchung abhängig. Da derartige<br />
Signalveränderungen wie die <strong>neurologisch</strong>e<br />
Symptomatik selbst ebenfalls flüchtig sein<br />
können, werden sie seltener beobachtet,<br />
wenn die MRT erst mehrere Tage nach dem<br />
klinischen Ereignis durchgeführt wird. Andererseits<br />
steigt die Wahrscheinlichkeit, eine diffusionspositive<br />
Läsion zu finden, mit der<br />
Dauer der klinischen Symptome. u<br />
Abb. 1: 59-jährige Patientin, die um 6:00 Früh mit<br />
Herdblick nach links, globaler Aphasie und inkompletter<br />
Halbseitenlähmung rechts aufgefunden wird.<br />
Abb. 2: 62-jährige Patientin mit akuter Schwäche<br />
der linken Halbseite und langjähriger unregelmäßig<br />
behandelter Hypertonie.<br />
In der sofort durchgeführten CT finden sich keine Infarktzeichen (a).<br />
Die angeschlossene MRT-Untersuchung zeigt in den FLAIR-Sequenz nur<br />
eine diskrete Signalanhebung und Schwellung des insulären Kortex und<br />
Putamen links (Pfeile; b). In der diffusionsgewichteten Sequenz ist hingegen<br />
schon deutlich ein akuter Mediateilinfarkt erkennbar (c) der sich<br />
durch reduzierte Diffusivität (dunkles Areal in der Kartierung der Diffu -<br />
sionskoeffizienten; d) auszeichnet. Die Befundkonstellation spricht für<br />
ein erst kurz zurückliegendes Eintreten der Ischämie.<br />
Die CT zeigt mehrere alte lakunäre Läsionen in den Stammganglien und<br />
Thalami (Pfeile) sowie eine leichte diffuse Hypodensität des Marklagers<br />
(Leukoaraiose), betont um Vorder- und Hinterhörner der Seitenventrikel (a).<br />
Die gleichen Veränderungen sind auch in der FLAIR-Sequenz zu sehen (b).<br />
Der akute ischämische Infarkt im hinteren Schenkel der rechten Capsula<br />
interna ist erst in der diffusionsgewichteten Sequenz (c) infolge reduzierter<br />
Diffusivität (Pfeil – d) zu erkennen.<br />
13
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 3: 70-jähriger Patient mit akuter Halbseitenlähmung links. Langjähriger<br />
Hypertonus.<br />
Die CT zeigt eine Einblutung im hinteren Schenkel der Capsula interna und angrenzenden Thalamus<br />
rechts (a). Leichte Hyperdensität besteht auch im Putamen rechts (Pfeil – b). In der FLAIR-Sequenz<br />
erscheint die Thalamusblutung dunkel (c), ebenso wie in der T2*-gewichteten Gradientenecho -<br />
sequenz (e) und insbesondere in der diffusionsgewichteten Sequenz (g). Es handelt sich um ein<br />
frisches Hämatom. Die Läsion im Putamen erscheint bei FLAIR- (d) und T1-Gewichtung (h) hyper -<br />
intens im Sinne einer subakuten Blutung. Die akute Blutung erscheint bei T1-Gewichtung eher<br />
dunkel (weißer Pfeil in h). Auf den T2*-gewichteten Gradientenechosequenzaufnahmen (e, f) sind<br />
noch weitere Areale mit Signalauslöschung zu erkennen, die Hämosiderinablagerungen nach alten<br />
Mikroblutungen entsprechen (schwarze Pfeile).<br />
Abb. 4: 78-jähriger Patient mit leichter fluktuierender Schwäche des<br />
rechten Armes.<br />
Sensitivität und Spezifität: Für lange Zeit<br />
bestand die Vermutung und Sorge, dass die<br />
MRT im Nachweis intrazerebraler Blutungen<br />
weniger sensitiv und spezifisch sei als die CT.<br />
Diese Sorge konnte mittlerweile durch die<br />
Verfügbarkeit von DWI sowie den Einsatz<br />
blutsensitiver Sequenzen wie des Gradient<br />
Recalled Echo (GRE) oder des Susceptibilityweighted<br />
Imaging (SWI) ausgeräumt werden.<br />
Akutes Blut ist auf DWI-Bildern von mittlerer<br />
Signalintensität oder erscheint dunkel und<br />
unterscheidet sich daher deutlich von den<br />
hell aufleuchtenden ischämischen Arealen.<br />
Die GRE-Sequenz lässt akutes Blut ebenfalls<br />
als dunkel erscheinen. Hinzu kommt, dass in<br />
der FLAIR eine perakute Blutung als runde<br />
oder ovale Hyperintensität leicht abgrenzbar<br />
ist, während ein Territorialinfarkt allenfalls<br />
leicht hyperintens ist und sich in seiner Ausdehnung<br />
an der arteriellen Gefäßanatomie<br />
orientiert, also typischerweise Kortex mit angrenzendem<br />
Marklager betrifft. In zwei unabhängigen<br />
multizentrischen prospektiven<br />
Studien an über 300 PatientInnen konnte bei<br />
parallelem Einsatz von CT und MRT gezeigt<br />
werden, dass die MRT schon in der Akutphase<br />
im Nachweis akuter Blutungen der CT<br />
mindestens ebenbürtig ist (Abb. 3).<br />
Auch subarachnoidales Blut ist auf FLAIR-Sequenzen<br />
in der Regel gut zu erkennen. Aufgrund<br />
der Liquorpulsation und damit eventuell<br />
inkompletter Signalunterdrückung finden<br />
sich bei dieser Sequenz oft aber auch<br />
falsch positive Signalanhebungen in den basalen<br />
Liquorräumen, so dass für die Akutdiagnostik<br />
einer Subarachnoidalblutung (SAB)<br />
die CT nach wie vor die Methode der Wahl<br />
darstellt.<br />
Die diffusionsgewichtete Sequenz zeigt multiple akute ischämische Schädigungsareale im Versorgungsgebiet<br />
der linken A. cerebri media. Die mitgeführte MR-Perfusion zeigt ausgedehntere Ischämieareale<br />
als zu vermuten. In der kontrastmittelunterstützten MR-Angiographie der extrakraniellen<br />
Hirngefäße ist eine hochgradige unregelmäßig konturierte Stenose der A. carotis interna links kurz<br />
nach dem Abgang zu sehen (Pfeil). Die Stenose ist so ausgeprägt, dass die nachgeschalteten<br />
Gefäßabschnitte im Seitenvergleich weniger kontrastiert und kaliberschwächer erscheinen.<br />
Rückschluss auf den Zeitpunkt des Schlag -<br />
anfalls: Aufgrund der rascheren Entwicklung<br />
einer Diffusionsstörung, d. h. dem Nachweis<br />
von ischämischen Läsionen mittels DWI, gegenüber<br />
der etwas später einsetzenden<br />
Signalhyperintensität bei T2- und FLAIR-gewichteten<br />
Aufnahmen wurden auch Überlegungen<br />
angestellt, aus dem MRT-Befund auf<br />
die Dauer der ischämischen Schädigung - zumindest<br />
in den ersten Stunden – rückzuschließen.<br />
Dies wäre insbesondere für PatientInnen be-<br />
14
deutsam, bei denen der Zeitpunkt des Eintritts<br />
eines Schlaganfalls nicht exakt bekannt<br />
ist, wie etwa beim Aufwachen mit Schlaganfallsymptomen,<br />
und daher eine Thrombolysebehandlung<br />
eventuell nicht durchgeführt<br />
wird. Die bislang dazu vorliegenden Untersuchungen<br />
bestätigen überwiegend die Annahme,<br />
dass Infarkte erst wenige Stunden<br />
alt sind, wenn sie in der konventionellen Bildgebung<br />
(T2-Gewichtung und/oder FLAIR)<br />
noch nicht zeichnen, aber in der DWI bereits<br />
erkannt werden können.<br />
Im Einzelfall kann aber vermutlich aufgrund<br />
verschiedener Einflussfaktoren wie der Untersuchungssequenz,<br />
der Schlaganfallätiologie<br />
oder des Kollateralkreislaufs offensichtlich<br />
durchaus eine gewisse Varianz bestehen, so<br />
dass noch weitere Daten abzuwarten sind,<br />
bevor diesbezüglich klare Therapieempfehlungen<br />
abgegeben werden können. Eine<br />
multizentrische europäische Studie wird<br />
daher die PatientInnen, deren Infarkt noch<br />
nicht auf der FLAIR erkennbar ist, mit Thrombolyse<br />
behandeln, um zumindest für diese<br />
Gruppe eine neue Therapiemöglichkeit zu<br />
entwickeln.<br />
Vorausgegangene Schädigungen: Neben<br />
dem Nachweis der akuten Veränderungen erweist<br />
sich die MRT auch gegenüber bereits<br />
vorausgegangener und eventuell unbemerkter<br />
Schädigung des Gehirns durch vaskuläre<br />
Prozesse als sehr sensitiv und spezifisch. So<br />
finden sich in populationsbasierten Studien<br />
selbst bei Personen ohne vorausgegangene<br />
<strong>neurologisch</strong>e Erkrankung alte Infarkte bei<br />
5–10 % der Untersuchten.<br />
Mögliche Ursachen dafür sind unter anderem<br />
die Lokalisation in nicht eloquenten Hirnarealen<br />
sowie die Auslösung nur unspezifischer<br />
Symptome wie etwa eines kurzen Schwindels,<br />
einer Sehstörung oder von Benommenheit,<br />
die nicht mit einem Schlaganfall assoziiert<br />
werden. Verlaufsuntersuchungen haben außerdem<br />
gezeigt, dass selbst die MRT das Ausmaß<br />
vorangegangener vaskulärer Schäden<br />
des Gehirns in manchen Fällen unterschätzen<br />
dürfte. So wurde insbesondere beobachtet,<br />
dass lakunäre Infarkte (subkortikale Infarkte<br />
15 mm) nach mehreren Monaten bis Jahren<br />
oft nicht mehr nachweisbar sind.<br />
Einblutungen in das Hirngewebe hinterlassen<br />
dafür lebenslange Marker, wenn bei<br />
der Untersuchung blutungssensitive Sequenzen<br />
(GRE oder SWI) zum Einsatz kommen.<br />
Es verbleiben im Gewebe nämlich Hämosiderinreste,<br />
die aufgrund ihres paramagnetischen<br />
Effektes und der dadurch bedingten<br />
Magnetfeldinhomogenität bei diesen Sequenzen<br />
zu weiträumiger Signalauslöschung<br />
führen, d. h. die Veränderungen erscheinen<br />
wesentlich ausgedehnter als sie tatsächlich<br />
sind (Abb. 3).<br />
Dies wird auch als „Blooming-Effekt“ bezeichnet<br />
und bedingt, dass bereits minimale<br />
Blutaustritte, oft auch als Mikroblutungen<br />
bezeichnet, im Rahmen von Kleingefäßerkrankungen<br />
sowie Hämosiderineinlagerungen<br />
in den Meningen nach subarachnoidaler<br />
Einblutung nachweisbar geworden sind.<br />
Damit kann die MRT heute Hinweise auf<br />
Krankheitsentitäten wie eine zerebrale Amyloidangiopathie,<br />
eine hypertensive zerebrale<br />
Mikroangiopathie oder auch eine stattgehabte<br />
konvexale SAB liefern, was ebenfalls<br />
zur weiteren Typisierung der Schlaganfall -<br />
ätiologien und zum besseren Erkennen der<br />
Vielfältigkeit der Schlaganfallursachen beigetragen<br />
hat.<br />
MR der zerebralen Gefäße<br />
Im Anschluss an die morphologische Bildgebung<br />
ist mittels Magnetresonanzangiographie<br />
(MRA) auch eine rasche Darstellung der<br />
intrakraniellen hirnversorgenden Gefäße zum<br />
Nachweis des Verschlusses größerer Gefäßstämme<br />
oder -äste rasch und ohne Kontrastmittel<br />
(KM) möglich. Derartige Sequenzen u
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 5: Dieselbe Patientin wie in Abbildung 1<br />
Die MR-Angiographie zeigt auf der Seite der akuten Diffusionsstörung (a) einen Verschluss des Haupt -<br />
stammes der A. cerebri media (Pfeile; b). Die MR-Perfusion zeigt in Bezug auf verschiedene Para -<br />
meter dazu korrelierend eine Minderperfusion im gesamten Versorgungsgebiet dieses Gefäßes<br />
(MTT = mean transit time; TTP = time to peak; CBV = cerebral blood volume; CBF = cerebral blood flow).<br />
Es liegt also ein ausgedehnter, aber unterschiedlich einschätzbarer Diffusion-Perfusion-Mismatch vor.<br />
lassen auch größere Aneurysmen erkennen,<br />
die allerdings dann zumeist in der nativen<br />
Bildgebung bereits sichtbar sind. Für eine genauere<br />
Gefäßdarstellung, insbesondere der<br />
extrakraniellen hirnversorgenden Gefäße, ist<br />
allerdings eine KM-unterstützte MRA notwendig<br />
(Abb. 4). Bei speziellen Fragestellungen<br />
wie etwa dem Verdacht auf eine Gefäßdissektion<br />
können ergänzende Schnittbilder<br />
zusätzliche hilfreiche Informationen wie den<br />
direkten Nachweis des Gefäßwandhämatoms<br />
liefern.<br />
Da PatientInnen mit Verdacht auf eine SAB,<br />
wie vorab ausgeführt, primär der CT zugeführt<br />
werden, wird auch die anschließende<br />
Frage nach dem Vorliegen eines Aneurysmas<br />
meist mittels KM-unterstützter CTA beantwortet.<br />
Die Qualität der CTA ist bei den modernen<br />
Geräten heute bereits so hoch, dass<br />
in Bezug auf die Sensitivität im Aneurysmanachweis<br />
kaum ein Unterschied zur konventionellen<br />
Angiographie besteht. Für den<br />
Nachweis von Kaliberschwankungen oder<br />
Verschlüssen kleinster Gefäße wie etwa bei<br />
Verdacht auf das Vorliegen einer zerebralen<br />
Vaskulitis stellt die konventionelle Angiographie<br />
allerdings nach wie vor den Goldstandard<br />
dar.<br />
MR-Perfusion<br />
Neben Abbildung des Gehirnparenchyms und<br />
der hirnversorgenden Gefäße ist die MR-<br />
Technologie auch in der Lage, Informationen<br />
über fokale Veränderungen der Hirnperfusion<br />
zu liefern. Dabei werden die durch den<br />
Einstrom von intravenös verabreichtem Kontrastmittel<br />
in das Gehirn bedingten Signaländerungen<br />
genutzt, um verschiedene<br />
durchblutungsassoziierte Parameter zu errechnen<br />
und kartiert darzustellen (Abb. 4 und<br />
5). Eine genauere Berechnung der absoluten<br />
Hirndurchblutungswerte ist allerdings aufwändiger<br />
und auch dann nur unter gewissen<br />
Einschränkungen möglich. Aus diesem<br />
Grund werden für die Akutabschätzung von<br />
Perfusionsdefekten meist nur relative Änderungen<br />
herangezogen.<br />
Konzept der Penumbra: In den letzten Jahren<br />
wurde die MR-Perfusion auf diese Weise<br />
beim Schlaganfall eingesetzt, um das Konzept<br />
der so genannten Penumbra zu ver -<br />
folgen. Man versteht darunter Anteile von<br />
Gehirngewebe um den Infarktkern, die durch<br />
die plötzliche Mangeldurchblutung, z. B. infolge<br />
eines Gefäßverschlusses, akut gefährdet,<br />
aber noch nicht irreversibel geschädigt<br />
sind. Daraus leitet sich die Annahme ab, dass<br />
diese Gehirnregionen durch eine Wiedereröffnung<br />
des Gefäßes noch zu retten wären.<br />
Mittels MR hat man versucht, die Penumbra<br />
nun als jenes Gebiet zu definieren, bei dem<br />
in der DWI noch keine Veränderungen zu erkennen<br />
sind, während gleichzeitig eine Minderperfusion<br />
gegeben ist, also ein DWI-Perfusion-Mismatch<br />
vorliegt (Abb. 5).<br />
Wegen verschiedener Einflussfaktoren sowie<br />
insbesondere auch Unterschieden in den verwendeten<br />
Grenzwerten für eine relevante Hypoperfusion<br />
wird die MRT-Penumbra bisher<br />
aber noch nicht einheitlich definiert. Dies und<br />
die schwer abzuschätzende Dynamik der<br />
Akutsituation sind mögliche Gründe, warum<br />
dem Konzept des DWI-Perfusion-Mismatch<br />
in placebokontrollierten Thrombolysestudien<br />
bisher noch kein eindeutiger Erfolg als Behandlungskriterium<br />
beschieden war.<br />
Die Ergebnisse klinischer Beobachtungsstudien<br />
sind aber durchaus ermutigend. Es ist deshalb<br />
anzunehmen, dass mit Verbesserung<br />
und Standardisierung der Perfusionsmessungen<br />
ein Instrument zur Verfügung gestellt<br />
werde könnte, das bei der Selektion von PatientInnen<br />
zur interventionellen Schlaganfalltherapie<br />
ergänzend zum Faktor Zeit und der<br />
MRA hilfreich ist.<br />
Resümee<br />
Mittlerweile stehen bereits eine Reihe von<br />
MR-Sequenzen und Techniken zur Verfügung,<br />
die eine sehr detaillierte Beurteilung<br />
der schlaganfallassoziierten Veränderungen<br />
von Gehirn, versorgenden Gefäßen und Hirndurchblutung<br />
ermöglichen. Diese Informationen<br />
dienen der sicheren und spezifischen Diagnostik,<br />
werden aber auch immer mehr für<br />
Entscheidungen über bestimmte Behandlungsabläufe<br />
herangezogen. Es ist damit zu<br />
erwarten, dass in den nächsten Jahren für<br />
die spezialisierte Akutbehandlung des Schlaganfalls<br />
die durchgehende Verfügbarkeit der<br />
MRT genauso eingefordert werden muss, wie<br />
dies derzeit für die CT gilt.<br />
n<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
16
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Multiple Sklerose<br />
In der Diagnosestellung, Bewertung und Einschätzung der Krankheitsbilder innerhalb des demyelinisierenden<br />
Formenkreises ist die Magnetresonanztomographie (MRT) unter den apparativen Methoden einzigartig.<br />
Zur Beurteilung der multiplen Sklerose (MS) bietet sie nicht nur hoch sensitive und spezifische diagnostische<br />
Information 1, 2 , sondern lässt auch Einblicke in die Pathologie der Erkrankung zu. Dafür stehen eine Unzahl<br />
unterschiedlicher MRT-Methoden zur Verfügung, von denen die konventionelle Bildgebung nur ein Teil ist.<br />
DDie Diagnose der MS mittels MRT fußt einerseits<br />
auf den so genannten „Barkhof-Kriterien“<br />
2 , andererseits auf der Definition des<br />
Nachweises für zeitliche und örtliche Dissemination<br />
nach den revidierten McDonald-Kriterien<br />
3, 4 . Hierfür werden die Techniken der<br />
konventionellen Bildgebung verwendet – T1-<br />
Gewichtung mit und ohne Kontrastmittel, T2,<br />
oder Flair (Tirm). Über Durchführung und<br />
Technik wurde in diesem Medium schon öfter<br />
berichtet, und es wird auf diese Übersichten<br />
ver wiesen (www.oegn.at/mitglieder/index.php?<br />
page=neuroimaging).<br />
Darüber hinaus bietet jedoch die MRT Methoden,<br />
welche Informationen über Faserverlauf<br />
(Traktographie), Makromolekül-Beschaffenheit<br />
(Magnetisierungstransfer – MTR) oder<br />
Metaboliten-Veränderungen (Magnetresonanzspektroskopie<br />
– MRS) bereitstellt. Dabei<br />
scheinen die Möglichkeiten der Technik nahezu<br />
unerschöpflich. In immer kürzer werdenden<br />
Abständen liefern die Entwickler<br />
Neuerungen, mit denen zusätzliche Einblicke<br />
nichtinvasiv erhoben werden können. Gegenwärtig<br />
ist die Bestimmung zerebraler Eiseneinlagerung<br />
solch ein Beispiel und wird ein<br />
zentraler Bestandteil dieser Bestandsaufnahme<br />
sein.<br />
Magnetresonanz-Spektroskopie<br />
Eine der wohl faszinierendsten Techniken in<br />
diesem Zusammenhang ist die Magnetresonanzspektroskopie<br />
(MRS). Diese Methode<br />
kann prinzipiell mit jedem Atom, welches ein<br />
1<br />
magnetisches Moment besitzt, durchgeführt<br />
werden. Auf Grund der hohen Dichte an<br />
Wasserstoffatomen im Gehirn und technisch<br />
leichterer Machbarkeit wird derzeit hauptsächlich<br />
dieses für die MRS-Experimente herangezogen<br />
– deshalb 1H-MRS.<br />
Die Technik fußt auf dem Prinzip, dass wegen<br />
unterschiedlicher Bindungskräfte die H-<br />
Atome in unterschiedlichen Molekülen unterschiedlich<br />
verankert sind. Daher schwingen<br />
in einem magnetischen Feld unterschiedliche<br />
Atome (Moleküle) mit unterschiedlichen<br />
Frequenzen. Diese Unterschiede werden gemessen,<br />
mittels Fourier-Transformation vom<br />
Frequenzbereich in einen Mengenbereich<br />
(parts per million – ppm) umgerechnet und<br />
auf einer Skala aufgetragen. Das Ergebnis<br />
der MRS ist also kein Bild, sondern eine<br />
Kurve, in der sich die gemessenen Metaboliten<br />
als Spitzenausschläge – „Peaks“ – abgebildet<br />
finden (Abb. 1).<br />
Mittels dieser Methode ist es sowohl möglich,<br />
Einzelvolumina zu untersuchen (Single-Voxel-<br />
Spektroskopie) als auch ein Großvolumen,<br />
welches dann rechnerisch in Einzelvolumina<br />
unterteilt werden kann (Multi-Voxel-Methode<br />
= Chemical Shift Imaging – CSI). Eine Mindestvolumengröße<br />
von 1 cm 3 sollte nicht unterschritten<br />
werden, da sonst zu wenig Gewebeinhalt<br />
für die Messung zur Verfügung<br />
2<br />
Dr. Michael Khalil 1 ,<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität Graz<br />
Prim Univ.-Prof. Dr. Peter Kapeller 2<br />
Abteilung für <strong>Neurologie</strong> und<br />
Psychosomatik des LKH Villach<br />
steht. Abbildung 1 zeigt ein Single-Voxel-<br />
Spektrum aus normaler weißer Gehirnsubstanz<br />
mit den Hauptmetaboliten myo-Inositol<br />
(myo-Ins), Cholinverbindungen (Cho), Creatin<br />
(Cr), und N-Acetylaspartat (NAA). In Messungen<br />
aus pathologischem Gewebe können zusätzliche<br />
Metaboliten gefunden werden wie<br />
Laktat- (Lac) oder Lipid-Formationen (Lip)<br />
(Abb. 2). Herkunft und Funktion der einzelnen<br />
Metaboliten sind nur teilweise bekannt. Dies<br />
ist eine der stärksten Limitationen dieser Methode<br />
für ihren klinischen Wert.<br />
myo-Inositol: Dieser Metabolit setzt sich aus<br />
3 Hauptbestandteilen zusammen: 70 % myo-<br />
Inositol, 15 % myo-Inositol-Monophosphat,<br />
15 % Glycin. Glycin ist ein inhibitorischer<br />
Neurotransmitter, der besonders im Hirnstamm<br />
und im Rückenmark vorkommt. Sein<br />
Beitrag zum Ins-Peak wird also bei Untersuchung<br />
supratentorieller Hirnanteile gering<br />
sein. Ins findet sich vor allem innerhalb der<br />
Zellen und ist damit in zellreichen Geweben<br />
in seiner Konzentration schon physiologisch<br />
erhöht. Pathologisch erhöht findet es sich<br />
z. B. bei gliotischem Umbau. Auch ist beschrieben,<br />
dass Ins in die zelluläre Osmoregulation<br />
involviert ist. Damit können sich<br />
auch Verschiebungen bei deren Störungen<br />
ergeben.<br />
18
Cholin: Es umfasst alle Cholinverbindungen,<br />
die im Gehirn vorkommen (z. B. Acetylcholin,<br />
CDP-Cholin, Glycerophosphocholin ...). Am<br />
bedeutendsten ist jedoch das Phosphatidylcholin.<br />
Dies ist als Zellmembranbestandteil<br />
bei allen Prozessen mit einem hohen Membran-Turnover<br />
involviert und erhöht sich z. B.<br />
eklatant bei Neoplasien.<br />
Abb. 1: Single-Voxel-Spektrum aus normaler weißer Gehirnsubstanz mit den<br />
Hauptmetaboliten myo-Inositol (myo-Ins), Cholinverbindungen (Cho), Kreatin<br />
(Cr), und N-Acetylaspartat (NAA).<br />
Creatin: Der Hauptbestandteil dieses Metaboliten<br />
stammt von Kreatinphosphat. Es ist<br />
dies ein Buffer im Energiehaushalt zur Bereitstellung<br />
von ATP aus ADP.<br />
N-Acetylaspartat: Der für die MS-Diagnostik<br />
wohl interessanteste Metabolit im Spektrum<br />
ist das N-Acetylaspartat (NAA). Dieses<br />
kommt nahezu exklusiv in Neuronen vor und<br />
gilt daher als Maß für neuronale Integrität.<br />
Als pathologische Peak-Formationen können<br />
in einem MS-Plaque noch Laktat und Lipide<br />
gefunden werden. Während Ersteres eigentlich<br />
nur in akuten Plaques gefunden werden<br />
können, kommen Lipide gelegentlich auch in<br />
chronischen MS-Läsionen vor.<br />
Die Charakteristika des akuten MS-Plaque<br />
sind also erniedrigtes NAA als Zeichen neuronaler<br />
Dysfunktion oder neuronalen Schadens;<br />
Laktat als Zeichen der anaeroben Glykolyse,<br />
möglicherweise Ausdruck von lokalen<br />
Vaskulitiden im Rahmen der Entzündung;<br />
sowie Lipide als Zeichen der Zellmembranzerstörung.<br />
Chronische Plaques: Während die Befunde<br />
aus akuten Plaques nicht überraschen und<br />
gut erklärbar sind, sind jene aus chronischen<br />
Plaques oder so genannter normal erscheinender<br />
weißer Substanz (NAWM) wesentlich<br />
interessanter. Sie liefern nämlich erstaunlich<br />
ähnliche Ergebnisse. Dies ist vor allem in Hinblick<br />
auf die NAWM spannend, da diese ja<br />
makroskopisch im konventionellen MRT<br />
keine Auffälligkeiten zeigt. Als Hauptbefunde<br />
zeigen beide Gewebe erniedrigtes NAA und<br />
erhöhtes myo-Ins.<br />
Dieser Befund war so überraschend, dass er<br />
sogar eine Diskussion in Gang brachte, ob<br />
MS auch mit nur geringer Oligodendrozyten-<br />
Pathologie möglich ist, quasi als primär neuronale<br />
Erkrankung, da diese Befunde auch<br />
schon früh im Krankheitsprozess zu finden<br />
sind 5 . Auch lieferte sie Hinweise darauf, dass<br />
die Reduktion des NAA mit einer Erhöhung<br />
des myo-Ins einhergeht 5, 6 . Ein Erklärungsversuch<br />
wäre, dass der Verlust an axonalen<br />
Strukturen durch Bildung von Gliose kompensiert<br />
würde, was auch histopathologisch<br />
beschrieben ist 7 .<br />
Wechselnde Ergebnisse lieferte bislang der<br />
Versuch, NAA über den zeitlichen Verlauf zu<br />
erfassen. Diesbezügliche Studien wurden sowohl<br />
als Verlaufskontrolle als auch bezüglich<br />
des Therapieerfolgs durchgeführt. Exemplarisch<br />
sei hier für beides je eine Referenz angeführt<br />
8, 9 .<br />
Korrelationsversuche zur Klinik der Betroffenen<br />
stehen teils noch aus bzw. konnten nicht<br />
Abb. 2: Spektrum aus einem akuten MS-Plaque<br />
geführt werden. Als Zusammenschau kann<br />
jedoch die MRS viele interessante Zusatzbefunde<br />
liefern, welche ein Gefühl für den<br />
Krankheitsprozess bieten könnten.<br />
Quantifizierung von<br />
Eisen ablagerung in grauer<br />
Hirnsubstanz bei MS<br />
MS ist eine chronisch inflammatorische Erkrankung,<br />
die durch fokal demyelinisierende<br />
Läsionen des ZNS gekennzeichnet ist. Kürzlich<br />
durchgeführte neuropathologische Studien<br />
konnten jedoch zeigen, dass das Spektrum<br />
der Gewebsschädigung viel breiter ist.<br />
Neben den oben genannten fokal demyelinisierenden<br />
Herden finden sich auch patho- u<br />
19
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 3: R2*-Relaxometrie 18<br />
logische Veränderungen des Kortex sowie<br />
eine diffuse Schädigung der außerhalb der<br />
MS-Läsionen gelegenen so genannten „normal<br />
erscheinenden Hirnsubstanz“ (NABT) 10 .<br />
Während frühe Krankheitsphasen durch inflammatorische<br />
Vorgänge und klinische<br />
Schübe gekennzeichnet sind, dominieren bei<br />
fortschreitender MS diffuse neuroaxonale Destruktion<br />
und die Zunahme des Behinderungsgrades<br />
11 . Inflammatorische Aktivität<br />
lässt sich MR-tomographisch mittels kontrastmittelaufnehmender<br />
Läsionen auf T1-gewichteten<br />
Bildern und dem Auftreten von<br />
neuen Läsionen auf T2-gewichteten Bildern<br />
darstellen. Da durch Bestimmung dieser MR-<br />
Parameter auf die Effektivität von therapeutischen<br />
Interventionen rückgeschlossen werden<br />
kann, werden diese Parameter vor allem<br />
in Phase-II-Studien eingesetzt 12 . Nachteilig ist<br />
jedoch die relativ geringe Korrelation von T1-<br />
KM-aufnehmenden und neu auftretenden<br />
T2-Läsionen mit neurodegenerativen Vorgängen,<br />
die sich klinisch durch Krankheitsprogression<br />
und Zunahme der körperlichen Behinderung<br />
äußern, wodurch deren Anwendung<br />
bei Phase-III-Studien limitiert ist 13 .<br />
In den letzten 20 Jahren wurde ein Forschungsfokus<br />
auf die Entwicklung und Optimierung<br />
von MR-Parametern zur besseren<br />
bildgebenden Erfassung von neurodegenerativen<br />
Vorgängen gelegt 14 . MR-tomographisch<br />
wird derzeit das Ausmaß von Neurodegeneration<br />
bei MS hauptsächlich mittels Analyse<br />
globaler und/oder regionaler Hirnvolumina<br />
und über die Reduktion von N-Acetylaspartat<br />
mittels MRS bestimmt 11 . Bisher konnten diese<br />
MR-Parameter jedoch nicht als Surrogatendpunkte<br />
für neuroaxonale Destruktion und klinische<br />
Progression validiert werden 14 .<br />
Höhere R2*-Werte und somit vermehrte<br />
Eisenablagerung sind durch intensivere<br />
Farbgebung (v. a. im Bereich der Basal -<br />
ganglien) dargestellt.<br />
Eisenablagerungen im Gehirn<br />
Forschungsinitiativen der letzten Jahre wiesen<br />
darauf hin, dass eine MR-basierte Bestimmung<br />
von Eisenablagerungen im Gehirn von<br />
MS-PatientInnen als Korrelat für Neurodegeneration<br />
dienen könnte 14 . Eisen ist essenzieller<br />
Bestandteil vieler neurophysiologischer<br />
Stoffwechselvorgänge, wie Produktion von<br />
Neurotransmitter, Myelinisierung und Energiebereitstellung<br />
15 . Ein Überangebot an freiem<br />
Eisen kann jedoch die Bildung von toxischen<br />
Hydroxylradikalen begünstigen und so<br />
zur Gewebeschädigung beitragen 16 .<br />
Vermehrte Eisenablagerung wurde bei verschiedenen<br />
chronisch <strong>neurologisch</strong>en Erkrankungen,<br />
inklusive MS, beobachtet 17 . Allerdings<br />
konnte bislang nicht genau geklärt<br />
werden, ob vermehrte Eisenablagerung im<br />
Gehirn kausal mit der Entstehung von MStypischer<br />
Pathologie in Zusammenhang steht<br />
oder als Epiphänomen pathophysiologischer<br />
Vorgänge zu verstehen ist, wobei Ergebnisse<br />
aus rezenten Studien letztere Variante wahrscheinlicher<br />
erscheinen lassen 18 .<br />
Vor Kurzem wurde eine Hypothese postuliert,<br />
nach der Gehirneisenablagerung, bedingt<br />
durch venösen Rückstau (chronic cerebrospinal<br />
venous insufficincy – CCSVI) und konsekutive<br />
Extravasation ins Hirnparenchym bei<br />
MS ätiologisch bedeutsam ist 19 . Diese Hypothese<br />
wird allerdings in Fachkreisen derzeit<br />
heftig diskutiert, wobei bereits einige rezente<br />
Studien dieser Vermutung widersprechen 20 .<br />
In-vivo-Eisenquantifizierung: Mittlerweile<br />
gibt es eine Vielzahl von MR-Techniken, die<br />
darauf abzielen, Eisen in vivo zu bestimmen.<br />
Die durch Eisen verursachte Verkürzung von<br />
T2- und T2*-Relaxationszeiten führen zu<br />
einer Signalabschwächung von eisenhaltigen<br />
Gehirnarealen auf T2-gewichteten Bildern 21 .<br />
Erste Studien hierzu basierten auf visueller<br />
Beurteilung von Signalabschwächungen auf<br />
T2-gewichteten Bildern, die entscheidende<br />
Nachteile, wie geringe Sensitivität und nur<br />
qualitative Beurteilung und Subjektivität, mit<br />
sich bringt 21 . Um diese Nachteile zu umgehen,<br />
wurde R2*-Relaxometrie als Methode<br />
zur In-vivo-Eisenquantifizierung vorgeschlagen<br />
21 (Abb. 3).<br />
Diese Methode wurde kürzlich in einer Postmortem-Studie<br />
validiert 22 und kann an kommerziell<br />
erhältlichen MR-Tomographen in<br />
einer klinisch akzeptablen Zeit durchgeführt<br />
werden, wodurch ein zukünftiger Einsatz in<br />
klinischen Studien potenziell möglich wäre.<br />
Andere MR-Techniken zu In-vivo-Eisenquantifizierung,<br />
wie z. B. magnetic field correlation<br />
(MFC) oder Bestimmung von local field<br />
shifts (LFS), eignen sich auch sehr gut, allerdings<br />
wurden diese Methoden zum Teil noch<br />
nicht validiert und erfordern ausgedehnte<br />
Bildnachbearbeitung, wodurch deren klinische<br />
Anwendbarkeit eingeschränkt ist 21 .<br />
R2*-Relaxometrie-Studie: In einer an der<br />
Medizinischen Universität Graz durchgeführten<br />
Studie wurde das Ausmaß von Gehirneisenablagerung<br />
bei MS mittels R2*-Relaxometrie<br />
untersucht 23 .<br />
Ziel der Studie war es, quantitativ regionale<br />
Eisendeposition bei PatientInnen mit einem<br />
klinisch isolierten Syndrom (CIS) im Vergleich<br />
zu schubhaft-remittierender MS (RRMS) zu<br />
bestimmen und deren Assoziation mit demographischen,<br />
klinischen und konventionellen<br />
MRT-Parametern (T2-Läsionslast und normalisierte<br />
globale und regionale Gehirnvolumina)<br />
zu analysieren. Insgesamt wurden 69 PatientInnen<br />
(CIS, n = 32; RRMS, n = 37) in<br />
die Studie eingeschlossen.<br />
Höhere R2*-Relaxationsraten und somit vermehrtes<br />
Eisen im Bereich der Basalganglien<br />
(BG) waren mit zunehmendem Alter korreliert<br />
(r = 0,3–0,6; p < 0,01). Weiters zeigten sich<br />
signifikant höhere Eisenablagerung im Bereich<br />
der BG bei RRMS im Vergleich zu CIS<br />
(p < 0,05), wobei der Unterschied im Bereich<br />
des Putamens am größten war (p < 0,001).<br />
Mittels multivariater linearer Regressionsanalyse<br />
wurden Haupteinflussgrößen auf Eisenablagerung<br />
im Putamen eruiert, wobei stärkste<br />
unabhängige Einflussfaktoren neben dem<br />
PatientInnenalter die Krankheitsdauer und<br />
Atrophie der grauen Substanz waren. Mit<br />
dieser Studie konnte gezeigt werden, dass<br />
die R2*-Methode sehr gut geeignet ist, Eisenablagerungen<br />
im Gehirn zu quantifizie-<br />
20
en, womit die Basis für weitere Studien gelegt<br />
wurde, um die Rolle der gesteigerten Eisenablagerung<br />
im Gehirn von MS-PatientInnen<br />
zu erforschen.<br />
In einer Folgestudie wurde der Frage nachgegangen,<br />
welche klinischen und bildgebenden<br />
Determinanten gesteigerte Eisenab -<br />
lagerungen, vor allem im Bereich der Basal -<br />
ganglien, beeinflussen 16a . Hierzu wurden<br />
insgesamt 113 PatientInnen (35 CIS, 78 MS)<br />
und 35 gesunde Kontrollen in die Studie eingeschlossen.<br />
Neben ausführlicher klinischer<br />
Untersuchung, inklusive umfassender neuropsychologischer<br />
Testung, wurde subkortikale<br />
Eisenablagerung mittels R2*-Relaxometrie<br />
mit einem 3 Tesla-MR-Tomographen bestimmt.<br />
Weiters wurden globale und regionale<br />
Gehirnvolumina und T2-Läsionslast analysiert.<br />
Signifikant gesteigerte Eisenablagerung im<br />
Bereich der Basalganglien zeigte sich bei MS<br />
im Vergleich zu CIS (p < 0,001) und gesunde<br />
Kontrollen (HC) (p < 0,005). Annährend<br />
gleiche R2*-Werte konnten bei CIS und HC<br />
gefunden werden. R2*-Werte korrelierten<br />
mit den klinischen Variablen Alter (r = 0,5,<br />
p < 0,001), Krankheitsdauer (r = 0,5, p < 0,001),<br />
Behinderungsgrad (EDSS) (r = 0,3, p < 0,005),<br />
und den z-Werten der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit<br />
(r = –0,3, p < 0,01).<br />
In einer schrittweise durchgeführten linearen<br />
Regressionsanalyse konnte die Atrophie der<br />
grauen Gehirnsubstanz (p < 0,001) als Haupteinflussgröße,<br />
gefolgt von Alter (p < 0,001)<br />
und T2-Läsionslast (p < 0,005), für gesteigerte<br />
Eisenablagerung im Bereich der Basalganglien<br />
identifiziert werden. Das statistische<br />
Modell exkludierte die Variablen Krankheitsdauer,<br />
EDSS und z-Werte der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit.<br />
Aus den Ergebnissen dieser Studie konnte<br />
geschlossen werden, dass Eisen im Bereich<br />
der Basalganglien bei MS erst mit fortschreitender<br />
Erkrankung akkumuliert und mehr mit<br />
dem Ausmaß morphologischer Gehirnschädigung<br />
als mit klinischen Variablen assoziiert<br />
ist.<br />
Dass bei CIS-PatientInnen im Vergleich zu gesunden<br />
Kontrollpersonen keine erhöhte Eisenablagerung<br />
gefunden werden konnte,<br />
lässt darauf schließen, dass eine gesteigerte<br />
Eisenablagerung im Gehirn der Krankheitsentwicklung<br />
offensichtlich nicht vorausgeht.<br />
Dies ist insofern bedeutsam, als diese Ergebnisse<br />
gegen eine kürzlich generierte Hypothese<br />
sprechen, die besagt, dass Eisenablagerung<br />
bedingt durch vermehrten venösen<br />
Rückstau (CCSVI) bei MS ätiologisch bedeutsam<br />
wäre.<br />
Vielmehr weisen die aktuellen Ergebnisse darauf<br />
hin, dass gesteigerte Gehirneisenablagerung<br />
eher als Epiphänomen pathophysiologischer<br />
Prozesse bei MS zu verstehen ist. Die<br />
Assoziation von gesteigerter Eisenakkumulation<br />
in den Basalganglien vor allem mit Atrophie<br />
der grauen Gehirnsubstanz eröffnet die<br />
Möglichkeit, R2*-Relaxometrie als Surrogatmarker<br />
für Neurodegeneration und Krankheitsprogression<br />
zu etablieren. Ausgehend<br />
von den aktuellen Ergebnissen sind allerdings<br />
weitere Schritte für eine erfolgreiche Validierung<br />
dieses potenziellen Markers erforderlich<br />
14 .<br />
Zum einen sollten die vorliegenden Ergebnisse<br />
in einer anderen MS-Kohorte reproduziert<br />
werden können. Da mittels der R2*-Methode<br />
derzeit Eisenablagerung vor allem in der subkortikalen<br />
grauen Gehirnsubstanz quantifiziert<br />
werden kann, wäre die Etablierung dieser<br />
Methode zur sensitiven Bestimmung von<br />
Eisen in der weißen Gehirnsubstanz sowie<br />
innerhalb der MS-Läsionen erforderlich.<br />
Schließlich sollte die R2*-Methode im Rahmen<br />
von Multicenterstudien validiert und ihre<br />
klinische Anwendbarkeit als Prädiktor für<br />
Neurodegeneration und Krankheitsprogres -<br />
sion in longitudinalen Studien überprüft werden.<br />
Kognitive Beeinträchtigung<br />
in Relation zu MRI-Parametern<br />
bei MS<br />
Kognitive Beeinträchtigung kommt bei MS<br />
relativ häufig mit einer Prävalenz von 40 bis<br />
70 % vor 24 . Unabhängig vom physischen Behinderungsgrad<br />
beeinflussen kognitive Beeinträchtigungen<br />
maßgeblich die Lebensqualität<br />
von MS-PatientInnen sowie Arbeitsfähigkeit<br />
und soziales Leben 25 . Bisher gibt es allerdings<br />
nur wenig Information darüber, wie häufig<br />
und in welchem Ausmaß kognitive Defizite<br />
ganz zu Beginn der Erkrankung, nämlich bei u<br />
Abb. 4: MTR-Histogramm von segmentierten Gehirnanteilen 26<br />
(a) Der MTR-Peak setzt sich aus der Kombination gewebespezifischer Peaks (Cerebrospinal<br />
Fluid – CSF; graue Substanz – GM; weiße Substanz – WM) zusammen. Der Hauptanteil des<br />
Gesamtpeaks resultiert aus dem Peak der weißen Substanz (b).<br />
21
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 5: Kognitive Beeinträchtigung bei CIS und RRMS 27<br />
CIS, auftreten 24 . Weiters konnte bis jetzt nicht<br />
eindeutig geklärt werden, ob strukturelle<br />
Hirnparenchymveränderungen, die mittels<br />
Magnetisierungstransfer-Imaging (MTI) detektiert<br />
werden, als morphologisches Korrelat<br />
für kognitive Beeinträchtigung bei CIS in Betracht<br />
gezogen werden können. MTI beruht<br />
auf der Quantifizierung eines Energietransfers<br />
(Magnetisierungstransfer) von gebundenen<br />
zu ungebundenen Protonen und ermöglicht<br />
somit, nichtwasserhaltige Gewebsanteile<br />
zu explorieren, die auf konventionellen MR-<br />
Bildern nicht dargestellt werden können 26<br />
(Abb. 4). Mit dieser Methode ist nun eine<br />
Quantifizierung von mikrostrukturellen Hirngewebeveränderungen<br />
möglich 26 .<br />
Anteil der Patienten (%)<br />
17,5 -<br />
15,0 -<br />
12,5 -<br />
10,0 -<br />
7,5 -<br />
5,0 -<br />
2,5 -<br />
0,0<br />
Kurzzeitgedächtnis<br />
Langzeitgedächtnis<br />
Informationsverarbeitungs -<br />
geschwindigkeit<br />
Exekutivfunktion<br />
globaler kognitiver<br />
Indexwert<br />
CIS<br />
RRMS<br />
Frequenz und Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigung ist bei CIS und RRMS annährend gleich.<br />
Die kognitive Domäne Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit war in beiden Gruppen am<br />
häufigsten betroffen. Defizite konnten in den einzelnen Subdomänen festgestellt werden,<br />
nicht jedoch mit Hilfe eines globalen kognitiven Indexwertes.<br />
Kognitive Beeinträchtigung bei CIS vs.<br />
RRMS: In einer kürzlich durchgeführten Studie<br />
wurde der Frage nachgegangen, mit welcher<br />
Frequenz und in welchem Ausmaß kognitive<br />
Beeinträchtigung bei CIS im Vergleich<br />
zu RRMS vorkommt und inwieweit morphologische<br />
Veränderung des Gehirns, inklusive<br />
MTI, mit kognitiven Defiziten korrelieren 27 .<br />
Es wurden 44 CIS- und 80 RRMS-PatientInnen<br />
mit Hilfe der Brief Repeatable Battery of<br />
Neuropsychological Tests (BRB-N) kognitiv getestet<br />
und im 3-Tesla-MRT bildgebend untersucht.<br />
In den BRB-N-Subtests zeigten sich in<br />
Bezug auf kognitive Beeinträchtigung keine<br />
signifikanten Unterschiede zwischen CIS und<br />
RRMS (Abb. 5).<br />
Defizite konnten in den einzelnen Subdomänen<br />
festgestellt werden, nicht jedoch mit<br />
Hilfe eines globalen kognitiven Indexwertes.<br />
Die kognitive Domäne Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit<br />
war in beiden Gruppen<br />
am häufigsten betroffen (CIS 13,6 %; RRMS<br />
16,3 %) (Abb. 5) und wurde daher für weitere<br />
Korrelationsanalysen mit MRI-Parametern<br />
herangezogen.<br />
In einer schrittweise durchgeführten linearen<br />
Regressionsanalyse konnte gezeigt werden,<br />
dass bei RRMS normalisiertes Kortexvolumen<br />
(p < 0,001) gefolgt von T2-Läsionslast (p <<br />
0,05) stärkste Prädiktoren für verminderte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit<br />
waren, während bei CIS die kortikale MT-<br />
Ratio die einzige mit verminderte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit<br />
assoziierte<br />
Variable war (p < 0,005).<br />
Aus den Ergebnissen dieser Studie konnte<br />
geschlossen werden, dass kognitive Defizite<br />
bereits bei CIS auftreten, wobei deren Frequenz<br />
und Ausprägung sich nicht signifikant<br />
von RRMS unterschieden. Veränderungen der<br />
kortikalen MT-Ratio könnten frühe Anzeichen<br />
für mikrostrukturelle Veränderungen sein, die<br />
mit kognitiven Defiziten bei CIS assoziiert<br />
sind, während sich bei RRMS diese Assoziation<br />
zugunsten von kortikaler Atrophie und<br />
T2-Läsionslast verschiebt.<br />
n<br />
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22
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Demenzerkrankungen<br />
Bildgebende Verfahren haben in der täglichen Routine der Demenzabklärung einen hohen Stellenwert, müssen<br />
doch initial differenzialdiagnostisch potenziell behandelbare, nichtdegenerative Ursachen eines kognitiven<br />
Abbaus ausgeschlossen werden. So könnten ein Normaldruckhydrozephalus, Hämatome, Tumoren, vaskuläre<br />
Läsionen u. a. vorliegen, und in diesen Fällen ist das therapeutische Vorgehen zwangsläufig unterschiedlich<br />
zu dem bei Bestehen einer neurodegenerativen Grundlage des demenziellen Abbaus.<br />
MRT in der Demenzdiagnostik<br />
Findet sich keine relevante strukturelle Läsion,<br />
und steht eine amnestische Störung im Vordergrund,<br />
so liegt die Vermutung einer neurodegenerativen,<br />
im häufigsten Fall einer Alzheimer-Demenz<br />
(AD) nahe. Bei dieser Form<br />
gibt es eine Reihe von Positivkriterien, die<br />
mittels Magnetresonanztomographie (MRT)<br />
dargestellt werden können, z. B. gelten bilaterale<br />
Hippocampusatrophie und erweiterte<br />
innere und äußere Liquorräume als frühe Anzeichen<br />
1, 2 . Darüber hinaus kann der morphologische<br />
Krankheitsverlauf dokumentiert<br />
werden 2 .<br />
Im weiteren Verlauf der AD zeigen sich oft<br />
Abnormalitäten der neokortikalen grauen<br />
Substanz und des Corpus callosum. Über die<br />
Messung des Volumens des Hippocampus<br />
hinaus gibt es heute auch weitere Methoden<br />
zur Vermessung der Entorhinalkortexatrophie<br />
und zur Bestimmung der kortikalen Dichte.<br />
Im Verlauf der Erkrankung nimmt auch die<br />
kortikale Atrophie zu, die gut mit der demenziellen<br />
Symptomatik korreliert 2 .<br />
Ein Nachteil der hierfür notwendigen, sehr<br />
genauen strukturellen Untersuchungen ist,<br />
dass die PatientInnen absolut ruhig liegen<br />
müssen, und das über eine relativ lange Zeit.<br />
Dies ist oft nicht möglich, und es kommt zu<br />
Artefakten. Diesem Problem kann heute<br />
durch parallele Bildgebung (Partially Parallel<br />
Acquisition) begegnet werden. Damit können<br />
Artefakte durch eine Rekonstruktion ausgeglichen<br />
werden, allerdings auf Kosten des<br />
Signal-zu-Rausch-Verhältnisses.<br />
Mit der Perfusions-MRT hat man die Möglichkeit,<br />
den zerebralen Blutfluss zu messen.<br />
Die Charakteristika, die mittels Perfusion erfasst<br />
werden, weisen bei AD ganz bestimmte<br />
Abnormalitäten auf 3 . Ebenso ist eine Differenzialdiagnose<br />
der AD z. B. von der vaskulären<br />
Demenz möglich 4 .<br />
MRS: Eine weitere Möglichkeit in der MRT-<br />
Bildgebung ist die Messung der Konzentration<br />
bestimmter Metaboliten im Gehirn mittels<br />
Protonen-Magnetresonanz-Spektroskopie<br />
(MRS). Auch hier wurden PatientInnen<br />
mit unterschiedlichen kognitiven Störungen<br />
untersucht. Bei der Entwicklung von Alzheimer-Demenz<br />
zeigt sich eine stärkere Abnahme<br />
des N-Acetylaspartat-Spiegels. Des Weiteren<br />
kann der Verlauf von leichter kognitiver<br />
Störung zu AD durch reduzierte absolute<br />
Konzentration von Kreatin vorhergesagt werden<br />
5 .<br />
Prim. Univ.-Prof. DDr.<br />
Susanne Asenbaum-Nan, MBA<br />
Abteilung für <strong>Neurologie</strong>, Landesklinikum<br />
Amstetten und Amstetten-Mauer<br />
Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Staffen<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg,<br />
Christian-Doppler-Klinik<br />
fMRT: Neben diesen künftigen Standardverfahren<br />
zum Nachweis der Alzheimer-Demenz<br />
– wobei diese zu einem Teil bereits den Status<br />
eines Biomarkers haben – gibt es noch weitere<br />
Ansätze. Mittels funktioneller MRT kann<br />
bei Alzheimer-Demenz schon in frühen Stadien<br />
eine reduzierte Hirnaktivität bilateral parietotemporal<br />
nachgewiesen werden 1 . Weiters<br />
zeigen z. B. AD-PatientInnen beim Abspeichern<br />
von Gedächtnisinhalten eine geringere<br />
Aktivierung des medialen Temporallappens<br />
6 . Erstaunlicherweise zeigt sich in einem<br />
sehr frühen Stadium des kognitiven Abbaus<br />
eine höhere Aktivierung im Hippocampus<br />
während einer visuellen Merkaufgabe. Dies<br />
wird als Kompensationsmechanismus interpretiert<br />
und lässt gewisse Rückschlüsse auf<br />
den pathophysiologischen Verlauf der Erkrankung<br />
zu. Da sich zeigte, dass diese funktionellen<br />
Veränderungen mit einem stärkeren<br />
kognitiven Abbau in den 6 Folgejahren zusammenhängen<br />
7 könnte das einen gewissen<br />
prognostischen Wert haben. Könnte man die<br />
Entwicklung einer Demenz also mit Sicherheit<br />
schon in diesem Frühstadium vorhersagen,<br />
so könnten in Zukunft geeignete Medikamente<br />
bereits sehr früh eingesetzt werden,<br />
um den Verlauf zu lindern.<br />
Automatisierte Diagnose: Neuere Entwicklungen<br />
von intelligenter Computersoftware<br />
integrieren diverse Merkmale, die mittels<br />
MRT erfasst werden, in eine automatisierte<br />
Diagnose. Hierzu dient ein Algorithmus, der<br />
die krankheitsspezifischen Atrophiemerkmale<br />
erfasst und anhand einer Reihe von sicher u<br />
25
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
diagnostizierten DemenzpatientInnen lernt,<br />
wie diese Merkmale typischerweise ausgeprägt<br />
sind. Aufgrund dieses Wissens kann<br />
der Algorithmus dann bei neuen, noch nicht<br />
diagnostizierten PatientInnen einen Vorschlag<br />
für eine Diagnose machen 8 .<br />
PET in der Demenzabklärung<br />
Schon seit Jahrzehnten wird auch die (ursprüngliche)<br />
funktionelle Bildgebung mit PET<br />
(Positronenemissionstomographie) bzw. SPECT<br />
(Single-Photon-Emissions-Tomographie) zur<br />
Abklärung von Demenzen herangezogen. Die<br />
Fragestellungen beziehen sich meist auf die<br />
Diagnose bzw. Differenzialdiagnose verschiedener<br />
demenzieller Zustandsbilder, auf Früherkennung,<br />
Auswirkungen unterschiedlicher<br />
Medikamente sowie auf den Krankheitsverlauf<br />
und die Prognoseabschätzung. Zur<br />
Anrwendung gelangt dabei vor allem die Untersuchung<br />
des zerebralen Glukosemetabolismus<br />
unter Verwendung von 18 F-FDG (Fluoro-2-deoxy-D-Glukose)<br />
und PET als Maß für<br />
neuronale bzw. synaptische Aktivität.<br />
Vor allem in der visuellen Beurteilung sind<br />
für Perfusionsuntersuchungen mit<br />
99m<br />
Tc-<br />
HMPAO- oder ECD-SPECT ähnliche Ergebnisse<br />
wie bei der FDG-PET zu erwarten, auch<br />
wenn bei der SPECT-Technik eine geringere<br />
Auflösung vorliegt und Perfusionsuntersuchungen<br />
durch die Abhängigkeit vom pCO 2<br />
eine höhere Variabilität aufweisen als Darstellungen<br />
des Glukosestoffwechsels.<br />
Abb. 1: fMRT – es gibt Störungen in funktionellen Netzwerken bereits im<br />
Frühstadium neurodegenerativer Erkrankungen<br />
Hirnaktivität (rot)<br />
einer gesunden Person<br />
Abb. 2: PET in der Differenzialdiagnose von Demenzen<br />
A<br />
Hirnaktivität einer Person mit milder<br />
kognitiver Beeinträchtigung<br />
Hohe Sensitivität und Spezifität: In vielen<br />
Publikationen konnten für einzelne Demenztypen<br />
charakteristische Speichermuster festgestellt<br />
werden (siehe auch Teune et al. 9 ). So<br />
tritt bei der AD Mindermetabolismus/Minderperfusion<br />
im temporoparietalen Assoziationskortex<br />
mit Betonung der Gyrus angularis ein.<br />
Auch der posteriore Gyrus cinguli und der<br />
Precuneus zeigen früh im Erkrankungsverlauf<br />
eine Mitbeteiligung. Der frontale Kortex ist<br />
meist erst im Krankheitsverlauf mitbetroffen.<br />
Ausmaß und Ausdehnung der (Glukose-)Minderaktivitäten<br />
korrelieren mit der Klinik. Verhältnismäßig<br />
selten wird über mesiotemporale<br />
Auffälligkeiten berichtet: Grund dafür<br />
dürften die visuell erschwerte Beurteilung bei<br />
kleiner Struktur und der prinzipiell niedrigere<br />
Stoffwechsel ebendort sowie der Partial-Volume-Effekt<br />
sein.<br />
In einer rezenten Review-Arbeit von Bohnen<br />
et al. 10 wird für die FDG-PET eine Sensitivität<br />
von 96 % bzw. eine Spezifität von 90 % bei<br />
der Abgrenzung von (klinisch diagnostizierten)<br />
AD-PatientInnen von Normalpersonen<br />
beschrieben. Selbst bei histopathologisch verifizierter<br />
AD betrug die Sensitivität der FDG-<br />
PET 94 % bzw. die Spezifität 73 %. Aber<br />
auch für die differenzialdiagnostische Abgrenzung<br />
einer AD von anderen Demenzformen<br />
wie der frontotemporalen (FTD) oder<br />
Lewy-Body-Demenz (LBD) eignet sich die<br />
FDG-PET hervorragend (gepoolte Sensitivität<br />
87 %, Spezifität 81 %).<br />
Besonderes Interesse gilt – auch in Hinblick<br />
auf mögliche therapeutische Interventionen<br />
– dem Nachweis AD-typischer Veränderungen<br />
im Früh- und auch Vorstadium dieser Erkrankung.<br />
So wurde bereits Anfang der<br />
2000er Jahre ein reduzierter Glukosestoffwechsel<br />
in temporoparietalen Assoziationsarealen<br />
bei kognitiv Gesunden mit familiärer<br />
Belastung und positivem ApoE-epsilon4-Allel<br />
gefunden.<br />
B<br />
A: 18 F-FDG-PET bei Verdacht auf primär progressive Aphasie mit deutlicher, frontal betonter Minderspeicherung<br />
inkl. Inselregion linkshirnig. B: 18 F-FDG-PET bei Verdacht auf Lewy-Body-Demenz mit auffallend<br />
reduzierter FDG-Ablagerung im okzipitalen (und parietalen) Kortex beidseits<br />
26
Auch gelang es in mehreren Untersuchungen<br />
aufzuzeigen, dass die FDG-PET beim Mild Cognitive<br />
Impairment (MCI) mit einer hohen<br />
Sensitivität eine Konversion in eine AD vorhersagen<br />
kann (z. B. Drzezga et al. 11 : Sensitivität<br />
92 % und Spezifität von 89 % der<br />
FDG-PET in einem Beobachtungszeitraum<br />
von 16 Monaten). Am aussagekräftigsten<br />
sind dabei Veränderungen temporoparietal<br />
sowie im Bereich des posterioren Gyrus cinguli<br />
(siehe auch Übersichtsarbeiten von Mosconi<br />
12 und Herholz 13 ).<br />
Automatisierte Verfahren: Um den Limitationen<br />
der (stark untersucherabhängigen) visuellen<br />
Beurteilung von MRT- oder PET- und<br />
SPECT-Studien beizukommen, werden heute<br />
auch schon in der Routine automatisierte Verfahren<br />
eingesetzt: Studien werden anfangs<br />
auf ein Normhirn reorientiert, und schließlich<br />
werden die erhobenen Daten voxelweise mit<br />
den Werten einer Normpopulation statistisch<br />
verglichen und Abweichungen in Form von<br />
z. B. Z-Scores abgebildet. Diese Darstellungen<br />
können 2- (wie in SPM) aber auch 3-dimensional<br />
(3D-SSP) erfolgen.<br />
Amyloidmarker: In Anbetracht der in Entwicklung<br />
befindlichen Anti-Amyloid-Therapien<br />
wäre eine möglichst frühzeitige Diagnose<br />
wünschenswert, z. B. vor Entwicklung<br />
einer deutlichen Neurodegeneration. Im letzten<br />
Jahrzehnt gelang es, eine Reihe von Amyloidmarkern<br />
zu entwickeln, die eine hoch<br />
sensitive Darstellung der (fibrillären) Amyloid-<br />
-Plaques und auch des vaskulären Amyloids<br />
erlaubt. Am häufigsten wurde bisher mit 11 C<br />
markiertes PIB (Pittsburgh Compound B), ein<br />
Thioflavin-T-Derivat, und PET eingesetzt; derzeit<br />
stehen eine Reihe von mit 18 F markierten,<br />
verwandten Liganden knapp vor ihrer Zulassung<br />
bzw. laufen die Zulassungsstudien. Obwohl<br />
noch nicht für all diese Liganden – sondern<br />
in erster Linie für PIB – umfassende Studien<br />
und Publikationen vorliegen, so scheinen<br />
doch für alle erwähnten Substanzen folgende<br />
Eigenschaften zu gelten: hohe Affinität zu<br />
A-Plaques, hohe Bindung im frontalen<br />
sowie parietalen und temporalen Assoziationskortex,<br />
schwache Korrelation zur Klinik,<br />
relativ stabiles Ausmaß der Speicherung im<br />
Beobachtungszeitraum, positiver PET-Scan<br />
bei einem hohen Prozentsatz kognitiv Gesunder<br />
(z. B. > 30 % bei 80-Jährigen).<br />
Beim MCI kann das Ausmaß der PIB-Speicherung<br />
sowohl jenem bei Gesunden, aber<br />
auch jenem bei AD entsprechen bzw. dazwischen<br />
liegen. An die 70 % der PIB-positiven<br />
MCI-PatientInnen entwickeln in den folgenden<br />
3 Jahren eine AD; in mehreren Studien<br />
konnte aufgezeigt werden, dass vor allem<br />
PatientInnen mit amnestischen MCI und positiver<br />
Amyloid-PET eine Progression zur AD<br />
erfahren. Im Stadium des MCI ist (im Gegensatz<br />
zur AD) anscheinend ein Zusammenhang<br />
zwischen dem Ausmaß der PIB-Speicherung<br />
und der Reduktion des episodischen Gedächtnisses<br />
fassbar.<br />
Auch in der Differenzialdiagnose verschiedener<br />
Demenzformen wurde die Amyloid-PET<br />
erfolgreich eingesetzt: während bei der Frontotemporalen<br />
Demenz und der Parkinson-Demenz<br />
keine pathologische Amyloid-PET gefunden<br />
wurde, waren die Ergebnisse bei<br />
Lewy-Body-Demenz sehr häufig positiv, d. h.<br />
pathologisch.<br />
In einer ersten Therapiestudie mit dem Anti-<br />
Amyloid--monoklonalen Antikörper Bapineu -<br />
zumab konnte in der PIB-PET tatsächlich u
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 3: J.M., 62 Jahre, weibl., progredienter kognitiver Abbau zusammen<br />
mit Depression, MMSE 23.<br />
A<br />
A: 18 F-FDG-PET bei klinischem Verdacht auf Mb. Alzheimer: deutliche Minderspeicherung beidseits<br />
parietal. B: 11 C-PIB-PET mit abnormer Speicherung kortikal mit frontaler Betonung.<br />
eine Amyloidreduktion nachgewiesen werden,<br />
allerdings ohne Auswirkung auf die kognitive<br />
Situation 14 .<br />
Künftige Amyloidmarker: Wie bereits angeführt,<br />
werden in absehbarer Zeit ein oder<br />
mehrere 18 F-markierte Amyloidmarker eingesetzt<br />
werden: so ist Flutemetamol ein PIB-<br />
Derivat, während Florbetaben und Florbetapir<br />
bei unterschiedlichen Ausgangssubstanzen<br />
auch ein leicht unterschiedliches Speicherverhalten<br />
und eine höhere unspezifische Traceraufnahme<br />
(im Marklager) und damit Hintergrundaktivität<br />
aufweisen. Flutemetamol zeigte<br />
im Vergleich von AD-PatientInnen mit<br />
B<br />
altersentsprechend gesunden Kontrollpersonen<br />
jeweils eine 93%ige Sensitivität und Spezifität<br />
in der Abgrenzung.<br />
Abschließend sei noch auf 18 F-FDDNP hingewiesen,<br />
das zwar mit geringerer Affinität am<br />
Amyloid bindet, aber auch eine spezifische<br />
Bindung an den neurofibrillären Tangles aufweist<br />
und im Gegensatz zu den bereits erwähnten<br />
Amyloidmarkern daher auch eine<br />
erhöhte Speicherung im Hippocampusbereich<br />
zeigt. Weitere Liganden sind in Entwicklung.<br />
Genauere Details sind in Übersichtsarbeiten<br />
von Quigley et al. 15 , Herholz & Ebmeier 16 und<br />
Rowe & Villemagne 17 ersichtlich.<br />
Diagnosekriterien: 2007 wurde von Dubois<br />
et al. 18 angeregt, die klinischen (NINCDS-<br />
ADRDA und DSM-IV) Diagnosekriterien einer<br />
AD für wissenschaftliche Fragestellungen insofern<br />
zu ändern bzw. zu erweitern, als<br />
neben der Einschränkung des episodischen<br />
Gedächtnisses ein oder mehrere positive Biomarker<br />
gefordert wurden, darunter auch pathologische<br />
FDG- und Amyloid-PET-Ergebnisse.<br />
Ob sich dieser Vorschlag zunächst in wissenschaftlichen<br />
Kreisen durchsetzt, ist derzeit<br />
hinsichtlich des Einsatzes der PET-Technik<br />
noch offen.<br />
Resümee<br />
Zusammenfassend können mit den heute zur<br />
Verfügung stehenden bildgebenden Methoden<br />
wie MRT und PET verschiedene unterschiedliche<br />
Aspekte eines demenziellen Prozesses<br />
dargestellt und untersucht werden. So<br />
ist es möglich, Amyloid-Plaques nachzuweisen;<br />
welchen Stellenwert diese neuen, mit<br />
18<br />
F markierten und daher gut verfügbaren<br />
Amyloidmarker in der täglichen Routine erlangen<br />
werden, wird allerdings erst die Zukunft<br />
weisen.<br />
n<br />
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28
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR KONGRESS- DIE PRAXIS<br />
HIGHLIGHTS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Epilepsie<br />
Die ersten Magnetresonanztomographie-Untersuchungen (MRT-Untersuchungen) bei<br />
Menschen wurden in den späteren 1970er Jahren durchgeführt 1 und als Routineuntersuchung<br />
schon Mitte der 1980er etabliert. Die MRT ermöglicht die detaillierte Übersicht<br />
der feinen Strukturen des lebenden menschlichen Gehirns, was früher nur post mortem<br />
möglich war. Sehr schnell wurde klar, dass die MRT größere Dimensionen bekommen kann.<br />
Mittels MRT können die minimalen Veränderungen des Gehirns, die Epilepsien verursachen,<br />
dargestellt werden 2, 3 . Ein gutes Beispiel dafür ist die Hippocampussklerose, die am<br />
häufigsten eine therapieresistente Epilepsie verursacht. Die richtige Diagnostik der Hippocampussklerose<br />
ist für den guten postoperativen Outcome entscheidend 4, 5 . Mit der<br />
Entwicklung der MRT begann eine neue Ära auch in der Diagnostik der Malformationen<br />
der kortikalen Entwicklung, da diese ebenfalls Therapieresistenz verursachen 6 . Die MRT<br />
ist ein obligatorischer Teil bei der Abklärung der PatientInnen mit Epilepsien.<br />
Dr. Giorgi Kuchukhidze<br />
Universitätsklinik für Radiologie,<br />
Medizinische Universität Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr. Ekaterina Pataraia<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität Wien<br />
Welche PatientInnen sollten<br />
eine Schädel-MRT-Untersuchung<br />
erhalten?<br />
Die Kommission für Neuroimaging der Internationalen<br />
Liga gegen Epilepsie (ILAE) 7, 8<br />
empfiehlt in nichtakuter Situation eine strukturelle<br />
Bildgebung mittels der Schädel-MRT<br />
bei allen PatientInnen mit Epilepsien, mit Ausnahme<br />
der PatientInnen mit eindeutiger elektroklinischer<br />
Diagnose einer generalisierten<br />
idiopathischen Epilepsie (benigne myoklonische<br />
Epilepsie des Kindesalters, Absence-Epilepsie<br />
des Kindesalters, juvenile Absence-Epilepsie,<br />
juvenile myoklonische Epilepsie) oder<br />
bei benigner Epilepsie des Kindesalters mit<br />
zentrotemporalen Spikes. Trotzdem kann<br />
manchmal auch bei PatientInnen mit diesen<br />
Syndromen eine strukturelle Veränderung<br />
vorkommen. Diese Veränderungen sind meist<br />
unspezifisch und wurden bereits in einigen<br />
Studien berichtet 9 .<br />
Die Österreichische Sektion der ILAE definierte<br />
die Indikation und Ziele der MRT bei PatientInnen<br />
mit Epilepsien 10 folgendermaßen:<br />
MRT-Indikationen:<br />
Absolute MRT-Indikationen:<br />
• erster unprovozierter Anfall<br />
• Epilepsie (Definition: Auftreten von<br />
zumindest zwei unprovozierten Anfällen<br />
innerhalb eines Jahres)<br />
• komplizierter Fieberkrampf<br />
Relative MRT-Indikationen:<br />
• akut-symptomatischer Anfall und<br />
durchgeführte Akut-CT<br />
• Auch bei klinisch-<strong>neurologisch</strong><br />
unauffälligen PatientInnen besteht je<br />
nach Ursache des unmittelbaren<br />
Auslösers im individuellen Fall die<br />
Indikation zur MRT.<br />
• Kinder, bei denen eine MRT in Narkose<br />
durchgeführt werden muss, mit<br />
folgenden Epilepsiesyndromen:<br />
- fokale idiopathische Epilepsien mit<br />
altersgebundenem Beginn<br />
- generalisierte idiopathische Epilepsien<br />
mit altersgebundenem Beginn<br />
Keine MRT-Indikation:<br />
• einfache Fieberkrämpfe<br />
Ziel der MRT-Untersuchung: Es ist entscheidend,<br />
dass der/die zuweisende Arzt/Ärztin<br />
dem/der RadiologIn Informationen über die<br />
Art der Anfälle bzw. Epilepsie übermittelt<br />
(z. B. einfach- oder komplex-fokaler Anfall,<br />
generalisierter tonisch-klonischer Anfall).<br />
Ziel der MRT-Untersuchung ist:<br />
• die bessere Charakterisierung eines<br />
Epilepsiesyndroms<br />
• die Identifizierung einer zugrunde<br />
liegenden Ätiologie eines<br />
Epilepsiesyndroms/epileptischen Anfalls,<br />
um damit prognostische Aussagen zu<br />
erhalten und eventuelle therapeutische<br />
Konsequenzen abzuleiten.<br />
Welche Sequenzen sollten<br />
durchgeführt werden?<br />
Die Neuroimaging-Kommission der ILAE 7, 8<br />
stellt fest: „MRT ist essenziell für die prä -<br />
chirurgische Evaluation. (...) Epilepsiechirurgie<br />
sollte niemals ohne vorausgegangene MRT<br />
durchgeführt werden, außer bei Ausnahmesituation<br />
wie spezifische Umstände oder spezifische<br />
Kontraindikation (z. B. Herzschrittmacher).“<br />
Es wird empfohlen, mindestens T1- und T2-<br />
gewichtete Sequenzen und 3-dimensionale<br />
Volumenaufnahmen durchzuführen, wobei<br />
die koronaren und axialen Schichtenaufnahmen<br />
bzw. Rekonstruktion gewährleistet werden<br />
sollte.<br />
Die konventionelle MRT-Untersuchung ist<br />
nicht ausreichend und inadäquat für Epilepsiediagnostik,<br />
da viele Veränderungen nicht<br />
erfasst werden können. Die routinemäßige<br />
MRT besteht aus kurzen Aufnahmen mit 3<br />
bis 5 mm Schichtdicke und einem Abstand<br />
zwischen den Schichten von 2–3 mm. Sie<br />
enthalten nicht die SPGR (spoiled gradient<br />
recalled acquisition) oder MPRAGE (magnetization<br />
prepared rapid gradient echo) T1-gewichteter<br />
Aufnahmen, welche die Grau- u<br />
29
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
weiß-Substanz-Differenzierung erhöhen, was<br />
wiederum die kortikale Architektur besser<br />
darstellt. Diese Aufnahmen sind auch nicht<br />
gewährleistet in koronaren, queren Ebenen,<br />
die perpendikulär zur langen Achse des Hippocampus<br />
liegen (was auch für die Temporallappen-Beurteilung<br />
wichtig ist).<br />
Auf der anderen Seite inkludiert das Epilepsie-Protokoll<br />
das ganze Gehirn von Nasion<br />
bis Inion, T1-gewichteten MPRAGE- oder<br />
SPGR-Aufnahmen mit 1,5 mm Schichtdicke<br />
ohne den Abstand zwischen den Schichten.<br />
Diese Abbildungen werden als 3-D-Volumen<br />
aufgenommen und erlauben somit, die Ausrichtungsfehler<br />
der Aufnahmen zu korrigieren<br />
sowie die Umformatierung der Ansicht<br />
in mehreren Ebenen, um subtile Malformationen<br />
der kortikalen Entwicklung zu erfassen.<br />
Das Epilepsie-Protokoll der MRT inkludiert<br />
auch die koronaren und axialen FLAIR-Sequenzen<br />
mit 3 mm Schichtdicke und einem<br />
Abstand von 0–1 mm zwischen den Schichten.<br />
Die konventionellen dünnen Schichten<br />
(3 mm) der T2-gewichteten axialen und koronaren<br />
Sequenzen werden ebenfalls aufgenommen.<br />
Eine Gadoliniumgabe ist nicht notwendig,<br />
außer wenn ein Tumor oder eine<br />
vaskuläre Malformation vermutet wird oder<br />
bei manchen neurokutanen Syndromen wie<br />
Sturge-Weber-Syndrome (in diesem Fall für<br />
die Identifizierung der leptomeningealen Angiomatose).<br />
Die Anwendung des speziellen Epilepsie-Protokolls<br />
an den Epilepsiezentren kann epileptische<br />
Abnormalitäten mit größerer Sensitivität<br />
und Spezifität entdecken. In einer Studie<br />
mit 51 PatientInnen, die außerhalb der Epilepsiezentren<br />
einer MRT unterzogen wurden,<br />
zeigten 34 (67 %) der Aufnahmen keine fokale<br />
Abnormalitäten, dabei konnte in 27/34<br />
der Fälle die Hippocampussklerose nicht entdeckt<br />
werden. Auf der anderen Seite zeigten<br />
die speziellen MRT-Untersuchungen die Veränderung<br />
bei 27/29 (93 %) der PatientInnen<br />
mit abnormaler Histologie des chirurgisch<br />
entnommenen Gewebes 11 . Die detaillierte<br />
Beschreibung der MRT-Protokolle für verschiedene<br />
Altersgruppen wurde von der<br />
österreichischen Sektion der ILAE vorgeschlagen<br />
10 .<br />
Zusätzliche Information<br />
durch Oberflächenspule?<br />
25 PatientInnen mit therapieresistenten Epilepsien<br />
wurden einer prächirurgischen Abklärung<br />
mittels 3T-(Tesla-)MRT unterzogen 12 .<br />
Diese PatientInnen wurden entweder als<br />
MRT-negativ (n = 15) oder mit unklaren Befunden<br />
(n = 10) bei der vorhergehender MRT<br />
mit 1,0–1,5T eingestuft. Zusätzlich wurde<br />
eine Oberflächenspule über der verdächtigen<br />
epileptogenen Zone angewandt. Es konnte<br />
gezeigt werden, dass die Oberflächenspule<br />
die Visualisierung der kortikalen Läsionen mit<br />
besserer Demarkierung der Details erlaubt,<br />
was allerdings nicht signifikant unterschiedlich<br />
von vordiagnostizierten Läsionen ist und<br />
somit keine zusätzliche Information in Bezug<br />
auf die Art der Läsion ergibt. Eine epileptogene<br />
Läsion wurde bei 12/25 (48 %) der PatientInnen,<br />
die mittels 3T-MRT untersucht<br />
wurden, vermutet. Es wurden keine zusätzlichen<br />
Abnormitäten bei 13/25 (52 %) PatientInnen<br />
gefunden. 3T-MRT bietet im Vergleich<br />
zum älteren MRT mit 1,0–1,5T eine<br />
neue oder zusätzliche Information bei 5/25<br />
(20 %) PatientInnen. Die hoch auflösende<br />
MRT kann für die Detektion von Läsionen (z. B.<br />
kortikale Malformationen) behilflich sein, allerdings<br />
mit einem limitierten zusätzlichen<br />
Beitrag der ergänzenden Oberflächenspule<br />
im 3T-MRI im Vergleich zu 1,5T-MRT 12 .<br />
Wer soll die MRT der Epilepsie-<br />
PatientInnen beurteilen?<br />
Die Erfahrung der RadiologInnen in Epileptologie<br />
ist entscheidend für die Erstellung der<br />
hoch qualifizierten Befunde. In einer Studie<br />
wurden die MRT-Befunde der „NichtexpertInnen“<br />
mit den Befunden der „ExpertInnen“<br />
bei 123 konsekutiven PatientInnen, die zwischen<br />
1996 und 1999 einer Epilepsiechirurgie<br />
unterzogen wurden, verglichen. Dabei konnte<br />
gezeigt werden, dass die „NichtexpertInnen“<br />
nur in 39 % der Fälle eine fokale Läsion<br />
identifizieren konnten, im Vergleich zu „ExpertInnen“,<br />
die eine 50%-ige Sensitivität<br />
zeigten; allerdings konnten die RadiologInnen,<br />
die sich mit Epilepsie beschäftigen, in<br />
91 % der Fälle die epilepsiespezifische Läsionen<br />
feststellen 13 .<br />
Bildgebung der<br />
Temporallappenepilepsien (TLE)<br />
Die Temporallappenepilepsien stellen die häufigsten<br />
Formen der fokalen Epilepsien dar,<br />
wobei die mesialen Temporallappenepilepsien<br />
am häufigsten Therapieresistenz verursachen.<br />
MRT-Aufnahmen des Hippocampus: Die<br />
Orientierung der hippocampalen Achse im<br />
MRT korrespondiert grob geschätzt mit der<br />
langen Achse des Hirnstamms. Am besten<br />
orientiert man sich an koronaren und axialen<br />
Aufnahmen.<br />
Der Hippocampus wird am besten in koronaren<br />
Aufnahmen beurteilt. Das erlaubt die<br />
Abschätzung der Größe, der Struktur und<br />
den Vergleich der MR-Signale der beiden Hippocampi.<br />
Die ganze Länge des Hippocampus<br />
kann nur auf den axialen Schichten gesehen<br />
werden. Die parasagittalen Aufnahmen können<br />
die Einkerbungen der Gyrus dentatus an<br />
unterer Grenze identifizieren. Die hippocampale<br />
Achse ist exzellent für die Darstellung<br />
der meisten subkortikalen und Temporallappen-Strukturen<br />
14 .<br />
MRT-Merkmale der<br />
Hippocampussklerose (HS)<br />
Abnormale hippocampale T2-gewichtete<br />
Signale: Die verlässlichsten und sensitivsten<br />
Sequenzen für die HS-Diagnostik sind die T2-<br />
gewichteten FLAIR-Sequenzen (fluid-attenuated<br />
inversion recovery) 14–19 .<br />
Die hohen T2-gewichteten Signale entstehen<br />
auch:<br />
• bei Läsionen im Gyrus-parahippocampalis-<br />
Bereich,<br />
30
• bei Fremdgewebe,<br />
• bei Hippocampusdysplasie,<br />
• vom partiellen Volumen des<br />
umgebenden Liquor,<br />
• bei Flow-Artefakten, verursacht durch<br />
Carotiden.<br />
Interpretationsprobleme entstehen oft aufgrund<br />
der nicht korrekten Deutung der Hippocampusstruktur.<br />
Die Orientierung der<br />
Schichten perpendikulär zur langen Achse<br />
vom Hippocampus hilft in den meisten Fällen,<br />
den partiellen Volumeneffekt zu vermeiden.<br />
Signal-Hypointensität des Hippocampus<br />
in den T1-gewichteten Sequenzen: Die<br />
Anwendung der T1-gewichteten Sequenzen,<br />
Inversion Recovery (IR), ist sehr hilfreich bei<br />
den Untersuchungen der HS, insbesondere<br />
wenn der Hippocampus unverändert auf anderen<br />
Sequenzen dargestellt wird 15, 16 . Der<br />
atrophierte Hippocampus zeigt ein reduziertes<br />
Signal in den T1-gewichteten Aufnahmen,<br />
was dem hohen Signal in den T2-<br />
gewichteten Aufnahmen entspricht. Die IR-<br />
Sequenzen ermöglichen die exzellente<br />
anatomische Unterscheidung der Strukturen,<br />
was typischerweise mittels T1-Sequenzen alleine<br />
nicht möglich ist.<br />
Hippocampusatrophie: Die visuelle Begutachtung<br />
der optimal aufgenommenen und<br />
orientierten Schichten ermöglicht die verlässliche<br />
Diagnosestellung der HS mit einer Sensitivität<br />
von 80–85 % 17, 19 und ist bei erfahrenen<br />
SpezialistInnen fast so gut wie eine<br />
Volumenmessung der Hippocampusgröße 20 .<br />
Verlust der inneren Struktur des Hippocampus:<br />
Die normale interne morphologische<br />
Struktur des Hippocampus wird von Alveus,<br />
der molekularen Zellschicht des Gyrus<br />
dentatus und der pyramidalen Zellschicht des<br />
Ammonshorns gebildet. Das alles ist besonders<br />
gut an koronaren MR-Schichten darstellbar.<br />
Der Verlust der normalen inneren Struktur<br />
bei der HS ist durch den Verlust der neuronalen<br />
Zellen und Gliose verursacht. Die<br />
Abb. 1: Hippocampussklerose links<br />
T2-gewichtete koronare Sequenz<br />
FLAIR koronare Sequenz<br />
IR-Aufnahmen stellen nicht nur die anatomischen<br />
Details, sondern auch den Kontrast zu<br />
normalem Hippocampus dar. Die innere<br />
Struktur kann aber aufgrund des Alveus auf<br />
den weniger kontrastgefärbten Schichten (typisch<br />
für T1-Volumen-Sequenzen) im Vergleich<br />
zum klar abnormalen Hippocampus<br />
fälschlich als normal angenommen werden.<br />
Wichtig ist bei der Visualisierung der inneren<br />
Struktur des Hippocampus die Berücksichtigung<br />
der hohen räumlichen Auflösung und<br />
des Kontrasts 18 .<br />
Zusammenfassend sind die typischen Eigenschaften<br />
der HS im MRT die Atrophie,<br />
Hyperintensität auf den T2-gewichteten Aufnahmen<br />
und Hypointensität auf den T1-gewichteten<br />
Aufnahmen sowie Verlust der inneren<br />
Struktur (Abb. 1).<br />
Spezielle und<br />
quantitative Verfahren<br />
Bei erfahrenen SpezialistInnen ist die visuelle<br />
Diagnostik der HS ziemlich verlässlich. Die<br />
quantitativen und speziellen Methoden sind<br />
sehr hilfreich bei der Evaluation der „MR-negativen“<br />
Temporallappenepilepsien, da viel<br />
zusätzliche Information gewonnen werden<br />
kann, insbesondere in Hinblick auf dezente<br />
Pathologien sowie für die Beurteilung der<br />
kontralateralen Hippocampusabnormitäten.<br />
Volumetrie: Der Verlust des Volumens ist ein<br />
sensitiver und spezifischer Indikator der HS<br />
im klinischen Kontext der Epileptologie 21–24 .<br />
Mesiale temporale Atrophie ipsilateral zur<br />
Anfallsursprungszone scheint für TLE spezifisch<br />
zu sein 25 .<br />
Die Volumetrie ist eine simple, aber verlässliche<br />
Methode für die Erfassung der Asymmetrie<br />
der Hippocampi. Sie kann fast in allen<br />
Zentren mit minimalem zusätzlichem Aufwand<br />
an Image-Bearbeitung oder technischer<br />
Erfahrung durchgeführt werden. Trotzdem<br />
bestehen einige Fallgruben: es ist schwer,<br />
eine absolute Abnormität zu definieren, da<br />
es eine ziemlich breite Streuung an Varia -<br />
tionen der normalen Hippocampi gibt. Die<br />
Korrektur der Hippocampus-Volumen in ein<br />
totales intrakranielles Volumen ist eine sehr<br />
hilfreiche Methode, welche die Brauchbarkeit<br />
der Volumenmessungen erhöht. Manchmal<br />
werden bei der Volumenkorrektion Größe,<br />
Geschlecht, Gewicht und Alter berücksichtigt.<br />
Frauen haben kleinere Hippocampi als<br />
Männer 26 .<br />
Es scheint, dass das Hippocampusvolumen<br />
sich in Abhängigkeit von Temporallappenanfällen<br />
ändern kann 27, 28 . Eine Volumenänderung<br />
des Hippocampus kann auch bei einigen<br />
anderen Krankheiten wie Demenz 29, 30 , Schizophrenie<br />
31, 32 , Amnesie 33 und ganz selten<br />
auch bei normalen Personen 34 gefunden werden.<br />
T2-Relaxometrie: Die Entwicklung der T2-<br />
Relaxometrie für MRT der Epilepsien entwikkelte<br />
sich durch die Beobachtung der Erhöhung<br />
des Signals in T2-gewichteten Aufnahmen<br />
des Hippocampus bei PatientInnen mit<br />
HS und aus dem Wunsch, eine quantitative<br />
und schnelle Untersuchungsmethode der u<br />
31
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Messung der Abnormitäten im Hippocampus<br />
zu finden, die objektivierbar mit Standardisierungsmöglichkeiten<br />
zwischen den unterschiedlichen<br />
Zentren wäre. Die T2-Relaxometrie<br />
wurde 1993 als quantitative Methode<br />
der Messungen der grauen Substanz vom<br />
Hippocampus zum ersten Mal eingesetzt 35 .<br />
Diese quantitative Messung ist eine robuste<br />
und verlässliche, objektive Methode für die<br />
Bestimmung der ganz minimalen, bilateralen<br />
und progressiven Pathologien des Hippocampus<br />
und somit ein Hilfsmittel für die Beurteilung<br />
des Hippocampus mittels visueller Interpretation<br />
der optimierten Aufnahmen 36–38 .<br />
Automatisierte FLAIR-Analyse: Die regionale<br />
quantitative FLAIR-Analyse des Hippocampus<br />
ist ein sehr viel versprechendes Werkzeug<br />
für die Erkennung der ganz minimalen<br />
Signalalterationen. In der Studie, die diese<br />
Methode validierte, wurden die FLAIR-Signale<br />
von 103 PatientInnen mit HS mit den MRT<br />
von 131 gesunden Kontrollen verglichen. Die<br />
Sensitivität der Methode erreichte 97,1 %.<br />
Besonders verlässlich waren die Ergebnisse<br />
bei PatientInnen mit histologisch bestätigter<br />
HS. Diese Methode kann sogar eine bilaterale<br />
HS von den Veränderungen nach einem Status<br />
epilepticus unterscheiden 39 .<br />
Nicht durch Hippocampussklerose<br />
verursachte Abnormitäten der<br />
mesialen Strukturen<br />
Die Hippocampusdysplasie ist eine nichtspezifische<br />
Definition, die eine nicht normale<br />
Entwicklung des Hippocampus beinhaltet.<br />
Entscheidend dabei ist, dass die Dysplasie des<br />
Hippocampus die nichtkorrekte Seite der HS<br />
vortäuschen kann – ein kleinerer Hippocampus<br />
könnte als HS angenommen werden. Das<br />
kann leicht passieren, wenn T1- und T2-Sequenzen<br />
ohne Kontrast dargestellt werden<br />
oder wenn die Größe des Hippocampus als<br />
einziger Parameter für die Diagnostik der HS<br />
verwendet wird. Durch die Dysplasie ist der<br />
Hippocampus größer, und so kann der andere<br />
Hippocampus als sklerotisch vorgetäuscht<br />
werden. In Wirklichkeit kann der vergrößerte<br />
Hippocampus in Assoziation mit anderen<br />
Malformationen der Entwicklung des Kortex<br />
wie bei Hemimegalenzephalie beobachtet<br />
werden 40 . Die bilateralen hippocampalen<br />
Dysplasien wie bilaterale mesiale temporale<br />
Polymikrogyrie sind sehr selten und können<br />
auch als HS fehlinterpretiert werden 41 .<br />
Hippocampale Malrotation: Die Malrotation<br />
des Hippocampus wird auch als eine Entwicklungsanomalie<br />
angesehen, wobei die<br />
Rolle dieser Veränderung in der Anfallserzeugung<br />
noch lange nicht geklärt ist 42–44 . Die<br />
MRT-Charakteristika sind: die inkomplette Inversion<br />
des Hippocampus mit abnormal runden<br />
Konturen, die normale Signalintensität<br />
und Lage, die unscharfe innere Struktur, der<br />
abnormale Winkel des kollateralen Sulcus,<br />
die abnormale Position und Größe der Fornix,<br />
die normale Größe der Temporallappen und<br />
die Vergrößerung des Temporalhorns, oft assoziiert<br />
mit der Agenesie der Corpus callosum.<br />
Es ist sehr wenig über die Histologie<br />
des radiologisch identifizierten globulären<br />
oder pyramidal geformten malrotierten Hippocampus<br />
bekannt. Ein histopathologisch abnormal<br />
gefalteter hippocampaler Sektor mit<br />
typischen Eigenschaften der klassischen Ammonshornssklerose<br />
wurden bei einem Patienten<br />
mit MRT-malrotierten Hippocampus beschrieben<br />
45 .<br />
Extrahippocampaler<br />
Temporallappen<br />
Sklerose der Amygdala: Im pathologischen<br />
Prozess der mesialen temporalen Sklerose<br />
können außer Hippocampus auch die Amygdala,<br />
der Temporalpol und entorhinaler Kortex<br />
involviert sein 36, 46, 47 .<br />
Die Amygdalae werden am besten an den<br />
gekippten axialen Schichten identifiziert, wo<br />
eine klare Separation des Hippocampus und<br />
der Amygdala möglich ist, zusammen mit<br />
standardisierten koronaren Aufnahmen. Die<br />
visuelle Diagnostik der Amygdalasklerose ist<br />
mit Ausnahme ganz seltener Fälle schwierig.<br />
Am effektivsten sind quantitative Methoden<br />
wie die T2-Relaxometrie und die Volumetrie<br />
23, 36 . Vergrößerte Amygdalae mit Signalzunahme<br />
auf den T2-Sequenzen (speziell auf<br />
FLAIR-Sequenzen) können auch ein Teil der<br />
fokalen kortikalen Dysplasie vom Non-Taylor-<br />
Type sein. In solchen Fällen sollte besonders<br />
auf die andere Seite geachtet und diese<br />
wegen kleinerer Größe nicht sofort als atrophiert<br />
diagnostiziert werden 48 .<br />
Abnormalitäten des Gyrus parahippocampalis:<br />
Ein indirektes Zeichen der mesialen<br />
Sklerose ist die Atrophie und Signaländerung<br />
des Gyrus parahippocampalis. Zusätzlich<br />
kommt es zur Verdünnung der weißen Substanz<br />
und Unschärfe der Grau-weiß-Substanz-Differenzierung.<br />
In manchen Fällen ist<br />
die Abnormität der parahippocampalen weißen<br />
Substanz der einzige Hinweis auf den<br />
Anfallsursprung. Diese Areale sollten bei PatientInnen<br />
mit MRT-negativen Epilepsien ganz<br />
genau evaluiert werden 48 .<br />
Duale Pathologie: Die Kombination der Abnormitäten<br />
des Hippocampus (meistens HS)<br />
mit extrahippocampalen Läsionen wird als<br />
„duale Pathologie“ bezeichnet 49, 50 .<br />
Die duale Pathologie in der Histologie des<br />
temporalen Neocortex wurde zum ersten Mal<br />
bei den PatientInnen mit therapieresistenter<br />
Epilepsie beschrieben, die einer Temporallappenresektion<br />
aufgrund der HS unterzogen<br />
wurden 51, 52 . 15–50 % der PatientInnen mit<br />
HS haben eine duale Pathologie – eine Malformation<br />
der kortikalen Entwicklung (MCD)<br />
und andere entwicklungsstörungsbedingte<br />
Läsionen, wie Porenzephalie oder Ulegyrie<br />
(verursacht durch perinatale ischämische<br />
Hirnläsion) 41a, 53, 54 . Selten kommt die „duale<br />
Pathologie“ bei PatientInnen mit vaskulären<br />
Malformationen (7 %) oder Hirntumoren (2 %)<br />
vor 21 .<br />
In einer Studie wurde versucht, den Zusammenhang<br />
zwischen den Typen der MCD und<br />
Hippocampusformation (HF) zu finden 40 . Eine<br />
kleine HF war bei allen Formen der MCD präsent,<br />
die malrotierte HF kam meistens vor<br />
bei PatientInnen mit periventrikulären nodulären<br />
Heterotopien, während die vergrößerte<br />
32
Abb. 2: Fokale kortikale Dysplasie<br />
Typ II, rechts<br />
FLAIR koronare Sequenz<br />
HF mit Lissenzephalie-Argyrie-Pachygyrie,<br />
subkortikalen Bandheterotopien und Hemimegalenzephalie<br />
assoziiert war 40 .<br />
Die Häufigkeit der Abnormitäten der HF bei<br />
PatientInnen mit MCD beträgt etwa 25 bis<br />
30 % (Cendes et al. 21 bis 25 %; Montenegro<br />
et al. 40 bis 29,5 %; Kuchukhidze et al. 55<br />
bis 31 %).<br />
Andererseits wurde MCD bei 15–30 % der<br />
PatientInnen mit klassischer HS gefunden 51, 56 .<br />
Die besten chirurgischen Ergebnisse bei den<br />
dualen Pathologien werden durch Resektion<br />
nicht nur des sklerotischen Hippocampus,<br />
sondern aller Läsionen erzielt 57–59 . Die Entwicklung<br />
der neuen MRT-Methoden und Postprocessing-Protokolle<br />
ermöglichen die Entde -<br />
ckung dieser kleinen Malformationen 39, 60, 61 .<br />
TLE-Zusammenfassung<br />
Die Eigenschaften wie Volumenverlust, Signaländerung<br />
und abnormale Morphologie<br />
sind bereits bekannt. Der Volumenverlust mit<br />
abnormalem Signal im Hippocampusbereich<br />
hat nicht die gleiche Bedeutung wie nur Volumenverlust<br />
alleine. Die HS im Kontext mit<br />
einer anderen Läsion muss anders interpretiert<br />
werden. Auf der anderen Seite sind die<br />
Abnormitäten oft nicht nur auf Hippocampus<br />
oder den ganzen epileptogenen Temporallappen<br />
begrenzt. Es sind 3 große Subgruppen<br />
der HS, die mittels MRT identifiziert werden<br />
sollen:<br />
• klassische HS – HS mit Volumenverlust<br />
und Signaländerung in der ganzen<br />
Läsion;<br />
• HS mit zusätzlicher Abnormität, die nicht<br />
eine definitiv andere Läsion ist (wie z. B.<br />
Weiße-Substanz-Abnormität des<br />
Temporalpols, Temporallappen- oder<br />
ganze Hemisphären-Atrophie)<br />
• HS mit zusätzlicher klar identifizierbarer<br />
Läsion wie z. B. fokaler Tumor oder<br />
MCD (im Sinne einer dualen Pathologie).<br />
Weitere zerebrale<br />
Abnormitäten<br />
Die Beschreibung der diversen Läsionen, die<br />
eine Epilepsie verursachen können, würde<br />
den Rahmen des Artikels sprengen. Wir beschränken<br />
uns auf einige, die durch die Entwicklung<br />
von Neuroimaging und Epilepsiechirurgie<br />
das Interesse erweckt haben.<br />
Malformationen der<br />
kortikalen Entwicklung (MCD)<br />
Diese werden aufgrund der Refraktärität der<br />
Anfälle im Kindesalter und auch bei<br />
Er wachsenen zunehmend erkannt 6 . Sie werden<br />
durch abnormale neuronale Proliferation/Apoptosis,<br />
Migration oder Organisation<br />
verursacht 62 .<br />
Die MRT mit hoher Auflösung ermöglicht die<br />
bessere Darstellung des Kortex. Die subtilen<br />
Abnormitäten der weißen Substanz können<br />
Abb. 3: Fokale kortikale Dysplasie<br />
Typ I, links temporal<br />
FLAIR koronare Sequenz<br />
wichtige Hinweise auf Bestehen der MCD sein<br />
(insbesondere wenn es sich um Ballonzellendysplasien<br />
handelt). Aus diesem Grund ist es<br />
wichtig, FLAIR-Sequenzen anzufertigen.<br />
Eine besondere Herausforderung ist die Diagnose<br />
der fokalen kortikalen Dysplasie (FCD).<br />
Bei ca. 25 % der operierten Erwachsenen und<br />
bis zu 50 % der Kinder wird FCD als Ursache<br />
für Epilepsie berichtet 63–68 . Trotzdem ist es<br />
schwer, die exakte Prävalenz der FCD nur auf<br />
Basis von Neuroimaging-Studien abzuschätzen.<br />
Mittlerweile wurden verschiedene Klassifikationen,<br />
die sich auf Bildgebung, genetische<br />
Untersuchungen und Histopathologie<br />
stützen, vorgeschlagen 62, 68–71 . Die ganz rezente<br />
histopathologische Klassifikation der<br />
FCD reflektiert die klinischen Aspekte der FCD<br />
deutlich mehr als alle früheren Nomenklaturen<br />
und wird auch von ILAE empfohlen 72 .<br />
Einige Studien sind auf die klinischen Unterschiede<br />
zwischen Subtypen der FCD fokussiert,<br />
trotzdem ist es evident, dass unterschiedliche<br />
FCD-Subgruppen unterschiedliche<br />
elektroklinische und radiologische Befunde<br />
zeigen 71, 73–78 . Dennoch bleibt die Korrelation<br />
zwischen den unterschiedlichen histopathologischen<br />
Typen der FCD und dem chirurgischen<br />
Outcome ein Diskussionsthema 58, 79–83 .<br />
FCD Typ-II: Das Spektrum der MRT-Veränderungen<br />
ist für FCD Typ II gut ausgearbeitet<br />
und enthält folgende Parameter: die Verdi -<br />
ckung des Kortex, das abnormale Muster von<br />
Gyri und Sulci, die verwaschene Grau-weiß-<br />
Substanz-Differenzierung und Transmantel-<br />
Lokalisation der Signaländerungen, welche<br />
die weiße und auch die graue Substanz betrifft<br />
67, 71, 74, 77, 84, 88 (Abb. 2).<br />
FCD Typ I: Im Gegensatz zu FCD Typ II ist<br />
die MRT-Diagnostik der FCD vom Typ I eine<br />
große Herausforderung. Die typische MRT der<br />
FCD-I zeigt eine regionale Reduktion des Volumens<br />
der weißen Substanz in Assoziation<br />
mit diskreter Signaländerung in T2-gewichteten<br />
Sequenzen (Abb. 3).<br />
In den letzten Jahren wurden mehrere Methoden<br />
von Image-Post-Processing zur Ver- u<br />
33
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
besserung der Diagnostik der FCD im MRT entwickelt<br />
61, 89–91 . Beim Großteil von ihnen wird<br />
selbstentwickelte Software verwendet. Das<br />
schränkt die verbreitete Anwendung sehr ein.<br />
Die voxelbasierte morphometrische MRT-<br />
Analyse wird mittels statistical parametric<br />
mapping software (SPM5, Welcome De -<br />
partment of Imaging Neuroscience Group;<br />
http://www.fil.ion.ucl.ac.uk/spm) verwendet.<br />
Diese Methode wurde von H.-J. Huppertz<br />
und seiner Arbeitsgruppe entwickelt<br />
und hat eine weite Anwendung in vielen<br />
europäischen Epilepsiezentren gefunden 92 .<br />
Die Methode hebt die Hirnareale mit unscharf<br />
abgegrenzten Grau-weiß-Substanz-<br />
Arealen und abnormer Gyrierung hervor.<br />
Dabei werden 3-dimensionale „feature<br />
maps“ erstellt, was bei der Detektion der<br />
FCD sehr hilfreich ist. Die Erkennungsrate der<br />
FCD IIa wird von 65 % (bei NeuroradiologInnen<br />
mit Schwerpunkt Epilepsie) bis 82 %<br />
(bei Anwendung der Post-Processing-Methode)<br />
erhöht 93 . Da die genaue Abgrenzung<br />
der FCD in der MRT im Rahmen der prächirurgischen<br />
Abklärung die Wahrscheinlichkeit<br />
für den guten postoperativen Outcome<br />
deutlich erhöhen kann, wird empfohlen,<br />
die morphometrische Analyse bei allen<br />
PatientInnen, die keine Läsion in der MRT<br />
zeigen, durchzuführen.<br />
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print], doi:10.1093/brain/awr204<br />
35
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Parkinson-Syndrome<br />
Morbus Parkinson (MP) ist neben der Alzheimer-Erkrankung die zweithäufigste neurodegenerative<br />
Erkrankung und die häufigste Ursache für die Entwicklung eines Parkinson-<br />
Syndroms (PS). Die Diagnose des MP fußt primär auf Anamnese und klinischer Untersuchung<br />
(Tab. 1). Dennoch kann die Abgrenzung von milden extrapyramidalen Störungen<br />
bei ansonsten gesunden älteren Personen und bei PatientInnen mit psychiatrischen Erkrankungen,<br />
von medikamenteninduzierten und vaskulären Parkinson-Syndromen sowie<br />
von Tremorsyndromen schwierig sein. Eine Differenzierung zwischen MP und den neurodegenerativen<br />
atypischen Parkinson-Syndromen (aPS) wie der Multisystematrophie (MSA,<br />
multiple system atrophy), der progressiven supranukleären Paralyse (PSP, progressive supranuclear<br />
palsy), der kortikobasalen Degeneration (CBD, corticobasal degeneration) oder<br />
der Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB, dementia with lewy bodies) ist im Frühstadium<br />
klinisch häufig nicht möglich, auch wenn die aPS gegenüber dem MP eine raschere Krankheitsprogression<br />
mit einem mittleren Überleben meist unter 10 Jahren, ein vermindertes<br />
Ansprechen auf die dopaminerge Therapie und zusätzliche klinische Symptome aufweisen.<br />
Bildgebende Untersuchungen können wesentlich zur Diagnostik von Parkinson-Syndromen<br />
beitragen und haben in den letzten Jahren einen wichtigen Stellenwert in der klinischen<br />
Routine erlangt.<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Klaus Seppi<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische<br />
Universität Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Michael Schocke<br />
Universitätsklinik<br />
für Radiologie,<br />
Medizinische<br />
Universität Innsbruck<br />
DDie MSA ist wie der MP und die DLB eine<br />
Alpha-Synukleinopathie, die entsprechend<br />
den Diagnosekriterien immer mit autonomen<br />
Symptomen wie Blasenfunktionsstörungen<br />
oder orthostatischer Dysregulation vergesellschaftet<br />
ist. Je nach Auftreten von Zusatzsymptomen<br />
zum Untersuchungszeitpunkt<br />
wird die MSA in zwei Unterformen unterteilt:<br />
die MSA-P zeigt überwiegend Zeichen eines<br />
L-Dopa-refraktären PS und ist neuropathologisch<br />
durch striatonigrale Degeneration (SND)<br />
gekennzeichnet, wohingegen die MSA-C mit<br />
zerebellären Zeichen einhergeht und auf<br />
einer olivo-ponto-zerebellären Atrophie<br />
(OPCA) beruht. Im Verlauf der Erkrankung<br />
bietet ein Großteil der PatientInnen neben<br />
den autonomen Symptomen sowohl Parkinson-<br />
als auch zerebelläre Symptome, auch<br />
neuropathologisch liegt in den meisten Fällen<br />
sowohl eine SND als auch eine OPCA vor.<br />
Die PSP ist eine Tau-Protein-assoziierte neurodegenerative<br />
Erkrankung und kann sich im<br />
Frühstadium heterogen präsentieren. Der<br />
klassische Phänotyp, das Richardson-Syndrom<br />
(RS), ist durch das Vorliegen einer supranukleären<br />
vertikalen Blickparese, posturaler Instabilität<br />
und Fallneigung mit Stürzen nach<br />
hinten gekennzeichnet. Daneben gibt es aber<br />
noch atypische Präsentationen wie die Parkinson-Variante<br />
der PSP (PSP-P) mit einem initial<br />
auf L-Dopa meist gering bis mäßiggradig<br />
ansprechenden PS, die erst im späteren Verlauf<br />
die Symptome des RS zeigt. Die meisten<br />
bildgebenden Studien wurden mit RS-PatientInnen<br />
durchgeführt, wohingegen die eigentliche<br />
Schwierigkeit in der Diagnose der sich<br />
atypisch präsentierenden PSP-P liegt.<br />
Dr. Christoph<br />
Müller<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische<br />
Universität Innsbruck<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Walter Pirker<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische<br />
Universität Wien<br />
Die CBD ist wie die PSP eine Tauopathie und<br />
neuropathologisch durch eine asymmetrische<br />
kortikale Degeneration gekennzeichnet. Die<br />
klassische Manifestation der CBD ist die klinische<br />
Präsentation als kortikobasales Syndrom<br />
(CBS, corticobasal syndrome) und umfasst<br />
eine strikt asymmetrische Symptomausprägung<br />
wie unilaterale Extremitätenapraxie<br />
(ggf. mit „Alien-limb-Phänomen“ der fremden<br />
Extremität) u. a. vergesellschaftet mit<br />
Myoklonus, Dystonie, Bradykinese und Rigor<br />
der betreffenden Extremität. Allerdings<br />
haben rezente klinisch-neuropathologische<br />
Studien gezeigt, dass sich eine CBD phänotypisch<br />
auch als PSP oder als eine frontotemporale<br />
Demenz präsentieren kann, während<br />
andererseits einem CBS neuropathologisch<br />
eine CBD, eine PSP, eine frontotemporale<br />
Demenz oder eine Alzheimer-Erkrankung zugrunde<br />
liegen können. Die meisten Bildgebungsstudien<br />
wurden bei klinisch diagnostizieren<br />
PatientInnen mit CBS durchgeführt.<br />
36
Tab. 1: UK Brain Bank Criteria<br />
Interessanterweise ergaben Nachuntersuchungen<br />
von in Allgemeinpraxen diagnostizierten<br />
MP-PatientInnen Fehldiagnoseraten<br />
von bis zu 50 %. Die Diagnose sollte daher<br />
durch NeurologInnen gestellt werden. Die<br />
zurzeit erreichbare Zuverlässigkeit der klinischen<br />
Diagnose MP liegt jedoch selbst in spezialisierten<br />
Zentren und im fortgeschrittenen<br />
Stadium bei maximal 90 %.<br />
Die DLB manifestiert sich im Gegensatz zum<br />
MP mit einem frühzeitigen demenziellen Syndrom.<br />
Zu den Kernsymptomen der DLB gehören<br />
außerdem fluktuierende kognitive Defizite,<br />
insbesondere der Aufmerksamkeit, und<br />
wiederholte detaillierte visuelle Halluzinationen.<br />
Die DLB ist wie der MP eine Alpha-Sy -<br />
nukleinopathie, wobei sich die Lewy-Körperchen<br />
hauptsächlich in Neokortex, limbischem<br />
Kortex, Hirnstamm und Nucleus basalis<br />
Mynert finden.<br />
Kriterien<br />
1. Diagnose eines Parkinson-Syndroms<br />
Feststellung von Akinese/Bradykinese mit mindestens einem der folgenden Symptome:<br />
• Muskulärer Rigor<br />
• Ruhetremor<br />
• Posturale Instabilität, die nicht primär durch visuelle, vestibuläre, zerebelläre oder<br />
propriozeptive Störungen erklärbar ist.<br />
2. Vorhandensein von unterstützenden Kriterien<br />
Einseitiger Beginn<br />
Persistierende Asymmetrie im Krankheitsverlauf<br />
Klassischer Ruhetremor<br />
Eindeutig positives Ansprechen (>30 % UPDRS motorisch) auf L-Dopa<br />
Anhaltendes Ansprechen auf L-Dopa über mehr als 5 Jahre<br />
Auftreten von L-Dopa-induzierten choreatischen Dyskinesien im Verlauf<br />
Langsame klinische Progression mit Krankheitsverlauf über mehr als 10 Jahre<br />
3. Fehlen von Ausschlusskriterien für die klinische Diagnose einer<br />
Parkinson-Krankheit<br />
3.1 Hinweise für ein symptomatisches Parkinson-Syndrom:<br />
Klinische Hinweise:<br />
• Rezidivierende Schädel-Hirn-Traumen in der Vorgeschichte<br />
• Diagnostisch gesicherte Enzephalitis in der Vorgeschichte<br />
• Remissionen über längere Perioden<br />
• Behandlung mit Neuroleptika oder Exposition gegenüber anderen ein Parkinson-Syndrom<br />
auslösenden Medikamenten/Toxinen/Noxen in zeitlichem Zusammenhang mit Erstmanifestation<br />
der Parkinson-Symptome<br />
• Wiederholte zerebrale ischämische Insulte, assoziiert mit einer stufenweisen<br />
Verschlechterung der Parkinson-Symptome<br />
Zerebrale Bildgebung: Nachweis struktureller Basalganglienveränderungen, frontaler<br />
Tumoren oder Hydrocephalus communicans<br />
3.2 Warnsymptome, die auf ein atypisches Parkinson-Syndrom hinweisen können:<br />
• Nichtansprechen auf hohe Dosen L-Dopa (1000 mg/Tag) über mehrere Monate (auch<br />
nach Ausschluss einer Malresorption)<br />
• Frühzeitig im Verlauf auftretende schwere Störungen des autonomen Nervensystems<br />
(orthostatische Hypotension bis hin zu Synkopen, Impotenz oder verringerter genitaler<br />
Empfindlichkeit, Blasenentleerungsstörungen, Anhidrose)<br />
• Zerebelläre Zeichen<br />
• Positives Babinski-Zeichen, soweit nicht anderweitig erklärbar (z. B. Schlaganfall)<br />
• Ausgeprägter Antecollis<br />
• Supranukleäre vertikale Blickparese<br />
• Frühe posturale Instabilität und Stürze<br />
• Apraxie<br />
• Innerhalb der ersten Jahre auftretende Demenz<br />
• Innerhalb der ersten Jahre auftretende fluktuierende visuelle Halluzinationen<br />
Bildgebende Untersuchungen können wesentlich<br />
zur Diagnostik von Parkinson-Syndromen<br />
beitragen und haben in den letzten<br />
Jahren daher einen wichtigen Stellenwert in<br />
der klinischen Routine erlangt. SPECT (single<br />
photon emisson computed tomography) und<br />
PET (positron emission tomography) sind nuklearmedizinische<br />
funktionelle Bildgebungsverfahren,<br />
die die Untersuchung von Hirnperfusion,<br />
-stoffwechsel und Rezeptorsystemen<br />
erlauben. Die Dopamintransporter-SPECT<br />
(DAT-SPECT) kann zwischen Parkinson-Syndromen<br />
mit und ohne dopaminerger Degeneration<br />
differenzieren und hat zurzeit den<br />
höchsten praktischen Stellenwert unter den<br />
funktionellen Bildgebungsverfahren. Untersuchungen<br />
des Zuckerstoffwechsels (FDG-<br />
PET) und D2-Rezeptor-Untersuchungen<br />
(IBZM-SPECT) können zur Differenzierung der<br />
verschiedenen degenerativen Parkinson-Syndrome<br />
beitragen.<br />
In der Regel sollte vor funktionellen bildgebenden<br />
Untersuchungen (SPECT, PET) eine<br />
kraniale Computertomographie (CT) oder<br />
Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt<br />
werden, um Fehlinterpretationen aufgrund<br />
von strukturellen Läsionen zu vermeiden.<br />
Die Abbildungen 1 und 2 demonstrieren<br />
Beispiele einer verminderten striatalen Tracerbindung<br />
in der DAT-SPECT-Untersuchung bei<br />
strukturellen Läsionen und zeigen die Notwendigkeit<br />
der Kenntnis eines strukturellen<br />
Befundes bei Durchführung einer funktionellen<br />
Bildgebung auf.<br />
nach Oertel, Deuschl, Poewe, Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen.<br />
Thieme-Verlag 2012; Gibb und Lees 1988<br />
Die strukturelle Bildgebung mittels kranialer<br />
CT oder MRT dient primär dem Ausschluss<br />
läsioneller Parkinson-Syndrome z.B. bei<br />
Raumforderungen im Frontallappen bzw. in<br />
den Basalganglien, wobei die MRT die im u<br />
37
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 1: Läsionelles Parkinson-Syndrom bei Olfaktoriusmeningeom<br />
Vergleich zur CT wesentlich sensitivere Methode<br />
darstellt. Bei atypischen Parkinson-<br />
Symptomen und selteneren heredo-metabolischen<br />
Störungen finden sich in der konventionellen<br />
MRT bei einem Teil der PatientInnen<br />
charakteristische Atrophiemuster bzw. Veränderungen<br />
der Signalintensität, die eine diagnostische<br />
Abgrenzung vom MP erlauben.<br />
Entscheidende Verbesserungen in der Diagnostik<br />
könnten moderne MRT-Techniken<br />
wie die Verwendung suszeptibilitätsgewichteter<br />
Sequenzen, die sensitiv auf die Entde -<br />
ckung von Eisenablagerungen sind, die Rela -<br />
xometrie, mit deren Hilfe Eisenablagerungen<br />
quantifiziert werden, sowie die Diffusions-<br />
Tensor-Bildgebung (DTI, diffusion tensor imaging),<br />
mit deren Hilfe die Bewegung der Wassermoleküle<br />
über den Diffusionskoeffizienten<br />
und über die fraktionale Anisotropie im hoch<br />
organisierten ZNS beschrieben werden können,<br />
bieten. Die DTI kann sogar den Verlauf<br />
der einzelnen Faserbündel durch das ZNS visualisieren,<br />
dies wird auch als Traktographie<br />
bezeichnet. Gerade in der Neurobildgebung<br />
wird auch immer mehr die Verwendung von<br />
3-Tesla-MRT-Geräten propagiert.<br />
Zudem hat die transkranielle Parenchymsonographie<br />
(TCS) für die Differenzialdiagnose<br />
des MP über das letzte Jahrzehnt zunehmend<br />
an Bedeutung gewonnen, indem bei 90 %<br />
der PatientInnen mit MP eine so genannte<br />
Hyperechogenität im Mittelhirn im Bereich<br />
der Substantia nigra (SN+) nachweisbar ist,<br />
wobei dieses Ultraschallsignal bei ca. 10 %<br />
der gesunden Menschen vorliegt.<br />
Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, der Leserin,<br />
dem Leser einen Überblick über den Stellenwert<br />
der wichtigsten bildgebenden Verfahren<br />
in der heutigen klinischen Diagnostik bei der<br />
Abklärung von neurodegenerativen Parkinson-Syndromen<br />
zu geben.<br />
DAT SPECT (links), T2-gew. axiale MRT (Mitte) und KM-verstärkte T1-gew. axiale MRT (rechts).<br />
Die abnorme Speicherung im DAT SPECT ist durch die im MRT sichtbare Verlagerung vor allem<br />
der rechten Basalganglien durch die frontale Raumforderung erklärbar. Die Gliose des frontalen<br />
Mark lagers führt auch zu einer Abnahme der unspezifischen Bindung des SPECT Tracers in diesem<br />
Bereich.<br />
© W. Pirker, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
von Dopamintransportern (DAT), die selektiv<br />
an dopaminergen Nervenendigungen im<br />
Striatum exprimiert sind. Die postsynaptischen<br />
Dopaminrezeptoren bleiben dagegen<br />
im Wesentlichen intakt. DAT-SPECT-Untersuchungen<br />
zeigen beim MP eine progressive<br />
Reduktion der striatalen Tracerspeicherung<br />
mit zunehmender Dauer und Schwere der<br />
Erkrankung (Abb. 4).<br />
Bei PatientInnen mit Hemiparkinson ist die<br />
striatale Bindung kontralateral zur klinisch betroffenen<br />
Seite stärker reduziert, eine leichte<br />
Minderspeicherung findet sich in der Regel<br />
aber auch ipsilateral. Die Reduktion der DAT-<br />
Bindung ist im Putamen ausgeprägter als im<br />
Kopf des Nucleus caudatus. Die mittels PET<br />
gemessene striatale F-Dopa-Speicherung reflektiert<br />
die Aktivität der Dopa-Dekarboxylase<br />
in dopaminergen Nervenendigungen. Sie<br />
nimmt analog zur DAT-Bindung im SPECT mit<br />
zunehmender Erkrankungsdauer ab.<br />
Hohe Sensitivität: Die DAT-SPECT kann mit<br />
hoher Sensitivität zwischen gesunden Personen<br />
und PatientInnen mit MP differenzieren.<br />
Entscheidend für die Beurteilung der Untersuchung<br />
ist das Erkennen des pathologischen<br />
Musters der striatalen Bindung beim MP<br />
(Asymmetrie, Putamen stärker betroffen als<br />
Nucleus caudatus). Die semiquantitative Aus-<br />
Abb. 2: Patient mit linksbetontem PS mit multiplen Herden mit ringförmiger<br />
Kontrastmittelaufnahme bei zerebraler Toxoplasmose im Rahmen einer<br />
AIDS-Erkrankung.<br />
A<br />
B<br />
Funktionelle Bildgebung<br />
DAT-SPECT und F-Dopa-PET<br />
bei Morbus Parkinson<br />
Der MP ist durch eine relativ selektive Degeneration<br />
dopaminerger Neurone in der Substantia<br />
nigra (SN) und ihrer Nervenendigungen<br />
im Striatum gekennzeichnet (Abb. 3).<br />
Damit kommt es im Krankheitsverlauf zu<br />
einer zunehmenden Reduktion der Dichte<br />
(A) Kontrastmittelunterstützte T1-gewichtete axiale MRT. Im DAT SPECT (B) findet sich entsprechend<br />
der striatalen Läsion eine asymmetrische Reduktion der striatalen Tracerbindung.<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
38
Abb. 3: Schema der dopaminergen<br />
Synapse im Striatum mit<br />
präsynaptischem dopaminergen<br />
Neuron (oben) und postsynaptischem<br />
Dopaminrezeptor-tragendem<br />
„medium spiny neuron“ (unten).<br />
DA = Dopamin; DAT = Dopamin Transporter;<br />
D1R und D2R = Dopamin D1 und D2 Rezeptor.<br />
© W. Pirker, Universitätsklinik für<br />
<strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
wertung (Berechnung der Ratio aus spezifischer<br />
und unspezifischer Bindung) kann wesentliche<br />
Zusatzinformationen liefern. Nicht<br />
allen Zentren stehen jedoch Kontrollwerte<br />
aus einem geeigneten Normalkollektiv zur<br />
Verfügung. Bei grenzwertigem Befund und<br />
anhaltend unklarer klinischer Diagnose kann<br />
im Einzelfall eine Wiederholung der SPECT-<br />
Untersuchung nach 1 bis 2 Jahren sinnvoll<br />
sein.<br />
Tab. 2: Typische SPECT/PET-Befunde bei häufigen Parkinson- und<br />
Tremor-Syndromen<br />
DAT-SPECT IBZM-SPECT FDG-PET *<br />
Morbus Parkinson striatale Bindung häufig normal normal<br />
oft asymmetrisch<br />
Putamen > Caudatum<br />
MSA und PSP striatale Bindung häufig striatale BG-Metabolismus <br />
oft asymmetrisch Bindung kortikaler Metab. <br />
Putamen > Caudatum<br />
CBD striatale Bindung meist meist normal kortikaler Metab. <br />
Muster variabel<br />
(asymmetrisch,<br />
frontoparietal)<br />
DLB striatale Bindung kortikaler Metab. <br />
oft asymmetrisch<br />
(temporoparietal<br />
Putamen > Caudatum<br />
und okzipital)<br />
Alzheimer- normal kortikaler Metab. <br />
Erkrankung<br />
(temporoparietal)<br />
ET<br />
normal<br />
MSA = Multisystematrophie; PSP = progressive supranukleäre Paralyse; BG = Basalganglien;<br />
CBD = kortikobasale Degeneration; DLB = Demenz mit Lewy-Körperchen; ET = essenzieller Tremor;<br />
LBP = Lower-body-Parkinsonismus<br />
* Die Perfusions-SPECT zeigt analog zur FDG-PET eine verminderte Perfusion der entsprechenden<br />
Areale. Die Sensitivität der FDG-PET ist höher als die der Perfusions-SPECT. Die FDG-PET stellt somit<br />
die bevorzugte Methode dar.<br />
SWEDD: Die hohe Sensitivität des funktionellen<br />
Imagings in der Frühdiagnose des Morbus<br />
Parkinson wurde durch einige prospektive<br />
SPECT- bzw. PET-Studien in Frage gestellt,<br />
die zeigten, dass etwa 10 % der PatientInnen<br />
mit der klinischen Diagnose eines sehr milden<br />
MP eine normale striatale DAT- bzw. F-Dopa-<br />
Bindung aufweisen. Diese normalen bildgebenden<br />
Befunde bei PatientInnen mit der klinischen<br />
Diagnose eines Morbus Parkinson<br />
wurden als SWEDD (scans without evidence<br />
for dopaminergic deficit) bezeichnet. Der<br />
SPECT- bzw. PET-Befund blieb bei diesen PatientInnen<br />
nach einem mehrjährigen Beobachtungszeitraum<br />
normal.<br />
Bislang ist kein SWEDD-Patient dokumentiert,<br />
bei dem das Parkinson-Syndrom eine weitere<br />
klinische Progredienz gezeigt hätte. Es ist<br />
daher mit großer Wahrscheinlichkeit davon<br />
auszugehen, dass diese PatientInnen nicht<br />
unter einem MP leiden. Als eine mögliche<br />
Ursache wurde unlängst ein im Erwachsenenalter<br />
auftretender dystoner Extremitätentremor,<br />
der leicht mit einem Parkinson-Tremor<br />
verwechselt werden kann, beschrieben. Die<br />
Tabelle 2 zeigt typische SPECT/PET-Befunde<br />
bei häufigen Parkinson- und Tremor-Syndromen.<br />
Im Gegensatz zum MP zeigen PatientInnen,<br />
die im Rahmen einer Depression milde extrapyramidale<br />
Symptome entwickeln, PatientInnen<br />
mit psychogenem Parkinson-Syndrom,<br />
essenziellem und psychogenem Tremor sowie<br />
Dopa-responsiver Dystonie eine normale<br />
striatale DAT-Bindung.<br />
Ein Parkinsonoid nach Gabe niedriger Neuroleptika-Dosen<br />
kündigt bei älteren PatientInnen<br />
nicht selten einen beginnenden MP,<br />
der ohne Neuroleptikum noch subklinisch<br />
war, an. Dieser kann mittels DAT-SPECT dokumentiert<br />
werden. Ergibt die DAT-SPECT<br />
einen Normalbefund, kann davon ausgegangen<br />
werden, dass das PS medikamentös u<br />
Abb. 4: -CIT-SPECT bei einer gesunden Kontrollperson, einem Patienten<br />
mit rechtsseitigem M. Parkinson (H&Y 1) und fortgeschrittenem Morbus<br />
Parkinson (H&Y IV).<br />
Seitengleiche kommaförmige Darstellung des Striatums bei der Kontrollperson, li.betonte Reduktion<br />
der striatalen Bindung bei re.seitigem Hemiparkinson, ausgeprägte bilaterale Bindungsreduktion bei<br />
fortgeschrittenem M. Parkinson. Axiale Schichten auf Höhe der maximalen Bindung im Striatum.<br />
© W. Pirker, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
39
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
induziert ist und nach Absetzen des auslösenden<br />
Medikaments abklingen wird.<br />
Vaskuläre Parkinson-Syndrome: Marklagerläsionen<br />
bzw. lakunäre Infarkte in den Basalganglien<br />
führen häufig zu Parkinson-Syndromen<br />
mit Betonung der unteren Körperhälfte<br />
(lower body parkinsonism, LBP),<br />
gelegentlich aber auch zu Parkinson-Syndromen,<br />
die schwer vom MP oder von aPS differenzierbar<br />
sind. DAT-SPECT-Untersuchungen<br />
bei vaskulär bedingtem Lower-body-Parkinsonismus<br />
zeigen meist eine normale oder<br />
nur leicht reduzierte striatale DAT-Bindung.<br />
Territorialinfarkte unter Einbeziehung der Basalganglien<br />
können zu einer Reduktion der<br />
DAT-Bindung im Bereich des Substanzdefektes<br />
führen (Abb. 5). Die sehr seltenen vaskulären<br />
Parkinson-Syndrome durch Läsion im<br />
Bereich der Substantia nigra führen zu einer<br />
streng einseitigen Reduktion der striatalen<br />
DAT-Bindung. Im Einzelfall können PatientInnen<br />
mit vaskulären Parkinson-Syndromen ein<br />
Muster reduzierter striataler DAT-Bindung zeigen,<br />
das nicht vom MP zu unterscheiden ist.<br />
Die DAT-SPECT kann bei der Fragestellung<br />
vaskuläres Parkinson-Syndrom vs. Morbus<br />
Parkinson in folgenden Fällen zur Diagnose<br />
beitragen:<br />
1. Die SPECT ergibt eine normale<br />
DAT-Bindung,<br />
2. Die SPECT ergibt ein Muster der stria -<br />
talen DAT-Bindung, das klar vom MP<br />
abweicht (z. B. streng einseitiger<br />
Bindungsverlust).<br />
Abb. 5: -CIT-SPECT bei einem Patienten mit vaskulär bedingtem Lower<br />
body Parkinsonismus (LBP), einem Patienten mit rechtsseitigem Hemipar -<br />
kinson-Syndrom als Folge eines zentralen Mediateilinfarkts links (BG-Läsion)<br />
und einem Patienten mit essenziellem Tremor (ET).<br />
Weitgehend normale Bindung bei Lower body Parkinsonismus, einseitige Bindungsreduktion<br />
beim Patienten mit zentralem Mediateilinfarkt, normale Bindung beim essenziellen Tremor.<br />
Axiale Schichten auf Höhe der maximalen Bindung im Striatum.<br />
© W. Pirker, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
Abb. 6: IBZM-SPECT bei einer gesunden Kontrolle, einem Patienten mit<br />
rechtsseitigem Morbus Parkinson und MSA.<br />
Kommaförmige Darstellung des Striatums bei der Kontrolle, linksseitige Up-Regulation bei Hemi -<br />
parkinson rechts, starke Reduktion der striatalen Bindung mit scheinbar verstärkter unspezifischer<br />
Bindung im Kortex (Skalierungseffekt) bei MSA. Axiale Schichten auf Höhe der maximalen Bindung<br />
im Striatum.<br />
© W. Pirker, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Wien<br />
In beiden Fällen ist ein MP mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
ausgeschlossen. Ein MP-typischer<br />
DAT-SPECT-Befund schließt aber ein<br />
vaskuläres Parkinson-Syndrom nicht mit letzter<br />
Sicherheit aus. Die richtige Interpretation<br />
des SPECT-Befundes ist in diesen Fällen nur<br />
unter Einbeziehung der strukturellen Bildgebung<br />
möglich.<br />
SPECT und PET bei atypischen<br />
Parkinson-Syndromen<br />
Atypische Parkinson-Syndrome degenerativer<br />
Ätiologie wie MSA, PSP und CBD sind durch<br />
schlechtes oder fehlendes Ansprechen auf L-<br />
Dopa und rascheren Krankheitsverlauf mit<br />
früher Behinderung gekennzeichnet. Neuropathologisch<br />
zeigen diese Erkrankungen eine<br />
Degeneration zahlreicher Neuronensysteme<br />
des ZNS, die üblicherweise das „präsynaptische“<br />
dopaminerge System und die „postsynaptischen“<br />
Neuronen des Striatums einschließt.<br />
Die DAT-SPECT zeigt bei atypischen<br />
Parkinson-Erkrankungen in der Regel eine Reduktion<br />
der striatalen Bindung. Das Muster<br />
der striatalen DAT-Bindung erlaubt keine individuelle<br />
Differenzierung von PatientInnen<br />
mit Morbus Parkinson, MSA und PSP.<br />
IBZM-SPECT: Dopaminrezeptor-Untersuchungen<br />
mit IBZM zeigen bei etwa zwei Drittel<br />
der PatientInnen mit MSA bzw. PSP eine<br />
Reduktion der striatalen D2-Rezeptor-Bindung.<br />
Dagegen ergibt die IBZM-SPECT-Untersuchung<br />
beim MP typischerweise einen<br />
Normalbefund (Abb. 6), obschon die Häufigkeit<br />
abnormer IBZM-Befunde bei MP-PatientInnen<br />
in manchen Literaturstellen mit bis zu<br />
30 % angegeben wird. Daher ist die Aussagekraft<br />
von IBZM-Studien in der Differenzialdiagnose<br />
neurodegenerativer Parkinson-<br />
Syndrome nur begrenzt. Zum einen schließt<br />
ein Normalbefund eine MSA oder PSP nicht<br />
aus, zum anderen kann sich manchmal hinter<br />
einer pathologischen IBZM-Studie auch ein<br />
MP verbergen. Die Aussagekraft von IBZM-<br />
SPECT-Studien kann durch eine Therapie mit<br />
Neuroleptika, Metoclopramid, Kalziumantagonisten<br />
wie Flunarizin und Cinnarizin und<br />
40
durch eine Therapie mit Dopaminagonisten<br />
massiv eingeschränkt sein. Auf ein rechtzeitiges<br />
Absetzen dieser Substanzen ist vor<br />
Durchführung einer IBZM-SPECT-Untersuchung<br />
zu achten.<br />
Bei nichtdementen PatientInnen mit MP ergeben<br />
SPECT-Untersuchungen der Hirnperfusion<br />
bzw. Untersuchungen des Glukosestoffwechsels<br />
mittels FDG-PET üblicherweise Normalbefunde.<br />
Bei der MSA bzw. PSP können<br />
sich eine reduzierte striatale und kortikale<br />
Perfusion bzw. ein reduzierter Glukosemetabolismus<br />
in diesen Regionen zeigen. Bei der<br />
CBD zeigt sich eine deutlich asymmetrische<br />
Hypoperfusion bzw. ein asymmetrischer Hypometabolismus<br />
in Kortex und Basalganglien.<br />
Die IBZM-SPECT ergibt bei der CBD jedoch<br />
meist keinen eindeutig pathologischen Befund.<br />
Demenz mit Lewy-Körperchen<br />
Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB) ist<br />
durch eine Degeneration des nigrostriatalen<br />
dopaminergen Systems, eine schwere Degeneration<br />
cholinerger Projektionssysteme und<br />
das Auftreten von Lewy-Körperchen im Kortex<br />
gekennzeichnet. DLB-PatientInnen zeigen<br />
daher wie beim MP eine reduzierte striatale<br />
DAT-Bindung. Die Alzheimer-Erkrankung<br />
zeigt dagegen keine relevante dopaminerge<br />
Degeneration und damit keine Bindungsreduktion<br />
in der DAT-SPECT. Die DAT-SPECT<br />
kann daher zuverlässig zwischen DLB (reduzierte<br />
Bindung) und Alzheimer-Erkrankung<br />
(Normalbefund) unterscheiden.<br />
Perfusions-SPECT-Untersuchungen bzw. FDG-<br />
PET zeigen bei der DLB ebenso wie bei der<br />
Alzheimer-Erkrankung häufig ein temporoparietales<br />
Perfusions- bzw. Stoffwechseldefizit.<br />
Im Gegensatz zur Alzheimer-Erkrankung findet<br />
sich bei der DLB häufig eine Hypoperfusion<br />
bzw. ein Hypometabolismus auch im okzipitalen<br />
Kortex. Dieses Muster erlaubt im<br />
Einzelfall aber keine zuverlässige Differenzierung<br />
von DLB und Alzheimer-Erkrankung.<br />
Heredodegenerative und<br />
-metabolische Erkrankungen<br />
Eine große Zahl heredodegenerativer und<br />
-metabolischer Erkrankungen kann mit einem,<br />
in Einzelfällen L-Dopa-responsiven, Parkinson-<br />
Syndrom assoziiert sein.<br />
Morbus Wilson: Der Morbus Wilson ist eine<br />
autosomal-rezessiv vererbte Kupferspeicher-<br />
Krankheit mit hepatalen und anderen internistischen,<br />
zerebellären und extrapyramidalen<br />
Symptomen. Die Differenzialdiagnose Morbus<br />
Wilson sollte bei allen PatientInnen mit<br />
einem Parkinson-Syndrom bzw. einer unklaren<br />
Bewegungsstörung mit einem Beginn vor<br />
dem 50. Lebensjahr in Erwägung gezogen<br />
werden. Einzelfälle mit späterer Manifestation<br />
<strong>neurologisch</strong>er Symptome wurden beschrieben.<br />
SPECT-Studien zeigen beim Morbus<br />
Wilson, insbesondere bei PatientInnen<br />
mit <strong>neurologisch</strong>er Verlaufsform, prä- und<br />
postsynaptische Veränderungen des dopaminergen<br />
Systems. Die striatale IBZM-Bindung<br />
ist häufig reduziert. Auch DAT-SPECT-Untersuchungen<br />
zeigen häufig eine reduzierte<br />
striatale Bindung. Das Muster der striatalen<br />
DAT-Bindung kann von einem MP nicht zu<br />
unterscheiden sein. Dies ist von besonderer<br />
Relevanz für die Interpretation von DAT-<br />
SPECT-Untersuchungen bei jungen Parkinson-PatientInnen.<br />
Die spezifische Diagnose<br />
des Morbus Wilson erfolgt durch die Kupferbestimmung<br />
im Leberbiopsat. Für einige<br />
Mutationen ist ein direkter Gennachweis verfügbar.<br />
Doparesponsive Dystonie (DRD): Die DRD<br />
ist ein seltenes generalisiertes dystones Syndrom<br />
mit charakteristischen Tagesschwankungen,<br />
das auf einem hereditären Defekt<br />
eines Kofaktors des Dopa-synthetisierenden<br />
Enzyms Tyrosin-Hydroxylase bzw. einer Mutation<br />
des Tyrosin-Hydroxylase-Gens selbst<br />
beruht. L-Dopa in niedriger Dosierung führt<br />
zu einer exzellenten Kontrolle dieser ansonsten<br />
progredienten, schwer behindernden Erkrankung.<br />
Eine Abgrenzung vom juvenilen<br />
(dann oft hereditären) MP kann, da bei diesem<br />
ebenfalls häufig dystone Symptome auftreten,<br />
schwierig sein. Im Gegensatz zum MP<br />
ist das dopaminerge System bei der DRD<br />
strukturell intakt. PatientInnen mit DRD zeigen<br />
daher eine normale striatale DAT-Bindung.<br />
Die DAT-SPECT kann also zwischen<br />
DRD und juvenilem Morbus Parkinson differenzieren.<br />
Morbus Huntington: Die rigid-akinetische<br />
Variante kann mit anderen Parkinson-Syndromen<br />
verwechselt werden. Beim Morbus Huntington<br />
kommt es frühzeitig zu einer Degeneration<br />
D2-Rezeptor-tragender, GABA-erger<br />
Neurone im Striatum. Die IBZM-SPECT zeigt<br />
daher in der Regel eine reduzierte striatale<br />
D2-Rezeptor-Bindung. Aufgrund des seit einigen<br />
Jahren verfügbaren direkten Gennachweises<br />
hat die SPECT-Untersuchung beim<br />
Morbus Huntington an klinischer Bedeutung<br />
eingebüßt.<br />
Spinozerebelläre Ataxien (SCA): Die SCAs<br />
sind eine heterogene Gruppe von autosomal<br />
dominant vererbten zerebellären Degenerationen,<br />
die in variabler Kombination mit degenerativen<br />
Veränderungen von Kortex, Basalganglien,<br />
Hirnstamm, Rückenmark oder<br />
peripherem Nervensystem auftreten können.<br />
PatientInnen mit spinozerebellärer Ataxie Typ<br />
2 und 3 (SCA 2 und 3) können das klinische<br />
Bild eines atypischen Parkinson-Syndroms<br />
oder eines typischen L-Dopa-responsiven<br />
Morbus Parkinson bieten. DAT-SPECT-Untersuchungen<br />
zeigten sowohl bei SCA 2 als<br />
auch bei SCA 3 eine stark reduzierte striatale<br />
DAT-Bindung. Eine reduzierte DAT-Bindung<br />
findet sich auch bei der häufig als choreatisch-ataktisches<br />
Syndrom in Erscheinung tretenden<br />
SCA 17 (entspricht Huntington’s<br />
disease-like disorder 4).<br />
Strukturelle Bildgebung<br />
Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat die Magnetresonanztomographie<br />
(MRT) immer weiter<br />
Einzug in die Abklärung neurodegenerativer<br />
Erkrankungen gehalten. Dementsprechend<br />
wird bei der Diagnostik von PS von<br />
den Leitlinien der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong> für<br />
<strong>Neurologie</strong> einmalig eine strukturelle Bildgebung<br />
– vorzugsweise eine MRT – im Rahmen<br />
der Basisdiagnostik, vor allem zum Ausschluss<br />
eines symptomatischen PS aufgrund von<br />
strukturellen Läsionen, empfohlen.<br />
Tatsächlich lassen sich auch mit Hilfe der konventionellen<br />
MRT PatientInnen mit MP von<br />
PatientInnen mit aPS unterscheiden, wenn<br />
sich bestimmte, für aPS pathognomonische<br />
Zeichen darstellen lassen. Durch Anwendung<br />
spezieller Sequenzen und Algorithmen lässt<br />
sich die diagnostische Information aus der<br />
konventionellen MRT-Bildgebung bei Patien- u<br />
41
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Tab. 3: Ergebnisse von quantitativen Bildgebungstechniken mittels Hochfeld- (3,0 T-) und Ultra-Hochfeld- (7,0 T-)MRT<br />
bei Morbus Parkinson<br />
Kohortengröße (mittleres Alter,<br />
mittlere Krankheitsdauer,<br />
Autor, minimale und maximale MRT-Methodik Marker Sensitivität Spezifität<br />
Jahr Krankheitsdauer)/Design (%) (%)<br />
Vaillancourt - 14 MP, unbehandelt de novo, DTI der SN (Subregionen) FA in der kaudalen SN 100 100<br />
2009 H&Y 1–2 (57a, 16m, 4–33m); bei 3,0 T FA in der mittleren SN 100 35<br />
14 Kontrollen (58a) FA in der rostralen SN 100 7<br />
- Prospektiv verblindete Analyse<br />
Menke - 10 MP, H&Y 1–3 (64a, 6a, Kombinierte SN-Volumetrie Volumen der SN 80 70<br />
2009 1-14a); 10 Kontrollen (64a) und DTI der SN bei 3,0 T VCDR der SN b 100 70<br />
- Prospektiv verblindete Analyse (VCDR a ) Volumen der SN + 100 80<br />
VCDR der SN<br />
Peran - 30 MP, therapiert, H&Y 1–2 Multimodale MRT-Studie R2* in der SN Diskriminierung c bei<br />
2010 - (62a, 4,5a., k. A.); 22 Kontrollen bei 3,0 T, welche Volumetrie, FA in der SN Vorhandensein<br />
(57a) mittlere R2*, mittlere Diffu- mittlere Diffusivität in - eines Markers 71–83 %<br />
- Prospektiv verblindete Analyse sivität und FA in 6 Hirnarealen Putamen oder - aller drei Marker 95–98 %<br />
untersuchte (SN, Ncl. ruber, Ncl. Caudatus<br />
Thalamus, Putamen, Ncl.<br />
caudatus, Pallidum<br />
Gröger - 9 MP, therapiert, H&Y 2,5–3 (69a, 3D-MRSI der SN bei 3,0 T NAA-Cr-Ratio der 89 50<br />
2011 k.A., 4–25a); 8 Kontrollen (66a) rostralen SN<br />
- Prospektiv verblindete Analyse NAA-Cr-Ratio der 80 75<br />
kaudalen SN<br />
rostral-kaudale Ratio 100 100<br />
der NAA-Cr-Ratio<br />
Cho - 8 MP, H&Y 1 (58,3a) T2*-gewichtete Gradienten- Signifikante von SAD 90 e 100 e<br />
2011 - 2 MP, H&Y 3 (59a, 8,5a) echosequenz bei 7,0 T zur bei MP vs. Kontrollen;<br />
- 9 Kontrollen (57,7a) quantitativen Beurteilung signifikante Korrelation<br />
(SAD d ) der Grenzen der SN von SAD mit UPDRS<br />
a VCDR ist ein spezieller DTI-Marker, der die Konnektivität von Subregionen eines Kerngebietes quantitativ angibt<br />
b ⇓ VCDR SN links und rechts im Vergleich zu den ipsilateralen VCDR des Thalamus<br />
c Sensitivität und Spezifität nicht angegeben<br />
d SAD (von den Autoren als sum of absolute differences bezeichnet), ist ein Maß für die Umrandung der SN (je unregelmäßiger und gezackter, umso höhere<br />
Werte) mit höheren Werten bei MP im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Für genaue Berechnung von SAD siehe Cho et al., 2011<br />
e aus einer Grafik im Artikel berechnet; ein Patient mit MP hatte einen unauffälligen Befund der SN<br />
MP = Morbus Parkinson; SN = Substantia nigra; Ncl = Nukleus; DTI = diffusion tensor imaging; 3D-MRSI = three-dimensional magnetic resonance<br />
spectroscopic imaging; R2* = Relaxationsrate, 1/T2*; FA = fraktionale Anisotropie; a = Jahre; k. A. = keine Angabe; MRT = Magnetresonanztomographie;<br />
T = Tesla; UPDRS = Unified Parkinson’s Disease Rating Scale; H&Y = Hoehn & Yahr; AC = anterior commissure; PC = posterior commissure.<br />
- Vaillancourt DE, Spraker MB, Prodoehl J et al., High-resolution diffusion tensor imaging in the substantia nigra of de novo Parkinson disease.<br />
Neurology 2009; 72(16):1378-1384.<br />
- Menke RA, Scholz J, Miller KL et al., MRI characteristics of the substantia nigra in Parkinson's disease: a combined quantitative T1 and DTI study. Neuroimage<br />
2009; 47(2):435–441.<br />
- Gröger A, Chadzynski G, Godau J, Berg D, Klose U. Three-dimensional magnetic resonance spectroscopic imaging in the substantia nigra of healthy controls<br />
and patients with Parkinson's disease. Eur Radiol 2011.<br />
- Péran P, Cherubini A, Assogna F et al., Magnetic resonance imaging markers of Parkinson's disease nigrostriatal signature. Brain 2010; 133(11):3423–3433.<br />
- Cho ZH, Oh SH, Kim JM et al., Direct visualization of Parkinson's disease by in vivo human brain imaging using 7.0T magnetic resonance imaging. Mov<br />
Disord 2011; 26(4):713–718.<br />
tInnen mit PS erheblich erweitern. Voxel-basierte<br />
Morphometrie (VBM, voxel-based morphometry),<br />
funktionelle MRT, Spektroskopie<br />
oder MR-Traktographie werden aber aktuell<br />
nur im wissenschaftlichen Zusammenhang untersucht<br />
und haben keinen Stellenwert in der<br />
klinischen Routinediagnostik. Dies gilt nicht in<br />
gleichem Maß für die DWI, wo der Nachweis<br />
bzw. Ausschluss von Veränderungen der Diffusivität<br />
im Bereich von Putamen und Kleinhirnstielen<br />
bereits jetzt an spezialisierten Zentren<br />
für die Differenzierung zwischen MP und<br />
aPS routinemäßig verwendet wird.<br />
Da durchwegs sämtliche Literaturstellen auf<br />
Befunden von 1,5-Tesla-(T-)Geräten beruhen,<br />
beziehen sich Befunde über Signalveränderungen<br />
in diesem Artikel – falls nicht anders<br />
angegeben – auf die auch in der klinischen<br />
Routine meistverwendeten Magnetfeldstärken<br />
von 1,5 T.<br />
MRT bei Morbus Parkinson<br />
Beim Morbus Parkinson zeigt die konventionelle<br />
MRT mittels Routinesequenzen (T1-, T2-<br />
und PD-Gewichtung) in den frühen Krankheitsstadien<br />
in der Regel einen altersentsprechenden<br />
normalen Befund. Vor allem im Frühstadium<br />
lassen sich keine mittels MRT fassbaren<br />
spezifischen Signalpathologien im Sinne<br />
einer Neurodegeneration im Bereich des nigrostriatalen<br />
Systems detektieren. In späteren<br />
42
Abb. 7: T1-gewichtete MR-Bilder in der medianen Sagittalebene: unauffällig<br />
bei MP (A). Bei MSA-P (B) zeigt sich eine Ponsatrophie, bei PSP (C) zeigt<br />
sich eine Mittelhirnatrophie ohne Atrophie des Pons.<br />
Abb. 9: Axiales T2-gewichtetes<br />
MR-Bild eines Patienten mit MSA-P<br />
Bei PSP (C) ergibt sich hieraus die Silhouette eines Königspinguins oder eines Kolibris, wobei das<br />
Mittelhirn die Form des Kopfes annimmt und der darunterliegende, nichtatrophe Pons den Körper<br />
darstellt (getrennt durch die weiße Linie).<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Abb. 8: Axiale T2-gewichtete MR-Bilder bei MP und MSA-P<br />
Der Pfeil weist auf die Signaländerung im<br />
Pons hin, das so genannte „hot cross bun-“<br />
oder „Semmel-Zeichen“.<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik<br />
für Radiologie, Universitätsklinik für<br />
<strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Unauffällig bei einem Patienten mit MP (A). Bei MSA-P (B) zeigt sich eine Atrophie des Putamens<br />
(Pfeil) sowie eine putaminale Hypointensität (gepunkteter Pfeil) mit einem hyperintensen Randsaum<br />
(gestrichelter Pfeil).<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Krankheitsstadien allerdings können gelegentlich<br />
eine präfrontale kortikale Atrophie,<br />
leichte Signaländerungen im Bereich der Substantia<br />
nigra (SN) wie Hyperinten sitäten in T2-<br />
Bildern oder Verwaschen der Grenzen zum<br />
Nucleus ruber hin und ein Aneinanderrücken<br />
dieser beiden Strukturen auftreten.<br />
Derartige Veränderungen sind jedoch schwer<br />
von altersabhängigen Normvarianten abgrenzbar;<br />
bis heute konnte noch kein spezifischer<br />
MRT-Marker für MP identifiziert werden.<br />
In einer 1,5-T-MRT-Studie konnte allerdings<br />
eine Erhöhung der Diffusivität im<br />
Tractus olfactorius bei frühen MP-PatientInnen<br />
beschrieben werden. Dieses Signal konnte<br />
mit einer diagnostischen Wertigkeit von<br />
94 % zwischen MP-PatientInnen und Kontrollen<br />
unterscheiden. Diese Ergebnisse entspringen<br />
aber einem experimentellen Setting<br />
und müssen erst reproduziert werden.<br />
Mehrere rezente Hochfeld-MRI-Studien wurden<br />
bei PatientInnen mit MP durchgeführt<br />
und zeigten hauptsächlich im Bereich der<br />
Substantia nigra interessante Ergebnisse, welche<br />
in Tabelle 3 zusammengefasst sind. Alle<br />
diese Ergebnisse müssen jedoch noch reproduziert<br />
werden und sind daher als experimentell<br />
zu werten.<br />
MRT bei atypischen<br />
Parkinson-Syndromen<br />
Die größte Wertigkeit der MRT besteht in<br />
der Differenzialdiagnose von neurodegenerativen<br />
Parkinson-Syndromen. Bis heute konnten<br />
mehrere Strukturveränderungen bei PatientInnen<br />
mit MSA, PSP und CBD in der<br />
MRT beschrieben werden; einige von diesen<br />
Veränderungen besitzen eine hohe Spezifität<br />
(Abb. 7 und 8). Hingegen beträgt die Gesamt-<br />
Sensitivität in Abhängigkeit von der Erkrankungsdauer<br />
und dem Krankheitsstadium nur<br />
etwa 60–80 %.<br />
Die in den folgenden Abschnitten beschriebenen<br />
Veränderungen in T1- und T2-Sequenzen<br />
bei aPS können jedoch in frühen Krankheitsstadien<br />
und bei Erstmanifestation fehlen.<br />
Hier scheint die Verwendung diffusionsgewichteter<br />
MRT, die bei MSA-P und seltener<br />
bei PSP eine Gewebsschädigung im Putamen<br />
zeigen kann, sensitiver zu sein. Die Tabellen<br />
4 bis 6 fassen die typischen Abnormitäten in<br />
der MRT bei PatientInnen mit aPS zusammen.<br />
Die meisten der bislang durchgeführten MRT-<br />
Studien bei PatientInnen mit aPS bedienten<br />
sich klinischer Diagnosekriterien ohne neuropathologische<br />
Verifizierung, somit können<br />
Fehldiagnosen nicht ausgeschlossen werden.<br />
Da klinisch die diagnostische Treffsicherheit<br />
in späten Krankheitsstadien höher als in u<br />
43
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Tab. 4: Typische Abnormitäten in der konventionellen MRT bei der MSA(-P)<br />
Supratentorielle Veränderungen<br />
• Atrophie des Putamens<br />
• Hyperintenser putaminaler Randsaum („putaminal hyperintense rim“)<br />
• Hypointensitäten des Putamens<br />
Infratentorielle Veränderungen<br />
• Atrophie und/oder Hyperintensität im Pons (ggf. „Semmel-Zeichen“)<br />
• Atrophie und/oder Hyperintensität im mittleren Kleinhirnstiel<br />
• Dilatation des IV. Ventrikels<br />
Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-Tesla-Geräte; Signaländerungen (Hyper- bzw.<br />
Hypointensitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. nach Mahlknecht et al., 2010<br />
Tab. 5: Typische Abnormitäten in der konventionellen MRT bei der PSP<br />
Supratentorielle Veränderungen<br />
• Atrophie des Putamen<br />
• Atrophie im Bereich des frontalen und parietalen Cortex<br />
Infratentorielle Veränderungen<br />
• Mittelhirnatrophie – mit indirekten Zeichen:<br />
- A-P Mittelhirndurchmesser < 14 mm in der Axialebene (ggf. „Mickey-Mouse-Zeichen“)<br />
- Abnormes oberes Mittelhirnprofil in der medianen Sagittalschicht (linear bis konkav)<br />
- „Königspinguin-Zeichen“ oder Kolibri-Zeichen<br />
- Hyperintensitäten im Mittelhirn<br />
• Dilatation des III. Ventrikels<br />
• Atrophie und/oder Hyperintensität im oberen Kleinhirnstiel<br />
Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-T-Geräte; Signaländerungen (Hyper- bzw.<br />
Hypointensitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. nach Mahlknecht et al., 2010<br />
frühen ist, wurden vorwiegend PatientInnen<br />
in fortgeschrittenen Krankheitsstadien untersucht.<br />
Daten zur MRT-gestützten Diagnosefindung<br />
in frühen Krankheitsstadien fehlen<br />
weitgehend.<br />
Multisystematrophie (MSA): Pathognomonische<br />
MRT-morphologische Veränderungen,<br />
welche die Diagnose einer MSA-P favorisieren,<br />
sind ein hyperintenser putaminaler Randsaum<br />
in T2-Sequenzen, der häufig in Kombination<br />
mit einer putaminalen T2-Hypointensität<br />
auftritt, sowie eine striatale Atrophie<br />
mit Betonung des dorsolateralen Putamens.<br />
Für eine MSA-C sprechen hingegen Veränderungen<br />
in den infratentoriellen Hirnregionen<br />
wie Atrophie von Zerebellum, des mittleren<br />
Kleinhirnstiels (MCP, middle cerebellar<br />
peduncle) und des Pons sowie eine pontine<br />
T2-Veränderung in Form einer in axialen Ausrichtung<br />
positionierten Kreuzformation (Semmelzeichen,<br />
„hot cross bun sign“, Abb. 9).<br />
Eine Studie konnte anhand von 3,0-T-MR-<br />
Untersuchungen jedoch zeigen, dass der T2-<br />
hyperintense putaminale Randsaum auch bei<br />
gesunden Kontrollen beobachtet werden<br />
kann und somit bei diesen Feldstärken womöglich<br />
als unspezifisches Zeichen unklarer<br />
pathologischer Relevanz zu werten ist.<br />
Tab. 6: Praktische MRT-Kriterien bei neurodegenerativen Parkinson-Syndromen<br />
Konventionelle MRT MP MSA(-P) PSP<br />
Normal ++ – –<br />
Atrophie des Putamen – ++ ++<br />
Hyperintenser putaminaler Randsaum („putaminal hyperintense rim“) + ++ +<br />
Hypointensitäten des Putamen – ++ –<br />
Atrophie des Pons und des Vermis cerebellaris – ++ +<br />
Signaländerungen im Pons („Semmel-Zeichen“) oder in den mittleren Kleinhirnstielen – ++ –<br />
Atrophie des Mittelhirns (Bei PSP „Mickey-Mouse“- und „Kolibri-Zeichen“) – – ++<br />
MRT-Planimetrie<br />
Reduzierter anterior-posteriorer Mittelhirndurchmesser – + ++<br />
Reduzierte Ratio zwischen Mittelhirn- und Ponsfläche – + +++<br />
Abnormer MRPI (erhöht bei PSP) + – +++<br />
Diffusion (DWI)<br />
Erhöhte putaminale Diffusivität – +++ ++<br />
Erhöhte Diffusivität des oberen Kleinhirnstiels – – +++<br />
– < 20 %; + 20–50 %; ++ 50–70%; +++ 70–90 %; ++++ > 90 %. Die Angaben für diese Veränderungen gelten für 1,5-T-Geräte; Signaländerungen<br />
(Hyper- bzw. Hypointensitäten) beziehen sich auf T2-gewichtete Aufnahmen. Die CBD ist aufgrund der limitierten Studienlage nicht enthalten.<br />
MRPI = MR-Parkinsonism-Index = (A Pons /A Mittelhirn )*(D Mittlerer Kleinhirnstiel /D Oberer Kleinhirnstiel ). Quelle: Mahlknecht et al., 2010<br />
44
Abb. 10: ADC-Maps auf Höhe des Striatums bei MP, MSA-P und PSP<br />
Normal beim Patient mit MP (A). Bei Patienten mit MSA-P (B) und PSP (C) zeigt sich eine diffuse<br />
Hyperintensität, entsprechend erhöhten ADC-Werten (erhöhte Diffusivität).<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Abb. 11: T2-gewichtete axiale MR-Bilder eines Patienten mit einem<br />
vaskulären PS<br />
Status lacunaris mit multiplen vaskulären Läsionen im Bereich der Basalganglien sowie<br />
arteriosklerotischer Leukenzephalopathie.<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Im letzten Jahrzehnt gab es wachsendes Interesse<br />
an der diffusionsgewichteten Bildgebung<br />
zur Differenzialdiagnose der MSA.<br />
Insbesondere scheinen sich die putaminalen<br />
Veränderungen bei der MSA-P bereits früh<br />
im Krankheitsverlauf durch eine erhöhte<br />
Diffusivität im Putamen darzustellen. So<br />
wurden in diversen Studien MSA-P-PatientInnen<br />
mit einer Krankheitsdauer von 3 bis<br />
zu 6 Jahren mit einer hohen diagnostischen<br />
Treffsicherheit gegenüber MP-PatientInnen<br />
und gesunden Kontrollen abgegrenzt. Vorsicht<br />
ist bei der Unterscheidung der MSA-<br />
P von der PSP geboten, da auch diese Entität<br />
regelmäßig mit Erhöhung der putaminalen<br />
Diffusivität einhergehen kann (Abb. 10).<br />
Außerdem führen chronisch vaskuläre Veränderungen<br />
der Basalganglien zu einer Erhöhung<br />
der Diffusivität, was aufgrund ihrer<br />
Häufigkeit oft Schwierigkeiten bei der Interpretation<br />
dieses Parameters bereiten<br />
kann. Eine abnorm erhöhte Diffusivität findet<br />
sich auch in anderen Hirnstrukturen wie<br />
im MCP, Pons und Zerebellum, wobei supratentorielle<br />
Veränderungen im Bereich<br />
der Basalganglien auf eine MSA-P, infratentorielle<br />
Veränderungen auf eine MSA-C hinweisen.<br />
Progressive supranukleäre Paralyse (PSP):<br />
Passend zu den neuropathologischen Veränderungen<br />
bei der PSP zeigen sich in der MRT<br />
eine Atrophie des Mittelhirns, besonders im<br />
Bereich von Mittelhirnhaube und Mittelhirndach<br />
(Tegmentum und Tectum), sowie Strukturpathologien<br />
der oberen Kleinhirnstiele<br />
(SCP, superior cerebellar peduncle) und der<br />
unteren Olive. Zusätzlich findet sich eine Substanzminderung<br />
im Frontal- und Temporallappen.<br />
Aus der Atrophie des Mittelhirns mit<br />
Abflachung und Eindellung der rostrodorsalen<br />
Mittelhirnhaube und daraus folgender<br />
Größenzunahme des dritten Ventrikels resultiert<br />
bildmorphologisch in der medianen Sagittalschicht<br />
das sogenannte „Kolibri- oder<br />
Königspinguin-Zeichen“ („king pinguin sign“,<br />
„humming bird sign“, Abb. 7C).<br />
Dieses Zeichen findet sich kaum bei PatientInnen<br />
mit anderen neurodegenerativen Parkinson-Syndromen,<br />
weshalb ein Vorhandensein<br />
dieses „Kolibri-Zeichens“ spezifisch für<br />
die PSP zu sein scheint, obschon dieses Zeichen<br />
bei bis zur Hälfte der PSP-PatientInnen,<br />
insbesondere in weniger fortgeschrittenen<br />
Stadien, fehlen kann.<br />
Zusätzlich konnte durch eine planimetrische<br />
Ausmessung der mittsagittalen Mittelhirnund<br />
Ponsfläche alleine, oder in Kombination<br />
mit dem Verhältnis zwischen Breite der oberen<br />
und mittleren Kleinhirnstiele (MR-Parkinsonism<br />
Index, MRPI, d. h. Ponsfläche/Mittelhirn<br />
x MCP-Durchmesser/SCP-Durchmesser)<br />
ein Diskriminator zwischen PSP und anderen<br />
neurodegenerativen Parkinson-Syndromen<br />
beschrieben werden. Welche Ausmessungen<br />
und daraus errechneten Ratios wirklich die<br />
diagnostische Treffsicherheit, insbesondere in<br />
Frühstadien der Erkrankungen, zu erhöhen<br />
vermögen, bleibt vorerst offen.<br />
Wie regelmäßig bei der MSA-P, kann es in<br />
diffusionsgewichteten Sequenzen bei der PSP<br />
zu einem Anstieg der putaminalen Diffusivität<br />
kommen, so dass hohe Werte mit denen der<br />
MSA und niedrige Werte mit denen des MP<br />
überlappen können. Des Weiteren haben einige<br />
kleine Studien eine PSP-spezifische Zunahme<br />
der Diffusivität im SCP gezeigt. Es bedarf<br />
allerdings weiterer Studien, bevor dieses<br />
Zeichen für die routinemäßige Abklärung von<br />
Parkinson-Syndromen herangezogen werden<br />
kann. Die meisten MRT-Studien wurden u<br />
45
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 12: T2-gewichtetes MR-Bild in axialer (A) und T1-gewichtetes<br />
MR-Bild in sagittaler Schnittführung (B) eines Patienten mit einem<br />
Normaldruck hydrozephalus<br />
mit RS-PatientInnen durchgeführt, wohingegen<br />
die eigentliche Schwierigkeit in der Diagnose<br />
der sich atypisch präsentierenden PSP-P liegt.<br />
Inwieweit sich die oben genannten MRI-Marker<br />
auch bei anderen PSP-Formen nachweisen<br />
lassen, muss durch entsprechende Studien<br />
aufgedeckt werden.<br />
Typische Aufweitung der Seitenventrikel und periventrikuläre Signalsteigerungen an deren Polen<br />
(in T2), auch Polkappen genannt.<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Abb. 13: T2-gewichtete axiale MR-Bilder (linke Spalte) mit entsprechenden<br />
R2* Maps (rechte Spalte) eines Patienten mit Aceruloplasminämie<br />
Kortikobasale Degeneration (CBD): Wenige<br />
Studien haben sich mit MRT-Veränderungen<br />
bei der CBD befasst. In Übereinstimmung<br />
mit der Neuropathologie findet sich typischerweise<br />
eine asymmetrische, kontralateral zur<br />
klinisch stärker betroffenen Seite ausgeprägte,<br />
frontoparietale kortikale Atrophie, gelegentlich<br />
kommt aber auch eine symmetrische<br />
Globalatrophie vor. Veränderungen der Basalganglien<br />
können häufig fehlen, obschon<br />
manchmal eine Atrophie des Putamens imponieren<br />
kann. Des Weiteren kann sich das<br />
Mittelhirn in der MRT atrophisch zeigen,<br />
Marklagergliosen können häufig gefunden<br />
werden und demarkieren sich als kleine T2-<br />
Hyperintensitäten der angrenzenden weißen<br />
Substanz. Noch limitierter ist die Studienlage<br />
für die diffusionsgewichtete Bildgebung bei<br />
der CBD. Eine erhöhte Diffusivität wurde im<br />
Putamen beschrieben, interessanterweise<br />
aber auch in asymmetrischer Weise in den<br />
Hemisphären. In Anbetracht der klinischen<br />
Heterogenität der CBD muss hier die MRT-<br />
Studienlage allerdings mit kritischem Auge<br />
betrachtet werden.<br />
Hypointensitäten im Bereich<br />
des Striatums, der hinteren<br />
Thalamusregion, der Substantia<br />
nigra, des Nucleus ruber<br />
und des Nucleus dentatus in<br />
den T2-gewichteten Sequenzen<br />
mit entsprechender<br />
Signalsteigerung in den<br />
R2* maps.<br />
© M. Schocke,<br />
Universitätsklinik für<br />
Radiologie, Innsbruck.<br />
Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB):<br />
Während sich beim MP in frühen Erkrankungsstadien<br />
in der MRT bei den Routinesequenzen<br />
in der Regel ein altersentsprechender<br />
normaler Befund findet, weisen PatientInnen<br />
mit DLB und MP-PatientInnen mit<br />
Demenz (PDD, Parkinson’s disease with dementia)<br />
häufig eine Atrophie subkortikaler<br />
Strukturen bei relativem Erhalt des medialen<br />
Temporallappens auf. Dieses Atrophie-Muster<br />
unterscheidet die DLB von der Alzheimer-Erkrankung,<br />
bei welcher sich häufig bereits in<br />
Frühstadien eine Atrophie des medialen Temporallappens<br />
mit der Hippocampusformation<br />
findet. Während sich der Erhalt des medialen<br />
Temporallappens in der MRT womöglich als<br />
differenzierender Marker zwischen DLB und<br />
46
Alzheimer-Erkrankung etablieren könnte und<br />
bereits Einzug in die revidierten Konsensuskriterien<br />
für die klinische Diagnose der DLB<br />
gefunden hat, lassen sich die DLB und die<br />
PDD mittels MRT nicht unterscheiden.<br />
Abb. 14: T2-gewichtete axiale MR-Bilder eines Patienten mit der<br />
Westphal-Variante des Morbus Huntington (A und B)<br />
MRT zum Ausschluss<br />
sekundärer Parkinson-Syndrome<br />
T1- und T2-gewichtete Untersuchungen finden<br />
ihre Anwendung in der Differenzialdiagnose<br />
von sekundären oder symptomatischen<br />
PS. Diese können auf dem Boden von<br />
Raumforderungen im Bereich der Basalganglien,<br />
des Hirnstamms oder des frontalen<br />
Marklagers durch strategische vaskuläre Läsionen<br />
(Mikro- und Makroangiopathien) oder<br />
im Rahmen eines Normaldruckhydrozephalus<br />
entstehen. Da für die zugrunde liegende Ursache<br />
eines sekundären PS therapeutische<br />
sowie zum Teil heilende Maßnahmen bestehen,<br />
erfordern diese Parkinson-Syndrome<br />
eine diagnostische Abklärung unter Einbeziehung<br />
von Befunden der zerebralen Bildgebung<br />
(Abb. 11 und 12).<br />
Lakunäre Infarkte im Bereich der Basalganglien,<br />
Frontalhirninfarkte oder eine subkortikale,<br />
meistens frontal betonte Leukenzephalopathie<br />
können Ursachen eines vaskulären<br />
PS sein. Die Entwicklung der Symptome gestaltet<br />
sich je nach zugrunde liegender Erkrankung<br />
schleichend auf dem Boden einer<br />
subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie<br />
(SAE) oder (sub-)akut bei lakunären<br />
Hirninfarkten, die den externen Teil des Globus<br />
pallidus, Teile des Thalamus oder selten<br />
die Substantia nigra betreffen. Für die Diagnosestellung<br />
muss hierbei ein zeitlicher Zusammenhang<br />
zwischen Auftreten der mo -<br />
torischen Symptome und den vaskulären<br />
Läsionen bestehen. Ein Normaldruckhydrozephalus<br />
manifestiert sich klinisch in einer frontalen<br />
Gangstörung mit begleitender subkortikaler<br />
Demenz sowie Inkontinenz; man<br />
spricht auch vom „lower body parkinsonism“,<br />
da hierbei die Gangstörung im Vordergrund<br />
steht und selten eine Tremorkomponente<br />
beobachtet wird.<br />
Seltene Ursachen: Des Weiteren können<br />
seltene Ursachen wie fokale Läsionen im Rahmen<br />
einer multiplen Sklerose, die Wilson-<br />
Die Pfeile weisen auf die für die Erkrankung typische Caudatusatrophie hin.<br />
© M. Schocke, K. Seppi, Universitätsklinik für Radiologie, Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Innsbruck<br />
Krankheit, striatopallidodentale Kalzinose bei<br />
Morbus Fahr, das manganassoziierte PS und<br />
die Neurodegeneration mit Eisenablagerungen<br />
im Gehirn (Neurodegeneration with<br />
brain iron accumulation, NBIA-Syndrom) oder<br />
Morbus Huntington (Westphal-Variante) ursächlich<br />
für ein symptomatisches PS sein.<br />
Die neuronale Schädigung durch erhöhte<br />
Kupferablagerungen beim Morbus Wilson<br />
spiegelt sich typischerweise in der MRT in<br />
einer Mittelhirnatrophie mit T2/FLAIR-Signalanhebung<br />
in der Mittelhirnhaube („Pandabär-<br />
Zeichen“) und in randständig betonten<br />
T2-Hyperintensitäten in Putamen, Pallidum,<br />
Nucleus caudatus bzw. entlang der Pyramidenbahn<br />
wider. Schädigungen der Basalganglien<br />
durch Eisenablagerungen bei NBIA-Syndromen<br />
zeigen in der MRT hingegen typischerweise<br />
herabgesetzte Signalintensitäten<br />
in Putamen, Nucleus caudatus, Thalamus und<br />
Pallidum, wobei bei der PKAN (Pantothenate<br />
kinase-associated neurodegeneration), einer<br />
Form dieser Syndrome, eine Hyperintensität<br />
im inneren Segment des Globus pallidus auftritt<br />
und als „Tigerauge-Zeichen“ („Eye of<br />
the tiger“) beschrieben wird.<br />
Daneben sind die verminderten Signalintensitäten<br />
bei der PKAN meist auf den Globus<br />
pallidus und die SN begrenzt, während sich<br />
die Hypointensitäten bei der Neuroferri tino -<br />
pathie und der Acoerulinoplasminämie (ande -<br />
ren Formen von NBIA-Syndromen, Abb. 13),<br />
aber auch in anderen Kerngebieten, wie im<br />
Striatum, Thalamus oder Nucleus dentatus<br />
finden. Symmetrische Kalzinosen der Basalganglien,<br />
des Nucleus dentatus und des periventrikulären<br />
Marklagers im Rahmen einer<br />
striatodentalen Kalzifikation (Morbus Fahr)<br />
demarkieren sich in der MRT unter Umständen<br />
nur unzureichend, hier sollte ergänzend<br />
eine zerebrale CT durchgeführt werden.<br />
Die Westphal-Variante der Huntington-Erkrankung<br />
präsentiert sich häufig mit einem<br />
juvenilen PS, in der MRT findet sich typischerweise<br />
eine Atrophie von Nucleus caudatus<br />
und Putamen sowie eine kortikale, frontal<br />
betonte Atrophie (Abb. 14). Schließlich können<br />
auch Toxin-assoziierte PS mit MRT-Signalalterationen<br />
der Basalganglien einhergehen,<br />
z. B. zeigen sich bei chronischer Manganexposition<br />
im T1-gewichteten Bild häufig Hyperintensitäten<br />
im Globus pallidus.<br />
Transkranielle<br />
Weichteilsonographie<br />
Die transkranielle B-Mode-Doppler-Sonographie<br />
(TCS, transcranial sonography) kann<br />
dazu verwendet werden, über das temporale<br />
akustische Knochenfenster Hirnparenchym<br />
darzustellen und das Ausmaß eines echogenen<br />
Signals im Bereich der Substantia nigra u<br />
47
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Tab. 7: Rolle von Bildgebungsverfahren bei häufigen klinischen Fragestellungen<br />
in der Differenzialdiagnose von Parkinson-Syndromen<br />
Fragestellung MRT DAT-SPECT TCS<br />
Ausschluss eines symptomatischen PS<br />
auf Grund struktureller Läsionen<br />
√<br />
auf Grund von Medikamenten oder Toxinen √ 1 √ ? 2<br />
Differenzierung neurodegenerativer PS vs. ET √ ? 3<br />
(und anderen Tremor-Erkrankungen)<br />
Differenzierung MP vs. aPS √ 4 √ 5<br />
Differenzierung MP vs. psychogenes PS √ ? 6<br />
√ Mittel der Wahl<br />
1 Bei manchen Intoxikationen finden sich Signalalterationen in der MRT, wie z. B. bei Manganin -<br />
toxikation, wo sich im T1-gewichteten Bild häufig Hyperintensitäten im Globus pallidus finden<br />
2 für TCS bei medikamentös induziertem PS kaum Studiendaten vorhanden<br />
3 wenig Studiendaten vorhanden, allerdings scheint eine erhöhte Prävalenz einer SN+ bei ET<br />
vorzuliegen (SN+ bei bis zu 25 % der PatientInnen mit ET beschrieben)<br />
4 ein Normalbefund schließt allerdings ein aPS nicht aus; durch Addition von DWI-Sequenzen wird<br />
die diagnostische Wertigkeit der MRT, insbesondere gegenüber MSA, gesteigert<br />
5 das Vorliegen einer SN+ spricht sehr für einen MP<br />
6 keine Studiendaten vorhanden<br />
wobei die Sensitivität bei 90,7 % und die<br />
Spezifität bei 82,4 % lag. Für die Differenzierung<br />
zwischen MP und aPS ergaben sich<br />
Werte für Sensitivität und Spezifität von 94,8<br />
% bzw. 90 % bei einem positiv prädiktiven<br />
Wert von 97,4 %.<br />
Häufig findet sich bei PatientInnen mit aPS<br />
eine vermehrte Hyperechogenität uni- oder<br />
bilateral in den Basalganglien, insbesondere<br />
im Linsenkern. Allerdings scheint die diagnostische<br />
Wertigkeit einer Hyperechogenität im<br />
Bereich der Basalganglien unzureichend zu<br />
sein, wie oben genannte Arbeit an den 60<br />
neuerkrankten PatientInnen mit PS gezeigt<br />
hat. Die diagnostische Wertigkeit einer Hyperechogenität<br />
im Bereich der Basalganglien<br />
bei PatientInnen mit aPS wurde dabei mit<br />
68,2 % beziffert, bei einer Sensitivität von<br />
66,7 % und einer Spezifität von 68,6 %.<br />
oder der Basalganglien zu beurteilen. Das<br />
Mittelhirn kommt hierbei als schmetterlingsartig<br />
geformte Struktur zur Darstellung. Die<br />
TCS kann neben klinisch-<strong>neurologisch</strong>er Untersuchung<br />
sowie struktureller und funktioneller<br />
Bildgebung mittels MRT und SPECT-<br />
Verfahren als zusätzliche nichtinvasive und<br />
kosteneffiziente Untersuchung bei der Differenzierung<br />
von Parkinson-Syndromen eingesetzt<br />
werden. Nachdem ein ausreichendes<br />
temporales Knochenfenster Voraussetzung<br />
für die TCS ist, kann diese Methode jedoch<br />
bei über 10 % der Bevölkerung nicht angewendet<br />
werden. Die sonographische Darstellung<br />
der Basalganglien besitzt vor allem beim<br />
MP eine geringere Wertigkeit; bei aPS kann,<br />
wie im folgenden Absatz angeführt, eine Hyperechogenität<br />
in diesem Bereich diagnostische<br />
Hinweise auf die Erkrankung geben.<br />
Hyperechogenität in der Substantia nigra:<br />
Durch die Darstellung einer Hyperechogenität<br />
im Bereich der Substantia nigra bei PatientInnen<br />
mit MP wird die TCS seit 1995 routinemäßig<br />
zur Diagnostik von Bewegungsstörungen<br />
verwendet. Dabei geht es um die hyperechogene<br />
Fläche, die ab einer gewissen<br />
Größe als pathologisch beurteilt werden<br />
kann, wobei in der Literatur für die Grenzwerte<br />
einer Hyperechogenität im Bereich der<br />
Substantia nigra (SN+) unterschiedliche<br />
Werte berechnet wurden. Während manche<br />
Studien als Cut-off für eine SN+ die dritte<br />
Quartile der größeren Ausdehnung der Echogenitäten<br />
im Bereich beider SN einer gesunden<br />
Kontrollpopulation verwendet haben,<br />
wurden bei anderen Studien der Mittelwert<br />
plus eine Standardabweichung der größeren<br />
der beiden Echogenitäten im Bereich der SN<br />
einer gesunden Kontrollpopulation als Grenzwert<br />
verwendet.<br />
Bei ungefähr 90 % der PatientInnen mit MP<br />
kann eine SN+ nachgewiesen werden. Die<br />
Ausdehnung des echogenen Signals ist dabei<br />
unabhängig vom Alter der PatientInnen, von<br />
Dauer und Schweregrad der Erkrankung, korreliert<br />
nicht mit dem Grad der striatalen<br />
Dopamintransporterverfügbarkeit und zeigt<br />
keine Progression im Laufe der Erkrankung.<br />
Trotzdem ist die Hyperechogenität auf der<br />
kontralateral zur klinisch stärker betroffenen<br />
Seite meistens größer.<br />
Allerdings haben auch bis zu 15 % der gesunden<br />
Bevölkerung eine vermehrte Echogenität<br />
in der SN, Familienangehörige 1. Grades<br />
können sogar noch häufiger pathologische<br />
Befunde zeigen. Eine prospektive verblindete<br />
Studie an 60 neuerkrankten PatientInnen mit<br />
PS (von denen im Follow-up nach einem Jahr<br />
43 PatientInnen als MP und 13 PatientInnen<br />
als aPS klassifiziert wurden, 4 weitere hatten<br />
kein Parkinson-Syndrom im Follow-up) ergab<br />
eine diagnostische Wertigkeit des Markers<br />
SN+ von 88,3 % für die Diagnose eines MP,<br />
Resümee<br />
PatientInnen mit neurodegenerativen Parkinson-Syndromen<br />
stehen heutzutage einem<br />
großen Armamentarium von diagnostischen<br />
Untersuchungstechniken struktureller und<br />
funktioneller Natur gegenüber. Tabelle 7 fasst<br />
die Rolle von Bildgebungsverfahren bei häufigen<br />
klinischen Fragestellungen zusammen.<br />
Eine genaue Diagnose ist für PatientInnen<br />
dabei von großer therapeutischer und prognostischer<br />
Relevanz.<br />
Bis auf die DAT-SPECT-Untersuchung sind die<br />
weiteren nuklearmedizinischen Untersuchungsmethoden<br />
wie IBZM-SPECT und PET-<br />
Verfahren hauptsächlich wissenschaftlichen<br />
Fragestellungen vorbehalten. Zu den wichtigsten<br />
Indikationen für die DAT-SPECT-Untersuchung<br />
in der Klinik gehören die Frühdiagnose<br />
des MP bei fraglicher und asymptomatischer<br />
Symptomausprägung sowie die<br />
Differenzierung neurodegenerativer Parkinson-Syndrome<br />
(MP und aPS) von nichtdegenerativen<br />
Parkinson- und Tremor-Syndromen.<br />
Eine Differenzierung zwischen MP und aPS<br />
ist freilich mittels DAT-SPECT-Untersuchung<br />
nicht möglich. Allerdings kann aber die Unterscheidung<br />
von Alzheimer-Erkrankung und<br />
DLB erhebliche therapeutische Konsequenzen<br />
(evtl. L-Dopa-Therapie, Wahl eines Neuroleptikums)<br />
mit sich bringen und so die DAT-<br />
SPECT-Untersuchung eine sinnvolle klinische u<br />
48
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Indikation sein. Tabelle 2 zeigt typische<br />
SPECT/PET-Befunde bei häufigen Parkinsonund<br />
Tremor-Syndromen.<br />
Die Domäne der strukturellen Bildgebung<br />
mittels MRT in der Parkinson-Diagnostik ist<br />
der Ausschluss symptomatischer Formen<br />
durch Läsionen im Bereich der Basalganglien,<br />
des Hirnstamms oder des frontalen Marklagers<br />
sowie der Ausschluss eines Normaldruckhydrozephalus.<br />
Beim MP zeigt die MRT<br />
in der Regel keine spezifischen Zeichen einer<br />
Neurodegeneration, bei den aPS hingegen<br />
können sich spezifische bildgebende Zeichen<br />
demarkieren. So finden sich infra- und supratentoriell<br />
bei PatientInnen mit MSA und<br />
PSP häufig charakteristische Atrophiemuster<br />
bzw. Veränderungen der Signalintensität,<br />
und beim CBS lässt sich häufig eine asymmetrische,<br />
kontralateral zur klinisch stärker<br />
betroffenen Seite ausgeprägte, frontoparietale<br />
kortikale Atrophie detektieren. Nützlich<br />
in der Differenzierung der DLB von der Alzheimer-Demenz<br />
kann außerdem der Nachweis<br />
einer Atrophie subkortikaler Strukturen<br />
bei relativem Erhalt des medialen Temporallappens<br />
sein. Tabelle 6 fasst nützliche MRT-<br />
Marker bei 1,5 Tesla als Hilfestellung zur Diagnose<br />
der neurodegenerativen PS zusammen.<br />
Unter den neueren Verfahren ist die<br />
DWI zurzeit am meisten etabliertet, Änderungen<br />
in der Diffusivität können bei der<br />
MSA und der PSP womöglich früh im Krankheitsverlauf<br />
auftreten und wurden besonders<br />
im Bereich des Putamen bereits in mehreren<br />
Studien beschrieben. Rezente Studien beim<br />
MP zur Beurteilung des Eisengehaltes und<br />
der fraktionellen Anisotropie in der SN mittels<br />
3-T-MRT sind als experimentell zu werten.<br />
Trotz der starken Untersucherabhängigkeit<br />
sowie der mangelnden Durchführbarkeit bei<br />
eingeschränkten Schallbedingungen kann die<br />
TCS im Kontext mit klinischen und anderen<br />
Untersuchungsergebnissen als eine sinnvolle<br />
Erweiterung der diagnostischen Maßnahmen<br />
in der Differenzialdiagnose von Parkinson-<br />
Syndromen angesehen werden, da das Bestehen<br />
einer SN+ für das Vorliegen eines MP<br />
spricht. Allerdings sind weiterführende Validierungsstudien<br />
gegenüber klinischen Standards<br />
erforderlich. Die mehrfach berichtete<br />
erhöhte Prävalenz einer SN+ bei PatientInnen<br />
mit essenziellem Tremor von bis zu 25 %<br />
scheint sich bereits als limitierender Faktor<br />
der Technik herauszukristallisieren. n<br />
Literatur bei den Verfassern<br />
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Abkürzungen:<br />
A Fläche<br />
aPS atypisches Parkinson-Syndrom<br />
CBD Kortikobasale Degeneration<br />
CBS Kortikobasales Syndrom<br />
CT Computertomographie<br />
D Durchmesser<br />
DAT Dopamintransporter<br />
DLB Demenz mit Lewy-Körperchen<br />
DRD Dopa-responsive Dystonie<br />
DTI diffusion tensor imaging<br />
DWI diffusion weighted imaging<br />
FDG<br />
18<br />
F-Fluordesoxyglukose<br />
IBZM I-123-Iodobenzamid<br />
LBP<br />
MCP<br />
MP<br />
MRPI<br />
MRT<br />
MSA<br />
NBIA<br />
OPCA<br />
PD<br />
PDD<br />
PET<br />
PKAN<br />
Lower Body Parkinsonism<br />
middle cerebellar peduncle<br />
Morbus Parkinson<br />
MR-Parkinson-Index<br />
Magnetresonanztomographie<br />
Multisystematrophie<br />
Neurodegeneration Brain Iron Accumulation<br />
olivo-ponto-zerebelläre Atrophie<br />
proton density, Protonen-Dichte<br />
Parkinson-Demenz, Parkinson’s Disease<br />
with dementia<br />
positron emission tomography<br />
Pantothenate kinase-associated<br />
neurodegeneration<br />
PS Parkinson-Syndrom<br />
PSP progressive supranukleäre Paralyse<br />
RS Richardson-Syndrom<br />
SAE subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie<br />
SCA Spinozerebelläre Ataxie<br />
SCP superior cerebellar peduncle<br />
SN Substantia nigra<br />
SND striatonigrale Degeneration<br />
SPECT single photon emission tomography<br />
SWEDD scans without evidence for dopaminergic deficit<br />
T Tesla<br />
TCS transkranielle Sonographie<br />
VBM voxelbasierte Morphometrie<br />
ZNS Zentralnervensystem<br />
50
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Amyotrophe Lateralsklerose<br />
Für das klinische Management von PatientInnen mit Motoneuronerkrankungen (MND) und bei der amyotrophen<br />
Lateralsklerose (ALS) als der häufigsten MND im Erwachsenenalter im Besonderen ist allgemein akzeptiert, dass<br />
die Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns und des Rückenmarks ein wesentliches Element der<br />
Differenzialdiagnostik darstellt. Dennoch sind Sensitivität und Spezifität in der Individualdiagnose noch<br />
vergleichsweise niedrig (Evidenzgrad IV im Sinne eines „good clinical practice point“) 1 .<br />
ZZahlreiche bildgebende Studien der letzten<br />
Jahre stellten die Ergebnisse von computerbasierten<br />
MRT-Analysen auf Gruppenniveau<br />
dar und halfen so mit, die pathomorphologischen<br />
Veränderungen in der grauen und<br />
weißen Substanz sowie Veränderungen der<br />
funktionellen Netzwerke zu erfassen und verstehen<br />
2 . Wie in einer aktuellen Publikation<br />
dargestellt 3 , sind die meistversprechenden<br />
Techniken Volumetrie/Morphometrie von T1-<br />
gewichtetem (T1w) 3-D-MRT, Diffusionstensor-Bildgebung<br />
(DTI), funktionelle MRT ohne<br />
spezifische Aufgabenstellung (Resting-State-<br />
[RS]-fMRT) sowie 1 H-MR-Spektroskopie (MRS).<br />
Potenzial der MRT<br />
in der Individualdiagnostik<br />
Für Routine-T2-gewichtete (T2w) und FLAIR-<br />
MRT (fluid-attenuated inversion recovery)<br />
wurden Hyperintensitäten des Tractus corticospinalis<br />
(CST) bei PatientInnen mit MND<br />
wiederholt beschrieben, insbesondere im Gehirn,<br />
teilweise auch spinal. Auch fokale Atrophien<br />
oder Hypointensitäten (motor dark line<br />
in T2w MRT) im Bereich des präzentralen<br />
Gyrus wurden berichtet (Übersicht Grosskreutz<br />
et al. 4 ).<br />
Als weitere Auffälligkeiten in der klinischen<br />
MRT können bei ALS-PatientInnen, die neuropsychologische<br />
Symptome als Hinweise auf<br />
das Vorliegen eines ALS-FTD-Komplexes<br />
(FTD/frontotemporale-Demenz) aufweisen,<br />
häufig regionale Atrophien der frontalen<br />
und/oder temporalen Areale in symmetrischer<br />
oder (häufiger) asymmetrischer Ausprägung<br />
im Sinne einer frontotemporalen Lobärdegeneration<br />
gesehen werden. Diese können<br />
in fortgeschrittenen Einzelfällen deutlich<br />
ausgeprägt sein, aber es ist festzuhalten, dass<br />
frontale Volumenminderungen auch bei ALS-<br />
PatientInnen ohne sichere klinische Zeichen<br />
einer frontotemporalen Demenz (FTD) beobachtet<br />
werden können 5 . Für alle diese morphologischen<br />
MRT-Befunde lässt sich zusammenfassen,<br />
dass ihre Sensitivität und Spezifität<br />
als niedrig anzusehen ist 4, 6–8 .<br />
Die Guidelines der EFNS (European Federation<br />
of Neurological Societies) für Neuro -<br />
imaging bei MND 1 enthalten dementsprechend<br />
folgende Empfehlungen für klinische<br />
Routine-MRT: Zum Ersten sollen PatientInnen<br />
mit Verdacht auf MND, abhängig vom klinischen<br />
Bild, im Rahmen der Differenzialdiagnostik<br />
ein MRT des Gehirns und/oder des<br />
Rückenmarks/der Wirbelsäule erhalten. Zum<br />
Zweiten können die häufig berichteten Hyperintensitäten<br />
im Bereich der CST und des<br />
Motorkortex in T2w-Aufnahmen, protonengewichteten<br />
Aufnahmen oder FLAIR-Aufnahmen<br />
einen Verdacht auf ALS unterstützen,<br />
aufgrund der niedrigen Sensitivität und Spezifität<br />
dieses Zeichens kann eine Diagnose<br />
dadurch jedoch nicht gesichert werden.<br />
PET und SPECT: Früher bei MND angewendete<br />
Bildgebungstechniken wie Positronenemissionstomographie<br />
(PET) und Single-Photonen-Emissionstomographie<br />
(SPECT) konnten<br />
zwar regionale Auffälligkeiten bei ALS im<br />
Sinne von Hypometabolismus bzw. Hypoperfusion<br />
im Motorkortex und auch in frontalen<br />
Arealen darstellen, jedoch wurde das Potenzial<br />
der Verwendung von PET und SPECT im<br />
Hinblick auf die zunehmende Verfügbarkeit<br />
von MRT-Scannern nicht weiterentwickelt 9 ,<br />
so dass MRT-basierte Techniken als die aktuellen<br />
und zukünftigen Neuroimaging-Instrumente<br />
bei ALS/MND anzusehen sind.<br />
MRT-Studien bei ALS<br />
auf Gruppenniveau<br />
Prof. Dr.<br />
Jan Kassubek<br />
Klinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Universität Ulm,<br />
Deutschland<br />
DI Christian<br />
Langkammer<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische<br />
Universität Graz<br />
Weiterführende MRT-Analysetechniken auf<br />
Gruppenniveau benutzten ROI-basierte (region<br />
of interest) volumetrische Analysen des u<br />
51
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Motorsystems (Übersicht: Wang et al. 10 ) oder<br />
ganzhirnbasierte Auswertungen auf Voxelebene<br />
(voxelbasierte Morphometrie, VBM)<br />
und zeigten Volumenänderungen in motorischen<br />
Arealen wie dem primären Motorkortex<br />
und den CST 11 . Für Gruppen von ALS-<br />
PatientInnen wurden hierbei Atrophien der<br />
frontalen und temporalen Areale in stark unterschiedlicher<br />
Ausprägung beschrieben und<br />
in Bezug zum neuropsychologischen Profil<br />
analysiert (Übersicht: Grosskreutz et al. 4 ).<br />
Abb. 1: Gruppenstatistik zur Untersuchung der Nervenfaserbündel (grün)<br />
mittels MRT-Diffusionstensor-Bildgebung (DTI). ALS-PatientInnen zeigen<br />
deutlich verringerte Faserintegrität (rot) im Tractus corticospinalis (CST),<br />
verglichen mit Kontrollen.<br />
DTI: Eine bei <strong>neurologisch</strong>en Erkrankungen<br />
zunehmend verwendete MRT-Untersuchungs -<br />
methode zur Darstellung von mikrostrukturellen<br />
Veränderungen in der weißen Substanz<br />
ist das diffusionsgewichtete MRT (DWI) und<br />
insbesondere dessen Weiterführung der Diffusionstensorbildgebung<br />
(DTI), bei der die<br />
Diffusivität entlang der axonalen Bahnen abgebildet<br />
und als fraktionale Anisotropie (FA)<br />
quantifiziert werden kann, wodurch Rückschlüsse<br />
auf die Integrität der neuronalen Fasern<br />
ermöglicht werden 12 .<br />
Auf Gruppenniveau wurden Veränderungen<br />
in den Diffusionseigenschaften der weißen<br />
Substanz sowohl bei ALS als auch bei der<br />
klinischen Variante der primären Lateral -<br />
sklerose (PLS) entlang der CST dargestellt<br />
(Abb. 1) 13 und in Bezug gesetzt zu anderen<br />
bildgebungsimmanenten Techniken wie morphometrischen<br />
MRT-Analysen 14 , mit neurodegenerativen<br />
Prozessen einhergehenden<br />
und mittels MRT detektierbaren Eisenablagerungen<br />
15 oder anderen Methoden wie der<br />
transkraniellen Magnetstimulation 16 .<br />
Die in T1-gewichteten Aufnahmen teilweise<br />
auch auf Einzelfallniveau zu erkennenden<br />
morphologischen Veränderungen im Corpus<br />
callosum, häufig mit Akzentuierung im Motorsegment<br />
III nach der Hofer-und-Frahm-<br />
Klassifikation, konnten bei Analysen von fraktionalen<br />
Anisotropie-Maps bei Patientenkollektiven<br />
mit ALS und anderen MND mit<br />
Beteiligung des ersten Motoneurons gezeigt<br />
werden (Abb. 2) (vgl. Müller et al. 17 ).<br />
Die Kombination von DTI-basierter Traktdarstellung<br />
mit VBM zeigte auch bei ALS im frühen<br />
Stadium eine Beteiligung der weißen<br />
Substanz 18, 19 . Korrelationen von DTI-basierten<br />
und klinischen Parametern hinsichtlich<br />
des Phänotyps und des Verlaufs bei ALS und<br />
anderen MND konnten in einzelnen Studien<br />
nachgewiesen werden (Übersicht: Kassubek<br />
et al. 20 ). Erste Studien zu Änderungen der<br />
Diffusionseigenschaften im Rückenmark bei<br />
ALS wurden durch Anwendung von spinalen<br />
DTI-Techniken durchgeführt 21 .<br />
MRS: Ein weiterer technischer Ansatz ist die<br />
MR-Spektroskopie (MRS), welche sich in einzelnen<br />
Studien als sensitiv bezüglich regionaler<br />
metabolischer Veränderungen in Gehirnen<br />
von ALS-PatientInnen erwiesen hat 9 und auch<br />
in longitudinalen Studien untersucht wurde 22 .<br />
Bei spezifisch hohem Standardisierungsbe -<br />
darf bezüglich der Datenakquisition wie auch<br />
-ana lyse ist aktuell das Potenzial der MRS als<br />
Abb. 2: (A) T1-gewichtetes MRT eines ALS-Patienten, (B) Gruppenanalysen<br />
(A) T1-gewichtetes MRT eines ALS-Patienten – deutlich zu erkennen ist die morphologische<br />
Veränderung in Segment III des Corpus callosum. (B) In Gruppenanalysen von fraktionalen Anisotropie-<br />
Karten aus DTI-Auf nahmen von 20 ALS-PatientInnen mit 20 Kontrollen zeigen sich ebenfalls im<br />
Corpus callosum mit Betonung in Segment III signifikante Unterschiede auf Gruppenniveau.<br />
52
Surrogatmarker bei MND als limitiert einzuordnen,<br />
jedoch existieren auch für diese MRT-<br />
Applikation entsprechende Initiativen 3 .<br />
fMRT: Mithilfe der „klassischen“ fMRT<br />
konnten Veränderungen in multiplen funktionellen<br />
Netzwerken des Gehirns bei ALS-<br />
PatientInnen sowohl im Vergleich zu Kontrollen<br />
als auch in Längsschnittstudien nachgewiesen<br />
werden, so zeigten sich neben<br />
Veränderungen der motorischen auch solche<br />
der kognitiven Funktionsareale (Übersicht<br />
Lulé et al. 23 ).<br />
Die multiparametrische Kombination mit<br />
Techniken wie DTI demonstrierte darüber hinaus<br />
Auffälligkeiten nicht nur in somatosensorischen,<br />
sondern auch in auditorischen und<br />
visuellen zerebralen Funktionsarealen 24 .<br />
Als eine zukunftsweisende MRT-Technik ist das<br />
RS-fMRT anzusehen, d. h. die Analyse der<br />
blutoxygenierungsabhängigen Effekte (BOLD)<br />
in Gradientenecho-MRT-Sequenzen ohne<br />
gleichzeitige Durchführung einer definierten<br />
Tätigkeit, somit „in Ruhe“. Hierdurch konnten<br />
Veränderungen der funktionellen Konnektivität<br />
in unterschiedlichen Netzwerken bei ALS-<br />
PatientInnen dargestellt werden, zusätzlich zu<br />
erhöhter Patienten-Compliance im Vergleich<br />
zu klassischen fMRT-Paradigmen 25, 26 .<br />
Zusammenfassung<br />
und Ausblick<br />
Die Bildgebung bei ALS hat auf dem Boden<br />
der umfangreichen Datenlage in vivo auf<br />
Gruppenniveau sowohl durch Strukturanalysetechniken<br />
(Volumetrie, VBM, DTI) als auch<br />
durch Funktionsanalysetechniken (z. B. fMRT-<br />
Anwendungen) zu einer deutlichen Vertiefung<br />
des pathoanatomischen Verständnisses<br />
dieser Erkrankungen geführt. Auch wenn<br />
diese Techniken auf der Ebene der Individualdiagnostik<br />
noch in der Entwicklung befindlich<br />
sind und der Wert für die Frühdiagnostik oder<br />
für klinisch nicht sicher zuzuordnende Fälle<br />
noch unklar ist, besteht hier ein erhebliches<br />
Potenzial dieser multiparametrischen MRT-<br />
Analysen für eine Etablierung als Surrogatmarker<br />
für das Monitoring in zukünftigen<br />
Studien von erkrankungsverlaufsmodifizierenden<br />
Maßnahmen.<br />
Schritte zur Verbesserung des Einsatzes der<br />
MRT-Techniken auf Individualniveau sind<br />
daher eine größere Zahl an longitudinalen<br />
Studien in Frühstadien oder bei klinischer Unsicherheit<br />
und auch die weitere Standardisierung<br />
der Akquisition und computerbasierten<br />
Auswertung der MRT-Daten.<br />
Diese notwendige Entwicklung kann durch<br />
die Einrichtung multizentrischer (multinationaler)<br />
Neuroimaging-Datenbanken von<br />
MND-PatientInnen wesentlich gefördert werden,<br />
denn zur Optimierung und Standardisierung<br />
sowohl der Datenakquisition als auch<br />
des Postprocessing sind qualitätskontrollierte<br />
multizentrische MRT-Register mit paralleler<br />
Erfassung detaillierter klinischer Daten einschließlich<br />
longitudinaler Daten als wesentliches<br />
Instrument zu sehen.<br />
n<br />
1 Filippi M et al., European Federation of Neurological<br />
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12 Basser, PJ, Jones DK, Diffusion-tensor MRI: theory,<br />
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16 Sach M et al., Diffusion tensor MRI of early upper<br />
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17 Müller H-P et al., Neuroanatomical patterns of cerebral<br />
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18 van der Graaff MM et al., Upper and extra-moto -<br />
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a diffusion tensor imaging study. Brain 2011;<br />
134(Pt 4):1211–28.<br />
19 Agosta F et al., Voxel-based morphometry study of<br />
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amyotrophic lateral sclerosis: a structural and functional<br />
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53
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Neuroimaging – Möglichkeiten und Grenzen<br />
Funktionelle Magnetresonanztomographie<br />
(fMRT)<br />
Die fMRT ist in der neurowissenschaftlichen Forschung nicht mehr wegzudenken, ihr klinischer Stellenwert wird<br />
gelegentlich kritisch hinterfragt. Der folgende Beitrag stellt sich dieser Diskussion und listet Möglichkeiten und<br />
Limitationen der fMRT aus klinischer Perspektive auf.<br />
SSeit den ersten Arbeiten zu den Grundlagen<br />
der fMRT 1990 (Ogawa et al.) zeigt sich ein<br />
jährlich nahezu exponenziell zunehmender<br />
Einsatz dieser Methode in verschiedensten<br />
Forschungsgebieten und Applikationen in<br />
der klinischen <strong>Neurologie</strong>, Neurochirurgie,<br />
Neuropsychologie, Rehabilitationsforschung<br />
oder Psychiatrie, wobei gegenwärtig auch<br />
zunehmend unerwartete Gebiete beschritten<br />
werden, wie etwa beim Versuch der Verwendung<br />
der fMRT als Lügendetektor, in<br />
der Sexualforschung oder Werbepsychologie.<br />
Da sich viele der obengenannten Aussagen<br />
primär auf Forschungsaspekte beziehen, sollen<br />
im folgenden Beitrag klinische Errungenschaften<br />
dieser Methode beleuchtet werden.<br />
Dabei werden etablierte klinische Anwendungen<br />
ebenso erörtert wie Einsatzgebiete<br />
an den Schnittstellen zwischen Forschung<br />
und klinischer Anwendung, da hier zukünftige<br />
Fortschritte realistischerweise zu erwarten<br />
sind und oftmals neue Applikationen erst<br />
durch diesen Zugang erschlossen werden.<br />
Dies bezieht sich u. a. auf den Einsatz der<br />
fMRT zur Evaluation der Effekte klinischer<br />
Interventionen oder von Medikamenten,<br />
aber auch zur frühzeitigen Detektion funktioneller<br />
Netzwerkstörungen bei <strong>neurologisch</strong>en<br />
Erkrankungen mit potenziell prognos -<br />
tischer Implikation, wie etwa bei Morbus<br />
Alzheimer. Eine Diskussion der Limitationen<br />
der fMRT im klinischen Kontext rundet diese<br />
Betrachtungsweise ab, welche mit einem<br />
Ausblick auf Trends und zukünftige Entwicklungen<br />
endet.<br />
1<br />
Gegenwärtige klinische<br />
Einsatzgebiete der fMRT<br />
Prächirurgische<br />
Funktionslokalisation<br />
In den letzten Jahren hat sich die fMRT an<br />
spezialisierten Zentren zu einem wesentlichen<br />
Standbein der nichtinvasiven prächirurgischen<br />
Diagnostik entwickelt. Vor neurochirurgischen<br />
Eingriffen sollte die Lage essen -<br />
zieller kortikaler Areale (z. B. für Motorik,<br />
Sprache, Gedächtnis) sowie deren Faserverbindungen<br />
in Relation zur Hirnpathologie<br />
möglichst genau bekannt sein. Diese Informationen<br />
haben u. a. Konsequenzen für die<br />
• Festlegung des individuell besten<br />
therapeutischen Vorgehens (Operabilität?)<br />
• Festlegung invasiver Zusatzdiagnostik<br />
(präoperativer Wada-Test? intraoperative<br />
kortikale Stimulation? Wachoperation für<br />
Sprachfunktionslokalisation?)<br />
• Planung des Operationszugangs und<br />
-ziels<br />
• Dauer einer Operation<br />
• Aufklärung der PatientInnen und Ange -<br />
hörigen<br />
2<br />
Assoz.-Prof. Dr. Christian Enzinger 1<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität Graz<br />
Univ.-Prof. Dr. Roland Beisteiner 2<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität Wien<br />
Aufgrund der hohen räumlichen Funktionsauflösung<br />
auch komplexer Hirnaktivitäts -<br />
muster, der Nichtinvasivität und der beliebigen<br />
Wiederholbarkeit steht mit der fMRT eine<br />
für klinische Hirnfunktionslokalisationen äußerst<br />
leistungsfähige Methode zur Verfügung.<br />
Die prächirurgische Indikation betrifft<br />
in erster Linie PatientInnen mit zerebralen<br />
Raumforderungen oder therapieresistenten<br />
Epilepsien. Die klinisch am häufigsten durchgeführten<br />
Funktionslokalisationen betreffen<br />
Motorik (primäres Hand- bzw. Fußareal?),<br />
Sprache (Broca- und/oder Wernicke-Areal?;<br />
Abb. 1) und Gedächtnis (Aktivitätsverteilung<br />
im medialen Temporallappen?).<br />
Bei entsprechender klinischer Expertise kann<br />
mittels fMRT sowohl eine valide Lokalisation<br />
als auch Lateralisation dieser Hirnfunktionen<br />
– selbst bei massiven Pathologien und eingeschränkter<br />
Kooperationsfähigkeit – durchgeführt<br />
werden. Mit alternativen nichtinva -<br />
siven Techniken (z. B. Elektrophysiologie) lässt<br />
sich die hohe fMRT-Lokalisationsqualität derzeit<br />
nicht erreichen. Auch aus rein morphologischen<br />
Analysen können derartige Funktionsinformationen<br />
nicht abgeleitet werden,<br />
da makroanatomische Marker nur für wenige<br />
essenzielle Hirnfunktionen existieren (z. B.<br />
Gyrus praecentralis = Motorik, Heschl-Gyrus<br />
= Hören; Sulcus-calcarinus-Bereich = Sehen).<br />
Mit Ausnahme der invertierten Omegastruktur<br />
als Marker für die primäre sensomotorische<br />
Handfunktion ist eine morphologisch<br />
54
Abb. 2: 27-jähriger Patient mit Zustand nach<br />
Hemisphärektomie rechts im Alter von 11 Jahren<br />
aufgrund therapieresistenter generalisierter Epilepsie<br />
(nach A.-cerebri-media-Infarkt rechts).<br />
Abb. 1: Prächirurgische Sprachlokalisation – Patient mit<br />
deutlich linkslateralisierter Broca- und Wernickeaktivität<br />
(weiße Pfeile).<br />
Quelle: AG Prof. Beinsteiner<br />
fMRT-Aktivität bei Bewegung der gesunden rechten Hand (blau) und<br />
bei Bewegung der kranken linken Hand (orange). Die linke Hemisphäre<br />
hat die Funktion des primären Motorkortex für die linke Hand übernommen.<br />
Die neuroplastische Umorganisation erfolgte an den somatotopisch<br />
weniger festgelegten Randbereichen der Repräsentation für die<br />
gesunde rechte Hand.<br />
Quelle: Rath et al., 2008 2<br />
begründete Teilfunktionszuordnung innerhalb<br />
der makroanatomischen Marker auch<br />
nicht möglich (z. B. exakte individuelle Somatotopie?).<br />
Speziell für klinische Fragestellungen exis -<br />
tieren weitere erschwerende Faktoren. So<br />
können ausgedehnte Pathologien die ursprüngliche<br />
Makroanatomie zur Unkenntlichkeit<br />
verändern. Auch neuroplastische Um -<br />
organisationen (bei längerfristigen patho -<br />
logischen Prozessen) sowie die hohe<br />
neuroanatomische und funktionelle Variabilität<br />
des Menschen sind zu berücksichtigen.<br />
International gesehen zeigt sich zunehmend<br />
die Tendenz, dass hochwertige fMRT-Befunde<br />
invasive Diagnostik wie den Wada-Test oder<br />
ausgedehnte intraoperative Stimulation verzichtbar<br />
machen. Bei entsprechend umfangreicher<br />
prächirurgischer Diagnostik wird<br />
sogar bei sprachkritischen Raumforderungen<br />
an manchen Zentren bereits auf Wachoperationen<br />
verzichtet 1 .<br />
Neue Funktionsdiagnostik<br />
Aufgrund der oben skizzierten Eigenschaften<br />
hat die klinische fMRT auch ein hohes Potenzial,<br />
neue funktionsdiagnostische Möglichkeiten<br />
am individuellen Patienten zu eröffnen.<br />
Das betrifft die Analyse neuroplastischer<br />
Umorganisationen, die Definition<br />
krankheitsspezifischer funktioneller Marker<br />
(z. B. Netzwerkveränderungen) oder die longitudinale<br />
Beobachtung von Rehabilitationsprozessen<br />
und therapeutischen Effekten.<br />
Nachfolgend sind Beispiele hierzu angeführt.<br />
Neuroplastische Umorganisation nach<br />
Hemisphärektomie: 27-jähriger Patient mit<br />
Zustand nach Hemisphärektomie rechts im<br />
Alter von 11 Jahren aufgrund therapieresistenter<br />
generalisierter Epilepsie (nach A.-cerebri-media-Infarkt<br />
rechts). Die Abbildung 2<br />
zeigt fMRT-Aktivität bei Bewegung der gesunden<br />
rechten Hand und bei Bewegung der<br />
kranken linken Hand. Die linke Hemisphäre<br />
hat die Funktion des primären Motorkortex<br />
für die linke Hand übernommen 2 . Die neuroplastische<br />
Umorganisation erfolgte an den<br />
somatotopisch weniger festgelegten Randbereichen<br />
der Repräsentation für die gesunde<br />
rechte Hand.<br />
Zentrale Umorganisation als Folge peripherer<br />
Umorganisation: 31-jährige Patientin<br />
mit Zustand nach vollständiger traumatischer<br />
Durchtrennung des Plexus brachialis<br />
rechts. Um eine Armbeugefunktion zu er- u<br />
55
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 3: 31-jährige Patientin mit Zustand nach<br />
vollständiger traumatischer Durchtrennung des Plexus<br />
brachialis rechts.<br />
Abb. 4: Untersuchung zu potenziellen Effekten von<br />
Alter und Lateralität auf die neuronalen Korrelate<br />
von Fußbewegungen<br />
2,5 Jahre postoperativ zeigt sich, dass das ursprünglich nur für die Zwerchfellsteuerung<br />
zuständige kortikale Phrenicusareal (blaue Pfeile, Abb. oben)<br />
nun auch die Bewegung der erkrankten rechten Hand klinisch effektiv<br />
steuert (rote Pfeile, Abb. unten. Lateral vom Phrenicusareal findet sich<br />
zusätzlich Aktivierung der Armareale, rot = kranker rechter Arm,<br />
blau = gesunder linker Arm).<br />
Quelle: Beisteiner et al., 2011 3<br />
In einer sog. GINGER-ALE-Metaanalyse zeigten sich keine signifikanten<br />
Unterschiede hinsichtlich der Aktivierungslokalisationen bei isolierter<br />
Bewegung des dominanten (rechten; gelbe Farbe) und nichtdominanten<br />
(linken; türkis) Fußes und auch keine signifikanten Alterseffekte.<br />
Klar erkennbar sind Spitzenaktivierungen im primär sensomotorischen<br />
Kortex (M1) kontralateral zur Fußbewegung mantelkantennahe<br />
sowie der sekundär sensorischen Kortizes bilateral (S2) und im<br />
Kleinhirn ipsilateral.<br />
Quelle: Linortner & Jehna et al., submitted<br />
möglichen wurde mittels neuartiger Technik<br />
der periphere N.-musculocutaneus-Stumpf mit<br />
der Seite des ipsilateralen N. phrenicus konnektiert.<br />
2,5 Jahre postoperativ zeigt sich (Abb. 3),<br />
dass das ursprünglich nur für die Zwerchfellsteuerung<br />
zuständige kortikale Phrenicusareal<br />
nun auch die Bewegung der erkrankten<br />
rechten Hand klinisch effektiv steuert. Diese<br />
Daten weisen darauf hin, dass motorische<br />
Hirnareale auch so umorganisiert werden<br />
können, dass sie eine neue Aufgabe zusätzlich<br />
zur bestehenden übernehmen und dann beide<br />
Aufgaben unabhängig voneinander steuern<br />
können. fMRT erlaubt hier den Nachweis des<br />
Mechanismus und der Effektivität eines neuen<br />
peripheren Therapieverfahrens 3 .<br />
Die fMRT in der klinisch<br />
orientierten <strong>neurologisch</strong>en<br />
Forschung<br />
Im Gegensatz zur Grundlagenforschung an<br />
Gruppen von ProbandInnen, wie sie etwa federführend<br />
seitens der Neuropsychologie intensiv,<br />
erfolgreich und durchaus erkenntnisbringend<br />
betrieben wird, stellt der Einsatz<br />
der fMRT in der klinisch orientierten <strong>neurologisch</strong>en<br />
Forschung an PatientInnen darüber<br />
hinausgehende spezielle Anforderungen. Zu<br />
diesen zählen auf Verhaltensebene kognitive,<br />
sensorische oder motorische Beeinträchtigungen,<br />
welche die Freiheitsgrade im Hinblick<br />
auf einsetzbare Untersuchungsdesigns (fMRT-<br />
Paradigmen) limitieren, weiters konfundierende<br />
Effekte zentral wirksamer Medikamente<br />
(z. B. Antidepressiva), aber auch vaskuläre<br />
Faktoren (diffuse mikroangiopathische Marklagerveränderungen,<br />
Gefäßstenosen) auf zugrundeliegende<br />
Änderungen im fMRT-Signal,<br />
und zu guter Letzt hirnmorphologische Veränderungen,<br />
die Standardzugänge in der<br />
Analyse erschweren, um nur einige zu nennen.<br />
Diese Faktoren erklären sehr wahrscheinlich<br />
(neben der oftmals fehlenden Standardisierung<br />
der eingesetzten Untersuchungsprotokolle)<br />
im Verein mit der Heterogenität der<br />
Pathologien auch die zum Teil fehlende Reproduzierbarkeit<br />
von Einzelstudien. Dass derartige<br />
Probleme bei entsprechender Expertise<br />
und Sorgfalt auch auf Einzelfallebene unter<br />
hochkomplexen Bedingungen beherrschbar<br />
werden, belegen die im vorigen Abschnitt<br />
erörterten Fälle eindrucksvoll.<br />
In der Bemühung, auch subtilere Effekte mit<br />
möglicher Störpotenz auf die Stabilität relevanter<br />
fMRT-Befunde herauszufiltern, kann<br />
nunmehr auf Fortschritte in der Analytik größerer<br />
Stichproben vor dem Hintergrund verbesserter<br />
Rechnerleistungen zurückgegriffen<br />
werden. Damit werden nun auch gepoolte<br />
Analysen an über 100 Personen möglich. (Das<br />
entspricht etwa 100-mal 180 funktioneller Volumina<br />
= 360.000 Bildschichten, entsprechend<br />
insgesamt 3,6 Milliarden Volumenelementen<br />
auf erster gemeinsamer Analysestufe.)<br />
Untersucht wurden Normalpersonen über<br />
eine Alterspanne von 18–85 Jahren, um potenzielle<br />
Effekte von Alter und Lateralität auf<br />
56
die neuronalen Korrelate von Fußbewegungen<br />
zu erfassen. In einer sog. GINGER-ALE-<br />
Metaanalyse (Abb. 4), zeigten sich keine<br />
signifikanten Unterschiede hinsichtlich der<br />
Aktivierungslokalisationen bei isolierter Bewegung<br />
des dominanten und nichtdominanten<br />
Fußes und auch keine signifikanten Alterseffekte.<br />
Klar erkennbar sind Spitzenaktivierungen<br />
im primär sensomotorischen<br />
Kortex (M1) kontralateral zur Fußbewegung<br />
mantelkantennahe sowie der sekundär sensorischen<br />
Kortices bilateral (S2) und im Kleinhirn<br />
ipsilateral.<br />
Dynamik der<br />
Aktivierungsänderungen<br />
Die Dynamik der funktionellen zerebralen Aktivierungsänderungen,<br />
„spontan“ im Verlauf<br />
eines Heilungsprozesses nach erworbener<br />
Hirnschädigung oder „induziert“<br />
nach bestimmten Interventionen,<br />
kann aufgrund der hohen Sensitivität<br />
der fMRT aber auch genützt<br />
werden, um Einblicke in zentrale<br />
Mechanismen der funktionellen<br />
Wiederherstellung zu generieren,<br />
oder um Konzepte zu den Effekten<br />
von Interventionen (Training, Medikamente)<br />
auch in kleineren Gruppen<br />
von Individuen zu prüfen (sog.<br />
„Proof-of-concept“-Studien). Dieser<br />
Punkt soll anhand zweier Beispiele<br />
unterschiedlicher <strong>neurologisch</strong>er Erkrankungen<br />
illustriert werden: Zum<br />
einen beim Schlaganfall – als Modellerkrankung<br />
für fokale Gewebsschädigung<br />
an strategischer Loka -<br />
lisation – und zum anderen bei<br />
multipler Sklerose (MS), als Modellerkrankung<br />
für chronische Akkumulation<br />
multilokulärer Gewebsalterationen<br />
unterschiedlichen Destruk -<br />
tionsgrades in verschiedenen<br />
Kompartimenten.<br />
Beispiel Schlaganfall: So sind etwa<br />
die zentralen Mechanismen, die der<br />
erfolgreichen motorischen Rehabilitation<br />
nach einem Schlaganfall zugrunde<br />
liegen, bislang nur unzureichend<br />
bekannt. Vertiefende Einbli -<br />
cke in die pathophysiologischen<br />
Abb. 5: PatientInnen mit Gangstörung infolge<br />
eines subkortikal ischämischen Infarkts im<br />
chronischen Stadium: fMRT vor und nach einem<br />
4-wöchigen Training auf einem Laufband mit<br />
partieller Antigravitation<br />
Funktionsgewinn im Sinne erhöhter Gehgeschwindigkeit korrelierte<br />
mit Aktivierungssteigerungen im primären Sensorimotorkortex<br />
beidseits, in cingulären motorischen Arealen sowie in den<br />
Stammganglien Quelle: Enzinger et al., 2009 4<br />
Grundlagen funktioneller Wiederherstellung<br />
nach Schädigung des Gehirns können rein<br />
auf Basis klinischer Untersuchungen und Skalen<br />
nicht erwartet werden. Dies limitiert wiederum<br />
die Entwicklung neurobiologisch fundierter,<br />
neuartiger Ansätze zur Neurorehabilitation.<br />
Im Versuch, die limitierte Datenlage<br />
zu den neuralen Korrelaten funktioneller<br />
Fortschritte nach aufgabenorientiertem Training<br />
der unteren Extremitäten zu verbessern,<br />
wurden PatientInnen mit Gangstörung infolge<br />
eines subkortikal ischämischen Infarkts im<br />
chronischen Stadium nach definiertem Protokoll<br />
einem vierwöchigen Training auf einem<br />
Laufband mit partieller Antigravitation sowie<br />
fMRT vorher und nachher unterzogen 4 .<br />
Funktionsgewinn im Sinne erhöhter Gehgeschwindigkeit<br />
korrelierte hierbei mit Aktivierungssteigerungen<br />
im primären Sensorimotorkortex<br />
beidseits, in cingulären motorischen<br />
Arealen sowie in den Stammganglien (Abb. 5).<br />
Dieser Befund belegt – neben der starken<br />
Beteiligung subkortikaler Strukturen an der<br />
zentralen Kontrolle des Gehens – trainings -<br />
induzierte kortikale Aktivierungsänderungen.<br />
Diese Befunde visualisieren Effekte der Neurorehabilitation<br />
und ermutigen zu intensiver<br />
Suche nach Möglichkeiten, derartige<br />
Pro zesse gezielt zu fördern.<br />
Beispiel MS: Unter Berücksichtigung der<br />
oben geäußerten konzeptuellen Unterschiede<br />
zeigen sich demgegenüber bei MS in Abhängigkeit<br />
vom Erkrankungsstadium weiter<br />
reichende Netzwerkaktivierungen, etwa in<br />
Reaktion auf kognitive Anforderungen 5 . In<br />
einem „Go-/No-go“-Paradigma ließen<br />
sich zunehmende Abweichungen vom<br />
Aktivierungsmuster der Kontrollen mit<br />
Progression der Erkrankung beobachten<br />
(s. a. <strong>neurologisch</strong> 3/11, Schwerpunktthema<br />
MS).<br />
PatientInnen benötigten im Allgemeinen<br />
bereits bei leichteren kognitiven<br />
Aufgaben mehr neuronale Ressourcen<br />
als Kontrollen. MS-PatientInnen mit<br />
schubförmigem Verlauf wiesen zudem<br />
weitere Mehraktivierungen auf (im Precuneus,<br />
parietal und im rechten Gyrus<br />
fusiformus) und konnten auch den Hippocampus<br />
bei zunehmender Komplexität<br />
der Aufgabe rekrutieren. Patientinnen<br />
mit sekundär-progredienter MS<br />
wiederum wiesen die funktionell profundesten<br />
Störungen auf und aktivierten<br />
auch Areale außerhalb des bei Gesunden<br />
charakterisierten Netzwerks. In<br />
dieser Gruppe wurde auch der Verlust<br />
der Fähigkeit beobachtet, mit zunehmender<br />
Aufgabenschwierigkeit zusätzliche<br />
Hirnareale zur Bewältigung der<br />
Aufgabe heranzuziehen, was als möglicher<br />
Ausdruck reduzierter neuronaler<br />
Reserve interpretiert werden kann. Dies<br />
belegt adaptive Änderungen neuronaler<br />
Aktivierung mit Progression der MS,<br />
mit zumindest anfänglich kompensatorischer<br />
Natur.<br />
Inwieweit diese Erkenntnisse zukünftig<br />
klinisch auch am einzelnen Patienten u<br />
57
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 6: Multimodale Anwendung der MRT<br />
(A) Morphologie: strategisch lokalisierter Kapselinfarkt; (B) Behaviouraler Output: fMRT-Paradigma;<br />
(C) Feinstruktur: Traktographie; (D) Funktion: fMRT-Aktivierung bei Bewegungen des unversehrten<br />
und paretischen Fußes.<br />
Quelle: Enzinger & Langkammer<br />
genutzt werden können, ist derzeit nicht absehbar.<br />
Das übergeordnete Forschungsziel<br />
liegt jedoch darin, zuerst die Mechanismen<br />
der funktionellen Wiederherstellung nach<br />
Schädigungen des ZNS näher zu ergründen.<br />
In einem weiteren Schritt sollten dann neurobiologisch<br />
fundierte Trainingstechniken<br />
sowie neue Therapieansätze zur Förderung<br />
neuronaler Plastizität und Reparatur definiert<br />
werden. In Zukunft könnte es schließlich<br />
möglich sein, die fMRT überdies zur Beurteilung<br />
der individuellen Erfolgschancen einer<br />
Behandlung, aber auch für Aussagen zu<br />
deren optimaler Intensität und Dauer heranzuziehen.<br />
Grenzen der Methode<br />
Neben den oben dargestellten Vorzügen<br />
der fMRT muss darauf hingewiesen werden,<br />
dass die klinische Anwendung der Methode<br />
nach wie vor sehr aufwändig und<br />
komplex ist und daher spezielle Expertise<br />
erfordert. Um klinisch valide Befunde erstellen<br />
zu können, sind zahlreiche Faktoren<br />
zu berücksichtigen. Einerseits hängt das<br />
funktionelle Ergebnis von patientengerechter<br />
Aufgabenauswahl und guter Patientenkooperation<br />
ab. Andererseits muss die<br />
technische Datenqualität adäquat sein und<br />
die Vielzahl möglicher Artefakte berücksichtigt<br />
werden. Im Bereich der Datenauswertung<br />
existiert eine Fülle von Methoden,<br />
deren Vor- und Nachteile von der klinischen<br />
Arbeitsgruppe gut gekannt werden sollten,<br />
damit sie optimiert eingesetzt werden können.<br />
Wichtig ist auch zu berücksichtigen, dass das<br />
klassische fMRT-Signal (BOLD-Signal) einerseits<br />
nur den venösen Schenkel aktiver Hirnregionen<br />
erfasst und andererseits nicht direkt<br />
neuronale Aktivität, sondern vielmehr eine<br />
Änderung der lokalen Sauerstoffkonzentration<br />
darstellt. Das Signal ist daher von der neurovaskulären<br />
Kopplung und dem Zustand des<br />
Gefäßsystems abhängig. Auch die Signalinterpretation<br />
ist nicht immer einfach, da „lokale<br />
Hirnaktivität“ unterschiedliche neuronale<br />
Aktivität repräsentieren kann (erregende<br />
Aktivität, hemmende Aktivität, unterschwellige<br />
lokale Aktivität, Top-down-Modulation,<br />
Bottom-up-Modulation).<br />
Im Gegensatz zu neurowissenschaftlichen<br />
Studien, bei denen Gruppen von Versuchspersonen<br />
unter Laborbedingungen untersucht<br />
werden, wird die prächirurgische fMRT<br />
immer an einzelnen PatientInnen mit dem<br />
Ziel einer individuellen „neurofunktionellen<br />
MR-Diagnose“ durchgeführt. Daher müssen<br />
klinisch erprobte Paradigmen zum Einsatz<br />
kommen und die Daten standardisiert gemessen,<br />
verarbeitet und ausgewertet werden,<br />
was mit erheblichem Aufwand verbunden<br />
ist.<br />
Insbesondere auf die Standardisierung der<br />
fMRT wird in Zukunft noch vermehrt Aufmerksamkeit<br />
gelegt werden müssen. In diese<br />
Richtung gehen auch Bemühungen der<br />
Österreichischen <strong>Gesellschaft</strong> für fMRT<br />
(ÖGfMRT), die in multizentrischen Studien<br />
demonstrieren konnte, dass zentrumsspezifische<br />
Effekte beherrschbar sind. Daran knüpft<br />
sich die Hoffnung, klinisch relevante Fragestellungen<br />
(wie etwa die Optimierung der Behandlung<br />
von Hirntumoren oder der Neurorehabilitation<br />
bei einem Schlaganfall) multizentrisch<br />
via Daten-Pooling und Rekrutierung<br />
hinreichend großer Kollektive (auch bei selteneren<br />
Erkrankungen oder eng definierten<br />
Gruppen) hinkünftig rascherer Beantwortung<br />
zuführen zu können.<br />
Ausblick – Trends und<br />
Zukunftsperspektiven<br />
Gegenwärtig zeigt sich ein Trend zu multimodaler<br />
Anwendung der MRT, unter Einbeziehung<br />
der Information aus struktureller<br />
MRT, Diffusions- und Perfusions-MRT, BOLDfMRT,<br />
MR-Spektroskopie und MR-Angiographie.<br />
Bereits jetzt praxisrelevant ist die Kombination<br />
von fMRT und DTI-Traktographie bei<br />
Hirntumoren, wodurch in einer Untersuchung<br />
funktionell relevante Aktivierungen,<br />
verbundene Faserzüge und deren Verdrängung<br />
durch die Expansion dargestellt werden<br />
können. Aus der Kombination dieser Methoden<br />
lassen sich wesentliche objektive Zusatzinformationen<br />
ableiten, wie Quantifizierung<br />
58
Abb. 8: Funktionelle Konnektivität in Relation zum<br />
anterioren Cingulum<br />
Abb. 7: Funktioneller Signalgewinn durch Ultra -<br />
hochfeld-MR-Systeme. Das 7-Tesla-MR-System<br />
zeigt eine deutlich höhere Sensitivität für fMRT-<br />
Aktivitäten als das 3-Tesla-System<br />
Quelle: Beisteiner et al., Neuroimage 2011<br />
(A) bei Gesunden und (B) bei MS-PatientInnen im „Ruhezustand“ des Gehirns.<br />
Zahlreiche Hirnareale zeigen sich miteinander funktionell verbunden. MS-<br />
PatientInnen (C) weisen erhöhte Konnektivität zur rechten Postzentralregion,<br />
dem linken Gyrus angularis und dem linken posterioren Cingulum auf.<br />
Quelle: Loitfelder et al., submitted<br />
von Gewebsschädigung, regionale Atrophie<br />
spezifischer Funktionssysteme, Rarefizierung<br />
oder Degeneration von Traktsystemen (Abb. 6).<br />
Hinsichtlich technischer Faktoren zeigt sich<br />
ein Trend, vermehrt Hochfeld-MR-Systeme<br />
einzusetzen (inkl. Ultrahochfeldsysteme > 3<br />
Tesla). Hiervon ist ein besseres Signal-zu-<br />
Rausch-Verhältnis zu erwarten, allerdings ist<br />
auch die Artefaktproblematik verstärkt. Eine<br />
erste klinische Vergleichsstudie zu möglichen<br />
Benefiten durch Ultrahochfeldsysteme hat<br />
Patientendaten von 3-Tesla- und 7-Tesla-Sys -<br />
temen verglichen und eine höhere Sensiti -<br />
vi tät für Hirnaktivitätsdarstellung durch das<br />
7-T-System erbracht (Abb. 7).<br />
Wesentliche technische Fortschritte sind auch<br />
durch den zunehmenden Einsatz von Mehrkanalspulen<br />
sowie die Verbesserung der<br />
Gerätehardware (bessere Magnetfeldhomogenität,<br />
schnellere Gradientenschaltzeiten)<br />
erkennbar. Bezüglich untersuchbarer Hirnfunktionen<br />
ist ein internationaler Entwicklungsschwerpunkt<br />
die Darstellung von Netzwerkverknüpfungen<br />
(Konnektivitätsana -<br />
lysen), wobei es möglich ist, auch die<br />
Veränderung von spontanen Hirnaktivitäten<br />
– welche ohne Aufgabenbelastung für die<br />
PatientInnen in Ruhe auftreten (Ruhenetzwerke)<br />
– künftig potenziell diagnostisch nutzbar<br />
zu machen (Abb. 8).<br />
Unter Verwendung dieser Techniken ist ein<br />
wesentliches Entwicklungsziel gegenwärtiger<br />
klinischer fMRT-Forschung, neue funktionelle<br />
Biomarker zu generieren, welche die Differenzialdiagnostik<br />
<strong>neurologisch</strong>er Erkrankungen<br />
und die Durchführung von Therapiebzw.<br />
Pharmakostudien erleichtern. Aktuelle<br />
Ergebnisse einer österreichischen multizentrischen<br />
Patientenstudie erlauben beispielsweise,<br />
die für multizentrische fMRT-Therapiestudien<br />
optimalen Stichprobengrößen erstmals<br />
relativ exakt abzuschätzen. Neben „singletrial<br />
fMRI“ mit paradigmenfreien Messungen<br />
ohne zeitliche und örtliche Vorannahmen und<br />
EMG-Korrelation zur exakten Erfassung der<br />
funktionellen Organisation von Motorik sind<br />
als weitere zukünftige Trends Neuro-Feedback<br />
über Echtzeit-fMRT und „PharmakofMRT“<br />
erkennbar.<br />
Die federführende Mitwirkung und teils Themenführerschaft<br />
von NeurologInnen in einem<br />
genuin interdisziplinären Forschungsnetzwerk<br />
sollte dabei garantieren, dass im Zentrum<br />
dieser Forschungsbemühungen stets<br />
das Individuum mit (drohendem oder bestehenden)<br />
Funktionsverlust durch Erkrankung<br />
des Nervensystems sowie die Suche nach<br />
Möglichkeiten zur verbesserten Behandlung<br />
klinisch relevanter Probleme stehen und<br />
damit ein klinischer Fokus erhalten bleibt. n<br />
1 Vortrag Prof. Rössler, Neurochirurgie, Universitäts -<br />
klinikum Erlangen, 11. Österr. fMRT-Symposium,<br />
10. 12. 2011 Wien).<br />
2 Rath J, Schmidhammer R, Steinkellner T, Klinger N,<br />
Geissler A, Beisteiner R, Evaluation of functional cortex<br />
for the diseased hand in a patient after hemispherectomy.<br />
Arch Neurol 2008; 65(12):1664–5.<br />
3 Beisteiner R, Höllinger I, Rath J, Wurnig M, Hilbert M,<br />
Klinger N, Geissler A, Fischmeister F, Wöber C, Klösch G,<br />
Millesi H, Grisold W, Auff E, Schmidhammer R, New<br />
type of cortical neuroplasticity after nerve repair in brachial<br />
plexus lesions. Arch Neurol 2011; 68(11):1467–70.<br />
4 Enzinger C, Dawes H, Johansen-Berg H, Wade D, Bogdanovic<br />
M, Collett J, Guy C, Kischka U, Ropele S, Fazekas<br />
F, Matthews PM, Brain activity changes associated<br />
with treadmill training after stroke. Stroke 2009 Jul;<br />
40(7):2460–7 .<br />
5 Loitfelder M, Fazekas F, Petrovic K, Fuchs S, Ropele S,<br />
Wallner-Blazek M, Jehna M, Aspeck E, Khalil M, Schmidt<br />
R, Neuper C, Enzinger C, Reorganization in cognitive<br />
networks with progression of multiple sclerosis: insights<br />
from fMRI. Neurology 2011; 76(6):526–33.<br />
Weitere Literatur bei den Verfassern<br />
Für Informationen zu österreichischen<br />
fMRT-Zentren sowie zur Methode siehe<br />
www.oegfmrt.org<br />
59
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Ultrahochfeld-MRT (7 Tesla) bei<br />
<strong>neurologisch</strong>en Fragestellungen<br />
und technische Weiterentwicklungen<br />
KONTEXT: Zurzeit stellen drei große MR-Firmen kommerzielle 7-Tesla-Magnet-Resonanz-(MR-)Geräte<br />
für die klinische Forschung bei geeigneter Ethikkommissionsbewilligung<br />
zur Verfügung. Während der letzten Jahre hat die Zahl an Installationen von MR-<br />
Geräten mit einer Feldstärke von 7 Tesla deutlich zugenommen und beträgt derzeit weltweit<br />
ca. 40 Geräte. Diese rasche Zunahme zeigt das zunehmende Interesse an<br />
Ultrahochfeld-MR, das sowohl durch verbesserte Ergebnisse hinsichtlich morphologischer<br />
Darstellbarkeit als auch durch die Möglichkeit funktioneller und metabolisch-verbesserter<br />
Bildgebung bedingt ist.<br />
Da das Signal-zu-Rausch-Verhältnis linear mit der Feldstärke zunimmt, war die erste offensichtliche<br />
Anwendung der erhöhten Empfindlichkeit auf 7 Tesla eine höhere örtliche<br />
Auflösung im Gehirn. Von besonderem klinischem Interesse für Neuroapplikationen ist<br />
die Darstellung der verschiedenen Schichten des zerebralen Kortex, die auf 7 Tesla auf<br />
Grund des verbesserten Signal-zu-Rausch-Verhältnisses, des Kontrast-zu-Rausch-Verhältnisses<br />
und der örtlichen Auflösung erreicht werden, nicht jedoch bei niedrigeren Feldstärken.<br />
Auf 7 Tesla kann eine örtliche Auflösung in der Ebene von 100–200 Mikrometer<br />
erreicht werden, und diese Verbesserung kann z. B. im Nachweis von Veränderungen der<br />
kortikalen Strukturen als erste Zeichen einer frühen Demenz sowie in der Darstellung von<br />
kleinen Läsionen, Vaskularisation und Myelin-Pathologie in der frühen Phase der multiplen<br />
Sklerose weiter helfen.<br />
Eine weitere Struktur von Interesse ist der Hippocampus, der bisher bei Standard-Feldstärken<br />
auf Grund der kleinen Größe und der heterogenen Struktur eine besondere Herausforderung<br />
darstellt. Die hoch auflösende Darstellung des Hippocampus ist ohne wesentliche<br />
Artefakte mit Sequenzen wie protonengewichteten T2 und T2* möglich, aber<br />
auch mit T1-gewichteten 3-D-Gradientenechosequenzen mit einer isotropen Auflösung<br />
von 0,5 mm Voxelgröße. Sogar Subeinheiten der internen hippocampalen Anatomie können<br />
mit ausgezeichneter Auflösung sichtbar gemacht werden, was die Suche nach klinischen<br />
Anwendungen stark gefördert hat.<br />
Die kryptogene Epilepsie z. B bleibt weiterhin ein ungelöstes Problem. Bei diesen PatientInnen<br />
kann auf MRT-Geräten mit einer Feldstärke von bis zu 3 Tesla keine strukturelle<br />
Abnormität gesehen werden. Die höhere Auflösung auf 7 Tesla erscheint vorteilhaft und<br />
wird derzeit intensiv untersucht. Erste Untersuchungen werden derzeit an PatientInnen<br />
mit bekannter mesialer Sklerose durchgeführt. Darüber hinaus sind auch die mit Demenz<br />
vom Alzheimer-Typ assoziierten Veränderungen des Hippocampus von hohem Interesse.<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Siegfried Trattnig<br />
Universitätsklinik<br />
für Radiodiagnostik,<br />
Medizinische<br />
Universität Wien<br />
Assoz.-Prof. DI<br />
Dr. Stefan Ropele<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische<br />
Universität Graz<br />
machen. Solche Hämosiderinablagerungen<br />
können mit Blutungen innerhalb von Tumoren<br />
oder Metastasen assoziiert sein. Die Darstellung<br />
von venösen Gefäßen auch kleinster<br />
Hirnvenen im Marklager ist durch SWI möglich.<br />
Das kann bei der Beurteilung der vaskulären<br />
Verteilung und einer möglichen Neovaskularisation<br />
bei primären Hirntumoren<br />
hilfreich sein. Gliome können bereits mit<br />
kommerziellen Feldstärken-MRT gut dargestellt<br />
werden. Die verbesserte Repräsentation<br />
der gefäßreichen Areale kann relevant sein,<br />
denn diese Areale sind hinweisend auf eine<br />
höhere Malignität innerhalb des Tumors.<br />
Eine gezieltere Bestimmung der Zielregion für<br />
die stereotaktische Biopsie kann ebenfalls ermöglicht<br />
werden. Gemeinsam mit der MR-<br />
Spektroskopie für die metabolische Darstellung<br />
ist die Visualisierung von vermehrten<br />
Tumorgefäßen eine weitere Komponente in<br />
der Abklärung der Malignität von primären<br />
Hirntumoren.<br />
Maligne Hirntumoren<br />
Die signifikant erhöhte Sensitivität des 7-<br />
Tesla-MRT ist von entscheidendem Vorteil für<br />
die Diagnose von verschiedenen Tumorentitäten.<br />
Die erhöhte Empfindlichkeit bei Suszeptibilitätsartekfakten<br />
erlaubt es mittels spezieller<br />
Techniken wie suszeptibilitätsgewichteter<br />
Bildgebung (SWI), Hämosiderin mit<br />
hoher Empfindlichkeit im Gehirn sichtbar zu<br />
Mikroangiopathische<br />
Veränderungen<br />
Das Ultrahochfeld ist für die Diagnose von<br />
mikroangiopathischen Veränderungen im<br />
Gehirn prinzipiell nicht notwendig. Im Falle<br />
von solchen mikroangiopathischen Veränderungen<br />
der weißen Hirnsubstanz sind jedoch<br />
die T2*-gewichteten oder SWI-Sequenzen in<br />
der klinischen Aufarbeitung sehr hilfreich.<br />
60
Abb. 1: T1-3D-GRE-Sequenz (MP-RAGE) auf 7 Tesla zeigt die Hirnarterien<br />
ohne KM signalreich<br />
Diese Sequenzen sind besonders empfindlich<br />
auf Suszeptibilitätsartefakte, die durch Hämosiderinablagerungen<br />
im Gehirngewebe<br />
verursacht werden. Dies erlaubt die Identifizierung<br />
von Mikroblutungen im Gehirn, die<br />
bei PatientInnen mit Mikroangiopathie auftreten<br />
können, auch wenn die mikroangiopathischen<br />
Veränderungen selbst nicht sehr<br />
ausgeprägt sind.<br />
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass<br />
eine Korrelation zwischen der Zahl der Mikroblutungen<br />
und dem Ausmaß von kognitiven<br />
Defiziten besteht. Darüber hinaus müssen<br />
bei PatientInnen mit Mikroblutungen sekundäre<br />
Präventionsmaßnahmen mit<br />
Antikoagulantien neu überlegt werden. Mit<br />
der Hilfe der höheren Feldstärke auf 7 Tesla<br />
kann die Nachweisrate für Mikroblutungen<br />
signifikant verbessert werden. Wenn viele Mikroblutungen<br />
bereits auf 1,5 oder auf 3 Tesla<br />
sichtbar sind, benötigt der/die PatientIn keine<br />
7-Tesla-MRT-Untersuchung, wenn aber eine<br />
Antikoagulantien-Therapie geplant ist, bei<br />
bekannter Mikroangiopathie und oft gleichzeitig<br />
existierender kardiovaskulärer Pathologie,<br />
so muss ausgeschlossen sein, dass eine<br />
Mikroblutung existiert, damit die prophylaktische<br />
Therapie so individuell angepasst werden<br />
kann, dass große intrazerebrale Blutungen<br />
verhindert werden. In diesen Fällen ist<br />
aufgrund der empfindlicheren Detektionsmöglichkeit<br />
die SWI-Sequenz zusätzlich zu<br />
machen, da sie wichtig und hilfreich für das<br />
weitere Prozedere ist.<br />
Multiple Sklerose<br />
Im Kontext des ersten Auftretens von klinischen<br />
Symptomen muss die MRT oft die Verdachtsdiagnose<br />
einer multiplen Sklerose bestätigen.<br />
Einige Läsionen können jedoch nicht<br />
oder nur sehr schlecht mittels einer 1,5- und<br />
3-Tesla-MR-Untersuchung detektiert werden.<br />
Das ist dann von Bedeutung, wenn es die<br />
einzige Läsion des/der Patienten/-in ist.<br />
Insbesondere kortikale Läsionen sind oft<br />
schwer zu detektieren. Die Bildgebung auf 7<br />
Tesla mit erhöhter Auflösung kann in dieser<br />
Beziehung erfolgreich sein. Zudem können<br />
die anatomischen Strukturen innerhalb der<br />
Plaques beinahe mikroskopisch sichtbar gemacht<br />
werden. Die typische Lokalisation von<br />
Plaques und kleiner Marklagervenen kann<br />
mittels SWI-Sequenz deutlich dargestellt werden.<br />
Dies hilft in der zusätzlichen radiologischen<br />
Differenzialdiagnose zwischen MS-Läsionen<br />
und Mikroangiopathien der weißen<br />
Substanz.<br />
Mittels SWI können auch kleine Venen und<br />
auch Eisenablagerungen innerhalb der<br />
Plaques dargestellt werden. Die Darstellung<br />
von Eisenakkumulationen in den MS-Plaques<br />
gewinnt insofern immer mehr Bedeutung, als<br />
– wie kürzlich dargestellt – in der Pathogenese<br />
der MS freies Eisen ein möglicher Trigger<br />
für eine Freie-Radikalen-Bildung mit konsekutiver<br />
mitochondrialer Schädigung sein<br />
dürfte und somit der inflammatorische Prozess<br />
immer wieder angeheizt wird.<br />
Angiographie<br />
Mit zunehmender Feldstärke werden die T1-<br />
Relaxationszeiten länger, was für spezielle<br />
MR-Angiographietechniken wie die „Time of<br />
flight“-Methode (TOF-Methode) von Vorteil<br />
ist. In Kombination mit der viel höheren örtlichen<br />
Auflösung können viel feinere Gefäß- u<br />
Abb. 2: SWI auf 7 Tesla zeigt die Neoangiogenese bei malignen Hirntumoren<br />
61
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Abb. 3: FLAIR-SWI und Phasenbilder auf 7 Tesla zeigen Venen und<br />
Eisenablagerungen (rote Pfeile) auf einem MS-Plaque<br />
aufzweigungen bildgebend erreicht werden.<br />
Mit dieser Technik ist es nun möglich, sehr<br />
kleine Blutgefäße wie die lentikulostriatalen<br />
Arterien darzustellen. Auch die perforierenden<br />
Arterien mit dem Ursprung aus der Arteria<br />
communicans posterior können mittels<br />
7 Tesla sichtbar gemacht werden.<br />
Neben den verschiedenen angiographischen<br />
Techniken kann auch die MP-RAGE-Sequenz<br />
auf 7 Tesla genützt werden, um die intra -<br />
kraniellen Gefäße sichtbar zu machen. MP-<br />
RAGE-Sequenz ist eigentlich eine Standard-<br />
T1-gewichtete 3-D-Gradientenechosequenz,<br />
die für die stark T1-betonte Bildgebung des<br />
Gehirns verwendet wird. Mittels dieser Technik<br />
ergeben sich im Unterschied zu den Standard-Feldstärken-MRT<br />
neue Möglichkeiten in<br />
der Diagnose von intrakraniellen vaskulären<br />
Veränderungen, da einerseits die Hirngefäße,<br />
auch die kleineren Hirnarterien, ohne Kontrastmittel<br />
bereits hyperintens imponieren,<br />
andererseits die perivaskulären Strukturen<br />
gut dargestellt und auf den Rohdatenbildern<br />
evaluiert werden können.<br />
Klinisch-funktionelles MRI<br />
FLAIR SWI 7T<br />
MR-Imaging. Der BOLD-Effekt („Blood Oxygenation<br />
Level Dependent“-Effekt) nimmt<br />
mit zunehmender Feldstärke deutlich zu, da<br />
dieser einerseits von dem höheren Signal-zu-<br />
Rausch-Verhältnis und andererseits von der<br />
höheren Suszeptibilitätsempfindlichkeit auf<br />
7 Tesla profitieren. Dies ermöglicht es unter<br />
anderem, fMRI für die Untersuchung von individuellen<br />
Ereignissen einzusetzen, ohne die<br />
Notwendigkeit wiederholter aktiver Stimuli<br />
im Vergleich zum Ruhezustand, was völlig<br />
neue Paradigmen ermöglicht.<br />
Darüber hinaus ist eine signifikant verbesserte<br />
örtliche Auflösung möglich, so dass Aktivierungsareale<br />
in Millimeterauflösung repräsentiert<br />
werden können. Auf Grund der erhöhten<br />
BOLD-Sensitivität sind Aktivierungsmaps<br />
einzelner PatientInnen mit einer mehr spezifischen,<br />
funktionalen Diagnose möglich.<br />
Die häufigste klinische Anwendung von fMRI<br />
ist üblicherweise die Repräsentation der kritischen<br />
Hirnareale vor einer Tumorresektion.<br />
Typischerweise betrifft dies motorische und<br />
linguistische Paradigmen, die auf 7 Tesla ähnlich<br />
zu niedrigen Feldstärken eingesetzt werden<br />
können.<br />
Der Erfolg des fMRI kann auf 7 Tesla deutlich<br />
höher sein, besonders bei TumorpatientInnen,<br />
da hier das erhöhte Signal eine gute<br />
Aktivitätsbeurteilung selbst bei eingeschränkter<br />
Patientencompliance ermöglicht.<br />
In einer aktuellen Studie an 17 TumorpatientInnen,<br />
die für eine präoperative Lokalisation<br />
des primären motorischen Handareals durchgeführt<br />
wurde, zeigte der Vergleich zwischen<br />
3- und 7-Tesla-Ergebnissen, die mit identischem<br />
Untersuchungsprotokoll und vergleichbarer<br />
auf das jeweilige System optimierter<br />
Suszeptibilitätssequenz durchgeführt<br />
wurden, dass eine signifikant höhere funktionelle<br />
Sensitivität auf 7 Tesla erreicht wurde,<br />
die sich in mehreren Parametern widerspiegelte,<br />
wie z. B. die Prozentsignaländerung,<br />
die mittleren T-Werte und die Kontrast-zu-<br />
Rausch-Verhältnisse.<br />
Gehirnmetabolismus<br />
Obwohl die Protonen-MR-Spektroskopie auf<br />
1,5 Tesla durch die FDA (amerikanische Arzneimittelbehörde)<br />
vor vielen Jahren bewilligt<br />
wurde, hat sie immer noch keine weite kli-<br />
Abb. 4: Funktionelle MRT bei Handbewegung auf der rechten Seite<br />
Großer, linksparietaler Tumor unmittelbar neben dem sensomotorischen Hirnareal:<br />
7T-Aktivitäten sind signifikant intensiver auf 7T im Vergleich zu 3 Tesla<br />
Mit der zunehmenden Feldstärke der vorhandenen<br />
MRT gewinnt die funktionelle MRI<br />
immer mehr an Bedeutung im kognitiven<br />
7T 3T 7T > 3T<br />
62
nische Anwendung gefunden. 3-Tesla-MRT<br />
hat deutlich geholfen, die Sensitivität und<br />
Spezifität der Protonenspektroskopie zu verbessern.<br />
Die drei wichtigen Metaboliten im Gehirn –<br />
nämlich N-Acetylaspartat, totales<br />
Kreatin und Cholinkomponenten –<br />
sind verlässlich zugänglich, während<br />
andere wichtige Metaboliten wie<br />
myo-Inositol starke Überlappungen<br />
mit anderen Metaboliten zeigen und<br />
die Aminosäuren Glutamin und<br />
Glutamat nicht gut getrennt und<br />
daher als Glutamin-Glutamat-Komplex<br />
summiert werden müssen, was<br />
die Spezifität deutlich limitiert. Darüber<br />
hinaus sind GABA- und der<br />
Glukosenachweis, aber vor allem<br />
deren Quantifizierung, deutlich eingeschränkt.<br />
Hier liefert 7 Tesla einen<br />
Extra-Anteil an Sensitivität und spektraler<br />
Auflösung, um die Spezifität<br />
in beiden Richtungen anatomisch<br />
(kleinere Voxelgröße) und spektral<br />
(die Distanz zwischen den Spitzen<br />
auf der Frequenzachse) zu erhöhen.<br />
Pathologische Veränderungen sind<br />
oft über größere Areale des Gehirns<br />
verbreitet, und deshalb ist die spektroskopische<br />
Bildgebung (metabolisches<br />
Imaging) hilfreicher bei der<br />
Diagnose.<br />
Obwohl die Protonen-MR-Spektroskopie<br />
des Gehirns auf Ultrahochfeld<br />
eine der viel versprechenden Methoden<br />
in der Erfassung pathologischer<br />
Veränderungen des Hirngewebes ist,<br />
sind mehrere technische Herausforderungen<br />
zu überwinden. So konnte<br />
gezeigt werden, dass ein verbessertes<br />
Shimming in höherer Ordnung des<br />
Gehirns bei 7 Tesla zu einer deutlichen<br />
Verbesserung der Homogenität führt<br />
und besonders funktionelle (EPI) und<br />
spektroskopische (MRSI) Messungen<br />
verbessert.<br />
Einige Gruppen haben auch die Unterdrückung<br />
des subkutanen Fettsignals<br />
verbessert, während andere<br />
den Nachweis spezifischer Aminosäuren<br />
optimiert haben; zum Beispiel<br />
Glutamin und Glutamat, die in<br />
der Epilepsie von Bedeutung sind. Aber auch<br />
Taurin und GABA können direkt mittels Protonen-MR-Spektroskopie<br />
auf 7 Tesla nachgewiesen<br />
werden, und sogar Glycin wird sichtbar.<br />
Hohe örtliche Auflösung: Mittels einer<br />
kürzlich entwickelten Methode auf Basis des<br />
freien Induktionsabfalls mit einer optimierten<br />
Suppression des äußeren Volumens konnte<br />
eine hoch auflösende metabolische Bild- u
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
gebung des Gehirns in klinisch akzeptablen<br />
Untersuchungszeiten erreicht werden.<br />
Diese hohe örtliche Auflösung führt zu metabolischen<br />
Bildern mit einer exzellenten<br />
Trennung von grauer und weißer Substanz<br />
im Gehirn mit einer hohen Empfindlichkeit<br />
auf Grund von ultrakurzen Echozeiten. Diese<br />
hohe örtliche Auflösung reduziert signifikant<br />
die Kontamination zwischen Voxeln, die in<br />
verschiedenen Gewebetypen lokalisiert sind,<br />
reduziert die Linienbreite und erlaubt eine<br />
volle Trennung von Glutamin und Glutamat.<br />
Daraus ergeben sich neue klinische Anwendungsmöglichkeiten<br />
der Protonen MR-Spektroskopie<br />
in der besseren Abgrenzung von<br />
Hirntumoren, in der Detektion von epileptogenen<br />
Herden und in einer verbesserten metabolischen<br />
Bildgebung von MS-Plaques.<br />
Limitationen<br />
und technische Weiterentwicklungen<br />
Die Ultrahochfeld-MRT stellt nicht eine lineare<br />
Weiterentwicklung der MRT-Technologie<br />
dar. Ein großes Problem dabei sind die Hochfrequenzfelder<br />
(HF-Felder) für die Anregung<br />
der Kernspins, die linear mit der Feldstärke<br />
zunehmen. Eine höhere Frequenz führt zu<br />
einer kürzeren Wellenlänge, was bei 7 Tesla<br />
in einer Wellenlänge in der Größenordnung<br />
von Organen resultiert. Diese Wellenphänomene<br />
führen zu ungleicher Anregung und<br />
inhomogenem Empfang und können in weiterer<br />
Folge zu sehr starken Signalintensitätsschwankungen<br />
im MRT-Bild führen.<br />
Gleichzeitig bewirkt die Hochfrequenzstrahlung<br />
eine nicht zu vernachlässigende Gewebeerwärmung,<br />
welche die korrespondierende<br />
spezifische Absorptionsrate (SAR) von 4 W/kg<br />
Körpergewicht nicht überschreiten darf. Das<br />
bedeutet auch, dass Pulssequenzen von 1,5<br />
Tesla oder 3 Tesla nicht einfach auf 7 Tesla<br />
portiert werden können, insbesondere wenn<br />
es sich um Spinecho oder Turbospinechosequenzen<br />
handelt, also Sequenzen, die eine<br />
hohe Dichte von energiereichen HF-Pulse anwenden.<br />
Ähnliche Überlegungen gelten für<br />
Fettsättigungspulse und Magnetisierungstransfer-Sequenzen.<br />
Die SAR-Problematik<br />
verhindert auch die Anwendung eines bei<br />
3 Tesla üblichen HF-Körperresonators. Zur<br />
Reduktion der SAR werden üblicherweise<br />
lokale Spulen zur Anregung verwendet.<br />
„Transmit Sense“: Die technologische Gegenstrategie<br />
im Kampf mit den Wellenphänomenen<br />
lautet derzeit „Transmit Sense“.<br />
Dabei wird der Anregungsvorgang anstelle<br />
mit einer Spule gleichzeitig mit mehreren kleineren<br />
HF-Spulen durchgeführt. Die Vorteile<br />
sind eine bessere räumliche Abgrenzung, ein<br />
homogeneres Anregungsfeld und eine durch<br />
die kürzere Anregungsdauer niedrigere SAR.<br />
Auch wenn Transmit Sense oft noch mit nur<br />
2 Kanälen durchgeführt wird, wird darin eine<br />
Schlüsseltechnologie gesehen, mit der man<br />
zukünftig wahrscheinlich die Hochfrequenzproblematik<br />
in den Griff bekommen wird.<br />
Ein weiterer Aspekt der Hochfeld-MRT ist die<br />
Feldstärkeabhängigkeit der Relaxationszeiten.<br />
Während sich die transversale Relaxationszeit<br />
T2 geringfügig verkürzt, kommt es<br />
zu einer signifikanten Zunahme der T1-Relaxationszeit<br />
mit zunehmender Feldstärke. Das<br />
bedeutet, dass Scanprotokolle von 1,5 Tesla<br />
oder 3 Tesla nicht direkt portiert werden können,<br />
weil sich neben den SAR-Limitationen<br />
auch der Bildkontrast fundamental ändert.<br />
T1-gewichtete Sequenzen werden daher ausschließlich<br />
als Gradientenecho ausgeführt,<br />
weil dieses eine kürzere Aufnahmezeit und<br />
eine geringere SAR erlaubt.<br />
Künftiger klinischer Einsatz: Während die<br />
Ultrahochfeld-MRT noch weitestgehend ein<br />
experimentelles Dasein fristet, zeichnet sich<br />
sowohl von der Herstellerseite als auch von<br />
der Anwenderseite in naher Zukunft ein klinischer<br />
Einsatz dieser Technologie ab. Die Geschwindigkeit<br />
der weiteren Entwicklungen<br />
wird aber maßgeblich von der Preisentwicklung,<br />
der Problematik der Feldabschirmung<br />
und dem Aspekt der Patientensicherheit bestimmt<br />
werden. Des Weiteren wird sie auch<br />
davon abhängen, welche Bereiche von neuen<br />
und verbesserten Applikationen profitieren<br />
werden können. Hier ist der neuroradiologische<br />
Bereich gut positioniert und wird sicherlich<br />
von diesen Entwicklungen stark profitieren<br />
können.<br />
Die derzeit installierten 7-Tesla-Geräte haben<br />
fast ausschließlich eine passive Eisenabschirmung,<br />
um das den Magneten umgebende<br />
Streufeld abzuschwächen. Diese besteht üblicherweise<br />
aus über 100 Tonnen Eisen, was<br />
wiederum auf Grund des Gewichts teure<br />
baustatische Maßnahmen erfordert. In einem<br />
weiteren Entwicklungsschritt haben nun einige<br />
Gerätehersteller schon begonnen, aktiv<br />
geschirmte Magnete zu entwickeln, die nur<br />
noch eine geringe Eisenabschirmung benötigen.<br />
Es ist absehbar, dass diese Maßnahme<br />
zu geringeren Installationskosten führen wird<br />
und gleichzeitig mit neuen Entwicklungen im<br />
Bereich HF-Technologie den Einsatz in einem<br />
klinisch/radiologischen Umfeld erleichtern<br />
wird.<br />
Resümee<br />
Ultrahochfeld-MR auf 7 Tesla erlaubt auf<br />
Grund des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses<br />
morphologisch eine höhere örtliche Auflösung<br />
des Gehirns innerhalb von klinisch akzeptablen<br />
Messzeiten. Darüber hinaus kann<br />
der BOLD-Effekt sowohl statisch bei SWI als<br />
auch dynamisch in der funktionellen MRI signifikant<br />
auf 7 Tesla verstärkt und ebenfalls<br />
mit einer höheren örtlichen Auflösung kombiniert<br />
werden. 7 Tesla erlaubt die Verbesserung<br />
der Protonen-MR-Spektroskopie wie<br />
auch der metabolischen Bildgebung mit Reduktion<br />
an Voxelgröße und Gewinn an spektraler<br />
Qualität.<br />
n<br />
Literatur:<br />
- Ugurbil K, Adriany G, Andersen P et al., Ultrahigh field<br />
magnetic resonance imaging and spectroscopy. Magn<br />
Reson Imaging 2003; 21(10):1263–81.<br />
- Tkac I, Andersen P, Adriany G, Merkle H, Ugurbil K,<br />
Gruetter R, In vivo 1H NMR spectroscopy of the human<br />
brain at 7 T. Magn Reson Med 2001; 46(3):451–6.<br />
- Yacoub E, Shmuel A, Pfeuffer J et al., Imaging brain<br />
function in humans at 7 Tesla. Magn Reson Med 2001;<br />
45(4):588–94.<br />
Weitere Literatur bei den Verfassern<br />
64
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
3. Tag der Epilepsie in Linz<br />
Am 10. 12. 2011 fand in Linz zum dritten Mal die von der Abteilung <strong>Neurologie</strong> mit Stroke-Unit des<br />
Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Linz organisierte Veranstaltung „Tag der Epilepsie“ statt und bot den<br />
TeilnehmerInnen Gelegenheit, sich umfassend über Neuerungen bezüglich Diagnostik, medikamentöse und<br />
epilepsiechirur gische Therapiemöglichkeiten sowie alltagsrelevante soziale Probleme rund um das Thema<br />
Epilepsie zu informieren.<br />
PPharmakotherapie: In seinem Übersichtsvortrag<br />
über die Geschichte der Antikonvulsiva<br />
ging Prof. Dr. B. Steinhoff, Ärztlicher Direktor<br />
der Epilepsiezentrums Kehl-Kork,<br />
Deutschland, darauf ein, dass die zahlreichen<br />
neu zugelassenen Antikonvulsiva seit den<br />
1990er-Jahren vor allem in puncto Verträglichkeit,<br />
aber auch Anfallskontrolle einen<br />
Fortschritt in der medikamentösen Behandlung<br />
schwer behandelbarer Epilepsien brachten.<br />
Für die Entwicklung weiterer Substanzen<br />
müssten jedoch neue Wege gegangen werden.<br />
Möglichkeiten seien die Verbesserung<br />
bekannter Wirkstoffe oder die Anwendung<br />
eines komplett neuen Wirkmechanismus.<br />
Hoffnungsträger am Horizont könnten die<br />
Entwicklung von Brivaracetam als Abkömmling<br />
von Levetiracetam oder Perampanel als<br />
erster nichtkompetitiver AMPA-Rezeptor-Antagonist<br />
sein.<br />
Diagnostik: Prof. Dr. H. Stefan, Neurologische<br />
Universitätsklinik Erlangen, Deutschland,<br />
wies anhand einiger Fallbeispiele auf die Bedeutung<br />
der fundierten Differenzialdiagnos -<br />
tik sowie auf die Möglichkeit autonomer<br />
Funktionsstörungen im Anfall mit lebensbedrohlichen<br />
Konsequenzen hin. Ebenso behandelte<br />
er epileptische Anfälle als Folge<br />
einer limbischen Enzephalitis: Bei entsprechendem<br />
Verdacht sollte die Bestimmung der<br />
antineuronalen Antikörper gegen antineuronale<br />
Oberflächenmoleküle sowie gegen intrazelluläre<br />
antineuronale Antigene bedacht<br />
werden.<br />
Status epilepticus: Prim. Univ.-Prof. Dr. E.<br />
Trinka, Neurologische Universitätsklinik Salzburg,<br />
ging auf neue Erkenntnisse in der Behandlung<br />
des Status epilepticus ein: Neue<br />
Studien im Tierversuch weisen darauf hin,<br />
dass eine frühe Kombinationstherapie von<br />
Diazepam und Levetiracetam bei der Behandlung<br />
des Status epilepticus hocheffektiv ist.<br />
Ebenso erfolgversprechend im Tierversuch ist<br />
die Kombination aus Diazepam, Ketamin und<br />
Brivaracetam. Gründe hierfür sind möglicherweise<br />
eine Abnahme der Wirksamkeit von<br />
GABA-ergen Substanzen mit zunehmender<br />
Dauer des Status epilepticus und eine bessere<br />
Wirksamkeit antiglutamaterger Substanzen<br />
in der Spätphase. Der klinische Einsatz von<br />
Lacosamid in der Behandlung des Status epilepticus<br />
hat bisher in mehreren Fallserien von<br />
bis zu 48 PatientInnen erfolgversprechende<br />
Ergebnisse gezeitigt.<br />
Priv.-Doz. Dr. Christian Tilz<br />
Klinik für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Krankenhaus Barmherzige<br />
Brüder, Regensburg,<br />
Deutschland<br />
Epilepsiechirurgie: Prim. Univ.-Prof. DI Dr.<br />
Ch. Baumgartner, Vorstand der 2. Neurologischen<br />
Abteilung des Krankenhauses Hietzing<br />
mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel,<br />
berichtete über die Fortschritte der Epilepsiechirurgie<br />
durch verbesserte chirurgische<br />
Verfahren und diagnostische Möglichkeiten.<br />
Bedeutend für ein gutes Behandlungsergebnis<br />
durch einen epilepsiechirurgischen Eingriff<br />
ist die frühzeitige Planung einer operativen<br />
Maßnahme, die nach Versagen von zwei korrekt<br />
eingesetzten Antikonvulsiva in ausreichender<br />
Dosis nach zwei Jahren erfolgen sollte.<br />
Derzeit liegt die durchschnittliche Latenz<br />
jedoch bei 20 Jahren Krankheitsdauer bis zur<br />
Operation!<br />
Die Anzahl der potenziellen OperationskandidatInnen<br />
beträgt in Österreich 150–<br />
200/Jahr. Durch die Verbesserung der bildgebenden<br />
Diagnostik (MRT) in den letzten<br />
Jahren gelingt es immer häufiger, bei pharmakoresistenten<br />
fokalen Epilepsien pathologische<br />
MRT-Befunde zu erheben. Wichtig ist<br />
jedoch, die Richtlinien der Österreichischen<br />
<strong>Gesellschaft</strong> für Epileptologie für die Fragestellung<br />
zu beachten, da mit einem Standard-MRT-Protokoll<br />
relevante Pathologien<br />
(insbesondere fokale kortikale Dysplasien,<br />
Hippokampusatrophien, gutartige Tumoren<br />
oder Kavernome) übersehen werden!<br />
Für die exakte Operationsplanung ist bei so<br />
genannten MR-negativen Epilepsien (insbesondere<br />
bei extratemporalen Epilepsien) eine<br />
invasive Video-EEG-Ableitung mit subduralen<br />
Elektroden oder stereotaktisch implantierten<br />
Tiefenelektroden erforderlich.<br />
Epilepsie im Alter: Priv.-Doz. Dr. C. Tilz<br />
wies auf die Probleme der richtigen Diagnos -<br />
tik epileptischer Anfälle im höheren Lebensalter<br />
hin: Zur richtigen Einordnung der Anfälle<br />
im höheren Lebensalter ist eine besonders<br />
genaue Anamnese und Diagnostik<br />
erforderlich. Zudem ist die Ätiologie neu diagnostizierter<br />
Anfälle im höheren Lebensalter<br />
sehr heterogen, sodass eine differenzierte<br />
Therapie die Kenntnis des zugrunde liegenden<br />
Pathomechanismus erfordert. Besonders<br />
zu beachten ist bei der antikonvulsiven<br />
66
Abb.: Anfallsbeginn im EEG<br />
Temporallappenepilepsien (TLE) spielt der Hippocampus<br />
als Bindeglied zwischen Epilepsie<br />
und Depression eine kritische Rolle, hier gilt<br />
die wissenschaftliche Aufmerksamkeit besonders<br />
der Neurogenese im Gyrus dentatus des<br />
Hippocampus. Affektive Störungen werden<br />
durch eine operative Ausschaltung des epileptogenen<br />
hippocampalen Fokus meist güns -<br />
tig beeinflusst, unabhängig von der postoperativen<br />
Anfallssituation. Die deutlichste Besserung<br />
erzielen postoperativ anfallsfreie,<br />
linksseitig operierte PatientInnen. Eine Reduktion<br />
der Angststörungen erwies sich als abhängig<br />
vom Outcome, hier zeigen sich bei<br />
rechtshemisphärischer TLE unabhängig von<br />
der Anfallssituation Verbesserungen, während<br />
PatientInnen mit linkstemporaler Epilepsie nur<br />
im Falle der Anfallsfreiheit profitieren, nicht<br />
anfallsfreie PatientInnen tragen das Risiko<br />
einer Verschlechterung der Angststörung.<br />
Pharmakotherapie von Anfällen im höheren<br />
Lebensalter, dass es häufiger zu Neben -<br />
wirkungen kommen kann, sodass ein besonders<br />
langsames Aufdosieren erforderlich ist<br />
und häufig eine geringe Zieldosis genügt, um<br />
PatientInnen anfallsfrei zu bekommen.<br />
Außer dem müssen in verstärktem Maße medikamentöse<br />
Interaktionen bedacht werden.<br />
Psychische Komorbiditäten: Priv.-Doz. Dr.<br />
E. Pauli, Neurologische Universitätsklinik Erlangen,<br />
ging in ihrem Vortrag auf die hohe<br />
Inzidenz komorbider psychischer Störungen<br />
bei PatientInnen mit Epilepsien ein. Diese stellen<br />
ein komplexes Spektrum dar, das Angstund<br />
Panikstörungen, affektive Störungen,<br />
Persönlichkeitsstörungen, aber auch kognitive<br />
Störungen einschließlich Störungen der sozialen<br />
Kognition umfasst. Vor allem Depressionen<br />
werden gehäuft, mit 18–40 % bei<br />
PatientInnen mit Temporallappenepilepsien<br />
beschrieben. Auch das Suizidrisiko ist deutlich<br />
erhöht, bipolare Störungen sowie manische<br />
Erkrankungen sind bei EpilepsiepatientInnen<br />
hingegen selten.<br />
Vorbestehende Vulnerabilitätsfaktoren, neurobiologische<br />
Faktoren, iatrogene Einflüsse<br />
und psychosoziale Belastungsfaktoren sind<br />
hier in individuell unterschiedlichem Ausmaß<br />
von Bedeutung. Die heterogene Ätiologie der<br />
Komorbiditäten reicht von den rein neurobiologisch<br />
verursachten psychischen iktalen und<br />
periiktalen Veränderungen, z. B. den Angstauren,<br />
oder auch einer medikamentenbedingten<br />
Depression, über Mischformen physiologischer<br />
und psychologischer Vulnerabilität bis<br />
hin zu eher psychischen Reaktionen, wie etwa<br />
Angst vor dem Kontrollverlust im Anfall. Bei<br />
Hormonelle Veränderungen: OÄ Dr. G.<br />
Schwarz, Neurologische Abteilung der Landesnervenklinik<br />
Wagner-Jauregg Linz, befasste<br />
sich mit der Veränderung der Sekretion<br />
von Geschlechtshormonen durch epileptische<br />
Aktivität. Enzyminduzierende Antikonvulsiva<br />
senken über eine vermehrte Bildung von sexualhormonbindendem<br />
Globulin den freien<br />
Anteil von Testosteron, was bei Männern sexuelle<br />
Funktionsstörungen begünstigen kann.<br />
Die Rolle von Valproat in der Entstehung des<br />
polyzystischen Ovarsyndroms wird nach wie<br />
vor kontrovers diskutiert. Eine massive Gewichtszunahme<br />
unter Valproat sollte jedoch<br />
zu erhöhter Vigilanz bezüglich Virilisierungszeichen<br />
und Zyklusstörungen sowie gegebenenfalls<br />
zur gynäkologischen Abklärung führen.<br />
Levetiracetam und Lamotrigin scheinen<br />
keinen Effekt auf körpereigene Hormone zu<br />
haben.<br />
n<br />
67
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Highlights der 65. Jahrestagung<br />
der American Epilepsy Society 2011<br />
Die Jahrestagung der American Epilepsy Society ist eine der wichtigsten Fortbildungstagungen für alle<br />
im Bereich Epileptologie tätigen Berufsgruppen sowie internationales Forum für den Austausch aktueller<br />
Forschungsergebnisse. Bei der Tagung 2011, die Anfang Dezember in Boston stattfand, wurde zudem das<br />
75-jährige Bestehen der <strong>Gesellschaft</strong> mit einem historischen Rückblick über die Fortschritte in Diagnostik<br />
und Behandlung im Rahmen des „Presidential Symposium“ gefeiert.<br />
WWie in den vergangenen Jahren wurden eine<br />
imponierende Anzahl an Vorlesungen, Workshops<br />
und Kursen mit Ausbildungscharakter<br />
auf unterschiedlichem Level sowie zahlreiche<br />
Plattform- und Posterpräsentationen und sogenannte<br />
„Scientific Networking Hours“ für<br />
den wissenschaftlichen Informationsaustausch<br />
geboten. Spezielle Angebote inklusive<br />
Mentoring-Sitzungen für junge ForscherInnen<br />
waren ebenfalls im Programm. Neu<br />
waren „New Skills Workshops” für eine limitierte<br />
Teilnehmeranzahl, die der Vermittlung<br />
bzw. Intensivierung spezieller Fertigkeiten<br />
dienten. Aktuelle Themen waren: „Die<br />
Planung klinischer Studien“, „Epilepsiechi-<br />
rurgie“, „Errichtung und Betrieb einer Epilepsie<br />
Monitoring Unit“ und „Intrakranielle<br />
Ableitetechniken“.<br />
Trotz einer Vielzahl von Parallelveranstaltungen<br />
war die Tagung durch optimale Strukturierung<br />
des Programms und gute Kennzeichnung<br />
der jeweiligen Ausbildungsziele<br />
und angesprochenen Zielgruppen für die einzelnen<br />
Beiträge ohne Probleme den individuellen<br />
Interessen der Besucher anzupassen.<br />
Leitfaden durch das Programm waren die<br />
„Epilepsy Research Benchmarks“ (Tab. 1). Geschaffen<br />
2000 und revidiert 2007, sollen die<br />
Benchmarks dazu dienen, Forschung zur Klärung<br />
der Ursachen und Optimierung der<br />
Behandlung der Epilepsien anzuregen und Ergebnisse<br />
zu bewerten. Am Beginn jeder Sitzung<br />
wurden entsprechend dieser Benchmarks<br />
die Ziele des Programms definiert und<br />
rezente Forschungsergebnisse sowie aktuell<br />
geplante Studien zum Thema vorgestellt. Im<br />
Folgenden werden einige der behandelten<br />
Themenkreise vorgestellt.<br />
Therapieresistente Epilepsien: Ein Symposium<br />
widmete sich den Ursachen für und Mög-<br />
Tab.: The NINDS Epilepsy Research Benchmarks<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Martha Feucht<br />
Universitätsklinik des<br />
Kindes- und Jugendalters,<br />
Medizinische Universität Wien<br />
Benchmarks Area I: Prevent epilepsy and its progression<br />
A. Identify as yet unrecognized causes of epilepsy (e. g., genetic, autoimmune and infectious).<br />
B. Identify underlying mechanisms of epileptogenesis.<br />
C. Identify biomarkers for epileptogenesis.<br />
D. Identify approaches to prevent epilepsy or its progression.<br />
E. Develop new animal models to study epileptogenesis.<br />
F. Test the efficacy of prevention strategies.<br />
Benchmarks Area II: Develop new therapeutic strategies and optimize<br />
current approaches to cure epilepsy.<br />
A. Identify basic mechanisms of ictogenesis (seizure generation) that will lead to the<br />
development of cures.<br />
B. Develop tools that facilitate the identification and validation of a cure.<br />
C. Optimize existing therapies and develop new therapies and technologies for curing<br />
epilepsy.<br />
Benchmarks Area III: Prevent, limit, and reverse the comorbidities associated<br />
with epilepsy and its treatment.<br />
A. Identify and characterize the full range and age specificity of comorbidities in people<br />
with epilepsy.<br />
B. Identify predictors and underlying mechanisms that contribute to comorbidities.<br />
C. Determine the optimal treatments for the neuropsychiatric and cognitive comorbidities<br />
in people with epilepsy.<br />
D. Prevent or limit other adverse consequences occurring in people with epilepsy (including<br />
SUDEP, sleep disturbances and endocrine, reproductive, bone-related or other systemic<br />
effects).<br />
E. Develop effective methods for diagnosis, treatment and prevention of non-epileptic<br />
seizures (NES).<br />
http://www.ninds.nih.gov/funding/research/epilepsyweb/epilepsybenchmarks.htm<br />
68
lichkeiten der Prophylaxe oder Unterbindung der Progression sowohl<br />
der Erkrankung selbst als auch komorbider Störungen. Behandlungskonzepte<br />
über alle Lebensalter wurden diskutiert: hier wurde der Übergabe<br />
vom Kinder- an den Erwachsenenbereich (Transition) und der<br />
Schaffung von Transition-Kliniken, in denen PatientInnen ab dem 13.<br />
Lebensjahr und deren Familien auf das Erwachsenenalter und das Verlassen<br />
des familienzentrierten pädiatrischen Settings vorbereitet werden,<br />
breiter Raum gewidmet. Die Pilotdaten sind vielversprechend, Evaluierungsstudien<br />
für solche Kliniken fehlen derzeit jedoch noch.<br />
Psychiatrische Aspekte therapierefraktärer Epilepsien inklusive<br />
Auswirkungen komorbider Störungen (insbesondere nichtepileptischer<br />
Anfälle) auf den postoperativen Outcome: 30 % der operierten PatientInnen<br />
weisen – entweder als Exazerbation bereits prächirurgisch<br />
vorliegender Störungen oder de novo psychiatrische Symptome auf.<br />
Die Identifikation von prädisponierten bzw. gefährdeten PatientInnen<br />
sowie medikamentöse und neue nichtmedikamentöse Therapieansätze<br />
(Hypnose, modifizierte Verhaltenstherapie) wurden vorgestellt.<br />
„Hot Topic“ in einer ganzen Reihe von Symposien und Workshops<br />
war die Lokalisation der Anfallsursprungszone mittels klinischer Semiologie<br />
der Anfälle und immer besseren (funktionellen) neuroradiologischen<br />
Methoden mit der Intention, nicht mehr nur lokale Phänomene,<br />
sondern Netzwerke und Ausbreitungswege zu verstehen.<br />
Zusätzlich wurde wieder mehr Gewicht auf den Informationsgehalt<br />
des EEG, insbesondere auf die Wertigkeit hochfrequenter Oszillationen<br />
(HFO) als reliabler Biomarker zur Definition der epileptogenen Zone<br />
gelegt. Erste Ergebnisse und mögliche Fehler bei der Interpretation<br />
wurden ebenfalls diskutiert.<br />
Medikamentöse Therapien: Erwähnenswert ist hier vor allem das<br />
FDA-Symposium über Äquivalenzdaten von Generika, in dem aktuelle<br />
Methoden, geplante Protokolländerungen (mit dem Ziel, strengere<br />
Bestimmungen einzuführen) diskutiert wurden.<br />
Nichtmedikamentöse Therapien: Die Rolle mehrfach ungesättigter<br />
Fettsäuren bei der ketogenen Diät und rezente Neuerungen im Bereich<br />
Neurostimulation (erste Ergebnisse der Phase-II-Studien zur Stimulation<br />
des Nervus trigeminus sowie vielversprechende Daten zu Systemen<br />
mit integrierter Anfallsdetektion und -unterbrechung) wurden<br />
vorgestellt.<br />
Rolle des Schlafes: Spezielle Symposien und Workshops widmeten<br />
sich der Rolle des Schlafes: diskutiert wurden neurophysiologische<br />
und neurochemische Grundlagen erhöhter Anfallsbereitschaft im<br />
Schlaf, die tageszeitliche Bindung von Anfällen als Hilfe bei der Syndromdiagnose,<br />
Möglichkeiten der Therapieoptimierung durch Anpassung<br />
der Medikamentengaben an zirkadiane Rhythmen und die Beseitigung<br />
von Schlafstörungen sowie die Auswirkungen kontinuierlicher<br />
Spike-Produktion im Schlaf auf Lernkapazität und Gedächtnis<br />
(insbesondere auch auf die Entwicklung von Kindern mit epileptischen<br />
Enzephalopathien).<br />
u
GESELLSCHAFTS-<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
NEUROLOGIE IN<br />
ÖSTERREICH<br />
KONGRESS-<br />
HIGHLIGHTS<br />
FÜR DIE PRAXIS<br />
Spezielle Patientengruppen<br />
Frauen und Epilepsie: Neben aktuellen Ergebnissen<br />
der Auswertung von Daten aus<br />
dem Schwangerschaftsregister und detaillierter<br />
Information über Kontrazeption und Gravidität<br />
wurde die Rolle von Ovarialhormonen<br />
für die neuronale Exzitabilität und Ergebnisse<br />
der NIH-geförderten randomisierten Multicenter-Studie<br />
zur adjuvanten zyklischen Progesterongabe<br />
bei Frauen mit therapieresistenten<br />
fokalen Epilepsien vorgestellt. Anfallsreduktion<br />
um > 50 % wurde bei der<br />
Mehrzahl der Frauen (vor allem bei jenen mit<br />
katamenialer Anfallshäufung) erreicht.<br />
PatientInnen mit tuberöser Sklerose (TS):<br />
Konzepte für die antikonvulsive Prophylaxe<br />
von Säuglingen und Kleinkindern mit TS und<br />
die zunehmende Bedeutung von mTOR-Antagonisten<br />
(inklusive erster Wirksamkeitsdaten<br />
und Risiken) wurden vorgestellt.<br />
Tumorinduzierte Epilepsien (TIE) treten<br />
bei 25–40 % der PatientInnen mit Neoplasien<br />
auf. Die Mechanismen der Epileptogenese<br />
Bei der AES-Tagung 2011<br />
vergebene Preise<br />
Award for Basic Science: Ivan Soltesz,<br />
Ph. D. (University of California, Irvine)<br />
Award for Clinical Science: Kimford J.<br />
Meador, M. D. (Emory University, Georgia)<br />
William G. Lennox Award:<br />
Martin J. Brodie – Glasgow, Scotland<br />
AES Service Award:<br />
Michael A. Rogawski – California<br />
J. Kiffin Penry Excellence in Epilepsy<br />
Care Award: Patricia Dean, Miami<br />
Lennox and Lombroso Lecturer:<br />
L. James Willmore, St. Louis<br />
sind hier nur teilweise geklärt. Unbekannt ist<br />
auch, in welchem Umfang diese Epilepsien<br />
auf konventionelle Antikonvulsiva ansprechen<br />
und welche Substanzen am besten wirken.<br />
Erste Ergebnisse und geplante Studien<br />
wurden vorgestellt und auf die dringende<br />
Notwendigkeit sowohl präklinischer als auch<br />
klinischer Studien hingewiesen.<br />
Neonatale Epilepsien: Zunehmende Daten<br />
über den Einfluss der Erkrankung, aber auch<br />
einer Vielzahl von Medikamenten auf die<br />
Apoptose (Beschleunigung der physiologischen<br />
Apoptose bis hin zum Zelltod) als Ursache<br />
für die oft signifikanten Störungen der<br />
Entwicklung bei frühem Erkrankungsbeginn<br />
wurden präsentiert.<br />
Ein Kurs über die Durchführung von EEG-Monitoring<br />
an pädiatrischen Intensivstationen gab<br />
einen umfassenden Überblick über die zunehmende<br />
Literatur zu Thema. Studienergebnisse<br />
belegen den Wert in Hinblick auf frühe Anfallsdetektion<br />
(insbesondere nonkonvulsiver<br />
Anfälle) und damit auf die Therapieinitiierung<br />
sowie die Optimierung der Therapieüberwachung.<br />
Methoden zur quantitativen Auswertung<br />
der Daten wurden ebenfalls vorgestellt.<br />
Schließlich wurde assoziierten Therapiemaßnahmen,<br />
die der besseren psychosozialen<br />
Integration von PatientInnen mit Epilepsie<br />
(stützen bzw. erlernen von Coping-Strategien,<br />
Diagnostik und Behandlung kognitiver<br />
und psychischer Störungen …) breiter Raum<br />
gewidmet.<br />
n<br />
15. Jahrestagung der Österreichischen<br />
Schlaganfall-<strong>Gesellschaft</strong> (ÖGSF)<br />
Vom 26. bis 28. Jänner 2012 fand in Innsbruck die 15. Jahrestagung der Österreichischen Schlaganfall-<br />
<strong>Gesellschaft</strong> statt. Themenschwerpunkte im wissenschaftlichen Programm waren der „juvenile Schlaganfall“,<br />
die neuen Entwicklungen in der Akuttherapie und Sekundärprävention des Schlaganfalls sowie Hightech-<br />
Biomarker für Risikoprädiktion von Gefäßerkrankungen. Neuerlich wurde das „Stroke Unit Betreibertreffen“<br />
abgehalten, das sich zu einer wichtigen Plattform für Meinungsaustausch und Qualitätssicherung entwickelt<br />
hat. Neben der Fortbildungsakademie zu den Top-10-Themen im Schlaganfall-Management fand im Vorfeld der<br />
Tagung auch ein Pflegesymposium statt. Die OrganisatorInnen freuten sich, insgesamt 480 TeilnehmerInnen<br />
begrüßt zu haben.<br />
Juvenile Stroke<br />
Das wissenschaftliche Programm wurde mit<br />
der „Hans-Chiari-Gedenkvorlesung“ mit dem<br />
Thema „Juvenile Stroke“ eröffnet. Prof. Bo<br />
Norrving, Präsident der World Stroke Organization<br />
(WSO), umriss die diagnostischen Algorithmen<br />
und therapeutischen Möglichkeiten<br />
beim juvenilen Schlaganfall und präsentierte<br />
die ersten Ergebnisse der SIFAP-Studie.<br />
Hierbei handelt es sich um die weltweit größte<br />
Studie zum juvenilen Schlaganfall mit über<br />
5.000 eingeschlossenen PatientInnen aus 35<br />
europäischen Forschungszentren, in der genetische<br />
Analysen, insbesondere zum Morbus<br />
Fabry, MR-Bildgebung und eine detaillierte<br />
Abklärung der Ätiopathogenese Inhalt des<br />
Studienprotokolls waren. Zahlreiche Auswer-<br />
70
tungen dieser Studie wurden von Prof. Norrving,<br />
dem Vorsitzenden des Steering-Komitees<br />
dieser Studie, in seinem Vortrag den Zuhörern<br />
näher gebracht. In seinem Referat<br />
wies Prof. Norrving besonders auch auf den<br />
wichtigen Beitrag der Grazer <strong>Neurologie</strong> hin,<br />
die mit Prof. Fazekas und Prof. Enzinger das<br />
Zentrum für die MR-Auswertungen der<br />
SIFAP-Studie war. Prof. Norrving wurde für<br />
seine wissenschaftliche Tätigkeit in der<br />
Schlaganfall-Forschung die Ehrenmitgliedschaft<br />
der Österreichischen Schlaganfall-<strong>Gesellschaft</strong><br />
verliehen.<br />
State of the Art –<br />
Vorhofflimmern<br />
Die Bedeutung des Vorhofflimmerns als Risikofaktor<br />
des Schlaganfalls ist hinlänglich bekannt.<br />
Auswertungen des österreichischen<br />
Schlaganfall-Registers zeigen, dass in der Altersgruppe<br />
von 76–85 Jahren bei 38,5 % der<br />
PatientInnen Vorhofflimmern als Ursache zugrunde<br />
liegt, in der Altersgruppe über 85<br />
Jahre sind es 47,9 %. Die neuen oralen Antikoagulantien,<br />
die seit kurzem zur Verfügung<br />
stehen, können mit Fug und Recht als entscheidender<br />
Fortschritt in der Schlaganfallprävention<br />
bezeichnet werden und stellen<br />
eine Alternative zu den Vitamin-K-Antagonis -<br />
ten dar. Dies war der Grundtenor der Referate,<br />
gehalten von Prof. Krieger aus Kopenhagen<br />
sowie von Prof. Lang und Prof. Kyrle<br />
aus Wien.<br />
Die Ergebnisse der 3 großen Studien zeigten<br />
durchwegs eine Nichtunterlegenheit bzw.<br />
teilweise eine Überlegenheit der neuen Substanzen<br />
gegenüber den Cumarinen. Der<br />
Thrombininhibitor Dabigatran (Pradaxa ® ) wie<br />
auch der Faktor-Xa-Antagonist Rivaroxaban<br />
(Xarelto ® ) wurde in Europa bzw. in Österreich<br />
zur Prävention des Schlaganfalls und systemischer<br />
Embolien beim nichtvalvulären Vorhofflimmern<br />
bereits zugelassen. Auch die<br />
dritte Substanz, ein Faktor-Xa-Antagonist<br />
(Apixaban) war bei der Vorbeugung von<br />
Schlaganfall und peripherer Embolie bei Vorhofflimmern<br />
wirksamer als die Vitamin-K-<br />
Antagonisten. Eine Zulassung in den USA und<br />
in Europa wurde beantragt.<br />
Die Handhabung der neuen Antikoagulantien<br />
aus Sicht des Gerinnungsspezialisten wurde von<br />
Prof. Kyrle von der klinischen Abteilung<br />
für Hämatologie & Hämostaseologie<br />
am AKH Wien ausführlich<br />
dargestellt. Von den Referenten<br />
wurde darauf hingewiesen, dass die<br />
Indikation zur Antikoagulation auch<br />
bei Schlaganfall-PatientInnen mit<br />
paroxysmalem Vorhofflimmern gegeben<br />
ist.<br />
Die Detektion eines paroxysmalen<br />
VHF nach einem stattgehabten ischämischen<br />
Ereignis ist deshalb von entscheidender Bedeutung<br />
für die Wahl der geeigneten Sekundärprävention.<br />
Prof. Krieger präsentierte hierzu<br />
erste Ergebnisse zu einer multizentrischen<br />
Studie mit implantierbaren EKG-Rekordern.<br />
Die Ergebnisse aus der Crystal-AF-Studie, der<br />
ersten randomisierten Studie zur Detektion<br />
des Vorhofflimmerns bei kryptogenem<br />
Schlaganfall mittels implantiertem Loop-Recorder,<br />
werden erst 2013 vorliegen.<br />
State of the Art –<br />
Akuttherapie<br />
Das Thema Akuttherapie stellte ebenfalls<br />
einen Höhepunkt der Tagung dar. Prof. Aichner,<br />
Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz, gab<br />
in seinem Referat einen Überblick über Entwicklung<br />
und Perspektiven der Schlaganfallversorgung<br />
in Österreich. Er unterstrich die<br />
Bedeutung der flächendeckenden Akutversorgung<br />
durch die Stroke Units in Österreich.<br />
Besonders positiv erwähnt wurden die Aktivitäten<br />
der österreichischen Schlaganfall-Zentren<br />
bei der Durchführung klinischer Studien<br />
und die Forschungsaktivitäten durch nationale<br />
und internationale Kooperationen.<br />
Prof. James Grotta, Houston, Texas, Pionier<br />
in der Entwicklung neuer Akuttherapien des<br />
Schlaganfalls, referierte zum jetzigen Stand<br />
der systemischen Thrombolyse und gab einen<br />
Überblick zu laufenden Studien über neue<br />
Thrombolytika, mechanische Rekanalisation<br />
und Neuroprotektion.<br />
State of the Art –<br />
Risikoprä diktion und<br />
Sekundärprävention<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Johann Willeit<br />
Universitätsklinik<br />
für <strong>Neurologie</strong>,<br />
Medizinische Universität<br />
Innsbruck<br />
Prof. Manuel Mayr, King’s College London,<br />
präsentierte in seinem Referat die methodischen<br />
Möglichkeiten und Entwicklungen im<br />
Biomarker-Sektor und die neuen Möglichkeiten<br />
der Proteomik und Systembiologie.<br />
Zusätzlich wurde auf den derzeitigen Stand<br />
der microRNA-Forschung, insbesondere in<br />
Bezug auf Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen,<br />
eingegangen. Doz. Alber von<br />
der Kardiologie in Innsbruck gab in seinem<br />
Referat einen umfassenden Überblick zu<br />
den neuen Plättchenfunktionshemmern,<br />
präsentierte die Ergebnisse der TRITON-<br />
TIMI-38- und Plato-Studie und stellte die Indikationsgebiete<br />
von Prasugrel (Efient ® ) und<br />
Ticagrelor (Brilique) aus kardiologischer<br />
Sicht dar.<br />
Pflegesymposium<br />
Zum zweiten Mal wurde bei der Schlaganfall-Tagung<br />
auch ein Pflegesymposium abgehalten,<br />
welches vom Pflegeteam der Stroke<br />
Unit Innsbruck organisiert wurde. Vor<br />
über 300 TeilnehmerInnen aus allen Bundesländern<br />
wurden verschiedenste Themen<br />
im Bereich Schlaganfallversorgung vor -<br />
gestellt. Inhalte waren unter anderem die<br />
Prozesse der Notrufbearbeitung in der Rettungsleitstelle<br />
Tirol, das Schlaganfall-Akutmanagement<br />
in der Notaufnahme, Ablauforganisation<br />
bei stationären PatientInnen,<br />
das Aufnahme-Assessment als wirkungsvolles<br />
Instrument in der Pflege, Konzepte der<br />
Frühmobilisation und Früherkennung, Maßnahmen<br />
zur Erfassung von Schlaganfallkomplikationen,<br />
Ernährungstherapie und Dysphagie-Abklärung<br />
sowie rechtliche Aspekte<br />
bei freiheitsentziehenden Maßnahmen. Die<br />
TeilnehmerInnen waren von den Referaten<br />
begeistert und unterstrichen durch die<br />
große Beteiligung eindrucksvoll die Wichtigkeit<br />
des Pflegepersonals auf den Schlaganfall-Stationen.<br />
n<br />
71
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schlafstörungen<br />
Schlaganfall<br />
Zusammengestellt im Namen des<br />
Beirats „Schlafstörungen“:<br />
Priv.-Doz. Dr.<br />
Birgit Frauscher<br />
Univ.-Prof. Dr.<br />
Birgit Högl<br />
Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Innsbruck<br />
Skills Workshop der World Association<br />
of Sleep Medicine (WASM) in Innsbruck<br />
Vom 27.–28. 1. 2012 fand an der Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong> in Innsbruck der<br />
2. WASM-Skills Workshop „Motor Disorders of Sleep“ statt. Ziel des Workshops, der aufgrund<br />
des großen Erfolgs im Vorjahr bereits zum zweiten Mal stattfand, war die Vermittlung<br />
von fortgeschrittenen Techniken zum Scoren und zur Interpretation von Schlaf mit Schwerpunkt<br />
auf motorische Störungen im Schlaf, insbesondere REM-Schlaf ohne Atonie/REM-<br />
Schlaf Verhaltensstörung und periodische Beinbewegungen im Schlaf.<br />
Der Kurs war als Trainingskurs für erfahrene <strong>neurologisch</strong>e SchlafauswerterInnen zur Erweiterung<br />
ihrer Fertigkeiten bei der praktischen Arbeit im Schlaflabor konzipiert. Hintergrund<br />
war die Tatsache, dass selbst erfahrene <strong>neurologisch</strong>e SchlafmedizinerInnen die Quantifikation<br />
von motorischen Ereignissen im Schlaf und das Beherrschen von spezifischen Scoring-<br />
Methoden oft als Herausforderung empfinden. Hier sollte ein Forum geschaffen werden,<br />
die fortgeschrittenen Techniken zu vermitteln und auch unter ExpertInnen zu diskutieren.<br />
Ein Schwerpunktthema stellten die derzeit in Druck befindlichen Normwerte zur quantitativen<br />
Klassifikation einer REM-Schlaf Verhaltensstörung dar. So konnten in einer gemeinsamen<br />
Arbeit der Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong> in Innsbruck und dem Hospital Clinic de<br />
Barcelona elektromyographische Cut-off-Werte für verschiedene Muskeln im Bereich des<br />
Kinns, der Arme und der Beine ermittelt werden, um PatientInnen mit einer REM-Schlaf Verhaltensstörung<br />
von Kontrollen zu differenzieren.<br />
Die 20 verfügbaren Plätze im Workshop waren rasch ausgebucht, eine größere Zahl an TeilnehmerInnen<br />
wurde nicht zugelassen, um den expliziten „Hands on“-Charakter der Veranstaltung<br />
zu bewahren.<br />
Die TeilnehmerInnen kamen aus verschiedenen europäischen Ländern und waren großteils<br />
erfahrene SchlafmedizinerInnen. Die Vortragenden waren international anerkannte SpezialistInnen<br />
auf dem Gebiet von Bewegungsstörungen im Schlaf, allen voran Prof. Dr. Claudia<br />
Trenkwalder, Präsidentin der World Association of Sleep Medicine, Prof. Dr. Joan Santamaria<br />
von der Universität Barcelona und Dr. Mauro Manconi aus Milano/Lugano. Im Vormittagsprogramm<br />
waren Vorträge und Videos geplant, die angeregt und intensiv diskutiert wurden,<br />
im Nachmittagsprogramm wurde am Schlaflabor der Universitätsklinik für <strong>Neurologie</strong><br />
in Innsbruck in Kleingruppen von 3–4 Personen am Bildschirm praktisch motorische Aktivität<br />
im Schlaf gescort.<br />
n<br />
European Stroke<br />
Science Workshop,<br />
Im Dezember 2011 veranstaltete die<br />
European Stroke Organisation (ESO) in<br />
Garmisch-Partenkirchen erstmals einen<br />
Stroke Science Workshop. Die rund<br />
100 TeilnehmerInnen erlebten dabei ein<br />
äußerst spannendes wissenschaftliches<br />
Programm. Die Intention der<br />
Veranstalter war es, Top News aus der<br />
aktuellen Schlaganfallforschung mit<br />
breiter Diskussionsmöglichkeit zu<br />
vermitteln. Organisiert und zusam -<br />
mengestellt wurde das Programm<br />
von einem Komitee der ESO, das von<br />
Heinrich Mattle aus Bern geleitet<br />
wurde und dem weiters Michael<br />
Brainin, Angel Chamorro, Werner<br />
Hacke, Michael Hennerici und<br />
Didier Leys angehörten.<br />
Die erste Sitzung behandelte das Zusammenspiel<br />
von Immunsystem und Ischämie beim<br />
Schlaganfall. Das Immunsystem reagiert beim<br />
Schlaganfall mit Aktivierung von immunkompetenten<br />
Zellen (T-Lymphozyten, Natural Killer<br />
Cells) und Zytokinen, diese sind teilweise<br />
auch mit dem Ausmaß neuronaler Schädigung<br />
assoziiert. Im Rahmen der Stressreaktion<br />
wird durch Katecholamine ein vermehrter<br />
Ausstoß von Interleukin-6 hervorgerufen,<br />
dieses wiederum bewirkt eine verringerte<br />
Freisetzung von Lymphozyten. Diese Immundepression<br />
gilt als eine von mehreren Ursachen<br />
für die erhöhte Infektanfälligkeit im<br />
Rahmen eines Schlaganfalles. Bisherige Studien<br />
mit Antibiotika waren jedoch negativ,<br />
daher gibt es derzeit noch keine evidenzbasierte<br />
Grundlage für eine antibiotische Infektprophylaxe<br />
bei SchlaganfallpatientInnen.<br />
80
Zusammengestellt für den Beirat „Schlaganfall“:<br />
Dr. Karl Matz<br />
Donau-Universität Krems, Department für Klinische Medizin und Präventionsmedizin,<br />
Zentrum für Klinische Neurowissenschaften<br />
Garmisch-Partenkirchen, Dezember 2011<br />
FOTO: KAUTZ15 - FOTOLIA.COM<br />
Ein Blick in die Zukunft der Schlaganfallbehandlung<br />
gewährten die Sessions Neuroprotection<br />
& Hypothermia und Stem Cell Therapy.<br />
Zur Hypothermiebehandlung bei ischämischem<br />
Schlaganfall ist eine große<br />
multizentrische europäische Studie in Planung<br />
(EURHyp-1), außerdem gibt es Hinweise,<br />
dass diese Behandlung möglicherweise<br />
auch das Wachstum von intrazerebralen Hämatomen<br />
einbremsen kann. Die hoch gesteckten<br />
Erwartungen an potenziell neuroprotektive<br />
Substanzen wurden bekanntlich<br />
enttäuscht, auf diesem Gebiet muss die<br />
Grundlagenwissenschaft gleichsam neu beginnen.<br />
Hoffnungsvoller sind die ForscherInnen<br />
auf dem Gebiet der Stammzelltherapie,<br />
eine Phase-I-Studie wird dazu gerade in<br />
Schottland durchgeführt (PISCES).<br />
In der Session Biomarker wurden mehrere<br />
viel versprechende Marker zur Identifizierung<br />
ischämischer Schlaganfälle präsentiert, wobei<br />
das beste Verhältnis Sensitivität zu Spezifität<br />
(receiver operator characteristic) eine Kombination<br />
von mehreren Markern (BNP, MMP9,<br />
D-Dimer, S100) hat. Von den geforderten 100<br />
% Sensitivität für einen Einsatz in der Prähospitalphase<br />
ist die Forschung aber noch<br />
ein Stück weit entfernt. Weitere Marker in<br />
Untersuchung testen das Risiko einer Hirnblutung.<br />
Beim Themenbereich Bildgebung<br />
wurde eine Neudefinition des Mismatch-Konzeptes<br />
vorgeschlagen (hypoperfundierter<br />
ischämischer Kern wird nicht inkludiert) sowie<br />
charakteristische Marker der Kleingefäßerkrankung,<br />
etwa der Status cribriformis oder<br />
die so genannten „microbleeds“. Genetische<br />
Risikomarker wurden bezüglich „large-artery<br />
strokes“ sowie in der nächstens Sitzung über<br />
Antikoagulation und Reperfusion auch über<br />
kardioembolische Schlaganfälle vorgestellt.<br />
Die gängigen Marker für Thrombophilie sind<br />
für den ischämischen Schlaganfall dabei von<br />
geringem Belang, für die Zukunft werden<br />
wahrscheinlich pharmakogenetische Einflussfaktoren<br />
auf die Wirksamkeit gerinnungshemmender<br />
und thrombozytenaggregationshemmender<br />
Therapie interessanter werden<br />
(CYP-Polymorphismen).<br />
Reichlich Diskussion gab es erwarteterweise<br />
zu den Vorträgen über die so genannten<br />
neuen Antikoagulantien und endovaskuläre<br />
Schlaganfallbehandlung. Trotz der Tatsache,<br />
dass zur Beurteilung der Evidenz der endovaskulären<br />
Therapie noch weitere kontrollierte<br />
Studien nötig sind, war doch ein gewisser<br />
Konsens zu erkennen, dass beide First-Line-<br />
Therapieverfahren der nächsten Zukunft sein<br />
werden.<br />
Präventionsmedizinische Ansätze: Die Sitzung<br />
über bevölkerungsbasierte Interventionen<br />
stellte die eminente Wichtigkeit und die<br />
Chancen, die die Präventionsmedizin bietet,<br />
in den Vordergrund. Bei voller Ausschöpfung<br />
eines gesunden Lebensstils kann das individuelle<br />
Schlaganfallrisiko um 80 % gesenkt<br />
werden. Viele Behandlungsempfehlungen<br />
zielen auf das individuelle Risiko ab, vom präventionsmedizinischen<br />
Standpunkt ist das populationsbezogene<br />
Risiko wichtiger, beispielsweise<br />
die Reduktion des durchschnittlichen<br />
Kochsalzkonsums. Weitere Referate behandelten<br />
das immer wichtiger werdende Thema<br />
der Prävention des vaskulären kognitiven Abbaus,<br />
u. a. ebenfalls durch Lebensstilmodifikation,<br />
was derzeit auch in einer Reihe von<br />
Studien getestet wird.<br />
In der Session über functional recovery<br />
after stroke wurde u. a. über die wichtige<br />
Rolle von Dopamin und dopaminergen Circuits<br />
beim Wiedererlernen von Funktionen<br />
im Rahmen der Rehabilitation berichtet<br />
sowie über Pilotstudien zur Gleichstromstimulation<br />
bei Aphasie und motorischen Störungen.<br />
Interessant war zu hören, dass die<br />
Aktivierung ipsilateraler motor pathways<br />
auch bei Menschen – insbesondere bei älteren<br />
PatientInnen – eine größere funktionelle<br />
Bedeutung hat als bisher angenommen.<br />
Insgesamt war das erste ESO Stroke Science<br />
Meeting ein voller Erfolg. Eine Wiederholung<br />
der Tagung in zwei Jahren ist so gut wie sicher,<br />
wobei von Seiten der ESO an eine Erweiterung<br />
des TeilnehmerInnenkreises gedacht<br />
wird.<br />
n<br />
81
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Schmerz<br />
Zusammengestellt im Namen<br />
des Beirats „Schmerz“:<br />
Prim. Priv.-Doz. Dr. Dr. Christine<br />
Christian Lampl<br />
Schweiger<br />
Abteilung für Allgemeine <strong>Neurologie</strong> und Schmerzmedizin,<br />
Konventhospital Barmherzige Brüder Linz<br />
Wirkt Pregabalin in der Prophylaxe<br />
chronischer Migräne?<br />
Eine italienische Arbeitsgruppe um Raffaella Pizzolato ging dieser Frage in einer erst kürzlich<br />
publizierten Studie 1 nach.<br />
SStudiendesign: Ziel dieser nichtkontrollierten,<br />
prospektiven, offenen Studie war die<br />
Evaluierung der Wirksamkeit und Verträglichkeit<br />
von Pregabalin in der Migräneprophylaxe.<br />
Eingeschlossen wurden PatientInnen mit Migräne<br />
ohne Aura ( 4 Attacken pro Monat)<br />
entsprechend den ICHD-II-Kriterien. 47 PatientInnen<br />
wurden eingeschlossen, nachdem<br />
3 Monate ein Kopfschmerztagebuch geführt<br />
und eine allfällige vorherige Prophylaxe über<br />
6 Monate ausgeschlichen worden war. Die<br />
Behandlung wurde mit 75 mg Pregabalin täglich<br />
begonnen, danach wurde die Dosis wöchentlich<br />
um 75 mg auf insgesamt 300 mg/d<br />
je nach Toleranz auftitriert.<br />
Ergebnisse: Es zeigten sich bei keinem Patienten<br />
eine schwerwiegende, unerwünschte<br />
Arzneimittelwirkung (SAE). Insgesamt berichteten<br />
nur 6 PatientInnen über eine oder mehrere<br />
Nebenwirkungen. Ein Zusammenhang<br />
zwischen Dosis oder Schnelligkeit der Auftitrierung<br />
wurde nicht gefunden.<br />
Bezüglich der Wirksamkeit wurde statistisch<br />
eine Intention-to-treat-Analyse durchgeführt.<br />
Untersucht wurden die Kopfschmerztage pro<br />
Monat, 3 Monate vor sowie nach 1 und 3<br />
Monaten unter Pregabalin. Es zeigte sich eine<br />
statistisch signifikante Reduktion (p < 0,001)<br />
der Kopfschmerztage nach 1 und 3 Behandlungsmonaten<br />
unabhängig von Geschlecht,<br />
Alter, Anzahl der Migränetage zur Baseline<br />
und psychiatrischen Komorbiditäten. Die Reduktion<br />
war am größten bei einer Tagesdosis<br />
von 150 mg.<br />
Kommentar<br />
In dieser Studie wird ein neuer Ansatz zur<br />
Migräneprophylaxe gesucht. Auch wenn das<br />
Studienergebnis positiv erscheint, gibt es eine<br />
Vielzahl an limitierenden Faktoren: Problematisch<br />
ist sicher die kleine Fallzahl und auch<br />
das offene Studiendesign. Die interessantere<br />
Frage wäre hierbei sicher der Vergleich mit<br />
Placebo gewesen. Weiters wurden wichtige<br />
Kofaktoren einer erfolgreichen Migräneprophylaxe<br />
nicht berücksichtigt, wie z. B. der<br />
HIT-6-Fragebogen, um auch die Lebensqualität<br />
zu evaluieren. Die Analyse einer allfälligen<br />
Beeinflussung der Kopfschmerzintensität<br />
durch Einnahmehäufigkeit einer Akutmedikation<br />
wurde ebenso nicht durchgeführt.<br />
Die PatientInnen hatten nur eine Obergrenze<br />
von 15 Akutmedikationen pro Monat, um<br />
einen Medikamentenübergebrauch auszuschließen.<br />
Bezüglich der Verträglichkeit von Pregabalin<br />
kann das Ergebnis aus Sicht eines klinisch tätigen<br />
Arztes nicht ganz nachvollzogen werden,<br />
da im klinischen Alltag bei anderen Indikationen<br />
sehr oft über Nebenwirkungen<br />
berichtet wird.<br />
Insgesamt zeigt diese Studie Ansätze bezüglich<br />
der Wirksamkeit von Pregabalin in der<br />
Migräneprophylaxe, wobei einige Fragen<br />
offen bleiben. Bei therapieresistenten PatientInnen<br />
ist dies sicher noch eine zusätzliche<br />
Möglichkeit, wobei in Anbetracht der Zulassung<br />
des Medikamentes für generalisierte<br />
Angststörung dies bei PatientInnen mit<br />
psychiatrischen Komorbiditäten zu bevorzugen<br />
ist.<br />
n<br />
1<br />
Raffaella Pizzolato et al., Efficiacy and tolerability of<br />
Pregabalin as preventive treatment for migraine: a<br />
3-month follow-up study. J Headache and Pain 2011;<br />
521–525<br />
84
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neuromuskuläre Erkrankungen<br />
Diagnostik von Small-fiber-Neuropathien<br />
Bestimmung der intraepidermalen<br />
Nervenfaserdichte (IENF) in Hautbiopsien<br />
Die Diagnose einer Small-fiber-Neuropathie stellt immer wieder eine klinische Herausforderung dar, da klinische Untersuchung, Neurographie<br />
und Elektromyographie häufig unauffällig sind. In den letzten Jahren hat sich neben der quantitativ sensorischen Testung die Hautbiopsie<br />
als Goldstandard zur Diagnose einer Small-fiber-Neuropathie etabliert.<br />
Seit Kurzem wird diese Untersuchung auch in Österreich, am Klinischen Institut für <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Wien angeboten.<br />
Im Folgenden stellt Priv.-Doz. Dr. Kovacs theoretische und praktische Aspekte dieser Methode dar.<br />
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Priv.-Doz. Dr. Julia Wanschitz<br />
DDie Bestimmung der intraepidermalen Nervenfaser<br />
(IENF)-Dichte gewinnt bei der Diagnostik<br />
von Small-fiber-Neuropathien zunehmend<br />
an Bedeutung. Die Bestimmung der<br />
IENF-Dichte ist der einzige Test, der objektiv<br />
Aufschluss über Abnormitäten dünner Nervenfasern<br />
liefern kann. In diesem kurzen Beitrag<br />
fassen wir die wichtigsten methodischen<br />
Aspekte dieses neuen Tests zusammen.<br />
Unter dem Terminus „dünne Nervenfasern“<br />
(small fibers) werden unmyelinisierte C-Fasern<br />
und dünn myelinisierte A--Fasern zusammengefasst.<br />
Bei einer Schädigung derselben<br />
spricht man von einer Small-fiber-Neuropathie.<br />
Es wurden mehrere Definitionen<br />
von Small-fiber-Neuropathien vorgeschlagen.<br />
Eine einfache, praxistaugliche Definition basiert<br />
auf normaler Suralis-Nervenleitgeschwindigkeit,<br />
klinischen Symptomen und<br />
Zeichen, und/oder veränderter quantitativ<br />
sensorischer Testung 1 . Symptome einer Smallfiber-Neuropathie<br />
umfassen unter anderem<br />
Defizite in der Temperaturwahrnehmung,<br />
neuropathische Schmerzen (Brennschmerzen,<br />
Abb.: Nervenfaser in leuchtendem Rot (Pfeilspitze), die die Basalmembran<br />
durchbricht und in der Epidermis arborisiert (Pfeile).<br />
Spontanschmerzen, neuralgiformer Schmerz,<br />
Dysästhesien, nächtliche Schmerzen) sowie<br />
Störungen der autonomen Regulation 2 .<br />
Gewinnung der Hautbiopsie<br />
Prinzipiell lassen sich zwei Techniken zur Gewinnung<br />
von Hautbiopsien unterscheiden:<br />
die Stanzbiopsie und die Exzisionsbiopsie. Die<br />
Stanzbiopsie ist relativ schnell und einfach<br />
durchführbar. Haut und Subcutis werden als<br />
zusammenhängender Stanzzylinder entnommen.<br />
Es werden sterile Einmalstanzen mit<br />
einem scharfen Metallzylinder verwendet.<br />
Empfehlung für die Praxis:<br />
• 3-mm-Stanzbiopsie aus dem distalen Teil<br />
des Beins (10 cm über dem äußeren<br />
Knöchel) sowie eine 3-mm-Probe aus<br />
dem proximalen Teil des Oberschenkels<br />
(20 cm unterhalb der Spina iliaca<br />
anterior).<br />
• Einlegen der Proben in 4%-ige<br />
Formalinlösung oder 2%-ige Para -<br />
formaldehydlösung und Übermittlung<br />
der Proben innerhalb von 24 Stunden an<br />
das Klinische Institut für <strong>Neurologie</strong>. Die<br />
diagnostische Aufarbeitung dauert<br />
ca. 1–2 Wochen.<br />
Methoden zur Quantifizierung<br />
Die Quantifizierung der small fibers in den<br />
Hautbiopsien erfolgt durch immunhistochemische<br />
Visualiserung des Protein-Genprodukts<br />
9.5 (protein gene product, PGP 9.5)<br />
und lichtmikroskopische Quantifizierung.<br />
86
Zusammengestellt für den Beirat<br />
„Neuromuskuläre Erkrankungen“:<br />
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Gabor G. Kovacs,<br />
Eva Dassler MSc.,<br />
Irene Leisser<br />
Klinisches Institut für <strong>Neurologie</strong>, Medizinische Universität Wien<br />
FOTO: MED UNI WIEN<br />
PGP 9.5 ist ein lösliches, zytosolisches Protein<br />
und hat ein Molekulargewicht von 27 kD. Es<br />
gehört zur UCH-Familie (ubiquitin carboxylterminal<br />
hydrolase) und kommt in allen zentralen<br />
und peripheren Nerven sowie auch in<br />
Zellen des neuroendokrinen Systems vor. Die<br />
Bestimmung der linearen IENF-Dichte erfolgt<br />
durch lichtmikroskopische Quantifizierung der<br />
Anzahl von Fasern pro Millimeter Epidermis<br />
im histologischen Präparat. Unterschiedliche<br />
Varianten der Bestimmung wurden in der Literatur<br />
berichtet und vorgeschlagen 3 .<br />
An unserem Institut führten wir dazu eine<br />
sys tematische Studie durch 4 . Dabei war es<br />
unser Ziel, die geeignetste IENF-Bestimmungsmethode<br />
hinsichtlich Verlässlichkeit und Kos -<br />
tengünstigkeit zu finden. Wir fanden heraus,<br />
dass die IENF-Bestimmung mittels Fluoreszenzmikroskopie<br />
diese Kriterien am besten erfüllt.<br />
Steht in einem Labor aus infrastrukturellen<br />
Gründen Fluoreszenmik roskopie nicht<br />
zur Verfügung, so kann die Bestimmung<br />
alternativ auch mittels Immunhistochemie und<br />
konventioneller Lichtmikroskopie erfolgen 1 .<br />
Für die Quantifizierung der IENF und die Interpretation<br />
der Befunde ist es erforderlich,<br />
einen geschlechts- und altersspezifischen Referenzbereich<br />
für Kranke und Gesunde zu<br />
definieren. Dabei ist es wichtig, dass die<br />
befundenden Laborinstitute die Guidelines<br />
der EFNS berücksichtigen, um Ergebnisse<br />
vergleichbar zu machen 1, 5 .<br />
FAZIT: Die Bewertung der IENF ist ein neuer,<br />
viel versprechender Labortest, welcher die<br />
diagnostische Abklärung einer Small-fiber-<br />
Neuropathie unterstützt.<br />
n<br />
1 Lauria G et al., European Federation of Neurological<br />
Societies/Peripheral Nerve Society Guideline on the use<br />
of skin biopsy in the diagnosis of small fiber neuropathy.<br />
Report of a joint task force of the European Federation<br />
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J Periph Nervous System 2010; 15:202–207.<br />
87
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Autonome Störungen<br />
Autonome Komplikation nach Schlaganfall<br />
Nach einem Schlaganfall treten autonome Störungen häufig auf und können zu sekundären<br />
kardiovaskulären Komplikationen führen 1, 2 .<br />
Hyperaktivität des sympathischen Systems<br />
und Dysfunktion des parasympathischen Sys -<br />
tems können zu Herzrhythmusstörungen, insbesondere<br />
Tachy- oder Bradyarrhythmien,<br />
Herzinfarkt oder auch plötzlichem Tod führen,<br />
dabei werden Zusammenhänge mit den<br />
Hirnregionen, die vom Schlaganfall betroffen<br />
sind, diskutiert 1–4 . Zahlreiche Arbeiten zeigen<br />
auch, dass die Prognose nach Schlaganfall<br />
ungünstiger wird, wenn Störungen der Herzfrequenzvariabilität<br />
vorliegen. Sykora und<br />
MitarbeiterInnen untersuchten Zusammenhänge<br />
zwischen Schlaganfall und Baroreflex-<br />
Empfindlichkeit und fanden nach Schlaganfall<br />
Störungen der Anpassung der Herzfrequenz<br />
an plötzliche Blutdruckänderungen 5 .<br />
Diese Beobachtung ist klinisch relevant, da<br />
es zahlreiche Hinweise gibt, dass sympathische<br />
Überaktivität und gestörte Baroreflex-<br />
Empfindlichkeit mit einer Einschränkung der<br />
Prognose nach Schlaganfall einhergehen 6–8 .<br />
Bedeutung der Hirnregion<br />
und der betroffenen Seite<br />
Bereits 1990 berichteten Oppenheimer et al.<br />
über die Bedeutung der Inselregion für die<br />
Pathophysiologie des plötzlichen ungeklärten<br />
Herztodes 9 .<br />
In mehreren Arbeiten zeigten die AutorInnen,<br />
dass Schädigungen im Bereich der Inselrinde<br />
zu einer Beeinträchtigung kardiovaskulärer<br />
Kontrollmechanismen führen. In einer neueren<br />
Arbeit von 2009 konnten Rincon et al.<br />
im Rahmen der Northern Manhattan Stroke<br />
Study (NOMAS) 10, 11 zeigen, dass neben dem<br />
Alter der PatientInnen, männlichem Geschlecht,<br />
höheren Werten auf der National<br />
Institutes of Health Stroke Scale (NIHSS) und<br />
einer vorbestehenden koronaren Herzkrankheit<br />
die Hirnregion, die vom Schlaganfall betroffen<br />
war, entscheidenden Einfluss auf die<br />
langfristige Überlebensrate der PatientInnen<br />
hatte. Dabei waren Läsionen im Frontallappen,<br />
Parietallappen, Temporallappen und in<br />
der Inselregion mit einer erhöhten Mortalitätsrate<br />
infolge kardialer Erkrankungen assoziiert<br />
10, 11 .<br />
Rincon et al. fanden in einer Follow-up-Untersuchung<br />
nach 5 Jahren bei den PatientInnen<br />
der NOMAS-Studie ein um den Faktor<br />
4,45 erhöhtes Risiko, am kardialen Tod zu<br />
versterben, wenn der linke Parietallappen<br />
vom Schlaganfall mit betroffen war. Dabei<br />
kam dem Parietallappen nur im längerfristigen<br />
Krankheitsverlauf nach Schlaganfall dieses<br />
erhöhte Risiko zu; in den ersten 30 Tagen<br />
nach einem Schlaganfall scheinen Läsionen<br />
im Parietallappen einen weniger ungünstigen<br />
Effekt auf das kardiovaskuläre System zu<br />
haben 10, 11 .<br />
Daneben kommt der Seite, die betroffen ist,<br />
wesentliche Bedeutung zu. Klingelhöfer und<br />
Sander 12 fanden bei PatientInnen nach<br />
rechtshemisphärischen Schlaganfällen eine<br />
deutlich reduzierte zirkadiane Modulation<br />
des Blutdrucks und insgesamt eine höhere<br />
Inzidenz kardialer Arrhythmien nach hemisphärischen<br />
Infarkten als nach Hirnstamminfarkten<br />
.<br />
Zamrini und MitarbeiterInnen 13 sowie Hilz et<br />
al 14 fanden bei Epilepsie-PatientInnen, bei<br />
denen vor einem epilepsiechirurgischen Eingriff<br />
eine hemisphärische Inaktivierung während<br />
des so genannten Wada-Tests erfolgte,<br />
eine Zunahme sympathisch vermittelter kardiovaskulärer<br />
Modulation nach linkshemisphärischer<br />
Inaktivierung und vermehrte parasympathische<br />
Aktivität nach rechtshemisphärischer<br />
Inaktivierung.<br />
Die Schwere autonomer<br />
Störungen korreliert mit der<br />
Schwere des Schlaganfalls<br />
Insgesamt ist der Einfluss der unterschiedlichen<br />
Regionen des zentralen autonomen<br />
Netzwerkes auf die autonome kardiale Modulation<br />
noch relativ wenig erforscht. Schädigungen<br />
des Gehirns durch einen Schlaganfall<br />
oder ein Schädel-Hirn-Trauma 15 können<br />
offensichtlich mit einer jahrelang<br />
fortbestehenden Verschiebung und Störung<br />
der sympathischen und parasympathischen<br />
kardiovaskulären Modulation einhergehen 16 .<br />
Die Schwere autonomer Störungen scheint<br />
dabei mit der Schwere des Schlaganfalls zu<br />
korrelieren. So konnten wir Zusammenhänge<br />
zwischen der Störung verschiedener kardiovaskulär-autonomer<br />
Parameter und der mittels<br />
NIHSS-Werten bestimmten Schwere des<br />
Schlaganfalls feststellen 1 . Zwar waren die<br />
Korrelationen schwach, jedoch korrelierten<br />
alle autonomen Parameter, die eine Verschiebung<br />
der sympathischen-parasympathischen<br />
Balance hin zu vermehrter sympathischer Aktivität<br />
nahelegten, mit der Schwere des<br />
Schlaganfalls 1 .<br />
Die Zunahme sympathischer Aktivität nach<br />
einem Schlaganfall fördert das Risiko von Tachyarrhythmien<br />
17 sowie das Auftreten von<br />
Herzinfarkten 4, 18 und kann letztlich mit myofibrillären<br />
Nekrosen sowie perivaskulären und<br />
interstitiellen Fibrosen des Myokards wie auch<br />
mit Vakuolisierung der Myozyten einhergehen<br />
1, 19 .<br />
Durch vermehrte sympathische Aktivität nach<br />
Hirninfarkt oder Hirnblutung steigt auch das<br />
Risiko für sekundäre Hinschädigung oder<br />
Hirnödem infolge sympathisch verursachter<br />
Entzündung mit Fieber, Hyperglykämie und<br />
88
Zusammengestellt für den Beirat „Autonome Störungen“:<br />
Prof. Dr. Max J. Hilz<br />
Leitender Oberarzt, Neurologische Klinik, Universität Erlangen-Nürnberg<br />
vermehrter Durchlässigkeit der Blut-Hirn-<br />
Schranke 1, 8, 20 . Durch die reduzierte parasympathische<br />
Modulation entstehen nach<br />
Schlaganfall weitere Risiken 1 . So ist die Gefahr<br />
maligner Tachyarrhythmien erhöht 1, 2, 14, 21 .<br />
Der Mangel an parasympathischer Modulation<br />
trägt auch zur Minderung der zerebralen<br />
Vasodilatation bei und erhöht das Risiko zerebraler<br />
Vasokonstriktion 22 und sekundärer<br />
Hirnschädigungen 23 .<br />
Da das zentral-autonome Netzwerk 24 praktisch<br />
alle Regionen des Gehirns erreicht und<br />
offensichtlich eine ständige Abstimmung zwischen<br />
verschiedenen Zentren in der rechten<br />
und linken Hemisphäre gewährleistet 9, 25, 26 ,<br />
ist verständlich, dass ein Schlaganfall fast<br />
immer mit Störungen der kardiovaskulären<br />
autonomem Modulation einhergeht.<br />
Je schwerer und ausgedehnter der Hirninfarkt<br />
ist, desto schwerer scheinen die autonomen<br />
Störungen zu verlaufen 1, 27 .<br />
Spezifische Hirnregionen wie die Inselrinde<br />
oder der Parietallappen scheinen dabei mit<br />
einem besonders hohen Risiko kardiovaskulärer<br />
Gefährdung einherzugehen und auch<br />
die Langzeitprognose ungünstig zu beeinflussen<br />
1, 2 .<br />
Fazit<br />
Zusammenfassend ist jedoch festzuhalten,<br />
dass autonomen Störungen nach Schlaganfall<br />
bislang zu wenig Beachtung geschenkt<br />
wird. Durch die Kontrolle der Herzfrequenzvariabilität<br />
nach akutem Schlaganfall, am<br />
Monitor der Stroke Unit, lässt sich mit einfachen<br />
klinischen Mitteln prüfen, ob die Modulation<br />
unter Ruhebedingungen, beim Hus -<br />
ten oder – sofern die Mitarbeit dies erlaubt<br />
– bei langsamer, metronomischer Atmung<br />
oder bei einem Valsalva-Manöver noch ausreichend<br />
gut ausgeprägt ist, ob sich die Herzfrequenz<br />
nach einer Blutdrucksteigerung,<br />
beispielsweise infolge eines kurzfristigen,<br />
leichten Kälte- oder Schmerzreizes, rasch wieder<br />
normalisiert bzw. auch absinkt, ob die<br />
Atmung einem regelmäßigen oder auffälligen<br />
Muster folgt. Mit diesen relativ einfachen klinischen<br />
Beobachtungen kann ein bettseitiges<br />
Screening erfolgen, das den Blick auch für<br />
autonome Störungen schult.<br />
Bei PatientInnen, bei denen sich der klinische<br />
Status, insbesondere die NIHSS-Werte, verschlechtert,<br />
sollte – autonom verursachten –<br />
kardiovaskulären Auffälligkeiten besonderes<br />
Augenmerk geschenkt werden 1 .<br />
Ein tieferes Verständnis zentral-autonomer<br />
Störungen nach Schlaganfall bedarf noch intensiver<br />
Forschungsarbeit. Zugleich sollte<br />
aber im klinischen Alltag mehr Aufmerksamkeit<br />
auf autonome Veränderungen nach<br />
Schlaganfall gerichtet und die Palette der therapeutischen<br />
Optionen mit Blick auf die Therapie<br />
autonomer Veränderungen erweitert<br />
werden, um so die Prognose von SchlaganfallpatientInnen<br />
im Akutstadium wie auch im<br />
langfristigen Krankheitsverlauf zu verbessern<br />
3 .<br />
n<br />
1 Hilz MJ, Moeller S, Akhundova A, Marthol H, Pauli E,<br />
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13 Zamrini EY, Meador KJ, Loring DW, Nichols FT, Lee GP,<br />
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89
NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Neurogeriatrie<br />
Zusammengestellt für den Beirat „Neurogeriatrie“:<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder<br />
Universitätsklinik für Geriatrie, Christian-Doppler-Klinik, Salzburg<br />
Biomarker der Alzheimer-Erkrankung<br />
Zum Thema Biomarker der Alzheimer-Demenz<br />
(AD) wurden in den letzten Jahren zahlreiche<br />
Artikel publiziert, wobei vor allem<br />
A42, t-Tau (Total-Tau) und p-Tau (Phospho-<br />
Tau) aus dem Liquor etabliert sind. Die Parameter<br />
A42 und t-Tau zeigen in Bezug auf<br />
die AD eine hohe Sensitivität, die Spezifität<br />
ist in Hinblick auf subjektive kognitive Beeinträchtigung<br />
und andere Demenzformen suboptimal.<br />
Spezifität der Liquorparameter<br />
Eine aktuelle Arbeit 1 hat eine große Memory-Klinik-Kohorte<br />
untersucht. Insgesamt wurden<br />
512 PatientInnen mit AD, 272 PatientInnen<br />
mit anderen Demenzen, 135 PatientInnen<br />
mit einer psychiatrischen Störung und<br />
275 PatientInnen mit einer subjektiven Gedächtniseinbuße<br />
einer Lumbalpunktion unterzogen<br />
und die oben erwähnten Parameter<br />
analysiert. Die Kombination von A42 und<br />
p-Tau erlaubte in Regressionsanalysen eine<br />
korrekte Klassifikation der PatientInnen mit<br />
AD in 92 %, bei anderen Demenzen in 66 %<br />
der Fälle.<br />
PatientInnen mit einer Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung<br />
sind durch extrem hohe t-Tau-<br />
Werte bei relativ normalen p-Tau-Werten gekennzeichnet.<br />
Interessanterweise fand sich das Alzheimer-<br />
Biomarkerprofil bei 47 % der PatientInnen<br />
mit Lewy-Body-Demenz, bei 38 % der PatientInnen<br />
mit kortikobasaler Degeneration<br />
und bei 30 % der PatientInnen mit Frontotemporallappen-Degeneration<br />
sowie vaskulärer<br />
Demenz. Als Erklärungen werden die<br />
Möglichkeit einer klinischen Fehldiagnose,<br />
Mischformen und eine Rolle von A42 und<br />
Tau-Protein in der Pathogenese anderer Demenzformen<br />
angeboten.<br />
Ergänzend wurde gefunden, dass ältere PatientInnen<br />
mit höherer Wahrscheinlichkeit ein<br />
Alzheimer-Profil im Liquor zeigen, daher ist<br />
eine Lumbalpunktion besonders bei jüngeren<br />
Menschen sinnvoll. In einem kleinen Subkollektiv<br />
wurde eine neuropathologische Untersuchung<br />
durchgeführt, hier stimmten die Ergebnisse<br />
der Liquorparameter und der Neuropathologie<br />
zu 94 % überein, während die<br />
Konkordanz zwischen klinischer und neuropathologischer<br />
Diagnose bei 85 % lag.<br />
Die Autorinnen schließen, dass aufgrund der<br />
hohen Prävalenz eines Alzheimer-typischen<br />
Liquorprofils auch bei anderen Demenzformen<br />
vermehrt eine autoptische Bestätigung<br />
der klinischen Diagnosen erfolgen sollte.<br />
Autoantikörper-Biomarker<br />
Ein anderer Artikel 2 befasst sich mit den Diagnosemöglichkeiten<br />
der AD mittels spezifischer<br />
Autoantikörperprofile in humanen<br />
Seren. Der Charme der Biomarkerdetektion<br />
über eine Blutabnahme liegt natürlich in der<br />
leichten Zugänglichkeit, wobei bisherige Publikationen<br />
häufig unter mangelnder Reproduzierbarkeit<br />
litten. In der aktuellen Studie<br />
wurde mittels Microarrays die Differenzialexpression<br />
von Serumautoantikörpern bei AD<br />
mit einem nicht an Demenz erkrankten Kontrollkollektiv<br />
verglichen.<br />
Interessant ist, dass sich im humanen Serum<br />
eine hohe Zahl von Autoantikörpern nachweisen<br />
lässt, im Durchschnitt mehr als 1000<br />
pro Probe.<br />
Als Resultat konnten 10 Autoantikörper-Biomarker<br />
definiert werden, die zwischen Alzheimer-Seren<br />
und Kontrollen mit einer Sensitivität<br />
von 96 % und einer Spezifität von<br />
92,5 % unterscheiden konnten. Die Alzheimer-Seren<br />
konnten sowohl von Seren von<br />
PatientInnen, die an anderen neurodegenerativen<br />
Erkrankungen, z. B. Parkinson, litten,<br />
als auch von Seren mit an Brustkrebs erkrankten<br />
Frauen unterschieden werden. Erwähnenswert<br />
ist weiter, dass die Diskriminierung<br />
über einen weites Spektrum der AD (MMSE<br />
von 2–24) möglich war.<br />
Die Funktion dieser Autoantikörper ist<br />
letztlich unklar, weitere Untersuchungen sind<br />
zu einem besseren Verständnis der biologischen<br />
Funktion erforderlich. Eine Erklärung<br />
für die hohe Prävalenz von Autoantikörpern<br />
– auch bei jüngeren gesunden Menschen –<br />
ist, dass diese einerseits die Geschichte der<br />
immunologischen Aktivität spiegeln, andererseits<br />
aber auch Hinweise auf laufende Krankheitsprozesse<br />
geben können. So wird vermutet,<br />
dass bei der AD der frühe Verlust von<br />
Pyramidenneuronen eine chronische und spezifische<br />
Quelle von Abbauprodukten darstellt,<br />
die über den Liquor in das Blut- und Lymphsystem<br />
gelangen und dort als Antigene eine<br />
Immunantwort hervorrufen.<br />
Kommentar: Als limitierend ist anzuführen,<br />
dass bei den wenigsten der PatientInnen die<br />
Ätiologie der Demenz autoptisch gesichert<br />
wurde. Insgesamt ist dieser Ansatz eines<br />
wenig invasiven, relativ kostengünstigen und<br />
zunehmend verfügbaren diagnostischen<br />
Tools interessant, da damit die Diagnose einer<br />
AD zu einem früheren Zeitpunkt mit höherer<br />
Trennschärfe gestellt werden könnte. n<br />
1 Schoonenboom NS, Reesink FE, Verwey NA, Kester MI,<br />
Teunissen CE, van de Ven PM, Pijnenburg YA, Blankenstein<br />
MA, Rozemuller AJ, Scheltens P, van der Flier WM,<br />
Cerebrospinal fluid markers for differential dementia<br />
diagnosis in a large memory clinic cohort. Neurology<br />
2012 Jan 3; 78(1):47–54.<br />
2 Nagele E, Han M, Demarshall C, Belinka B, Nagele R,<br />
Diagnosis of Alzheimer’s disease based on diseasespecific<br />
autoantibody profiles in human sera. PLoS One<br />
2011; 6(8):e23112. Epub 2011 Aug 3.<br />
92
Service –Veranstaltungstermine<br />
The 7 th Baltic Congress of Neurology<br />
9.–12. Mai<br />
Tartu, Estland<br />
Webinfo: www.balcone2012.ee<br />
Schmerzakademie der ÖGN und ÖGPP „Modul 4“<br />
30. März bis 1. April<br />
Hotel Friesacher, Hellbrunner Straße 17, 5081 Anif/Salzburg<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
3 rd International Symposium<br />
PAIN IN THE BALTICS 2012<br />
13.–14. April<br />
Vilnius, Litauen<br />
Webinfo: www.balticpain2012.com<br />
„Neurologischer Donnerstag“<br />
19. April<br />
Landesnervenklinik Wagner-Jauregg<br />
Ausbildungszentrum, Niedernharter Straße 20, 4020 Linz<br />
Information: Univ.-Prof. Prim. Dr. Franz Aichner<br />
Tel.: +43 (0)50/554 62-25701<br />
E-Mail: franz.aichner@gespag.at<br />
EMG-Seminar<br />
20.–21. April<br />
Neurologisches Rehabilitationszentrum<br />
Rosenhügelstraße 192A, 1130 Wien<br />
Information: KH Hietzing mit NZ Rosenhügel,<br />
II. Neurologische Abteilung<br />
Sekretariat: Frau Schneider<br />
Tel.: +43 (0)1/880 00-266<br />
E-Mail: gabriele.schneider@wienkav.at<br />
Jahrestagung der Österreichischen <strong>Gesellschaft</strong><br />
für Schlafmedizin und Schlafforschung<br />
27.–28. April<br />
Grand Hotel Sauerhof, 2500 Baden/Wien<br />
Webinfo: www.asra2012.at<br />
7 th International Symposium on Neuroprotection<br />
and Neurorepair<br />
2.–5. Mai<br />
Kongresshotel Potsdam am Templiner See, Deutschland<br />
Information: event lab. GmbH<br />
Tel.: +49 (0)341/24 05 96-81<br />
Fax: +49 (0)341/24 05 96-51<br />
E-Mail: abrannolte@eventlab.org<br />
8 th International Congress on Mental Dysfunction &<br />
Other Non-Motor Features in Parkinson’s Disease<br />
3.–6. Mai<br />
Berlin, Deutschland<br />
Information: Kenes International<br />
E-Mail: mdpd@kenes.com<br />
„Neurologischer Donnerstag“<br />
10. Mai<br />
AKh-Linz, Med. Ausbildungszentrum, Hörsaal 1 bzw. 3a/b<br />
Information: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr<br />
Tel.: +43 (0)732/78 06-6811<br />
E-Mail: gerhard.ransmayr@akh.linz.at<br />
3. Neuroonkologie-Fortbildungstag –<br />
Paraneoplastische versus nicht paraneoplastische<br />
neuroimmunologische Syndrome<br />
11. Mai<br />
Landesklinikum St. Pölten-Lilienfeld<br />
Information: Markus Hutterer, Stefan Oberndorfer<br />
E-Mail: m.hutterer@salk.at<br />
7 th World Congress of Neurorehabiliation<br />
16.–19. Mai<br />
Melbourne, Australien<br />
Information:<br />
E-Mail: wcnr2012@dcconferences.com.au<br />
Webinfo: www.dcconferences.com.au/wcnr2012<br />
XXI. European Stroke Conference<br />
22.–25. Mai<br />
Lissabon, Portugal<br />
Tel.: +41 (0)61/686 77 11<br />
Fax: +41 (0)61/686 77 88<br />
E-Mail: congrextravel@congrex.com<br />
Schmerzakademie der ÖGN und ÖGPP „Modul 5“<br />
25.–27. Mai<br />
Hotel Friesacher, Anif/Salzburg<br />
Information: ÖGN-Sekretariat<br />
3 rd International Conference<br />
Advances in Clinical Neuroimmunology<br />
31. Mai bis 1. Juni<br />
Wien<br />
Webinfo: www.acn2012.eu<br />
RIMS 2012 – Rehabilitation in Multiple Sclerosis<br />
17 th Annual Conference<br />
31. Mai bis 2. Juni<br />
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Deutschland<br />
Webinfo: www.rims2012.org<br />
44 th International Danube Neurology Symposium<br />
7.–9. Juni<br />
Szeged, Ungarn<br />
Webinfo: www.congress-service.hu/2012/danube<br />
98
ÖGN-Sekretariat: Tanja Weinhart<br />
Skodagasse 14–16, 1080 Wien<br />
Tel.: +43 (0)1/512 80 91-19<br />
E-Mail: oegn@admicos.com<br />
22 nd Meeting of the European Neurological<br />
Society (ENS)<br />
9.–12. Juni<br />
Prag, Tschechien<br />
Information: European Neurological Society, Basel<br />
Tel.: +41 (0)616 91 51 11<br />
E-Mail: info@ensinfo.org<br />
Webinfo: www.ensinfo.org<br />
9. Innere Medizin Update-Refresher<br />
12.–16. Juni<br />
Aula der Wissenschaften, Wien<br />
Information: Forum für medizinische Fortbildung<br />
Tel.: +43 (0)2252/263 263 10<br />
Fax: +43 (0)2252/263 263 40<br />
E-Mail: info@fomf.at<br />
Webinfo: www.fomf.at<br />
„Neurologischer Donnerstag“<br />
14. Juni<br />
AKH Linz, Med. Ausbildungszentrum, Hörsaal 1 bzw. 3a/b<br />
Information: Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr<br />
Tel.: +43 (0)732/78 06-6811<br />
E-Mail: gerhard.ransmayr@akh.linz.at<br />
6. Kongress der Arbeitsgemeinschaft<br />
für Notfallmedizin: Notfallmedizin 2.0<br />
14.–16. Juni<br />
Messe Congress Graz<br />
Webinfo: www.agn.at/index.php/kongress<br />
16 th International Congress of Parkinson Disease<br />
and Movement Disorder<br />
17.–21. Juni<br />
Dublin, Ireland<br />
Webinfo: www.mdscongress2012.org<br />
The 8 th International Conference on<br />
Frontotemporal Dementias<br />
5.–7. September<br />
Manchester, England<br />
Webinfo: www.ftd2012.org<br />
The European Association of Neurooncology<br />
6.–9. September<br />
Marseille<br />
Information: Vienna Medical Academy,<br />
Alser Straße 4, 1090 Wien<br />
Tel.: +43 1/405 13 93-0<br />
Fax: +43 1/407 82 74<br />
E-Mail: eano2012@medacad.org<br />
Webinfo: www.eano.eu<br />
16 th EFNS Congress<br />
8.–10. September<br />
Stockholm, Schweden<br />
E-Mail: stockholm2010@efns.org<br />
Webinfo: www.efns.org/efns2012<br />
57. Jahrestagung der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong><br />
für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN)<br />
12.–15. September<br />
Universitätsklinikum Erlangen, Deutschland<br />
Information: Nadia Al Hamadi<br />
Tel.: +49 (0)3641/311 63 15<br />
Fax: +49 (0)3641/311 62 41<br />
E-Mail: neuropathology2012@conventus.de<br />
Webinfo: www.conventus.de<br />
10 th European Congress on Epileptology<br />
30. September bis 4. Oktober<br />
London, England<br />
Webinfo: www.epilepsylondon2012.org<br />
8 th World Stroke Congress<br />
10.–13. Oktober<br />
Brasilien<br />
Webinfo: www2.kenes.com/stroke/pages/home.aspx<br />
Intensivkurs Neuroanatomie 2012<br />
Schwerpunktthemen 2012:<br />
Kleinhirn, Rückenmark, Frontallappen<br />
10.–13. Oktober<br />
Anatomische Anstalt der Universität München, Deutschland<br />
E-Mail: info@intensivkurs-neuroanatomie.de<br />
Webinfo: www.intensivkurs-neuroanatomie.de<br />
2 nd International Congress on<br />
Neurology & Epidemiology<br />
8.–10. November<br />
Nice, Frankreich, Deutschland<br />
Webinfo: www.neuro-conference.com/2012/<br />
22. Jahrestagung der Deutschen <strong>Gesellschaft</strong><br />
für Neurorehabilitation e. V. (DGNR) 2012<br />
22.–24. November<br />
Stadthalle Fürth, Rosenstr. 50, 90762 Fürth, Deutschland<br />
Information: Claudia Voigtmann, Conventus<br />
Congressmanagement & Marketing GmbH<br />
Carl-Pulfrich-Straße 1, 07745 Jena<br />
Tel.: +49 (0)3641/311 63 35<br />
Fax: +49 (0)3641/311 62 41<br />
E-Mail: claudia.voigtmann@conventus.de<br />
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