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Kritische Auseinandersetzung mit dem ... - Oekolandbau.de

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Informationsmaterialien über <strong>de</strong>n ökologischen Landbau (Landwirtschaft einschl. Wein-, Obst- und<br />

Gemüsebau) für <strong>de</strong>n Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen<br />

(Initiiert durch das Bun<strong>de</strong>sministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sprogramms Ökologischer Landbau)<br />

Fachschule Landwirtschaft<br />

<strong>Kritische</strong> <strong>Auseinan<strong>de</strong>rsetzung</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

ökologischen Landbau<br />

A1 Was weiß ich vom ökologischen Landbau?<br />

Glie<strong>de</strong>rung<br />

Sachstand <strong>de</strong>s ökologischen Landbaus –<br />

Bericht <strong>de</strong>r EU-Kommission im Januar 2003 ......................................................................................2<br />

Das Image von Bioprodukten als Hemmo<strong>de</strong>r<br />

För<strong>de</strong>rungsfaktor für die Absatzentwicklung...............................................................................4<br />

Ausgewählte Grundlagen <strong>de</strong>s Informationsund<br />

Entscheidungsverhaltens von Verbrauchern ...............................................................................6<br />

Lebens<strong>mit</strong>telskandale (BSE, Nitrofen...)............................................................................................. 9<br />

Der Beitrag <strong>de</strong>s Öko-Landbaus zu <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>r Agrarpolitik.........................................................10<br />

Kurzcharakterisierung<br />

Konventioneller und ökologischer Landbau haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Die innerberufliche<br />

und gesellschaftliche Diskussion ist darüber seit Jahren im Gange. Nachstehend wer<strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>ne Positionen dargestellt, die <strong>de</strong>r eigenen Meinungsbildung dienen sollen. Wichtige Stichworte<br />

sind: Gesundheit, Umweltwirkung, Verbreitung, Imagebildung, Verbraucherverhalten, Lebens<strong>mit</strong>telskandale,<br />

Einkommen, sowie Staatsausgaben.<br />

© BLE 2006<br />

H. Breker


Sachstand <strong>de</strong>s ökologischen Landbaus<br />

Bericht <strong>de</strong>r EU-Kommission im Januar 2003<br />

Nach Ansicht <strong>de</strong>r EU-Kommission haben Untersuchungen ergeben, dass <strong>de</strong>r ökologische<br />

Landbau im Durchschnitt stärker zur Landschaftspflege, zum Schutz wildleben<strong>de</strong>r Tiere und<br />

zur Erhaltung <strong>de</strong>r Pflanzenvielfalt beitrage als die herkömmliche Landwirtschaft.<br />

„Theoretisch“ könnten zwar einige herkömmliche landwirtschaftliche Verfahren bezüglich<br />

bestimmter Indikatoren weniger nachteilig auf die Umwelt einwirken als die biologische<br />

Landwirtschaft; <strong>de</strong>r Vorteil <strong>de</strong>r ökologischen Landwirtschaft bestehe aber darin, dass er ein<br />

breiteres Spektrum an Umwelt und sonstigen Indikatoren beeinflussen könne.<br />

Die Kommission räumt jedoch einschränkend ein, dass ökologische Lebens<strong>mit</strong>tel nicht<br />

generell gesün<strong>de</strong>r seien als herkömmliche, <strong>de</strong>nn die in <strong>de</strong>r EU verkauften Nahrungs<strong>mit</strong>tel<br />

unterliegen ein und <strong>de</strong>nselben strengen Normen. Bei ökologisch erzeugten Lebens<strong>mit</strong>teln sei<br />

allerdings die Gefahr einer Pestizid- und Nitratbelastung geringer, unter an<strong>de</strong>rem <strong>de</strong>shalb,<br />

weil Öko-Nahrung häufiger getestet wer<strong>de</strong>. Behauptungen, wonach ökologische<br />

Erzeugnisse häufiger <strong>mit</strong> Mykotoxinen verseucht seien als herkömmliche Lebens<strong>mit</strong>tel, weist<br />

die Kommission zurück. Bei Vergleichsuntersuchungen sind solche Ergebnisse zustan<strong>de</strong><br />

gekommen. Bei <strong>de</strong>n Vitamin- und Mineralstoffgehalten schnitten die ökologischen<br />

Produkte geringfügig besser ab.<br />

Beim routinemäßigen Anbau von Hülsenfrüchten sieht die Kommission die Gefahr einer<br />

potenziellen Umweltgefährdung durch unkontrollierte Nitratauswaschung. Es wird<br />

einschränkend festgestellt, dass <strong>mit</strong> mo<strong>de</strong>rnen und angepassten Verfahren das Problem<br />

reduziert wer<strong>de</strong>n könne. Studien hätten ergeben, dass in Öko-Betrieben um bis zu 57<br />

Prozent weniger Nitratauswaschung festzustellen war als bei an<strong>de</strong>ren landwirtschaftlichen<br />

Betrieben.<br />

Wegen <strong>de</strong>r mechanischen Unkrautbekämpfung verbrauchen Öko-Betriebe wesentlich mehr<br />

Dieselkraftstoff, insgesamt läge <strong>de</strong>r Energieverbrauch wegen <strong>de</strong>r nicht verwen<strong>de</strong>ten Düngeund<br />

Pflanzenschutzstoffe unter <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r konventionellen Betriebe. Der geringere<br />

Gesamtenergieverbrauch reduziere auch <strong>de</strong>n Kohlendioxidverbrauch, <strong>de</strong>r in Öko-Betrieben<br />

um 40 bis 60 Prozent niedriger liege.<br />

Als Fehleinschätzung bezeichnet die Kommission die Auffassung, <strong>de</strong>r Bio-Landbau arbeite<br />

noch <strong>mit</strong> Metho<strong>de</strong>n, die vor 50 Jahren in <strong>de</strong>r konventionellen Landwirtschaft üblich gewesen<br />

seien. Öko-Landwirte bedienten sich heutzutage mo<strong>de</strong>rner Verfahren, setzten angepasste<br />

Saatgutsorten und Tierrassen ein und hätten neuere Verfahren <strong>de</strong>r mechanischen<br />

Unkrautbekämpfung entwickelt.<br />

Dass die Öko-Erzeugnisse noch nicht sehr weit verbreitet seien, dafür führt die Kommission<br />

eine Reihe von Grün<strong>de</strong>n auf:<br />

• Die Verarbeiter von Öko-Produkten stün<strong>de</strong>n vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Problem, dass sie nur wenige<br />

Zusatzstoffe verwen<strong>de</strong>n dürfen und <strong>de</strong>shalb neue Verfahren entwickeln müssten, um die<br />

Produkte haltbar zu machen. Da das Know-how zur Verarbeitung und Haltbarmachung<br />

wie ein Betriebseigentum behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>, hätten es neue Firmen äußerst schwer, Fuß<br />

zu fassen. Nach Meinung <strong>de</strong>r Kommission wür<strong>de</strong> mehr öffentlich finanzierte Forschung,<br />

Information und Schulung zur Entwicklung neuer ökologischer Lebens<strong>mit</strong>tel beitragen.<br />

• Hemmend auf das Angebot ökologischer Produkte wirke sich auch aus, dass <strong>de</strong>n<br />

Verarbeitern durch die Notwendigkeit, getrennte Produktionslinien zu fahren, erhebliche<br />

Mehrkosten entstün<strong>de</strong>n.<br />

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H. Breker


• Die Nachfrage nach Öko-Produkten sei vor allem <strong>de</strong>shalb nicht höher, weil die<br />

Verbraucher die Preise als zu hoch empfän<strong>de</strong>n.<br />

• Ein weiterer Hemmfaktor wird darin gesehen, dass die Öko-Produkte nur in bestimmten<br />

Geschäften zu kaufen sind.<br />

• Der Verbraucher könne keinen Unterschied zur Qualität <strong>de</strong>r herkömmlichen Produkte<br />

feststellen.<br />

• Es bestün<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Verbrauchern immer noch Zweifel an <strong>de</strong>r Echtheit ökologischer<br />

Produkte.<br />

Die Kommission räumt ein, dass <strong>de</strong>r Preisunterschied auf Verbraucherstufe zwischen<br />

ökologischen und herkömmlichen Erzeugnissen „natürlich noch sehr hoch“ sei. Nur ein Teil<br />

<strong>de</strong>s Mehrpreises komme <strong>de</strong>n Landwirten zugute. In <strong>de</strong>n meisten Fällen fließe <strong>de</strong>r<br />

Großteil <strong>de</strong>s Aufpreises in die Verarbeitungs- und Vertriebskette. Aufgrund <strong>de</strong>r geringen<br />

Umsatzmengen seien die Verarbeitungs- und Vertriebskosten höher als für an<strong>de</strong>re<br />

Erzeugnisse.<br />

Nach Meinung <strong>de</strong>r Kommission sollten kostensenken<strong>de</strong> Vertriebswege forciert wer<strong>de</strong>n. Als<br />

Beispiel wird die Direktvermarktung genannt. Die in Großküchen, Schulen, Krankenhäusern<br />

und Kantinen vorgesehenen Budgets erreichten schnell ihre Grenzen, wenn es um die<br />

Verwendung ökologisch hergestellter Produkte geht. Auch das Angebot in Großgebin<strong>de</strong>n<br />

fehle beim Öko-Vertrieb.<br />

Die Kommission macht ferner darauf aufmerksam, dass aufgrund <strong>de</strong>r geringen Größe <strong>de</strong>s<br />

Öko-Marktes wenig Anreiz für Forschung und technische Entwicklung bestehe. Daher gebe<br />

es für ein Eingreifen <strong>de</strong>s Staates zugunsten <strong>de</strong>s ökologischen Landbaus gute Argumente.<br />

Quelle: AgraEurope, Ausgabe 02, 2003, Europa-Nachrichten S. 93/94<br />

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H. Breker


Das Image von Bioprodukten als Hemm- o<strong>de</strong>r<br />

För<strong>de</strong>rungsfaktor für die Absatzentwicklung<br />

Bio-Produkte gelten als gesundheitlich unbe<strong>de</strong>nklich, und die zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong><br />

Produktionsweise wird als umweltfreundlich und tiergerecht angesehen.<br />

Mit dieser Beurteilung wird aber noch nicht das Gesamtimage eines Produktes<br />

beschrieben, son<strong>de</strong>rn es sind noch weitere Image-bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktoren aus psychologischer<br />

Sicht beschreibbar, die hemmend o<strong>de</strong>r auch för<strong>de</strong>rlich für die Absatzentwicklung<br />

berücksichtigt wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Nach einer Untersuchung <strong>de</strong>r unten genannten Autoren seien folgen<strong>de</strong> zusätzliche Aspekte<br />

zu ergänzen:<br />

• Die starke Imageverbindung zwischen Bio-Produkten und Bio-Lebensstil<br />

behin<strong>de</strong>re <strong>de</strong>rzeit eine erfolgreiche Positionierung als Genuss<strong>mit</strong>tel. Die begrenzen<strong>de</strong>n<br />

Aspekte <strong>de</strong>s Images stün<strong>de</strong>n im Gegensatz zu einer auf Genuss ausgerichteten<br />

Lebensweise.<br />

• Der Fundamentalismus und die Unversöhnlichkeit, <strong>mit</strong> <strong>de</strong>nen Anhänger und Gegner<br />

<strong>de</strong>s Bio-Landbaus ihre <strong>Auseinan<strong>de</strong>rsetzung</strong>en führten, verlangten vom Verbraucher bei<br />

<strong>de</strong>r Verwendung von Bio-Produkten eine weitgehen<strong>de</strong> I<strong>de</strong>ntifikation zu Gunsten <strong>de</strong>r<br />

Produktionsweisen. Bio-Produkte wür<strong>de</strong>n als Zeichen <strong>de</strong>r Zugehörigkeit zu einer dieser<br />

Gruppen wahrgenommen. Eine Gelegenheitsverwendung wer<strong>de</strong> dadurch erschwert.<br />

• Vorgenannte Feststellung scheint im Wi<strong>de</strong>rspruch zur <strong>de</strong>n von Verbrauchern<br />

angegebenen Einkaufshäufigkeit zu stehen (20 Prozent regelmäßige Käufer, 50 Prozent<br />

gelegentliche Käufer laut CMA-Studie). Der tatsächliche Marktanteil wird jedoch nur auf 3<br />

Prozent geschätzt.<br />

• Die Konsequenz, <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r die Prinzipien <strong>de</strong>r Bio-Erzeugung vertreten wer<strong>de</strong>, wirke<br />

sich för<strong>de</strong>rnd auf <strong>de</strong>n Absatz von Baby-Kost aus. In diesem Marktsegment komme <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Sicherheitsaspekt eine große Be<strong>de</strong>utung zu und über<strong>de</strong>cke die ansonsten eher negativ<br />

eingestuften Dimensionen. Aufgrund <strong>de</strong>r traditionsreichen Marken bei Säuglings- und<br />

Kleinkin<strong>de</strong>rnahrung sei das Bio-Image nicht so dominant wie in an<strong>de</strong>ren Bereichen <strong>mit</strong><br />

<strong>de</strong>r Folge, dass die enge Verbindung <strong>de</strong>s Produktes zum Bio-Lebensstil zurückträte.<br />

Der Absatz wer<strong>de</strong> jedoch schwerpunktmäßig durch Angst vor Rückstän<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

Nahrungs<strong>mit</strong>teln geför<strong>de</strong>rt und nicht durch <strong>de</strong>n Genuss.<br />

• Nach beunruhigen<strong>de</strong>n Lebens<strong>mit</strong>telskandalen gewinne <strong>de</strong>r Fundamentalismus <strong>de</strong>r<br />

Weltanschauung und die geringe Vermischung <strong>de</strong>s Bio-Anbaus <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n konventionellen<br />

Vermarktungswegen an Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n Absatz <strong>de</strong>r Produkte. Die Sicherheit <strong>de</strong>r<br />

Lebens<strong>mit</strong>tel wer<strong>de</strong> zur dominieren<strong>de</strong>n Imagedimension, so dass die Verwendung von<br />

Bio-Produkten ansteigt. Mit einem Verblassen <strong>de</strong>r Skandalwirkung wür<strong>de</strong>n jedoch die<br />

übrigen Imagedimensionen ihr ursprüngliches Gewicht wie<strong>de</strong>r einnehmen.<br />

• Der Absatz <strong>de</strong>r Bio-Produkte über <strong>de</strong>n konventionellen Lebens<strong>mit</strong>teleinzelhan<strong>de</strong>l<br />

(LEH) wi<strong>de</strong>rspräche <strong><strong>de</strong>m</strong> Imagezug fundamentalistischer Traditionen. Solange Bio-<br />

Produkte <strong>mit</strong> einem alternativen Lebensstil gleichgesetzt wür<strong>de</strong>n, könne <strong>de</strong>r Vertrieb über<br />

diesen Absatzweg zu einer Aushöhlung <strong>de</strong>r Glaubwürdigkeit bei bisherigen<br />

Käuferschichten führen.<br />

• Vor allem im Bereich <strong>de</strong>r Backwaren behin<strong>de</strong>rten Produkterfahrungen und Vorurteile<br />

eine Erhöhung <strong>de</strong>r Absatzmengen. Demgegenüber unterstütze <strong>de</strong>r positiv<br />

eingeschätzte Geschmack bei Obst und Gemüse die Absatzaus<strong>de</strong>hnung.<br />

Quelle: Simons, Vierboom, Härlen: Einfluss <strong>de</strong>s Images von Bio-Produkten auf <strong>de</strong>n Absatz <strong>de</strong>r Erzeugnisse.<br />

Institut f. Marktforschung, Uni Bonn.<br />

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H. Breker


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Nachstehend fin<strong>de</strong>n Sie ein bekanntes Mo<strong>de</strong>ll zur Verbreitung von Neuerungen und einige<br />

Hinweise für die Bedingungen zur erfolgreichen Verbreitung <strong>de</strong>s Öko-Landbaus.<br />

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Ausgewählte Grundlagen <strong>de</strong>s Informations- und<br />

Entscheidungsverhaltens von Verbrauchern<br />

In einer neueren englischen Untersuchung über das Informationsinteresse <strong>de</strong>r Verbraucher<br />

an <strong>de</strong>r Lebens<strong>mit</strong>telerzeugung wur<strong>de</strong>n drei Gruppen unterschie<strong>de</strong>n:<br />

Ignorante (38 %), die kein Interesse an neuen Informationen haben,<br />

Inaktive (51 %), die gute Vorsätze haben, aber nichts tun,<br />

Wissbegierige (11 %), die aktiv nach Informationen suchen.<br />

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H. Breker


In <strong>de</strong>r Verbraucherpolitik und auch in <strong>de</strong>r Rechtsprechung wer<strong>de</strong> häufig von einem<br />

i<strong>de</strong>alisierten, aber unrealistischen Bild eines durch und durch rationalen Verbrauchers<br />

ausgegangen. Er sei in <strong>de</strong>r Lage und bereit, alle für sein Konsumverhalten relevanten<br />

Informationen zu sammeln, zur objektiv maximalen Nutzenstiftung effizient zu verarbeiten<br />

und eine vernünftige Einkaufsentscheidung zu treffen.<br />

Geeigneter zur Abbildung <strong>de</strong>s Informations- und Entscheidungsverhaltens <strong>de</strong>s Verbrauchers sei<br />

eine Zweiteilung<br />

(nach PETTY/CACIOPPO):<br />

1. Bei einem hohen Engagement <strong>de</strong>s Konsumenten, das abhängig ist von <strong>de</strong>r<br />

aktuellen Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n Betroffenen, <strong><strong>de</strong>m</strong> Orientierungsbedarf und <strong>de</strong>r Fähigkeit zur<br />

Informationsverarbeitung, wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r direkte Weg <strong>de</strong>r Informationsgewinnung <strong>mit</strong> hohem<br />

Aufwand an Erkenntnisgewinnung gewählt. In solchen Fällen könne man <strong>de</strong>n Verbraucher<br />

<strong>mit</strong> Sachinformationen erreichen.<br />

2. Bei einem geringeren Engagement erfolge die Informationsverarbeitung ohne<br />

großen Aufwand über <strong>de</strong>n indirekten (peripheren) Weg. In diesen Fällen hänge die<br />

Wirkung <strong>de</strong>r Informationen stärker von <strong>de</strong>r Glaubwürdigkeit und Attraktivität <strong>de</strong>s<br />

Informanten, <strong>de</strong>r Häufigkeit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rholung und weiteren emotionalen Schlüsselreizen<br />

ab. Sachinformationen erzielten in diesem Fall nur eine geringe Wirkung.<br />

Für die überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit <strong>de</strong>r Bevölkerung sei im Normalfall ein ernsthaftes Interesse<br />

an Lebens<strong>mit</strong>teln eng begrenzt. Wenn sie sich überhaupt interessierten, dann eher weniger<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> direkten Weg als vielmehr auf <strong><strong>de</strong>m</strong> indirekten Weg über folgen<strong>de</strong> typische<br />

Erscheinungsformen verzerrter Wahrnehmung:<br />

1. Verwendung von Schlüsselinformationen: Einzelne Eigenschaften o<strong>de</strong>r sonstige<br />

Umstän<strong>de</strong> für ein Produkt stehen stellvertretend für das gesamte Produkt. Das min<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>n Informationsaufwand und reiche für das Wissensbedürfnis aus. Z. B. „Öko“ o<strong>de</strong>r „Bio“<br />

stehen für gesun<strong>de</strong> Nahrungs<strong>mit</strong>tel, allein weil es dieses Attribut hat.<br />

2. Generalisierung: Darunter versteht man die Neigung, Einzelbeobachtungen zu<br />

verallgemeinern. Eigenschaften eines Einzelobjektes wer<strong>de</strong>n auf ähnliche Produkte<br />

übertragen. Beispiel: Tierhaltung in kleinen Gruppen ist tierfreundlich, weil dies aus<br />

<strong>de</strong>r Heimtierhaltung bekannt ist.<br />

3. Natürlichkeitspräferenz („natural bias“): Bei <strong>de</strong>r Beurteilung von menschlich<br />

beeinflussten Produktionsweisen ist häufig die Natur das Maß aller Dinge. Das Natürliche<br />

sei die Lösung für alle Probleme. Beispiel: Freilandhaltung von Geflügel und Schweinen<br />

wird als tierfreundlich eingestuft, weil dies <strong>de</strong>r Lebensweise von wildleben<strong>de</strong>n Artverwandten<br />

entspricht.<br />

4. Risikowahrnehmung: Bei <strong>de</strong>r Beurteilung von Nahrungs<strong>mit</strong>telrisiken kommt es zu<br />

systematischen Über- und Unterschätzungen. Selbst zugemutete Risiken wie Rauchen,<br />

falsche Ernährungsweisen u. Ä. wer<strong>de</strong>n geringer eingestuft als von außen zugemutete<br />

Risiken, wie beispielsweise angeblich o<strong>de</strong>r tatsächlich belastete Lebens<strong>mit</strong>tel.<br />

Lebens<strong>mit</strong>telskandale erzeugten ein vorübergehend größeres Engagement <strong>de</strong>r<br />

Verbraucher und ebbten ebenso schnell wie<strong>de</strong>r auf Normalniveau ab.<br />

Angesichts <strong>de</strong>r einschlägigen Beobachtungen und Untersuchungen <strong>de</strong>s<br />

Verbraucherverhaltens müsse bezweifelt wer<strong>de</strong>n, dass die Nischenfunktion <strong>de</strong>s ökologischen<br />

Landbaus verlassen wer<strong>de</strong> zu Gunsten einer breiten Mehrheit von Öko-Kun<strong>de</strong>n. Die<br />

Marktnische wer<strong>de</strong> größer wer<strong>de</strong>n, dafür sorgten schon die angebotsstimulieren<strong>de</strong>n<br />

Maßnahmen (Prämien), <strong>de</strong>ren volle Wirkungen jedoch erst nach Ablauf <strong>de</strong>r zweijährigen<br />

Umstellungsphase eintreten wür<strong>de</strong>n.<br />

Quelle: PETTY/CACIOPPO: Consumers behaviour, University of Oxford<br />

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H. Breker


Lebens<strong>mit</strong>telskandale (BSE, Nitrofen ...)<br />

Lebens<strong>mit</strong>telskandale hätten sehr kurze Halbwertzeiten, das heißt, nach etwa einem halben<br />

Jahr sei <strong>de</strong>r Verbraucher zu seinen gewohnten Verhaltensweisen zurückgekehrt. Über<br />

Jahrzehnte hinweg betrachtet, bliebe es jedoch bei <strong>de</strong>r Aufteilung, dass<br />

1. ein Drittel <strong>de</strong>r Verbraucher die Aussage unterstützt, „dass <strong>de</strong>n Verbrauchern durch das<br />

Gere<strong>de</strong> über Rückstän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Nahrungs<strong>mit</strong>teln unnötig Angst gemacht wird“.<br />

2. ein weiteres Drittel <strong>de</strong>r Verbraucher die Meinung unterstützt, „durch Nahrungs<strong>mit</strong>tel<br />

schleichend vergiftet zu wer<strong>de</strong>n“, und<br />

3. das letzte Drittel „unentschie<strong>de</strong>n <strong>mit</strong> teils/teils“ antwortet.<br />

Die Wahrnehmung <strong>de</strong>r Verbraucher unterliege Verzerrungen, insbeson<strong>de</strong>re im Falle von<br />

Risikowahrnehmungen. Die Psychologie nennt folgen<strong>de</strong> Risikomerkmale, die als Verstärker<br />

auftreten bzw. eine abschwächen<strong>de</strong> Funktion ausüben:<br />

• die Risikoquelle (bekannt – unbekannt, anthropogen (von Menschen verursacht)<br />

– natürlich)<br />

• die Exposition (Ausgesetzt-Sein); (freiwillig – unfreiwillig übernommenes Risiko)<br />

• die Scha<strong>de</strong>nsart (Schrecklichkeit, persönliche Betroffenheit)<br />

• das Risikomanagement (unter Kontrolle – nicht unter Kontrolle)<br />

Risiken, die <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Verzehr von Lebens<strong>mit</strong>teln zusammenhängen, seien in <strong>de</strong>r Regel<br />

• unfreiwillige,<br />

• unbekannte,<br />

• anthropogene (von Menschen verursachte) und<br />

• in <strong>de</strong>r Regel schwer kontrollierbare und schreckliche Risiken.<br />

Diese Merkmale ließen eine ten<strong>de</strong>nzielle Überschätzung von Lebens<strong>mit</strong>telrisiken durch<br />

Verbraucher (und Politiker) erwarten. Beispiele:<br />

• die Wahrscheinlichkeit, von <strong>de</strong>r eigenen Frau ermor<strong>de</strong>t zu wer<strong>de</strong>n, ist größer als die<br />

Wahrscheinlichkeit, durch Rindfleischverzehr an CJK zu erkranken.<br />

• die Wahrscheinlichkeit, durch Nitrofen-belastete Lebens<strong>mit</strong>tel Krebs zu bekommen,<br />

entspricht fast <strong><strong>de</strong>m</strong> Krebsrisiko durch <strong>de</strong>n Genuss von Fleisch in <strong>de</strong>r Grillsaison.<br />

• Rauchen, falsche Ernährungsgewohnheiten, Straßenverkehr stellen weitaus höhere<br />

Risikopotenziale dar als eventuell belastete Lebens<strong>mit</strong>tel.<br />

Lebens<strong>mit</strong>telskandale liefen meist nach folgen<strong><strong>de</strong>m</strong> gleichbleiben<strong>de</strong>n Muster<br />

ab:<br />

1. Es fin<strong>de</strong>t ein „Schlüsselereignis“ statt (hohe Aufmerksamkeit beim Publikum und ein<br />

Bedarf an zusätzlichen Informationen).<br />

2. Die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Journalisten wird geweckt, die wie<strong>de</strong>rum vermuten, dass das<br />

Publikum nach weiteren Informationen verlangt. Da sachbezogene Informationen knapp<br />

sind, wer<strong>de</strong>n verwandte Themen einbezogen und erreichen Öffentlichkeitsinteresse.<br />

3. Schlüsselereignisse rufen Interessenvertreter auf <strong>de</strong>n Plan, die die Chance sehen, ihre<br />

Anliegen einer breiten Öffentlichkeit <strong>mit</strong>zuteilen.<br />

4. Die öffentliche Diskussion übt Entscheidungsdruck auf Politiker, Verwaltung,<br />

Wirtschaft usw. aus, die <strong>mit</strong> schnellen Aktionen („Aktionismus“) ohne fundamentale<br />

Absicherungen reagieren.<br />

Quelle: Prof. Dr. R. v. Alvensleben, Institut f. Agrarmarketing, Universität Kiel, FAZ v. 10.06.2002<br />

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H. Breker


Der Beitrag <strong>de</strong>s Öko-Landbaus zu <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>r<br />

Agrarpolitik<br />

Die fünf klassischen Ziele <strong>de</strong>r Agrarpolitik, wie sie im Art. 39 <strong>de</strong>r Römischen Verträge im<br />

Jahre 1955 vereinbart wur<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n heute in ihrer Be<strong>de</strong>utung an<strong>de</strong>rs akzentuiert und in<br />

ihrer Vorrangigkeit umgestellt.<br />

Folgen<strong>de</strong>r Zielkatalog könnte die heutigen agrarpolitischen Vorstellungen am ehesten zum<br />

Ausdruck bringen:<br />

1. Minimierung <strong>de</strong>r negativen Umwelteinflüsse <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Produktion<br />

2. Lieferung qualitativ hochwertiger Lebens<strong>mit</strong>tel und Sicherstellung <strong>de</strong>r<br />

Lebens<strong>mit</strong>telversorgung<br />

3. Erhaltung <strong>de</strong>s Einkommens aus <strong>de</strong>r Landwirtschaft und För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Wettbewerbsfähigkeit <strong>de</strong>r europäischen Agrarproduktion<br />

4. Stärkung <strong>de</strong>r Entwicklung ländlicher Räume<br />

5. Langfristige Reduzierung <strong>de</strong>r finanziellen Aufwendungen für die<br />

Landwirtschaft<br />

Welchen Beitrag leistet <strong>de</strong>r ökologische Landbau zu diesen Zielen?<br />

Welche Umweltleistungen liefert <strong>de</strong>r Öko-Landbau?<br />

• Der Öko-Landbau scheine zwar insgesamt besser abzuschnei<strong>de</strong>n, aber es gäbe<br />

beträchtliche Unterschie<strong>de</strong> im Detail. An<strong>de</strong>re Landbaumetho<strong>de</strong>n könnten durchaus in<br />

einzelnen Merkmalen umweltfreundlicher abschnei<strong>de</strong>n als <strong>de</strong>r Öko-Landbau, aber<br />

bezogen auf die gesamte Bandbreite <strong>de</strong>r Umweltindikatoren sei <strong>de</strong>r Öko-Landbau<br />

überlegen. Wenn man diese Gesamtwirkungen erreichen wolle, könne <strong>de</strong>r Öko-Landbau<br />

besser das Umweltziel erreichen als <strong>de</strong>r konventionelle Landbau.<br />

• Die relative Leistung <strong>de</strong>s Öko-Landbaus in Bezug auf die Umwelt sei aber in hohem<br />

Maße abhängig vom regionalen Ertragspotenzial, <strong>de</strong>r jeweils betrachteten<br />

Betriebsorganisation und <strong>de</strong>r Fruchtfolgegestaltung.<br />

• Frühere und aktuelle Erkenntnisse zu <strong>de</strong>n festgestellten Unterschie<strong>de</strong>n verän<strong>de</strong>rten sich in<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Maße, wie politisch festgelegte Richtlinien und Verordnungen die bei<strong>de</strong>n Systeme<br />

näher zu einan<strong>de</strong>r brächten. Tierhaltungsverordnungen für <strong>de</strong>n konventionellen Landbau<br />

seien genauso <strong><strong>de</strong>m</strong> Tierschutz verpflichtet wie <strong>de</strong>r ökologische Landbau.<br />

• Üblicherweise wür<strong>de</strong>n die Umweltauswirkungen auf die Nutzfläche bezogen. Eine an<strong>de</strong>re<br />

Bezugsgröße könnte auch <strong>de</strong>r Ertrag je Hektar sein. Ein besserer Maßstab sei jedoch die<br />

Bezugsgröße „kg fertiggestelltes Lebens<strong>mit</strong>tel“, weil die gesamte Nahrungskette von <strong>de</strong>r<br />

Erzeugung über die Verarbeitung und Verteilung zu betrachten sei.<br />

• Aufgrund <strong>de</strong>r niedrigen Erträge und tierischen Leistungen sowie höheren Aufwendungen<br />

für Verarbeitung und Verteilung aufgrund <strong>de</strong>r (zur Zeit) kleinen Chargen seien die<br />

Umweltleistungen je Kilogramm Lebens<strong>mit</strong>tel im ökologischen Landbau eher unterlegen.<br />

Inwieweit <strong>mit</strong> zunehmen<strong>de</strong>r Ausbreitung <strong>de</strong>s Öko-Landbaus infolge <strong>de</strong>r<br />

Kosten<strong>de</strong>gression eine Än<strong>de</strong>rung eintrete, sei noch nicht untersucht.<br />

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Sind Öko-Produkte die besseren Nahrungs<strong>mit</strong>tel?<br />

Eine ein<strong>de</strong>utige Beantwortung dieser Frage sei aufgrund fehlen<strong>de</strong>r Ergebnisse aus <strong>de</strong>r<br />

einschlägigen Forschung nicht möglich. Dabei fehle es nicht an Untersuchungen. Die<br />

Vergleichbarkeit bereite jedoch erhebliche Probleme.<br />

Es lasse sich allerdings feststellen, dass bei konventionell produzierten Lebens<strong>mit</strong>teln Risiken<br />

(Rückstandsproblematik) auftreten, die beim ökologischen Landbau weniger wahrscheinlich seien.<br />

An<strong>de</strong>rerseits gäbe es im ökologischen Landbau Risiken aufgrund fehlen<strong>de</strong>r, nicht<br />

zugelassener Eingriffsmöglichkeiten. Das Vermischungsproblem ökologisch erzeugter<br />

Nahrungs<strong>mit</strong>tel <strong>mit</strong> gentechnisch verän<strong>de</strong>rten Produkten sei als Restrisiko nicht mehr<br />

auszuschließen.<br />

Bringt <strong>de</strong>r Öko-Landbau bessere Einkommen für die Landwirtschaft?<br />

Die bisher punktuell vorliegen<strong>de</strong>n, aber nicht repräsentativen Untersuchungen ließen <strong>de</strong>n<br />

Schluss zu, dass ökologisch wirtschaften<strong>de</strong> Betriebe gleiche Gewinne erwirtschafteten wie<br />

ähnlich gelagerte konventionelle Betriebe. Niedrigere Erträge und Leistungen sowie höhere<br />

Arbeits- und Maschinenkosten wür<strong>de</strong>n durch Preisaufschläge und in jüngerer Zeit durch<br />

zusätzliche Prämienzahlungen ausgeglichen.<br />

Da die Voraussetzungen für <strong>de</strong>n Öko-Landbau nicht für alle Produktions- und<br />

Vermarktungsbereiche gleich günstig seien, stellten Betriebe nur in <strong>de</strong>n Bereichen um, in<br />

<strong>de</strong>nen sich eine erfolgreiche Betriebsführung rechne (z. B. Milchproduktion, Gemüse, Obst).<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r regional wenig differenzierten Prämienzahlungen und <strong>de</strong>r geringen<br />

Unterschie<strong>de</strong> zum Öko-Bereich profitierten bisher extensiv geführte konventionelle<br />

Unternehmen und Betriebe in benachteiligten Gebieten eher von <strong>de</strong>r Öko-Landwirtschaft.<br />

Mit zunehmen<strong>de</strong>r Ausbreitung wer<strong>de</strong> langfristig <strong>de</strong>r Wettbewerb Druck auf die Hochpreispolitik<br />

von Öko-Produkten ausüben, die infolge von Kosten<strong>de</strong>gressionen bei zunehmen<strong>de</strong>r Größe<br />

abgemil<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n könne. Mittelfristig komme es auf das Verhältnis konjunktureller<br />

Angebots- o<strong>de</strong>r Nachfrage-Überhänge an. Die politisch forcierte Umstellungspolitik bürge die<br />

Gefahr in sich, dass nach <strong>de</strong>r Umstellungsphase von durchschnittlich zwei Jahren<br />

Angebotsüberhänge entstehen könnten, weil die allgemeine wirtschaftliche Lage die<br />

Konsumneigung eher dämpfe.<br />

Grundsätzlich stelle nur <strong>de</strong>rjenige Landwirt auf <strong>de</strong>n Öko-Landbau um, <strong>de</strong>r sich davon einen<br />

höheren Nutzen im Hinblick auf Einkommen und Zufrie<strong>de</strong>nheit verspreche. Angesichts <strong>de</strong>s<br />

Wettbewerbs auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Markt wür<strong>de</strong>n Vorteile in <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Richtung auf Dauer<br />

wegkonkurriert, so dass im längerfristigen Durchschnitt we<strong>de</strong>r die eine noch die an<strong>de</strong>re<br />

Betriebsweise einen grundsätzlichen Vorteil für sich beanspruchen könne.<br />

Was leistet <strong>de</strong>r Öko-Landbau für <strong>de</strong>n ländlichen Raum?<br />

Es sei allgemein anerkanntes politisches Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung in ländlichen<br />

Räumen zu verbessern. Da <strong>de</strong>r Öko-Landbau eine höhere Arbeitsintensität aufweise und die<br />

Produkte eher in kleinen und <strong>mit</strong>tleren Verarbeitungsunternehmen aufbereitet wür<strong>de</strong>n,<br />

ergäben sich daraus positive Beschäftigungseffekte für <strong>de</strong>n ländlichen Raum. Allerdings sei<br />

bei einem Anteil von 5 Prozent landwirtschaftlich Beschäftigter an <strong>de</strong>r Gesamtbeschäftigung<br />

und 20 Prozent Mehrarbeitsanteil in Öko-Betrieben nur ein Beschäftigungseffekt von 0,2<br />

Prozent zu erzielen.<br />

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Der Öko-Landbau könnte möglicherweise ein positives Image für die ländlichen Räume<br />

(Erholungsgebiete) ver<strong>mit</strong>teln, <strong>de</strong>ssen Folgewirkungen sich je nach Region sehr<br />

unterschiedlich auswirken könnten und kaum zu messen sein dürften.<br />

Baut <strong>de</strong>r Öko-Landbau Überschüsse ab und entlastet die Staatsausgaben?<br />

Mit seinen geringeren Erträgen und tierischen Leistungen könnte <strong>de</strong>r Öko-Landbau die<br />

Agrarüberschüsse und die Kosten ihrer Beseitigung abbauen helfen. Allerdings sei <strong>mit</strong> Blick<br />

auf die fortlaufen<strong>de</strong>n und noch nicht abgeschlossenen Agrarreformen festzustellen, dass<br />

aufgrund <strong>de</strong>s fortgesetzten Umbaues <strong>de</strong>r Interventions- hin zur Prämienpolitik<br />

Kosteneinsparungen in immer geringerem Maße möglich wür<strong>de</strong>n.<br />

Dabei müsse man feststellen, dass in <strong>de</strong>n Bereichen, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Öko-Landbau beson<strong>de</strong>rs<br />

aktiv ist, nur geringe Einsparpotenziale aktiviert wer<strong>de</strong>n könnten, sei es, dass die<br />

Überschussproblematik durch <strong>de</strong>n Abbau <strong>de</strong>r Interventionspolitik wie bei Getrei<strong>de</strong> entschärft sei<br />

und auf Null abgebaut wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, o<strong>de</strong>r dass zwischen konventioneller und ökologischer<br />

Erzeugung nur geringe Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Erträgen und Leistungen (siehe Milchproduktion)<br />

bestün<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r dass <strong>de</strong>r Öko-Landbau vorrangig solche Produktionsgebiete bevorzuge, die<br />

nicht unter die Marktordnungsregelungen (Futterbau) fielen.<br />

An<strong>de</strong>rerseits zeigten jedoch ein<strong>de</strong>utige Untersuchungen, dass eine Vermehrung <strong>de</strong>r Flächen<br />

für <strong>de</strong>n Öko-Landbau aufgrund <strong>de</strong>r höheren För<strong>de</strong>rung mehr Staatsausgaben zur Folge<br />

habe als <strong>de</strong>r konventionelle Landbau. Beziehe man diese Ausgaben auf die Produkteinheit,<br />

wie das bei internationalen Vergleichen (Produktspezifische Subvention) üblich sei, schnei<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Öko-Landbau noch wesentlich schlechter ab.<br />

Rechtfertigungsgrün<strong>de</strong> für staatliche Eingriffe zugunsten <strong>de</strong>s Öko-Landbaus<br />

Staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen bedürften <strong>de</strong>r Rechtfertigung bzw. <strong>de</strong>s<br />

Nachweises, dass <strong>de</strong>r Markt nicht im Sinne <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Zielvorstellung funktioniere.<br />

Solches Marktversagen könne vorliegen, wenn<br />

• <strong>de</strong>r Markt keine ausreichen<strong>de</strong>n Anreize zur Produktion von Kollektivgütern liefere,<br />

• Märkte zu ungerechten Einkommensverteilungen führten,<br />

• Informationsmangel die Marktentwicklung behin<strong>de</strong>re,<br />

• frühere staatliche Eingriffe <strong>mit</strong> negativen Ergebnissen (Politikversagen) <strong>mit</strong> neuen<br />

staatlichen Eingriffen korrigiert wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Kollektivgüter könnten zum Beispiel Artenvielfalt, geringere Emissionen, Reinhaltung <strong>de</strong>s<br />

Wassers und ähnliche Leistungen sein, die <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r Art und Weise <strong>de</strong>r Produktion verbun<strong>de</strong>n<br />

seien, für die aber <strong>de</strong>r Markt keine Bezahlung vorsehe. Wenn diese Güter aber<br />

gesellschaftlich ernsthaft gewollt seien, dann bestün<strong>de</strong> seitens <strong>de</strong>s Staates eine Verpflichtung,<br />

Sorge dafür zu tragen, dass diese Kollektivgüter auch erzeugt wür<strong>de</strong>n.<br />

Der ökologische Landbau könnte diese Güter erzeugen und entsprechend honoriert<br />

bekommen, wenn <strong>de</strong>r Nachweis erbracht wür<strong>de</strong>, dass diese Erzeugung die preiswerteste<br />

Möglichkeit ihrer Herstellung ist. Wenn aber durch entsprechen<strong>de</strong> Auflagen und Gesetze <strong>de</strong>r<br />

konventionelle Landbau standortangepasst und zielgenauer die gleichen Leistungen<br />

kostengünstiger erbringe, sei <strong>de</strong>r ökologische Landbau im Nachteil.<br />

Die Einkommensverteilung könne zwischen Landwirten, Landwirtschaft allgemein und <strong>de</strong>r<br />

übrigen Volkswirtschaft, zwischen städtischen und ländlichen Räumen und zwischen<br />

benachteiligten und sogenannten Gunstgebieten ungerecht sein. Staatliche Eingriffe über<br />

Steuern o<strong>de</strong>r Prämien könnten gerechtfertigt sein. Inwieweit dies für <strong>de</strong>n ökologischen<br />

Landbau in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n könne, bleibe eine offene Frage.<br />

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Fehlen<strong>de</strong> Markttransparenz köne ebenfalls als Grund für staatliche Eingriffe herangezogen<br />

wer<strong>de</strong>n. Für die klare Erkennung von ökologisch erzeugten Produkten könne <strong>de</strong>r staatliche<br />

Auftrag abgeleitet wer<strong>de</strong>n, zu bestimmen, dass diese <strong>mit</strong> einem entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Kennzeichen zu versehen seien und Missbrauch und Täuschung verhin<strong>de</strong>rt wür<strong>de</strong>n.<br />

Korrekturen von Fehlentwicklungen infolge früherer staatlicher Eingriffe (Politikversagen) in<br />

die Agrarwirtschaft seien ein Rechtfertigungsgrund für neue staatliche Eingriffe. Als solche<br />

Fehlentwicklung könnte die bisherige Interventionspolitik im Agrarsektor für die Zwecke<br />

<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Öko-Landbaus herangezogen wer<strong>de</strong>n. Allerdings dürften die<br />

weiter oben aufgezeigten Zusammenhänge diesen Rechtfertigungsgrund verbieten.<br />

Resümee:<br />

Marktversagen wer<strong>de</strong> häufig als schnell willkommener Grund für staatliche Aktivitäten in<br />

Anspruch genommen. Im hektischen Aktionismus vor<strong>de</strong>rgründig schneller<br />

Schuldzuweisungen wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r „Balken im eigenen Auge“ <strong>de</strong>r politisch Aktiven leichtfertig<br />

übersehen. Politikversagen dürfte weitaus häufiger vorkommen als Marktversagen. Eine<br />

kritisch-distanzierte Zurückhaltung sei angebracht, wenn <strong>de</strong>r Ruf nach neuen staatlichen<br />

Dirigismen erhoben wer<strong>de</strong>. Schließlich sei <strong>de</strong>r Satz bisher nicht wi<strong>de</strong>rlegt wor<strong>de</strong>n: Auf Dauer<br />

könne man nicht am Markt vorbei!<br />

Quellen: Dabbert et al.: Politik für <strong>de</strong>n Öko-Landbau, Ulmer Verlag 2002<br />

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