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Heft 1/2004 - Offene Kirche Württemberg

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OFFENE KIRCHE<br />

Evang. Vereinigung<br />

in Württemberg<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Nr.<br />

1<br />

April<br />

<strong>2004</strong><br />

Und sie bewegt sich doch, die Schildkröte...<br />

Frühjahssynode vom 25. bis 28. März<br />

Matthias Treibert<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Traditionell steht bei der Frühjahrstagung<br />

der Landessynode der<br />

Bericht des Landesbischofs im<br />

Mittelpunkt. Der Bericht von Landesbischof<br />

Gerhard Maier (abrufbar<br />

im Internet unter www.elk-wue.de)<br />

hatte dabei zwei Teile, zunächst<br />

einen Blick auf zahlreiche aktuelle<br />

Geschehnisse von der demographischen<br />

Entwicklung über den Kopftuchstreit<br />

bis hin zum Thema<br />

Familie. Ein zweiter Teil war dann<br />

als Schwerpunktthema: „Unser<br />

Glaube an Gott, den Erlöser“ einer<br />

theologischen Darstellung des<br />

zweiten Glaubensartikel gewidmet.<br />

Die vieleicht schnellsten Beweger der Landeskirche<br />

in Württemberg?<br />

Cornelia Brox forderte,<br />

Konsequenzen aus der<br />

kirchlichen Hochschätzung<br />

der Familie zu<br />

ziehen und sich für<br />

Familienförderung einzusetzen,<br />

die es<br />

ermöglicht, Familie<br />

und Beruf unter einen<br />

Hut zu bekommen.<br />

Darüber hinaus<br />

machte sie sich für<br />

Sonderpfarrämter und<br />

die Sonderdienste,<br />

zum Beispiel in der<br />

Arbeitswelt, stark.<br />

In seiner Stellungnahme, die er für den<br />

Gesprächskreis OK abgab, wies Hartmut<br />

Fleischmann darauf hin, dass zwischen<br />

dem Glauben an den Erlöser und den<br />

aktuellen, gesellschaftlichen Herausforderungen<br />

ein Zusammenhang besteht.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Aus dem Inhalt:<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Visionen<br />

○<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Meilensteine<br />

○<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Hartmut Fleischmann<br />

<strong>Kirche</strong> müsse, dies betonten auch<br />

andere Gesprächsbeiträge der OK,<br />

ausgehend von der Botschaft der<br />

Erlösung gesellschaftliche Geschehnisse<br />

nicht nur beobachten, sondern dazu<br />

Stellung zu beziehen.<br />

Gerhard Ruhl mahnte zur Zurückhaltung<br />

in der aktuellen Kopftuch-Diskussion<br />

und forderte die Einführungen eines<br />

islamischen Religionsunterrichts in<br />

Deutsch oder des Ethik-Unterrichts ab<br />

Klasse Eins. Die Kopftuchdiskussion<br />

dürfe nicht dazu führen, dass die<br />

Diskussion mit dem Islam und die<br />

Integration der Muslime behindert<br />

werden.<br />

Eingebracht wurde nun ein erster<br />

Entwurf einer Handreichung, die unter<br />

dem Titel „Daran glauben wir“ in<br />

verständlicher Frage zusammenfassen<br />

soll, was Glaubensgrundlage unserer<br />

<strong>Kirche</strong> ist. Der OK-Gesprächskreis hatte<br />

große Bedenken, dass hier ein theologischer<br />

Konsens hergestellt werden sollte,<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>www.<strong>Offene</strong>-<strong>Kirche</strong> .de , OFFENE E -mail: Redaktion@<strong>Offene</strong>-<strong>Kirche</strong> KIRCHE<br />

.de Seite 1


Der Gesprächskreis <strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong> in der Landessynode.<br />

der der Weite und Offenheit evangelischen<br />

Glaubens nicht Rechnung tragen<br />

würde. Das nun im Konsens von<br />

Theologen aller Gesprächskreise vorgestellte<br />

Papier soll nun in einem Diskurs<br />

in Synode und in den Gemeinden<br />

diskutiert werden. Von dem befürchteten<br />

„Glaubenskonsens“ war nicht mehr<br />

die Rede.<br />

Das Dauerthema „Fachhochschule“<br />

stand auch diesmal auf der Tagesordnung.<br />

Klar ist nun, dass die Synode<br />

nahezu einhellig für den Erhalt der<br />

Fachhochschule ist und die Bedingungen<br />

für die<br />

Akkreditierung<br />

durch die Landesregierung<br />

hergestellt<br />

werden<br />

sollen. Der<br />

Zuschuss wurde<br />

schon im November<br />

2003 – gegen<br />

die Stimmen der<br />

OK – auf ca. 1,2<br />

Millionen Euro<br />

festgelegt.<br />

Martin Dolde konnte schließlich als<br />

Vorsitzender des Sonderausschusses<br />

„Zukunftsorientierte Strukturen“ erste<br />

Ergebnisse einbringen, die die Synode<br />

auch beschloss. Bei der Fusionierung<br />

Martin Dolde (und Schildkröten)<br />

von Frauenwerk, Frauenarbeit und<br />

Berufsbildungswerk erinnerte Gabriele<br />

Bartsch daran, dass die Frauenarbeit in<br />

der Landeskirche bisher schon hauptsächlich<br />

ehrenamtlich wahrgenommen<br />

Gabriele Bartsch<br />

werde (siehe nächste Seite). Überdurchschnittliche<br />

Kürzungen seien deshalb<br />

zukünftig zu unterlassen.<br />

Nähere Informationen zur Tagung der<br />

Landessynode gibt es auch unter<br />

www.elk-wue.de.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser,<br />

◆ zu Jahresanfang war in epd zu lesen,<br />

„die Arbeit in der Landessynode sei<br />

besser und angenehmer. Es gebe einen<br />

neuen Umgang miteinander, die frühere<br />

Lagermentalität scheine überwunden.“<br />

Die vor der Jahresversammlung der<br />

Ludwig-Hofacker Konferenz also sprach,<br />

Christel Hausding, ist ja auch schon<br />

länger Landessynodale der „Lebendigen<br />

Gemeinde“. Sie sollte das beurteilen<br />

können. Wir aber in der Redaktion, und<br />

nicht nur dort, rieben uns verwundert<br />

die Augen: Sind die Positionen der<br />

OFFENEN KIRCHE also mehrheitsfähig<br />

in dieser Legislaturperiode? Oder sind<br />

diesselben Positionen gar nicht mehr<br />

wahrnehmbar, dass so geurteilt werden<br />

kann? Von Mehrheiten erdrückt? Wenn<br />

letzteres so wäre, dann wollen wir doch<br />

mit unserer Arbeit und unserem Engagement<br />

dazu beisteuern, dass sie deutlich<br />

sichtbar bleiben und wo nötig noch<br />

sichtbarer werden. Dazu können Sie<br />

auch in dieser Ausgabe wieder einiges<br />

lesen!<br />

◆ Zeiten der Krise sind nicht dazu da,<br />

diesselbe schön zu reden. Die Effizienz<br />

von „Notwendiger Wandel“, „Wirtschaftliches<br />

Handeln“, „Personalentwicklung“<br />

und wie die aktuellen<br />

Schlagworte mehr heißen, werden sehr<br />

davon abhängen, ob es gelingt, den Ist-<br />

Zustand der Organisation ehrlich<br />

wahrzunehmen, oder ob lediglich<br />

immer neue und zusätzliche Gremien<br />

beschäftigt werden. Der Jahresbericht<br />

der Landeskirche wäre dazu ein zentrales<br />

Instrument (siehe Seite 7) gewesen.<br />

◆ Natürlich fehlen auch in dieser<br />

Ausgabe wieder gewichtige Themen. Sei<br />

es, weil Sie uns noch nicht geschrieben<br />

haben, sei es weil der Platz einfach<br />

begrenzt ist. Weitere Ausgaben werden<br />

folgen!<br />

Jan Dreher-Heller<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Aus der Landessynode<br />

....................................... Seite 1<br />

Frauen und Wirtschaften<br />

....................................... Seite 3<br />

BezirksvertreterInnenversammlung<br />

....................................... Seite 4<br />

EKD-Synode<br />

....................................... Seite 5<br />

Die <strong>Kirche</strong>n aus dem<br />

.......................................<br />

Süden fragen uns<br />

Seite 5<br />

Vollversammlung des<br />

Lutherischen Weltbunds<br />

....................................... Seite 8<br />

Ehrendoktor für Eberhard<br />

.....................................Seite<br />

Röhm<br />

15<br />

Visionen<br />

Das Christentum wird<br />

im 21. Jahrhundert die Welt prägen.<br />

....................................... Seite 9<br />

Volkskirche als Auftrag<br />

.....................................Seite 10<br />

Marksteine der Theologie<br />

Mit Zuversicht leben –<br />

Helmut Gollwitzer ...................................... Seite12<br />

Paul Knapp<br />

Inhalt<br />

.....................................Seite 14<br />

Leserbriefe<br />

.....................................Seite 16<br />

Seite 2 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Frauen und Wirtschaften –<br />

der Arbeitsstil der Zukunft<br />

Gabriele Bartschi<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Wie sieht der kirchliche Arbeitsstil der Zukunft aus? Keine Frage – wir werden<br />

uns darauf einstellen müssen, dass wir nicht nur kurzfristig „sparen“ müssen,<br />

sondern auf lange Zeit hin weniger Geld zur Verfügung haben, als kirchliche<br />

Führungskräfte dies in den letzten 20 Jahren gewöhnt waren. Und zweifellos<br />

muss jeder Bereich unter die Lupe genommen werden. Wer einmal gewöhnt<br />

war, aus dem Vollen zu schöpfen, wird sich und seinen Arbeitsstil umstellen<br />

müssen. Haushalterisches Wirtschaften ist angesagt. Dafür gibt es in der<br />

Landeskirche ein gutes Vorbild: Frauen!<br />

Sowohl das Frauenwerk – der Bereich,<br />

der die ehrenamtlich tätigen Frauen auf<br />

<strong>Kirche</strong>ngemeinde- und <strong>Kirche</strong>nbezirksebene<br />

unterstützt und qualifiziert – als<br />

auch die Frauenarbeit, der Dachverband<br />

der evangelischen Frauenorganisationen<br />

und -abteilungen, praktizieren seit ihrem<br />

Bestehen, seit mehr als 80 Jahren,<br />

Wirtschaftliches Handeln. Es gibt wohl<br />

keinen Bereich in der Landeskirche, der<br />

mit so wenigen Finanzmitteln eine so<br />

große Wirkung erzielt. Noch nie gab es<br />

in der Frauenarbeit oder im Frauenwerk<br />

Geld für Hochglanzbroschüren, wie in<br />

anderen Bereichen, mit denen man bei<br />

wichtigen Figuren und bei entscheidenden<br />

Stellen glänzen kann (ohne dass<br />

jemand fragt, was eigentlich dahinter<br />

steckt). Es gab auch noch nie Geld für<br />

regelmäßig wiederkehrende Großveranstaltungen<br />

(wie den ökumenischen<br />

Frauenkongress), auf denen sichtbar<br />

wird, wie groß die Zielgruppe ist, für die<br />

man arbeitet. Oder hauptamtliche<br />

frauenspezifische Stellen auf Gemeindeoder<br />

Bezirksebene? Weitgehend Fehlanzeige.<br />

Dennoch sind nach einer Erhebung des<br />

Frauenwerks über 5.000 Frauengruppen<br />

in den württembergischen <strong>Kirche</strong>nbezirken<br />

aktiv. Das ist das Verdienst<br />

wirtschaftlichen Handelns von Frauen.<br />

Es ist doch erstaunlich, wie wenig<br />

Aufmerksamkeit diese Zahlen in der<br />

<strong>Kirche</strong>nleitung und in der Öffentlichkeit<br />

erfahren. Es wäre auch schön, könnte<br />

man einmal die Zahl errechnen, die<br />

Frauen durch vielfältige Aktionen an<br />

Spenden für <strong>Kirche</strong> und Diakonie<br />

jährlich zusammentragen.<br />

Statt Respekt Nörgeln<br />

Lob und Respekt gebührt diesem<br />

effektiven und effizienten Handeln.<br />

Doch was erleben wir: keine Anerkennung,<br />

keine Wertschätzung für diese<br />

herausragende Leistung von Frauen.<br />

Stattdessen: Herumnörgeln hinter<br />

vorgehaltener Hand. Das gegenwärtige<br />

Modell der kirchlichen Frauenarbeit<br />

wird von manchen Zeitgenossinnen und<br />

auch -genossen gar als Auslaufmodell<br />

angesehen, auf das die Landeskirche<br />

auch verzichten könne. Zu altbacken<br />

und unmodern, zu wenig profiliert und<br />

lautstark. Außerdem würden fast nur<br />

noch ältere Frauen angesprochen.<br />

Gewiss muss sich hier manches ändern.<br />

Und es ist sicher notwendig, dass die<br />

kirchliche Frauenarbeit ein größeres<br />

Profil entwickelt.<br />

Andererseits kann man sich langsam des<br />

Eindrucks nicht mehr erwehren, dass<br />

dieses Profil gerade durch mangelnde<br />

Finanzausstattung und durch end- und<br />

ziellose Strukturdebatten, die von der<br />

<strong>Kirche</strong>nleitung schon vor Jahren oktroyiert<br />

wurden, verhindert werden soll.<br />

Andere fügen hinzu: Wozu brauchen<br />

wir noch eine Frauenbeauftragte? Oder:<br />

Kann man nicht alles zusammenlegen<br />

und dadurch ein paar Stellen einsparen?<br />

Es gibt doch schon genügend Pfarrerinnen.<br />

Eine weitere Variante: Frauen<br />

profitieren doch am meisten von der<br />

pfarramtlichen Arbeit vor Ort. Es ist<br />

schon irgendwie haarsträubend, auf<br />

welchem Niveau gerade im Frauenbereich<br />

argumentiert wird.<br />

Es waren Frauen, die in der 10. Landessynode<br />

der Meinung waren, dass die<br />

<strong>Kirche</strong> neben der gemeindebezogenen<br />

Arbeit (Frauenwerk) und dem Dachverband<br />

(Frauenarbeit) eine strukturpolitische<br />

Einheit (Frauenbeauftragte)<br />

braucht, und dies aus gutem Grund.<br />

Obwohl die <strong>Kirche</strong> – statistisch gesehen<br />

– eine Frauenorganisation ist, spiegelt<br />

sich dies noch nicht genügend in den<br />

Leitungsstrukturen und im liturgischseelsorgerlichen<br />

Angebot wider. Will<br />

heißen, es gibt noch zu wenig Frauen in<br />

Führungspositionen, die durch ihre<br />

Statusmacht die Möglichkeit haben,<br />

Themen und Kultur der kirchlichen<br />

Organisation für beide Geschlechter<br />

attraktiv zu gestalten. Beim Gottesdienst<br />

und dem seelsorgerlichen Angebot wird<br />

Frauen immer noch zugemutet, sich<br />

mitgemeint zu fühlen. „Mitgemeint“ ist<br />

vielleicht „gut gemeint“, aber eben nicht<br />

passend. Denn alles, was nicht differenziert<br />

und expliziert ist, ist nicht gedacht<br />

und bleibt deshalb unbewusst. Deshalb<br />

braucht es frauenspezifische Stellen, die<br />

genau diesen Blick fachlich einbringen.<br />

Auch in Zukunft.<br />

Frauenbeauftragte ist nötig<br />

Gewiss gibt es Erfolge. Es gibt Frauen in<br />

der <strong>Kirche</strong>, die sich redlich bemühen,<br />

Frauenspezifisches anzubieten. Dies<br />

bleibt aber so lange die Ausnahme,<br />

solange es nicht gleichrangig und gleich<br />

selbstverständlich daherkommt und<br />

anerkannt ist. Hier hat die Frauenbeauftragte<br />

ein Wächterinnen-Amt. Im<br />

Gegensatz zu den beiden anderen<br />

genannten Säulen kirchlicher Frauenarbeit<br />

ist ihr Ziel dann erreicht, wenn sie<br />

strukturell überflüssig geworden ist. Der<br />

einfachste Gradmesser dafür ist die<br />

Personalstatistik, geregelte Verfahrensabläufe<br />

bei Fällen sexualisierter Gewalt<br />

und die Analyse, wie sich die <strong>Kirche</strong><br />

nach innen und außen repräsentiert –<br />

und hier ist nicht nur die Öffentlichkeitsarbeit<br />

gemeint, sondern auch die<br />

spirituellen und liturgischen Ausdrucksformen<br />

der <strong>Kirche</strong> und ihre Leitungsstrukturen.<br />

Und da hat <strong>Kirche</strong> noch<br />

Schritte vor sich.<br />

Aus organisationsbezogener Sicht ist es<br />

schon erstaunlich, mit welcher Vehemenz<br />

die Organisation <strong>Kirche</strong> ihre<br />

aktivste, wichtigste und „sicherste“<br />

Zielgruppe systematisch ausblendet.<br />

Eine Erklärung liegt sicherlich darin,<br />

dass dies ein gesamtgesellschaftliches<br />

Phänomen ist und viele Frauen sich<br />

systemimmanent verhalten, nämlich so,<br />

wie sie darin erzogen und aufgewachsen<br />

sind: bescheiden und angepasst. Der<br />

andere Grund liegt aber darin, dass<br />

<strong>Kirche</strong>nleitung erfahrungsbezogen und<br />

beziehungsorientiert agiert und auf dem<br />

strukturellen Auge blind ist. Indizien<br />

dafür sind die verzettelte Organisationslandschaft<br />

und die geringe Zielorien-<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 3


tierung. Der Strukturblick ist aber gerade<br />

in finanziellen Krisenzeiten gefragt.<br />

Aus den Unterlagen der AG Bildung im<br />

Oberkirchenrat entnehmen wir, dass<br />

beispielsweise im Frauenwerk über 50<br />

Prozent gestrichen werden soll. Zum<br />

Vergleich: andere zielgruppenspezifische<br />

Einrichtungen liegen bei 14 bis 17<br />

Prozent. Das verstehe, wer will!<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Gabriele Bartsch, Landessynodale<br />

und Geschäftsführerin von „Mehr-<br />

Wert“, war die erste Frauenbeauftragte<br />

der Landeskirche<br />

Ernst machen mit Bewahrung<br />

der Schöpfung<br />

Die OFFENE KIRCHE hat wenig Verständnis<br />

für die Kritik des Regierungspräsidiums<br />

Stuttgart an der Nutzung von<br />

Dächern denkmalgeschützter <strong>Kirche</strong>n für<br />

die Installation von Solaranlagen. Die<br />

Kritik des Regierungspräsidiums komme<br />

denkbar unzeitig, da in den <strong>Kirche</strong>ngemeinden<br />

zaghaft mit der praktischen<br />

Bewahrung der Schöpfung ernst zu machen<br />

begonnen werde. Besonders befremdlich<br />

wirke es, wenn diese Bemühungen<br />

als „zeitgeistabhängige Strömungen“<br />

diffamiert würden. Es dränge sich<br />

der Verdacht auf, dass das Regierungspräsidium<br />

sich zum Erfüllungsgehilfen<br />

der Energiepolitik des Ministerpräsidenten<br />

mache, der aus seiner Vorliebe für<br />

die Atomenergie und seiner Ablehnung<br />

regenerativer Energien kein Hehl mache.<br />

Im Gegensatz dazu stünde es dem<br />

Regierungspräsidium wohl an, Städte und<br />

Gemeinden im Land zu ermutigen, die<br />

Millionen von Quadratmetern ungenutzter<br />

Behördendächer für Solaranlagen zu<br />

nutzen und damit einen Beitrag für eine<br />

generationengerechte, nachhaltige<br />

Energiepolitik zu leisten. Der Leitungskreis<br />

der OK fordert die <strong>Kirche</strong>ngemeinden<br />

auf, ihren Beitrag zur Bewahrung<br />

der Schöpfung zu verstärken. „Die Landeskirche<br />

ist bei der Mittelvergabe in der<br />

Pflicht, darauf zu achten, dass nur solche<br />

Bau- und Renovierungsaktivitäten gefördert<br />

werden, die die Kriterien der<br />

Nachhaltigkeit erfüllen“, sagte der stellvertretende<br />

Vorsitzende der OK, Pfarrer<br />

Harald Wagner (Heiningen). „Jede Solaranlage<br />

auf kirchlichen Gebäuden ist eine<br />

Predigt“, betonte Wagner. Er forderte<br />

die <strong>Kirche</strong>ngemeinden auf, über ihre<br />

Grenzen hinauszublicken und bei Projekten<br />

zur Bewahrung der Schöpfung zu<br />

kooperieren.<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

<strong>Kirche</strong> lebt vom Engagement der<br />

Ehrenamtlichen<br />

BezirksvertreterInnenversammlung<br />

am 14. Februar in Zuffenhausen<br />

19 Abgeordnete trafen sich im<br />

Johannesgemeindehaus zur ersten<br />

BezirksvertreterInnenversammlung<br />

in diesem Jahr. Hauptthema war das<br />

Diskussionspapier über das Ehrenamt,<br />

das Albrecht Bregenzer vom<br />

Leitungskreis den Delegierten<br />

vorstellte.<br />

Anlass zu diesem Papier waren immer<br />

wieder auftauchende Begebenheiten,<br />

die das Unverhältnis zwischen Hauptund<br />

Ehrenamtlichen in der Landeskirche<br />

offenbaren. Deshalb sollten die<br />

Gaben und Aufgaben von Haupt-,<br />

Neben- und Ehrenamtlichen in der<br />

Landeskirche 2010 dargestellt werden.<br />

Der Entwurf des Leitungskreises hatte<br />

allerdings einige heftige Reaktionen<br />

hervorgerufen. Pfarrer Michael Kannenberg<br />

von der OK-Gruppe Göppingen-<br />

Geislingen hatte ihn umformuliert, um<br />

die Gemeinde klarer zu definieren und<br />

die Stellung und Verantwortung von<br />

Ordinierten und Nichtordinierten in<br />

Wunsch und Wirklichkeit zu beschreiben.<br />

Wie in der OK üblich, wurde herzhaft<br />

darüber gestritten. Vor allem der Begriff<br />

„Laien“ sollte aus dem kirchlichen<br />

Sprachgebrauch –<br />

zumindest innerhalb der<br />

OK – verschwinden, weil<br />

damit immer fehlende<br />

Kompetenz im Hintergrund<br />

mitschwingt. Die<br />

Vorsitzende, Christa<br />

Maier-Johannsen,<br />

ermutigte Nicht-Ordinierte,<br />

das Priestertum aller<br />

Gläubigen als Chance zu<br />

begreifen, das zu tun,<br />

was sie tun wollen und<br />

was ihnen Spaß macht.<br />

PfarrerInnen dagegen<br />

seien verantwortlich für<br />

den Inhalt der Verkündigung,<br />

was aber nicht in<br />

theologischer Engführung<br />

Siegfried Herrmanni<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

münden sollte, stellte die Synodale<br />

Christa Schubert fest. Für Waldemar<br />

Hirsch ist das Pfarramt zudem ein<br />

geschützter Raum, in dem er Dinge<br />

besprechen kann, mit denen er nicht<br />

unbedingt zu anderen Menschen geht.<br />

Christa Schubert und Michael Kannenberg<br />

schätzen die Selbstsicherheit der<br />

Ehrenamtlichen gegenüber den Ordinierten<br />

besonders in städtischen Gemeinden<br />

als größer ein, als es der<br />

Entwurf des Leitungskreises vermuten<br />

lasse. Aber auch dort ärgert es engagierte<br />

<strong>Kirche</strong>ngemeinderäte, wenn die<br />

Informationen im Pfarramt stecken<br />

bleiben, wie Beispiele belegen. Der<br />

Leitungskreis arbeitet nun die gewünschten<br />

Änderungen ein. Danach<br />

soll das Papier zum „Ehrenamt in der<br />

Landeskirche 2010“ auf einer Pressekonferenz<br />

veröffentlicht werden.<br />

Nach dieser Diskussion tauschten sich<br />

die Delegierten noch über die Aktivitäten<br />

in den einzelnen Bezirken aus.<br />

Albrecht Bregenzer bat darum, Veranstaltungen<br />

zu melden, damit sie im<br />

Internet bekannt gemacht werden<br />

können.<br />

Seite 4 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Huber an der Spitze<br />

EKD–Synode vom 2.-7. November in Trier<br />

Ratswahl<br />

Margit Rupp hat es nach<br />

zehn Wahlgängen geschafft.<br />

Ihr Einzug ins höchste<br />

Entscheidungsgremium der<br />

EKD war mühsam. Taktische<br />

Entscheidungen der<br />

einzelnen Gesprächskreise<br />

spielten eine so große Rolle,<br />

dass es gegen Ende immer<br />

enger für sie wurde. Aber<br />

schließlich hat es dann<br />

doch gereicht. Die Wahl<br />

Hubers zum neuen Ratsvorsitzenden<br />

zeichnete sich<br />

relativ schnell ab. Die anderen MitkonkurrentInnen<br />

Kähler, Käßmann und<br />

Friedrich konnten im ersten Wahlgang<br />

deutlich weniger Stimmen für sich<br />

verbuchen.<br />

Ratsbericht<br />

Neben der Ratswahl waren die Schwerpunkte<br />

der Herbstsynode der letzte<br />

Bericht des bisherigen Ratsvorsitzenden<br />

Manfred Kock und das Sachthema „Die<br />

Bibel im kulturellen Gedächtnis“.<br />

In seinem Bericht ging Kock unter<br />

anderem auf die im Rat selbst umstrittene<br />

Stellungnahme zum Kopftuchstreit<br />

ein. „Zwei unterschiedliche Rechtsgüter<br />

stehen einander gegenüber: Die positive<br />

Susanne Richteri<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Nach zehn Wahlgängen war es endlich so weit: Der neue Rat war gewählt. Die<br />

Württembergischen Delegierten kämpften über die Gesprächskreisgrenzen<br />

hinweg engagiert für Margit Rupp, Direktorin im Oberkirchenrat in Stuttgart.<br />

Die <strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong> ist in der EKD-Synode vertreten durch Marc Dolde,<br />

Rechtsanwalt aus Gäufelden, und Susanne Richter, Pfarrerin in Weingarten.<br />

Huber und Rau.<br />

Religionsfreiheit der Unterrichtenden<br />

und die negative<br />

Religionsfreiheit der Kinder<br />

und ihrer Eltern. Den<br />

Konflikt in laizistischer<br />

Weise zu lösen, nämlich<br />

alle religiösen Symbole aus<br />

öffentlichen Schulen zu<br />

verbannen, ist für die<br />

evangelische <strong>Kirche</strong> nicht<br />

hinnehmbar.“ Darin war<br />

sich der Rat wohl einig.<br />

Dissens gab es nach Kock<br />

darin, dass allein das Tragen<br />

eines Kopftuches für einige<br />

noch kein ausreichender Grund ist, „die<br />

Nicht-Eignung für eine Anstellung als<br />

staatliche Lehrerin als definitiv gegeben<br />

anzunehmen.“ Kock ging auf verschiedene<br />

ethische Themen, wie Bioethik,<br />

aktive Sterbehilfe und Solidarität zwischen<br />

den Generationen, ein.<br />

Sachthema<br />

Das Sachthema „Die Bibel im kulturellen<br />

Gedächtnis“ beschäftigte die Synode<br />

viele Stunden, den Themenausschuss,<br />

der die Endfassung zur Abstimmung<br />

vorlegte, die halbe Nacht. Die Schwierigkeit<br />

lag darin, sich über die Adressaten<br />

der Kundgebung, die die Synode<br />

zum Thema herausgibt, zu verständigen.<br />

Die Kundgebung endet mit zwölf Anstößen,<br />

die Bibel zu lesen:<br />

1. Wer die Bibel liest, begegnet seinen<br />

Wurzeln.<br />

2. Wer die Bibel liest, achtet Israel.<br />

3. Wer die Bibel liest, versteht mehr von<br />

Kultur.<br />

4. Wer die Bibel liest, lernt Andere zu<br />

würdigen.<br />

5. Wer die Bibel liest, hält inne.<br />

6. Wer die Bibel liest, sucht Wahrheit.<br />

7. Wer die Bibel liest, gewinnt Freiheit.<br />

8. Wer die Bibel liest, wird reich.<br />

9. Wer die Bibel liest, weiß sich geliebt.<br />

10. Wer die Bibel liest, bleibt nicht allein.<br />

11. Wer die Bibel liest, gewinnt das Leben.<br />

12. Wer die Bibel liest, begegnet Gott.<br />

Darauf hoffen wir.<br />

Schlussbemerkungen<br />

Die Synode verständigte sich auf das<br />

Sachthema „Familie“ für die kommende<br />

Sitzung im November in Magdeburg.<br />

Angedacht ist für das Jahr 2005 die<br />

„Dekade zur Überwindung der Gewalt“<br />

aufzunehmen. Ein Schwerpunkt könnte<br />

das Thema „Wasser“ sein. Sicher<br />

werden die Synoden in nächster Zeit die<br />

Strukturen der EKD beschäftigen: In<br />

welcher Form arbeiten die konfessionellen<br />

Bünde der lutherischen, uniierten<br />

und reformierten <strong>Kirche</strong>n in der EKD<br />

zusammen. Daran arbeitet ein Sonderausschuss<br />

schon einige Zeit. Die Arbeitsform<br />

der EKD-Synode unterscheidet sich<br />

deutlich von der unserer Landessynode.<br />

Die einzelnen Ausschüsse der Landessynode<br />

treffen sich zu vielen Sitzungen<br />

im Jahr. Die EKD-Synode hat diese<br />

Ausschusssitzungen in der Regel in die<br />

wöchentliche Tagung im Herbst integriert.<br />

Höchst konzentriert und zügig<br />

werden die einzelnen Arbeitsaufträge<br />

aus der Synode in den zuständigen<br />

Ausschüssen bearbeitet und fließen<br />

wieder in die Synode zurück. Eine gute<br />

Anregung für Württemberg.<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Die <strong>Kirche</strong>n aus dem Süden fragen uns<br />

– Wo bleibt unsere verbindliche Antwort?<br />

Dass unsere Synode demnächst die im<br />

April 2001 in Straßburg von Metropolit<br />

Jéremie, dem Präsidenten der Konferenz<br />

Europäischer <strong>Kirche</strong>n, und Kardinal Vlk,<br />

dem Präsidenten des Rates der Europäischen<br />

Bischofskonferenzen, unterzeichnete<br />

„Charta Oecumenica“ diskutieren<br />

Walter Gölzi<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

wird, ist ehrenwert – wenn auch nicht<br />

gerade zeitnah. Wir haben Grund zur<br />

Freude, dass Ökumene sich nicht bloß<br />

an der Basis bewegt, sondern auch – in<br />

entsprechender theologischer und<br />

liturgischer Sprache – ein offizieller<br />

Prozess sich vorsichtig vollzieht, in dem<br />

auch von unserer gemeinsamen Verantwortung<br />

in Europa, von der Versöhnung<br />

von Völkern und Kulturen und der<br />

Bewahrung der Schöpfung die Rede ist.<br />

Ja, sogar die innerchristlichen Debatten<br />

und Programme werden überschritten,<br />

wenn es da unter Anderem heißt:<br />

„Wir verpflichten uns,<br />

▲ allen Formen von Antisemitismus<br />

und Antijudaismus in <strong>Kirche</strong> und<br />

Gesellschaft entgegenzutreten,<br />

▲ auf allen Ebenen den Dialog mit<br />

unseren jüdischen Geschwistern zu<br />

suchen und zu intensivieren,<br />

▲ den Muslimen mit Wertschätzung zu<br />

begegnen,<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 5


▲ bei gemeinsamen Anliegen mit<br />

Muslimen zusammenzuarbeiten.<br />

Das ist des Schweißes der Edlen wahrlich<br />

wert. Ich frage mich aber, ob denn<br />

ein anderer, schon Jahre älterer Prozess<br />

nicht noch dringender unsere Aufmerksamkeit<br />

und unsere engagierte Stellungnahme<br />

bräuchte. Wir sind längst gefragt,<br />

und zwar von den <strong>Kirche</strong>n des Südens,<br />

mit ausdrücklicher Unterstützung der<br />

Generalsekretäre aller ökumenischen<br />

Bünde. Wir aber beschäftigen uns mit<br />

dem Dialog zwischen den <strong>Kirche</strong>n des<br />

Nordens.<br />

Da gibt es weltweit seit Jahren den<br />

ökumenischen Prozess für „Wirtschaften<br />

im Dienst des Lebens.“ Schon 1995<br />

schrieben Vertreter reformierter <strong>Kirche</strong>n<br />

in Afrika aus einer Konsultation in<br />

Mindolo/Kitwe (Sambia) an die <strong>Kirche</strong>n<br />

des Nordens: „Es ist unsere schmerzhafte<br />

Schlussfolgerung, dass die afrikanische<br />

Realität der Armut, die durch eine<br />

ungerechte ökonomische Weltordnung<br />

verursacht wird, nicht einfach ein<br />

ethisches Problem ist. Sie begründet<br />

einen status confessionis (d.h. eine<br />

Situation, in der die <strong>Kirche</strong>n eindeutig ja<br />

oder nein sagen müssen, wenn sie nicht<br />

ihren Glauben verleugnen wollen), Mit<br />

den Mechanismen der globalen Wirtschaft<br />

steht heute das Evangelium selbst,<br />

die gute Nachricht für die Armen auf<br />

dem Spiel.“<br />

Der Reformierte Weltbund rief 1997 in<br />

seiner Generalversammlung in Debrecen<br />

(Ungarn) alle seine Mitgliedskirchen<br />

auf allen Ebenen zu einem verbindlichen<br />

Prozess der wachsenden Erkenntnis,<br />

der Aufklärung und des<br />

Bekennens (processus confessionis)<br />

bezüglich wirtschaftlicher Ungerechtigkeit<br />

und ökologischer<br />

Zerstörung auf.<br />

1999 formulierte die asiatische<br />

Konsultation in Bangkok u. a.: „Es<br />

ist Zeit für uns alle, uns zu entscheiden.<br />

Die Wahl heißt: Gott<br />

oder Mammon, der eine wahre<br />

Gott oder der Götzendienst des<br />

Reichtums. Wirtschaftliche Ungerechtigkeit<br />

ist eine Verletzung der<br />

fundamentalen Artikel unseres<br />

Glaubens. Wir rufen euch auf, an unsere<br />

Seite zu treten in dem Bekenntnis, dass<br />

Wirtschaft eine Frage des Glaubens ist.“<br />

2001 beschloss die Versammlung für die<br />

<strong>Kirche</strong>n in Zentral- und Osteuropa in<br />

Budapest unter der Überschrift „Dient<br />

Gott, nicht dem Mammon“ ein Wort, in<br />

dem es heißt: „Wir rufen die <strong>Kirche</strong>n<br />

des Westens dazu auf, sich den zerstörenden<br />

Kräften der wirtschaftlichen<br />

Globalisierung entgegenzustellen und<br />

für eine weltweite soziale Gerechtigkeit<br />

einzutreten.“<br />

2002 trafen sich die westeuropäischen<br />

Delegierten in Soesterberg (Niederlande).<br />

Sie schrieben in einem Brief an die<br />

<strong>Kirche</strong>n in Westeuropa u. a.: „Weitreichende<br />

und wachsende Ungerechtigkeit,<br />

Ausschluss und Zerstörung sind der<br />

Gegensatz zum Teilen und zur Solidarität,<br />

die unabdingbar dazugehören, wenn<br />

wir Leib Christi sein wollen. Was hier<br />

auf dem Spiel steht, ist die Qualität<br />

kirchlicher Gemeinschaft, die Zukunft<br />

des Gemeinwohls der Gesellschaft,<br />

sowie die Glaubwürdigkeit des Bekenntnisses<br />

der <strong>Kirche</strong>n und ihrer Verkündigung<br />

Gottes, der mit den Armen und für<br />

die Armen da ist.“<br />

Die Generalsekretäre der ökumenischen<br />

Organisationen: Ökumenischer Rat der<br />

<strong>Kirche</strong>n ÖRK (Dr. Konrad Raiser),<br />

Lutherischer Weltbund LWB (Dr.<br />

Ishmael Noko), Reformierter Weltbund<br />

RWB (Dr. Setri Nyomi) und der Konferenz<br />

europäischer <strong>Kirche</strong>n KEK (Dr.<br />

Keith Clements) haben sich gemeinsam<br />

hinter diesen Brief gestellt und am 18.<br />

September 2002 an die Mitgliedskirchen,<br />

ökumenischen Organisationen<br />

und Partner geschrieben: „Wir bitten<br />

Euch darum, diese Dokumente Gemeinden,<br />

ökumenischen Gruppen, Synoden<br />

und anderen Entscheidungsgremien<br />

zugänglich zu machen. Wir möchten die<br />

Mitgliedskirchen unserer Organisationen<br />

bitten, sich auf die Debatte in den<br />

Vollversammlungen (genannt sind KEK<br />

in Trondheim 2003, LWB in Winnipeg<br />

2003, RWB in Accra <strong>2004</strong> und des ÖRK<br />

in Porto Alegre 2006) vorzubereiten,<br />

indem sie auf die Herausforderungen<br />

der ökonomischen Globalisierung in<br />

verbindlicher Weise antworten – sowohl<br />

durch breite Diskussionsprozesse wie<br />

auch durch Entscheidungen in den<br />

zuständigen Gremien.“<br />

Von diesen Vollversammlungen sind<br />

nun schon zwei vorbei, an denen<br />

Delegierte unserer Landeskirche<br />

teilgenommen haben. Wie konnten sie<br />

sich dieser Bitte entsprechend vorbereiten,<br />

wenn diese Fragen in unserer<br />

Synode und in den Gemeinden in keiner<br />

Weise behandelt waren? Und wie war<br />

die Reaktion der anderen <strong>Kirche</strong>n? Eine<br />

Antwort „in verbindlicher Weise“ dürfte<br />

ja nicht allein von der <strong>Kirche</strong>nleitung<br />

kommen, sondern müsste mindestens<br />

von der Synode diskutiert und befürwortet<br />

werden.<br />

An der Konsultation in Soesterberg im<br />

Juni 2002 haben mehr als 80 Vertreterinnen<br />

und Vertreter westeuropäischer<br />

<strong>Kirche</strong>n sowie Gäste von <strong>Kirche</strong>n in<br />

anderen Erdteilen, vom Vatikan und von<br />

ökumenischen Organisationen teilgenommen.<br />

In jenem Brief heißt es: „Wir<br />

bitten Gemeinden und Synoden unserer<br />

<strong>Kirche</strong>n die folgenden Fragen im Blick<br />

auf Positionen und Praktiken der<br />

<strong>Kirche</strong>n selbst im fortlaufenden Prozess<br />

zu bedenken:<br />

▲ Was bedeutet die Einheit der <strong>Kirche</strong>n<br />

als der eine Leib Christi, was bedeuten<br />

Taufe, Abendmahl und Amt im Kontext<br />

der ökonomischen Globalisierung? Wie<br />

sprechen in diesem Zusammenhang im<br />

Lauf des <strong>Kirche</strong>njahres Bibellesungen<br />

und Liturgien zu uns?<br />

▲ Warum machen unsere <strong>Kirche</strong>nleitungen<br />

die Armut zum Thema,<br />

zögern jedoch, sich mit Reichtum und<br />

Wohlstand auseinander zu setzen?<br />

▲ Wie gehen unsere <strong>Kirche</strong>n mit ihrem<br />

eigenen Geld um? Sind Banken, mit<br />

denen unsere <strong>Kirche</strong>n verbunden sind,<br />

verwickelt in Steuerflucht, in<br />

ethisch nicht verantwortbare<br />

Investitionen, spekulative Praktiken,<br />

die die Fähigkeit von Staaten<br />

untergraben, für das Gemeinwohl<br />

zu sorgen?<br />

▲ Wie antworten wir auf die<br />

fortschreitende Privatisierung<br />

öffentlicher und sozialer Güter und<br />

Dienstleistungen, die für das Leben<br />

wesentlich sind, wie Wasser,<br />

Gesundheitsdienste, Bildung etc.?<br />

Das sind konkrete und – zugegeben –<br />

unbequeme Fragen. Aber wir werden<br />

um eine „verbindliche Antwort“ nicht<br />

herumkommen, wenn wir uns in den<br />

weltweiten und europäischen <strong>Kirche</strong>nbünden<br />

noch sehen lassen wollen. Ob<br />

dafür im Rahmen der Diskussion über<br />

die „Charta Oecumenica“ in unserer<br />

Synode Raum und Zeit sein wird?<br />

Seite 6 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Träume wagen und Widerstand leisten<br />

Renate Lücki<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Warum fällt es immer wieder so schwer, nach Wissen und Gewissen zu<br />

handeln? Warum richten auch Christen ihr Leben nicht danach ein, was sie<br />

für richtig und notwendig erkannt haben? Dorothea Margenfeld, Prälatin<br />

i.R., versuchte in Herrenberg eine Antwort auf diese Fragen zu geben.<br />

gie und Poesie,<br />

Spiritualität und<br />

Kampf zusammengehörten.<br />

Diese<br />

gelebte Spannung<br />

gebe Antworten auf<br />

das Warum. Noah,<br />

der eine Arche baut,<br />

als es noch gar nicht<br />

regnet, wird<br />

ausgelacht. Auch<br />

Abraham, der seine<br />

Heimat immer<br />

wieder verlässt und auf Gottes Geheiß<br />

Neuland sucht, muss verrückt sein.<br />

Ebenso Mose, der sein Volk 40 Jahre<br />

lang durch die Wüste führt und dafür<br />

viel einzustecken hat. Dorothee Sölle<br />

dichtete: „Es kommt eine Zeit, da haben<br />

alle genug zu tun und bauen die Gärten<br />

chemiefrei wieder auf – in den Arbeitsämtern<br />

wirst du ältere Leute summen<br />

und pfeifen hören...“ Auf Träume zu<br />

bauen, ist vielleicht nicht so verrückt,<br />

wie man denkt. Der Hirnforscher Gerald<br />

Hüther fand heraus: „Wenn das Herz<br />

etwas Neues im Leben sucht, macht das<br />

Gehirn gerne mit.“ Der Mensch müsse<br />

sich eine innere Haltung aneignen, die<br />

ihn zwinge, sein Hirn anders zu benutzen<br />

als bisher, so Margenfeld. Er sollte<br />

achtsam und behutsam gegenüber<br />

seiner Umwelt sein. Dann berücksichti-<br />

Wie können <strong>Kirche</strong>,<br />

Gesellschaft, Wirtschaft<br />

und Politik die<br />

spürbare Diskrepanz<br />

von Wissen und<br />

Handeln überwinden?<br />

– Es war ein<br />

breites Feld, das die<br />

Ruheständlerin zu<br />

beackern hatte. Sie<br />

versuchte es persönlich<br />

und bildlich. Vor<br />

einem Jahr habe sie<br />

sich vorgenommen, nach der Pensionierung<br />

ihren Haushalt zu halbieren.<br />

Stattdessen habe sie noch einiges<br />

gekauft und dazu beigetragen, dass<br />

„wir, die Menschen, der Welt zur Last<br />

sind“, wie der römische Jurist und<br />

Theologe Tacitus im dritten Jahrhundert<br />

n. Chr. schrieb. Andererseits solle man<br />

seinen Träumen mehr trauen und nicht<br />

vor Angst klein beigeben, ermunterte<br />

Dorothea Margenfeld. „Der Weg vom<br />

Wissen zum Handeln ist ein Weg mit<br />

Umwegen und Verzögerungen. Die<br />

wichtigste Frage ist vielleicht nicht die<br />

nach unserer Glaubwürdigkeit, sondern<br />

nach dem, was unsere Träume und<br />

unseren Glauben nährt.“<br />

Die Theologin suchte Anleihen bei<br />

Dorothee Sölle und Fulbert Steffensky,<br />

für die Mystik und Widerstand, Theologe<br />

er, welche Wirkungen sein Handeln<br />

auf andere, auf die Natur und die Welt<br />

hat.<br />

Zu den Auswirkungen der Globalisierung<br />

zitiert Dorothea Margenfeld<br />

Carl Amery, der sich überlegt, was die<br />

<strong>Kirche</strong>n gegen die Ausbreitung des<br />

totalen Marktes tun können. Gegen das<br />

Totschlag-Argument „Es gibt keinen<br />

anderen Weg“ sollten sie für eine<br />

planvolle Globalisierung einstehen. Der<br />

totale Kapitalmarkt sei kein Naturereignis.<br />

„Es liegt an ihnen, ob sie zusehen<br />

wollen, wie der Totale Markt die<br />

Lebensgrundlage der Menschheit<br />

zerstört.“ Ohnmachtsgefühle in Zeiten<br />

der Unsicherheit, das Hinausschieben<br />

von Problemen (auch an Gefahren kann<br />

man sich gewöhnen) und so genannte<br />

Systemzwänge – gegen diese Blockaden<br />

setzt auch Manfred Linz vom Wuppertal-Institut<br />

für Klima, Umwelt und<br />

Energie Gewinn von Lebensqualität,<br />

„wenn wir die Natur bewahren, uns um<br />

sozialen Ausgleich und um mehr<br />

Gerechtigkeit im eigenen Land und<br />

weltweit bemühen.“ JedeR Einzelne<br />

sollte sich fragen, was er tun kann und<br />

mit wem er sich verbünden könnte. Wo<br />

brauche es Anreize, wo Druck? Wenn<br />

das große Ziel erkennbar sei, machten<br />

auch kleine Schritte Sinn.<br />

Eine Schlüsselfrage sei die Teilung der<br />

Erwerbsarbeit, um die zunehmende<br />

Armut zu stoppen und den Frieden im<br />

Land zu erhalten. „Widerstand entsteht<br />

durch eigenen Schmerz. Wir müssen<br />

unterscheiden lernen, was wichtig ist<br />

und wo wir uns bescheiden können. Es<br />

ist eine spirituelle Frage, von welchem<br />

Geist wir uns im Alltag leiten lassen“,<br />

schloss Dorothea Margenfeld ihre<br />

Überlegungen zum Nachdenken.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Das war „<strong>Kirche</strong> 2003“ – war es das?<br />

90 Seiten umfasst der Jahresbericht, den<br />

die <strong>Kirche</strong>nleitung kürzlich herausgegeben<br />

hat. Obwohl er grafisch aufwändig<br />

gestaltet ist – den meisten Raum<br />

nehmen graue oder weiße Flächen ein,<br />

außer den Autoren mit ihren Passbildern<br />

gibt es nur Illustrationen von eigenen<br />

Reklametafeln – ist der Inhalt auf der<br />

ganzen Linie enttäuschend. Nur teilweise<br />

wird vom „Leben, Gestalten und<br />

Handeln der Menschen in den Gemeinden“<br />

erzählt. Da jeder etwas aus seinem<br />

Arbeitsbereich herausgreift, wird kein<br />

roter Faden erkennbar. Es wird nicht<br />

klar, ob sich die <strong>Kirche</strong> für das Jahr<br />

bestimmte Ziele gesetzt hat und diese<br />

erreicht worden sind. Deswegen sind<br />

die Berichte immer wieder mit geistlichen<br />

Meditationen durchsetzt. Ein<br />

Bezug zu früheren Berichten wird kaum<br />

hergestellt. Gern wird der Ökumenische<br />

<strong>Kirche</strong>ntag in Berlin zitiert, der ja wohl<br />

wahrlich keine württembergische<br />

Veranstaltung war. Positiv sticht der<br />

Bericht von OKR Heiner Küenzlen<br />

hervor, der sich auf „Das Jahr der Bibel“<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 7


eschränkt und konkrete Daten bringt,<br />

wie diese Aktion in Württemberg<br />

umgesetzt worden ist. Enttäuschend<br />

hingegen auf der nächsten Seite der<br />

Bericht von OKR Werner Bauer, der<br />

über „<strong>Kirche</strong> und Bildung“ schreibt, sich<br />

lange mit der PISA-Untersuchung<br />

beschäftigt, aber die bedeutendste<br />

Bildungseinrichtung unserer Landeskirche,<br />

nämlich die Evangelische Akademie<br />

Bad Boll, nicht einmal erwähnt.<br />

Besonders interessant ist natürlich die<br />

„Bilanz in Zahlen“. Allerdings sind die<br />

Erläuterungen noch zu fachspezifisch.<br />

Unter „Daten und Fakten“ werden<br />

weitere informative Statistiken geboten.<br />

Nicht immer passt der Kommentar zu<br />

den Fakten. Die Zahl der Mitglieder<br />

bleibt eben nicht konstant, sondern sinkt<br />

unaufhörlich, wenn auch geringfügig. In<br />

zehn Jahren sind das immerhin etwa<br />

100.000 <strong>Kirche</strong>nmitglieder. Das ist die<br />

gleiche Zahl, die an einem normalen<br />

Sonntag noch in die <strong>Kirche</strong> geht. Das<br />

nenne ich nicht „gut gefüllt“. Wenn ein<br />

Prälat die Gottesdienstbesucher mit<br />

zehn multipliziert, mag das seine Pfarrer<br />

trösten. Aber es füllt nicht die leeren<br />

Bänke. So nehmen auch Taufen und<br />

Trauungen, sogar Bestattungen, ab.<br />

Erfreulich ist allerdings die Zunahme der<br />

Konfirmanden und Eintritte. Kontinuierlich<br />

abnehmend ist auch das Opferaufkommen.<br />

Hier fällt besonders auf, dass<br />

für Friedensdienste lediglich 0,6 %<br />

verzeichnet sind. Sie spielen auch in den<br />

Berichten nur eine marginale Rolle. Die<br />

„Dekade zur Überwindung von Gewalt“<br />

wird nur noch indirekt erwähnt. Drei<br />

Millionen Muslime leben mittlerweile in<br />

Deutschland – die <strong>Kirche</strong>nleitung hat<br />

das wohl noch nicht bemerkt. Sonst<br />

würde sie „die Kultur der Gastfreundschaft<br />

„ nicht nur bei den „Nomadenstämmen<br />

des Vorderen Orients“ orten<br />

(S. 41). Liebe Leute! Diese Menschen<br />

wohnen nebenan! Wann öffnet sich die<br />

<strong>Kirche</strong> für sie und erwidert die angebotene<br />

Gastfreundschaft?<br />

Man fragt sich, für wen dieser Bericht<br />

gut sein soll. Die Hauptamtlichen wissen<br />

vermutlich aus anderen Quellen längst<br />

Bescheid, die Ehrenamtlichen werden<br />

ihn kaum lesen. <strong>Kirche</strong>nfremden kann<br />

man diese Peinlichkeit nicht anbieten.<br />

Mit dem vermutlich hohen Einsatz an<br />

Zeit und Geld hätte man etwas Besseres<br />

produzieren können.<br />

Für das nächste Jahr schlage ich vor,<br />

dass jeder Verfasser nach einem gelungenen<br />

Beispiel kirchlicher Erneuerung<br />

ausschaut, das er anderen zur Nachahmung<br />

empfehlen kann. In der Landeskirche<br />

gibt es nämlich davon mehr als<br />

die <strong>Kirche</strong>nleitung glaubt.<br />

Wolfgang Wagner<br />

Evangelisches Medienhaus GmbH<br />

(Hrsg.): Evangelische Landeskirche<br />

in Württemberg, Jahresbericht 2003,<br />

Stuttgart 2003<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Zur Heilung der Welt<br />

10. Vollversammlung des Lutherischen<br />

Weltbundes in Kanada<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Susanne Richteri<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Unter diesem Motto versammelten<br />

sich vom 21.-31. Juli vergangenen<br />

Jahres rund 400 Delegierte und<br />

ebenso viele Gäste aus 136 lutherischen<br />

<strong>Kirche</strong>n in 74 Ländern in<br />

Winnipeg. Alle sechs Jahre findet<br />

solch eine Vollversammlung statt.<br />

Sieben Delegierte vertraten die<br />

Württembergische Landeskirche.<br />

„Zur Heilung der Welt“<br />

„Allein, dass wir versammelt sind, erfüllt<br />

uns mit großer Freude, aber unser<br />

Zusammenkommen verfolgt noch einen<br />

anderen Zweck. Wir leben in einer<br />

zerbrochenen Welt, auf einem zerbrochenen<br />

Planeten, in Gemeinschaft mit<br />

zerbrochenen Menschen. Dennoch<br />

halten wir an der Verheißung fest, dass<br />

eines Tages Gottes Träume für die<br />

Schöpfung erfüllt werden. Wir sind hier,<br />

um zum Vater zu beten, der die Welt<br />

erschaffen und sie gut genannt hat. Wir<br />

sind hier, um Jesus, dem Heiler, zu<br />

folgen, der Quelle unserer Hoffnung in<br />

einer zerbrochenen Welt ist. Wir sind<br />

hier, um offen für den Geist zu sein, der<br />

uns in einer verblendeten Welt eine<br />

Vision gibt“ – so der kanadische Bischof<br />

Raymond Schultz in seiner Eröffnungspredigt<br />

in der St. Boniface-Kathedrale.<br />

Zehn Tage lang hat die lutherische<br />

Weltfamilie miteinander ihren Glauben<br />

gefeiert und die Zerrissenheit und das<br />

Leid der Welt miteinander geteilt.<br />

Getragen vom gemeinsamen Fundament<br />

Jesus Christus wurde in zehn verschiedenen<br />

Dorfgruppen diskutiert. Betroffen<br />

haben die <strong>Kirche</strong>n sich zu ihrer Mitverantwortung<br />

an der Zerrissenheit der<br />

Welt bekannt. Sie haben sich dazu<br />

verpflichtet, sich für die Heilung der<br />

Welt einzusetzen. Die lutherische<br />

Weltgemeinschaft hat um Heilung der<br />

Welt gebetet.<br />

Im Logo der Vollversammlung wird die<br />

christliche Hoffnung deutlich. Der grüne<br />

Olivenzweig und das blaue Kreuz<br />

stehen für die Heilung der Welt. Das<br />

Kreuz verweist auf Bewegung. Eines der<br />

Blätter neigt sich über die zerrissene<br />

Erde, während die anderen sich als<br />

Zeichen der Schöpfung und Heilung<br />

zum Himmel strecken.<br />

„ChristInnen müssen sich in die<br />

Welt einmischen“<br />

Die negativen Auswirkungen der<br />

Globalisierung und das brennende<br />

Problem der HIV/AIDS-Krise machten<br />

die Zerrissenheit der Welt besonders<br />

deutlich. Die hannoveranische Landesbischöfin<br />

Dr. Käßmann rief die lutherische<br />

Weltgemeinschaft dazu auf, sich<br />

kräftig in die Welt einzumischen, um<br />

zur Heilung der Welt beizutragen.<br />

Heilsam für die Welt sei nicht eine<br />

Globalisierung von Waren, Konzernen<br />

und Märkten, die keinen Respekt vor<br />

unterschiedlichen Kulturen kennen<br />

würden. Heilung entstehe durch<br />

Globalisierung der Botschaft von der<br />

Liebe Gottes, eine Globalisierung von<br />

Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung<br />

Seite 8 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


der Schöpfung. Es geht um eine Wirtschaft,<br />

die dem Leben dient. Besonders<br />

die Jugenddelegierten, für Württemberg<br />

die Theologiestudentin Susanne Haag,<br />

machten eindrucksvoll auf die Pandemie<br />

HIV/AIDS aufmerksam. Die Epidemie<br />

hat in großen Teilen Afrikas und<br />

zunehmend auch Asiens verheerende<br />

Auswirkungen. In manchen Gegenden<br />

ist schon eine Mehrheit der jungen<br />

Menschen mit dem Virus infiziert. Viele<br />

<strong>Kirche</strong>n, so kritisierten sie, finden<br />

keinen angemessenen Umgang mit der<br />

Immunschwäche-Krankheit.<br />

Gelebte Spiritualität<br />

Das gottesdienstliche Leben und die<br />

täglichen Bibelarbeiten waren das<br />

Fundament dieser Vollversammlung.<br />

Jeder Tag begann mit einem Abendmahlsgottesdienst.<br />

Im Anschluss daran<br />

Szene aus der Bibelarbeit: Die JüngerInnenschaft beschwert<br />

sich bei Simon.<br />

gab es Bibelarbeiten. Im Plenum gab es<br />

von jeweils einer Region einen ersten<br />

Impuls, dann wurde die Bibelarbeit in<br />

den Dorfgruppen weitergeführt. Die<br />

Region Mittel- und Westeuropa hatte als<br />

Bibeltext Jesu Salbung durch die Sünderin<br />

(Lukas 7,36-50). Pantomimisch<br />

dargestellt, mit Musik und provozierenden<br />

Frauenbildern untermalt, nimmt<br />

diese intime Begegnung zwischen der<br />

Frau und Jesus, die Fassungslosigkeit<br />

und der Widerstand der Jüngerschaft<br />

um Simon die ganze Versammlung mit<br />

in das Geschehen. Am Schluss tanzen<br />

Jesus und die Frau mit der Jüngerschaft<br />

und manchen Zuschauenden Wiener<br />

Walzer. Sichtbar gewordene Rechtfertigung,<br />

getanzte Versöhnung.<br />

Liturgische Mittags- und Abendgebete<br />

unterbrachen die Plenarsitzungen. An<br />

vier Abenden gab es Heilungsgottesdienste.<br />

Sie machten noch einmal in<br />

besonderer Weise deutlich, dass Heilung<br />

Geist und Körper mit einschließt.<br />

Mit einem Schweigemarsch zum<br />

„Oodeena Circle“ brachte die lutherische<br />

Weltgemeinschaft ihren Protest<br />

gegen die Verweigerung von 50 Visa,<br />

davon allein 27 an InderInnen, und ihre<br />

Solidarität mit den Betroffenen zum<br />

Ausdruck. Bei den „Forks“ teilten die<br />

Versammelten Gebete und Erfahrungen<br />

miteinander. Shalom-Rufe erfüllten das<br />

weite Rund. Eine tiefe gelebte Spiritualität<br />

über manche Grenzen und Gräben<br />

hinweg prägte diese Vollversammlung.<br />

Von Winnipeg nach Württemberg<br />

Seit der Vollversammlung in Winnipeg<br />

ist nun ein halbes Jahr vergangen. Der<br />

Alltag hat die Gemeinschaft wieder<br />

eingeholt. Es gab einige Nachtreffen auf<br />

unterschiedlichen Ebenen. Die einzelnen<br />

Delegierten<br />

bringen ihre<br />

Eindrücke und<br />

Impulse in ihre<br />

Lebenszusammenhänge,<br />

in die Gemeinden<br />

vor Ort ein.<br />

Einig ist man<br />

sich, dass das<br />

Thema<br />

Globalisierung<br />

auf unterschiedlichen<br />

Ebenen<br />

weiter behandelt<br />

werden muss.<br />

Der Gesprächskreis<br />

<strong>Offene</strong><br />

<strong>Kirche</strong> in Oberschwaben hat sich zum<br />

Ziel gesetzt, die Privatisierung von<br />

Wasser zum Schwerpunkt im Jahr <strong>2004</strong><br />

zu machen. Im UN-Jahr des Süßwassers<br />

soll das Menschenrecht Wasser im<br />

Mittelpunkt stehen. Wasser ist<br />

unverzichtbar für Mensch und Natur.<br />

Der Zugang zu diesem lebenswichtigen<br />

Gut wird gerade für arme Menschen in<br />

den Entwicklungsländern durch den<br />

steigenden Verbrauch und die globale<br />

Wirtschaftspolitik weiter erschwert.<br />

Schon heute kann jeder fünfte Mensch<br />

seinen täglichen Wasserbedarf nicht<br />

decken. Täglich sterben 6000 Menschen<br />

an den Folgen verunreinigten<br />

Trinkwassers. Diese Tatsache verpflichtet,<br />

sich einzumischen und zur Heilung<br />

der Welt beizutragen. Dabei lassen wir<br />

uns von dem Sprichwort leiten: „Viele<br />

kleine Leute an vielen kleinen Orten,<br />

die viele kleine Schritte tun, können das<br />

Gesicht der Welt verändern.“<br />

Visionen<br />

Das Christentum<br />

wird im 21.<br />

Jahrhundert die<br />

Welt prägen.<br />

Und es verändert<br />

sich dramatisch<br />

Philip Jenkinsi<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Ein dramatischer Umbruch hat die<br />

christliche Welt ergriffen. Sie<br />

wandelt sich derzeit in einem<br />

Maße, wie es Beobachter aus dem<br />

Westen kaum wahrhaben wollen.<br />

Auch wenn die Nachrichtensendungen<br />

und Zeitungen seit geraumer<br />

Zeit voll sind mit Berichten<br />

über den Einfluss des Islam, wird es<br />

das Christentum sein, das in vielerlei<br />

Hinsicht das 21. Jahrhundert<br />

prägen wird. Heute sehen wir, dass<br />

eine neue christliche Reformation,<br />

wenn nicht eine Revolution, im<br />

Gange ist: Im Süden dieser Welt,<br />

jenen Regionen, die wir oft als die<br />

„Dritte Welt“ abtun, gibt es inzwischen<br />

außerordentlich große<br />

christliche Bevölkerungsgruppen,<br />

die noch weiterwachsen.<br />

Gegenwärtig leben 480 Millionen<br />

Christen in Lateinamerika, 360 Millionen<br />

in Afrika und 313 Millionen in<br />

Asien gegenüber 260 Millionen in<br />

Nordamerika. Sie bilden das, was der<br />

katholische Missionswissenschaftler<br />

Walbert Bühlmann die „Dritte <strong>Kirche</strong>“<br />

nennt. Sie unterscheidet sich nämlich<br />

deutlich von den westlichen Großkirchen<br />

und wird mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

eine Führungsrolle<br />

innerhalb der christlichen Glaubensgemeinschaft<br />

übernehmen. Mit ihr<br />

werden andere Akzente in das christliche<br />

Bekenntnis hineinkommen, Jesus<br />

wird zum Beispiel jene Macht verkörpern,<br />

die böse Kräfte, Unheil und<br />

Krankheit überwindet.<br />

Autorität und Charisma: Sie zählen<br />

in den Ländern der Südkugel viel!<br />

Die Revolution in Afrika, Asien und<br />

Lateinamerika hat drastischere Auswirkungen<br />

als irgendwelche anderen<br />

Verschiebungen innerhalb der nord-<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 9


amerikanischen <strong>Kirche</strong>n, seien diese<br />

katholisch oder evangelisch. In theologischer<br />

wie ethischer Hinsicht ist das<br />

Christentum im Süden deutlich konservativer<br />

als seine nördliche Variante. Die<br />

Reformer des Nordens, die in anderer<br />

Hinsicht durchaus Interesse an den<br />

indigenen Kulturen im Süden der Welt<br />

aufbringen, scheinen diese Tatsache zu<br />

übersehen. Der liberale katholische<br />

Schriftsteller James Carroll beschwerte<br />

sich erst jüngst darüber, dass „das<br />

Weltchristentum zunehmend unter den<br />

Einfluss eines antiintellektuellen Fundamentalismus“<br />

gerate.<br />

Um die Bedeutung der gegenwärtigen<br />

Verschiebungen deutlich zu machen,<br />

weitere Zahlen: 1900 gab es auf dem<br />

gesamten afrikanischen Kontinent mit<br />

107 Millionen Menschen gerade einmal<br />

zehn Millionen Christen – etwa<br />

neun Prozent der Bevölkerung.<br />

Heute sind von 784<br />

Millionen Afrikanern 360<br />

Millionen Christen – das<br />

sind 46 Prozent. Dieser<br />

Prozentsatz wird voraussichtlich<br />

weiter ansteigen,<br />

weil die christlichen<br />

afrikanischen Länder<br />

weltweit zu den Ländern<br />

mit dem größten<br />

Bevölkerungswachstum<br />

gehören. Demgegenüber<br />

gibt es in den fortschrittlichen<br />

Industrienationen<br />

einen dramatischen<br />

Geburtenrückgang.<br />

Im Jahr 2025 werden 50 Prozent der<br />

Weltchristenheit in Afrika und Lateinamerika<br />

leben und weitere 17 Prozent<br />

in Asien. Um 2050 herum dürften die<br />

USA zwar noch das Land mit der<br />

größten Zahl an Christen sein, aber in<br />

der Rangfolge schließen sich nur<br />

Nationen aus dem Südkegel an: Mexiko,<br />

Brasilien, Nigeria, Demokratische<br />

Republik Kongo, Äthiopien und Philippinen.<br />

Auch die Verschiebungen innerhalb<br />

der katholischen <strong>Kirche</strong> sind<br />

dramatisch. Zu Beginn der 50er Jahre<br />

gab es in Afrika 16 Millionen Katholiken;<br />

heute sind es 120 Millionen und<br />

man schätzt, dass es bis 2025 228<br />

Millionen sein werden. Die „World<br />

Christian Encyclopedia“ geht davon aus,<br />

dass um 2025 nahezu drei Viertel aller<br />

Katholiken in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />

leben werden.<br />

Die Konfessionen, die sich im Süden der<br />

Welt durchsetzen – radikale protestantische<br />

Sekten, evangelikale oder Pfingstkirchen<br />

oder orthodoxe Formen des<br />

römischen Katholizismus –, sind stramm<br />

traditionell bis reaktionär, wenn man sie<br />

mit den Maßstäben erfolgreicher<br />

Wirtschaftsnationen vergleichen will.<br />

Der katholische Glaube, der sich in<br />

Afrika und Asien rasch verbreitet, wirkt<br />

wie eine religiöse Tradition aus der Zeit<br />

vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil:<br />

voller Respekt vor der Macht der<br />

Bischöfe und Priester, den alten Gottesdienstformen<br />

verhaftet. Besonders der<br />

Katholizismus in Afrika liebäugelt mehr<br />

mit Autorität und Charisma als mit<br />

(Konzils-)Errungenschaften wie Konsultation<br />

und Partizipation. Für diese<br />

traditionelle Richtung des Glaubens<br />

steht zum Beispiel der nigerianische<br />

Kardinal Francis Arinze, der als zukünftiger<br />

Papst gehandelt wird.<br />

Eine regelrechte Reformation<br />

findet derzeit auch in den<br />

Pfingstkirchen statt. Ihre<br />

Anhänger lehnen Traditionen<br />

und Hierarchien ab. Sie<br />

verlassen sich stattdessen<br />

auf direkte „Offenbarungen“<br />

des Geistes, die mit<br />

der Bibel in Konkurrenz<br />

treten. Pfingstkirchler sind<br />

die Speerspitze der<br />

Gegenreformation im<br />

Süden. Obwohl die<br />

Pfingstkirchen als Bewegung<br />

erst Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts vor allem in<br />

Nordamerika entstanden,<br />

zählen sie heute mindestens 400<br />

Millionen Mitglieder vor allem im<br />

Süden. Um das Jahr 2040 könnten es bis<br />

zu einer Milliarde sein – damit wären<br />

die Pfingstkirchler zahlenmäßig mehr als<br />

die Buddhisten und ungefähr gleich<br />

viele wie die Hindus auf der Welt.<br />

Geister und Gebet<br />

Die boomenden Pfingstkirchen in Afrika,<br />

Asien und Lateinamerika bemühen sich<br />

nach Kräften darum, ihre Vorstellung<br />

vom frühen Christentum mit Leben zu<br />

füllen. Sie beschreiben das als „Rückkehr<br />

zur Urkirche“. Sie predigen<br />

Botschaften, die einem Liberalen aus<br />

dem Norden als apokalyptisch erscheinen<br />

mögen. Natürlich träumen auch<br />

Reformer in Amerika davon, die <strong>Kirche</strong><br />

nach dem Vorbild ihrer Anfangszeiten<br />

wiederherzustellen, aber während die<br />

Amerikaner dabei an eine <strong>Kirche</strong> ohne<br />

Hierarchien, Aberglaube und Dogmen<br />

denken, schwebt den Christen im Süden<br />

eine <strong>Kirche</strong> voll spiritueller Macht vor,<br />

die in der Lage ist, sich jenen dämonischen<br />

Mächten entgegenzustellen, die<br />

Krankheiten und Armut verursachen. So<br />

verspricht die aus Brasilien stammende<br />

Sekte „Universelle <strong>Kirche</strong> vom Königreich<br />

Gottes“, durch intensive Gebete<br />

Hexerei, Besessenheit, schlechte<br />

Träume und spirituelle Probleme aller<br />

Art zu überwinden, und dazu Wohlstand<br />

und finanziellen Erfolg. Die<br />

Cherubim-und-Seraphim-Bewegung in<br />

Westafrika ihrerseits behauptet, die<br />

bösen Geister genau zu kennen, die<br />

Beschwerden säen, Pech und Krankheiten<br />

bringen, Unfruchtbarkeit und<br />

Sterilität verursachen.<br />

Amerikaner und Europäer verbinden<br />

solche religiösen Vorstellungen gemeinhin<br />

mit armen, ländlichen Milieus und<br />

gehen davon aus, dass solche religiösen<br />

Vorstellungen im Zuge von Modernisierung<br />

und Verstädterung verschwinden<br />

werden. Betrachtet man die Lage<br />

allerdings genauer, muss man feststellen,<br />

dass der Erfolg dieser konservativen<br />

<strong>Kirche</strong>n eher ein direktes Nebenprodukt<br />

der Verstädterung ist. In den zurückliegenden<br />

dreißig, vierzig Jahren waren<br />

Millionen von Migranten von den<br />

Städten angezogen worden. Hier<br />

mangelte es, wie sich bald herausstellte,<br />

an Ressourcen und Infrastruktur, um die<br />

Bedürfnisse dieser Zuzügler zu befriedigen.<br />

Für viele Menschen war ihre<br />

Migration mit einem starken Gefühl der<br />

Entfremdung verbunden. Genau deshalb<br />

entstanden religiöse Gemeinschaften,<br />

die Seelsorge, Gesundheitsfürsorge und<br />

Bildungsmöglichkeiten boten. Ihre<br />

alternativen Sozialsysteme haben den<br />

engagiertesten religiösen Gruppen<br />

zusätzlichen Zulauf verschafft.<br />

Es ist bestürzend, wie sehr der Glaube<br />

an Hexerei in weiten Teilen Afrikas<br />

verbreitet ist. 2001 kamen bei einer<br />

einzigen „Säuberungsaktion“ in der<br />

Demokratischen Republik Kongo mehr<br />

als 1000 mutmaßliche Hexen durch<br />

Gewalt ums Leben. Die Furcht vor<br />

Hexerei geht dabei keineswegs auf<br />

zunehmende Verstädterung zurück,<br />

sondern nimmt sogar noch drastisch zu.<br />

So auch in Südafrika: Nach dem Zusammenbruch<br />

des Apartheid-Regimes 1994<br />

ist die Angst vor Hexerei eine der<br />

größten Sorgen der drei Millionen im<br />

Elend lebenden Bewohner Sowetos.<br />

Menschen fühlen sich im Griff der<br />

Dämonen – da sind die <strong>Kirche</strong>n<br />

gefragt<br />

Die verzweifelte Lage im öffentlichen<br />

Gesundheitssektor der boomenden<br />

Megastädte des Südens ist Grund genug<br />

Seite 10 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


für die neuen <strong>Kirche</strong>n, einen Schwerpunkt<br />

ihrer Arbeit auf die Heilung von<br />

Geist und Körper zu legen. In Afrika traf<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine<br />

explosionsartige Zunahme von christlichen<br />

Heilsbewegungen und neuen<br />

Propheten mit einer Serie von schrecklichen<br />

Epidemien zusammen, und der<br />

religiöse Boom dieser Jahre beruhte<br />

zumindest teilweise auf dem Streben<br />

nach körperlicher Gesundheit. Noch<br />

heute steht und fällt der Erfolg afrikanischer<br />

<strong>Kirche</strong>n damit, ob sie Erfolge bei<br />

solchen Heilungen haben. Selbst einstige<br />

Missionskirchen, wie etwa anglikanische<br />

oder lutherische, schenken spirituellen<br />

Heilungen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit.<br />

Nirgendwo stehen sie damit in<br />

direkter Konkurrenz zur modernen<br />

Medizin: Diese wäre für die meisten<br />

Menschen ohnedies unerschwinglich.<br />

Krankheit, Ausbeutung, Umweltgifte,<br />

Alkohol- und Drogenkonsum, Gewalt:<br />

Jede dieser Erfahrungen scheint ein<br />

Hinweis darauf zu sein, dass man sich<br />

im Griff dämonischer Kräfte befindet,<br />

und dass nur durch eine göttliche<br />

Intervention Rettung naht. Selbst<br />

politisch radikale Befreiungstheologen<br />

benutzen in ihren Reden und Predigten<br />

apokalyptische Wendungen. Auf die<br />

Frage, woher denn solche Vorstellungen<br />

rühren, kommt meist dieselbe Antwort:<br />

aus der Bibel. Liberalität in den Fragen<br />

der Homosexualität oder Abtreibung<br />

stößt in den konservativen afrikanischen<br />

und lateinamerikanischen <strong>Kirche</strong>n auf<br />

Unverständnis und Widerspruch. Die<br />

Christen im Süden lesen das Neue<br />

Testament wörtlich und nehmen es sehr<br />

ernst.<br />

Die kulturelle Kluft zwischen den<br />

Christen im Norden und denen im<br />

Süden wird sich in den kommenden<br />

Jahrzehnten noch vergrößern. Es<br />

herrschen revolutionäre Zeiten, ohne<br />

dass der Westen einen Anteil daran<br />

hätte. Die Folge: Wahrscheinlich<br />

werden sich in ein bis zwei Jahrzehnten<br />

zwei große christliche Gruppen gegenüberstehen,<br />

die ihr jeweiliges Gegenüber<br />

nicht einmal mehr als authentisch<br />

christlich ansehen werden.<br />

Philip Jenkins ist Geschichtsprofessor<br />

und Religionswissenschaftler an der<br />

Pennsylvania State University. Eine<br />

umfangreiche Version des Textes erschien<br />

in der amerikanischen Zeitschrift<br />

„Atlantic Monthly“. Sein<br />

neuestes Buch: The Next Christdom.<br />

Aus „chrismon“ 8/2003.<br />

Visionen<br />

Volkskirche als Auftrag<br />

Martin Weeberi<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Die Volkskirche gibt es nicht. Es gibt sie jedenfalls nicht so, dass einer<br />

bestimmten <strong>Kirche</strong> (etwa der Württembergischen Landeskirche) das Prädikat<br />

„Volkskirche“ auf einfache und eindeutige Weise zugesprochen werden<br />

könnte. Ob eine <strong>Kirche</strong> Volkskirche ist, kann nicht ein für alle mal gesagt<br />

werden. Volkskirche ist eine <strong>Kirche</strong>, der alle zugehören können, die mit der<br />

Botschaft dieser <strong>Kirche</strong> einverstanden sind.<br />

Jede Frage nach der Volkskirche setzt<br />

freilich zunächst die Beantwortung der<br />

Frage voraus, was denn <strong>Kirche</strong> sei.<br />

Diese Frage kann aus evangelischer<br />

Perspektive nur so beantwortet werden,<br />

dass man sich an der reformatorischen<br />

Lehre von der <strong>Kirche</strong> orientiert. Präziser:<br />

Die Frage nach der <strong>Kirche</strong> muss im<br />

Kontext der lutherischen Lehre von der<br />

<strong>Kirche</strong> beantwortet werden, wenn die<br />

Antwort für württembergische Verhältnisse<br />

orientierungskräftig sein soll.<br />

Grund: Die Württembergische Landeskirche<br />

ist ihrem Bekenntnisstand nach<br />

lutherisch. Man kann die lutherische<br />

Lehre von der <strong>Kirche</strong> – unter Verzicht<br />

auf die einschlägigen Zitate aus den<br />

lutherischen Bekenntnisschriften – auf<br />

eine knappe Doppelformel bringen:<br />

Gebundenheit des Inhalts, Zweckmäßigkeit<br />

der Vermittlungsformen. Der Inhalt<br />

ihrer Verkündigung ist der <strong>Kirche</strong><br />

vorgegeben. Die Art und Weise, wie<br />

dieser Inhalt am besten vermittelt wird,<br />

muss jeweils neu bestimmt werden.<br />

In diesen Bestimmungen über die<br />

<strong>Kirche</strong> ist im Grunde schon eingeschlossen,<br />

was eine Volkskirche ausmacht,<br />

auch wenn diese Pointen erst in späteren<br />

Epochen betont worden sind. Die<br />

<strong>Kirche</strong> ist Volkskirche genau darin, dass<br />

sie sich nicht über die Eigenschaften<br />

oder Fähigkeiten ihrer Mitglieder<br />

definiert. Es ist offensichtlich nicht<br />

notwendig, hinsichtlich der Mitgliedschaft<br />

in der <strong>Kirche</strong> Vorschriften zu<br />

machen. Jeder kann zur <strong>Kirche</strong> gehören:<br />

Mann oder Frau, alt oder jung, gebildet<br />

oder ungebildet, arm oder reich, gesund<br />

oder krank. In der Ursprungsepoche des<br />

Volkskirchenbegriffs hätte man gesagt,<br />

dass jeder, der zum Volk gehöre, auch<br />

Mitglied der Volkskirche sein könne.<br />

Heute, da der Volksbegriff aus vielen<br />

Gründen problematisch geworden ist,<br />

könnte man ersatzweise sagen: Volkskirche<br />

ist Regionalkirche. Jeder, der und<br />

jede, die innerhalb des <strong>Kirche</strong>ngebiets<br />

wohnt, kann Mitglied dieser <strong>Kirche</strong> sein,<br />

sofern er/sie der inhaltlichen Botschaft<br />

der <strong>Kirche</strong> zustimmen will.<br />

Damit ist klar: Ob eine <strong>Kirche</strong> Volkskirche<br />

ist, das ist keine Frage der<br />

Mitgliederzahl. Auch Minderheitskirchen<br />

können Volkskirchen sein. Und<br />

<strong>Kirche</strong>n ganz unterschiedlicher Organisationsform<br />

können ebenfalls alle<br />

Volkskirchen sein. Was die Formen ihrer<br />

Organisation anlangt, ist die Volkskirche<br />

frei. Freilich: Diese Formen können<br />

nicht beliebig gestaltet werden, sie<br />

müssen schon dem Zweck der <strong>Kirche</strong><br />

entsprechen, der Evangeliumsverkündigung.<br />

Inhaltlich jedoch ist die <strong>Kirche</strong> gebunden,<br />

ihre Botschaft steht nicht zur<br />

Disposition. Das ist der grundlegende<br />

Unterschied zwischen der <strong>Kirche</strong> und<br />

einem Wirtschaftsunternehmen: Der<br />

<strong>Kirche</strong> ist der Produktwechsel verwehrt.<br />

Freilich schließt die Behauptung, dass<br />

die Botschaft der <strong>Kirche</strong> feststehe,<br />

folgende Einsicht nicht aus: Alle Versuche,<br />

die wesentlichen Züge dieser<br />

Botschaft zu erfassen, sind menschliche<br />

und damit korrigierbare Versuche.<br />

Weder die biblischen Texte noch die<br />

Texte der Reformatoren sind jemals<br />

abschließend ausgelegt. Aus diesem<br />

Sachverhalt ergibt sich die hohe Bedeutung<br />

der Hermeneutik, der Kunst<br />

regelgeleiteter Textauslegung für die<br />

<strong>Kirche</strong>. Die Auslegungsbedürftigkeit der<br />

Texte ändert freilich nichts am Grundprinzip:<br />

Der <strong>Kirche</strong> ist der Inhalt ihrer<br />

Verkündigung vorgegeben.<br />

Aus der Vorgegebenheit der Botschaft<br />

folgt: Alle Debatten, die sinnvoll über<br />

die <strong>Kirche</strong> geführt werden können,<br />

können nur Debatten über die Zweckmäßigkeit<br />

der Vermittlungsformen sein,<br />

mit Hilfe derer die Botschaft kommuniziert<br />

wird. Zweckmäßigkeitsfragen sind<br />

nun aber, jedenfalls in nicht-technischen<br />

Zusammenhängen, Einschätzungsfragen.<br />

Und Einschätzungsfragen sollte<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 11


man nicht mit verkrampfter Verbissenheit<br />

behandeln. Man tut gut daran, sie<br />

vorsichtig zu traktieren. Zu dieser<br />

Vorsicht gehört zunächst ein Zutrauen<br />

zur Tradition: Unsere Vorgänger und<br />

Vorgängerinnen waren nicht dumm<br />

oder töricht oder beschränkt. Trotzdem:<br />

Die Welt verändert sich. Diese Veränderungen<br />

wollen wahrgenommen werden.<br />

Sonst funktioniert, was gestern funktioniert<br />

hat, heute nicht mehr – und<br />

morgen schon gar nicht.<br />

Zu den einschneidendsten Veränderungen<br />

der religiösen Landschaft in unserer<br />

Gegenwart gehört der Sachverhalt, der<br />

mit dem Stichwort der Individualisierung<br />

schon oft beschrieben wurde: Jeder<br />

und jede macht sich einen eigenen Reim<br />

auf das, was sie/er in der Predigt oder<br />

im Religionsunterricht gehört hat. Oder<br />

schärfer formuliert: JedeR schnitzt sich<br />

seine eigene Religion zurecht.<br />

Auf diese neue Privatreligion haben<br />

etliche Praktische Theologen in den<br />

letzten Jahren unsere Aufmerksamkeit<br />

gelenkt. Sie weisen etwa hin auf die<br />

Religion der unzerstörbaren Liebe, wie<br />

sie der „Titanic“-Film transportiert und<br />

zum Ausdruck bringt. Und dann stellen<br />

sie die besorgte Frage, ob sich die Leute,<br />

die sich von jener Liebesreligion ihr<br />

Herz rühren lassen (und wessen Herz<br />

wäre hier schon völlig unempfänglich?),<br />

überhaupt noch in der kirchlichen<br />

Verkündigung wiederfinden können.<br />

Müsste die kirchliche Verkündigung<br />

sich nicht völlig verwandeln, um jenen<br />

privatreligiösen Individuen noch zum<br />

Herzen und aus dem Herzen sprechen<br />

zu können? Verliert die <strong>Kirche</strong> nicht ihr<br />

Volk an die individualisierte Privatreligion?<br />

Angesichts dieser bangen Frage hilft<br />

jedoch schon der Hinweis auf einen<br />

ganz schlichten Sachverhalt: Auch die<br />

Leute, die bei „Titanic“ ergriffen<br />

weinen, laden zu ihrer Hochzeit nicht<br />

ins Kino. Sie feiern einen Gottesdienst.<br />

Offensichtlich sind auch sie der Ansicht,<br />

dass die kirchliche Verkündigung etwas<br />

leistet, was nur schlecht ersetzbar ist.<br />

Und da es angesichts der Pluralität von<br />

Lebensstilen und Geschmackspräferenzen<br />

ein hoffnungsloses Unterfangen<br />

wäre, allem und jedem gerecht werden<br />

zu wollen, wäre die <strong>Kirche</strong> gar nicht so<br />

schlecht beraten, in ruhiger Gelassenheit<br />

ihre klassischen Kernkompetenzen<br />

zu pflegen: Die durchdachte Predigt,<br />

den soliden Unterricht, die zuverlässige<br />

Seelsorge. Gerade die Konzentration auf<br />

ein erkennbares Profil könnte die<br />

angemessene Antwort auf die Pluralisierung<br />

der Gesellschaft und der<br />

Lebensläufe sein. Salopp gesagt: Wo<br />

„<strong>Kirche</strong>“ draufsteht, sollte auch <strong>Kirche</strong><br />

drinsein. Eine <strong>Kirche</strong>, die nur als<br />

„light“-Version von etwas erscheint, was<br />

es anderswo im Original gibt, wirkt nur<br />

irritierend – oder lächerlich.<br />

Wie Predigt, Unterricht und Seelsorge<br />

dann rezipiert werden, das braucht nicht<br />

mehr die Sorge der <strong>Kirche</strong> zu sein.<br />

Gerade im Verzicht auf die Kontrolle<br />

über die private, individuelle Aneignung<br />

der öffentlich-kirchlichen Glaubensverkündigung<br />

erweist sich die <strong>Kirche</strong> als<br />

Volkskirche – als <strong>Kirche</strong>, welche die<br />

Mitgliedschaft in ihr nicht an intellektuelle<br />

oder ästhetische oder politische<br />

Präferenzen bindet.<br />

Die <strong>Kirche</strong>, die sich über ihren Auftrag<br />

definiert, und nicht über die Eigenschaften<br />

ihrer Mitglieder, ist Volkskirche.<br />

Was die <strong>Kirche</strong> zur <strong>Kirche</strong> macht, das<br />

macht sie auch zur Volkskirche. Alle,<br />

die ihrer Botschaft zustimmen, können<br />

zu ihr gehören.<br />

Dr. Martin Weeber ist Wissenschaftlicher<br />

Assistent für Praktische<br />

Theologie an der Universität<br />

Tübingen<br />

Meilensteine der Theologie<br />

Mit Zuversicht leben –<br />

Helmut Gollwitzer, Christ und Sozialist<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Aufgewachsen in einem nationalkonservativen<br />

bayerischen lutherischen<br />

Pfarrhaus beginnt er das Theologie- und<br />

Philosophiestudium in München und<br />

begegnet im Sommersemester 1930 in<br />

Bonn dem reformierten Theologen Karl<br />

Barth, dessen Schüler er zeitlebens wird.<br />

In Bonn erlebt Gollwitzer eine Theologie,<br />

„die Theologie zu sein wagt“, die<br />

dem heraufziehenden Ungeist in<br />

Deutschland zu wehren sucht und sich<br />

scharf abgrenzt gegen die nationalistischen<br />

und antisemitischen Irrungen<br />

deutscher Theologie. Im Jahr 1935 wird<br />

Karl Barth aus Deutschland ausgewiesen<br />

Rainer Weitzeli<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

„Die christliche Botschaft ist das große Verbot der Resignation und die große<br />

Erlaubnis zur Hoffnung.“ Dieser Satz, den Helmut Gollwitzer uns an der Freien<br />

Universität Berlin gelehrt, in der Dahlemer Gemeinde gepredigt und den<br />

Brigitte und er uns gelebt haben, dieser Satz könnte als Motto über dem Leben<br />

Helmut Gollwitzers stehen.<br />

und mit ihm muss auch sein Assistent<br />

Gollwitzer die Bonner Theologische<br />

Fakultät verlassen. Zunächst wird er<br />

Schlossprediger und Prinzenerzieher<br />

beim Fürsten Reuß, dann Mitarbeiter<br />

des thüringischen Landesbruderrates<br />

und 1937 des Bruderrats in Berlin. Im<br />

gleichen Jahr promoviert er bei Barth in<br />

Basel.<br />

Nach der Verhaftung Martin Niemöllers<br />

übernimmt er dessen Gemeinde Berlin-<br />

Dahlem. „Uns allen war klar, dass für<br />

ihn eine lange Leidenszeit begonnen<br />

habe (Niemöller war acht Jahre inhaftiert).<br />

So beschlossen wir am Abend des<br />

folgenden Sonntags einen Fürbittegottesdienst<br />

zu halten, bei dem ich über<br />

Apostelgeschichte 12,5 predigte: Und<br />

Petrus ward im Gefängnis gehalten, aber<br />

die Gemeinde betete ohne Aufhören für<br />

ihn zu Gott. Zu diesen Fürbittegottesdiensten<br />

kam die Dahlemer Gemeinde<br />

von nun an jeden Abend zusammen,<br />

acht Jahre hindurch... So wurde die<br />

Annen-<strong>Kirche</strong> seit dem 1. Juli 1937 ein<br />

Mittelpunkt der bekennenden und<br />

betenden Gemeinde, ein Haus des<br />

Segens für uns alle.“ In dieser bekennenden<br />

und betenden Gemeinde ist<br />

Gollwitzer bis zum 3. September 1940<br />

Lehrer, Prediger, Seelsorger. Seine<br />

vielleicht berühmteste Predigt hält er<br />

1938 unmittelbar nach der Reichspogromnacht.<br />

Erich Fried berichtet in<br />

seiner Frankfurter Römerberg-Rede:<br />

„Professor Gollwitzer hat seine Predigt<br />

mit den Worten eingeleitet: ‚Ringsum<br />

brennen Gotteshäuser. Ich weiß nicht,<br />

was ich sagen soll, ich sage lieber nichts,<br />

ich lese die zehn Gebote vor.´“ Hier<br />

beginnt Gollwitzers Kampf für ein neues<br />

Verhältnis von Christen und Juden,<br />

hierher rührt seine lebenslange solidarische<br />

Beziehung zum Volk der Juden.<br />

Seite 12 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


...und führen wohin du nicht willst<br />

Am 5. Dezember 1940 wird Helmut<br />

Gollwitzer Soldat, Sanitäter an der<br />

russischen Front. Im Mai 1945 wird er<br />

gefangen genommen und kommt in ein<br />

Kriegsgefangenenlager nach Mittelrussland.<br />

Nach seiner Rückkehr schreibt<br />

er den „Bericht einer Gefangenschaft“,<br />

der 1950 im Chr. Kaiser Verlag erscheint<br />

unter dem Bibelwort: „und<br />

führen wohin du nicht willst.“ Das Buch<br />

wird ein Bestseller. Gollwitzer schildert<br />

das qualvolle Leben in den Arbeits- und<br />

Gefangenenlagern und betont zugleich<br />

den Unterschied zu den deutschen<br />

Konzentrationslagern: „Uns als Menschen<br />

existieren zu lassen – es lässt sich<br />

nicht leugnen, dass das die Absicht der<br />

Sowjetregierung war.“ Gollwitzer<br />

fordert in diesem Buch dazu auf, die<br />

Auseinandersetzung mit dem Marxismus<br />

„rechtzeitig vorzunehmen, in einer<br />

Lage, in der man noch in Freiheit<br />

betrachten, prüfen, Argumente und<br />

Gegenargumente vernehmen kann....“<br />

Aber im Deutschland der 50er Jahre<br />

prüft man nicht mehr: der Kalte Krieg<br />

bestimmt die ideologische Auseinandersetzung.<br />

Zum Sommersemester 1950 wird<br />

Helmut Gollwitzer Professor für systematische<br />

Theologie in Bonn. Im März<br />

1951 heiratet Helmut Gollwitzer Brigitte<br />

Freudenberg. Die Freudenbergs waren<br />

in Berlin-Dahlem Nachbarn Niemöllers,<br />

und Gollwitzer kannte Brigitte aus<br />

seiner Dahlemer Zeit. Weil Brigittes<br />

Mutter nach der Rasseideologie der<br />

Nazis Jüdin war, war die Familie in die<br />

Schweiz emigriert. Brigitte Freudenberg<br />

wird Helmut Gollwitzer nicht nur ihr<br />

ganzes gemeinsames Leben eine<br />

Gefährtin und Genossin, sie ist – wie<br />

wir Studenten es ausdrückten – in<br />

vielem sein „radikales Element“.<br />

Helmut Gollwitzers politisches Engagement,<br />

seine den Menschen zugewandte<br />

Theologie sind ohne seine Frau nicht zu<br />

denken. „Tief beteiligt war Brigitte an<br />

der rebellischen Bewegung unserer<br />

Studenten, aus der uns auch die enge<br />

Freundschaft mit Rudi Dutschke<br />

entstand. Einmal fragte sie ein Reporter:<br />

‚Frau Gollwitzer, man sagt, Sie seien die<br />

APO in diesem Hause. Stimmt es, dass<br />

sie radikaler sind als ihr Mann?‘ Ihre<br />

Antwort: ‚Ich würde es nicht radikaler<br />

nennen, aber vielleicht bin ich konsequenter.‘<br />

“<br />

Lernprozesse<br />

Zum Wintersemester 1957/58 gehen<br />

die Gollwitzers von Bonn nach Berlin. In<br />

Helmut Gollwitzer 1983 während des <strong>Kirche</strong>ntages in Hannover.<br />

den folgenden mehr als dreißig Jahren<br />

nehmen sie teil an allen wichtigen<br />

sozialen und politischen Bewegungen in<br />

der Bundesrepublik und legen in<br />

unverwechselbarer Weise öffentliches<br />

Zeugnis ab: Nach anfänglicher Bejahung<br />

der Wiederaufrüstung der Bundesrepublik<br />

Deutschland (1950) die<br />

konsequente Ablehnung 1954. Sein<br />

zentrales Argument ist „die Nächstenschaft<br />

für die Menschen in der DDR“.<br />

Nach der ersten Israelreise 1958 das<br />

Umdenken im Verhältnis von <strong>Kirche</strong><br />

und Israel.<br />

1956 veröffentlicht Gollwitzer seine<br />

große Schrift „Wir Christen und die<br />

Atomwaffen“, in der er die Kriegsethik<br />

der Großkirchen, die den Krieg zu<br />

zähmen und zu domestizieren suchte,<br />

deutlich neu formuliert: „Mit ihnen<br />

(den Atomwaffen, d.A.) gehören die<br />

Kriege, an denen nach der bisherigen<br />

Auskunft der christlichen Ethik Christen<br />

notfalls unter bestimmten Bedingungen<br />

teilnehmen konnten, der Vergangenheit<br />

an.“ Gollwitzer charakterisiert die<br />

Atomwaffen als „Mittel einer verzweifelten<br />

praktischen Gottlosigkeit“ und<br />

fordert von Christen und <strong>Kirche</strong>n: „Si<br />

omnes, ego non (Wenn auch alle, ich<br />

jedenfalls nicht).“ Gollwitzer begründet<br />

damit einen neuen friedensethischen<br />

Ansatz, der bis heute vor allem in der<br />

Ökumene trägt. Zwischen 1977 und<br />

1983 radikalisiert er die Aussagen aus<br />

den fünfziger und sechziger Jahren:<br />

„Nur eine <strong>Kirche</strong>, die gegen einen als<br />

Schutzgott sich anpreisenden Todfeind<br />

der heutigen Menschheit so wach und<br />

tätig auf dem Plan ist und die für sich<br />

selbst glaubwürdig ablehnt, von diesem<br />

Todfeind sich selbst das Leben schenken<br />

zu lassen, nur eine solche <strong>Kirche</strong> ist<br />

heute eine <strong>Kirche</strong> des unverkürzten<br />

Evangeliums.“<br />

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre<br />

wird Gollwitzer mit den unterentwickelten<br />

Ländern in der Ökumene und den<br />

in ihnen lebenden unterdrückten und<br />

armen Menschen sowie mit der Studentenbewegung<br />

konfrontiert. Beides<br />

erschließt sich ihm als wichtiges Lernfeld<br />

und als Tagesordnung seiner<br />

theologischen Arbeit. Der deutliche<br />

Zusammenhang wird daran sichtbar,<br />

dass er seine 1968 verfasste Schrift „Die<br />

reichen Christen und der arme Lazarus“<br />

den Studenten der außerparlamentarischen<br />

Opposition widmet. 1966 nimmt<br />

er an der Konferenz „<strong>Kirche</strong> und<br />

Gesellschaft“ des Ökumenischen Rates<br />

der <strong>Kirche</strong>n teil, die für die ökumenische<br />

Bewegung und die Theologien aus<br />

der Dritten Welt den Durchbruch<br />

bedeutet. Herausgefordert durch die<br />

„schwarze Theologie“ tritt in der Rede<br />

auf der Vietnam-Demonstration am<br />

21.10.1967 in Berlin das Thema der<br />

Verantwortung der kapitalistischen<br />

Industriestaaten für die Frage der<br />

weltweiten wirtschaftlichen Gerechtigkeit<br />

in den Vordergrund von Gollwitzers<br />

politischer Ethik.<br />

Das Eigentliche<br />

In seinem Bericht „Die reichen Christen<br />

und der arme Lazarus“ über die IV.<br />

Vollversammlung des ÖRK sowie in<br />

seinem Vortrag auf der Herbstsynode<br />

der Evangelischen <strong>Kirche</strong> in Deutschland<br />

„Die Weltverantwortung der<br />

<strong>Kirche</strong> in einem revolutionären Zeitalter“<br />

entwirft er seinen ethischen Ansatz:<br />

„Was christlicher Glaube ist, kann nicht<br />

mehr anders ausgesagt werden als in<br />

Bezug auf das politisch-soziale Leben des<br />

Menschen, im Blick auf den Zusammenhang<br />

des Individuums mit der Gemeinschaft,<br />

im Aufweis der politischen<br />

Konsequenzen des Evangeliums.<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 13


Glaubensbekenntnisse, die nicht<br />

irdische, diesseitige Veränderungen tief<br />

in die Gesellschaft hinein zur Folge<br />

haben, sind Privatvergnügen und<br />

deshalb irrelevant ... Ein Satz, der unser<br />

Verhältnis zu den anderen Menschen<br />

und zur Gesellschaft beim Alten lässt, ist<br />

nicht wert, ein Satz christlichen Glaubens<br />

zu sein. Nur durch verändertes<br />

Verhalten im Diesseits können wir<br />

heute die Relevanz des Glaubensbekenntnisses<br />

bezeugen.“<br />

Damit handelt sich Gollwitzer den<br />

Vorwurf der ‚Politisierung der <strong>Kirche</strong>’<br />

und des ‚Eingreifens in ein fremdes<br />

Amt’ ein. Die <strong>Kirche</strong> verfehle ihren<br />

eigentlichen Auftrag, wenn sie sich so<br />

dem Uneigentlichen widme. Helmut<br />

Gollwitzer widerspricht heftig: Die<br />

<strong>Kirche</strong> habe nur zu tun, was ihrem<br />

eigentlichen Auftrag entspricht. Dabei<br />

zeige sich in ihren Werken und in ihrem<br />

politischen Bemühen um das Wohl der<br />

Menschen, wie sie das Evangelium hört<br />

und was sie glaubt. Das Handeln der<br />

<strong>Kirche</strong> habe parteilich zu sein, denn:<br />

„Überparteilichkeit ist eine Chimäre, mit<br />

deren Verehrung wir uns selbst dienen,<br />

nicht aber denen, zu denen wir gesandt<br />

sind“.<br />

Hier wird Gollwitzers Theologie und<br />

Ethik im vollen Sinne ökumenisch: Sie<br />

thematisiert nicht mehr nur die Probleme<br />

des Nordens „Frieden und Kriegsverhütung“<br />

sowie die Vergangenheitsaufarbeitung<br />

in Deutschland, sondern<br />

den bewohnten Erdkreis, indem sie sich<br />

den Blickwinkel des Südens zu eigen zu<br />

machen sucht und von ihm aus Theologie<br />

praktiziert. Diese Perspektivenerweiterung<br />

kann nicht beschränkt<br />

bleiben auf das enge Feld der Theologie,<br />

sondern muss ausgreifen auf die gesellschaftlichen<br />

und ökonomischen wie die<br />

politischen Bedingungen unseres<br />

Lebens. So wird Ökonomie zum zentralen<br />

Arbeitsfeld Gollwitzers. Er begreift<br />

den Marxismus dabei als Anleitung zur<br />

gesellschaftlichen Analyse.<br />

„Wie kommt krummes Holz zu aufrechtem<br />

Gang?“ – das ist Gollwitzers Frage,<br />

wenn er nach dem Sinn des Lebens von<br />

einer Position aus fragt, die sowohl<br />

marxistisch als auch christlich ist. Das<br />

Schlüsselwerk der Gollwitzers erscheint<br />

1970. „...dass wir ganz schlicht nichts<br />

anderes sein wollen als evangelische<br />

Christen und ganz schlicht Anderen<br />

deutlich machen wollen, was das heißt“,<br />

so der Grundkonsens der „Gesamtpersönlichkeit“<br />

Helmut und Brigitte<br />

Gollwitzer. „Viel wichtiger noch ist,<br />

ständig im Lernen zu sein, am Anfang<br />

zu sein. So am Anfang, dass man auf<br />

einmal wieder überhaupt nichts kapiert<br />

von all dem, was da gesagt wird, (...)<br />

und dann zu lernen anfängt und froh ist,<br />

an dieser Sache beteiligt sein zu dürfen.“<br />

Versöhnung<br />

Verständigung und Versöhnung der<br />

Verschiedenen ist Gollwitzers Ziel.<br />

Solches tut Not angesichts des durch die<br />

Studentenbewegung offenbar gewor-<br />

denen Zerbrechens gemeinsamer<br />

Sinnzusammenhänge.<br />

Kern von Gollwitzers Theologie ist die<br />

Allversöhnung. Seine Rechtfertigungslehre<br />

ist Seele und Leib umfassender<br />

Trost. Sie entsteht in der Praxis der<br />

Treue Gottes zu den Menschen, der<br />

Freundschaft für das Leben. Gollwitzers<br />

Lehre wird hier zur Botschaft, zu einem<br />

der Botschaft nachfolgenden, ihr<br />

dankbar dienendem Denken. So wurden<br />

Gollwitzers Lehrveranstaltungen „zu<br />

Unterweisungen im Glauben“, seine<br />

Dahlemer Predigten Anleitungen zum<br />

Handeln. Helmut Gollwitzer starb am<br />

17. Oktober 1993, sieben Jahre nach<br />

seiner Frau Brigitte – Jahre, die er selbst<br />

einmal als „Abgesang“ bewertete.<br />

Die Welt hat sich 1989 radikal verändert.<br />

Die Frage: „Wie hältst du es mit<br />

dem Sozialismus?“ ist historisch geworden.<br />

Die Frage: „Wie hältst du es mit<br />

dem Kapitalismus?“ bleibt die zentrale<br />

Frage. Die Gewissheit der „verbesserlichen<br />

Welt“ (Ernst Lange) ist gebrochen.<br />

Der allmächtige globale Markt<br />

zerstört Erde und menschliches Leben<br />

scheinbar unaufhaltsam. Helmut<br />

Gollwitzer, der Christ und Sozialist –<br />

das scheint alles lange her. Für mich hat<br />

Gollwitzers Denken, seine Analyse,<br />

seine Botschaft aber nichts an Aktualität<br />

verloren. An Gollwitzers Existenz lässt<br />

sich erfahren, wie Gott einem Menschen,<br />

der sich führen lässt, wohin er<br />

nicht will, die Treue hält und wie solche<br />

Treue eigene Antworten herausfordert<br />

und ermöglicht.<br />

Paul Knapp – Pfarrer, Pazifist, Politiker<br />

Mit Paul Knapp (1879-1953) macht<br />

uns der Autor mit einem Mann<br />

bekannt, der in kein Schema passt.<br />

Als Patriot ist er zu wenig nationalistisch,<br />

als protestantischer Pfarrer ist<br />

er zu papstfreundlich, als <strong>Kirche</strong>nmann<br />

ist er zu sozialdemokratisch,<br />

als liberaler Theologe ist er zu<br />

wenig biblizistisch, als Suchender ist<br />

er zu wenig Pfarrer. Indem er die<br />

Grenzen seiner Zeit im Dienste des<br />

Friedens zu überwinden und die<br />

getrennten Parteien zu vereinen<br />

sucht, ist er als Politiker zu idealistisch.<br />

So jemand eckt an, die vorweisbaren<br />

Erfolge bleiben bescheiden. Trotzdem<br />

gibt der Markstein-Verlag in Knapps 50.<br />

Todesjahr ein Buch heraus, das sich Paul<br />

Knapps Ringen um Frieden widmet. In<br />

diesem Buch begegnet uns<br />

ein Mann aus gut bürgerlichem<br />

Haus. Seine Herkunft<br />

und sein Beruf als Pfarrer<br />

lassen erwarten, dass er<br />

gemeinsam mit vielen<br />

Kollegen den Ersten<br />

Weltkrieg mit Dankgottesdiensten<br />

und dem Segnen<br />

von Kanonen begleitet.<br />

Stattdessen spricht er von<br />

„Gotteslästerung“ und vom<br />

„Feld der Schande“. Er<br />

setzt sich dem Vorwurf aus,<br />

ein Vaterlandsverräter zu sein. Und er<br />

fragt wieder und wieder: „Wo sind die<br />

Christen?“ – denn die sollen ihre<br />

Verantwortung wahrnehmen und sich<br />

für den Frieden engagieren. Dann<br />

versucht er eben dies auf seine Art: Er<br />

gründet die deutsche Friedenspartei; sie<br />

soll ein Sammelbecken sein für alle,<br />

denen der Frieden das höchste politische<br />

Ziel ist. Der <strong>Kirche</strong>nleitung<br />

ist sein pazifistisches<br />

Engagement ein<br />

Dorn im Auge, mit dem<br />

Beruf des Pfarrers nicht<br />

zu vereinbaren. Bald<br />

erlischt das Leben der<br />

Partei. Paul Knapp meldet<br />

sich immer wieder zu<br />

Wort. Theologisch,<br />

streitbar und stets dem<br />

Frieden verpflichtet.<br />

Dieses Buch stellt uns<br />

keinen Helden vor.<br />

Sondern jemanden, der von einer Sache<br />

überzeugt ist und mit Leidenschaft dafür<br />

eintritt. Trotzdem ist er mehr als ein<br />

Schwärmer, mehr als eine pazifistische<br />

Eintagsfliege. Denn seine Forderung<br />

nach gesellschaftlicher Verantwortung,<br />

sein Engagement, mit dem er jedem<br />

Seite 14 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>


menschlichen Leben zu Achtung<br />

verhelfen möchte, seine theologischen<br />

Anfragen, z. B. an ein persönliches<br />

Gottesbild, seine Kritik an der Diskrepanz<br />

zwischen Universitätstheologie<br />

und Gemeindefrömmigkeit sind 50<br />

Jahre nach seinem Tod aktuell.<br />

Stephan Glaser, der selbst Theologe ist,<br />

gelingt es, seine Leserinnen und Leser<br />

schrittweise in dieses „Leben zwischen<br />

den Stühlen“ einzuführen. „Sachkundig,<br />

präzise und behutsam“ – dies bescheinigt<br />

ihm Walter Jens in seinem Geleitwort<br />

für das Buch. Stephan Glaser<br />

schildert Knapps Herkunft, die biografischen<br />

und theologischen Wurzeln<br />

seines Pazifismus, der Weg zur Deutschen<br />

Friedenspartei, Knapps Auseinandersetzung<br />

mit der <strong>Kirche</strong>nleitung und<br />

<strong>Offene</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Ehrendoktor für<br />

Eberhard Röhm<br />

Erstmals in ihrer Geschichte hat die<br />

Erziehungswissenschaftliche Fakultät<br />

der Universität zu Köln die Würde eines<br />

Doktors ehrenhalber verliehen. „Aufgrund<br />

seiner ausgezeichneten wissenschaftlichen<br />

Leistungen und besonderer<br />

Verdienste um die Wissenschaft“ wurde<br />

Dozent i.R. Pfarrer Eberhard Röhm aus<br />

Anlass seines 75. Geburtstags im<br />

September 2003 diese Ehrung am 19.<br />

November 2003 zuteil.<br />

Grund für die Auszeichnung sah die<br />

Fakultät darin, dass sich Eberhard Röhm<br />

„in herausragender Weise der Erforschung<br />

des christlich-jüdischen Verhältnisses<br />

insbesondere in der Zeit des<br />

Nationalsozialismus gewidmet hat“.<br />

Herauszuheben sei zudem, dass er stets<br />

die Umsetzung seiner Forschungsergebnisse<br />

in den Schulunterricht<br />

förderte. Im Klartext heißt dies, dass<br />

sich der Stuttgarter Pfarrer, der an<br />

einem Leonberger Gymnasium und<br />

danach im Pädagogisch-theologischen<br />

Zentrum der Landeskirche unterrichtete,<br />

intensiv mit dem Versagen der beiden<br />

Großkirchen während des Dritten<br />

Reiches beschäftigt hat und als Zeitzeuge<br />

in Unterrichtsmaterialien über seine<br />

Erfahrungen berichtete. Er schrieb<br />

Schulbücher und geschichtliche Aufsätze<br />

und betreute die Zeitschrift „entwurf<br />

– Religionspädagogische Mitteilungen“,<br />

wobei ihm die ökumenischen Beziehungen<br />

zwischen der katholischen und der<br />

natürlich stellt er die Frage nach Erfolg<br />

oder Scheitern des Politikers. Der Autor<br />

hat hierfür gründlich im bislang unveröffentlichten<br />

Nachlass Paul Knapps<br />

geforscht. Der Markstein Verlag gab<br />

dem allem einen sehr ansprechenden<br />

Rahmen: Mit 20 Abbildungen und<br />

Wiedergaben aus Knapps handschriftlichem<br />

Nachlass liegt ein schönes Buch<br />

vor. Für Historiker, am Thema Frieden<br />

und <strong>Kirche</strong>ngeschichte Interessierte und<br />

für Freunde von Biografien sicher ein<br />

Gewinn. Walter Jens schließt sein<br />

Geleitwort mit der Einschätzung:<br />

„Respekt für Paul Knapp“.<br />

Silke Stürmer<br />

144 Seiten Broschur, 20 s/w Abbildungen,<br />

14,80 Euro, ISBN 3-935129-08-4<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

evangelischen <strong>Kirche</strong> stets wichtig<br />

waren.<br />

Seine historischen Forschungen galten<br />

unter anderem den Themen „<strong>Kirche</strong><br />

und Kriegsdienstverweigerung“, „Christen<br />

und Juden“ und der Geschichte des<br />

Konzentrationslagers Leonberg sowie<br />

dem Schicksal der Zwangsarbeiter. Er<br />

betrieb Spurensicherung, wie Professor<br />

Dr. Siegfried Hermle in der Laudatio<br />

hervorhob, indem er auch Einzelschicksale<br />

recherchierte, bei denen die<br />

Anordnungen staatlicher oder kirchlicher<br />

Behörden in ihrer unmenschlichen<br />

Brutalität sichtbar werden. Die Beschäftigung<br />

mit dem Außenlager Leonberg des<br />

elsässischen KZs Natzweiler zusammen<br />

mit einer Geschichtswerkstatt führte<br />

Eberhard Röhm zur Gründung der „KZ-<br />

Gedenkstätteninitiative Leonberg e.V.“,<br />

die sich für die Einrichtung einer<br />

Gedenkstätte auf dem Gelände einsetzt.<br />

Sie soll Veranstaltungen besonders für<br />

Schulklassen anbieten und die Forschung<br />

weiterbetreiben.<br />

Renate Lück<br />

Bibel in gerechter<br />

Sprache<br />

Etwas mehr als 50 Übersetzerinnen und<br />

Übersetzer arbeiten derzeit am Projekt<br />

einer „Bibel in gerechter Sprache“.<br />

Dahinter steht die Absicht, Diskriminierungen<br />

nicht in der Sprache zu wiederholen<br />

und damit zu festigen. Konkret<br />

geht es darum, Menschen nicht zu diskriminieren<br />

auf Grund ihres Geschlechtes,<br />

ihrer Hautfarbe, ihres Alters, ihrer<br />

Behinderung etc. Der Evangelische <strong>Kirche</strong>ntag<br />

engagiert sich seit 1989 in diese<br />

Richtung und hat mittlerweile viel Erfahrung<br />

sammeln können mit den jeweils in<br />

den Programmheften veröffentlichten<br />

„<strong>Kirche</strong>ntagsübersetzungen“. Am Reformationstag<br />

2001 hat die Arbeit begonnen<br />

und 2006 soll die fertige Übersetzung<br />

vorliegen. Wir verstehen darunter<br />

eine Sprache, die Frauen nicht länger<br />

unsichtbar macht, sondern als damals<br />

Handelnde und heute Gemeinte anspricht.<br />

Das andere Hauptanliegen ist<br />

das Bemühen, jüdischem Lesen der<br />

Schrift Respekt zu erweisen. Der Wortlaut<br />

der Übersetzung darf nicht dazu<br />

beitragen antijudaistische Vorurteile zu<br />

verstärken. Und selbstverständlich geht<br />

es darum, dem hebräischen und griechischen<br />

Ursprungstext gerecht zu werden.<br />

„Wir schreiben die Bibel nicht, wir übersetzen<br />

sie!“ ist das geflügelte Wort unter<br />

den Verantwortlichen. Die Übersetzung<br />

soll den Forschungsstand so widerspiegeln,<br />

dass die biblischen Texte eine Chance<br />

haben, von Menschen unserer Zeit<br />

verstanden zu werden, die nicht Theologie<br />

studiert haben. Gleichzeitig soll die<br />

Übersetzung auch im wissenschaftlichen<br />

Kontext brauchbar sein. Wenn dann noch<br />

der Anspruch dazu kommt, dass die biblischen<br />

Texte im Deutschen auch ‚klingen’<br />

sollen, dann wird schnell deutlich,<br />

welche Herausforderung das Ensemble<br />

dieser Übersetzungsgrundsätze beinhaltet.<br />

Aber ist die Bibel nicht jede Anstrengung<br />

wert?<br />

Kontakt und Informationen, auch über<br />

Beteiligungsmöglichkeiten, über die<br />

Projektstelle „Bibel für das neue Jahrtausend<br />

– die Testamente in gerechter Sprache“<br />

bei der Evang. Akademie Arnoldshain,<br />

Pfarrerin Hanne Köhler, Im Eichwaldsfeld<br />

3, 61389 Schmitten. E-Mail:<br />

bibelprojekt@evangelische-akademie.de<br />

Internet: www.bibel-in-gerechtersprache.de<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong> OFFENE KIRCHE<br />

Seite 15


Leserbriefe<br />

„Verdammung beenden!“<br />

Mit großem Interesse habe ich „<strong>Offene</strong><br />

<strong>Kirche</strong>“ 4/2003 gelesen. Vor allem, was<br />

unser katholischer Kollege aus Bielefeld zur<br />

Verschlimmbesserung von CA 16 im<br />

Evangelischen Gesangbuch schreibt, macht<br />

mich sehr betroffen. Das ist nun das Ergebnis<br />

intensiver Bemühungen seitens des Lutherischen<br />

Weltbundes, endlich von diesem<br />

unsäglichen Artikel Abstand zu gewinnen!<br />

Beiliegend fand ich die Erklärung der OK<br />

zum Evangelischsein heute. Ich finde es gut,<br />

sich auf diese Weise Gedanken darüber zu<br />

machen. Mir fällt angenehm auf, dass die<br />

meisten Thesen positiv einsetzen. Schade,<br />

dass es nicht ganz durchgehalten wurde.<br />

Beste Grüße aus Berlin<br />

Götz Planer-Friedrich<br />

Über den Artikel von Herrn Nauerth war ich<br />

sehr, sehr unglücklich. Das ist nicht der<br />

Geist, den ich mir zwischen den beiden<br />

<strong>Kirche</strong>n wünsche. Ein frommer Katholik<br />

scheint „sein“ Thema gefunden zu haben. In<br />

der Eile, im Gottesdienst sitzend, übersah er,<br />

dass die Lehrverurteilungen in der CA im<br />

neuen Gesangbuch auf Seite 1495 ausdrücklich<br />

„heute nicht mehr treffen“ und<br />

Lehrdifferenzen nicht mehr als „Verdammungen“<br />

ausgesprochen werden. Ach, hätte<br />

Herr Nauerth dies doch gelesen, er hätte<br />

keinen Stoff mehr für seinen unsäglichen<br />

Artikel gehabt! Solche Artikel will ich nicht<br />

im OK <strong>Heft</strong> haben. Wie gut war dagegen der<br />

Artikel über Blumhardt von Herrn Wagner<br />

mit dem Tenor „keine Verdammung“.<br />

Christoph Schäfer, Stuttgart<br />

evangelisch sein heute, 4/2003<br />

Wer nur den lieben Gott lässt walten ...,<br />

der öffnet dem Teufel die Hintertür. Das war<br />

mein erster Gedanke nach der Lektüre der<br />

12 Thesen zum Thema „evangelisch sein<br />

heute“. Ich erkenne die Bemühung an,<br />

positiv vom Glauben zu reden und möglichst<br />

einladend. Herausgekommen ist eine<br />

„Schönwetter-Theologie“, die meiner (und<br />

vermutlich nicht nur meiner) Lebens- und<br />

Glaubenserfahrung zwar nicht widerspricht<br />

– dazu ist sie viel zu beliebig –, aber die<br />

darauf keine Antwort hat. Man kann die<br />

theologia crucis und die Theodizee-Frage<br />

nicht loswerden, indem man sie verschweigt,<br />

und zum Reifungsprozess eines<br />

eigenen Glaubens gehört die „dunkle<br />

Nacht“. Danach ist es dann wieder möglich<br />

von Auferstehung zu reden. Wenn die<br />

Thesen noch veränderbar sind, schlage ich<br />

vor, wenigstens noch die folgende, von mir<br />

bewusst im Stil der ganzen Thesenreihe<br />

formulierte, aufzunehmen:<br />

Glaube fällt nicht fertig vom Himmel. Er<br />

entwickelt und verändert sich zusammen<br />

mit der Lebenserfahrung und der spirituellen<br />

Entwicklung eines Menschen. Wir<br />

nehmen bei uns selbst und bei anderen<br />

Menschen auch Zweifel und Verzweiflung,<br />

„höllische Ängste“ und wütende oder<br />

resignierte Verneinung des Vertrauens zu<br />

Gott wahr und wissen, dass es nicht<br />

selbstverständlich ist, wenn wieder Hoffnung<br />

wächst.<br />

Gottfried Lutz, Plochingen<br />

Der Kreuzestod Christi als Heilsereignis?<br />

Zur Ausgabe 4/2003<br />

Sehr erfreut war ich über den Artikel von<br />

Dr. Bernhardt zur Deutung des Kreuzestodes<br />

Christi als Antwort auf die Vorstellungen<br />

zum theologischen Profil der <strong>Offene</strong>n <strong>Kirche</strong>.<br />

Gibt es doch wenige Theologie-Professoren,<br />

die so mutig sprechen, um dogmatische<br />

Festlegungen, die angeblich „keiner<br />

Grundlegung bedürfen“, dafür aber weithin<br />

unverstanden bleiben, zu öffnen für ein<br />

Gespräch auch mit Nichtchristen zu einer<br />

dem Leben dienlichen Auseinandersetzung.<br />

Das Denken vom „Geistwirken Gottes“ war<br />

leider lange Zeit in der Theologie ganz<br />

unterbewertet. Aber überall, wo Theologie<br />

lebendig und damit auch wirksam geblieben<br />

ist, gab es neue Interpretationen aus der<br />

Situation der Zeit heraus. Das wünsche ich<br />

mir heute in viel stärkerem Maße. Eine<br />

<strong>Kirche</strong> kann nicht auf Dauer nur mit<br />

Werbemaßnahmen die Stellung in der<br />

Gesellschaft erhalten, die sie sich wünscht,<br />

wenn das theologische Fundament aktuellen<br />

Fragen nicht mehr stand hält.<br />

Erika Leube, Heilbronn<br />

Herzlichen Dank für OK 4/03. Es<br />

ermutigt mich wieder, mich als evangelisch<br />

zu bezeichen (nicht nur zu fühlen).<br />

Befreiend finde ich vor allem den Artikel<br />

von Dr. Bernhardt: „Der Kreuzestod<br />

Christi als Heilsereignis?“ Ich gehöre zu<br />

denen, für die „diese Überzeugung<br />

selbstverständlich“ war. Bereits als<br />

Vorschulkind habe ich gelernt: „Hab ich<br />

Unrecht heut getan, sieh es lieber Gott<br />

nicht an. Deine Gnad und Christi Blut,<br />

macht ja allen Schaden gut.“Das Blut<br />

musste also vergossen werden, weil ich<br />

so bös bin. Nur wenn ich zerknirscht<br />

bin wegen meiner Sünden, habe ich bei<br />

Gott (und bei meiner Mutter!) eine<br />

Chance. Und dann muss ich mir noch<br />

mehr Mühe geben, gut (=brav, gehorsam,<br />

lieb) zu sein. Natürlich reicht das<br />

dann trotzdem nie. Der Mensch ist<br />

schließlich „böse von Jugend an“. Aber<br />

man kriegt dieses Schlechtgemachtwerden<br />

mal satt! Gott sei Dank gab es<br />

immer auch eine andere Tradition,<br />

Inseln wo Freiheit, Trost, Liebe erfahrbar<br />

waren. Wenn von dort aus die<br />

Theologie von überholten Interpretationen<br />

gereinigt wird, wird es nicht nur<br />

mir gut tun. Es wird heute noch, wie die<br />

psychotherapeutische Sprechstunde<br />

zeigt, in den <strong>Kirche</strong>n viel Angst auf die<br />

Menschen geladen.<br />

Silke Waldhausen, Schwäbisch Gmünd<br />

Impressum<br />

Die Zeitschrift OFFENE KIRCHE gibt heraus der<br />

Leitungskreis der OFFENEN KIRCHE:<br />

Vorsitzende:<br />

Christa Maier-Johannsen, Bildungsreferentin<br />

Tannenstraße 22, 71554 Weissach im Tal<br />

Tel. und Fax: (0 71 91) 5 30 20<br />

Kontakt: Vorsitzende@<strong>Offene</strong><strong>Kirche</strong>.de<br />

Stellvertretender Vorsitzender:<br />

Harald Wagner, Pfarrer<br />

Kirchstraße 29, 73092 Heiningen<br />

Tel.: (0 71 61) 4 90 26, Fax: 4 10 11, Kontakt:<br />

StellvertretenderVorsitzender@<strong>Offene</strong><strong>Kirche</strong>.de<br />

Weitere Leitungskreismitglieder:<br />

Albrecht Bregenzer, Frickenhausen<br />

Cornelia Brox, Krankenschwester, Lenningen, MdLs<br />

Markus Grapke, Pfarrer z.A., Zuffenhausen<br />

Edith Klug, Schwäbisch Hall, Familienfrau<br />

Dr. Martin Plümicke, Dozent, Reutlingen<br />

Charlotte Sander, Pfarrerin, Stuttgart-Mühlhausen<br />

Reiner Stoll-Wähling, Volkswirt (FH), Stuttgart<br />

Rainer Weitzel, Hausmann, Stuttgart<br />

Rechner: und Geschäftsstelle<br />

gleichzeitig Bestelladresse der OFFENEN KIRCHE<br />

Reiner Stoll-Wähling,<br />

Ilsfelder Straße 9, 70435 Stuttgart<br />

Tel.: (07 11) 5 49 72 11, Fax: 3 65 93 29<br />

Kontakt: Geschaeftsstelle@<strong>Offene</strong><strong>Kirche</strong>.de<br />

Konten :<br />

Kreissparkasse Ulm, Nr. 1661 479 (BLZ 630 500 00)<br />

Postgiro Stuttgart Nr. 1838 50-703 (BLZ 600 100 70)<br />

Redaktionskreis:<br />

V.i.S.d.P.: Hans-Peter Krüger, Pfarrer und Kommunikationswirt,<br />

Gartenstrasse 55, 72074 Tübingen<br />

Jan Dreher-Heller, Theologe und Kommunikationswirt,<br />

Reutlingen<br />

Wolf-Dieter Hardung, Dekan i.R., Tübingen<br />

Renate Lück, Journalistin, Sindelfingen<br />

Gerlinde Maier-Lamparter, Familienfrau, Köngen<br />

Die Zeitschrift OFFENE KIRCHE erscheint nach<br />

Bedarf, aber mindestens viermal im Jahr. Für<br />

Mitglieder der OFFENEN KIRCHE ist das<br />

Bezugsgeld im Mitgliedsbeitrag eingeschlossen. Alle<br />

anderen BezieherInnen bezahlen jährlich 15 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die<br />

Meinung des/der VerfasserIn wieder und stellen<br />

nicht unbedingt die Meinung der HerausgeberInnen<br />

oder der Redaktion dar.<br />

AutorInnen:<br />

Gabriele Bartsch, Geschäftsführerin, MdLs, Stuttgart<br />

Walter Gölz, Pfarrer i.R., Kirchheim<br />

Siegfried Herrmann, Weil im Schönbuch<br />

Philip Jenkins, Professor, Pensilvania, USA;<br />

Hanne Köhler, Pfarrerin, Schmitten<br />

Susanne Richter, Pfarrerin, MdLs, Weingarten<br />

Silke Stürmer, Journalistin, Remshalden<br />

Wolfgang Wagner, Pfarrer, Bad Boll<br />

Dr. Martin Weeber, Professor, Tübingen;<br />

Rainer Weitzel, Unternehmensberater, Stuttgart<br />

Anzeigen, Gestaltung, Herstellung: SAGRAL –<br />

Satz, Grafik, Layout – Kommunikationsagentur im<br />

Bereich der <strong>Kirche</strong>n, Reutlingen<br />

Kontakt: SAGRAL@t-online.de<br />

Druck: Grafische Werkstatt der Gustav Werner<br />

Stiftung, Reutlingen<br />

Versand: Behinderten-Zentrum (BHZ), Stuttgart-<br />

Fasanenhof<br />

Quellennachweis: Seite 1+2: Treiber; Seite 4:<br />

Plaßmann, Löwensteiner Cartoon Service (LCS);<br />

Seite 5: epd-bild; Seite 6: Mester (LCS); Seite 7:<br />

Lück; Seite 9: Richter; Seite 10: Mester (LCS); Seite<br />

11: Küstenmacher (LCS); Seite 13: epd-bild, Neetz;<br />

Seite 15: Karin Müller.<br />

Wir bitten ausdrücklich um Zusendung von Manuskripten,<br />

Diskussionsbeiträgen, Informationen,<br />

Anregungen und LeserInnenbriefen. Die Redaktion<br />

behält sich das Recht der Kürzung vor.<br />

Redaktionsadresse:<br />

Redaktion@<strong>Offene</strong>-<strong>Kirche</strong>.de<br />

Untere Neue Str. 8<br />

73257 Köngen<br />

Fax: (0 70 24) 50 10 43<br />

Seite 16 OFFENE KIRCHE<br />

Nr. 1, April <strong>2004</strong>

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