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24 Runenmagie Runenmagie 25<br />
nen direkten Hinweis auf diese Praxis finden<br />
wir in der 18. Strophe des sigrdrifumals:<br />
allar vóru af skafnar þær er vóro á ristnar<br />
„Abgeschabt waren alle [Runen], die<br />
eingeritzt waren<br />
ok hverfðar við inn helga mioð und<br />
in den mächtigen Met gemischt<br />
ok sendar á viða vego. 5<br />
und<br />
weiten Weg gesandt.“<br />
In der heutigen Runenmagie wird man für<br />
diese Art des Zaubers am häufigsten die<br />
Verwendung von Asche vorfinden. Schreibe<br />
deine Runen bzw. deinen runischen Zauber<br />
auf ein Stück Papier und verbrenne es direkt<br />
über einem Becher Met, Bier oder Wein.<br />
Mische die Asche mit dem Getränk, konzentriere<br />
dich auf die Runen/deinen Willenssatz<br />
und leere den Becher.<br />
Abgesehen davon gibt es zahlreiche Möglichkeiten,<br />
mit den Zeichen zu arbeiten,<br />
wenn du einen Runenzauber wirken willst -<br />
leiten wir also langsam zur neuzeitlichen<br />
Runenmagie über. Zunächst einmal gehe ich<br />
natürlich davon aus, dass du deinen Zauber<br />
entweder für dich persönlich übst oder, wenn<br />
du für andere zauberst, nur mit deren Einwilligung<br />
vorgehst. Die Runen solltest du entweder<br />
auf Papier schreiben oder direkt dort<br />
anbringen, wo sie gebraucht werden. Hast du<br />
also Probleme mit schriftlichen Arbeiten o-<br />
der mit der Konzentration, so ist es sicher<br />
nicht verkehrt, die entsprechenden Runen an<br />
der Unterseite deines Schreibtisches anzubringen.<br />
Zauber, die der Illumination/Selbstverzauberung<br />
dienen, sollten am<br />
Körper getragen werden, entweder direkt auf<br />
die Haut gezeichnet oder auf ein Stück Papier,<br />
welches du unter der Kleidung trägst<br />
und mit Sicherheitsnadeln oder Tesafilm befestigt<br />
hast. Wie und mit welchen Mitteln<br />
man die Runen farbig ausgestaltet, beschrieb<br />
ich bereits in der 10. Ausgabe der DA, wo-<br />
5<br />
De Vries, Altgermanische Religionsgeschichte,<br />
Band I, S.310<br />
bei für das Zeichnen von Runen natürlich<br />
andere Voraussetzungen gelten als für das<br />
Einfärben der geschnitzten Symbole. Blut<br />
empfiehlt sich immer, aber manchmal tun es<br />
auch schon verschiedene natürliche Farbstoffe,<br />
wie zum Beispiel Henna, wenn es um das<br />
Zeichnen auf der eigenen Haut geht, oder<br />
auch ganz profan Kugelschreiber oder Permanentmarker,<br />
die sich sowohl für die Haut<br />
wie auch für Papier eignen.<br />
Willst du keinen Inschriften-, sondern einen<br />
Symbolzauber nutzen, so gibt es für dich<br />
mehrere Möglichkeiten. Zunächst einmal<br />
kannst du die Runen natürlich einfach nebeneinander<br />
schreiben. Zum Beispiel so:<br />
Diese Runenkombination ist ein Beispiel und<br />
soll Streit innerhalb einer Gruppe schlichten.<br />
Links steht Gebo in Form des Andreaskreuzes<br />
für den Ausgleich, es folgen Mannaz für<br />
die Gemeinschaft und Wunjo, die Wunschrune,<br />
als Verstärker des Zaubers.<br />
Nun kann man die drei Runen aber auch zu<br />
einer Form zusammenfassen und somit zu<br />
einer Sygille verbinden. Wir sprechen von<br />
Binderunen. Das Ergebnis könnte in diesem<br />
Fall so aussehen:<br />
oder sogar auf diese Form reduziert werden,<br />
in der bereits alle drei Symbole enthalten<br />
sind:<br />
Die Niederschrift bzw. das Einritzen einer<br />
solchen Binderune sollte optimalerweise von<br />
einer Beschwörung/einem Zauberspruch begleitet<br />
werden, der den phonetischen Wert<br />
jedes der drei Symbole mit einschließt (für<br />
die phonetischen Zuordnungen vgl. DA,<br />
Ausgabe 2). In unserem Fall könnte ein Beispiel<br />
folgendermaßen aussehen:<br />
„Gebt meinen Männern wahre Weisheit“<br />
Auch ist bei Binderunen zu beachten, dass<br />
sich nicht durch Zufall neue Runen einschleichen,<br />
die im Zauber eigentlich nichts<br />
verloren haben. Ein Naudhiz, Hagalaz oder<br />
Thurisaz an der falschen Stelle kann einen<br />
Zauber verderben und im schlimmsten Falle<br />
gar Schaden anrichten. Andere Runen wie<br />
Gebo, Wunjo oder Jehra schaden hingegen<br />
niemals und können getrost auch als „Lückenfüller“<br />
auftauchen; oftmals wirken sie<br />
sogar verstärkend. Auf Jehra sollte man jedoch<br />
verzichten, wenn man schnelle Ergebnisse<br />
sehen will, da es die Rune des langsamen<br />
(positiven) Wandels ist.<br />
Doch es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit,<br />
unsere Dreierkombination darzustellen<br />
und zwar indem wir über den Zahlenwert<br />
gehen.<br />
IIIIIIII IIIIIII IIIIIIIII<br />
Dies wirkt zunächst einmal sehr wild; eine<br />
wilde Aneinanderreihung kursiver und gerader<br />
senkrechter Striche. Wie wir wissen, teilt<br />
sich das Ältere Futhark in drei Spalten (aettir)<br />
zu je acht Zeichen auf, von denen Mircea<br />
Eliade glaubte, dass sie, wie auch andere ältere<br />
Alphabetsysteme, auf die drei Mondphasen<br />
zurückgehen. Eigentlich bedeutet unser<br />
Strichcode also folgendes: siebentes Zeichen<br />
des ersten Aett, gefolgt vom vierten Zeichen<br />
des dritten Aett, gefolgt vom achten Symbol<br />
des ersten Aett – also nichts anderes als Gebo-Mannaz-Wunjo,<br />
womit sich wieder unser<br />
Beispielzauber ergibt. Durch einen durchgehenden<br />
Verbindungsstrich wird die Bündelung<br />
der drei Runen im Rahmen des Zaubers<br />
hervorgehoben.<br />
Über eine zahlenmystische Bedeutung der<br />
Runen ist in der Vergangenheit viel spekuliert<br />
worden. Wissenschaftler wie S. Agrell,<br />
M. Olsen oder J. de Vries hielten viel von<br />
diesem Ansatz und liefern überraschend viele<br />
Beispiele, in denen uns die Zahl 24, die<br />
Gesamtheit der Zeichen des Futhark, oder<br />
Vielfache derselben als Quersumme runischer<br />
Inschriften begegnen. Es scheint also<br />
nicht nur so gewesen zu sein, dass den Zeichen<br />
selbst magische Wirkung zugesprochen<br />
wurde, sondern man scheint oft auch darauf<br />
geachtet zu haben, dass die Zahlenwerte der<br />
Inschriften die richtige Quersumme ergaben.<br />
Damit ließen sich einige orthographisch katastrophale<br />
Runenfolgen erklären, bei denen<br />
offensichtlich Zeichen fehlen oder zusammengezogen<br />
wurden oder Trennzeichen nur<br />
unregelmäßig auftauchen. Hier scheint es<br />
dem Schreiber vielmehr darauf angekommen<br />
zu sein, dass am Ende der Zahlwert stimmte<br />
und dabei konnte man getrost auf einige Zeichen<br />
verzichten, solange der Sinn der Inschrift<br />
gewahrt blieb.<br />
Wie wir sehen, bieten runische Zauber eine<br />
Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, ob<br />
als Inschrift, Begriffsrune, Sygille oder Zahlencode.<br />
Im neonordischen Schamanismus<br />
nach Freya Aswynn wird jeder der neun<br />
Welten eine bestimmte Begriffsrune zugeordnet.<br />
Je nach Herangehensweise können<br />
sie sich als vergleichsweise simples System<br />
oder auch erstaunlich komplex präsentieren.<br />
Runen finden nicht nur im rekonstruierenden<br />
Neuheidentum, sondern inzwischen auch in<br />
der Ritual- und Chaosmagie und bei zahlreichen<br />
freifliegenden Gruppen Verwendung.<br />
Vielleicht möchte sich auch der ein oder andere<br />
geneigte Leser nun näher mit dem interessanten<br />
und facettenreichen System der<br />
nordischen Runen auseinandersetzen.<br />
Charon<br />
Quellen:<br />
De Vries, Jan, Altgermanische Religionsgeschichte,<br />
1970<br />
Die Edda<br />
Düwel, Klaus, Runenkunde, 2001<br />
Krause, Wolfgang, Was man in Runen ritzte,<br />
1935