Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
44 Steine Steine 45<br />
Manche Wünsche haben wir in der<br />
Kindheit begraben, still unter einen Stein<br />
gelegt. Lange Zeit haben wir den Stein<br />
noch heimlich besucht, bis wir den<br />
Wunsch und den Stein endlich vergaßen.<br />
Eines Tages aber kommen wir zufällig an<br />
dieser Stelle im Garten vorbei und<br />
entdecken: Der Stein lebt, Moos und Gras<br />
wachsen darauf.<br />
Theodor Fontane<br />
Was ist ein Stein?<br />
In meiner Kindheit hätte ich diese Frage mit<br />
Leichtigkeit beantworten können.<br />
Ein Stein hat stets eine graue Farbe, manchmal<br />
ist er mit Maserungen durchzogen und<br />
gelegentlich hat er Risse oder sogar kleine<br />
Löcher. In den Löchern leben oft Spinnen.<br />
Steine sind immer irgendwie rund und selbst<br />
wenn sie Ecken und Kanten besitzen, sieht<br />
man ganz genau, dass alle Steine rund werden<br />
möchten. Steine wohnen in der Erde und<br />
sobald sie an die Oberfläche gelangen, beginnen<br />
sie zu sterben. Aber sie sterben genau<br />
so langsam, wie sie gewachsen sind. Steine<br />
sind uralt und es muss sehr viel regnen, bis<br />
sie ganz winzig klein zurück in die Erde<br />
kehren, um vielleicht lange Zeit später wieder<br />
Teil eines anderen Steines zu werden.<br />
Ein Stein bekommt keine Kinder im herkömmlichen<br />
Sinne, aber er trennt Teile von<br />
sich ab, die dann doch wiederum eigenständige<br />
Steine sind.<br />
In den Steinen befindet sich Kraft, denn man<br />
kann damit Nüsse knacken und Nägel einschlagen.<br />
Besonders beeindruckend ist, dass<br />
sie an kühlen Sommerabenden noch die<br />
Wärme des Tages in sich haben und im zeitigen<br />
Frühling die Kälte des Winters speichern.<br />
Außerdem hält der Stein die Erde unter<br />
sich feucht, auch wenn der restliche Garten<br />
schon nach Wasser verlangt.<br />
Ein richtiger Stein, der seinen Namen verdient,<br />
zieht lebendige Wesen an. Auf ihm<br />
Die Kraft der Steine<br />
wächst Moos, dicht neben ihm siedeln zarte<br />
Blumen und Efeu und unter ihm leben<br />
Schnecken, Tausendfüßler, Ameisen und Käfer.<br />
Hebt man einen großen Stein blitzschnell<br />
hoch, kann man all diese Tiere beobachten,<br />
während sie sich flink in die Erde zurückziehen.<br />
Der Stein schützt sie und gibt ihnen Obdach.<br />
Wenn man einen runden Stein in der Hand<br />
hält, kann man besser nachdenken, und sobald<br />
man sich auf einen der größeren Steine<br />
setzt, wird man ruhig und gelassen und beginnt<br />
zu singen.<br />
Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, die<br />
bunten geschliffenen Splitter, die sich in den<br />
Schmuckstücken meiner Mutter befanden,<br />
als Steine zu bezeichnen und ganz sicher hätte<br />
ich keinen von ihnen gegen einen meiner<br />
grauen Freunde getauscht.<br />
Begriffserklärungen: Steine, Heilsteine,<br />
Schmucksteine<br />
Teil I: Einführung<br />
Wikipedia sagt, dass Steine kompakte Objekte<br />
aus Mineralien oder Gestein sind, welche<br />
von der Gesteinseinheit, der sie einmal angehört<br />
haben, getrennt sind.<br />
Dabei gibt es eine Vielzahl von Unterklassifizierungen,<br />
wie zum Beispiel Findlinge,<br />
Geoden, Kristalle und Moränen, nur um einige<br />
zu nennen.<br />
Uns werden in weiteren Artikeln hauptsächlich<br />
Schmucksteine interessieren, weil gerade<br />
im esoterischen Bereich Schmucksteinen<br />
besondere Kräfte, meistens heilender Natur,<br />
nachgesagt werden. Allerdings ist der Begriff<br />
Heilstein nicht wirklich korrekt und seit<br />
2008 ist diese Bezeichnung im Rahmen von<br />
Werbung sogar unlauterer Wettbewerb (LG<br />
Hamburg, 21.08.08, Az.: 327 O 204/08). Begründet<br />
wird dieses Urteil mit dem Fehlen<br />
von wissenschaftlichen Bestätigungen bezüglich<br />
der vermeintlichen Heilwirkung.<br />
Schmucksteine sind keineswegs immer Steine<br />
und selten bestehen sie tatsächlich aus<br />
Gestein. Am bekanntesten sind wohl die E-<br />
delsteine, wie z.B. Diamant, Saphir, Smaragd,<br />
die Halbedelsteine (diese Bezeichnung<br />
ist übrigens veraltet), wie z.B. Achat, Türkis,<br />
Bergkristall und die Sonderformen, welche<br />
aus organischem bzw. fossilem Material bestehen,<br />
wie z.B. Bernstein, Koralle und versteinertes<br />
Holz.<br />
Für Schmucksteine gelten sehr unterschiedliche<br />
Richtlinien und im Handel finden wir<br />
heute ganz legal unzählige Imitate, „aufgebesserte“<br />
und „rekonstruierte“ Steine, die oft<br />
nur durch Fachleute von den echten Namensvettern<br />
zu unterscheiden sind.<br />
Frühe Faszination<br />
Größeren Steinen, die aus ihrer Landschaft<br />
hervorstechen, wurden überall auf der Welt<br />
und schon sehr frühzeitig besondere Kräfte<br />
nachgesagt. Das bekannteste Beispiel ist<br />
wahrscheinlich Ayers Rock in Australien, der<br />
in der Sprache der Ureinwohner Uluru - Sitz<br />
der Ahnen heißt und als Heiligtum der Aborigines<br />
gilt. Vielleicht weniger bekannt, aber<br />
ebenso verehrt werden bzw. wurden der Kyaiktiyo,<br />
welcher sich vergoldet in Myanmar<br />
befindet und eine der heiligsten buddhistischen<br />
Stätten ist, und der Stiefel im Saarland,<br />
der bereits in der Steinzeit kultischen Zwecken<br />
diente. Findlinge wurden in Europa<br />
zum Bau von Hügelgräbern verwendet und<br />
beinahe immer ranken sich Sagen um sie.<br />
Ebenso sagenumwoben sind die sogenannten<br />
Wackelsteine. Aus der Megalithkultur kennen<br />
wir ganze steinerne Anlagen, die Dolmen.<br />
Menhire aus derselben Zeit wurden absichtlich<br />
aufgerichtet zu Gedenksteinen und<br />
teilweise mit Schriftzeichen, wie den Runen<br />
oder dem Ogham, versehen.<br />
Devils Tower, Monolith, Wyoming, USA<br />
mit mythologischer Bedeutung für ca. 20<br />
verschiedene nordamerikanische Völker<br />
Doch nicht nur die großen, grauen Steine<br />
fanden schon vor langer Zeit Beachtung,<br />
auch die kleineren, farbigen Vertreter dieses<br />
Oberbegriffes gelangten schon in der Frühzeit<br />
zu Status und Ansehen.<br />
Der Hämatit war eine Grabbeigabe vor<br />
80000 Jahren. Bereits in der Jungsteinzeit<br />
wurden Jadeobjekte in Gräber gelegt. Die<br />
Jade war übrigens schon damals in Europa,<br />
Mittelamerika und Asien verbreitet. Lapislazuli<br />
war in Ägypten und Mesopotamien vor<br />
7000 Jahren als Amulettstein bekannt; die<br />
Ägypter kannten bereits Methoden, diesen<br />
Stein zu fälschen. Der Türkis wurde der Göt-