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Överblick Mai 2014

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Musik | Verden<br />

It's only just started...<br />

Diesmal haben wir Katrin<br />

Achinger, vielen bekannt<br />

durch die in Verden<br />

gegründete Band „Kastrierten<br />

Philosophen“ in Hamburg<br />

besucht und interviewt.<br />

Wer kam eigentlich auf die<br />

Idee die Band zu gründen?<br />

“Ich!“ Der Ausruf kam wie aus<br />

der Pistole geschossen und<br />

Katrin beginnt zu erzählen:<br />

Foto: ja<br />

Katrin Achinger im April <strong>2014</strong> in Hamburg.<br />

Damals, zu meiner Zeit in Verden,<br />

spielte fast immer nur eine<br />

Gruppe, die „Nice Little Band“.<br />

Die spielten hauptsächlich Jazz,<br />

immer und überall. Und haben<br />

den Eindruck verbreitet, um Musik<br />

machen zu können, muss<br />

man technisch versiert sein. Was<br />

wir damals alle nicht waren.<br />

"Nicht dran gestört,<br />

dass sie nichts konnten"<br />

Dann kam Punk. Punk hieß,<br />

du kannst mit drei Akkorden eine<br />

Band gründen. Das haben wir<br />

dann auch getan. Ich habe zusammen<br />

mit Judith und Katja<br />

Garbelmann, Kerstin Schiffer<br />

und später noch Susanne (Susi)<br />

Hoffman eine Frauen­Band namens<br />

„Monotoner Ablauf“ gegründet.<br />

Die Jungs unserer Clique hatten<br />

auch eine Band, um genauer<br />

zu sein: Matthias hatte eine<br />

Band zusammen mit Spucht<br />

(Carsten Lenz), Gaukel (Heinz<br />

Gaukel) und GO (Günter Otto).<br />

Zeitzeugenberichte über die Musikszene Verden von gestern bis heute<br />

Die hieß T5. Damals gab es ja<br />

noch den Wehrdienst und alle<br />

wollten T5 sein. (T5 = nicht<br />

wehrdienstfähig)<br />

Die Jungs haben sich damals<br />

überhaupt nicht daran gestört,<br />

dass sie nichts konnten. Wir<br />

Mädchen haben uns aber total<br />

verrückt gemacht und angezickt.<br />

Darum ist unsere Band wohl<br />

letztendlich auch gescheitert.<br />

Erste Proben in<br />

Klein Hutbergen<br />

Zuerst wurde in Klein<br />

Hutbergen geprobt. Erst<br />

probten immer die Jungs,<br />

dann haben wir Mädchen<br />

gejamt. Zu diesem Zeitpunkt<br />

war ich auch schon<br />

mit Matthias zusammen.<br />

Es war die Zeit, in der es<br />

musikalisch interessant<br />

wurde, denn wir haben nicht<br />

nur Punk gemacht, sondern<br />

"richtige Musik". Matthias<br />

hatte 12 Jahre Klavier­Unterricht<br />

gehabt, das hat er<br />

aber nicht groß herum posaunt.<br />

Ich selber habe von<br />

Judith und Katja viele Lieder<br />

auf der Gitarre gelernt.<br />

Auf dem letzten Bob Dylan­Live­Konzert<br />

wurde mir bewusst,<br />

mit wie vielen Liedern er mich<br />

mein Leben lang begleitet hat<br />

und zwar nicht weil ich sie auf<br />

Platten gehört habe, sondern<br />

weil Judith sie mir beigebracht<br />

hatte.<br />

"Einfach nur Gelaber"<br />

Ich weiß noch wie heute, wie<br />

ich sinnend in der WG von Matthias<br />

lag, eine Dachwohnung genau<br />

gegenüber vom Domgymnasium.<br />

Die Domglocken<br />

läuteten und auf einmal kam ich<br />

auf den Namen „Kastrierte Philosophen“,<br />

weil ich uns irgendwie<br />

als solche empfunden habe.<br />

Große Pläne und nichts dahinter!<br />

Einfach nur viel Gelaber. Es hatte<br />

aber auch noch einen tieferen<br />

Sinn, denn ich war von jungen<br />

Männern umgeben, die sich die<br />

Köpfe heiß redeten über Nietzsche<br />

und ähnliche Themen. Der<br />

Nietzsche hatte es mit den Frauen<br />

ja eher nicht so und ich fand<br />

da war irgendwie kein Platz für<br />

uns Frauen in deren Welt. Ich<br />

habe Matthias dann den Namen<br />

vorgeschlagen und wir haben<br />

die Band gegründet. Mit dabei<br />

waren u.a. Wolfgang Wigger<br />

und Rüdiger Schmidt (Schmiddi).<br />

Erst später kamen Rüdiger Klose<br />

und Andy Giorbino dazu.<br />

Kreative Explosion<br />

Wir trafen uns dann bei Martin<br />

Drichel in seinem Wochenendhaus<br />

in Dauelsen. Wir waren 20<br />

Leute, verteilt auf 11 Bands, jeder<br />

spielte mit jedem in einer<br />

Band oder einem Projekt. Und<br />

dann haben wir uns gegenseitig<br />

vorgespielt. Es war eine<br />

kreative Explosion. Einfach alles<br />

ausprobieren.<br />

Unsere ersten Auftritte mit den<br />

„Kastrierten Philosophen“ hatten<br />

Foto: Thorsten Wigger<br />

Matthias Arfmann und Katrin Achinger gemeinsam<br />

auf der Bühne.<br />

wir im Jugendzentrum Verden.<br />

Matthias hat das alles organisiert,<br />

das muss ich ihm hoch anrechnen.<br />

Ich hätte mich sonst<br />

wahrscheinlich nie auf eine Bühne<br />

getraut.<br />

"Schlapp gelacht<br />

über den Namen"<br />

Eines Tages sollte die Band<br />

39 Clocks (eine Underground<br />

Band aus Hannover) in Bremen<br />

spielen. Das war eine Band, die<br />

wir unheimlich gut fanden.<br />

Damals gab es ja keine Handys.<br />

Also standen Matthias und<br />

ich in Verden am Bahnhof in einer<br />

Telefonzelle, um völlig aufgeregt<br />

in Hannover bei den 39<br />

Clocks anzurufen: „Du rufst an,<br />

nein Du!“ nach einem kleinen<br />

Wortgeplänkel traute sich Matthias<br />

letztendlich dort anzurufen.<br />

Als sie unseren Bandnamen hörten,<br />

haben sie sich erst einmal<br />

schlapp gelacht. Dann durften<br />

wir kurzerhand als ihre Vorgruppe<br />

auftreten. So sind wir relativ<br />

schnell über die Grenzen von<br />

Verden hinausgekommen.<br />

Bei einem Auftritt im Römer in<br />

Bremen haben wir Rüdiger Klose<br />

kennengelernt, der später viele<br />

Jahre bei uns Schlagzeuger<br />

war.<br />

Der 'Punkpapst'<br />

kommt nach Verden<br />

Bei einem Festival in Westen,<br />

bei dem ich Mitorganisatorin war,<br />

haben wir dann unsere ersten<br />

Kassetten verkauft ­ eine Coverversion<br />

des Stückes Heroin<br />

der Band Velvet Underground.<br />

Das war wirklich<br />

grottig.<br />

Es folgten viele Auftritte<br />

außerhalb Verdens. Bei einem<br />

Auftritt in der Markthalle<br />

in Hamburg war der<br />

berühmte Alfred Hilsberg<br />

(deutscher Musikjournalist<br />

und Labelbetreiber) anwesend.<br />

Er war damals der 'Punkpapst'<br />

schlechthin und kam<br />

original nach Verden gefahren,<br />

um mit uns einen Plattenvertrag<br />

abzuschließen.<br />

Waren wir aufgeregt. Wir<br />

haben erst mal wie die Verrückten<br />

die Bude geputzt. Er<br />

fuhr mit seiner Freundin und<br />

Fahrerin, die auch gleichzeitig<br />

die Fotografin war, vor.<br />

Das war der Anfang, von diesem<br />

Zeitpunkt an haben wir jährlich,<br />

8­9 Jahre lang eine neue<br />

Platte heraus gebracht. Insgesamt<br />

wurden es 12 Alben.<br />

Auftritt in Roskilde &<br />

Tournee mit Nico<br />

Wir bekamen dann schnell eine<br />

gute, renommierte Konzertagentur<br />

und waren die meiste<br />

Zeit mit Musik beschäftigt. Es<br />

22 <strong>Överblick</strong> ∙ Das Kulturmagazin www.oeverblick.de

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