Download PDF (1,8 MB) - Der Paritätische Berlin
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Lektüre<br />
Outlaw gGmbH<br />
Ein Buch, das neues<br />
Selbstbewusstsein<br />
reflektiert<br />
Von Andreas Schulz<br />
Vorgestellt wird hier ein Buch, das das Ergebnis<br />
eines Experiments ist, einer eher ungewöhnlichen<br />
Herangehensweise an die Erstellung und Zusammenstellung<br />
eines Sammelbandes.<br />
Die Outlaw gGmbH gab als bundesweit tätiger Träger<br />
der Kinder- und Jugendhilfe zwölf Themen vor, die<br />
innerhalb der Organisation entstanden, die diskutiert,<br />
festgelegt und bildlich auch auf Plakaten übertragen<br />
wurden. Diese Plakate wurden an die Autorinnen und<br />
Autoren herausgegeben – mit der Bitte um eine schriftliche<br />
Stellungnahme zu diesem Thema.<br />
Insgesamt 30 Personen aus Wissenschaft, öffentlicher<br />
Verwaltung, Verbandsarbeit, Teams und Einrichtungen<br />
der Outlaw, aus Sport, Musik und Kultur haben sich<br />
beteiligt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben<br />
ebenfalls wichtige Komponenten beigesteuert.<br />
Die Hälfte der Autoren sind Mitarbeiter auf verschiedenen<br />
hierarchischen Ebenen der Outlaw. Dies allein<br />
kann als ein schöner Versuch der Mitarbeiterbeteiligung<br />
gewertet werden und spornt die Reflexion der eigenen<br />
Haltung und Umsetzung in die praktische Arbeit sicher<br />
an.<br />
Prominente Autoren formulieren fachkundig und<br />
lesbar zugleich<br />
Die andere Hälfte der Autoren sind namhafte bundesweit<br />
aktive Akteure aus Praxis und Wissenschaft der Jugendhilfe.<br />
So schreibt z.B. Norbert Struck, der Jugendhilfereferent<br />
des <strong>Paritätische</strong>n Gesamtverbandes zum<br />
Thema Geschlossene Unterbringung, Prof. Dr. Merchel<br />
geht auf den Begriff der Qualität ein und Prof Dr.<br />
Schrapper erläutert „Warum es mit der Toleranz nicht<br />
so einfach ist“.<br />
Die Beiträge zu jedem dieser Standpunkte sind lesenswert<br />
und aufgrund ihrer wechselnden Sichtweise und<br />
Schreibstils sehr unterhaltsam. Wie das gekommen ist,<br />
beschreiben die Herausgeber im Vorwort: „Wir haben<br />
also nicht gewusst, was auf uns zukommt, wie die angesprochenen<br />
Autoren sich dem jeweiligen Thema nähern:<br />
das gilt für Form und Inhalt. (…) Es gibt eher<br />
wissenschaftliche oder theoretische Ausarbeitungen,<br />
über die Dokumentation von Gruppendiskussionen, die<br />
Sammlung von Zitaten aus Kindertageseinrichtungen,<br />
(…) eher abstrakt formulierten Bezugnahmen bis hin zu<br />
feuilletonistischen Texten mit deutlich biographischen<br />
Bezügen. Zu spüren ist fast immer eine engagierte Parteinahme.“<br />
Für Parteinahme plädiert dieses Buch insgesamt. Eine<br />
Parteinahme, die die freie Jugendhilfe dringend notwendig<br />
hat, will sie im Diskurs mit Politik, Verwaltung und<br />
anderen gesellschaftlichen Gruppierungen ernst genommen<br />
werden.<br />
Antworten auf die Frage, warum es selbstbewusste<br />
Partner auf Seiten der freien Jugendhilfe braucht<br />
Dieses Buch ist auch eine wunderbare Begleitung und<br />
Vertiefung des vor kurzem veröffentlichten 14. Kinderund<br />
Jugendberichts, der u.a. feststellt, dass die öffentliche<br />
Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern<br />
und Jugendlichen gestiegen und die Kinder- und Jugendhilfe<br />
in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.<br />
Dafür, dass sie dort auch bleibt, ist aber ein guter und<br />
selbstbewusster Kooperationspartner auf Seiten der<br />
freien Jugendhilfe notwendig. Dieses Selbstbewusstsein<br />
der freien Jugendhilfe kann sich nur auf Grundlage von<br />
(eigenen) Standpunkten aufbauen und dann auch präsentieren.<br />
Outlaw ist zu ihrem Sammelband zu gratulieren, der<br />
einen richtigen Beitrag leistet, dieses Selbstbewusstsein<br />
zu erlangen und somit die Zukunftsfähigkeit<br />
der Kinder- und Jugendhilfe zu sichern hilft. Zum<br />
einen nach innen, an die eigene Organisation gerichtet,<br />
dann aber auch nach außen an eine Fachwelt, die<br />
diese „Standpunkte – Diskussionen und Beiträge zu<br />
pädagogischen Grundbegriffen und Haltungen“ zur<br />
Kenntnis und als Ausgangspunkt eigener Prozesse<br />
nehmen sollte.<br />
Die Standpunkte, die behandelt werden:<br />
• Gegen geschlossene Unterbringung! Geschlechtergerechtigkeit!<br />
• Spielend lernen!<br />
• Bildung braucht Erziehung!<br />
• Sport schafft Begegnung!<br />
• Qualität: Planung, Sicherheit, Perspektive; Mehr<br />
Flexibilität in der Jugendhilfe (Flexible Erzieherische<br />
Hilfen statt Versäulung)! Integration von Anfang<br />
an!<br />
• Gemeinsam Sozialraum gestalten!<br />
• Toleranz muss nicht gefallen!<br />
• Solidarität macht stark!<br />
• Teilhabe macht selbstbewusst!<br />
Theo Boomgaarden, Marco Matthes (Hrsg.) „Standpunkte. Diskussionen<br />
und Beiträge zu pädagogischen Grundbegriffen und<br />
Haltungen“; Verlag Rkb / Outlaw; Greven 2012, Preis 22<br />
Euro.<br />
https://www.outlaw-jugendhilfe.de<br />
14 Juni 2013