ist alles Bewegung - bei Dachser
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Photovoltaik<br />
248<br />
logiStik<br />
<strong>Bewegung</strong><br />
<strong>ist</strong> <strong>alles</strong><br />
Sonne Wind & Wärme 8/2011<br />
Wechselbrücken werden zu mobilen lagerflächen: Entladung am Montageplatz. Foto: <strong>Dachser</strong><br />
Die Solarindustrie hat im Zuge<br />
der kostensenkungsstrategien<br />
die log<strong>ist</strong>ik entdeckt. Hier<br />
schlummern durchaus Einsparpotenziale.<br />
Der Solarmarkt hat seine eigenen Gesetze.<br />
Dazu gehört die Jahresendrallye, in der möglichst<br />
viele Solaranlagen noch ans Netz gehen<br />
sollen, weil in vielen Ländern sich die Förderung<br />
zum Jahresbeginn verringert. Um die „alte“ Einspeisevergütung<br />
noch mitzunehmen, ließ das deutschchinesische<br />
Unternehmen Rieck-Henco vor einiger<br />
Zeit deshalb 120 Tonnen Solarmodule in ein Flugzeug<br />
verfrachten und nach Deutschland fliegen. Innerhalb<br />
eines Tages gelangten die begehrten Module von<br />
Shanghai nach Frankfurt, von da aus direkt auf die<br />
Baustellen.<br />
Ausnahmefall Luftfracht<br />
Natürlich <strong>ist</strong> der Lufttransport von Modulen <strong>alles</strong> andere<br />
als eine wirtschaftlich günstige Lösung. Dennoch<br />
gibt es Unternehmen, die sich auf den Lufttransport<br />
von solaren Komponenten spezialisiert haben. Nicht<br />
immer handelt es sich um Notfälle am Ende eines Kalenderjahres,<br />
gelegentlich lässt die Infrastruktur eines<br />
Landes keinen anderen Transport zu, So suchte das<br />
Börsenportal „Made-in-China.com“ im vergangenen<br />
Jahr Lieferanten für Solarprojekte in Uganda. Vorgesehen<br />
war die Lieferung per Luftfracht nach Entebbe<br />
in Uganda – <strong>alles</strong> andere wäre angesichts der desolaten<br />
Verkehrsinfrastruktur des zentralafrikanischen<br />
Landes kaum zu realisieren gewesen.<br />
Wirtschaftliche Gründe kommen hinzu. Sowohl<br />
Wirtschaftskrisen als auch Boomzeiten verschärfen<br />
jeweils das Transportproblem – durch verminderte<br />
Angebote ebenso wie verstärkte Nachfrage. Insbesondere<br />
Neukapazitäten im Schiffsverkehr brauchen<br />
einen langen Vorlauf. „Durch die Wirtschaftskrise war<br />
es für die Solarindustrie sehr schwierig, an Frachtkapazitäten<br />
zu kommen“, schrieb das Log<strong>ist</strong>ik-Fachmagazin<br />
„DVZ“ im Herbst 2010. Um bestehende Verträge<br />
überhaupt einhalten zu können, griffen deshalb<br />
viele Unternehmen auf die Luftfracht zurück.<br />
Trotz einer Reihe von Einzelfällen bleibt der Transport<br />
von Modulen per Flugzeug aber eine Ausnahme.<br />
Die Regel <strong>ist</strong> Luftfracht hingegen <strong>bei</strong> der Lieferung<br />
von Solarzellen. Sie lassen sich kompakt verstauen<br />
und bilden so eine genügend hohe „Wertdichte“ für<br />
den Lufttransport. Im Falle des Seetransports, der<br />
<strong>bei</strong>spielsweise von Shanghai nach Hamburg gut 20<br />
Tage dauert, wäre mit einer Flugzeugladung Solarzellen<br />
viel Kapital für drei Wochen gebunden. Hier lohnt<br />
sich der wesentlich schnellere Luftverkehr.<br />
Solarmodule aber sind fragile Güter, schwer zu verpacken<br />
und gemessen an anderen Fluggütern von relativ<br />
geringem Wert im Verhältnis zu Gewicht und Volumen.<br />
Für sie sehen die einschlägigen Branchenlösungen<br />
deshalb den Transport per See- oder Binnenschiff,<br />
per Eisenbahn und – am häufigsten – per LKW vor.
Photovoltaik<br />
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logiStik<br />
log<strong>ist</strong>ische Me<strong>ist</strong>erle<strong>ist</strong>ung<br />
im spanischen Puertollano:<br />
350.000 Module<br />
mit einer gesamtle<strong>ist</strong>ung<br />
von 47 MW wurden in<br />
weniger als einem Jahr auf<br />
118 ha installiert.<br />
Foto: Jörn Iken<br />
Sonne Wind & Wärme 8/2011<br />
Log<strong>ist</strong>ik als Kostentreiber<br />
In der Photovoltaik genießt die Log<strong>ist</strong>ik erst seit kurzem<br />
den Status einer Schlüsselkomponente im internationalen<br />
Wettbewerb. Dass die Verpackung, der<br />
Transport und die Lagerung von PV-Komponenten<br />
überhaupt ins Visier der Kostenplanung geraten, <strong>ist</strong><br />
dem Kostendruck geschuldet, der weltweit auf allen<br />
Aktiv<strong>ist</strong>en der PV-Branche lastet. Dieser Druck veranlasst<br />
die Unternehmen wie auch die Zuliefer- und<br />
Dienstle<strong>ist</strong>ungsbranchen, auf jeder Stufe der solaren<br />
Produktionskette jede Möglichkeit zur Kostensenkung<br />
auszuschöpfen. „Es <strong>ist</strong> Zeit, sich um die Materialkosten<br />
intensiv zu kümmern“, sagt der Log<strong>ist</strong>ikbeauftragte<br />
eines großen internationalen Modulherstellers.<br />
„Lange Zeit hat niemand die Log<strong>ist</strong>ikbrille aufgesetzt.<br />
Darum hat sich einfach niemand gekümmert.“<br />
Verschärfend wirken in dieser Situation die knappen<br />
Kapazitäten im Containerverkehr. Sie führen zu<br />
stark steigenden Frachtraten – im Laufe des Jahres<br />
2010 haben sie sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als<br />
verdoppelt. Ein Zangenangriff auf die<br />
Modulhersteller, denn gleichzeitig<br />
haben sich die Preise für Solarmodule<br />
um 15 bis 20 % reduziert.<br />
Das Nachdenken über die Log<strong>ist</strong>ik<br />
berücksichtigt neben dem wirtschaftlichen<br />
noch einen anderen Aspekt:<br />
Die Log<strong>ist</strong>ik selbst wird zum<br />
Marketingelement. Das Modul soll<br />
im verpackten Zustand durch den<br />
Einsatz von speziellen Verpackungselementen<br />
und einer klaren Auszeichnung<br />
als Marke erkannt werden.<br />
Transportsicherheit und spezielle<br />
Log<strong>ist</strong>iklösungen, die Planer auf<br />
den speziellen Einsatzweck optimal<br />
abstimmen, sollen zu einer Empfehlung<br />
vergleichbar mit technischen<br />
Le<strong>ist</strong>ungsdaten werden. Marketingexperten<br />
werten dies als Beleg für<br />
den Reifungsprozess der Branche.<br />
Module eines bestimmten Preissegments sind immer<br />
weniger durch technische Vorzüge unterscheidbar.<br />
Qualität <strong>ist</strong> wie in vielen Bereichen der Konsumgüterindustrie<br />
kein Verkaufsargument mehr, sondern<br />
wird vom Kunden vorausgesetzt. Damit steigen<br />
„außertechnische“ Qualitäten, wie eben eine optimal<br />
abgestimmte Log<strong>ist</strong>ik, deutlich im Wert.<br />
Zeitgenaue Lieferung<br />
Das Log<strong>ist</strong>ikunternehmen <strong>Dachser</strong> gehört mit seinen<br />
Log<strong>ist</strong>ikle<strong>ist</strong>ungen zu den weltweit 20 Größten der<br />
Branche. Nach Angaben des Global Key Account Managers<br />
Jens Wollmann begann das Unternehmen vor<br />
mehreren Jahren bereits, sich auf das Geschäftfeld<br />
Erneuerbare Energien (EE) zu konzentrieren. Seit fünf<br />
Jahren gehören die Dienstle<strong>ist</strong>ungen für die EE-Branche<br />
zum „Air & Sea Log<strong>ist</strong>ics“-Geschäftsfeld, seit kurzem<br />
als eigener Global Key Account-Bereich. „Daran<br />
lässt sich erkennen, dass sich das Geschäft mit den<br />
regenerativen Energien sehr gut entwickelt hat. Umsatzzahlen<br />
will Wollmann aber angesichts der scharfen<br />
Konkurrenz auf dem Markt nicht nennen.<br />
Der log<strong>ist</strong>ische Anspruch der EE-Branche sei sehr<br />
hoch, betont Wollmann. Er erläutert dies am Beispiel<br />
einer Freiflächenanlage. Die zeitgenaue Lieferung der<br />
Solarmodule direkt auf die Baustelle <strong>ist</strong> hier die Regel.<br />
Das <strong>ist</strong> mit der bekannten Just-in-time-Lieferung, wie<br />
man sie aus der Automobilbranche kennt, nicht zu vergleichen.<br />
„Die zeitgenaue Lieferung <strong>ist</strong> ein Stück flexibler<br />
als ein Just-in-time-Konzept“, sagt er. „Das muss<br />
auch so sein, denn Baustellen unterliegen weit mehr<br />
Störeinflüssen.“ Während die Belieferung einer Produktionslinie<br />
mit Komponenten in der Regel störungsfrei<br />
und damit zumindest auf Stunden planbar verläuft,<br />
kann die Kontamination des Bodens mit problematischen<br />
Stoffen auf einer Konversionsfläche die<br />
Photovoltaik-Baustelle für Tage, wenn nicht sogar Wochen<br />
lahm legen. Wohin dann mit den Modulen, wenn<br />
die Liefermaschine wie geölt läuft? „Wir unterhalten<br />
Pufferlager“, sagt Wollmann. Diese „ganz normalen<br />
D<strong>ist</strong>ributionslager“ mit standardisierten Abläufen sind<br />
über Europa in log<strong>ist</strong>isch vernünftigen Abständen verteilt.<br />
Die <strong>Dachser</strong>-eigenen Lager umfassen in ganz<br />
Europa 1,3 Mio. Palettenstellplätze und werden für die<br />
Zwischenlagerung aller möglichen Güter genutzt.<br />
Eine zweite Möglichkeit: Der PV-Bauherr wünscht<br />
ein Projektlager unmittelbar an der Baustelle. Ein Log<strong>ist</strong>ikdienstle<strong>ist</strong>er<br />
errichtet in diesem Fall ein Zelt. Als<br />
kleines mobiles Lager haben sich die so genannten<br />
Wechselbrücken (für Übersetzer: Swap Bodies) bewährt.<br />
Das sind Container auf Stelzen, die von einem<br />
LKW mit Hubvorrichtung vor Ort gebracht und dort<br />
auf den Stelzen abgesetzt werden. Der Wechsel eines<br />
leeren gegen einen vollen Container <strong>ist</strong> hier eine Sache<br />
von wenigen Minuten.<br />
Zentralisierte Dienstle<strong>ist</strong>ung für<br />
Solarwirtschaft<br />
Seine Pufferlager nutzt das Log<strong>ist</strong>ikunternehmen<br />
<strong>Dachser</strong> auch für den zweiten großen Bereich in der
Wie umweltbelastend sind die<br />
Verkehrsträger?<br />
Nicht alle Transporte von Industrie- und Konsumgütern beschränken sich auf<br />
einen Verkehrsträger. Viele Transporte sind Intermodalverkehre, nutzen also<br />
verschiedene Transportmöglichkeiten. Die einzelnen Verkehrsträger schneiden<br />
da<strong>bei</strong> hinsichtlich der Klimafreundlichkeit sehr unterschiedlich ab. Der CO2-<br />
Ausstoß pro beförderter Tonne pro Kilometer beträgt im Durchschnitt <strong>bei</strong>m:<br />
• Flugzeug: 540 g<br />
• LKW: 50 g<br />
• Zug mit Diesellok: 35 g<br />
• Zug mit E-Lok: 18 g<br />
•<br />
Containerschiff: 15 g<br />
Solarwirtschaft – der Belieferung von Produktionslinien<br />
mit Halbzeugen und Ersatzteilen. Nach Vorgabe des Kunden<br />
lassen sich in diesen Lagern vom übrigen Betrieb abgetrennte<br />
Teillager einrichten. Die Alternative zu diesem<br />
Log<strong>ist</strong>ikservice wäre die Lieferung per teurer Luftfracht<br />
oder der Aufbau eines eigenen Lagers – der auch nicht<br />
preiswert zu haben <strong>ist</strong>. Viele Unternehmen sind deshalb<br />
dazu übergegangen, ihr Ersatzteillager auf diese Weise<br />
auszugliedern.<br />
Wichtig sei aber nicht nur der entsprechende Lagerplatz,<br />
der den technischen Anforderungen der Solarindustrie<br />
folgt, sondern auch das Management des Lagers,<br />
sagt Wollmann. Die da<strong>bei</strong> eingesetzte Informationstechnologie<br />
sei, darauf legt er Wert, individuell auf die Wünsche<br />
des Kunden abgestimmt. Seine kompletten Dienstle<strong>ist</strong>ungen<br />
für die Solarwirtschaft fasst <strong>Dachser</strong> im European<br />
Solar Service Center (ESSC) zusammen. Nach<br />
Angaben von Wollmann offeriert <strong>Dachser</strong> hier seinen<br />
Solarkunden eine Art Rundumbetreuung. Der Kunde gibt<br />
die wesentlichen Eckdaten des Projektes vor: Aufbauzeit,<br />
installiere Le<strong>ist</strong>ung, Bezugsquellen für die Komponenten.<br />
„Das ESSC synchronisiert dann für den Projektierer die<br />
Beschaffung der PV-Systeme und überwacht den Zufluss<br />
der Ware. Bei einem Lieferstopp aufgrund einer Störung<br />
berät das ESSC den Projektierer, wie die Lieferströme<br />
umzulenken sind.“<br />
Grüne Log<strong>ist</strong>ik?<br />
Die Log<strong>ist</strong>ikunternehmen sind sich weitgehend darüber<br />
im Klaren, dass sie ein in ökologischer Hinsicht hoch aufgeladenes<br />
Produkt transportieren. Photovoltaikstrom <strong>ist</strong><br />
„Grünstrom“ und das umweltfreundliche Image der<br />
Solarindustrie damit ein konstituierendes Element. Diese<br />
Sicht der Welt erstreckt sich auch auf den Log<strong>ist</strong>ikbereich,<br />
zumindest formal. „Grüne Log<strong>ist</strong>ik“ <strong>ist</strong> gefragt. Die Log<strong>ist</strong>ikunternehmen<br />
versuchen, diesem Anspruch nachzukommen.<br />
„Das Thema CO2-Minderung <strong>ist</strong> <strong>bei</strong> uns fest<br />
verankert“, bestätigt auch Wollmann. Dazu gehört für die<br />
Log<strong>ist</strong>ikunternehmen – das gilt auch für einige Reedereien<br />
– die Beratung über den Einsatz klimaschonender<br />
Verkehrsträger. Die Hamburger Reederei „Hamburg Süd“<br />
<strong>bei</strong>spielsweise schlägt Ihren Kunden immer zuerst die<br />
klimaschonende Kombination verschiedener Verkehrsträger<br />
vor. Jörn iken